Organisation der Bekämpfung der Grippepandemie Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 22. August 2012

2012-2508

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Abkürzungsverzeichnis AGI BAG EDI EKIF EMA GDK GPK GKP-S Swissmedic UVEK VBS VKS VIP WHO

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Arbeitsgruppe Influenza Bundesamt für Gesundheit Eidgenössisches Departement des Innern Eidgenössische Kommission für Impffragen European Medicines Agency Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren Geschäftsprüfungskommission Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Schweizerisches Heilmittelinstitut Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte der Schweiz Projekt «Versorgung mit Impfstoffen im Pandemiefall» Weltgesundheitsorganisation

Bericht 1

Einleitung

Da der Umgang der Behörden mit der Grippepandemie A (H1N1, sogenannte «Schweinegrippe») in der Schweiz wie im Ausland zu Kontroversen geführt hatte, beschloss die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK)-S im November 2009, sich mit einzelnen Aspekten der Organisation der Bekämpfung der H1N1Grippepandemie durch die Bundesbehörden zu beschäftigen, um daraus Schlussfolgerungen für künftige Pandemiefälle ziehen zu können. Dabei sollten insbesondere die Beschaffung und die Zulassung der Impfstoffe, die Koordination mit den europäischen Behörden in Bezug auf die Impfstoffzulassung, die Organisation der Verteilung der Impfstoffe, die Koordination mit den Kantonen sowie allenfalls weitere Aspekte der Pandemiebekämpfung untersucht werden.

Da der Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) bereits erklärt hatte, dass das EDI selber Fragen im Zusammenhang mit der Pandemiebekämpfung überprüfen wolle, ersuchte ihn die GPK-S, sie bis zum Januar 2010 über die diesbezüglichen Massnahmen und Erkenntnisse zu informieren.

Im Januar 2010 informierte der Bundesrat die GPK-S über die vom EDI in der Zwischenzeit in die Wege geleiteten Arbeiten: In Absprache mit der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) hatte das EDI ein externes Unternehmen damit beauftragt, die Impfstrategie und ihre Umsetzung umfassend zu evaluieren.1 Die Ergebnisse dieser Evaluation sollten in die damals laufende Revision des Epidemiengesetzes2 einfliessen. Im Weiteren hatte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) ein Debriefing mit den Kantonen und weiteren Stakeholdern organisiert, um die Organisation des Krisenmanagements sowie die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen zu erörtern. Zudem war eine Evaluation der BAG-internen Abläufe zur Optimierung der internen Planung der Pandemiebekämpfung in Vorbereitung3 und dem Schweizerischen Heilmittelinstitut (Swissmedic) wurde ein Verhandlungsmandat zum Abschluss einer Vereinbarung mit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) erteilt.4 Aufgrund dieser vom EDI an die Hand genommenen Massnahmen beschloss die GPK-S, vorerst deren Resultate abzuwarten und keine eigenen Paralleluntersuchungen durchzuführen. Sie beauftrage ihre Subkommission EDI/UVEK mit der Begleitung dieses Geschäftes.

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«Evaluation der H1N1-Impfstrategie der Schweiz» Schlussbericht der Expertengruppe (Prof. Jonathan Van Tam, Prof. Paul-Henri Lambert, Peter Carrasco, Beatrice Tschanz, Dr. Kimmo Leppo) in Zusammenarbeit mit Ernst&Young AG, im Auftrag des Generalsekretariats des EDI, April 2010.

Bundesgesetz vom 18. Dez. 1970 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG), (SR 818.101).

«Schlussbericht Pandemische Grippe H1N1, Evaluation der BAG-internen Organisation und Prozesse» Ernst&Young AG, 6. Aug. 2010.

Bericht des Bundesrates vom 13. Jan. 2010 an die GPK-S; «Ankündigung von Abklärungen einzelner Aspekte der Organisation der Bekämpfung der Grippepandemie», nicht veröffentlicht.

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In der Folge befragte die GPK-S sowohl das EDI wie auch den Bundesrat regelmässig zum Stand der Arbeiten und den Konsequenzen, welche aus den Evaluationen gezogen wurden. Der Bundesrat wurde um zusätzliche Stellungnahmen gebeten, insbesondere zur Verwendung der überzähligen Impfstoffe und zu den Schlussfolgerungen des Berichts des Ausschusses für Sozialordnung, Gesundheit und Familie der Parlamentarischen Versammlung des Europarates5, wie auch zur Frage, warum die Impfstoffe durch die Swissmedic und die EMA unterschiedlich eingeschätzt und deshalb unterschiedlich schnell zugelassen worden waren (spätere Zulassung in der Schweiz). Zudem konnte die Kommission im März 2011 ergänzende Fragen mit dem Direktor des BAG und dem Leiter der Abteilung Übertragbare Krankheiten des BAG diskutieren.

Da diverse wichtige Arbeiten nach wie vor im Gange waren, ersuchte die Kommission das EDI, ihr bis Oktober 2011 einen Überblick über sämtliche Massnahmen zu unterbreiten, welche seit dem Herbst 2009 getroffen wurden. Ausserdem wünschte die Kommission Informationen zu den Ergebnissen der Überarbeitung des nationalen Pandemieplanes und der Krisenhandbücher des BAG, eine Stellungnahme zum Schlussbericht eines unabhängigen Komitees (Review Committee) zur Bewältigung der H1N1-Grippepandemie durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO)6 und zu einer Studie über die Wirkung von Tamiflu.7 Die Kommission stellte zudem einige Zusatzfragen, unter anderem in Bezug auf die Unabhängigkeit externer Experten gegenüber der Pharmaindustrie, zur Offenlegung der Interessenverbindungen der Mitglieder ausserparlamentarischer Kommissionen und zu den finanziellen Auswirkungen der Bekämpfung der H1N1-Grippepandemie. Das EDI liess der Kommission die gewünschten Informationen in seinem Bericht vom 26. September 2011 zukommen.8 Im Schreiben vom 8. März 2012 stellte die Kommission zusätzlich die Frage an das EDI, inwiefern in der Zwischenzeit bereits Sofortmassnahmen geplant oder ergriffen worden sind, welche bei einer allfälligen nächsten Pandemie auch in kurzfristiger Weise schon heute eine verbesserte Zusammenarbeit des Bundes und der Kantone und eine verbesserte Koordination der Akteure sicherstellen könne. Das EDI brachte die Kommission mit seiner Antwort vom 26. März 2012 diesbezüglich auf den neuesten Stand.9

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216

«La gestion de la pandémie H1N1: nécessité de plus de transparence» Conseil de l'Europe, Assemblée Parlementaire, Commission des questions sociales, de la santé et de la famille, 7 juin 2010, Rapporteur: M. Paul Flynn, Royaume-Uni, Groupe socialiste, Doc. 12283.

«Application du Règlement sanitaire international (2005), Rapport du Comité d'examen sur le fonctionnement du Règlement sanitaire international (2005) eu égard à la grippe pandémique A (H1N1) 2009, Rapport du Directeur général», Organisation mondiale de la Santé, 5 mai 2001, A64/10.

«Oseltamivir and Risk of Lower Respiratory Tract Complications in Patients with Flu Symptoms: A Meta-analysis of Eleven Randomized Clinical Trials», June 15 2011, by Miguel A. Hernán and Marc Lipsitch, Department of Epidemiology, Harvard School of Public Health, Boston, Massachussets, published by Oxford University Press.

Bericht des EDI vom 26. Sept. 2011 «Organisation zur Bekämpfung der H1N1-Grippepandemie: Bericht zuhanden der Subkommission EDI/UVEK der GPK-S», nicht veröffentlicht.

Bericht des EDI vom 26. März 2012 «Organisation der Bekämpfung der H1N1-Grippepandemie», nicht veröffentlicht.

2

Feststellungen

Die GPK-S hat in der vorliegenden Angelegenheit keine eigenen Abklärungen vorgenommen, sondern die Arbeiten des Bundesrates und des EDI begleitet und mitverfolgt. Im vorliegenden Bericht nimmt die GPK-S deshalb nicht Stellung zu den Resultaten der Evaluationen und dem Inhalt der ihr vorliegenden Dokumente, sondern sie beurteilt die Massnahmen, welche der Bundesrat und das EDI nach dem Ausbruch der H1N1-Grippepandemie getroffen haben, um die Organisation der Bekämpfung einer zukünftigen Grippepandemie zu verbessern.

2.1

Allgemeine Feststellungen

Die GPK-S begrüsst, dass das EDI auf die Kontroversen zum Umgang mit der H1N1-Grippepandemie rasch reagierte. Das EDI gab seit Ende 2009 unter anderem zwei externe Evaluationen ­ Impfstrategie und ihrer Umsetzung und zu den BAGinternen Abläufen ­ in Auftrag.10 Darin wurden insbesondere Schwachpunkte bei der Koordination zwischen Bund und Kantonen, bei der Kommunikation mit den diversen Akteuren und bei den Impfstoffversorgungsprozessen identifiziert.

Das EDI hat gestützt auf die Schlussfolgerungen dieser Evaluationen konkrete Massnahmen zur Optimierung der Organisation einer Grippepandemie ergriffen.

Insbesondere wurden die Ergebnisse in die Revision des Epidemiengesetzes11 integriert, indem eine gezielte Erweiterung der Bundeskompetenzen und die Schaffung eines Koordinationsorgans vorgesehen werden. Dieses Koordinationsorgan soll, in Ergänzung zu den bereits bestehenden Plattformen, die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen stärken und den einheitlichen Vollzug des Epidemiengesetzes verbessern. Ausserdem sollen im Epidemiengesetz Bestimmungen zur Vorbereitung auf nationaler und kantonaler Ebene integriert werden (Art. 8 des Entwurfes), damit Beeinträchtigungen oder Gefährdungen der öffentlichen Gesundheit, verursacht durch übertragbare Krankheiten, wirksam und zeitgerecht entgegengetreten werden kann. Das BAG wird im Rahmen der Erarbeitung des Verordnungsrechts Konkretisierungen zur Notfallplanung des Bundes vorschlagen. Dies betrifft die Notfallplanung der Kantone und die kantonale Vorbereitung auf die Durchführung von Massnahmen in spezifischen Bereichen, in welchen das BAG die Kantone anweisen kann (Schaffung von ausreichenden Kapazitäten zur Identifizierung und Benachrichtigung von ansteckungsverdächtigen Personen, Zurverfügungstellung von ausreichender Infrastruktur und ausreichenden personellen Ressourcen für die Quarantäne und Absonderung von Personen, Festlegung der Prozesse und Zuständigkeiten für die Anordnung von Massnahmen gegenüber der Bevölkerung und Sicherstellung der Möglichkeit der Durchführung von Massenimpfungen). Gemäss EDI könnten die soeben erwähnten Massnahmen im Falle eines erneuten Ausbruchs einer Pandemie

10 11

Siehe Fussnote 1 Botschaft zur Revision des Bundesgesetzes über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG), BBl 2011 311 ff. Die Schlussabstimmung zum Epidemiengesetz soll voraussichtlich in der Herbstsession 2012 erfolgen. Bis 2014 sollten die Verordnungen dazu revidiert werden. Mit dem Inkrafttreten kann im Jahr 2016 gerechnet werden, wobei vorher die kantonalen Gesetzgebungen angepasst werden müssen. Bericht des EDI vom 26. März 2012, Ziff. 2.

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bereits unter dem bestehenden Gesetz realisiert werden, wobei der Entscheid über deren Durchführung den Kantonen obliege.12 Ausserdem hat das BAG seine Krisenhandbücher und den nationalen Pandemieplan überarbeitet, dies unter anderem mit dem Ziel, die von der WHO festgelegten Pandemiephasen nicht mehr als primäres Kriterium bei der Wahl der Strategien zur Bekämpfung einer Pandemie zu verwenden, sondern sich stattdessen auf eine nationale Risikoevaluation abzustützen. Der Pandemieplan Schweiz wurde den Kantonen vom 1. Dezember 2011 bis zum 15. Februar 2012 zur Vernehmlassung unterbreitet.

Die Mehrheit der Teilnehmenden begrüsst die neue Struktur, den gestrafften Inhalt und die Aufmachung des Plans. Ungeteilte Zustimmung gab es auch für die Flexibilisierung durch den teilweisen Verzicht auf die direkte Verknüpfung mit den WHOPhasen und für die Einsetzung einer für die Lage- und Risikobeurteilung zuständigen Expertengruppe. Im Falle eines erneuten Ausbruchs einer Pandemie könnte diese umgehend eingerichtet werden.13 Im Weiteren hat das EDI das Projekt «Versorgung mit Impfstoffen im Pandemiefall» (VIP) lanciert. Dies hat zum Ziel, den Prozess der Impfstoffversorgung im Pandemiefall unter Einbezug der Hauptakteure zu optimieren. Dazu wurde der Impfstoffversorgungsprozess in vier Teilprojekte zusammengefasst, ausserdem sind die wichtigsten Partner in der Impfstoffversorgung14 im vom BAG geleiteten Projektausschuss vertreten. Die ersten Ergebnisse des Projekts liegen vor, zwei der insgesamt vier Teilprojekte wurden bis Ende Jahr verlängert, um eine breite Konsultation der Ergebnisse in der zweiten Jahreshälfte 2012 zu ermöglichen. Für den eigentlichen Einkauf des Pandemie-Impfstoffs ist zurzeit eine konkrete Lösung in Vorbereitung, damit die Schweiz innert nützlicher Frist sichere Pandemie-Impfstoffe in ausreichender Menge bereitstellen kann. Ausserdem hat das EDI als Sofortmassnahme zur Verbesserung des Informationsaustauschs und der Zusammenarbeit eine monatliche Telekonferenz zwischen dem BAG und den kantonsärztlichen Diensten eingerichtet.15 Das EDI ist der Ansicht, dass im Falle eines erneuten Ausbruchs einer Pandemie die durchgeführten Arbeiten die Koordination zwischen den verschiedenen Akteuren und die Umsetzung der Bekämpfungsmassnahmen bereits positiv beeinflussen würden, auch wenn das neue
Epidemiengesetz noch nicht in Kraft sei. Die engere Zusammenarbeit zwischen den wichtigsten Akteuren ­ Bund, Kantone, Eidgenössische Kommission für Impffragen (EKIF), Swissmedic etc. ­ trage bereits heute zu einem besseren Verständnis und einer besseren Koordination, insbesondere zwischen Bund und Kantonen, bei.16 Die GPK-S beurteilt die Massnahmen, welche vom EDI im Hinblick auf die Organisation der Bekämpfung der Grippepandemie getroffen wurden, insgesamt als positiv.

Im Weiteren ist die GPK-S der Ansicht, dass der Bundesrat die Kontroversen, welche im Zusammenhang mit der H1N1-Grippepandemie entstanden waren, ernst nahm und er darum bemüht war, die Fragen, welche diesbezüglich aufgeworfen 12 13 14 15 16

218

Bericht des EDI vom 26. Sept. 2011, Ziff. 1.1.1 und Bericht des EDI vom 26. März 2012, Ziff. 2.

Bericht des EDI vom 26. Sept. 2011, Ziff. 1.2 und Bericht des EDI vom 26. März 2012, Ziff. 3.

Swissmedic, VBS, GDK, VKS und EKIF.

Bericht des EDI vom 26. Sept. 2011, Ziff. 1.1.2 und Bericht des EDI vom 26. März 2012, Ziff. 1 und Ziff. 2.

Bericht des EDI vom 26. März 2012, Ziff. 4

wurden, zu klären. Der Bundesrat hat die Ergebnisse der verschiedenen Evaluationen (siehe Ziff. 1) analysiert, zu den daraus resultierenden Empfehlungen Stellung genommen und als Konsequenz Verbesserungsmassnahmen eingeleitet, für welche er ebenfalls einen Terminplan für die Umsetzung festlegte.

Die Kommission erachtet es als wichtig, dass die in den Kantonen zuständigen Stellen und möglichst viele lokale Fachpersonen und Organisationen intensiv in den Prozess zur verbesserten Organisation der Bekämpfung der Grippepandemie einbezogen werden. Auf diese Weise wird eine breite Akzeptanz der vom Bund vorgeschlagenen Massnahmen geschaffen. Eine verbesserte Koordination der wichtigen Akteure und eine verbesserte Zusammenarbeit des Bundes und der Kantone muss auch in kurzfristiger Hinsicht gewährleistet sein.

Im Weiteren stellt die GPK-S fest, dass diverse Arbeiten noch nicht abgeschlossen sind und sich deren Ergebnisse erst mittel- bis langfristig beurteilen lassen17, weshalb sie im vorliegenden Bericht dazu nicht weiter Stellung nehmen kann. Die GPK-S richtet aber schon heute zwei Empfehlungen an den Bundesrat, mit der Bitte, dazu Stellung zu nehmen.

2.2

Offenlegung von Interessenbindungen

Wie der Bundesrat die GPK-S informiert hatte, lässt sich das BAG in spezifischen Fragen durch externe Expertinnen und Experten beraten. Die Eidgenössische Kommission für Impffragen (EKIF) und die Arbeitsgruppe Influenza (AGI)18 hatten zum Beispiel im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Grippepandemie eine wichtige beratende Funktion übernommen.19 Die Kommission hat beim EDI deshalb nachgefragt, wie die Praxis für die Offenlegung der Interessenbindungen von Mitgliedern solcher ausserparlamentarischer Kommissionen sei. Die GPK-S begrüsst, dass die Interessenbindungen von Mitgliedern ausserparlamentarischer Kommissionen seit Mitte November 2011 in einem elektronischen Verzeichnis veröffentlicht sind, wobei diese Informationen durch das BAG schon vorher auf Anfrage zugänglich gemacht wurden20. Die GPK-S erachtet dies als einen wichtigen Schritt hin zu einer verstärkten Transparenz.

Die GPK-S hat sich auch dafür interessiert, wie die Überprüfung der Interessenbindungen von Expertinnen und Experten gegenüber der Pharmaindustrie durch das BAG erfolgt. Das EDI informierte die Kommission, dass dies in der bisherigen Praxis aufgrund der Verschiedenartigkeit der Fälle nach unterschiedlichen Modalitäten geschehe. Ebenso werden allgemein im Rahmen von Vertragsbeziehungen des Bundes mit Dritten Interessenbindungen punktuell und auf den Einzelfall bezogen überprüft. Das EDI hat sich jedoch dahingehend geäussert, dass diesbezüglich 17

18 19

20

Z.B. Revision des Epidemiengesetzes, der dazugehörenden Verordungen und der Anpassung der kantonalen Gesetzgebung, das Projekt VIP, die Überarbeitung der Krisenhandbücher des BAG und die Revision des nationalen Pandemieplans, die Vereinbarung zwischen der Swissmedic und der EMA und der Einkauf von Pandemie-Impfstoff.

Seit 1. Jan. 2012 Eidgenössische Kommission für Pandemievorbereitung und -bewältigung.

Bericht des Bundesrates vom 3. Dez. 2010: «Abklärungen einzelner Aspekte der Organisation zur Bekämpfung der H1N1 Grippepandemie: Bericht zuhanden der GPK-S», (in der Folge; Bericht des Bundesrates vom 3. Dez. 2010) Ziff. 3.2, nicht veröffentlicht.

Bericht des EDI vom 26. Sept. 2011, Ziff. 2.4

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einheitliche Kriterien und ein bestimmtes Verfahren auf Bundesebene prüfenswert seien.21 Empfehlung 1 Die GPK-S lädt den Bundesrat dazu ein, das Vorgehen bei der Prüfung der Interessenbindungen von Expertinnen und Experten im BAG zu überprüfen und sie über das Resultat zu informieren.

Die GPK-S hat zur Kenntnis genommen, dass die Offenlegung von Interessenbindungen auch auf internationaler Ebene thematisiert wurde. Dabei ging es um die Frage, ob das Expertenkomitee, welches die WHO bei Ausbruch der Pandemie 2009 eingesetzt hatte um sie zu beraten, unabhängig gehandelt hat und nicht etwa kommerzielle Interessen die Empfehlungen der WHO beeinflusst hätten.

Das EDI hat die GPK-S darüber informiert, dass ein unabhängiges Komitee (Review Committee) die Pandemiebewältigung durch die WHO untersucht hat22 und zum Schluss gekommen ist, dass es keine Hinweise darauf gibt, dass sich die WHO in ihren Entscheiden von kommerziellen Interessen habe leiten lassen. Das Review Committee bemängelte jedoch die mangelnde Transparenz und die Art und Weise, wie die WHO auf Kritik bezüglich möglicher Interessenkonflikte reagiert hat, und hat darauf hingewiesen, dass die WHO die Verfahren zur Ernennung ihrer Expertenkommissionen in Zukunft transparenter gestalten soll. Das Review Committee formulierte 15 Empfehlungen23, über deren Umsetzungsstand die WHO im Jahr 2013 Bericht erstatten wird. Das EDI teilte der GPK-S ausserdem mit, es sei der Ansicht, dass die in der Schweiz umgesetzten oder eingeleiteten Massnahmen zur Vorbereitung der Grippepandemie in die Richtung der von der WHO abgegebenen Empfehlungen zielen und dass es dafür sorgen werde, dass auf diesem Gebiet den Empfehlungen des Review Committee auch weiterhin grösstmögliche Beachtung geschenkt werde.24 Die GPK-S würdigt diese Absichten des EDI. Sie erachtet es als wichtig, dass die Erkenntnisse, welche auf internationaler Ebene gewonnen werden, in der Schweiz in angemessener Art und Weise berücksichtigt werden.

21 22 23

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220

Idem, Ziff. 2.3 Siehe Ziff. 1 «Recommendations for Good Practice in Pandemic Preparedness, Identified through evaluation of the response to pandemic (H1N1) 2009», World Health Organization Regional Office for Europe and The University of Nottingham, 2010.

Bericht des EDI vom 26. Sept. 2011, Ziff. 1.3.

2.3

Internationaler Informationsaustausch

Der Bundesrat hat die GPK-S darüber informiert, dass einer der Gründe für die spätere Zulassung der Impfstoffe während der H1N1-Grippepandemie in der Schweiz war, dass international keine Informationen zwischen den Heilmittelbehörden ausgetauscht werden konnten. Er unterstütze deshalb eine bessere internationale Zusammenarbeit.25 Der Bundesrat hat Ende November 2009 ein Mandat zur Aufnahme von Verhandlungen über eine engere Zusammenarbeit der Swissmedic mit der EMA erteilt. Daraufhin schlossen die Swissmedic und die EMA eine Vereinbarung ab, welche den Austausch von Informationen im Umfeld der H1N1Grippepandemie ermöglicht.26 Somit haben die beiden Behörden Zugang zu den Daten, die relevant sind für die Entscheidfindung im Rahmen von Zulassungsverfahren von Pandemiemedikamenten. Dieser internationale Informationsaustausch zwischen der Swissmedic und der EMA betrifft ausschliesslich die Grippepandemie H1N1. Diese Vereinbarung, welche seit dem 12. Februar 2010 in Kraft ist, wurde im Februar 2011 um ein Jahr verlängert.27 Der Bundesrat hatte im Weiteren die GPK-S darüber informiert, dass dieser eingeleitete Dialog für die Swissmedic ein erster Schritt sei, dem jedoch noch andere folgen müssten. Deshalb sollten Verhandlungen über ein Abkommen in die Wege geleitet und bis zum Ablauf der bestehenden Absichtserklärung (damals geplant bis zum 12. Februar 2011) abgeschlossen werden.28 Die GPK-S begrüsst diese vom Bundesrat unternommenen Schritte im Hinblick auf einen internationalen Informationsaustausch betreffend die H1N1-Grippepandemie, wie dies auch im Bericht der parlamentarischen Versammlung des Europarats vom 7. Juni 2010 empfohlen wurde29. Es stellt sich für die GPK-S jedoch die Frage, ob und wie ein solcher Informationsaustausch auch über die Dauer der Vereinbarung zwischen der Swissmedic und der EMA hinaus sichergestellt wird.

Empfehlung 2 Die GPK-S fordert den Bundesrat dazu auf, den Informationsaustausch zwischen der Swissmedic und der EMA betreffend die H1N1-Grippepandemie weiterhin zu gewährleisten und die GPK-S über die diesbezüglichen Massnahmen zu informieren.

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Bericht des Bundesrates vom 3. Dez. 2.2010, Ziff. 4.2.2.

Medienmitteilung der Swissmedic vom 15. Febr. 2010: «Vereinbarung zum Informationsaustausch im Arzneimittelbereich mit EU unterzeichnet»: www.swissmedic.ch, und www.ema.europa.eu.

Medienmitteilung der Swissmedic vom 14. Febr. 2011: «Die europäsiche Arzneimittelagentur und Swissmedic verlängern Vereinbarung zum Informationsaustausch», www.swissmedic.ch.

Bericht des Bundesrates vom 26. Mai 2010: «Abklärungen einzelner Aspekte der Organisation zur Bekämpfung der H1N1-Grippepandemie: Bericht zuhanden der Subkommission EDI/UVEK der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates», Ziff. 4.1, nicht veröffentlicht.

Siehe Ziff. 1

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3

Schlussbemerkungen

Die GPK-S ersucht den Bundesrat, bis zum 23. November 2012 zu ihren Feststellungen und Empfehlungen im vorliegenden Bericht Stellung zu nehmen.

22. August 2012

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Der Präsident: Paul Niederberger Die Sekretärin: Beatrice Meli Andres Der Präsident der Subkommission EDI/UVEK: Claude Hêche Die Sekretärin der Subkommission EDI/UVEK: Ines Stocker

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