Nachkontrolle zur Inspektion über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 12. April 2013

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Bericht 1

Einleitung

Am 28. November 2008 veröffentlichte die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) ihren Bericht über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee.1 Nach Abschluss dieser Untersuchung gab die GPK-N sechs Empfehlungen an den Bundesrat ab, in denen sie ihn u. a. aufforderte, das Auswahlverfahren bei den höchsten Führungskräften der Bundesverwaltung zu verbessern (Empfehlung 1), die Mängel bei der Personensicherheitsprüfung zu beheben (Empfehlungen 2, 3, 4 und 5) und die Rechtslage in Bezug auf die Entrichtung von Abgangsentschädigungen bei einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses verbindlich zu regeln (Empfehlung 6).

Bereits 2009 kündigte die GPK-N an, im Rahmen ihrer laufenden Inspektion «Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat» näher auf das Auswahlverfahren bei Funktionen mit höchster Verantwortung (Empfehlung 1) einzugehen. Diese Inspektion war zum Zeitpunkt der Verabschiedung des vorliegenden Berichts noch nicht abgeschlossen.2 Bei der Nachkontrolle zur Umsetzung der 2008 an den Bundesrat gerichteten Empfehlungen befasste sich die GPK-N deshalb insbesondere mit den Personensicherheitsprüfungen (PSP). Sie prüfte dabei nicht nur die Umsetzung ihrer Empfehlungen, sondern befasste sich auch eingehend mit verschiedenen weiteren Fragen, die ihr wichtig erschienen, um die Durchführung dieser Sicherheitsprüfungen beurteilen zu können. Im Mittelpunkt ihres Interesses standen insbesondere die Zusammenarbeit zwischen der Fachstelle PSP des Departementes für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) und jener der Bundeskanzlei (BK), die von der BK dem ehemaligen Bundesgerichtspräsidenten Arthur Aeschlimann in Auftrag gegebene externe Überprüfung der Tätigkeit ihrer Fachstelle PSP (im Folgenden: Fachstelle PSP BK), die Situation in Bezug auf die PSP bei Personen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft sowie die PSP, die seit August 2011 in den Armeerekrutierungszentren durchgeführt werden. Ausserdem setzte sie sich mit der Frage auseinander, ob die Rechtsgrundlagen präzisiert werden müssen.

Bei ihrer Nachkontrolle behandelte die GPK-N namentlich den beim Bundesrat angeforderten Bericht vom 1. Februar 2012 über die Umsetzung der Empfehlungen von 2008 sowie den Bericht von Arthur Aeschlimann vom 15. April 2012 über seine Überprüfung der Tätigkeit der Fachstelle PSP BK.3 Darüber hinaus führte sie 1 2

3

Bericht über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee vom 28. Nov. 2008 (BBl 2009 3425) (im Folgenden: Bericht der GPK-N vom 28. Nov. 2008).

Vgl. Jahresbericht 2012 der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle, Anhang zum Jahresbericht 2012 der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) und der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) der eidgenössischen Räte vom 25. Jan. 2013, Ziff. 2.3.3, einsehbar auf der Website des Parlaments www.parlament.ch.

Bericht von Arthur Aeschlimann vom 15. April 2012 zuhanden der Schweizerischen Bundeskanzlei betreffend die Arbeitsgrundlagen und Arbeitsinstrumente, das Verfahren und die Verantwortlichkeiten bei Personensicherheitsprüfungen durch die FS PSP BK sowie die Verhältnismässigkeit bei deren Sachverhaltsabklärungen (im Folgenden: Bericht Aeschlimann vom 15. April 2012).

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Gespräche mit dem Leiter der Fachstelle PSP des VBS (im Folgenden: Fachstelle PSP VBS) und einem seiner Mitarbeitenden, dem Leiter der Fachstelle PSP BK, dem Generalsekretär des UVEK, Herrn Aeschlimann und der Bundeskanzlerin (in chronologischer Reihenfolge).

Der vorliegende Bericht legt die Schlussfolgerungen dar, zu denen die GPK-N in ihrer Nachkontrolle gelangt ist.

Der Bericht ist wie folgt gegliedert: Ziffer 2 hat die Beurteilung der GPK-N zum Stand der Umsetzung ihrer Empfehlungen von 2008 zum Inhalt, die Ziffern 3­8 befassen sich mit den weiteren Punkten zu den PSP, welche die Kommission im Rahmen ihrer Nachkontrolle untersucht hat, und Ziffer 9 fasst die Schlussfolgerungen der GPK-N zusammen. Die Ziffer 10 schliesslich gibt einen Überblick über das weitere Vorgehen.

Die GPK-N hat diesen Bericht an ihrer Sitzung vom 12. April 2013 verabschiedet und hat gleichentags dessen Veröffentlichung beschlossen.

2

Umsetzungsstand der Empfehlungen. Beurteilung der GPK-N

2.1

Einsicht in eingestellte und abgeschlossene Verfahren (Empfehlung 2)

In ihrer Empfehlung 2 ersuchte die GPK-N den Bundesrat, «[dafür zu sorgen], dass im Rahmen der laufenden Revision des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit [BWIS]4 die nötigen Vorkehren getroffen werden, dass die Fachstelle bei Personensicherheitsprüfungen der höchsten Stufe auch bei abgeschlossenen oder eingestellten Strafverfahren Einsicht in die Akten nehmen kann».

Gemäss dem zum Zeitpunkt der Untersuchung der GPK-N über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee geltenden Artikel 20 Absatz 2 Buchstabe d BWIS konnten Daten nämlich nur «durch Einholen von Auskünften bei den zuständigen Strafverfolgungsorganen über laufende Strafverfahren» erhoben werden.5 Die GPK-N erachtet diese Empfehlung mit der am 16. Juli 2012 in Kraft gesetzten Revision von Artikel 20 Absatz 2 Buchstabe d des BWIS als umgesetzt. Gemäss diesem Artikel können «die Daten [...] erhoben werden [...] durch Einholen von Auskünften bei den zuständigen Strafverfolgungsorganen über laufende, abgeschlossene oder eingestellte Strafverfahren sowie die sich darauf beziehenden Gerichts- und Untersuchungsakten».

4 5

Bundesgesetz vom 21. März 1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS; SR 120).

Vgl. Bericht der GPK-N vom 28. Nov..2008. Ziff. 4.2.2.1. BBl 2009 3472 f.

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2.2

Unterstellung der Fachstelle PSP (Empfehlung 3)

Mit ihrer Empfehlung 3 ersuchte die GPK-N den Bundesrat, «[dafür zu sorgen], dass die Fachstelle PSP aus dem VBS ausgegliedert wird und [...] die Angliederung bei der Bundeskanzlei oder bei einem Departement, das nur eine geringe Anzahl von Funktionen aufweist, die einer Personensicherheitsprüfung unterliegen, [zu prüfen]».

In seiner Stellungnahme vom 22. April 20096 erklärte der Bundesrat, dass er die Auffassung der GPK-N in Bezug auf die Zweckmässigkeit einer Ausgliederung der Fachstelle PSP aus dem VBS nicht teile. In dem darauf folgenden Briefwechsel zwischen Bundesrat und GPK-N betonte der Bundesrat, dass er es für wichtig hält, die Fachstelle PSP im VBS zu belassen, um den integralen Sicherheitsansatz nicht zu gefährden, während die GPK-N darauf bestand, dass die Unabhängigkeit dieser Fachstelle gegenüber den überprüften Personen gewährleistet werden muss.7 In seinem Bericht vom 21. April 2010 über den Stand der Umsetzung der Empfehlungen der GPK-N8 schliesslich teilte der Bundesrat mit, dass er die Empfehlung 3 mit der Schaffung einer zweiten, in der Bundeskanzlei angesiedelten Fachstelle PSP umzusetzen beabsichtige.

Die neue Fachstelle PSP BK hat ihre Arbeit am 1. April 2011 aufgenommen. Die gesetzlichen Grundlagen sehen folgende Aufgabenverteilung vor:

6

7 8

9

10 11 12

­

Die Fachstelle PSP BK ist zuständig für die Sicherheitsprüfungen der vom Bundesrat ernannten obersten Kader des Bundes. Ihr unterliegen auch die Sicherheitsprüfungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachstelle PSP VBS und jene der Abteilung Informations- und Objektsicherheit (der die Fachstelle PSP VBS unterstellt ist).9 Die Fachstelle PSP BK nimmt nur erweiterte Personensicherheitsprüfungen mit Befragung im Sinne von Artikel 12 der Verordnung über die Personensicherheitsprüfungen (PSPV) vor.10

­

Alle weiteren PSP werden von der Fachstelle PSP VBS durchgeführt; diese ist auch zuständig für die PSP der vom Bundesrat ernannten obersten Kader der BK sowie der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Fachstelle PSP BK.

Die Fachstelle PSP VBS ist sowohl für die Grundsicherheitsprüfungen11 als auch für die erweiterten Sicherheitsprüfungen12 und die erweiterten Sicherheitsprüfungen mit Befragung zuständig.

Bericht der GPK-N vom 28. Nov. 2008 über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee. Stellungnahme des Bundesrates vom 22. April 2009 (BBl 2009 3481).

Vgl. Jahresbericht 2009 der GPK und der GPDel vom 22. Jan. 2010 (BBl 2010 2734 f.)

und Jahresbericht 2010 der GPK und der GPDel vom 27. Jan. 2011 (BBl 2011 4110 f.).

Bericht der GPK-N vom 28. Nov. 2008 über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee. Bericht vom 21. April 2010 über den Stand der Umsetzung der Empfehlungen 1 bis 6.

Die Fachstelle PSP BK ist zuständig für die Befragungen, die Risikoanalysen sowie den Erlass der Verfügungen; die erstmalige Datenerhebung gemäss Art. 20 Abs. 2 Bst. a­d BWIS wird von der Fachstelle PSP VBS für die Fachstelle PSP BK vorgenommen.

Verordnung vom 4. März 2011 über die Personensicherheitsprüfungen (PSPV; SR 120.4).

Vgl. Art. 10 PSPV.

Vgl. Art. 11 PSPV.

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Nach ihrer Nachkontrolle zieht die GPK-N eine insgesamt positive Bilanz über dieses neue System. Während vorher sämtliche PSP von der Fachstelle PSP VBS durchgeführt wurden, hat das neue System den Vorteil, dass die Unabhängigkeit der Kontrollorgane gegenüber den überprüften Personen besser gewährleistet ist. Vor allem lässt sich damit vermeiden, dass ein Mitarbeiter der Fachstelle ein Mitglied des obersten Kaders seiner eigenen Einheit (Departement und/oder Bundeskanzlei) befragen muss. Solche Situationen waren zuvor möglich, wie sich am Beispiel der PSP von Roland Nef im Jahre 2007 gezeigt hat.

Die GPK-N stellt im Weitern fest, dass alt Bundesrichter Arthur Aeschlimann es in seinem Bericht vom 15. April 2012 ebenfalls als positiv beurteilte, dass die obersten Kader des Bundes von einer Stelle geprüft werden, die ausserhalb der Weisungsbefugnis der Departemente steht.13 Trotz dieser insgesamt positiven Bilanz birgt das neue System nach Auffassung der GPK-N aber auch Risiken, die im Auge behalten werden sollten. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf das Risiko zu richten, dass eine fehlende Unité de doctrine, das heisst eine unterschiedliche Befragungspraxis und Risikobeurteilung der beiden Fachstellen PSP, entstehen könnte.

Wie die GPK-N feststellt, scheinen sich sowohl der Bundesrat als auch die Leiter der beiden Fachstellen dieses Risikos bereits bewusst zu sein. So hält der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 1. Februar 2012 Folgendes fest: «Sowohl die Fachstelle PSP VBS wie auch die Fachstelle PSP BK führen erweiterte Personensicherheitsprüfungen mit Befragung nach Artikel 12 PSPV durch. Beide Fachstellen stützen sich dabei sowohl hinsichtlich Verfahrensablauf wie Entscheidfindung auf die gleichen gesetzlichen Grundlagen sowie die einschlägige Rechtsprechung. Der fachliche Erfahrungsaustausch zwischen den beiden Fachstellen ist im Interesse einer einheitlichen Befragungspraxis und Risikobeurteilung zu institutionalisieren.»14 Die Leiter der beiden Fachstellen wiesen ihrerseits bei ihrem Gespräch mit der GPK-N darauf hin, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden Diensten gut funktioniere, dass es allerdings in Bezug auf die Unité de doctrine bei den erweiterten PSP mit Befragung noch Verbesserungspotenzial gebe.15 Die GPK-N erwartet von den betroffenen Diensten, dass sie dieser Problematik
auch in Zukunft die erforderliche Aufmerksamkeit schenken und regelmässig überprüfen, ob konkrete Massnahmen zu treffen sind (vgl. Ziff. 5 unten, neue Empfehlung 4).

2.3

Richtlinien über den Status der Fachstelle PSP und die Informationsübermittlung (Empfehlung 4)

Nachdem die GPK-N bei ihrer Untersuchung festgestellt hatte, dass es im Zusammenhang mit der PSP von Roland Nef bei der Informationsübermittlung zahlreiche Probleme gab16, empfahl sie dem Bundesrat, «[dafür zu sorgen], dass Richtlinien geschaffen werden, in denen die Unabhängigkeit der Fachstelle PSP klar festgelegt und der Informationsfluss entsprechend geregelt wird».

13 14 15 16

Bericht Aeschlimann vom 15. April 2012, S. 32.

Bericht des Bundesrates vom 1. Febr. 2012, S. 3.

Protokoll der Subkommissionssitzung EDA/VBS vom 15. Febr. 2012, S. 8­9.

Vgl. Bericht der GPK-N vom 28. Nov. 2008, Ziff. 4.2.2.3.

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Die GPK-N erachtet diese Empfehlung mit der am 16. Juli 2012 in Kraft gesetzten Revision von Artikel 21 Absatz 1 des BWIS sowie mit der am 4. April 2011 in Kraft gesetzten Totalrevision der PSPV als umgesetzt.

Durch den neuen Artikel 21 Absatz 1 BWIS wird das Prinzip der Unabhängigkeit der Fachstellen PSP im Gesetz verankert: «Der Bundesrat bezeichnet die Prüfbehörden, welche die Sicherheitsprüfungen in Zusammenarbeit mit dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) durchführen. Die Prüfbehörden sind weisungsungebunden.» Dieses Unabhängigkeitsprinzip erwähnt auch Artikel 3 Absatz 4 der PSPV: «Die Prüfbehörden erfüllen ihre Aufgaben weisungsungebunden.» Die PSPV regelt neu auch den Informationsfluss für Fälle, in denen bei der Durchführung einer PSP Probleme auftauchen sollten. Artikel 20 PSPV hält dazu Folgendes fest: «Hat die Prüfbehörde einen begründeten Sicherheitsvorbehalt und ist die Sache dringlich, so kann sie die entscheidende Instanz, die zuständige Departementschefin oder den zuständigen Departementschef beziehungsweise die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler sowie die betroffene Person schriftlich über die bisherigen Erkenntnisse der Personensicherheitsprüfung informieren, bevor diese abgeschlossen ist.» Artikel 23 Absatz 2 PSPV lautet wie folgt: «Erlässt die Prüfbehörde eine Risikoerklärung oder eine Sicherheitserklärung mit Auflagen und untersteht die betreffende Person im Zusammenhang mit einer anderen Funktion oder Tätigkeit schon der Personensicherheitsprüfung, so kann die Prüfbehörde die entscheidende Instanz, die für die Übertragung dieser anderen Funktion oder Tätigkeit zuständig ist, über das Resultat der Personensicherheitsprüfung informieren.»

2.4

Zeitpunkt der PSP (Empfehlung 5)

In ihrer Empfehlung 5 ersuchte die GPK-N den Bundesrat, «zu prüfen, ob es zweckmässig sei, bei gewissen Funktionen mit höchster Verantwortung die Personensicherheitsprüfung vor der Ernennung durchzuführen. Weiter sorgt der Bundesrat dafür, dass im Rahmen der laufenden BWIS-Revision die nötigen Vorkehrungen getroffen werden, dass der Wortlaut von Artikel 19 Absatz 3 BWIS in allen drei Amtssprachen inhaltlich gleich lautet».

Bei Roland Nef wurde die PSP erst nach dessen Ernennung durch den Bundesrat durchgeführt, wodurch die Fachstelle PSP VBS in eine äusserst schwierige Lage versetzt wurde. Die Vertreter dieser Fachstelle erklärten seinerzeit gegenüber der GPK-N, es sei bis dahin bei der Wahl des obersten Kaders üblich gewesen, dass die Departemente die PSP erst nach der Ernennung einleiten. Bei der Prüfung der entsprechenden Rechtsgrundlagen stellte die GPK-N überdies fest, dass der Inhalt von Artikel 19 Absatz 3 BWIS nicht in allen Amtssprachen gleich lautete. So sah die deutsche Fassung vor, dass die PSP durchgeführt wird, «bevor das Amt oder die Funktion übertragen» wird, was oft als «vor dem Amtsantritt» bzw. «vor der Übernahme der Funktion» interpretiert wurde. Die französische Fassung hingegen sah vor, dass die PSP durchgeführt wird, bevor die Person für die ausgeschriebene Funktion ernannt wird («avant la nomination à la fonction»).17

17

Vgl. Bericht der GPK-N vom 28. Nov. 2008, Ziff. 3.2 und Ziff. 4.2.2.4.

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Die GPK-N stellt fest, dass ihre Empfehlung 5 mit der am 16. Juli 2012 in Kraft gesetzten Revision von Artikel 19 Absatz 3 BWIS umgesetzt worden ist. Neu lautet dieser Artikel wie folgt: «Die Sicherheitsprüfung wird durchgeführt, bevor das Amt oder die Funktion übertragen oder der Auftrag erteilt wird; im Falle von Ernennungen durch den Bundesrat, bevor die Person für die Ernennung oder die Übertragung der Funktion vorgeschlagen wird.» Für die GPK-N ist der Zeitpunkt der PSP vor allem dann von zentraler Bedeutung, wenn es sich um höhere Führungsfunktionen des Bundes handelt. Sie erwartet vom Bundesrat, dass er für eine konsequente Umsetzung der revidierten Gesetzesbestimmungen sorgt; dies setzt insbesondere voraus, dass die Departemente die entsprechenden Schritte rechtzeitig unternehmen, so dass die PSP auch tatsächlich stattfinden kann, bevor die Ernennung oder Übertragung der Funktion vorgeschlagen wird.

Die GPK-N wird im Rahmen ihrer laufenden Inspektion über die Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat prüfen, wie der Bundesrat und die Departemente diese Bestimmungen in die Praxis umsetzen.

2.5

Abgangsentschädigungen (Empfehlung 6)

In ihrer Empfehlung 6 ersuchte die GPK-N den Bundesrat, «die Rechtslage in Bezug auf Abgangsentschädigungen bei einvernehmlichen Beendigungen von Arbeitsverhältnissen verbindlich zu regeln».

Die GPK-N hatte nämlich bei ihrer Untersuchung festgestellt, dass für den seinerzeit vom Bundesrat gewählten Weg einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei gleichzeitiger Entrichtung einer Abgangsentschädigung keine genügende Rechtsgrundlage bestand.18 Die GPK-N erachtet ihre Empfehlung 6 als umgesetzt, nachdem am 1. Januar 2010 die Änderung von Artikel 78 Absatz 2bis der Bundespersonalverordnung (BPV)19 in Kraft getreten ist. Diese Bestimmung sieht ausdrücklich vor, dass Abgangsentschädigungen auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im gegenseitigen Einvernehmen ausgerichtet werden können.

3

Prüfung der geltenden Rechtsgrundlagen

Ende 2011 hatte die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) beauftragt, gewisse Fragen im Zusammenhang mit der Risikoverfügung20 zu klären, welche die Fachstelle PSP VBS in Bezug auf den damaligen Chef der Bundeskriminalpolizei (BKP) erlassen hatte und die vom Bundesverwaltungsgericht (BVGer) am 20. September 2011 bestätigt worden 18 19 20

Vgl. Bericht der GPK-N vom 28. Nov. 2008, Ziff. 3.3 und Ziff. 4.5.

Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (BPV; SR 172.220.111.3).

Gemäss Art. 22 Abs. 1 PSPV erlässt die «Prüfbehörde [...] eine der folgenden Verfügungen: a. Sicherheitserklärung: Die Person wird als unbedenklich beurteilt. b. Sicherheitserklärung mit Auflagen: Die Person wird als Sicherheitsrisiko mit Vorbehalt beurteilt.

c. Risikoerklärung: Die Person wird als Sicherheitsrisiko beurteilt. d. Feststellungserklärung: Für die Beurteilung sind zu wenig Daten vorhanden.».

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war. Am 2. Mai 2012 bestätigte das Bundesgericht (BGer) seinerseits diese Verfügung, womit sie rechtskräftig wurde.

Nach Abschluss ihrer Arbeiten informierte die GPDel die GPK-N schriftlich über ihre Schlussfolgerungen, damit die Kommission diese gegebenenfalls bei ihrer Nachkontrolle berücksichtigen kann.

Artikel 26 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes (ParlG)21 untersagt der parlamentarischen Oberaufsicht die inhaltliche Kontrolle richterlicher Entscheide. Deshalb setzte sich die GPDel nicht inhaltlich mit den Entscheiden des BVGer und des BGer im vorliegenden Fall auseinander. Sie hielt jedoch Folgendes fest: «Für diese Beurteilung hat sich das BGer nach eigenen Angaben vollumfänglich auf das Ermessen und das technische Wissen der Fachstelle verlassen, denn nach Ansicht des BGer hat nicht das Gericht den Massstab für die sicherheitsrelevanten Bedenken zu definieren. Dies obliege in erster Linie dem Bundesrat, dem VBS und der zuständigen Fachstelle. Für die GPDel stellt sich jedoch die Frage, ob die Kriterien für die Begründung eines objektiven Sicherheitsrisikos nicht auf Stufe des formellen Gesetzes geregelt werden müssten.»22 Die GPK-N teilt die Bedenken der GPDel. Die geltenden Rechtsgrundlagen legen zwar u. a. fest, welche Personen einer PSP unterzogen23 und welche Daten erhoben werden können24. Sie enthalten allerdings keine Bestimmung, die festlegt, unter welchen Voraussetzungen eine Person ein Sicherheitsrisiko darstellt. Die GPK-N fragt sich, ob solche Angaben ­ um dem verfassungsmässigen Legalitätsprinzip zu entsprechen ­ nicht im formellen Gesetz verankert statt nur von der Rechtsprechung vorgegeben werden sollten.

Die GPK-N nahm zur Kenntnis, dass das VBS derzeit einen Entwurf für ein Informationssicherheitsgesetz ausarbeitet, und dass vorgesehen ist, die PSP künftig durch dieses neue Gesetz und nicht mehr durch das BWIS zu regeln. Sie hält es deshalb für zweckmässig, im Rahmen der Ausarbeitung dieses neuen Gesetzes zu prüfen, ob die Rechtgrundlagen für die PSP präzisiert werden sollten.

In diesem Zusammenhang möchte die GPK-N zudem abgeklärt haben, ob es zweckmässig ist, das Endziel der PSP gesetzlich festzulegen. Nach Meinung der Kommission soll mit den PSP in erster Linie verhindert werden, dass Bundesangestellte mit Zugang zu besonders sensiblen Informationen diese missbräuchlich
verwenden, indem sie sie z. B. an unbefugte Personen weitergeben; diese Prüfungen dienen demnach der Informationssicherheit. Sie sollten jedoch nicht dazu verwendet werden, Probleme im Bereich der Personalführung zu lösen, die keinen Zusammenhang mit der Staatssicherheit haben.

Vor diesem Hintergrund fordert die GPK-N den Bundesrat auf, im Rahmen der Ausarbeitung des neuen Informationssicherheitsgesetzes eingehend zu prüfen, ob es zweckmässig ist, im formellen Gesetz zum einen zu definieren, was ein Sicherheitsrisiko im Sinne der PSP ist, und zum andern festzuhalten, was das Endziel dieser Kontrollen ist.

21 22 23 24

Bundesgesetz vom 13. Dez. 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG; SR 171.10).

Schreiben der GPDel vom 11. Juni 2012, S. 2.

Vgl. Art. 19 BWIS.

Vgl. Art. 20 BWIS.

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Empfehlung 1

Prüfung einer allfälligen Präzisierung der Rechtsgrundlagen für die Personensicherheits-prüfungen

Die GPK-N fordert den Bundesrat auf, im Rahmen der Ausarbeitung des neuen Informationssicherheitsgesetzes eingehend zu prüfen, ob es zweckmässig ist, im formellen Gesetz zum einen zu definieren, was ein Sicherheitsrisiko im Sinne der PSP ist, und zum anderen festzuhalten, was das Endziel dieser Kontrollen ist.

4

Festlegung der Prüfstufen

Gemäss Artikel 9 Absatz 2 PSPV25 haben alle Departemente die Prüfstufe der jeweiligen Funktionen in einer Verordnung festzulegen. Diese Bestimmung trat am 1. April 2011 in Kraft.

Die GPK-N stellte bei ihrer Nachkontrolle jedoch fest, dass zum Zeitpunkt der Verabschiedung dieses Berichts nur die BK, das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF), das VBS, das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) eine solche Verordnung publiziert hatten.

Da diese Situation in den Augen der GPK-N unbefriedigend ist, fordert sie den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass alle Departemente so rasch wie möglich in einer Verordnung festlegen, welche Funktionen welcher Prüfstufe unterzogen werden müssen.

Empfehlung 2

Festlegung der Prüfstufen auf Verordnungsebene

Die GPK-N fordert den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass alle Departemente so rasch wie möglich wie in Artikel 9 Absatz 2 PSPV vorgesehen in einer Verordnung festlegen, welche Funktionen welcher Prüfstufe unterzogen werden müssen.

5

Externe Überprüfung der Tätigkeiten der Fachstelle PSP BK

Mit Schreiben vom 1. November 2011 teilte der Generalsekretär des UVEK der Bundeskanzlerin mit, dass von verschiedenen Führungspersonen des UVEK kritische Rückmeldungen zu ihren Befragungen durch die Fachstelle PSP BK eingegangen seien. Aufgrund von Schilderungen von Befragungen sei der Eindruck entstanden, dass die Befragungspraxis der Fachstelle PSP BK «die Grenzen der Verhältnismässigkeit zumindest stark ausdehnt, zum Teil auch überschreitet. Es 25

«Die zuständigen Bundesbehörden legen für die Funktionen nach den Anhängen 1 und 2 die jeweilige Prüfstufe in Form einer Verordnung fest» (Art. 9 Abs. 2 PSPV).

6249

werden Sachverhalte aufgenommen, die u. E. zu stark in das Privatleben der betroffenen Personen eingreifen [...]».26 Aufgrund dieser Kritik beauftragte die Bundeskanzlerin am 11. Januar 2012 alt Bundesrichter Arthur Aeschlimann mit einem Gutachten zu den Sachverhaltsabklärungen der Fachstelle PSP BK. Gemäss Gutachtensauftrag sollte die Verhältnismässigkeit der Sachverhaltsabklärungen einschliesslich der Befragungsmethodik der Fachstelle überprüft werden.27 Am 16. Mai 2012 veröffentlichte die Bundeskanzlei den am 15. April 2012 eingereichten Bericht Aeschlimann.28 Die GPK-N begrüsst den Entscheid der Bundeskanzlerin, die Tätigkeit der Fachstelle PSP BK durch einen externen Experten überprüfen zu lassen. Die Kommission stellt fest, dass die Ergebnisse des Gutachtens insgesamt positiv ausfallen: Gemäss Aeschlimann erfüllt die Fachstelle PSP BK die ihr durch Gesetz und Verordnung zugewiesenen Aufgaben grundsätzlich korrekt, und es liegen auch keine Missstände vor.

Der Bericht hält allerdings auch fest, dass in Einzelfällen die persönlichen Befragungen in einzelnen Punkten unverhältnismässig gewesen seien. Die GPK-N erwartet von den beiden Fachstellen PSP, dass sie diesem Punkt bei ihren künftigen Sicherheitsprüfungen besondere Beachtung schenken.

Der Bericht weist zudem darauf hin, dass bei den personellen Ressourcen der Fachstelle Handlungsbedarf besteht. Die schwierige Personalsituation, in der sich die Fachstelle befindet, ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass bei ihr im ersten Betriebsjahr mehr als doppelt so viele Prüfgesuche wie ursprünglich erwartet eingingen. Die meisten dieser Sicherheitsprüfungen betrafen hohe Führungskräfte, die seit mehreren Jahren in der Bundesverwaltung arbeiteten, aber noch nie einer Befragung im Rahmen einer PSP unterzogen worden waren. Gemäss den neuen gesetzlichen Grundlagen muss indes bei sämtlichen vom Bundesrat ernannten Personen eine erweiterte PSP mit Befragung durchgeführt werden29, und die Übergangsbestimmungen sehen vor, dass diese Prüfung spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten der neuen PSPV eingeleitet werden muss.30 Die GPK-N hat somit mit einigem Erstaunen festgestellt, dass offenbar etliche hohe Führungskräfte des Bundes während mehrerer Jahre ihre Funktion ausgeübt haben, ohne einer PSP (zumindest nicht einer erweiterten PSP mit Befragung)
unterzogen worden zu sein, dies obwohl sie höchstwahrscheinlich Zugang zu sensiblen oder gar hochsensiblen Informationen hatten.

Der Bundesrat muss in den Augen der GPK-N unbedingt dafür sorgen, dass sich eine solche Situation nicht wiederholen kann, dies insbesondere über eine konsequente Umsetzung der neuen Gesetzesbestimmungen, wonach nicht nur sämtliche vom Bundesrat ernannten Personen sich einer erweiterten PSP mit Befragung unterziehen müssen, sondern diese Prüfung durchgeführt werden muss, bevor die Ernennung oder die Übertragung einer Funktion vorgeschlagen wird.

26 27 28 29 30

Brief des Generalsekretärs des UVEK an die Bundeskanzlerin vom 1. Nov. 2011, S. 1 (u.a. in der Aargauer Zeitung vom 12. Nov.2011 teilweise veröffentlicht).

Vgl. «Externe Überprüfung der Tätigkeit der Fachstelle Personensicherheitsprüfungen Bundeskanzlei», Medienmitteilung der Bundeskanzlei vom 16. Mai 2012.

Idem.

Vgl. Art. 12 Abs. 2 Bst. a PSPV.

Vgl. Art. 32 Abs. 1 PSPV.

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Empfehlung 3

Erweiterte PSP mit Befragung für hohe Führungskräfte des Bundes

Die GPK-N fordert den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass die Situation, in der etliche hohe Führungskräfte des Bundes während mehrerer Jahre ihre Funktion ausgeübt haben, ohne einer erweiterten PSP mit Befragung unterzogen worden zu sein, nicht mehr vorkommen kann. Dies soll insbesondere durch eine konsequente Umsetzung der neuen gesetzlichen Bestimmungen erreicht werden.

Arthur Aeschlimann richtete insgesamt 12 Empfehlungen an die Bundeskanzlei.31 Die GPK-N begrüsst es, dass die BK bereits verschiedene Massnahmen zur Umsetzung dieser Empfehlungen getroffen hat. Ihrer Meinung nach wäre es allerdings zweckmässig, wenn das VBS ebenfalls prüfen würde, inwieweit diese Empfehlungen zu einer Verbesserung seiner eigenen Fachstelle PSP beitragen könnten, und wenn gegegebenfalls beide Fachstellen PSP ­ auch zur Förderung der Unité de doctrine ­ gemeinsam prüften, wie die Empfehlungen umzusetzen sind (zum Beispiel in Bezug auf Weiterbildungsmassnahmen oder auf eine bessere Information der Bundesverwaltung in Sachen PSP).

Empfehlung 4

Gemeinsame Umsetzung der Empfehlungen des externen Gutachtens

Die GPK-N fordert den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass das VBS prüft, inwieweit die im Bericht Aeschlimann genannten Empfehlungen auch zur Verbesserung seiner eigenen Fachstelle PSP beitragen könnten und dass die beiden Fachstellen gegebenenfalls gemeinsam prüfen, wie diese umzusetzen sind (zum Beispiel in Bezug auf Weiterbildungsmassnahmen oder auf eine bessere Information der Bundesverwaltung in Sachen PSP).

6

PSP bei Personen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2012 ersuchte die GPK-N die Fachstellen PSP des VBS und der BK, ihr darzulegen, wie sie verfahren, wenn die zuständigen Dienste der Verwaltung die Sicherheitsprüfung einer Person verlangen, die nicht die Schweizer Staatsbürgerschaft besitzt, und auf welche gesetzlichen Grundlagen sich diese Praxis stützt. Grund für diese Anfrage war u.a. ein Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) vom 5. Oktober 2012, wonach drei stellvertretende Bundesanwälte aufgrund ihrer ausländischen Staatsangehörigkeit nicht einer PSP der höchsten Stufe (d.h. einer erweiterten PSP mit Befragung) unterzogen worden seien.32 In seiner Antwort vom 30. Oktober 2012 bestätigte das VBS, dass die Fachstelle PSP VBS gemäss langjähriger Praxis bei ausländischen Staatsangehörigen höchstens eine Grundsicherheitsprüfung nach Artikel 10 PSPV durchführt. Die Durchführung einer erweiterten Personensicherheitsprüfung (nach Art. 11 PSPV) oder einer erwei31 32

Vgl. Bericht Aeschlimann vom 15. April 2012, S. 37­39.

«Ein Risiko-Check mit Lücken», Artikel in der NZZ vom 5. Okt. 2012.

6251

terten Personensicherheitsprüfung mit Befragung (nach Art. 12 PSPV) werde hingegen bei Personen ohne Schweizer Bürgerrecht abgelehnt.33 Zu den gesetzlichen Grundlagen führte das VBS an, dass es heute im Landesrecht keine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung gebe, welche bei der Durchführung der Personensicherheitsprüfung von ausländischen Staatsangehörigen Einschränkungen vorsehe. Die Praxis des VBS bewege sich jedoch nicht im rechtsfreien Raum, sondern «stützt sich auf eine langjährige internationale Gewohnheit, die auch stets in der Schweiz gelebt wurde, gemäss welcher die Belange der nationalen Sicherheit und der Aussenpolitik hochpolitische Befugnisse des Staates darstellen, für welche besondere Regeln gelten».34 Das VBS anerkennt allerdings, dass diese «auf eine Gewohnheit gestützte Verwaltungspraxis des VBS den Anforderungen an das Legalitätsprinzip von Artikel 36 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (SR 101) nicht mehr genügt».35 Das VBS erklärte, dass es sich dieses Problems bewusst sei und dass es Schritte unternommen habe, dieses im Rahmen der Erarbeitung des neuen Informationssicherheitsgesetzes zu regeln.

Die GPK-N erachtet diese langjährige Praxis tatsächlich als unbefriedigend. Zum einen stützt sich diese auf keine formelle Rechtsgrundlage, zum andern kann sie dazu führen, dass eine Person ohne Schweizer Staatsbürgerschaft Zugang zu hochsensiblen Informationen hat, sich aber im Gegensatz zu ihren Schweizer Arbeitskollegen nicht einer erweiterten PSP mit Befragung unterziehen muss.

Während nämlich gemäss BPV die Departemente den Zugang zu bestimmten Stellen auf Personen mit schweizerischem Bürgerrecht beschränken können36, gibt es im Personalrecht keine allgemeinen Bestimmungen, welche die Departemente verpflichten, Funktionen mit Zugriff auf hochsensible Daten nur Schweizer Staatsangehörigen vorzubehalten.

Die GPK-N begrüsst es, dass das VBS hier Handlungsbedarf erkannt und Schritte zur Klärung dieser Situation unternommen hat. Sie teilt die Ansicht des VBS, dass es sich bei der Frage über den Zugang oder Nichtzugang von ausländischen Staatsangehörigen zu sicherheitsmässig besonders empfindlichen Funktionen um einen politischen Entscheid handelt.

Unter dem Gesichtspunkt der parlamentarischen Oberaufsicht ist es wichtig, hier vor allem auf die Kohärenz der gesetzlichen Bestimmungen zu achten: Entweder werden die Departemente nicht befugt, Funktionen, in denen beispielsweise als GEHEIM 33 34 35 36

Vgl. Antwort vom 30. Okt. 2012 des Chefs der Abteilung Informations- und Objektsicherheit (VBS), S. 2.

Idem.

Idem.

Vgl. Art. 23 Abs. 1 BPV: «Soweit es für die Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgaben notwendig ist, kann der Stellenzugang auf Personen mit schweizerischem Bürgerrecht beschränkt werden: a. durch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) für das in der internationalen Verbrechensbekämpfung sowie für das bei der Polizei und in der Strafverfolgung eingesetzte Personal; b. durch das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) für das in der Landesverteidigung eingesetzte Personal; c. durch das EDA für das für die Vertretung der Schweiz im Ausland eingesetzte Personal; d. durch das EFD für die Angehörigen des Grenzwachtkorps; e. durch die Departemente für ihr Personal, das die Schweiz an internationalen Verhandlungen vertritt».

6252

klassifizierte Informationen zugänglich sind, mit Personen ohne Schweizer Staatsangehörigkeit zu besetzen, oder sie werden dazu befugt, müssen dann aber diese Personen so wie Schweizer Staatsangehörige einer erweiterten PSP oder einer erweiterten PSP mit Befragung unterziehen.

Die GPK-N hat ausserdem Kenntnis genommen von der Antwort der BK vom 31. Oktober 2012. Im Gegensatz zum VBS beurteilt die BK die Frage, «ob bei einer Person eine Personensicherheitsprüfung durchzuführen ist und wenn ja welcher Prüfstufe, [...] allein nach Massgabe der Funktion, die diese (künftig) innehat. Die Staatsangehörigkeit ist kein Merkmal für den Entscheid, ob eine Personensicherheitsprüfung durchzuführen ist. [...] Es besteht keine gesetzliche Grundlage, die der Fachstelle PSP BK verbieten würde, bei Personen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft eine Personensicherheitsprüfung durchzuführen».37 Allerdings sei die BK bisher noch nie mit einem derartigen Fall konfrontiert worden.

Für die GPK-N ist es von wesentlicher Bedeutung, dass die Situation in Bezug auf Personen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft rasch geklärt wird und die beiden Fachstellen PSP einheitlich und gestützt auf klare Rechtsgrundlagen verfahren.

Empfehlung 5

PSP bei Personen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft

Die GPK-N fordert den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass die Situation in Bezug auf Personen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft rasch geklärt wird und die beiden Fachstellen PSP einheitlich und gestützt auf klare Rechtsgrundlagen verfahren.

An dieser Stelle möchte die GPK-N noch erwähnen, dass das VBS im Rahmen der Konsultation zum vorliegenden Bericht die GPK-N über den Bundesratsbeschluss vom 30. Januar 2013 informiert hat. Darin hat der Bundesrat «das VBS beauftragt, die Praxis der Fachstellen PSP umgehend so anzupassen, dass ausländische Staatsangehörige, für die von der zuständigen Stelle eine Personensicherheitsprüfung nach Artikel 10, 11 oder 12 PSPV eingeleitet wird, von der zuständigen Prüfbehörde in Anwendung der geltenden gesetzlichen Regelungen einer Personensicherheitsprüfung unterzogen werden. Gleichzeitig wurde das VBS beauftragt, im Rahmen der Erarbeitung des Entwurfs des Informationssicherheitsgesetzes grundsätzlich den Verzicht auf jegliche Einschränkung beim Zugang von ausländischen Staatsangehörigen zu klassifizierten Informationen des Bundes weiter zu verfolgen. Allfällige Einschränkungen des Zugangs von ausländischen Staatsangehörigen zu GEHEIM klassifizierten Informationen seien in diesem Gesetz aufzunehmen»38.

Die GPK-N begrüsst diesen Beschluss des Bundesrats, der einen ersten Schritt zur Umsetzung der oben erwähnten Empfehlung 5 darstellt.

37 38

Antwort des Leiters Innere Dienste der BK vom 31. Okt. 2012, S. 2.

Brief der Vorstehers des VBS vom 26. März 2013, S. 1­2.

6253

7

Nebenbeschäftigungen

Artikel 91 BPV definiert, welche Nebenbeschäftigungen von Angestellten des Bundes meldepflichtig sind und in welchen Fällen eine Bewilligung erforderlich ist.

Letzteres ist gemäss Artikel 91 Absatz 2 insbesondere dann der Fall, wenn aufgrund der Art der Tätigkeit die Gefahr eines Konfliktes mit den dienstlichen Interessen besteht.

Für die Umsetzung von Artikel 91 BPV verantwortlich sind zwar in erster Linie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer selbst, ihre Linienvorgesetzten sowie die Entscheidinstanzen ihrer Ämter oder Departemente und nicht die Fachstellen PSP, da es sich hier um Personal- und nicht um Sicherheitsbelange handelt. Bei gewissen Konstellationen ist es allerdings nicht ausgeschlossen, dass die Ausübung einer Nebenbeschäftigung ein Sicherheitsrisiko darstellen kann.

Die GPK-N verlangte deshalb mit Schreiben vom 16. Oktober 2012 von den Fachstellen PSP des VBS und der BK zusätzliche Auskünfte darüber, inwieweit bei den PSP die Ausübung von Nebenbeschäftigungen berücksichtigt wird, dies insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass das Bestehen eines Interessenkonflikts und/oder das Verschweigen einer Nebenbeschäftigung gegenüber dem Vorgesetzten ein Sicherheitsrisiko darstellen kann.

Nach Analyse der erhaltenen Antworten begrüsst es die GPK-N, dass die Fachstelle PSP BK diese Frage systematisch abklärt, indem sie die betroffenen Personen auffordert, ihr vor der Befragung sämtliche aktuellen und ehemaligen Nebenbeschäftigungen im Detail schriftlich darzulegen und die vorhandenen Bewilligungen und Meldungen beizubringen.39 Auch begrüsst sie es, dass die Fachstelle PSP VBS entschieden hat, von allen Angestellten des Bundes, die einer Sicherheitsprüfung mit persönlicher Befragung unterzogen werden, ebenfalls eine solche Deklaration zu verlangen.40

8

PSP in den Armeerekrutierungszentren

Seit August 2011 wird bei allen Wehrpflichtigen vor Beginn der Rekrutenschule eine PSP durchgeführt.41 Bei diesen Prüfungen gemäss Artikel 113 Absatz 1 Buchstabe d des Militärgesetzes (MG)42 soll das Gewaltpotenzial der Wehrpflichtigen beurteilt werden, um abzuklären, ob es Hinderungsgründe für die Überlassung der persönlichen Waffe gibt.43

39 40 41

42 43

Vgl. Antwort des Leiters Innere Dienste der BK vom 31. Okt. 2012, S. 1­2.

Vgl. Antwort des Chefs Informations- und Objektsicherheit (VBS) vom 30. Okt. 2012, S. 1­2.

Diese Massnahme geht auf einen Pilotversuch zurück, den das VBS im Jahr 2009 lancierte, nachdem ein Armeeangehöriger Ende 2007 auf dem Hönggerberg eine Sechzehnjährige mit seiner Ordonnanzwaffe erschossen hatte.

Bundesgesetz vom 3. Febr. 1995 über die Armee und die Militärverwaltung (MG; SR 510.10).

Art. 113 Abs. 1 Bst. d MG sieht vor, dass der Führungsstab der Armee zur Prüfung von Hinderungsgründen für die Überlassung der persönlichen Waffe «ohne Zustimmung der zu prüfenden Person die Beurteilung des Gewaltpotentials durch eine Personensicherheitsprüfung verlangen [...]» kann.

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Liegt ein solcher Grund vor, wird der Wehrpflichtige für militärdienstuntauglich erklärt.44 Die GPK-N begrüsst die Einführung von PSP in den Armeerekrutierungszentren.

Mit Erstaunen nahm die GPK-N zur Kenntnis, dass den Zahlen für den Zeitraum von Anfang August 2011 bis Mitte Dezember 2011 zufolge zwei Prozent der insgesamt über 20 000 Wehrpflichtigen (d.h. ca. 400 Personen) wegen der Ergebnisse ihrer PSP für militärdienstuntauglich erklärt wurden.45 2012 waren es 989 Personen bei einem Total von 38 407 Wehrpflichtigen. Das entspricht einem Anteil von ca.

2,5 Prozent.46 Diese beachtlichen Zahlen machten die GPK-N umso mehr hellhörig, als diese Art von PSP zuvor nicht durchgeführt worden war; dies bedeutet auch, dass nicht gesagt werden kann, wie viele Personen in den Jahren zuvor in einer PSP aufgrund ihres Gewaltpotenzials für militärdienstuntauglich erklärt worden wären. Da diese Prüfung erst seit August 2011 systematisch durchgeführt wird, dauert es noch einige Jahre, bis die mittel- und langfristigen Auswirkungen beurteilt werden können.

Weiter hält die GPK-N fest, dass mit dieser Art von PSP ein anderes Ziel verfolgt wird als mit den PSP, denen Bundesangestellte unterzogen werden, die aufgrund ihrer Funktion Zugang zu sensiblen Informationen haben. Deshalb erachtet es die GPK-N als sinnvoll, dass diese Art von PSP auf einer anderen Rechtsgrundlage beruht, d. h. auf dem MG und nicht auf dem BWIS.

9

Allgemeine Schlussfolgerung

Die GPK-N hält generell fest, dass im Bereich der PSP seit der Veröffentlichung ihres Berichts vom 28. November 2008 über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Armeechef Fortschritte gemacht worden sind, dies insbesondere mit den zur Umsetzung der Empfehlungen der Kommission vorgenommenen Präzisierungen im BWIS.

Sie stellte im Rahmen ihrer Nachkontrolle allerdings auch fest, dass in verschiedener Hinsicht weiterhin Verbesserungspotenzial besteht, weshalb sie beschlossen hat, neue Empfehlungen an den Bundesrat zu richten.

44

45 46

Art. 13 Abs. 1 der Verordnung vom 10. April 2002 über die Rekrutierung (VREK; SR 511.11) lautet wie folgt: «Militärdiensttauglich ist, wer aufgrund seines Leistungsprofils den Anforderungen an den Militärdienst entspricht und bei dem kein Grund für eine Nichtrekrutierung nach Artikel 21 Absatz 1 MG sowie kein Hinderungsgrund für die Überlassung der persönlichen Waffe nach Artikel 113 MG vorliegt.» Vgl. Protokoll der Sitzung der Subkommission EDA/VBS vom 15. Febr. 2012, S. 15­21.

Vgl. zusätzliche Antworten des VBS vom 8. Febr. 2013, S. 1.

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10

Weiteres Vorgehen

Die GPK-N ersucht den Bundesrat, zu den Feststellungen und Empfehlungen dieses Berichts bis zum 10. Juni 2013 Stellung zu nehmen und dabei darzulegen, mit welchen Massnahmen und bis wann er die Empfehlungen der Kommission umzusetzen gedenkt.

Die GPK-N hat diesen Bericht an ihrer Sitzung vom 12. April 2013 genehmigt und dessen Veröffentlichung und Weiterleitung an den Bundesrat beschlossen. Der Bericht wird zur Kenntnisnahme auch an die Sicherheitspolitischen Kommissionen (SiK) weitergeleitet.

12. April 2013

Für die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates: Der Präsident: Ruedi Lustenberger Die Sekretärin: Beatrice Meli Andres Die Präsidentin der Subkommission EDA/VBS: Ida Glanzmann Die Sekretärin der Subkommission EDA/VBS: Jacqueline Dedeystère

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Abkürzungsverzeichnis BGer BK BKP BPV BVGer BWIS EDA GPDel GPK GPK-N GPK-S MG NDB NZZ ParlG PSP PSPV SiK UVEK VBS VREK WBF

Bundesgericht Bundeskanzlei Bundeskriminalpolizei Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001, SR 172.220.111.3 Bundesverwaltungsgericht Bundesgesetz vom 21. März 1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit, SR 120 Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Geschäftsprüfungsdelegation Geschäftsprüfungskommissionen Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Bundesgesetz vom 3. Februar 1995 über die Armee und die Militärverwaltung, SR 510.10 Nachrichtendienst des Bundes Neue Zürcher Zeitung Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz), SR 171.10 Personensicherheitsprüfung Verordnung vom 4. März 2011 über die Personensicherheitsprüfungen, SR 120.4 Sicherheitspolitische Kommissionen Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Verordnung vom 10. April 2002 über die Rekrutierung, SR 511.11 Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung

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