13.074 Botschaft zum ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 (Revision des Energierechts)

und zur Volksinitiative «Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomausstiegsinitiative)» vom 4. September 2013

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf der sich aus dem ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 ergebenden Erlassänderungen. Diese Erlassänderungen fungieren als indirekter Gegenvorschlag zur eidgenössischen Volksinitiative «Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomausstiegsinitiative)». Wir beantragen Ihnen, die Atomausstiegsinitiative Volk und Ständen zur Abstimmung zu unterbreiten, mit der Empfehlung, die Initiative abzulehnen.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2006 M 05.3683

Gesamtenergiekonzept für die nächsten 25 Jahre (N 16.12.05, Lustenberger; S 05.10.06)

2009 P

08.3760

Regelung der Vergütungshöhe für solarthermische Kraftwerke (N 05.03.09, Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie N)

2009 P

08.3761

Effektive Mehrkosten der Fotovoltaik berücksichtigen (N 05.03.09, Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie N)

2009 M 09.3357

Vereinfachte Zertifizierung von kleinen, mit erneuerbarer Energie betriebenen Stromerzeugungsanlagen (N 04.06.09, Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie N; S 14.09.09)

2010 P

10.3708

Energie aus Wasserkraft. Produktionspotenzial und -kapazität (N 17.12.10, Bourgeois)

2011 P

09.3908

Anpassung des Aktionsplans «Erneuerbare Energien» an den europäischen Standard (N 08.06.11, Nussbaumer)

2013-0462

7561

2011 P

10.3269

Netz und ökologische Pumpspeicherkraftwerke (N 08.06.11, Wehrli)

2011 P

11.3115

Sicherheit der schweizerischen Kernkraftwerke. Überprüfung der Energiepolitik (N 08.06.11, Fraktion CVP/EVP/glp)

2011 P

11.3224

Alternative Energiestrategie (N 08.06.11, Leutenegger Filippo)

2011 P

11.3348

Stromversorgung für die Schweiz sicherstellen (N 09.06.11, Wasserfallen)

2011 P

11.3422

Einführung von progressiven Energie- und Netznutzungstarifen (N 09.06.11, Fraktion BD)

2011 P

11.3435

Effizienter Einsatz des Stroms. Sparpotenzial aufzeigen (N 09.06.11, Darbellay)

2011 P

10.3890

Gesetzeskonforme Abnahme und Vergütung von Elektrizität (N 11.04.11, Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie N)

2011 P

10.4164

Beschleunigung von Verfahren von öffentlichem Interesse (S 16.03.11, Recordon)

2011 P

11.3307

Alternative Energiestrategie (S 28.09.11, Gutzwiller)

2011 P

11.3353

Erzeugung von Strom mittels erneuerbarer Energien nicht länger blockieren (N 09.06.11, Fiala)

2011 M 09.3456

Steuerbefreiung der Einkünfte aus der Einspeisevergütung für den privaten Stromkonsum (N 13.04.11, Favre Laurent; S 29.09.11; N 21.12.11)

2011 M 11.3338

Aufhebung des Verbandsbeschwerderechts bei Energieprojekten (N. 08.06.11, Rutschmann; S 28.09.11; N 06.12.11)

2011 M 11.3415

Energieeffizienz bei der öffentlichen Beleuchtung (N 09.06.11, Fraktion BD; S 28.09.11)

2011 M 11.3404

Vereinfachtes Bewilligungsverfahren für Stromnetze (N 09.06.11, FDP-Liberale Fraktion; S 28.09.11)

2011 M 11.3432

Versorgungssicherheit im Elektrizitätsbereich (N 09.06.11, Leutenegger Filippo; S 28.09.11)

2011 M 11.3331

Baureife KEV-Projekte fördern (N 08.06.11, Häberli-Koller; S 29.09.11)

2011 M 11.3345

Höheres Ausbauziel für Wasserkraft in der Schweiz (N 09.06.11, Killer; S 29.09.11)

2011 P

11.3536

Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze in den energieintensiven Industrien sichern (N 19.09.11, Heim)

2011 P

11.3587

Sparsame Energienutzung und erneuerbare Energien.

Zusätzliche finanzielle Mittel für Ausbildungsprogramme (S 28.09.11, Cramer)

2011 P

11.3747

Ausstieg aus der Kernenergie. Alternativen prüfen und beziffern (N 30.09.11, Grin)

7562

2011 M 09.4082

Beschleunigung der Bewilligungsverfahren für Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (N 08.06.11, Cathomas; S 28.9.11; N 06.12.11)

2011 M 11.3257

Aus der Atomenergie aussteigen (N 08.06.11, Grüne Fraktion; S 28.09.11; N 06.12.11; Pt. 1 angenommen)

2011 M 11.3375

Smart Metering. Intelligente Zähler für die Schweiz (N 09.06.11, Noser; S 28.09.11; N 06.12.11)

2011 M 11.3376

Effizienzstandards für elektrische Geräte.

Eine Best-Geräte-Strategie für die Schweiz (N 09.06.11, Noser; S 28.09.11, N 06.12.11)

2011 M 11.3398

Vorhandenes Potenzial einheimischer erneuerbarer Energieträger fördern statt behindern (N 9.6.11, von Siebenthal; S 28.09.11; N 06.12.11)

2011 M 11.3403

Weniger Bürokratie und schnellere Verfahren für die Produktion erneuerbarer Energien (N 09.06.11, FDP-Liberale Fraktion; S 28.09.11, N 06.12.11)

2011 M 11.3426

Keine neuen Rahmenbewilligungen für den Bau von Atomkraftwerken (N 08.06.11, Fraktion BD; S 28.09.11; N 06.12.11)

2011 M 11.3436

Schrittweiser Ausstieg aus der Atomenergie (N 08.06.11, Schmidt Roberto; S 28.09.11; N 06.12.11; Pt. 1, 2, 4 und 5 angenommen)

2012 M 11.3518

Pumpspeicherwerke als Rückgrat der künftigen Stromversorgung (S 29.09.11, Büttiker; N 01.03.12; S 30.05.12)

2012 M 10.3717

Attraktive energetische Sanierung und Ersatz von Altbauten (N 06.06.12, FDP-Liberale Fraktion; S 13.12.12)

2012 M 11.3851

Erhöhung des Ausbauziels für die einheimische Wasserkraft (S 11.06.12, Stadler Markus; N 14.12.12)

2012 M 11.3926

Erhebung der Potenziale zur Nutzung der Wasserkraft (S 30.05.12, Luginbühl; N 14.12.12)

2012 P

12.3696

Massnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen bei Gebäuden (S 13.12.12, Häberli-Koller )

2012 P

12.4081

Mietrecht als Hemmnis bei Energieeffizienz (N 10.12.12, Wasserfallen)

2013 M 11.3501

Energetischer Umbau darf Arbeitsplätze nicht gefährden (N 19.09.11, FDP-Liberale Fraktion; S 13.06.2013)

7563

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

4. September 2013

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

7564

Übersicht Bundesrat und Parlament haben im Jahr 2011 im Nachgang zur Reaktorkatastrophe von Fukushima einen Grundsatzentscheid für einen schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie gefällt. Demnach sollen die bestehenden fünf Kernkraftwerke am Ende ihrer sicherheitstechnischen Betriebsdauer stillgelegt und nicht durch neue Kernkraftwerke ersetzt werden. Dieser Entscheid sowie weitere, seit Jahren zu beobachtende tiefgreifende Veränderungen insbesondere im internationalen Energieumfeld bedingen einen sukzessiven Umbau des Schweizer Energiesystems bis ins Jahr 2050. Hierfür hat der Bundesrat auf Basis der überarbeiteten Energieperspektiven die Energiestrategie 2050 erarbeitet. Mit der Botschaft legt der Bundesrat nun ein erstes Massnahmenpaket für die langfristige Sicherstellung der Energieversorgung vor. Es soll der Volksinitiative «Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomausstiegsinitiative)» als indirekter Gegenvorschlag entgegengestellt werden.

Ausgangslage Mit der Energiestrategie 2050 sollen unter anderem der Endenergie- und der Stromverbrauch reduziert, der Anteil der erneuerbaren Energien erhöht und die energiebedingten CO2-Emissionen gesenkt werden. Dies, ohne die bisher hohe Versorgungssicherheit und die preiswerte Energieversorgung in der Schweiz zu gefährden.

Inhalt der Vorlage Abgeleitet aus den überarbeiteten Energieperspektiven 2050 schlägt der Bundesrat für den Ausbau der Produktion aus erneuerbaren Energien und die Senkung des Energieverbrauchs eine langfristige, bis ins Jahr 2050 anzustrebende Entwicklung vor. Mit der vorliegenden Revision des Energiegesetzes unterbreitet er konkrete mittelfristige Zielsetzungen für das Jahr 2035 und kurzfristige Zielsetzungen für das Jahr 2020. Der Bundesrat legt ausserdem ein aufgrund der Stellungnahmen aus der Vernehmlassung bereinigtes erstes Massnahmenpaket vor. Dieses ist auf die kurzfristigen Zielsetzungen für das Jahr 2020 ausgerichtet, entfaltet seine Wirkung aber auch anschliessend. Vorgesehen sind unter anderem eine Erhöhung der CO2Abgabe mit einer gleichzeitigen Verstärkung des Gebäudesanierungsprogramms sowie ein Umbau der bisherigen kostendeckenden Einspeisevergütung zu einem Einspeisevergütungssystem mit Direktvermarktung. Der Bundesrat setzt in erster Linie auf eine konsequente Erschliessung der vorhandenen
Energieeffizienzpotenziale und ­ unter Wahrung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Schutz und Nutzen in der Interessenabwägung ­ in zweiter Linie auf die Ausschöpfung der vorhandenen Potenziale der Wasserkraft und der neuen erneuerbaren Energien. Mit den vorgeschlagenen Massnahmen sollen hauptsächlich die Potenziale genutzt werden, welche die Schweiz bereits heute mit den vorhandenen beziehungsweise absehbaren Technologien realisieren kann und für die keine zusätzliche international koordinierte Energiepolitik und Zusammenarbeit notwendig ist.

7565

Die direkten volkswirtschaftlichen Kosten, die für den Umbau des Energiesystems langfristig anfallen, wurden in den Energieperspektiven 2050 abgeschätzt. Von diesen Kosten würde ein beträchtlicher Anteil auch mit einer Weiterführung der bisherigen Energie- und Klimapolitik anfallen; beispielsweise für die Erneuerung des Kraftwerkparks, die Erneuerung der Stromnetze sowie für die Anstrengungen zur Reduktion der energiebedingten CO2-Emissionen. Die direkt mit der Energiestrategie 2050 und mit dem nun vorliegenden ersten Massnahmenpaket zusammenhängenden Mehrkosten sind volkswirtschaftlich tragbar. Das Wirtschaftswachstum wird durch die Energiestrategie 2050 nur unwesentlich beeinflusst. Der Anteil der Energiekosten am BIP nimmt von heute knapp 6 Prozent voraussichtlich sogar weiter ab. Wird bei den Berechnungen der Sekundärnutzen berücksichtigt, resultiert aufgrund der Energiestrategie 2050 gar ein Wohlfahrtsgewinn. Die Energiestrategie 2050 trägt ­ trotz allfällig erforderlicher Strom- oder Gasimporte für die Stromerzeugung ­ dazu bei, die derzeit hohe Auslandabhängigkeit insgesamt zu reduzieren. Mit Blick auf die weltweit weiter zunehmende Energienachfrage ist das von strategischer Bedeutung. Eine Veränderung des Energiemixes, wie es sie in der Vergangenheit unabhängig von der Energiepolitik immer wieder gegeben hat und die sich nun mit dem Umbau des Energiesystems erneut abzeichnet, liegt demnach auch im Interesse der Schweiz.

Indirekter Gegenvorschlag zur Atomausstiegsinitiative Die eidgenössische Volksinitiative «Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomausstiegsinitiative)» verfolgt eine identische Stossrichtung wie die Energiestrategie 2050 mit dem ersten Massnahmenpaket. Der einzige Unterschied ist, dass in der Atomausstiegsinitiative für die bestehenden Kernkraftwerke maximale Laufzeiten von 45 Jahren gefordert werden. Der Bundesrat vertritt die Ansicht, dass auf derartige Laufzeitbeschränkungen zu verzichten ist. Die Stilllegung hat am Ende der jeweiligen sicherheitstechnischen Betriebsdauer zu erfolgen. Für den kontinuierlichen Umbau des Energiesystems steht so mehr Zeit zur Verfügung. Ausserdem können Mehrkosten, die mit einem sehr raschen Ausstieg verbunden wären, vermieden und absehbare Entschädigungsforderungen bei einer Laufzeitbeschränkung umgangen werden. Aus diesen
Gründen beantragt der Bundesrat dem Parlament, die Atomausstiegsinitiative abzulehnen und ihr das vorliegende erste Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 als indirekten Gegenvorschlag entgegenzustellen.

Ausblick Für den langfristigen Umbau des Energiesystems werden künftig weitere Massnahmenpakete nötig sein. Diese werden sich unter anderem an der technischen Entwicklung, beispielsweise im Bereich der Speichermöglichkeiten, auszurichten haben.

Hierzu sollten auch die verstärkten Investitionen in Forschung und Entwicklung beitragen. Weiter wird das internationale Umfeld zu berücksichtigen sein, namentlich die Entwicklung bei den Preisen und Produktionskosten. In diesem Zusammenhang sind die gegenwärtigen Verhandlungen mit der EU über ein Stromabkommen zu erwähnen. Für die Zeit nach 2020 wird die Energiepolitik gemeinsam mit der Klimapolitik neu ausgerichtet; mit kohärenten klima- und energiepolitischen Zielsetzungen, die vom Bundesrat unter Berücksichtigung internationaler Zielsetzungen

7566

frühzeitig festgelegt werden. Es ist die sukzessive Ablösung des bestehenden Fördersystems durch ein Lenkungssystem vorgesehen, mit einer Energieabgabe und einer Verteilung an Wirtschaft und Bevölkerung. Voraussichtlich wird dafür eine neue Verfassungsgrundlage zu schaffen sein.

7567

Inhaltsverzeichnis Übersicht

7565

1

Ausgangslage 1.1 Energieversorgung in der Schweiz 1.1.1 Energieverbrauch 1.1.2 Energieverbrauch und Anteil der Energiekosten am BIP 1.1.3 Stromversorgung 1.1.4 Erdölversorgung 1.1.5 Erdgasversorgung 1.1.6 Bedeutung der Energiespeicherung 1.1.7 Bedeutung der Krisenvorsorge 1.2 Rechtliche Grundlagen und Zuständigkeiten 1.3 Bisherige nationale Energiepolitik 1.3.1 Energiestrategie 2007 1.3.2 Energieaussenpolitik des Bundes 1.3.3 Stromabkommen mit der EU 1.3.4 Strommarktöffnung 1.4 Internationales Umfeld 1.4.1 Bisherige Energiepolitik in der EU 1.4.2 Aktuelle Entwicklungen in der EU 1.4.3 Internationale Perspektiven 1.5 Risiken für die Versorgungssicherheit 1.5.1 Globale Risiken 1.5.2 Nationale Risiken 1.6 Aktuelle Entwicklung der Kernenergie im Ausland

7572 7572 7572 7573 7574 7576 7576 7577 7578 7578 7579 7579 7580 7581 7583 7584 7584 7584 7586 7587 7587 7587 7588

2

Aktuelle nationale Energiepolitik 2.1 Überarbeitung der Energieperspektiven 2.2 Entscheid zum Ausstieg aus der Kernenergie 2.3 Energiestrategie 2050 2.3.1 Zielsetzungen 2.3.2 Stossrichtungen 2.3.3 Erstes Massnahmenpaket in Kürze 2.3.4 Weitere Etappen der Energiestrategie 2050: Übergang Förderung-Lenkung 2.3.5 Verhältnis zur Strategie Stromnetze 2.4 Verhältnis zu den Arbeiten des EFD 2.5 Verhältnis zu anderen Politikbereichen 2.5.1 Klimapolitik 2.5.2 Umweltpolitik 2.5.3 Raumplanung sowie Natur- und Heimatschutz 2.5.4 Weitere Politikbereiche

7590 7590 7592 7593 7593 7594 7595

3

Eidgenössische Volksinitiative «Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomausstiegsinitiative)» 3.1 Formelle Aspekte und Gültigkeit der Initiative

7568

7599 7601 7601 7602 7602 7603 7603 7604 7605 7605

3.2 3.3

3.4 4

5

3.1.1 Wortlaut der Initiative 3.1.2 Zustandekommen und Behandlungsfristen 3.1.3 Gültigkeit Ziele und Inhalt der Initiative Würdigung der Initiative 3.3.1 Würdigung der Anliegen der Initiative 3.3.2 Auswirkungen der Initiative bei einer Annahme 3.3.3 Vorzüge und Mängel der Initiative Schlussfolgerungen

7605 7606 7606 7606 7607 7607 7607 7608 7609

Beantragte Neuregelung: Erstes Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 4.1 Zielsetzungen 4.2 Massnahmen 4.2.1 Energieeffizienz im Bereich Gebäude 4.2.2 Energieeffizienz im Bereich Industrie und Dienstleistung 4.2.3 Energieeffizienz im Bereich Mobilität 4.2.4 Energieeffizienz im Bereich Elektrogeräte 4.2.5 Energieeffizienz im Bereich Stromlieferanten 4.2.6 Erneuerbare Energie 4.2.7 Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen 4.2.8 Gaskombikraftwerke 4.2.9 Netze (Verfahrensbeschleunigung und Smart Metering) 4.2.10 Pilot-, Demonstrations- sowie Leuchtturmprogramme 4.2.11 Vorbildfunktion des Bundes 4.2.12 Programm EnergieSchweiz 4.2.13 Weitere Massnahmen 4.3 Wirkung 4.3.1 Entwicklung des Endenergieverbrauchs 4.3.2 Entwicklung des Elektrizitätsverbrauchs 4.3.3 Entwicklung des Stromangebots 4.3.4 Entwicklung der energiebedingten CO2-Emissionen 4.3.5 Wirkung auf die Versorgungssicherheit 4.4 Monitoring 4.5 Verhältnis zur parlamentarischen Initiative 12.400 4.6 Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht 4.7 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

7609 7609 7610 7610 7614 7617 7620 7621 7623 7631 7633 7634 7637 7638 7639 7640 7641 7641 7645 7646 7649 7650 7653 7653 7653 7655

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln 5.1 Energiegesetz 5.2 Änderung anderer Erlasse 5.2.1 Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 2005 5.2.2 CO2-Gesetz vom 23. Dezember 2011 5.2.3 Raumplanungsgesetz vom 22. Juni 1979 5.2.4 Wasserrechtsgesetz vom 22. Dezember 1916 5.2.5 Kernenergiegesetz vom 19. März 2004 5.2.6 Elektrizitätsgesetz vom 24. Juni 1902

7657 7657 7698 7698 7698 7708 7708 7709 7712 7569

5.2.7 5.2.8 5.2.9 6

7

8

Stromversorgungsgesetz vom 23. März 2007 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) Rohrleitungsgesetz vom 4. Oktober 1963

Auswirkungen 6.1 Auswirkungen auf den Bund 6.1.1 Finanzielle Auswirkungen 6.1.2 Personelle Auswirkungen 6.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden 6.2.1 Finanzielle Auswirkungen 6.2.2 Personelle Auswirkungen 6.3 Auswirkung auf die Volkswirtschaft 6.3.1 Kosten Kraftwerkspark, Netzkosten und direkte volkswirtschaftliche Kosten 6.3.2 Auswirkungen auf Wachstum, Wohlfahrt und Beschäftigung 6.3.3 Auswirkung auf einzelne Branchen und einzelne gesellschaftliche Gruppen 6.3.4 Auswirkung einzelner Massnahmen/Varianten 6.4 Auswirkungen auf die Umwelt Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates 7.1 Verhältnis zur Legislaturplanung 7.2 Verhältnis zur Strategie Nachhaltige Entwicklung des Bundesrates 7.3 Verhältnis zum Raumkonzept Schweiz 7.4 Verhältnis zum Aktionsplan Grüne Wirtschaft Rechtliche Aspekte 8.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 8.1.1 Rechtsgrundlagen 8.1.2 Vereinbarkeit mit Grundrechten 8.1.3 Verhältnis zu kantonalem Recht 8.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 8.3 Erlassform 8.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 8.5 Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes 8.5.1 Investitionsbeitrag Photovoltaik-, Wasserkraft- und Biomasse-Anlagen 8.5.2 Förderung der Information, Beratung, Aus- und Weiterbildung, Energie- und Abwärmenutzung 8.5.3 Forschungsförderung 8.6 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 8.7 Datenschutz

Abkürzungsverzeichnis

7570

7713 7718 7718 7719 7719 7719 7723 7726 7726 7726 7727 7727 7731 7733 7735 7736 7737 7737 7738 7739 7739 7740 7740 7740 7743 7744 7745 7747 7747 7747 7747 7748 7749 7749 7750 7752

Energiegesetz (EnG) (Entwurf)

7757

Bundesbeschluss über die Volksinitiative «Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie» (Atomausstiegsinitiative) (Entwurf)

7799

7571

Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Energieversorgung in der Schweiz

Die Energieversorgung der Schweiz ist geprägt durch eine hohe Versorgungssicherheit, aber auch durch eine hohe Auslandabhängigkeit: Rund 80 Prozent der Primärenergie wird importiert. Die restlichen 20 Prozent des Energieverbrauchs werden gedeckt mit den inländischen Energieträgern Holz, Wasser, Müll- und Industrieabfällen sowie mit übrigen erneuerbaren Energien (Sonne, Wind, Biogas, Biotreibstoffen und Umweltwärme). Letztere leisten bisher allerdings einen kleinen Beitrag.

Beim Strom kann festgehalten werden, dass sich in der Schweiz Produktion und Verbrauch übers Jahr betrachtet in etwa die Waage halten.

1.1.1

Energieverbrauch

Die Entwicklung des Endenergieverbrauchs der Schweiz seit 1910 ist in Grafik 1 dargestellt. Im Zeitverlauf hat sich die Zusammensetzung der genutzten Energieträger stark verändert. Nach einem relativ konstanten, hauptsächlich auf Kohle basierten Energieverbrauch setzte nach dem Zweiten Weltkrieg ein starkes Wachstum des Endenergieverbrauchs ein. Nach den Erdölkrisen der 1970er-Jahre hat sich dieses Wachstum leicht, und seit 1990 deutlich verlangsamt. In derselben Zeit haben die Erdölbrenn- und Treibstoffe gegenüber der Kohle massiv an Bedeutung gewonnen.

Seit 1970 spielen zudem Erdgas und vor allem auch die Elektrizität eine immer wichtigere Rolle. Die Verbrauch an Erdölbrennstoffen ist dagegen rückläufig.

Grafik 1 Endenergieverbrauch der Schweiz 1910­2012 nach Energieträgern Endenergieverbrauch der Schweiz seit 1910 Consommation finale de l'énergie depuis 1910 1'000'000

TJ Übrige erneuerbare Energien / Autres énergies renouvelables Fernwärme / Chaleur à distance

800'000

Elektrizität / Electricité Gas / Gaz

600'000

Treibstoffe / Carburants Erdölbrennstoffe / Combustibles pétroliers

400'000

Industrieabfälle / Déchets industriels

200'000

Kohle / Charbon Holz / Bois

0 1910

7572

1920

1930

1940

1950

1960

1970

1980

1990

2000

2010

Der Endenergieverbrauch der Schweiz lag im Jahr 2012 bei rund 245 Terawattstunden (TWh)1 (882 Petajoule PJ). Davon entfielen rund 59 TWh (212 PJ) auf die Elektrizität, was einem Anteil von 24 Prozent entspricht. Weitere grosse Anteile am Endenergieverbrauch 2012 hatten die Treibstoffe (34 %), die Erdölbrennstoffe (19 %) sowie das Erdgas (13 %). Der Anteil an Kohle lag bei weniger als einem Prozent. Der Rest wurde über Holzenergie, Fernwärme, Industrieabfälle und die übrigen erneuerbaren Energien abgedeckt.

Der Endverbrauch der erneuerbaren Energien hat zwischen 1990 und 2012 von 35 TWh (126 PJ) auf 51 TWh (184 PJ) zugenommen. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch ist in diesem Zeitraum somit von rund 16 auf 21 Prozent angestiegen2. Im Wärmebereich (Heizen, Industriewärme) lag der Endverbrauchsanteil der erneuerbaren Energien 2012 bei rund 17 Prozent3.

Grösste Verbrauchergruppe war im 2012 mit 35 Prozent der Verkehr, gefolgt von den Haushalten mit 28 Prozent, der Industrie mit 19 Prozent und den Dienstleistungen mit 16 Prozent (Statistische Differenz inklusive Landwirtschaft 2 Prozent)4.

1.1.2

Energieverbrauch und Anteil der Energiekosten am BIP

Der Anteil der Energiekosten am Bruttoinlandprodukt liegt seit Jahren bei rund 6 Prozent. Die nachfolgende Grafik 2 zeigt die Entwicklungen des Bruttoinlandprodukts (BIP), des Endenergie- und des Elektrizitätsverbrauchs pro Kopf sowie des Bevölkerungswachstums seit 1950.

1 2 3 4

Schweizerische Gesamtenergiestatistik 2012, Bundesamt für Energie. Mit Umrechnung von Terajoule in Terawattstunden (1 Terawattstunde = 3600 Terajoule).

Schweizerische Statistik der erneuerbaren Energien Ausgabe 2012, Vorabzug, Bundesamt für Energie.

Schweizerische Statistik der erneuerbaren Energien Ausgabe 2012, Vorabzug, Bundesamt für Energie.

Schweizerische Gesamtenergiestatistik 2012, Bundesamt für Energie.

7573

Grafik 2 Entwicklung des Endenergie- und Elektrizitätsverbrauchs sowie des Bruttoinlandprodukts pro Kopf zwischen 1950 und 2010 (Index 1950=100)

Drei Phasen können beobachtet werden: ­

Bis 1975 lag das Wachstum der Endenergie- und Stromnachfrage pro Kopf über dem durchschnittlichen jährlichen Wachstum des BIP pro Kopf.

­

Von 1975­1995 lag nur mehr das Wachstum der Stromnachfrage pro Kopf über dem BIP-Zuwachs. Der Endenergieverbrauch pro Kopf stieg weniger an als das BIP pro Kopf.

­

Von 1995­2010 wuchs das BIP pro Kopf stärker an als die Endenergie- und Stromnachfrage, die Endenergienachfrage pro Kopf sank sogar leicht. Von 2005­2010 sank der Pro-Kopf-Endenergieverbrauch. Die Stromnachfrage pro Kopf blieb stabil, obwohl das Bruttoinlandprodukt pro Kopf jährlich um 1 Prozent anstieg.

1.1.3

Stromversorgung

Die Netto-Elektrizitätsproduktion ist seit Jahren recht stabil und lag im Jahr 20125 bei rund 66 TWh, was in etwa dem schweizerischen Jahresverbrauch entspricht. Im Winter allerdings vermag die Produktion den im Vergleich zu den Sommermonaten gesteigerten Bedarf nicht zu decken, weshalb die Schweiz in dieser Zeit auf Stromimporte angewiesen ist. Von der einheimischen Stromproduktion waren 60 Prozent erneuerbaren Ursprungs, der Grossteil aus der Wasserkraftnutzung. Der Gesamtbeitrag der Energie aus Sonne, Biomasse, Biogas, Wind und Abfall betrug 3 Prozent.

Rund 37 Prozent der Netto-Elektrizitätsproduktion lieferten die fünf Kernkraftwerke, der Rest stammte aus konventionell-thermischen Kraft- und Fernheizkraftwerken.

5

Schweizerische Statistik der erneuerbaren Energien Ausgabe 2012, Vorabzug, Bundesamt für Energie.

7574

Die Stromnetze von Deutschland, Frankreich und der Schweiz wurden 1958 mit dem «Stern von Laufenburg» verbunden und synchron geschaltet. Seither ist die Schweiz als Stromdrehscheibe Europas eng mit dem kontinentalen Verbundnetz verknüpft. 41 Kuppelstellen und über 25 000 Megawatt installierte Übertragungskapazität manifestieren die physikalisch-wirtschaftliche Einbindung der Schweiz in den europäischen Strommarkt. Dies bedingt grenzüberschreitend gültige Handelsregeln, die schrittweise durch die EU eingeführt werden und im Schweizer Regelwerk zu berücksichtigen sind.

Im Jahr 2012 importierte die Schweiz rund 87 TWh und exportierte 89 TWh Strom, während der Bruttoverbrauch im Inland rund 63 TWh betrug (inkl. Übertragungsund Verteilverluste). Die bestehende hohe Belastung des Übertragungsnetzes führt bereits heute zu Produktionseinschränkungen, die Übertragungskapazitäten an den Grenzen sind ausgereizt. Im Höchstspannungsnetz besteht ein erheblicher Investitionsbedarf. Einerseits für Erneuerungsmassnahmen aufgrund des fortgeschrittenen Alters des Übertragungsnetzes (vgl. Ziff. 4.2.9). Andererseits für den Ausbau des Netzes zur Beseitigung regionaler Kapazitätsengpässe und aufgrund der Entwicklungen in Deutschland (extrem starke Zunahme der Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien mit erheblichen Schwankungen in der Produktion), beim Stromtransit sowie aufgrund der Integration der neuen Pumpspeicherkraftwerke in das System. Mit den sich im Bau befindenden neuen Kraftwerken Nant-de-Drance im Wallis (900 MW) und Linth-Limmern in Glarus (1000 MW) sowie den geplanten Kraftwerken Lago Bianco im Puschlav (1000 MW) und dem Projekt Grimsel 3 der Kraftwerke Oberhasli im Grimselgebiet im Kanton Bern (660 MW) wird die Kraftwerkskapazität im Bereich der flexiblen Pumspeicherwerke weiter ausgebaut.

Die Verteilnetze müssen künftig grosse Mengen an erneuerbarem Strom aus einer grossen Anzahl dezentraler Kraftwerke aufnehmen. Häufig ist deren Stromproduktion unregelmässig, was die Steuerung des Systems Produktion­Netze­Verbrauch vor neue Herausforderungen stellt. Entsprechend müssen auch die Verteilnetze ausgebaut und modernisiert werden (vgl. Ziff. 4.2.9). Auch der Speicherung von Strom kommt künftig eine zentrale Rolle zu. Hier sind neue Technologien gefragt, mit denen auf lokaler Ebene und den saisonalen
Bedingungen entsprechend Energie gespeichert werden kann (vgl. Abschnitt zum Thema Energiespeicherung in diesem Kapitel weiter unten).

Schliesslich wird die Einführung und Anwendung neuer Technologien ­ beispielsweise die intelligente Verbrauchssteuerung ­ die Anforderungen an die Energieversorgungssicherheit verändern. Zu erwähnen ist der langfristige Aufbau eines neuen europäischen Höchstspannungsnetzes (Supergrid), das vorwiegend mit Gleichstrom betrieben werden soll. Ein solches europaweites System würde die Übertragungskapazitäten entscheidend verstärken.

Eine weitere Herausforderung stellt sich beim Bau neuer und der Erneuerung bestehender Kraftwerke. Diese Vorhaben stossen heute aus verschiedenen Gründen (Landschaftsschutz, Gewässerschutz, etc.) auf wenig Akzeptanz und können oft nur mit grossen Verzögerungen oder gar nicht realisiert werden.

Während die Schweiz bei den fossilen Energieträgern (Öl, Gas) vollständig von Importen abhängig ist, sind Stromproduktion und -verbrauch wie bereits ausgeführt über das ganze Jahr betrachtet in etwa ausgeglichen. Es besteht aber ein intensiver Austausch mit dem Ausland: So wird heute typischerweise tagsüber Strom exportiert und nachts importiert. Zudem müssen im Winterhalbjahr grosse Mengen impor7575

tiert werden, während in den Sommermonaten exportiert werden kann. Die Stromimporte sind gegenwärtig zu einem grossen Teil über langfristige Bezugsverträge geregelt, welche indes im Rahmen eines Stromabkommens mit der EU (die diesbezüglichen Verhandlungen laufen seit 2007) voraussichtlich abzulösen sind. Zudem gewinnt der börsliche und ausserbörsliche Handel an Bedeutung. Für die künftige Versorgungssicherheit ist die Schweiz auf einen gut funktionierenden Austausch mit den umliegenden EU-Staaten angewiesen. Aus diesem Grund hat sich die Schweizer Stromwirtschaft stets um eine Harmonisierung der entsprechenden technischen Bestimmungen bemüht und war in den entsprechenden Gremien aktiv an deren Erarbeitung beteiligt.

Für eine vollständige Integration der Schweiz in den EU-Binnenmarkt verlangt die EU-Kommission jedoch den Abschluss eines Stromabkommens, welches einen gegenseitigen, ungehinderten Zugang zum Strombinnenmarkt gewährt.

Durch die dynamische Entwicklung der Stromlandschaft Europas und durch die stark ansteigende Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Quellen ändert sich das Muster des Stromhandels. Das historische, mit Langfristverträgen abgesicherte Geschäftsmodell mit Termingeschäften, der Einfuhr von billigem Grundlaststrom und der Ausfuhr von Spitzenlaststrom aus Speichern wird durch den Spot-Handel sowie die zeitweise vorhandenen Überkapazitäten zunehmend bedrängt.

1.1.4

Erdölversorgung

Die Erdölbranche erzielt einen jährlichen Umsatz von rund 20 Milliarden Franken und beschäftigt 15 000 Mitarbeitende. Rund 60 Prozent der Erdölimporte erfolgen direkt in Form von Ölfertigprodukten und nur 40 Prozent in Form von Rohöl, das in den Raffinerien in Cressier und Collombey aufbereitet wird. Die Erdölraffination ist zurzeit starken Veränderungen unterworfen. Die Auslastung der Raffinerien nimmt langfristig weltweit ab, was die Rentabilität dieser Sparte weiter verschlechtert. Die Zukunft der beiden Schweizer Raffinerien in Cressier und in Collombey ist ungewiss. Auch wenn eigene Raffinerien grundsätzlich ein Vorteil für die Schweiz darstellen, würde eine allfällige Schliessung der Raffinerien die Versorgung des Landes mit fossilen Brenn- und Treibstoffen nicht gefährden, da ein ausschliesslicher Import von Ölfertigprodukten möglich ist.

Die Erdölbranche betreibt verschiedene Tanklager in der Schweiz. Gemäss dem Landesversorgungsgesetz vom 8. Oktober 1982 (LVG, SR 531) werden in diesen Lagern auch Pflichtlagerbestände an Erdölprodukten gehalten, die den Schweizer Bedarf für einige Monate abdecken können (4,5 Monate für Benzin, Diesel und Heizöl, 3 Monate für Flugpetrol).

1.1.5

Erdgasversorgung

Der Anteil des Erdgases am Endenergieverbrauch lag im Jahr 2012 bei 13 Prozent.

Die Schweiz importiert Erdgas vollständig aus dem Ausland, verfügt aber im Unterschied zu den Nachbarländern über keine grossen Erdgasspeicher im Inland. Es bestehen lediglich kleine Speicheranlagen für den Tagesausgleich. Die Gasbranche löst das Problem, indem sie sich über Langfristbezugsverträge absichert, die Klauseln zur Versorgung im Krisenfall beinhalten. Ausserdem hat sich die westschweize7576

rische Regionalgesellschaft in dem von ihr mitfinanzierten Erdgasspeicher in Etrez bei Lyon (F) vertraglich Speicherkapazitäten gesichert.

Vor diesem Hintergrund spielen die sogenannten Zweistoffkunden eine wichtige Rolle. Sie haben die Möglichkeit, zwischen Erdgas und Heizölversorgung umzustellen, sodass sie nicht auf eine unterbruchslose Erdgasversorgung angewiesen sind.

Diese Kunden werden zu einem günstigeren Preis beliefert, müssen jedoch in der Regel bei tiefen Temperaturen auf den Ersatzbrennstoff umstellen. In der Schweiz betrifft dies derzeit rund einen Drittel der Erdgasnachfrage.

Die EU hat als Folge der russisch-ukrainischen Erdgaskrise von 2009 ihr Gaskrisenmanagement ausgebaut. Ende 2011 trat zudem eine neue Erdgasversorgungsverordnung6 in Kraft. Zentraler Gegenstand der Verordnung ist die EU-weite Koordination von nationalen Notstandsplänen, falls Krisensituationen nicht mehr durch Marktmechanismen bewältigt werden können. Dabei werden Drittländer im Krisenfall erst in zweiter Linie berücksichtigt, was einen Versorgungsnachteil für die Schweiz darstellen könnte. Der Bund prüft daher eine Teilnahme der Schweiz am EU-Krisenmechanismus im Erdgasbereich. Um die Gasversorgungssicherheit weiter zu erhöhen, sind zudem die Gasbeschaffungskanäle stärker zu diversifizieren. Die Schweiz unterstützt deshalb im Rahmen der Energieaussenpolitik das TransAdriatic-Pipeline-Projekt (TAP), mit welchem ab 2017 Erdgas aus Aserbaidschan via Griechenland und Albanien nach Italien und dereinst auch weiter in die Schweiz transportiert werden soll.

Die Erdgasbranche in der Schweiz erzielt einen jährlichen Umsatz von rund 2,4 Milliarden Franken und beschäftigt rund 1600 Mitarbeitende.

1.1.6

Bedeutung der Energiespeicherung

Energiespeicher spielen im Gesamtstromversorgungssystem neben der steuerbaren Produktion, flexiblen Verbraucherinnen und Verbrauchern und den Netzen eine wichtige Rolle. Neben dem saisonalen Ausgleich ist zunehmend auch ein Ausgleich innerhalb mehrerer Tage oder Stunden nötig. Denn ein höherer Anteil an erneuerbarer, unregelmässig anfallender Energie führt zu kurzfristigen Ungleichgewichten zwischen Produktion und Verbrauch.

Detaillierte Modellierungen zeigen, dass die installierten Kapazitäten der schweizerischen Pumpspeicherkraftwerke langfristig kaum ausreichen, um die Erzeugungsüberschüsse von Strom aus Photovoltaik und Wind vom Sommer in den Winter zu verlagern. Der langfristige Bedarf an Speicherkapazitäten in der Schweiz sowie die technologischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden derzeit in einer Studie untersucht. Evaluiert wird dabei neben verschiedenen anderen Energiespeichertechnologien auch Power-to-Gas (Speicherung von aus erneuerbarem Überschussstrom hergestelltem Wasserstoff im Erdgasnetz).

Der Speicherbedarf ist einerseits abhängig von der Angebotsentwicklung sowie der Steuerbarkeit der Produktionsanlagen und der Verbraucher, andererseits von der Netzentwicklung. Der Speicherbedarf kann reduziert werden durch die Flexibilisie6

Verordnung (EU) Nr. 994/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über Massnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/67/EG des Rates (ABI. L 295, 12.11.2010, S. 1).

7577

rung der Nachfrage, eine bedarfsgerechtere Produktion aus erneuerbaren Energien oder durch den Netzausbau.

1.1.7

Bedeutung der Krisenvorsorge

Die Energieszenarien7 des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) zeigen, dass die Importabhängigkeit der Schweiz durch verbesserte Energieeffizienz deutlich verringert und damit die Versorgungssicherheit erhöht werden könnte. Wesentlich schwieriger ist es, eine noch weiter gehende Diversifikation der Versorgung nach Energieträgern, Herkunftsländern und Zufuhrwegen zu erreichen sowie mehr Flexibilität in das Versorgungssystem einzubauen. Die Krisenvorsorge auf nationaler (Pflichtlagerhaltung, Bewirtschaftungsmassnahmen) und internationaler Ebene (Notstandsprogramm der Internationalen Energieagentur IEA) bleibt daher ein wichtiges Thema.

1.2

Rechtliche Grundlagen und Zuständigkeiten

Gemäss Artikel 89 Absatz 1 der Bundesverfassung8 (BV) sorgen Bund und Kantone, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten, für eine ausreichende, breit gefächerte, sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung. Insbesondere soll die Versorgungssicherheit9 ­ im Sinne einer gesamtwirtschaftlich optimalen Versorgung ­ sichergestellt werden. Regeln zur Versorgungssicherheit im Elektrizitätsbereich enthält unter anderem das Stromversorgungsgesetz vom 23. März 200710 (StromVG).

Der Bund legt Grundsätze zur Nutzung einheimischer und erneuerbarer Energien sowie zum sparsamen und rationellen Energieverbrauch fest (Art. 89 Abs. 2 BV). Er erlässt zudem Vorschriften über den Energieverbrauch von Anlagen, Fahrzeugen und Geräten und fördert die Entwicklung von Energietechniken in den Bereichen des Energiesparens und der erneuerbaren Energien. Für Massnahmen, die den Energieverbrauch in Gebäuden betreffen, sind vor allem die Kantone zuständig. Artikel 90 BV hält fest, dass die Gesetzgebung auf dem Gebiet der Kernenergie Sache des Bundes ist. Ebenfalls in die Zuständigkeit des Bundes fällt die Regelung des Transports und der Lieferung von Energie (Art. 91 BV).

Seit 1990 haben alle Kantone eigene Energiegesetze und energierechtliche Vorschriften erlassen oder angepasst.

7

8 9 10

Die Energieperspektiven 2050, Bundesamt für Energie, Prognos AG, Basel und Ecoplan AG, Bern. Abrufbar im Internet unter: www.bfe.admin.ch, Rubrik Energiestrategie 2050/ Energieperspektiven 2050.

SR 101 René Schaffhauser, St. Galler Kommentar zu Art. 89 BV, Rz. 6, 1. Lemma, 2. Aufl. 2008.

SR 734.7

7578

1.3

Bisherige nationale Energiepolitik

1.3.1

Energiestrategie 2007

Der Bundesrat hat im Jahr 2007 beschlossen, seine Energiestrategie auf vier Säulen abzustützen: auf Energieeffizienz, erneuerbare Energien, den Ersatz und Neubau von Grosskraftwerken zur Stromproduktion (inkl. neue Kernkraftwerke) sowie auf die Energieaussenpolitik. Schon damals hatte die Förderung der Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien höchste Priorität. Der Entscheid des Bundesrats stützte sich auf die vom UVEK im Februar 2007 veröffentlichten Energieperspektiven 203511, die das Ergebnis einer mehrjährigen Arbeit von Fachleuten aus Wissenschaft, Energiewirtschaft, Industrie und Verwaltung waren.

Aktionspläne und Zielsetzungen Zur Konkretisierung der Energiestrategie 2007 verabschiedete der Bundesrat im Jahr 2008 zwei Aktionspläne12. Mit den darin festgelegten Massnahmen wurde angestrebt, in der Zeit zwischen 2010 und 2020 den Verbrauch fossiler Energien um 20 Prozent zu senken, den Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Energieverbrauch auf 24 Prozent zu steigern sowie den Anstieg des Stromverbrauchs auf maximal 5 Prozent zu begrenzen. Für die Zeit nach dem Jahr 2020 sehen die Aktionspläne eine Stabilisierung des Stromverbrauchs vor. Die Stossrichtungen der Aktionspläne aus dem Jahr 2008 werden mit dem vorliegenden ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 aufgegriffen und entsprechend der neuen Zielsetzungen verstärkt weiterverfolgt.

Instrumente und Massnahmen Die auf der Energiestrategie 2007 aufbauende nationale Energiepolitik besteht aus einem Mix aus Anreizen, Fördermassnahmen, Verbrauchsvorschriften, Minimalstandards sowie Massnahmen im Bereich Forschung und Ausbildung. Der in diesem Zusammenhang erarbeite Aktionsplan Koordinierte Energieforschung Schweiz wurde unlängst verabschiedet und aufgrund der Neuausrichtung der Energiepolitik wesentlich verstärkt (vgl. Ziff. 2.3.2). Eine wichtige Rolle in der Umsetzung erfüllt das Programm EnergieSchweiz13 in seiner dritten Etappe von 2011­2020. Dessen Aktivitäten sind auf Sensibilisierung, Information, Beratung, Aus- und Weiterbildung, Qualitätssicherung, Vernetzung und Förderung fortschrittlicher Projekte ausgerichtet (vgl. Ziff. 4.2.12).

Daneben wurden Effizienzvorschriften, Energieetiketten, wettbewerbliche Ausschreibungen für Stromeffizienzmassnahmen oder Zielvereinbarungen mit Unternehmen zur Steigerung der Energieeffizienz
eingesetzt.

Als Hauptpfeiler der Förderung der Produktion von Elektrizität aus erneuerbaren Energien wurde die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) geschaffen. Mit einem Zuschlag auf dem Netznutzungsentgelt des Übertragungsnetzes (Netzzuschlag) werden die nicht durch Marktpreise gedeckten Kosten der Netzbetreiber für 11

12 13

Die Energieperspektiven 2035, Bände 1­5, Bundesamt für Energie, Prognos AG, Basel und Ecoplan AG, Bern. Abrufbar im Internet unter: www.bfe.admin.ch, Rubrik Energieperspektiven 2050.

Aktionspläne «Energieeffizienz» und «Erneuerbare Energien», Bundesamt für Energie, 2008.

Programm EnergieSchweiz. Abrufbar im Internet unter: www.bfe.admin.ch, Rubrik EnergieSchweiz.

7579

die Übernahme der Elektrizität finanziert, die aus vergütungsberechtigten Technologien (z. B. Windenergie, Sonnenergie, Biomasse) gewonnen wird (Art. 15b Abs. 1 Bst. a EnG).

1.3.2

Energieaussenpolitik des Bundes

Der Bund verfolgt eine aktive Energieaussenpolitik14. Ihre drei Hauptziele sind die Sicherstellung der Energieversorgung, das Garantieren eines wettbewerbsfähigen Energiemarktes und die Förderung einer klimafreundlichen und effizienten Energienutzung. Die Schweiz will diese Ziele durch eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten sowie ausgewählten europäischen und aussereuropäischen Staaten, mit der Europäischen Union (EU) und über ein aktives Engagement bei internationalen Organisationen erreichen. Die Mitwirkung der Schweiz in internationalen Organisationen ist schwergewichtig auf die Internationale Energieagentur (IEA) und die Internationale Atomenergieagentur (IAEA) fokussiert. Zudem engagiert sich die Schweiz in der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA), im Energie-Komitee der UNO-Wirtschaftskommission für Europa (UN-ECE), im europäischen Netzwerk der Energieagenturen (EnR), im International Energy Forum (IEF), in der Energie-Charta sowie in der Kernenergieagentur der OECD (NEA).

Mit folgenden Staaten hat die Schweiz eine Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) zur Zusammenarbeit im Energiebereich unterzeichnet: Aserbaidschan (2007), Vereinigte Arabische Emirate (2009), Türkei (2009), Russland (2011), Griechenland (2012), Italien (2012), Luxemburg (2012) sowie mit Deutschland und Österreich (2012). Im Bereich der Energieforschung: Deutschland und Österreich (2009, Smart Grids), USA, Australien und Island (2010, Geothermie).

Energiepolitische Beziehungen zur EU Im Energiebereich gibt es zwischen der Schweiz und der EU bisher keine institutionalisierten Beziehungen. Sämtliche Aktivitäten der Schweiz im Rahmen der EU-Energiepolitik basieren auf einer ad hoc oder einer projektbezogenen Basis. So wird die Schweiz seit 2009 von der jeweiligen EU-Ratspräsidentschaft gemeinsam mit den Mitgliedern des EWR, der Energiegemeinschaft und der EU-Kandidaten an die informellen Energieministertreffen eingeladen.

Schweizer Vertreterinnen und Vertreter nehmen als Beobachterinnen und Beobachter an verschiedenen EU-Foren im Energiebereich teil: Florenz Forum (Strommarkt), Madrid Forum (Gasmarkt), Berlin Forum (fossile Energien), Bukarest Forum (Energieeffizienz und erneuerbare Energien) und Bratislava/Prag Forum (Kernenergie).

Seit November 2007 laufen die Verhandlungen
mit der EU über ein bilaterales Abkommen im Strombereich. Im Herbst 2010 hat der Bundesrat das Verhandlungsmandat ausgeweitet und an die Rechtsentwicklungen in der EU angepasst. Strom bleibt der dringlichste Energieverhandlungsgegenstand mit der EU, langfristig wird jedoch ein umfassendes Energieabkommen angestrebt.

14

Dritter Bericht zur Energieaussenpolitik 2012, UVEK, EDA und EVD.

7580

Entwicklungszusammenarbeit In der Entwicklungszusammenarbeit gewinnen energierelevante Projekte an Bedeutung. Entsprechend hat die Schweiz in den letzten Jahren ihre Aktivitäten auf diesem Gebiet weiter verstärkt. Im Rahmen von multilateralen Programmen der Entwicklungsbanken und mit bilateralen Projekten trägt sie zur nachhaltigeren Energiewirtschaft in Transitions- und in Entwicklungsländern bei. Von den im Februar 2011 bewilligten zusätzlichen Geldern im Rahmen der Botschaft zur Erhöhung der Mittel zur Finanzierung der öffentlichen Entwicklungshilfe15 wird ein wesentlicher Teil von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) zur Anschubfinanzierung für Programme der Klimakonvention eingesetzt.

1.3.3

Stromabkommen mit der EU

Mit der Einführung des «Dritten Energie-Binnenmarkt-Paketes16» im Jahr 2009 setzte die EU die Entwicklung hin zu einem freien Energiebinnenmarkt in der Union fort. Die wesentlichen Neuerungen sind:

15 16 17

18

­

Erweiterte Kompetenzen und Aufgaben für nationale Energieregulatoren (NRA) sowie die Schaffung einer europäischen Agentur für die Kooperation der NRA, die sogenannte Agency for the Cooperation of Energy Regulators (ACER).

­

EU-weite Regelung des grenzüberschreitenden Energiehandels und koordinierte Entwicklung des Übertragungsnetzes. Die Übertragungsnetzbetreiber arbeiten zusammen im «European Network of Transmission System Operators for electricity bzw. for gas» (ENTSO-E bzw. ENTSO-G). ACER und ENTSO arbeiten die wesentlichen Leitlinien und Netzwerkcodes aus. ACER überwacht dabei die ENTSO, die damit unter EU-Aufsicht steht.

­

Eine verstärkte Trennung von Produktion, Transport und Verteilung von Energie sowie flankierende Regeln, die einheitliche Rahmenbedingungen (ein «Level Playing Field») und Transparenz im Energiebinnenmarkt gewährleisten. Dazu gehören Regeln zu Wettbewerb und staatlichen Beihilfen, die REMIT-Verordnung17, Konsumentenschutz sowie Umweltschutzregeln bis hin zur Richtlinie zur Förderung von erneuerbaren Energien18.

­

Der Energie-Acquis wird stetig weiterentwickelt: Derzeit beschäftigt sich die EU mit einer Anpassung der Regeln zu staatlichen Beihilfen, der Problematik der unkontrollierten grenzüberschreitenden Elektrizitätsflüsse (sog.

Bundesbeschluss vom 28. Februar 2011 zur Erhöhung der Finanzierung der Entwicklungshilfe zugunsten der DEZA, BBl 2011 2919.

Richtlinie 2009/72/EG; Regulation 713/2009 und 714/2009.

«Regulation on Wholesale Energy Market Integrity and Transparency»: Verordnung (EU) 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegrosshandelsmarkts (ABI. L 326/1, 8.12.2011).

Richtlinie 2009/28/EG.

7581

Loop Flows) und der Kapazitätsmärkte sowie längerfristig der Weiterentwicklung der 20-20-20-Ziele19 nach dem Jahr 2020.

­

Der Energiebinnenmarkt umfasst auch Erdgas. Obwohl Erdgas nicht Verhandlungsgegenstand ist und der Schweiz aufgrund der fehlenden, umfassenden Gasmarktregulierung dazu die Voraussetzung fehlt, ist die Schweiz daran interessiert, in die Gaskrisenmechanismen der EU eingebunden zu werden. Mit der Nachrüstung der Transitgas-Pipeline für Umkehrfluss von Italien nach Nordeuropa wird ab 2016 die Bedeutung der Schweiz als Gastransitland steigen.

­

Der Energie-Acquis gilt nicht nur für die EU, sondern auch für den EWR und ­ nach Übergangsfristen ­ auch für die Energiegemeinschaft Südosteuropas.

Da der Ausgang der derzeit laufenden Verhandlungen über ein Stromabkommen mit der EU noch offen ist, kann zum heutigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, dass ein solches Abkommen nicht seinerseits Anpassungen an der hier vorgeschlagenen Vorlage nach sich ziehen würde.

Auswirkung der Entwicklungen in der EU auf die Schweiz Das Stromversorgungsgesetz bzw. die schweizerische Strommarktordnung ist in wesentlichen Punkten bereits an die EU-Rahmenvorgaben angelehnt. Wegen der engen Vernetzung mit dem europäischen Energiemarkt ist die Schweiz auf effiziente Rahmenbedingungen für den Handel angewiesen. Eine Mitsprache in der Entwicklung der EU-weit gültigen Regelungen und Netzwerkcodes ist ohne Stromabkommen mittelfristig nur informell anlässlich der Vernehmlassungsverfahren möglich.

Eine aktive Mitarbeit würde zum einen eine weiterhin gleichberechtigte Einbindung in den Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E) bedingen, zum andern aber ebenfalls eine gleichberechtigte Einbindung in die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) bedingen.

Gemäss EU ist die bisherige Teilnahme der Schweiz an den EU-Stromgremien ab Vollendung des Energiebinnenmarkts 2014 ohne ein Stromabkommen nicht mehr möglich. Die Verhandlungsposition der EU ist bekannt: Weitestgehende Übernahme des Strom-Acquis, inklusive vollständige Strommarktöffnung (wie sie bereits im StromVG angelegt ist), Acquis-konforme Bewirtschaftung der Grenzleitungen (Abschaffung der Priorisierung der Langfristverträge an der Grenze Frankreich­ Schweiz), Umsetzung der Verordnung über die Integrität und Transparenz des Energiegrosshandelsmarkts (REMIT) und flankierender Regeln wie etwa zu staatlichen Beihilfen, Übernahme der EU-Richtlinie 2009/28/EG20 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (RES-Richtlinie) mitsamt Schweizer Zielwert usw.

19

20

Senkung der Treibhausgasemissionen um mindestens 20 % gegenüber dem Stand von 1990, Steigerung der Nutzung erneuerbarer Energiequellen auf 20 % der Gesamtenergieproduktion, Senkung des Energieverbrauchs um 20 % gegenüber dem voraussichtlichen Niveau von 2020 durch Verbesserung der Energieeffizienz, vgl. Ziff. 4.2.1.

Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneubaren Quellen und zur Änderung und anschliessenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG, ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 16.

7582

Welche Konsequenzen ein Nichtzustandekommen des Stromabkommens hätte, kann nur ansatzweise beschrieben werden. Für die EU wäre ein «Regulierungsloch Schweiz» zwar ein Makel, aber kein Hinderungsgrund für die Vollendung des Strombinnenmarkts. Die Schweizer Pumpspeicherwerke sind zur Integration erneuerbaren Stroms auch für die EU wichtig, diese verfolgt aber auch andere Optionen wie Lastmanagement, Netzausbau sowie Speicherkapazitäten in Skandinavien.

Die Schweizer Marktakteure wären ab 2014 ohne Stromabkommen mit einer wachsenden Rechts- und Planungsunsicherheit konfrontiert. Die Teilnahme von Schweizer Händlern und Produzenten am Markt würde erschwert, Nachbarländer würden bei der Bewirtschaftung von Grenzleitungen bevorteilt, die schweizerische Netzbetreiberin Swissgrid könnte aus ENTSO-E ausgeschlossen werden und die künftige europäische Netzinfrastruktur würde um die Schweiz herumgebaut.

Eine Einschränkung des Marktes würde sich nicht nur negativ auf die Versorgungssicherheit (insbesondere im Winterhalbjahr), sondern auch auf die Verbraucherpreise auswirken. Der Stromhandel mit der EU wäre aufgrund des indirekten Zugangs zu den EU-Strombörsen mit höheren Kosten verbunden. Für Systemdienstleistungen könnte weniger auf den europäischen Markt zugegriffen werden. Auch wäre die Schweiz bei der finanziellen Abrechnung von grenzüberschreitenden Stromflüssen benachteiligt.

1.3.4

Strommarktöffnung

Die Öffnung des schweizerischen Strommarktes ist im StromVG geregelt und erfolgt in zwei Etappen. Die heute schon wirksame Teilmarktöffnung ist begrenzt auf Endverbraucher mit einem Jahresverbrauch von mindestens 100 MWh. Der Wettbewerb in diesem Bereich hat sich in der letzten Zeit intensiviert, da die Marktpreise günstiger geworden sind (v. a. aufgrund des Wechselkurses Franken­Euro). Etliche Schweizer Industrieunternehmen decken sich bereits heute mittelbar über Schweizer Händler bei Anbietern aus der EU ein. Im Übrigen Bereich bestehen aufgrund der festen Zuteilung von Versorgungsgebieten an rund 700 Energieversorgungsunternehmen nach wie vor lokale Versorgungsmonopole mit teilweise beträchtlichen Preisdifferenzen. Die vollständige Marktöffnung soll später durch einen Bundesbeschluss erfolgen. Dieser Bundesbeschluss untersteht dem fakultativen Referendum.

Dieser zweite Schritt führt zu einer vollständigen Marktöffnung für Unternehmen mit einem Stromverbrauch von mindestens 100 MWh pro Jahr, lässt allen anderen Kundinnen und Kunden die Wahl, sich einen Lieferanten auszusuchen oder in einem geschützten Modell beim lokalen Elektrizitätsversorgungsunternehmen zu bleiben (Wahlmodell abgesicherte Stromversorgung, WAS-Modell).

Der zweite Marktöffnungsschritt und eine Anpassung der Stromtarifmodelle sollen zu einem stärkeren Wettbewerb und einer besseren Integration in den europäischen Binnenmarkt führen und sind eine zwingende Voraussetzung für ein Stromabkommen mit der EU. Das Bundesamt für Energie prüft zurzeit die nächsten Schritte, insbesondere eine mit einer vollständigen Marktöffnung und einem Stromabkommen kompatible Umsetzung des WAS-Modells. Die im ersten Massnahmenpaket zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 vorgesehenen Massnahmen sind aus heutiger Sicht mit der vollständigen Strommarktöffnung vereinbar.

7583

1.4

Internationales Umfeld

1.4.1

Bisherige Energiepolitik in der EU

Die EU hat im Jahr 2009 ehrgeizige energie- und klimapolitische Ziele für das Jahr 2020 verabschiedet: Senkung der Treibhausgasemissionen um 20 Prozent im Vergleich zu 1990, Ausbau des Anteils erneuerbarer Energien auf 20 Prozent und Verbesserung der Energieeffizienz um 20 Prozent im Vergleich zu einer Entwicklung ohne neue Massnahmen (20-20-20-Ziele).

Im Rahmen des Klima- und Energiepakets hat die EU die Richtlinie 2009/28/EG21 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (RES-Richtlinie) erlassen. Gemäss der RES-Richtlinie soll innerhalb der EU bis 2020 ein Ziel von 20 Prozent erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch erreicht werden, dies gegenüber 8,9 Prozent im Jahr 2006. Von diesem übergeordneten Ziel werden verbindliche nationale Ziele für die einzelnen Mitgliedstaaten abgeleitet. Das Zubauziel der einzelnen Mitgliedstaaten wird nach deren Wirtschaftskraft berechnet.

1.4.2

Aktuelle Entwicklungen in der EU

Entwicklung der Energiepolitik Im Dezember 2011 hat die EU-Kommission ihren Energiefahrplan 205022 veröffentlicht. Im Rahmen von Szenarien werden Wege zur Umstellung des Energiesystems in Richtung eines verminderten Einsatzes von kohlestoffhaltigen Energieträgern (Dekarbonisierung) mit dem Zeithorizont 2050 untersucht. Die Kommission kommt zum Schluss, dass die Verbesserung der Energieeffizienz in allen Dekarbonisierungsszenarien Priorität hat. Zudem sei ein höherer Anteil erneuerbarer Energien eine Hauptvoraussetzung für ein nachhaltiges und sicheres Energiesystem. Zurzeit laufen in der EU Überlegungen, wie die 20-20-20-Ziele bis 2030 ausgeweitet werden könnten. Es werden verschiedene Optionen in Betracht gezogen: stärkerer Fokus auf das Emissionshandelssystem und weniger Fördergelder, stärkere europäische Harmonisierung der Fördersysteme oder neue verbindliche Ziele bis 2030. Ein Zwischenbericht der EU vom März 2013 zeigt auf, dass sich das Ausbautempo für erneuerbare Energien infolge der Finanzkrise verlangsamt hat und ohne zusätzliche Massnahmen das 20er-Ziel verfehlt werden dürfte.

Beim 20er-Effizienzziel zeichnet sich dies schon länger ab. Deshalb wurde im Oktober 2012 eine neue Effizienz-Richtlinie23 verabschiedet. Diese enthält unter anderem folgende Massnahmen: ­

21

22 23

Die Staaten legen indikative, nationale Effizienzziele für 2020 fest (ausgedrückt als absoluter Wert des Primär- oder Endenergieverbrauchs), die vom 20-Prozent-Gesamtziel der EU abgeleitet sind. Im Jahr 2014 wird die EU die erzielten Effizienzsteigerungen überprüfen.

Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneubaren Quellen und zur Änderung und anschliessenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG, ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 16.

KOM (2011) 885.

Richtlinie 2012/27/EU.

7584

­

Die Staaten führen Effizienzverpflichtungssysteme ein, wonach Energieunternehmen Energieeinsparungen von 1,5 Prozent pro Jahr erzielen. Die Systeme können flexibel ausgestaltet werden. Auch können die Mitgliedstaaten als Alternative zu den Effizienzverpflichtungssystemen andere Massnahmen für Energieeinsparungen ergreifen.

­

Die öffentliche Hand auf zentralstaatlicher Ebene wird verpflichtet, jährlich 3 Prozent der von ihr genutzten Gebäudefläche energetisch zu sanieren.

­

Die Staaten müssen langfristige Strategien für die energetische Sanierung des landesweiten Gebäudebestandes definieren.

Entwicklung des Strommarkts Europa Die Stromwirtschaft in Europa befindet sich im Umbruch. Grund dafür sind nicht einzig das Reaktorunglück in Fukushima und die daraufhin in einigen Ländern eingeläutete Energiewende, sondern ebenso die erwähnten 20er-Ziele der Klimaschutz- und Energiepolitik der EU.

In diesem Zusammenhang begannen einige europäische Länder, den Ausbau der erneuerbaren Energien massiv zu fördern. Das hat insbesondere in Deutschland und Italien zu einem starken Anstieg der installierten Leistung von Photovoltaik und Windenergie geführt. In den europäischen Strommärkten ist die Residuallast (Gesamtlast abzüglich Einspeisung erneuerbarer Energien) dadurch kleiner, aber gleichzeitig auch volatiler geworden. Speziell bei guten Witterungsverhältnissen und grosser Einspeisung von Strom aus Photovoltaikanlagen ist ein starker Rückgang der Residuallast über die Mittagszeit zu beobachten, verbunden mit einem entsprechenden Rückgang der Spitzenlastpreise. Konventionelle Kraftwerke werden dadurch aus dem Markt verdrängt. Dies hat auch Auswirkungen auf den Betrieb und die Rentabilität von Pumpspeicherkraftwerken in der Schweiz, die bisher auf günstigen Stromeinkauf zum Hochpumpen in der Nacht und den Verkauf von teurem Spitzenlaststrom tagsüber ausgelegt waren. Der klassische Energiehandel in der Schweiz mit dem Export zu Spitzenlastzeiten und dem Import zu Schwachlastzeiten befindet sich unter Druck.

In Europa werden derweil als Folge der bestehenden Preisdifferenzen Gaskraftwerke durch Kohlekraftwerke verdrängt. Zwar befinden sich die Gaspreise aufgrund der Förderung von Schiefergas in den USA im langjährigen Vergleich auf tiefem Niveau. Die Preisvorteile in Europa liegen auch aufgrund langfristiger ErdgasBezugsverträge derzeit aber gleichwohl bei der Kohle. Dies ist zurückzuführen auf die tiefen Kohlepreise in den USA und den sehr tiefen Preisen für CO2-Zertifikate in Europa. Erst bei einem stark ansteigenden CO2-Preis würden Gaskraftwerke im Vergleich zu Kohlekraftwerken wieder wettbewerbsfähig.

Aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise ist die Stromnachfrage im Jahr 2009 in vielen europäischen Ländern eingebrochen. Die Nachfrage hat sich inzwischen teilweise erholt, gleichwohl befinden sich die Spot- und Terminpreise für Strom seit 2008 auf einem Tiefstand. Die tiefen Preise sind im
Nachfragerückgang und im (Über-) Angebot an Produktionskapazitäten begründet, vor allem durch den starken Zubau der erneuerbaren Energien. Davon sind auch die Schweizer Strompreise betroffen: Vor 2009 waren die durchschnittlichen Gestehungskosten in der Schweiz deutlich tiefer als die Marktpreise. Seit 2009 sind die durchschnittlichen Schweizer Spotpreise (Swissix) deutlich gesunken. Die Eurokrise hat die Differenz zwischen den Schweizer Spotpreisen (in Euro) und den schweizerischen Gestehungskosten (in 7585

Franken) weiter reduziert. Teilweise liegen die Spotpreise heute sogar unter den Gestehungskosten.

Das Umfeld für Investitionen ist entsprechend schwierig. Europaweit wird nach neuen Geschäftsmodellen für Energieversorgungs- und Energiehandelsunternehmen gesucht. Neben Herausforderungen bringt das neue Marktumfeld aber auch neue Bedürfnisse und neue Tätigkeitsfelder (z. B. für Energiedienstleistungen, Flexibilitätsprodukte) und damit auch grosse Chancen mit sich.

1.4.3

Internationale Perspektiven

Die Internationale Energieagentur IEA geht in ihrem World Energy Outlook 2012 davon aus, dass der weltweite Energieverbrauch zwischen 2010 und 2035 um mehr als 33 Prozent zunimmt («New Policies Scenario» der IEA), selbst wenn die Staatengemeinschaft ihre energie- und klimapolitischen Vorgaben (nationale Gesetze sowie unverbindliche Ankündigungen im Rahmen der Klimaverhandlungen und G-20) erfolgreich umsetzt. Die Agentur hält in ihrem Bericht zudem fest:

24

­

Soll das weltweite Klima stabilisiert und der globale Temperaturanstieg auf 2° C beschränkt werden, müssen sämtliche energiepolitischen Optionen ­ Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Kernkraft, CO2-Abtrennung und Speicherung ­ rasch ausgeschöpft werden.

­

Mit den derzeitigen Anstrengungen im Bereich der Energieeffizienz wird es nicht gelingen, das wirtschaftliche Potenzial von Effizienzmassnahmen voll auszuschöpfen. Weltweit bleiben vier Fünftel des Potenzials zur Erhöhung der Energieeffizienz im Gebäudesektor und über die Hälfte des vorhandenen Potenzials in der Industrie ungenutzt.

­

Durch die Beseitigung von Hindernissen für Investitionen in Energieeffizienz könnte dieses enorme Potenzial erschlossen werden. Dazu bräuchte es keine grossen, bahnbrechenden technologischen Entwicklungen.

­

Das Zeitalter der fossilen Brennstoffe ist noch lange nicht vorbei (Stichwort: unkonventionelle Erdöl- und Erdgasförderung), ihre Vormachtstellung geht jedoch leicht zurück.

­

Der weltweite Strombedarf steigt fast doppelt so schnell an als der weltweite Energieverbrauch.

­

Etwa ein Drittel der bis 2035 geschaffenen neuen Stromerzeugungskapazitäten ist nötig, um vom Netz gehende Kraftwerke zu ersetzen. Die Hälfte der neuen Kapazitäten beruht dabei auf erneuerbaren Energien. Kohle bleibt der weltweit führende Energieträger in der Stromerzeugung.

­

Obwohl die Stromerzeugung aus der Kernenergie in absoluten Zahlen weiter zunimmt (infolge der Expansion in China, Korea, Indien und Russland), hat ihr Anteil an der weltweiten Elektrizitätsproduktion von 17 Prozent im Jahr 1990 auf 13 Prozent im Jahr 2010 abgenommen24.

­

Im Jahr 2035 stammt fast ein Drittel der Gesamtstromerzeugung aus erneuerbaren Energien.

World Energy Outlook 2012, IEA

7586

Die Energiestrategie 2050 stützt sich auf die Fazite des World Energy Outlooks und auf weitere Analysen der IEA sowie auf Empfehlungen, welche diese an Regierungen für die Gestaltung einer sicheren, wirtschaftlich tragbaren und nachhaltigen Energiepolitik abgibt. Das Szenario NEP (Neue Energiepolitik) transferiert dabei das bei der IEA-Ministerkonferenz und den internationalen Klimakonferenzen im Zentrum stehende Ziel «+2-Grad-Temperaturzunahme» auf die nationale Ebene.

Dieses entspricht auch der von der Schweiz an diesen Konferenzen vertretenen Position.

1.5

Risiken für die Versorgungssicherheit

1.5.1

Globale Risiken

Wegen tiefer Energiepreise (Erdöl, Erdgas, Uran), Marktunsicherheiten und unwirksamen Wettbewerbs wurden in früheren Jahren weltweit Investitionen in die Energieinfrastrukturen vernachlässigt. Zudem wird die Erschliessung und Nutzung teurer, weil sich neu erschlossene Energieträger an immer schwerer zugänglichen Orten befinden. Hinzu kommen der wachsende Energiehunger der Schwellenländer und der globale Wettlauf um Energieressourcen. Beides führt zu einem globalen Nachholbedarf an Investitionen in die konventionelle Versorgungskette und tendenziell zu einer Periode mit steigenden Energiepreisen. Im Gasbereich ist zurzeit jedoch eine regional unterschiedliche Preisentwicklung feststellbar: Während sich die USA aufgrund des massiven Ausbaus der unkonventionellen Gasförderung (vor allem Schiefergas) vom Gasimporteur zum Gasexporteur entwickelt und aufgrund des Produktionsanstiegs die Preise auf dem US-Gasmarkt seit Längerem tief sind, befinden sich die Gaspreise in Europa trotz angespannter Wirtschaftssituation weiterhin auf hohem Niveau. Auch in Asien sind die Gaspreise hoch und steigen aufgrund der wachsenden Nachfrage weiter an.

Die Versorgungsrisiken liegen im Zeithorizont 2050 weniger in der Begrenzung der fossilen Energieressourcen als vielmehr in geopolitischen Konflikten. Die nachgewiesenen konventionellen Erdöl- und Erdgasreserven befinden sich vor allem in den Staaten der OPEC und in Russland, die eine marktdominante Stellung einnehmen.

Die Konflikte im Nahen Osten hängen zum Teil mit der Verfügbarkeit von Energiereserven zusammen. Die Unfall-, Natur- und Sabotagerisiken sind erheblich, weil grosse Wirtschaftsräume durch stark konzentrierte Transportsysteme (Pipelines, Grosstanker, Übertragungsnetze) versorgt werden.

Andererseits sind die Staaten mit grossen Energiereserven auf Einnahmen aus Energieexporten angewiesen und damit ebenfalls von stabilen und sicheren Beziehungen mit den Verbraucherländern abhängig. Kohle-, Uranvorkommen und erneuerbare Energien sind breiter diversifiziert als Erdöl und Erdgas. Insbesondere haben hier auch OECD-Staaten grosse Reserven.

1.5.2

Nationale Risiken

Die Versorgungssicherheit in der Schweiz befindet sich aktuell auf einem hohen Niveau. Um dieses hohe Niveau auch mittel- und langfristig aufrechtzuerhalten, besteht unabhängig vom Atomausstieg Handlungsbedarf. Die Energieversorgungs7587

infrastrukturen der Schweiz sind stark ausgelastet und teilweise alt. Mit zunehmendem Alter und zunehmender Auslastung steigt das Risiko für technische Störungen und Ausfälle. Dies gilt insbesondere für die Elektrizitätsnetze. Deshalb sind ein rascher Ausbau und die Erneuerung der Schweizer Elektrizitätsnetze von zentraler Bedeutung (vgl. Ziff. 2.3.5 und 4.2.9). Aufgrund der weltweiten grossen Energienachfrage ist es insgesamt strategisch wichtig, die grosse Energie-Importabhängigkeit der Schweiz (fossile Energieträger) zu reduzieren und nebst Effizienzanstrengungen den Anteil der einheimischen Produktion zu erhöhen. Zudem ist es von zentraler Bedeutung, weitere Systeme und Elemente mit wichtiger Bedeutung (Steuerungssysteme, Rechenzentren etc.) risikobasiert und angemessen vor natürlichen, technischen und menschlichen Einwirkungen (z. B. durch Naturkatastrophen, Sabotage, Terroranschläge oder Cyber-Angriffe) zu schützen. Dadurch können schwerwiegende Ausfälle der Energieversorgung mit gravierenden Auswirkungen auf die Bevölkerung und die Wirtschaft verringert werden (vgl. Ziff. 4.3.5 und Erläuterungen zum Art. 8).

1.6

Aktuelle Entwicklung der Kernenergie im Ausland

Die Nuklearkatastrophe von Fukushima Am 11. März 2011 verwüsteten ein Erdbeben der Stärke 8,9 auf der Richterskala und ein darauffolgender Tsunami den Nordosten der japanischen Hauptinsel Honshu. Davon betroffen war auch der Standort des Kernkraftwerks Fukushima Daiichi mit seinen sechs Reaktoren. In den Blöcken I­III kam es zur Kernschmelze.

Grosse Mengen an radioaktivem Material wurden freigesetzt und kontaminierten Luft, Boden, Wasser sowie Nahrungsmittel in der land- und meerseitigen Umgebung. Aufgrund einer Abschätzung der Gesamtradioaktivität der freigesetzten Stoffe ordnete die japanische Atomaufsichtsbehörde die Ereignisse auf der internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse (INES) mit der Höchststufe 7 «katastrophaler Unfall» ein.

Aktuelle Entwicklung der Kernenergie Die Katastrophe in Fukushima hat in Japan zu einer vorübergehenden Korrektur in der Energiepolitik geführt. Vor dem Ereignis plante die Regierung den massiven Ausbau des Kernenergieanteils an der Stromversorgung von 30 auf 50 Prozent.

Nach dem Ereignis strebte die Regierung eine massive Reduktion der Kernkraft und gleichzeitig einen Ausbau der erneuerbaren Energien an. Die inzwischen neu gewählte Regierung ist wieder atomfreundlicher eingestellt.

In der Europäischen Union steht es jedem Mitgliedstaat frei, Kernenergie zu nutzen.

Die Grundlage für die friedliche Nutzung der Kernenergie wurde im Jahr 1957 durch die Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) geschaffen. In Deutschland entzog die Bundesregierung im Juni 2011 den sieben ältesten deutschen Kernkraftwerken sowie dem Kernkraftwerk Krümmel die Betriebsbewilligung und beschloss den stufenweisen Ausstieg aus der Kernenergie bis ins Jahr 2022.

Während in Österreich aufgrund eines bestehenden Atomsperrgesetzes keine Kernkraftwerke in Betrieb sind, ist Frankreich weltweit der zweitgrösste Produzent von Kernenergie. Das Land unterhält 58 Kernkraftwerke, zwei weitere Anlagen sind derzeit in Bau beziehungsweise in Planung. Die neue Regierung hat angekündigt, bis 2025 den Anteil der Kernenergie am Strommix Frankreichs von heute 75 auf 7588

50 Prozent zu senken. Ende 2016 soll das elsässische Kernkraftwerk Fessenheim abgeschaltet werden, an dem auch die Schweizer Energiekonzerne Alpiq, Axpo und BKW beteiligt sind. Für die Stilllegung der 58 Kernkraftwerke hat die EDF rund 11 Milliarden Franken zurückgelegt. Der Französische Rechnungshof hat den Finanzierungsbedarf für die Stilllegung der Kernkraftwerke allerdings verdoppelt.

Die Niederlande und Polen haben ihre Pläne für den Bau eines neuen beziehungsweise ersten Kernkraftwerks aufgegeben.

In einer Referendumsabstimmung lehnte Italien im Juni 2011 die Rückkehr zur Kernkraft ab. Bereits 1987 hatten sich die Italienerinnen und Italiener gegen den Bau von Kernkraftwerken ausgesprochen. Grossbritannien betreibt 16 Kernkraftwerke und plant seit 2008 den Bau von vier Kernkraftwerken, deren Finanzierung über garantierte Abnahmepreise gewährleistet werden soll.

Im Juni 2011 beschloss die EU-Kommission, sämtliche europäischen Kernkraftwerke einem Stresstest25 zu unterziehen, um diese auf die Auswirkungen von Naturereignissen und Unfällen zu überprüfen. Auch die Betreiber der Schweizer Kernkraftwerke nahmen am EU-Stresstest teil. Die Fachleute der European Nuclear Safety Regulators Group kamen zum Schluss, dass unsere Kernkraftwerke die internationalen Sicherheitsanforderungen in allen Bereichen erfüllen.

Die Vereinigten Staaten von Amerika sind der weltweit grösste Produzent von Kernenergie. 100 Reaktoren erzeugen einen Fünftel der Elektrizität in den USA. Im Februar 2012 hat die US-Regierung erstmals seit mehr als 30 Jahren den Bau neuer Kernkraftwerke bewilligt. Die Atomaufsichtsbehörde erteilte die Genehmigung für den Bau von zwei Reaktoren im Bundesstaat Georgia. Die künftige Betreiberfirma erhält von der Regierung staatliche Garantien für Kredite über 8 Milliarden Dollar.

Insgesamt sind drei Reaktoren in Bau.

In China sind heute insgesamt 18 Reaktoren in Betrieb, 28 Reaktoren befinden sich im Bau und etliche weitere sind in Planung. Nach der Katastrophe in Fukushima legte China den geplanten Ausbau der Kernkraft nur vorübergehend auf Eis.

In Russland sind 33 Kernkraftwerke am Netz und zehn weitere Reaktoren in Bau.

Für die nächsten zehn Jahre plant Russland den Bau einer bedeutenden Anzahl weiterer Kernkraftwerke.

Erste Kernkraftwerkprojekte sind in der Türkei und in den Vereinigten
Arabischen Emiraten weit fortgeschritten.

In Frankreich und Finnland sind zwei neue Europäische Druckwasserreaktoren (EPR, European Pressurized Reactor) im Bau. Der EPR gehört zu den Reaktoren der Generation III/III+. Die beiden Projekte sollen gemäss Informationen vom Februar 2013 im Jahr 2016 in Betrieb genommen werden. Ursprünglich war geplant, das Werk in Flamanville (F) im Jahr 2012 und dasjenige in Olkiluoto (FIN) im Jahr 2009 in Betrieb zu nehmen.

Neben den Terminüberschreitungen sind auch die Baukosten der beiden Projekte im Laufe der Zeit angepasst worden. In Flamanville gingen die Bauherren ursprünglich von Baukosten von 3­3,5 Milliarden Euro aus. Ende 2012 wurden die Kosten bereits auf 8,5 Milliarden Euro geschätzt. Die Kosten in Olkiluoto waren im Jahr 2005 mit 3 Milliarden Euro veranschlagt. In mehreren Schritten sind sie nach oben angepasst

25

KOM (2011) 784 final.

7589

worden und liegen momentan auch bei rund 8,5 Milliarden Euro. Trotz dieser Mehrkosten hält Finnland an den Plänen für den Bau zusätzlicher Kernkraftwerke fest.

Im Übrigen ist festzuhalten, dass die Stilllegungs- und Entsorgungsfrage in vielen Ländern noch nicht beantwortet ist.

2

Aktuelle nationale Energiepolitik

2.1

Überarbeitung der Energieperspektiven

Aufgrund der Katastrophe in Fukushima hat der Bundesrat das UVEK im März 2011 beauftragt, die bestehende Energiestrategie zu überprüfen und die Energieperspektiven 2035 (vgl. Ziff. 1.3.1) zu aktualisieren26.

Neben drei Stromangebotsvarianten unterscheiden die energiewirtschaftlichen Modelle der Energieperspektiven drei Politikvarianten: Die Szenarien Weiter wie bisher, Neue Energiepolitik sowie das Szenario Politische Massnahmen des Bundesrats: ­

Das (Referenz-)Szenario Weiter wie bisher ist massnahmenorientiert und zeigt auf, welche Energienachfrage und welches Energieangebot sich ­ ausgehend vom Ausstieg aus der Kernenergie ­ ergeben, wenn alle heute in Kraft befindlichen energiepolitischen Instrumente, Massnahmen und Gesetze bis 2050 nicht verändert, sondern lediglich ­ allenfalls verzögert ­ dem technischen Fortschritt angepasst werden.

­

Im Szenario Neue Energiepolitik wird eine Entwicklung des Energieverbrauchs und der Stromproduktion der Schweiz bis ins Jahr 2050 dargestellt, die es ermöglicht, die CO2-Emissionen bis ins Jahr 2050 auf 1­1,5 Tonnen pro Kopf zu senken. Dieses Szenario bedingt eine international abgestimmte CO2-Reduktions- und Energieeffizienzpolitik sowie eine vertiefte internationale Zusammenarbeit im Bereich der Forschung und Entwicklung.

­

Das Szenario Politische Massnahmen des Bundesrats (POM) ist ebenfalls massnahmenorientiert und zeigt auf, wie sich die Massnahmen des vorliegenden ersten Massnahmenpakets zur Konkretisierung der Energiestrategie 2050 auf die Energienachfrage und das Elektrizitätsangebot auswirken (vgl. Ziff. 4.3).

Nachstehende Tabelle 1 aus Prognos (2012) zeigt die Ausgestaltung der drei Szenarien Weiter wie bisher, Politische Massnahmen des Bundesrats sowie Neue Energiepolitik wie sie in den modelltechnischen Arbeiten der Perspektiven verwendet wurden.

26

Die Energieperspektiven 2050, Bundesamt für Energie, Prognos AG, Basel und Ecoplan AG, Bern. Abrufbar im Internet unter: www.bfe.admin.ch, Rubrik Energiestrategie 2050.

7590

Tabelle 1 Ausgestaltung der Szenarien wie in den Perspektiven verwendet

Die Energieperspektiven 2050 zeigen folgende Ergebnisse: ­

Der Endenergieverbrauch kann mit Fortführung der bestehenden Energiepolitik deutlich reduziert werden.

­

Mit Weiterführung der aktuellen Energiepolitik (Szenario Weiter wie bisher) und ohne verstärkte Massnahmen steigt der Stromverbrauch trotz immer effizienteren Geräten und Anwendungen weiter an (Gründe: Bevölkerungsund Wirtschaftswachstum, Mehrfachausstattungen in den Haushalten, neue elektronische Geräte und Anwendungen, grössere Wohnfläche pro Person, Elektrifizierung des Verkehrs).

­

Mit dem bestehenden Kraftwerkpark, der Weiterführung der bisherigen Energiepolitik sowie dem stufenweise Auslaufen bestehender langfristiger Strombezugsverträge mit Frankreich resultiert mittel- und langfristig ein deutlicher Stromdeckungsbedarf.

­

Das nachhaltig nutzbare Potenzial der erneuerbaren Energien liegt bei geschätzten 24,2 TWh bis 2050. Auf die Photovoltaik fallen dabei 11,1 TWh, auf Wind 4,3 TWh, Biomasse 1,2 TWh, Geothermie 4,4 TWh sowie ARA (Abwasserreinigungsanlagen), KVA (Kehrichtverbrennungsanlagen) und Biogas zusammen 3,2 TWh.

­

Das Zubaupotenzial bei der Gross- und Kleinwasserkraft liegt bei rund 3,2 TWh (Nettopotenzial, d. h. inkl. Auswirkungen des Gewässerschutzgesetzes vom 24. Januar 1991, GSchG, SR 814.20) bzw. mit dem Beitrag der Pumpspeicherkraftwerke bei 8,6 TWh.

7591

­

Der CO2-Ausstoss kann ­ je nach Zusammensetzung des Kraftwerkparks ­ substanziell gesenkt werden.

Die detaillierten Beschreibungen der Modelle, der Rahmendaten und der Annahmen sowie die Ergebnisse sind den entsprechenden Grundlagenberichten zu entnehmen27.

Die Energieperspektiven des Bundesamts für Energie (BFE) arbeiten mit Szenarien und quantitativen Modellen. Diese berücksichtigen die verschiedenen Elemente des Energiesystems sowie ihre gegenseitige Beeinflussung und untersuchen ihre volkswirtschaftlichen Auswirkungen. Dabei wird der gesamte Energiebereich ­ nicht nur der Elektrizitätsbereich ­ analysiert. Energieperspektiven sind keine Prognosen, sondern Wenn-dann-Analysen. Sie bilden eine mögliche Wirklichkeit ab und sie zeigen, wie sich Energiepreise, Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum (Rahmenentwicklungen) sowie Vorschriften, preisliche Instrumente und Förderinstrumente (Politikinstrumente) auf das Energiesystem auswirken.

2.2

Entscheid zum Ausstieg aus der Kernenergie

Infolge der Nuklearkatastrophe von Fukushima hat der Bundesrat am 25. Mai 2011 gestützt auf die aktuellen Energieperspektiven und die weiteren energiepolitischen Entscheidungsgrundlagen einen Richtungsentscheid für einen schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie gefällt. Die bestehenden Kernkraftwerke sollen am Ende ihrer sicherheitstechnischen Betriebsdauer stillgelegt und nicht durch neue Kernkraftwerke ersetzt werden. Der Bundesrat rechnet mit einer sicherheitstechnischen, alleine von den Sicherheitsüberprüfungen des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI) und nicht von der Politik abhängigen Laufzeit von voraussichtlich 50 Jahren. Damit müssten das Kernkraftwerk Beznau I im Jahr 2019, Beznau II und Mühleberg 2022, Gösgen 2029 und Leibstadt 2034 vom Netz genommen werden. Für eine vorzeitige Stilllegung sieht der Bundesrat derzeit keinen Anlass.

Mit Annahme der Motion 11.3436 «Schrittweiser Ausstieg aus der Atomenergie» von Nationalrat Roberto Schmidt28 und der Motion 11.3257 «Aus der Atomenergie aussteigen» der Grünen Fraktion29 im Jahr 2011 sind sowohl der Nationalrat als auch der Ständerat dem Ausstiegsentscheid des Bundesrats gefolgt. Mit Annahme der Motion 11.3426 «Keine neuen Rahmenbewilligungen für den Bau von Atomkraftwerken» der Fraktion BD30 hat das Parlament den Bundesrat zudem beauftragt, eine Änderung des Kernenergiegesetzes vom 21. März 200331 (KEG) auszuarbeiten, wonach keine Rahmenbewilligungen für den Bau neuer Kernkraftwerke mehr erteilt werden dürfen. Dabei soll ausdrücklich auf ein Technologieverbot verzichtet wer27

28 29 30 31

Die Energieperspektiven 2050, Bundesamt für Energie, Prognos AG, Basel (2012) und Ecoplan AG, Bern (2012). Abrufbar im Internet unter: www.bfe.admin.ch, Rubrik Energiestrategie 2050.

Motion 11.3436 Schrittweiser Ausstieg aus der Atomenergie vom 14.04.2011; Schmidt Roberto.

Motion 11.3257 Aus der Atomenergie aussteigen vom 18.03.2011, Grüne Fraktion Motion 11.3426 Keine neuen Rahmenbewilligungen für den Bau von Atomkraftwerken vom 14.04.2011, Fraktion BD.

SR 732.1

7592

den. Am 16. November 2012 wurde die Volksinitiative «Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomausstiegsinitiative)» mit den nötigen Unterschriften eingereicht (vgl. Ziff. 3). Das geltende KEG enthält ­ abgesehen von den Vorschriften über die Stilllegung einer Kernanlage ­ nur wenige Bestimmungen, die den Langzeitbetrieb und die Schlussphase des Betriebs betreffen. Das ENSI hat auf diese Problematik wiederholt hingewiesen und einen Vorschlag für eine gesetzliche Regelung des Langzeitbetriebs vorgelegt. Ferner wurden mehrere parlamentarische Vorstösse eingereicht, die eine Begrenzung der Laufzeit der Kernkraftwerke oder eine «Vereinbarungslösung» für die Stilllegung der Kernkraftwerke zum Gegenstand haben.

Solche Ausstiegsvarianten könnten teilweise eine Ausserbetriebnahme zur Folge haben, die vor Ende der sicherheitstechnisch begründeten Betriebsdauer des betreffenden Werkes erfolgen würde. Dies dürfte die Wirtschaftsfreiheit der Betreibergesellschaften und die Eigentumsgarantie verletzen. Bei denjenigen Varianten, die keine individuellen und mit Sicherheitsaspekten begründete Laufzeitbegrenzungen vorsehen, kommt eine Entschädigungspflicht in Betracht, und zwar zumindest in Fällen, in denen die Betreiber im Vertrauen auf die heutige gesetzliche Regelung nicht amortisierbare Investitionen getätigt haben. Mit dem Vorschlag des Bundesrates können dagegen Entschädigungen ausgeschlossen werden.

2.3

Energiestrategie 2050

Die Entscheide von Bundesrat und Parlament bedingen einen etappenweisen Umbau des heutigen Energiesystems und eine neue Ausrichtung der Energiepolitik. Dafür hat der Bundesrat die Energiestrategie 2050 ausgearbeitet.

2.3.1

Zielsetzungen

Die Energiestrategie 2050 orientiert sich gemäss Bundesratsbeschluss vom 25. Mai 2011 an den mittel- und langfristigen Zielen des Szenarios Neue Energiepolitik (siehe Ziff. 2.1). Die Endenergienachfrage soll ­ eingebettet in eine international abgestimmte Klima- und Energiepolitik ­ bis im Jahr 2050 erheblich reduziert und die CO2-Emissionen auf 1­1,5 Tonnen pro Kopf gesenkt werden.

Folgende Ziele strebt der Bundesrat langfristig bis ins Jahr 2050 an: ­

Der durchschnittliche Endenergieverbrauch pro Person und Jahr soll bis 2050 gegenüber dem Basisjahr 2000 um 54 Prozent sinken. Dies entspricht einem geschätzten Endenergieverbrauch von rund 125 TWh (451 PJ) im Jahr 2050. In diesem Zusammenhang wird auch die erforderliche Dauerleistung pro Person von heute vergleichsweise hohen rund 6000 Watt deutlich abnehmen. Grössere Potenziale bestehen primär in den Bereichen Verkehr und Wärme.

­

Der durchschnittliche Stromverbrauch pro Person und Jahr soll bis 2050 im Vergleich zum Basisjahr 2000 um 18 Prozent sinken. Dies entspricht einem geschätzten Stromverbrauch von 53 TWh (191 PJ) und einem Landesverbrauch von 57,6 TWh (207 PJ) im Jahr 2050.

7593

­

Die durchschnittliche Jahresproduktion von Elektrizität aus neuen erneuerbaren Energien (ohne Wasserkraft) soll im Jahr 2050 nach Möglichkeit bei mindestens 24,2 TWh liegen.

­

Die durchschnittliche Jahresproduktion von Elektrizität aus Wasserkraft soll im Jahr 2050 bei mindestens 38, 6 TWh liegen. Bei Pumpspeicherkraftwerken ist nur die Produktion aufgrund natürlicher Zuflüsse in diesem Ziel enthalten.

Folgende Ziele strebt der Bundesrat mittelfristig bis ins Jahr 2035 an: ­

Der durchschnittliche Endenergieverbrauch pro Person und Jahr soll bis 2035 gegenüber dem Basisjahr 2000 um 43 Prozent sinken. Dies entspricht einem Endenergieverbrauch von rund 152 TWh (549 PJ) im Jahr 2035.

­

Der durchschnittliche Stromverbrauch pro Person und Jahr soll bis 2035 im Vergleich zum Basisjahr 2000 um 13 Prozent sinken. Dies entspricht einem geschätzten Stromverbrauch von 55 TWh (198 PJ) und einem Landesverbrauch von 59,9 TWh (216 PJ) im Jahr 2035.

­

Die durchschnittliche Jahresproduktion von Elektrizität aus neuen erneuerbaren Energien (ohne Wasserkraft) soll im Jahr 2035 nach Möglichkeit bei mindestens 14,5 TWh liegen.

­

Die durchschnittliche Jahresproduktion von Elektrizität aus Wasserkraft soll im Jahr 2035 bei mindestens 37,4 TWh liegen. Bei Pumpspeicherkraftwerken ist nur die Produktion aufgrund natürlicher Zuflüsse in diesem Ziel enthalten.

2.3.2

Stossrichtungen

Mit der Energiestrategie 2050 verfolgt der Bundesrat folgende Stossrichtungen: ­

Energie- und Stromverbrauch senken: Der Bundesrat will den sparsamen Umgang mit Energie im Allgemeinen und Strom im Speziellen mit verstärkten Effizienzmassnahmen fördern (vgl. Ziff. 4.2.1).

­

Anteil der erneuerbaren Energien erhöhen: Ausgebaut werden sollen vor allem die Wasserkraft sowie die neuen erneuerbaren Energien, deren Anteil am Strommix massiv zunehmen muss (vgl. Ziff. 4.2.6). Zur Deckung der Nachfrage braucht es voraussichtlich auch einen Ausbau der fossilen Stromproduktion mittels Wärmekraftkopplung sowie gegebenenfalls mittels Gaskombikraftwerken oder vermehrten Importen von Strom (vgl. Ziff. 4.2.7).

­

Energieversorgung: Wichtig ist der ungehinderte Zugang zu den internationalen Energiemärkten und über diese zu den Energieproduzenten, dies gilt insbesondere für den Bereich der Treibstoffe. Der Stromaustausch mit dem Ausland ist für eine sichere Stromversorgung und den temporären Ausgleich erforderlich. Für die künftigen inländischen Produktionsinfrastrukturen und den Stromaustausch ist ein rascher Ausbau der Stromübertragungsnetze und ein Umbau der Netze zu Smart Grids zwingend nötig (vgl. Ziff. 4.2.9). Das Schweizer Netz soll zudem optimal an das europäische Netz und das künftige europäische Supergrid angebunden sein.

7594

­

Um- und Ausbau der elektrischen Netze und Energiespeicherung: Mit dem Ausbau der neuen erneuerbaren Energien steigt aufgrund der fluktuierenden Einspeisung der Bedarf für einen Um- und Ausbau der elektrischen Netze (vgl. Ziff. 4.2.9) und der Bedarf an Energiespeichern (zur Bedeutung von Energiespeichern vgl. Ziff. 1.1).

­

Energieforschung verstärken: Zur Unterstützung des Umbaus des Energiesystems ist eine Stärkung der Energieforschung nötig. Dazu hat das Parlament im März 2013 bereits den Aktionsplan Koordinierte Energieforschung Schweiz verabschiedet.

­

Vorbildfunktion des Bundes, der Kantone, der Städte und der Gemeinden: Diese gehen beispielsweise bei den Baustandards für ihre eigenen Bauten mit gutem Beispiel voran. Sie sollen ihren Eigenbedarf an Strom und Wärme weitgehend durch erneuerbare Energieträger decken und den Grundsatz «Best-Practice» in allen Bereichen beachten. Die von EnergieSchweiz vergebenen Auszeichnungen Energiestadt sowie Energie-Region spielen hierbei ein wichtige Rolle.

­

Die internationale Zusammenarbeit im Energiebereich wird weiter intensiviert.

2.3.3

Erstes Massnahmenpaket in Kürze

Der Bundesrat hat das UVEK am 18. April 2012 mit der Ausarbeitung eines ersten Massnahmenpakets für die Energiestrategie 2050 beauftragt. Diese baut auf der heutigen Verfassungsgrundlage auf.

Neben dem vorgesehenen Atomausstieg umfasst die Vorlage zahlreiche Massnahmen. Im Detail sind diese Massnahmen in Ziffer 4.2 beschrieben. Im Energiegesetz (EnG) sollen Zielsetzungen für den Ausbau der Produktion aus erneuerbaren Energien sowie für den Verbrauch im Energiegesetz verankert werden. Diese dienen als Richtwerte und sind für Wirtschaft und Gesellschaft eine wichtige Orientierung.

Mit dem ersten Massnahmenpaket sollen folgende Ziele erreicht werden: ­

Der durchschnittliche Endenergieverbrauch pro Person und Jahr soll bis 2020 gegenüber dem Basisjahr 2000 um 16 Prozent sinken. Dies entspricht einem geschätzten Endenergieverbrauch von rund 213 TWh (767 PJ) im Jahr 2020.

­

Der durchschnittliche Stromverbrauch pro Person und Jahr soll bis 2020 im Vergleich zum Basisjahr 2000 um 3 Prozent sinken. Dies entspricht einem geschätzten Stromverbrauch von 59 TWh (211 PJ) und einem Landesverbrauch von 64,0 TWh (230 PJ) im Jahr 2020.

­

Die durchschnittliche Jahresproduktion von Elektrizität aus neuen erneuerbaren Energien (ohne Wasserkraft) soll im Jahr 2020 bei mindestens 4,4 TWh liegen.

­

Die durchschnittliche Jahresproduktion von Elektrizität aus Wasserkraft soll im Jahr 2035 bei mindestens 37,4 TWh liegen. Bei Pumpspeicherkraftwerken ist nur die Produktion aufgrund natürlicher Zuflüsse in diesem Ziel enthalten.

7595

Massnahmen im Bereich Energieeffizienz: ­

Energieeffizienz im Bereich Gebäude: Erhöhung der CO2-Abgabe mit gleichzeitiger Verstärkung des Gebäudesanierungsprogramms, um die Sanierungsrate anzuheben (Ziff. 4.2.1).

­

Energieeffizienz im Bereich Industrie und Dienstleistung: Einbindung von Unternehmen in Zielvereinbarungsprozesse/Anreizmodelle; Ausbau der wettbewerblichen Ausschreibungen (Ziff. 4.2.2).

­

Energieeffizienz im Bereich Mobilität: Verschärfung des CO2-Emissionszielwerts für Personenwagen; Einführung eines CO2-Zielwerts für Lieferwagen und leichte Sattelschlepper (Ziff. 4.2.3).

­

Energieeffizienz im Bereich Elektrogeräte: Ausweitung und periodische Verschärfung von Effizienzvorschriften (Ziff. 4.2.4).

­

Energieeffizienz im Bereich Stromlieferanten: Verpflichtung von Stromlieferanten zu Effizienzzielen mittels weissen Zertifikaten (Ziff. 4.2.5).

Massnahmen im Bereich erneuerbare Energien (Ziff. 4.2.6): ­

Erhöhung des 2,3 Rp./kWh.

maximalen

Gesamtkostendeckels

(Netzzuschlag)

auf

­

Explizite Verankerung des Rechts zum Eigenverbrauch von Strom.

­

Ausweitung der Garantien zur Absicherung der finanziellen Fündigkeitsrisiken bei der Tiefengeothermie.

­

Verankerung eines Konzepts für den Ausbau der erneuerbaren Energien als Grundlage für die verbindliche Festlegung von Nutzungsgebieten in den kantonalen Richt- und Nutzungsplänen.

­

Statuierung eines nationalen Interesses für die Nutzung und den Ausbau der erneuerbaren Energien im Bereich Raumplanung.

­

Beschleunigung der Bewilligungsverfahren.

Massnahmen zur Optimierung der Einspeisevergütung (Ziff. 4.2.6): ­

Umbau der bisherigen KEV zu einem Einspeisevergütungssystem mit Direktvermarktung.

­

Möglichkeit, Vergütungssätze auch über Auktionen zu bestimmen.

­

Einführung einer Untergrenze für die Förderung der Kleinwasserkraft bei 300 kW.

­

Förderung kleiner Photovoltaik-Anlagen neu über einmalige Investitionsbeiträge (Einmalbeiträge).

­

Förderung von erheblichen Erweiterungen oder Erneuerungen nur noch für gewisse Anlagentypen und neu nur noch über Investitionsbeiträge.

­

Verzicht auf die Aufnahme weiterer Kehrichtverbrennungs- und Abwasserreinigungsanlagen sowie Kombianlagen mit fossilen Brenn- oder Treibstoffen in das Einspeisevergütungssystem.

7596

Massnahmen im Bereich fossiler Kraftwerke (Ziff. 4.2.7): ­

Möglichkeit einer Teilbefreiung von der CO2-Abgabe auf die für die Stromproduktion eingesetzten Brennstoffe für Betreiber von Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen (WKK-Anlagen), sofern diese bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

­

Eigenverbrauchsregelung auch für WKK-Anlagen.

­

Pflicht der Netzbetreiber, Elektrizität aus kleinen WKK-Anlagen abzunehmen und angemessen zu vergüten.

­

Verbesserung der Investitionsbedingungen für fossil-thermische Gaskombikraftwerke (GuD).

Massnahmen im Bereich der Stromnetze (Ziff. 4.2.9): ­

Beschleunigung der Verfahren mittels Einführung von Ordnungsfristen für Sachplan- und Plangenehmigungsverfahren sowie mittels Verkürzung des Rechtsmittelverfahrens.

­

Schaffung von Rechtsgrundlagen für die Einführung von intelligenten Messgeräten (Smart Meters).

Diese wesentlichsten gesetzlichen Massnahmen werden mit zahlreichen weiteren Massnahmen unterstützt, unter anderem mit Pilot-, Demonstrations- und Leuchtturmprogrammen (Ziff. 4.2.10), mit der Wahrnehmung einer Vorbildfunktion durch den Bund (Ziff. 4.2.11) sowie mit dem Programm EnergieSchweiz (Ziff. 4.2.12).

Die Entwicklung von Energiespeichern wird sowohl durch verstärkte Forschung gefördert als auch durch die Anreizwirkung der Vergütung von steuerbarer Produktion (Ziff. 4.2.6). Zudem wird zurzeit geprüft, wie der Strommarkt beeinflusst werden kann, sodass die Kapazität und die Flexibilität von Stromspeichern ihrem Wert entsprechend vergütet wird.

Mit dem gesamten Massnahmenpaket werden die Potenziale ausgeschöpft, welche die Schweiz bereits heute mit den vorhandenen oder absehbaren Technologien realisieren kann und für die keine zusätzliche international koordinierte Energiepolitik und Zusammenarbeit notwendig ist. Das nachhaltig nutzbare Potenzial erneuerbarer Energien wird damit weitgehend erschlossen.

Grafik 3 zeigt den Beitrag des ersten Massnahmenpakets an die langfristigen Zielsetzungen für das Jahr 2050.

7597

Grafik 3 Endenergie- und Elektrizitätsverbrauch 1950­2050 der Szenarien Weiter wie bisher (WWB); Politische Massnahmen Bundesrat (POM) und Neue Energiepolitik (NEP) in PJ (3,6 PJ = 1 TWh). Die blauen Flächen sind die Einsparungen, welche mit dem Massnahmenpaket Bundesrat im Vergleich zum Szenario Weiter wie bisher realisiert werden können 900

800

700

600 EEV WWB 500 in PJ

EEV POM EEV NEP EL WWB

400

EL POM EL NEP 300

200

100

0 1950

1970

1990

2010

2030

2050

Quelle: Prognos, 2012

Im Vergleich zum Szenario Weiter wie bisher ergeben sich aus den Politischen Massnahmen Bundesrat im Jahr 2050 Einsparungen des Elektrizitätsverbrauches von 8,8 TWh (siehe Grafik 4). Es verbleibt ein Stromdeckungsbedarf von rund 33 TWh, der durch erneuerbare Energien und, soweit nötig, durch fossil-thermische Stromproduktion und Importe gedeckt werden muss.

7598

Grafik 4 Landesverbrauch inklusive bestehende Speicherpumpen 2000­2050 in TWh und Deckungsbedarf mit dem Szenario Politische Massnahmen Bundesrat (POM) TWh 110 Landesverbrauch incl. bestehende Speicherpumpen, Netzverluste, Lief erverpf lichtungen Entwicklung gem.

"Massnahmen Bundesrat" 68.5 TWhel

100

Landesverbrauch incl. bestehende Speicherpumpen Netzverluste, Lief erverpf lichtungen Entwicklung "Weiter wie bisher" 77.4 TWhel Landesverbrauch incl. bestehende Speicherpumpen, Netzverluste, Lief erverpf lichtungen Etwicklung "Neue Energiepolitik" (langf ristiges Ziel Bundesrat) 60.1 TWhel

90 80

Einsparungen durch Massnahmen Bundesrat: 8.8 TWhel

70 60

Deckungsbedarf Nachf rageentwicklung "Massnahmen Bundesrat" 2050: 32.9 TWhel

50 40 30

(c) Prognos 2012

20 10

bestehende Wasserkraftwerke

bestehende Kernkraftwerke

bestehende fossile KW

bestehende Bezugsrechte

bestehende Erneuerbare*

Bruttonachfrage (inkl. Bestand Speicherpumpen)

0 2000

2005

*) gekoppelt und ungekoppelt

2010

2015

2020

2025

2030

2035

2040

2045

2050

Hydrologisches Jahr

Die energiebedingten CO2-Emissionen nach dem CO2-Gesetz vom 23. Dezember 2011 (SR 641.71) reduzieren sich im Szenario Politische Massnahmen Bundesrat bis 2050 um 21,9 Millionen Tonnen gegenüber dem Basisjahr 2010. Dies bei einer Stromproduktion, die primär auf erneuerbare Energien setzt und fossil-thermische Anlagen zur Ergänzung verwendet (Stromangebotsvariante C&E der Energieperspektiven 2050). Die fossile Stromproduktion mit Gaskombikraftwerken und Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen verursacht im Jahr 2050 rund 2,8 Millionen Tonnen CO2.

2.3.4

Weitere Etappen der Energiestrategie 2050: Übergang Förderung-Lenkung

Die Energiestrategie 2050 sieht vor, dass die Energiepolitik mittelfristig gemeinsam mit der Weiterentwicklung der Klimapolitik strategisch neu ausgerichtet wird. Dabei soll in einer zweiten Etappe der Energiestrategie 2050 das bestehende Fördersystem (heute Netzzuschlag für die Förderung der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien und Teilzweckbindung der CO2-Abgabe für das Gebäudesanierungsprogramm) durch ein Lenkungssystem abgelöst werden.

Die klima- und energiepolitischen Ziele werden für die Meilensteinjahre (z. B. 2030, 2040, 2050) jeweils frühzeitig durch den Bundesrat festgelegt. Derzeit sind die Klimaziele bis 2020 im CO2-Gesetz definiert. Die weitere Entwicklung hängt von den Fortschritten hin zu einer verbindlichen internationalen Klimakonvention ab.

Dies geschieht nicht im Alleingang, sondern unter Berücksichtigung internationaler Zielsetzungen und der neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse. Dabei wird geprüft, 7599

ob die Ziele für die Schweiz auf die verschiedenen Sektoren und Energieträger heruntergebrochen werden sollen, damit den bestehenden Unterschieden Rechnung getragen werden kann. Die staatliche Förderung der Produktion aus erneuerbaren Energien sowie der Gebäudesanierung ist nicht unbegrenzt sinnvoll. Deshalb wird die Förderung schrittweise reduziert und durch ein über den Preis lenkendes System abgelöst.

Die mögliche Ausgestaltung der zweiten Etappe und des Übergangs wird mit den Arbeiten des EFD (vgl. Ziff. 2.4) koordiniert.

Übergang von der Förderung zur Lenkung Die heutige CO2-Abgabe und der Netzzuschlag zur Finanzierung der Vergütungen im Einspeisevergütungssystem sollen ab dem 1. Januar 2021 zu einer Energieabgabe zusammengeführt werden. Ein Teil der Einnahmen aus der Energieabgabe kann in der Übergangsphase weiterhin zur Finanzierung der bestehenden Förderinstrumente (insbesondere Einspeisevergütung und Gebäudeprogramm) dienen. Der Rest wird pauschal verteilt. Je nach Zielerreichung sollen die bestehende Förderung schrittweise abgebaut und die Energieabgabe in der zweiten Etappe der Energiestrategie 2050 als reines Lenkungsinstrument ohne Zweckbindung für Fördermassnahmen verwendet werden. In der Übergangsphase sollen die Planbarkeit und die Investitionssicherheit zu jeder Zeit und im höchstmöglichen Masse gewährleistet sein.

Energieabgabe: Erhebung und Verteilung Die erwähnte Energieabgabe kann sowohl Strom als auch Brenn- und Treibstoffe erfassen. Der Abgabesatz bei den Brenn- und Treibstoffen kann sich aus zwei Teilen zusammensetzen: einem energiegehaltsbasierten Teil (in Franken pro Energieeinheit) und einem CO2-basierten Teil (in Franken pro Tonne CO2). Beim Strom kann sich der Abgabesatz nach dem Verbrauch (in Franken pro Energieeinheit, z. B. pro Kilowattstunde) bemessen lassen. Belastet wird voraussichtlich die an die Endverbraucherinnen und Endverbraucher gelieferte Strommenge, bei den Brenn- und Treibstoffen die in den steuerrechtlich freien Verkehr überführte Menge. Angesichts vollzugstechnischer Schwierigkeiten bei der Erfassung der erneuerbaren Brennstoffe zur Wärmegewinnung (Biomasse, inkl. Holz) ist zu prüfen, ob die Energieabgabe alternativ nur den aus erneuerbaren Brennstoffen gewonnenen Strom erfassen soll.

Die Höhe der Abgabe soll sich an der Erreichung der klima-
und energiepolitischen Ziele orientieren.

Die Einnahmen der Abgabe werden an Wirtschaft und Bevölkerung verteilt. Durch die haushaltsneutrale Ausgestaltung sollen die klima- und energiepolitischen Ziele ohne zusätzliche steuerliche Belastung erreicht werden.

Für energieintensive Unternehmen, die aufgrund der Belastung durch die Energieabgabe in ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit erheblich beeinträchtigt würden, werden Ausnahmeregelungen in Anlehnung an die bestehenden Systeme geprüft.

Für die Weiterentwicklung der CO2-Abgabe und des Netzzuschlages zu einer Energieabgabe wird, je nach deren konkreter Ausgestaltung und Verwendung, wahrscheinlich eine neue Verfassungsgrundlage nötig sein.

7600

CO2- und Energieabgaben im Ausland Seit den 1990er-Jahren haben bereits einige europäische Länder Energie- und CO2-Steuern eingeführt (Bsp. Dänemark, Deutschland, Finnland, Niederlande, Norwegen, Schweden, Grossbritannien). Die untersuchten Steueransätze betragen 3­115 Euro pro Tonne CO2 und 0.02­0.12 Euro pro kWh Strom. Die bis heute gemachten Erfahrungen sind allgemein positiv. In den letzten Jahren wurden umwelt- und energiemotivierte Abgaben zudem in Irland, Australien und British Columbia (Kanada) eingeführt. Auch sind CO2- und Energieabgaben in mehreren Ländern in Planung (bspw. Tschechische Republik, Frankreich, Italien, Japan, USA). Diese internationalen Erfahrungen sind informativ, können aber nicht direkt auf die Schweiz übertragen werden.

Monitoring Mit einem regelmässigen Monitoring wird die Zielerreichung untersucht und die Effizienz, Effektivität und das Zusammenspiel der energiepolitischen Instrumente evaluiert (vgl. Ziff. 4.4).

2.3.5

Verhältnis zur Strategie Stromnetze

Die Stromnetze sind als Bindeglied zwischen Produktion und Verbrauch ein Schlüsselelement bei der Umsetzung der Energiestrategie 2050 (vgl. Ziff. 4.2.9). Mit der Strategie Stromnetze werden derzeit die Voraussetzungen für den erforderlichen Netzumbau und -ausbau geschaffen. Zu diesem Zweck sollen verbindliche Vorgaben für die Netzentwicklung rechtlich verankert und energiewirtschaftliche Eckdaten (Szenariorahmen) bei der Netzplanung berücksichtigt werden. Die Strategie Stromnetze wird in einer separaten Vorlage behandelt, da die Komplexität des Themas zusätzliche Vorbereitungsarbeiten erfordert. Vereinzelte Massnahmen zur Verfahrensoptimierung werden bereits mit dem vorliegenden ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 vorgelegt. Die übrigen gesetzlichen Grundlagen werden nachgelagert erarbeitet.

2.4

Verhältnis zu den Arbeiten des EFD

Der Bundesrat hat entschieden, eine stärkere steuerliche Belastung von Energieverbrauch und Umweltverschmutzung zu prüfen. Dies unter der Vorgabe der Haushaltsneutralität: Der Ertrag einer Energieabgabe würde pauschal an die Haushalte und die Unternehmen zurückverteilt und/oder durch Steuer- und Abgabensenkungen kompensiert. Allfällige negative Wirkungen der Energieabgabe hinsichtlich Umverteilung und BIP-Wachstum sollen möglichst ausgeglichen werden. Haushalte und Unternehmen werden insgesamt nicht stärker belastet. Die Arbeiten werden federführend vom Finanzdepartement (EFD) vorgenommen. Vom Grundlagenbericht hat der Bundesrat Kenntnis genommen; dieser wird den interessierten Kreisen durch das EFD zur Konsultation vorgelegt. Im ersten Quartal 2014 wird das EFD den Bundesrat über das Ergebnis der Konsultation unterrichten.

7601

2.5

Verhältnis zu anderen Politikbereichen

2.5.1

Klimapolitik

Das Parlament hat am 23. Dezember 2011 die gesetzliche Grundlage für die Klimapolitik der Schweiz von 2013­202032 verabschiedet.

Das revidierte CO2-Gesetz hält fest, dass die Treibhausgasemissionen im Inland bis 2020 um mindestens 20 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 vermindert werden müssen. Bei der Festlegung der Massnahmen setzt das Parlament auf Kontinuität. Die Erreichung der klimapolitischen Ziele bis 2020 wird mit folgenden Massnahmen angestrebt: ­

Weiterführung der CO2-Lenkungsabgabe auf fossile Brennstoffen inklusive Abgabebefreiung für gewisse Unternehmen, die sich gegenüber dem Bund zur Verminderung ihrer Treibhausgasemissionen verpflichten.

­

Weiterführung und Erweiterung des bestehenden Emissionshandelssystems (EHS) mit Blick auf die angestrebte Verknüpfung mit dem Emissionshandelssystem der Europäischen Union (EU-EHS).

­

Weiterführung und Verstärkung des Gebäudeprogramms zur Förderung der energetischen Sanierung von Gebäuden; finanziert aus einem Drittel der Einnahmen aus der CO2-Abgabe ­ jedoch maximal 300 Millionen Franken pro Jahr.

­

Kompensationspflicht für Importeure fossiler Treibstoffe im Umfang von 5­40 Prozent der verkehrsbedingten CO2-Emissionen für Importeure fossiler Treibstoffe.

­

CO2-Emissionsvorschriften für Importeure neu zugelassener Personenwagen in der Höhe von 130 Gramm CO2 pro Kilometer im Jahr 2015 inklusive zukünftiger Verschärfung.

­

Weiterführung der Pflicht zur vollständigen CO2-Kompensations für Betreiber fossil-thermischer Kraftwerke (50 % im Inland; 50 % im Ausland)

­

Verstärkte Anstrengungen in Information, Aus- und Weiterbildung.

­

Einführung eines Technologiefonds zur Verbürgung von Darlehen an innovative Unternehmen, die Treibhausgase oder Ressourcenverbrauch reduzieren oder den Einsatz erneuerbarer Energien begünstigen, verbürgt; finanziert über maximal 25 Millionen Franken pro Jahr aus den Einnahmen der CO2-Abgabe.

Nach Artikel 3 CO2-Gesetz unterbreitet der Bundesrat der Bundesversammlung rechtzeitig Vorschläge zu Reduktionszielen für die Zeit nach 2020. Langfristig will die Schweiz einen angemessenen Beitrag zur Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf maximal 2 Grad Celsius leisten (Art. 1 des CO2-Gesetzes) und entsprechend die pro Kopf emittierten Treibhausgase auf 1­1,5 Tonnen reduzieren.

Da der weitaus grösste Teil der Treibhausgasemissionen im Inland durch die Nutzung fossiler Energieträger verursacht wird, überschneiden sich die Energie- und Klimapolitik stark. Dabei überwiegen die Zielsynergien. Die mit der Energiestrate-

32

CO2-Gesetz vom 23. Dezember 2011, SR 641.71

7602

gie 2050 vorgeschlagenen Massnahmen reduzieren den Verbrauch fossiler Energieträger und unterstützen dadurch die Klimapolitik in bedeutendem Masse.

2.5.2

Umweltpolitik

Seit 1. Januar 2011 ist das geänderte Gewässerschutzgesetz33 in Kraft. Dieses sieht unter anderem bauliche Massnahmen (z. B. Ausgleichsbecken) vor, welche die Stromproduktion im Vergleich zu betrieblichen Massnahmen nicht beeinträchtigen.

Zudem müssen Beeinträchtigungen des Geschiebehaushalts behoben werden. Die Kosten dieser Massnahmen, ebenso wie jene zur Wiederherstellung der Fischgängigkeit nach Bundesgesetz vom 21. Juni 199134 über die Fischerei (BGF), werden durch einen Zuschlag von maximal 0,1 Rappen pro Kilowattstunde auf die Übertragungskosten der Höchstspannungsnetze finanziert. Das geänderte Gewässerschutzgesetz sieht weiter zusätzliche Ausnahmen bei den Restwassermengen vor, die eine Mehrproduktion von rund 200 Gigawattstunden pro Jahr erlauben.

2.5.3

Raumplanung sowie Natur- und Heimatschutz

Sowohl die Raumplanung wie auch der Natur- und Heimatschutz sind Anliegen von Verfassungsrang (Art. 75 und 78 BV).

Ziele der Raumplanung sind unter anderem die zweckmässige und haushälterische Nutzung des Bodens und die geordnete Besiedelung des Landes.

Mit dem Natur- und Heimatschutz wird unter anderem bezweckt, das heimatliche Landschafts- und Ortsbild, die geschichtlichen Stätten sowie die Natur- und Kulturdenkmäler zu schonen, zu schützen sowie ihre Erhaltung und Pflege zu fördern.

Sowohl die Raumplanung wie auch der Natur- und Heimatschutz sind Aufgaben der Kantone.

Die Energieinfrastrukturanlagen, also namentlich die Stromerzeugungsanlagen, Pumpspeicherkraftwerke und die Stromleitungen, sind sehr raumrelevant. Sie bergen potenziell einen Konflikt mit anderen räumlichen Nutzungen, mit dem Bedürfnis an unverbautem Boden und mit dem Natur-, Heimat- und Landschaftsschutz. Bei einem starken Ausbau der erneuerbaren Energien müssen die räumlichen Auswirkungen deshalb frühzeitig vertieft analysiert und mit anderen raumwirksamen Aufgaben koordiniert werden. Hierzu wird im EnG ­ ergänzend zu den bestehenden Instrumenten des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 1979 (RPG, SR 700) ­ eine Planung vorgeschlagen.

Im Bereich des Natur- und Heimatschutzes kann der Konflikt mit Energienutzungsanlagen besonders stark sein und ein Ausgleich entsprechend schwierig. Auch eine neue Energiepolitik muss zum Ziel haben, Schutzgebiete möglichst zu schonen. Es sollen vor allem Anlagen realisiert werden, die mit möglichst wenigen Eingriffen einen grösstmöglichen Nutzen für die Stromproduktion bringen. Mit der Notwendigkeit eines starken Ausbaus der erneuerbaren Energien wird es aber unvermeidbar sein, dass es im Bereich des Natur- und Heimatschutzes gewisse Abstriche geben 33 34

SR 814.20 SR 923

7603

wird. In diesem Sinne soll es mit dem neuen EnG zu einer Akzentverschiebung zugunsten der erneuerbaren Energien kommen. Zu beachten ist aber auch, und das ist wichtig, dass keine Lockerung namentlich des Umweltschutz- und Gewässerschutzrechts vorgeschlagen wird. Beim Entscheid im Einzelfall wird stets ein sinnvoller Ausgleich der betroffenen Anliegen anzustreben sein.

2.5.4

Weitere Politikbereiche

Forschung Im Rahmen der Energiestrategie 2050 wurden vom Parlament zusätzliche 202 Millionen Franken für den Kapazitätsaufbau bei der Schweizer Energieforschung gesprochen (Periode 20132016). Im Wesentlichen werden diese Finanzmittel für den Aufbau von Kompetenzzentren eingesetzt, die entweder der Reduktion von Treibhausgasen (Energieeffizienz in Gebäuden, Industrie, Mobilität), der Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Biomasse, Geothermie, Wasserkraft) oder der Integration erneuerbarer Energie ins elektrische Netz (Netze, Speicherung) dienen. Neben dem Politikbereich Umwelt profitieren von diesem Kapazitätsaufbau vor allem die Politikbereiche Nachhaltige Raumentwicklung und Mobilität, Nachhaltiger Verkehr und Landwirtschaft.

Wettbewerb Die Energiestrategie 2050 soll die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft möglichst nicht beeinträchtigen. Die Innovationsfähigkeit im Cleantechbereich wird verstärkt gefördert und erlaubt somit eine optimal Positionierung in diesem globalen Wachstumsmarkt. Stromintensive Unternehmen erhalten bei Abschluss einer Zielvereinbarung den Zuschlag auf dem Netznutzungsentgelt des Übertragungsnetzes teilweise oder vollständig zurückerstattet (vgl. Ziff. 4.2.2) damit sie keinen Wettbewerbsnachteil erleiden.

Verkehr Der Anteil des Verkehrs am Endeenergieverbrauch der Schweiz beträgt mehr als einen Drittel. Deshalb sind Massnahmen im Mobilitätsbereich (z. B. CO2-Emissionsvorschriften für Fahrzeuge) von zentraler Bedeutung. Das dichte und attraktive Bahn- und Strassennetz der Schweiz stösst aufgrund der starken Nachfrage sowohl bezüglich der Kapazitäten als auch der Finanzierung an Grenzen. Um auch in Zukunft ein Angebot von hoher Qualität zu gewährleisten, sind weitere Investitionen ins Verkehrsnetz nötig. Die Folgen des Infrastrukturausbaus sind nicht zwingend kompatibel mit den Zielen der Energiestrategie. Zudem sind sowohl Bau, Betrieb und Unterhalt als auch die Nutzung der Verkehrsinfrastruktur energierelevant.

Deshalb besteht hier ein grosser Abstimmungs-, Koordinations- und Optimierungsbedarf.

7604

3

Eidgenössische Volksinitiative «Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomausstiegsinitiative)»

Die Volksinitiative «Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomausstiegsinitiative)» wurde im November 2012 eingereicht.

Mit dem Ziel des Ausstiegs aus der Kernenergie liegt sie, wenngleich mit zentralen Unterschieden, in der Stossrichtung der vom Bundesrat vorliegend vorgeschlagenen Energiestrategie 2050. Der Bundesrat unterstützt ­ mit Ausnahme der fixen Laufzeitbeschränkung für bestehende Kernkraftwerke ­ im Grundsatz die Ziele der Initiative, hält es aber für unerlässlich, den Ausstieg in eine energiepolitische Strategie mit entsprechenden Massnahmen einzubetten. Die mit dieser Botschaft unterbreitete Energiestrategie 2050 wird deshalb als indirekter Gegenvorschlag der Atomausstiegsinitiative gegenübergestellt.

3.1

Formelle Aspekte und Gültigkeit der Initiative

3.1.1

Wortlaut der Initiative

Die Volksinitiative «Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomausstiegsinitiative)» hat den folgenden Wortlaut: I Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert: Art. 90

Kernenergie

Der Betrieb von Kernkraftwerken zur Erzeugung von Strom oder Wärme ist verboten.

1

Die Ausführungsgesetzgebung orientiert sich an Artikel 89 Absätze 2 und 3; sie legt den Schwerpunkt auf Energiesparmassnahmen, effiziente Nutzung von Energie und Erzeugung erneuerbarer Energien.

2

II Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung werden wie folgt ergänzt: Art. 197 Ziff. 9 9. Übergangsbestimmung zu Art. 90 (Kernenergie) Die bestehenden Kernkraftwerke sind wie folgt endgültig ausser Betrieb zu nehmen:

1

a.

Beznau I: ein Jahr nach Annahme von Artikel 90 durch Volk und Stände;

b.

Mühleberg, Beznau II, Gösgen und Leibstadt: fünfundvierzig Jahre nach deren Inbetriebnahme.

7605

Die vorzeitige Ausserbetriebnahme zur Wahrung der nuklearen Sicherheit bleibt vorbehalten.

2

3.1.2

Zustandekommen und Behandlungsfristen

Die Volksinitiative «Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomausstiegsinitiative)» wurde am 3. Mai 2011 von der Bundeskanzlei vorgeprüft35 und am 16. November 2012 mit den nötigen Unterschriften eingereicht.

Mit Verfügung vom 15. Januar 2013 stellte die Bundeskanzlei fest, dass die Initiative mit 107 533 gültigen Unterschriften zustande gekommen ist.36 Die Initiative hat die Form des ausgearbeiteten Entwurfs. Der Bundesrat unterbreitet dazu einen indirekten Gegenvorschlag. Nach Artikel 97 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 (ParlG; SR 171.10) hat der Bundesrat somit spätestens bis zum 16. Mai 2014 die Beschlussentwürfe und eine Botschaft zu unterbreiten. Die Bundesversammlung hat nach Artikel 100 ParlG bis zum 16. Mai 2015 über die Abstimmungsempfehlung zu beschliessen.

3.1.3

Gültigkeit

Die Initiative erfüllt die Anforderungen an die Gültigkeit nach Artikel 139 Absatz 3 BV: a.

Sie ist als vollständig ausgearbeiteter Entwurf formuliert und erfüllt somit die Anforderungen an die Einheit der Form.

b.

Zwischen den einzelnen Teilen der Initiative besteht ein sachlicher Zusammenhang. Die Initiative erfüllt somit die Anforderungen an die Einheit der Materie.

c.

Die Initiative verletzt keine zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts.

Sie erfüllt somit die Anforderungen an die Vereinbarkeit mit dem Völkerrecht.

3.2

Ziele und Inhalt der Initiative

Die Atomausstiegsinitiative will den Betrieb von Kernkraftwerken in der Schweiz verbieten und die Energiewende beschleunigen. Sie fordert ein Verbot neuer Kernkraftwerke, maximale Laufzeiten für die bestehenden Kernkraftwerke und eine Energiewende basierend auf weniger Verbrauch, mehr Effizienz und erneuerbaren Energien.

Die Initiantinnen und Initianten verlangen ein verbindliches Atomausstiegsdatum.

Die bestehenden Schweizer Kernkraftwerke sollen nach einer maximalen Laufzeit von 45 Jahren abgestellt werden. Wenn es Sicherheitsgründe nötig machen, soll die Abschaltung bereits früher erfolgen. Durch die Festlegung einer maximalen Laufzeit 35 36

BBl 2011 3981 BBl 2013 615

7606

für Kernkraftwerke werde ein verbindliches Atomausstiegsdatum gesetzt. Dieses schaffe Planungssicherheit für Investitionen in erneuerbare Energien und Effizienzmassnahmen. Weiter ermögliche es den Kernkraftwerkbetreibern, die Stilllegung und den Rückbau ihrer Anlagen geordnet an die Hand zu nehmen und die dafür nötige Finanzierung bereitzustellen. Der Atomstrom soll dank Einsparungen, Effizienzsteigerungen und der Förderung erneuerbarer Energien ersetzt werden.

Die Initiative sieht als endgültigen Ausstiegszeitpunkt das Jahr 2029 vor, wenn das jüngste und damit letzte Schweizer Kernkraftwerk abgeschaltet werden soll. Die Initiantinnen und Initianten sind der Ansicht, bis zu diesem Zeitpunkt liessen sich die fünf Kernkraftwerke der Schweiz problemlos ersetzen.

3.3

Würdigung der Initiative

3.3.1

Würdigung der Anliegen der Initiative

Mit Ausnahme der fixen Laufzeitbeschränkung von 45 Jahren für die bestehenden Kernkraftwerke verfolgt die Initiative die gleiche Stossrichtung wie die Energiestrategie 2050 des Bundesrats. Die Forderung nach einer Festlegung von maximalen Laufzeiten für die bestehenden Kernkraftwerke begründen die Initiantinnen und Initianten damit, dass solche Laufzeiten notwendig seien, um ein verbindliches Atomausstiegsdatum zu setzen. Bundesrat und Parlament hätten erst einen Grundsatzentscheid gefällt, das Ausstiegsdatum sei aber noch unklar. Zu den Folgen der fixen Laufzeitbeschränkung insbesondere hinsichtlich möglicher Entschädigungsforderungen siehe Ziffer 3.3.2 am Ende.

3.3.2

Auswirkungen der Initiative bei einer Annahme

Heute beträgt der Anteil der Kernkraftwerke an der inländischen Stromproduktion rund 40 Prozent.

Die Kernkraftwerke Beznau I und Beznau II gingen in den Jahren 1969 beziehungsweise 1972 in Betrieb, das Kernkraftwerk Mühleberg 1972. Beim Kernkraftwerk Gösgen erfolgte die Inbetriebnahme im Jahr 1979, beim Kernkraftwerk Leibstadt 1984. Das am längsten in Betrieb stehende Schweizer Kernkraftwerk Beznau I soll ein Jahr nach Annahme der Initiative ausser Betrieb genommen werden, die weiteren Kernkraftwerke 45 Jahre nach jeweiliger Inbetriebnahme. Daraus folgt, dass das letzte Schweizer Kernkraftwerk im Jahr 2029 vom Netz genommen werden soll.

Um die Auswirkungen einer Annahme der Initiative abzuschätzen, wurden die Annahmen und Modellresultate der Energieperspektiven 2050 (Schlussversion vom September 2012 und Zwischenresultate vom Mai 2011) herangezogen. Für die Beurteilung der Folgen der Initiative wurden keine separaten Berechnungen vorgenommen.

Für die Energieperspektiven 205037 wurde ­ als rein rechnerische Grösse ­ eine Laufzeit der Kernkraftwerke von 50 Jahren vorgegeben und berücksichtigt, dass die 37

Die Energieperspektiven für die Schweiz bis 2050, prognos AG; September 2012 Abrufbar im Internet unter: www.bfe.admin.ch, Rubrik Energiestrategie 2050.

7607

bestehenden Kernkraftwerke nicht durch neue ersetzt werden sollen. Wie viele Jahre die bestehenden Kernkraftwerke nach geltendem Recht noch Strom produzieren, ist offen, da die Stilllegung am Ende der jeweiligen sicherheitstechnisch begründeten Betriebsdauer erfolgt. Diese kann kürzer oder länger als 50 Jahre sein.

Für eine erste Abschätzung der Auswirkungen sind im Mai 2011 die Stromangebotsvarianten mit einer angenommenen Laufzeit der Kernkraftwerke von 40 Jahren (vorzeitiger Ausstieg) und einer Nachfrageentwicklung gemäss Szenario «Neue Energiepolitik» mit der Stromangebotsvariante Kernkraftwerke (KKW) mit einer Laufzeit von 50 Jahren verglichen worden38. In der Variante vorzeitiger Ausstieg wird für die Übergangsjahre ein höherer Bedarf an Importen ausgewiesen. Alternativ ­ bei einer Kombination von Fossil-zentral mit Erneuerbar ­ resultiert für diesen Zeitraum ein höherer Zubau an Produktion als bei einer Betriebsdauer von 50 Jahren. Dank massivem Zubau bei der erneuerbaren Stromproduktion gelingt es bis ins Jahr 2050, die Nachfrage zu decken.

Ebenfalls im Mai 2011 durchgeführte grobe Abschätzungen der volkswirtschaftlichen Auswirkungen39 haben für eine Laufzeitverkürzung auf 40 Jahre durchschnittliche Mehrkosten von 2012­2050 von rund 0,8 Milliarden Franken pro Jahr (Annuität, zu Preisen von 2009) ergeben. Die Kosten der Massnahmen zur Senkung des Stromverbrauchs sind darin nicht enthalten. Diese Mehrkosten werden grösstenteils von den Haushalten getragen.

Die Annahme der Initiative hätte sodann eine schematische Ausserbetriebnahme der Kernkraftwerke zur Folge, die möglicherweise vor Ende der sicherheitstechnischen Betriebsdauer des betreffenden Werkes erfolgen würde. Eine solche schematische Laufzeitverkürzung wäre schwerlich mit Sicherheitsargumenten begründbar und würde einen Eingriff in die Eigentumsgarantie der Eigentümer von Kernkraftwerken darstellen. Daraus können die Betreiber eventuelle Entschädigungsforderungen ableiten. Demzufolge besteht bei Annahme der Initiative das Risiko, dass der Bund den Betreibern eine Entschädigung leisten müsste, und zwar zumindest für nicht amortisierbare Investitionen, welche die Betreiber im Vertrauen auf die heutige gesetzliche Regelung getätigt haben.

3.3.3

Vorzüge und Mängel der Initiative

Der Bundesrat teilt mit den Initiantinnen und Initianten der Atomausstiegsinitiative das Ziel des Ausstiegs aus der Kernenergie. Um in der Schweiz auch in Zukunft über eine sichere und wettbewerbsfähige Energieversorgung zu verfügen, hält es der Bundesrat aber für unerlässlich, dem Beschluss zum Ausstieg auch eine energiepolitische Strategie mit entsprechenden Massnahmen gegenüberzustellen. Dies erfolgt mit der Energiestrategie 2050.

Der Bundesrat ist der Ansicht, dass für die bestehenden Kernkraftwerke keine maximalen Laufzeiten gesetzt werden sollen, sondern die Stilllegung am Ende der 38

39

Grundlagen für die Energiestrategie des Bundesrates; Frühjahr 2011, BFE; Zwischenbericht I: Energieszenarien für die Schweiz bis 2050, prognos AG; Zwischenbericht II: Energieszenarien für die Schweiz bis 2050, prognos AG; www.bfe.admin.ch > Themen > Energiepolitik > Energiestrategie 2050.

Volkswirtschaftliche Auswirkungen bis 2050 bei «Verzicht auf Ersatz-KKW» und «KKW-Laufzeitverkürzung», Mai 2011.

7608

jeweiligen sicherheitstechnischen Betriebsdauer zu erfolgen hat. Die Sicherheit der Kernkraftwerke definiert sich nicht über eine von vornherein festgelegte Betriebsdauer. Gemäss der heutigen Kernenergiegesetzgebung darf ein Kernkraftwerk so lange betrieben werden, als seine Sicherheit gewährleistet ist. Für eine vorzeitige Stilllegung der bestehenden Kernkraftwerke besteht kein Anlass. Die bisherige Stromversorgungssicherheit, die sich durch hohe Qualität, gute Verfügbarkeit, eine weitgehend CO2-freie Produktion und wettbewerbsfähige Preise auszeichnet, soll auch in Zukunft garantiert sein. Mit dem schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie steht die erforderliche Zeit für die Umsetzung einer neuen Energiepolitik und den Umbau des Energiesystems zur Verfügung.

Falls es nicht gelingt, mit Stromeffizienzmassnahmen die Nachfrage stärker zu senken und/oder die Produktion aus erneuerbaren Energien sehr schnell zu erhöhen, dürften Übergangstechnologien und/oder Importe benötigt werden, um die Versorgung sicherzustellen. Auch wäre mit Zusatzkosten für einen sehr schnellen Zubau der Produktion aus erneuerbaren Quellen zu rechnen. Dabei gilt es zu bedenken, dass für einen Umbau des Energiesystems neben den neuen Produktionskapazitäten auch Anpassungen am Stromnetz und zusätzliche Stromspeicher notwendig sind.

Viele Massnahmen für einen Umbau des Stromsystems sind mit einem flexibleren Ausstiegsfahrplan wirtschaftlicher und einfacher umsetzbar, da sie beispielsweise im Rahmen von ordentlichen Ersatzmassnahmen erfolgen können. Mit dem Fahrplan der Energiestrategie 2050 würde mehr Zeit für die Umsetzung der Massnahmen zur Verfügung stehen als mit der initiierten Regelung.

3.4

Schlussfolgerungen

Aus den dargelegten Gründen beantragt der Bundesrat die Ablehnung der eidgenössischen Volksinitiative «Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomausstiegsinitiative)» und legt die Energiestrategie 2050 als indirekten Gegenvorschlag vor.

4

Beantragte Neuregelung: Erstes Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050

4.1

Zielsetzungen

Die Zielsetzungen, des Bundesrat mit der Energiestrategie 2050 insgesamt bis ins Jahr 2050, sind unter Ziffer 2.3.1 beschrieben. Die Zielsetzungen, die der Bundesrat mit dem vorliegenden ersten Massnahmenpaket erreichen will, in Ziffer 2.3.3.

7609

4.2

Massnahmen

4.2.1

Energieeffizienz im Bereich Gebäude

Im schweizerischen Gebäudebereich mit seinen 1,64 Millionen Wohngebäuden liegen grosse Potenziale für die Steigerung der Energieeffizienz und für die Nutzung erneuerbarer Energien brach.

Nach Artikel 89 Absatz 4 der Bundesverfassung sind für Massnahmen, die den Verbrauch von Energie in Gebäuden betreffen, vor allem die Kantone zuständig.

Der Bund ist koordinierend tätig und unterstützt die Harmonisierung der kantonalen Massnahmen (z. B. Weiterentwicklung von Normen und Standards, Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich [MuKEn], harmonisiertes Fördermodell oder Gebäudeenergieausweis der Kantone GEAK). Der Bund finanziert zudem Projekte (z. B. MINERGIE40 und energo41) und fördert in Zusammenarbeit mit den Kantonen Information und Beratung sowie Aus- und Weiterbildung. Er verteilt Globalbeiträge an die kantonalen Förderprogramme, alimentiert das Gebäudeprogramm, unterstützt die Forschung im Gebäudebereich und pflegt internationale Kontakte.

Bund und Kantone verfolgen im Gebäudebereich eine gesamtheitliche Strategie zur möglichst weitgehenden Ausschöpfung der Potenziale in den Bereichen Energieeffizienz, erneuerbare Energien sowie Abwärme im Strom- und Wärmebereich. Langfristig soll der Gebäudepark CO2-frei werden. Konkret werden folgende Ziele verfolgt: ­

Neue Gebäude versorgen sich ab 2020 ganzjährig möglichst selbst mit Wärme aus erneuerbaren Quellen und teilweise mit eigenproduziertem Strom.

­

Die CO2-Emissionen aus dem Gebäudebereich werden bis 2020 gesenkt. Die CO2-Verordnung vom 30. November 2012 (SR 641.711) legt für 2015 ein Zwischenziel von minus 22 Prozent gegenüber 1990 fest.

­

Die Quote an energetischen Sanierungen im bestehenden Gebäudepark wird deutlich erhöht.

­

Elektrizität wird nicht mehr für Widerstandsheizungen und Elektroboiler verwendet.

­

Fossile Feuerungen werden möglichst durch erneuerbare Energien ersetzt.

­

Gebäudetechnische Anlagen werden energieeffizient betrieben.

­

Bauliche Massnahmen sollen so geplant und ausgeführt werden, dass die baukulturellen Werte des Gebäudebestandes möglichst erhalten bleiben.

Energetische Massnahmen sollen auf städtebauliche Qualitäten Rücksicht nehmen.

Das erste Massnahmenpaket sieht folgende Massnahmen vor: Erhöhung der CO2Abgabe und Verstärkung des Gebäudeprogramms, um die Sanierungsrate anzuheben. Damit werden bisherige Instrumente unter Wahrung der verfassungsmässigen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen optimiert und verstärkt. Parallel

40 41

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dazu verschärfen die Kantone mit einer Revision der MuKEn die Gebäudevorschriften.

Erhöhung der CO2-Abgabe und Verstärkung des Gebäudeprogramms Mit einer Erhöhung der CO2-Abgabe und der Verstärkung des Gebäudeprogramms soll die Sanierungsrate angehoben werden: Die Lenkungswirkung der CO2-Abgabe soll durch eine Erhöhung des minimalen Abgabesatzes verstärkt werden. Dies wurde in der Vernehmlassung von rund der Hälfte der Vernehmlassungsteilnehmenden begrüsst. Das geltende CO2-Gesetz legt den Abgabesatz bei 36 Franken pro Tonne CO2 fest und überträgt dem Bundesrat die Kompetenz, die Abgabe in Abhängigkeit von Zwischenzielen zu erhöhen. In der dazugehörigen CO2-Verordnung hat der Bundesrat drei Stufen vorgesehen. Die Abgabe wird nun per 2014 auf 60 Franken erhöht, da die CO2-Emissionen aus Brennstoffen im Jahr 2012 weniger als 21 Prozent unter dem Niveau von 1990 lagen. Weitere Erhöhungsschritte sind auf 2016 und 2018 vorgesehen. Neu soll der minimale Abgabesatz im CO2-Gesetz losgelöst von Zwischenzielen auf 84 Franken pro Tonne CO2 angehoben werden.

Mit dem höheren Gesamtertrag aus der CO2-Teilzweckbindung wird das Gebäudeprogramm, an dem sich Bund und Kantone beteiligen, verstärkt. Dazu werden die Bestimmungen der CO2-Teilzweckbindung ausgeweitet, die Befristung bis zu deren späterer Ablösung durch eine umfassende Energieabgabe aufgehoben respektive verlängert (vgl. Ziff. 2.3.4).

Unter Berücksichtigung der Vernehmlassungsergebnisse, der Evaluationsergebnisse zum Gebäudeprogramm der Eidgenössischen Finanzkontrolle42 sowie der Forderung nach einem verstärkten Engagement der Kantone im Gebäudebereich sind zusätzlich folgende Anpassungen vorgesehen: a) Die bisherigen Teile A «Gebäudehülle» und B «Kantonale Programme des Gebäudeprogramms» werden zusammengelegt (vgl.

Art. 34 Abs. 1 Bst. a und b des CO2-Gesetzes). Der gesamte teilzweckgebundene Ertrag wird in Form von Globalbeiträgen an die kantonalen Programme ausgerichtet.

Dadurch wird die Abgrenzung zwischen den Teilen A und B aufgehoben, der Philosophie der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung (NFA) Rechnung getragen (bessere Übereinstimmung von Aufgaben, Kompetenzen, Verantwortung) und die Förderungskompetenz im Gebäudebereich eindeutig den Kantonen übertragen. b) Die Verantwortung für die Umsetzung und für die finanziellen
Aspekte des Gebäudeprogramms wird den Kantonen übertragen. Dies entspricht der Empfehlung der Eidgenössischen Finanzkontrolle. c) Die bestehende Programmvereinbarung für den Teil A zwischen dem Bund und der Konferenz der kantonalen Energiedirektoren (EnDK) als Vertreterin der Kantone gilt noch bis Ende 2016 und wird danach nicht verlängert. Mit einer Übergangsregelung wird sichergestellt, dass die vom Bund eingegangenen Verpflichtungen noch über die geltende Teilzweckbindung der CO2-Abgabe gedeckt sind und so ein möglichst nahtloser Übergang gewährleistet werden kann.

Die Globalbeiträge werden über die zweckgebundenen Erträge aus der CO2-Abgabe finanziert. Mit einem Abgabesatz von 84 Franken pro Tonne CO2 stehen dafür jährlich rund 350 Millionen Franken zur Verfügung. Zusammen mit den Mitteln der Kantone ergibt sich ein jährliches Budget von rund 525 Millionen Franken. Durch die Lenkungswirkung der CO2-Abgabe werden die Erträge über die Jahre tenden42

Quelle: Gebäudeprogramm von Bund und Kantonen, Evaluation der Programmorganisation, Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle vom März 2013.

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ziell abnehmen. Die Maximalgrenze der Teilzweckbindung im CO2-Gesetz wird von bisher 300 auf 450 Millionen Franken erhöht. Der im CO2-Gesetz verankerte maximale Anteil der Teilzweckbindung von einem Drittel wird unverändert beibehalten.

Den Kantonen werden die Globalbeiträge wie bisher nach Massgabe der Wirksamkeit und der von den Kantonen jährlich bereitgestellten Mittel ausgerichtet. Diese Praxis hat in den vergangenen Jahren zu einer wirkungsoptimierten Förderung beigetragen. Eine alleinige Finanzierung des Gebäudeprogramms durch den Bund ist mit Blick auf die verfassungsmässig vorgegebene Verantwortung der Kantone für den Gebäudebereich nicht angebracht.

In der Vernehmlassung wurde vor allem von den Kantonen Bedenken geäussert, dass die vorgesehene Verstärkung des Gebäudeprogramms zu einer nicht verkraftbaren Mehrbelastung der kantonalen Staatshaushalte führen könnte. Der Bund ist deshalb bereit, bis zu maximal zwei Drittel der jährlichen Budgets der kantonalen Förderprogramme zu decken (bisher maximal die Hälfte; vgl. Art. 34 Abs. 2 Bst. b CO2-Gesetz).

Die Forderung des Städteverbandes und einzelner Städte, wonach auch Städte und Gemeinden Globalbeiträge erhalten sollen, wird nicht berücksichtigt. Es obliegt den Kantonen, die Gemeinden angemessen in die Ausgestaltung ihrer kantonalen Förderung einzubeziehen.

Die verstärkte finanzielle Beteiligung des Bundes wird an neue Auflagen geknüpft: (1) Die Kantone definieren ein gemeinsames, harmonisiertes Basisförderprogramm für die energetische Sanierung der Gebäudehüllen und den Ersatz ortsfester elektrischer Widerstandsheizungen oder Ölheizungen. (2) Sie entrichten nur Förderbeiträge an Gebäudesanierungen, wenn von der Bauherrschaft ein Gebäudeenergieausweis mit Beratungsbericht vorgelegt wird (vgl. Art. 58 Abs. 3 der Vorlage). Die Qualität der energetischen Sanierungen wird erhöht, indem die Bauherrschaft über Grundlagen für eine umfassende Gebäudeerneuerung verfügt. Die von den Kantonen in der Vernehmlassung eingebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der Bundesrat nicht. Der Bund sieht sich in der Ausgestaltung der Grundsätze und Bedingungen seiner Förderung frei. Die Kantone können auf dieser Basis selbst entscheiden, ob sie sich den Regeln der Ausschüttung von Globalbeiträgen unterstellen und in welcher Höhe sie ihr Förderbudget
festlegen. Der Bund stellt beim bisherigen Teil A des Gebäudeprogramms im Rahmen der Programmvereinbarung bereits heute klare Bedingungen an die Umsetzung in den Kantonen, welche die Kantone akzeptieren.

Die bisher geltende Befristung der Gewährung von Finanzhilfen über die CO2Teilzweckbindung an die Kantone bis Ende 2019 wird aufgehoben. Damit werden die Voraussetzungen für einen fliessenden Übergang vom Förder- in ein Lenkungssystem ab 2020 geschaffen. Unter der Voraussetzung, dass die Kantone die Mustervorschriften gemäss eigenen Vorgaben und gemäss Forderungen des Bundesrates umsetzen, wird eine Förderung von erneuerbaren Energien im Wärmeenergiebereich ab 2020 weitgehend hinfällig. Energetische Massnahmen an der Gebäudehülle (Dach, Fassade) bedürfen jedoch noch über das Jahr 2020 hinaus einer Förderung.

Bis 2020 werden voraussichtlich erst 10­20 Prozent der Gebäude energetisch saniert sein. Insofern ist die Weiterführung des Gebäudeprogramms nach 2019 mit Blick auf die CO2-Reduktionsziele, die Effizienzpotenziale im Bereich Wärme sowie die angestrebte Erhöhung der Sanierungsquote und die Planungssicherheit sanierungswilliger Liegenschaftsbesitzer weiter erforderlich.

7612

Die Massnahmen, für die Globalbeiträge gewährt werden können, werden auf die Fördertatbestände im Rahmen der Artikel 53 (Information und Beratung), 54 (Ausund Weiterbildung) und 56 EnG (Energie- und Abwärmenutzung) ausgeweitet. Die Kantone können künftig ­ unterstützt durch Globalbeiträge des Bundes ­ Massnahmen in den Bereichen Gebäudehülle, vermehrte Nutzung erneuerbarer Energien und Abwärme, Ersatz ortsfester elektrischer Widerstandsheizungen, Stromeffizienzmassnahmen, Aus- und Weiterbildungs- sowie Informations- und Beratungsmassnahmen für Architekten, Planer, Installateure sowie Gebäudebesitzer fördern. Es entspricht einem mehrfach in der Vernehmlassung eingebrachten Anliegen, dass der Aus- und Weiterbildung hohe Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Ohne eine ausreichende Zahl an Fachleuten können die Massnahmen weder zeit- noch qualitätsgerecht umgesetzt werden.

Durch hohe Anforderungen im harmonisierten Fördermodell der Kantone werden die Mitnahmeeffekte möglichst tief gehalten. So sollen wie bisher nur Massnahmen direkt unterstützt werden, die mit nicht amortisierbaren Mehrkosten verbunden sind und wesentlich über das ohnehin gesetzlich geforderte Mass hinausgehen. Für Massnahmen, die sich wirtschaftlich rechnen, soll es weiterhin keine Beiträge geben.

Eine Doppelförderung mittels Einspeisevergütung, wettbewerbliche Ausschreibungen und Aus- und Weiterbildungsmassnahmen des Programms EnergieSchweiz wird ausgeschlossen. Für historische Einzelbauten oder bei Gebäuden in geschützten Ortsbildern braucht es eine sorgfältige Abwägung zwischen den Interessen punkto Energie und den Anliegen des Denkmalschutzes.

Von der CO2-Abgabe befreite Unternehmen sind weiterhin von der Förderung ausgeschlossen. Dasselbe gilt für öffentliche Bauten von Bund und Kantonen, die ihre Vorbildfunktion prinzipiell wahrzunehmen haben. Hauptzielgruppe der Förderung sind damit Private.

Die in der Vernehmlassung von Vertretern der Baubranche gewünschte Förderung von Ersatzneubauten sind nach Ansicht des Bundesrats mit hohen Mitnahmeeffekten verbunden. Sie sollen deshalb primär durch bessere Rahmenbedingungen erfolgen (u. a. Bonus auf die Ausnutzungsziffer im Rahmen kantonaler oder kommunaler Bauvorschriften). Vor allem in städtischen Gebieten mit hoher Nachfrage nach Wohn- und Nutzflächen sind Ersatzneubauten bereits
heute auch ohne finanzielle Unterstützung wirtschaftlich realisierbar.

Kosten und Finanzierung Die Gesamtmittel des Bundes und der Kantone für das Gebäudeprogramm betragen ab Inkraftsetzung des neuen Energiegesetzes und des geänderten CO2-Gesetzes jährlich rund 525 Millionen Franken. Die Mittel stammen zu zwei Dritteln aus der CO2-Teilzweckbindung und zu einem Drittel aus den kantonalen Staatshaushalten.

Der Ausbau des Gebäudeprogramms führt zu einem zusätzlichen Vollzugsaufwand des Bundes für die Ausrichtung von Globalbeiträgen sowie für ein verstärktes Controlling der Qualitätssicherungsmassnahmen der Kantone. Der Evaluationsbericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle bestätigt das. Die Verstärkung des Gebäudeprogramms führt zu einem personellen Mehraufwand im Umfang von 250 Stellenprozenten. Die damit verbundenen Kosten werden vollumfänglich über die Mittel der Teilzweckbindung gedeckt.

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Ausblick Unter Einbezug der betroffenen Kreise wird in einem nächsten Schritt geprüft, ob und unter welchen Voraussetzungen Vermietende gesetzlich dazu verpflichtet werden sollen, einen vorhandenen GEAK vorzulegen; beispielsweise, wenn Mietinteressenten vor dem Abschluss eines Mietvertrages oder Mieterinnen und Mieter im laufenden Mietverhältnis eine entsprechende Einsicht wünschen.

Exkurs Die Konferenz der kantonalen Energiedirektoren (EnDK) beabsichtigt, die Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn) bis 2014 zu revidieren und damit die Grundlage für eine Verschärfung der kantonalen Vorschriften für Neuund Umbauten zu legen. Der Bund fordert die Kantone auf, die MuKEn in der verbindlichen Form eines Konkordates zu verabschieden und folgende Massnahmen im Pflichtmodul der MuKEn vorzusehen: ­

Der Anteil der Heizwärme aus erneuerbaren Energieträgern soll erhöht werden. Dazu sollen die Vorschriften für Neubauten verschärft werden.

­

Durch verschärfte energetische Anforderungen an gebäudetechnische Anlagen soll der Stromverbrauch im Gebäudebereich reduziert werden.

­

Es soll die Pflicht einer Energieinspektion für Gebäudetechnik eingeführt werden. Dadurch können die energierelevanten Grundfunktionalitäten der geprüften Gebäudetechnikanlagen sichergestellt werden.

­

Die Betriebsoptimierung für Gebäude soll zur Pflicht werden. Dadurch sollen die Gebäudetechnikanlagen auf dem jeweils aktuellsten Stand der höchsten Energieeffizienz betrieben werden.

­

Beim Eigentümerwechsel einer Liegenschaft ist der neuen Eigentümerin oder dem neuen Eigentümer zwingend ein GEAK-Plus vorzulegen. Liegt eine Erbschaft vor, wird kein GEAK-Plus verlangt.

­

Auf die Ausnutzungsziffer bei bestehenden Gebäuden und Ersatzneubauten soll bei Erreichung eines energetischen Minimalstandards ein Bonus gewährt werden.

­

Bei bestehenden Bauten mit fossilen Feuerungen sollen gesetzliche Anreize für den Ersatz durch erneuerbare Energien geschaffen werden.

­

Elektrogeräte werden aus energetischer Sicht oft nicht angemessen eingesetzt (z. B. Betrieb ohne Nutzen, Überdimensionierung). Durch Gebrauchsvorschriften soll die Anwendung gewisser Elektrogeräte reguliert beziehungsweise eingeschränkt werden.

4.2.2

Energieeffizienz im Bereich Industrie und Dienstleistung

Das energetische Sparpotenzial in der Industrie, im Gewerbe und im Dienstleistungsbereich ist beträchtlich. Es wird bei der Prozesswärme auf 30­35 Prozent und bei den Antrieben und Prozessen auf 20­25 Prozent geschätzt. Bei den Informations- und Kommunikationstechnologien sind längerfristig Einsparungen bis 35 Prozent möglich. Dazu braucht es Massnahmen, die auf der Systemebene anset7614

zen (Anpassung des Betriebs an den tatsächlichen Bedarf und energetische Optimierung ganzer Prozesse und Systeme).

Die Rahmenbedingungen im Bereich Industrie und Dienstleistungen sind im Wesentlichen durch die eidgenössische und die kantonale Energiegesetzgebung und das CO2-Gesetz definiert. Dabei ist zwischen finanzieller Förderung, CO2-Abgabe und indirekten Massnahmen zu unterscheiden.

Nun werden folgende Ziele verfolgt: Effizienzpotenziale und vorhandene Abwärme in Industrie- und Dienstleistungsunternehmen werden so weit als möglich ausgeschöpft. Die wirtschaftlichen Potenziale stehen im Vordergrund.

Bestehende zentrale Instrumente sind Zielvereinbarungen mit Unternehmen, dies insbesondere in Kombination mit der Befreiung von der CO2-Abgabe und finanziellen Förderinstrumenten (v. a. wettbewerbliche Ausschreibungen). Neben dem Bund und den Kantonen sind auch die Energieversorgungsunternehmen (EVU) im Bereich Industrie und Dienstleistungen aktiv. Diese Instrumente sollen nun mit den nachfolgenden Massnahmen ausgebaut werden.

Einbindung von Unternehmen in Zielvereinbarungsprozesse Im Rahmen der Vernehmlassung wurde vorgeschlagen, die Rückerstattung des Zuschlags auf dem Netznutzungsentgelt des Übertragungsnetzes ab einem Elektrizitätsverbrauch von mehr als 0,5 GWh pro Jahr auf Antrag zu gewähren, wenn das betroffene Unternehmen mit dem Bund eine Zielvereinbarung abschliesst und diese einhält. Dieser Vorschlag wurde mehrheitlich mit Verweis auf Wettbewerbsverzerrungen, Mitnahmeeffekte oder eine erhöhte Belastung der kleineren Unternehmen und der Haushalte abgelehnt. Als Alternative wurde häufig die im Rahmen der parlamentarischen Initiative 12.400 (pa. Iv. 12.400) entwickelte Regelung vorgeschlagen. Diese nun auch hier unverändert vorgeschlagene Regelung sieht vor, dass Endverbraucherinnen und Endverbrauchern mit einer Stromintensität von mindestens 5 Prozent der Zuschlag teilweise und ab mindestens 10 Prozent vollständig zurückerstattet wird, sofern diese einen entsprechenden Antrag stellen. Voraussetzungen für die Rückerstattung sind der Abschluss einer Zielvereinbarung und die Einhaltung eines darin vereinbarten Energieeffizienzziels beziehungsweise eines entsprechenden Energieeffizienzpfades. Im Rahmen der Zielvereinbarung müssen 20 Prozent des Rückerstattungsbetrages in energetische
Verbesserungsmassnahmen reinvestiert werden. Um Fälle auszuschliessen, in denen der administrative Aufwand unverhältnismässig wäre, wird die Rückerstattung nur gewährt, wenn sie mindestens 20 000 Franken pro Jahr beträgt.

Im Vergleich zum bisherigen Recht können mehr Endverbraucherinnen und Endverbraucher als bisher eine Rückerstattung beantragen. Da die Rückerstattungsberechtigung mit dem Abschluss einer Zielvereinbarung verknüpft wird, kann das grosse Einsparpotenzial bei Betrieben mit hoher Stromintensität (Verhältnis von Stromkosten zur Bruttowertschöpfung) erschlossen werden. Obwohl die Unternehmen einen Teil der Rückerstattungssumme in Effizienzmassnahmen reinvestieren müssen, können sie ihre Wettbewerbsfähigkeit mittel- und langfristig steigern. Sie können ihre Energiekosten senken und werden unabhängiger von der Entwicklung der Energiepreise. Mit dieser Regelung werden 300­600 Endverbraucherinnen und Endverbraucher vom Zuschlag entlastet. Wenn alle berechtigten Endverbraucherinnen und Endverbraucher von der Möglichkeit der Rückerstattung Gebrauch machen,

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beläuft sich die Höhe der zu erstattenden Zuschläge auf rund 55­70 Millionen Franken pro Jahr.

Ausbau der wettbewerblichen Ausschreibungen Die wettbewerblichen Ausschreibungen («ProKilowatt») sind ein bestehendes Förderinstrument, mit dem Programme und Projekte zur Senkung des Stromverbrauchs unterstützt werden. Mit finanziellen Anreizen soll Effizienzmassnahmen zum Durchbruch verholfen werden, die noch nicht wirtschaftlich sind oder denen andere Hemmnisse entgegenstehen. Die wettbewerblichen Ausschreibungen richten sich an Industrie- und Dienstleistungsunternehmen sowie an Haushalte (insbesondere elektrische Anwendungen wie Elektrogeräte sowie die Elektromobilität). Die Umsetzung erfolgt über ein Auktionsverfahren, um möglichst hohe Stromeinsparungen pro eingesetzte Fördermittel zu erzielen. Im ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 werden die wettbewerblichen Ausschreibungen ausgebaut.

Zusätzlich wird die Möglichkeit geschaffen, in ausgewählten Fällen künftig auch Effizienzmassnahmen in der bisher explizit ausgeschlossenen Elektrizitätsproduktion und -verteilung zu unterstützen (inklusive Förderung von Produktion von Strom aus nicht anders verwertbarer Abwärme). Diese Vorhaben fanden in der Vernehmlassung mehrheitlich Unterstützung.

Unterstützende Massnahmen Im Rahmen des Ausbaus von EnergieSchweiz (vgl. Ziff. 4.2.12) sind flankierend folgende Massnahmen zur Unterstützung der Unternehmen mittels Information, Beratung und Ausbildung vorgesehen: ­

Das Förderprogramm Energetische Prozessintegration/Abwärmenutzung soll in energieintensiven Betrieben die Umsetzung der knapp nicht wirtschaftlichen Effizienzmassnahmen unterstützen. Die finanzielle Förderung wird an die Energieeinsparung gekoppelt und in Abhängigkeit der Wirkung der Massnahmen bemessen.

­

Die freiwilligen Zielvereinbarungen mit Industrie- und Dienstleistungsunternehmen zur effizienten Verwendung von Brennstoffen, Strom und Treibstoffen sowie zur Reduktion von CO2-Emissionen sollen weitergeführt und weiterentwickelt werden. Mit den Zielvereinbarungen wird in den Unternehmen ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess in Gang gesetzt, der Energieeffizienz und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen steigert.

­

Kleinere und mittlere Industrie-, Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe (rund 30 000 Betriebe, ohne Kleinstbetriebe) sollen durch die Entwicklung von Arbeitsinstrumenten und Schulungsangeboten bei der Betriebs- und Prozessoptimierung unterstützt werden. Für jede Branche sollen geeignete Leitfäden, Checklisten und «Best Practices» erarbeitet sowie Schulungsangebote für Unternehmensvertreterinnen und -vertreter und Energieberaterinnen und Energieberater entwickelt und umgesetzt werden.

­

Unternehmen sollen bei der Einführung und der Umsetzung von Normen im Energiemanagementbereich sowie beim Aufbau entsprechender Systeme gefördert und unterstützt werden.

7616

Kosten und Finanzierung Der Ausbau der Mittel für die wettbewerblichen Ausschreibungen erfolgt bis 2020 schrittweise auf rund 50 Millionen Franken pro Jahr (Stand 2013: 19 Millionen Franken). Bei der Festlegung des Budgets für wettbewerbliche Ausschreibungen berücksichtigt der Bundesrat weiterhin das Potenzial effizienter Massnahmen und die Sicherstellung eines angemessenen Bieter-Wettbewerbs im Ausschreibeverfahren. Die Umsetzung der Zielvereinbarungen verursacht im Sachmittelbereich zwischen 2015 und 2020 einen jährlichen Mehrbedarf von 1,5 Millionen Franken.

4.2.3

Energieeffizienz im Bereich Mobilität

Der Verkehr hat einen Anteil am Energieverbrauch von mehr als einem Drittel. Bei den CO2-Emissionen liegt er leicht höher. Rund 96 Prozent der verwendeten Energie stammt aus fossilen Treibstoffen. Alle Prognosen deuten darauf hin, dass der Verkehr in den nächsten 20 Jahren weiter zunehmen wird. Im motorisierten Individualverkehr besteht ein erhebliches Energieeffizienzpotenzial. Wichtige Rollen spielen dabei die Effizienzsteigerung der Verbrennungsmotoren (Benzin-, Diesel- und Erdgasmotoren) sowie die Verbreitung der Elektromobilität. Alternative Treibstoffe und Antriebssysteme (neben Elektroantrieben insbesondere auch Erdgas/Biogas) können zudem einen wichtigen Beitrag zur Reduktion der CO2-Emissionen leisten.

Voraussetzungen dazu sind eine hohe Energieeffizienz und in der Elektromobilität die Verwendung von Strom aus erneuerbaren Energien. Ein bedeutendes Einsparpotenzial besteht bei der Reduktion des Verkehrsaufkommens sowie bei Verhaltensmassnahmen, die im Rahmen des Programms EnergieSchweiz verstärkt bearbeitet werden sollen (siehe auch EnergieSchweiz, Ziff. 4.2.12). Im Strassengüterverkehr bestehen Effizienzpotenziale aufgrund von Verlagerungsmassnahmen und Effizienzsteigerungen bei den Fahrzeugen. Im Vergleich zum Strassenpersonenverkehr ist im Strassengüterverkehr das Potenzial zur Reduktion des Endenergieverbrauchs bescheiden. Der Endenergieverbrauch des Schienenverkehrs wird trotz Nutzung der bestehenden Effizienzpotenziale weiter zunehmen.

Im März 2011 wurden mit der Teilrevision des CO2-Gesetzes auch Emissionsvorschriften für Personenwagen beschlossen. In Übereinstimmung mit der EU sind die CO2-Emissionen von neuen Personenwagen bis Ende 2015 auf durchschnittlich 130 Gramm CO2 pro Kilometer zu vermindern. Für die Zeit nach 2015 soll der Zielwert weiter gesenkt werden. Im Rahmen der Totalrevision des CO2-Gesetzes hat das Parlament im Dezember 2011 entschieden, auf die Einführung einer CO2Abgabe auf Treibstoffe zu verzichten, solange die Reduktion der Treibhausgase mit anderen Massnahmen erreicht werden kann.

Nun soll die Energieeffizienz von neuen Personenwagen, Lieferwagen und leichten Sattelschleppern entsprechend dem Stand der Technik kontinuierlich verbessert werden. Der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen im Verkehrsbereich werden gegenüber der bisherigen Energiepolitik (Szenario «Weiter wie bisher») massgeblich reduziert.

Zur Erreichung dieser Ziele sind die folgenden Massnahmen vorgesehen.

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Verschärfung beziehungsweise Einführung von Emissionsvorschriften Durch CO2-Emissionsvorschriften soll die Effizienz von Personenwagen, Lieferwagen und leichten Sattelschleppern erhöht werden. Die Steigerung der Effizienz weiterer Transportmittel wird ebenfalls vorangetrieben, jedoch nicht über CO2Emissionsvorschriften. Von der weiteren Absenkung der CO2-Emissionszielwerte bei Personenwagen ist die grösste Wirkung zu erwarten. In Übereinstimmung mit der EU, welche die weitere Absenkung des CO2-Zielwerts bei Personenwagen sowie bei leichten Nutzfahrzeugen voraussichtlich im November 2013 beschliessen wird, sollen ­ wie in der Vernehmlassung von einer deutlichen Mehrheit begrüsst ­ die CO2-Emissionen von neuen Personenwagen bis 2020 auf 95 Gramm pro Kilometer (g/km) und diejenigen von Lieferwagen und leichten Sattelschleppern bis 2017 auf 175 g/km und bis 2020 auf 147 g/km vermindert werden. Mit der Ausweitung der CO2-Emissionsvorschriften auf Lieferwagen und leichte Sattelschlepper ist ein mit dem EU-Recht weitgehend deckungsgleicher Geltungsbereich gewährleistet. Das Anliegen vieler Vernehmlassungsteilnehmer, die Zielwerte sowohl bei den Personenwagen als auch bei den Lieferwagen und leichten Sattelschleppern in Einklang mit der EU festzulegen, ist mit der Übernahme der EU-Zielwerte im CO2-Gesetz bereits erfüllt. Zudem erlaubt das CO2-Gesetz, die Modalitäten der EU-Regelung beim Übergang zu neuen Zielwerten auf Verordnungsebene zu übernehmen. Die Höhe der Sanktion bei Überschreiten der individuellen Zielvorgabe richtet sich nach den entsprechenden EU-Grundlagen (EG-Verordnung Nr. 443/2009)43. Im Gesetz werden neu eine Sanktionsober- und Sanktionsuntergrenze festgelegt. Ein Mechanismus zur jährlichen Festlegung des konkreten Sanktionsbetrages ermöglicht die zeitnahe Anpassung an einen veränderten Wechselkurs. Die Höhe der Sanktion bleibt mindestens für ein Jahr unverändert.

Erarbeitung eines Masterplans Elektromobilität Die UREK-N hat am 25. Juni 2012 die Motion 12.3652 «Elektromobilität. Masterplan für eine sinnvolle Entwicklung» eingereicht. Die Motion wurde am 24. September 2012 vom Nationalrat und am 13. Dezember 2012 vom Ständerat angenommen. Der vom UVEK zu erarbeitende Masterplan Elektromobilität soll im Einklang mit der Energiestrategie 2050 Möglichkeiten zur Deckung des zunehmenden
Strombedarfs im Mobilitätssektor aufzeigen.

Unterstützende Massnahmen Die freiwilligen und unterstützenden Massnahmen werden unter dem Dach von EnergieSchweiz umgesetzt (vgl. Ziff. 4.2.12) und ­ wie in der Vernehmlassung von verschiedener Seite begrüsst ­ verstärkt. Dazu gehören insbesondere Informations-, Beratungs- und Weiterbildungsmassnahmen, Effizienzsteigerungen bei Fahrzeugen und Komponenten, die Förderung einer energieeffizienten Fahrweise, Mobilitätsmanagementaktivitäten, Massnahmen in den Bereichen Mobilitätsverhalten und kombinierte Mobilität sowie der Abbau von Fehlanreizen.

Wichtige Rollen übernehmen zudem das Dienstleistungszentrum für eine nachhaltige und innovative Mobilität (DZM) bei der Förderung von zukunftsweisenden 43

Verordnung (EG) Nr. 443/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen im Rahmen des Gesamtkonzepts der Gemeinschaft zur Verringerung der CO2-Emissionen von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen (ABl. L 140/1, 5.6.2009).

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Mobilitätsformen und -angeboten, das Bundesamt für Energie (BFE) im Bereich der Energieforschung und der Pilot- und Demonstrationsprojekte sowie das Bundesamt für Strassen (ASTRA) und das Bundesamt für Verkehr (BAV) für Massnahmen und Forschung in den eigenen Zuständigkeitsbereichen. Zu diesen Massnahmen gehören im Schienenverkehr beispielsweise der verstärkte Einbezug der effektiven Energiekosten in das Trassenpreissystem oder die Schaffung von Anreizen, um möglichst energieeffiziente Fahrzeuge einzusetzen oder diese energieeffizient zu fahren (Ecodrive). Neben dem effizienten Einsatz der Transportmittel bestehen sowohl im Schienen- als auch im Strassenverkehr erhebliche Energieeffizienzpotenziale bei Bau, Betrieb und Unterhalt der Verkehrsinfrastruktur. Zudem soll die Infrastruktur verstärkt für die Energieerzeugung verwendet werden (z. B. Gewinnung geothermischer Energie bei Tunneln oder Nutzung von Lärmschutzwänden und Überdachungen von Nationalstrassenabschnitten für die Stromgewinnung durch Photovoltaikanlagen).

Weitere Massnahmen, wie z. B. die Einführung der Reifenetikette oder Informationsinstrumente für Käuferinnen und Käufer leichter Nutzfahrzeuge, können sich auf bereits bestehende gesetzliche Grundlagen stützen.

In der Vernehmlassung wurde in zahlreichen Stellungnahmen die Einführung einer CO2-Abgabe auf Treibstoffe gefordert. Weil das Parlament im Dezember 2011 eine CO2-Abgabe auf Treibstoffe abgelehnt hat, wird im ersten Massnahmenpaket auf einen entsprechenden Vorschlag verzichtet.

Kosten und Finanzierung Der Vollzug der CO2-Emissionsvorschriften für Personenwagen ist im Hinblick auf den Zielwert 2015 (130 Gramm CO2 pro km) seit 2012 im Gang. Die Verschärfung der Emissionsvorschriften beziehungsweise die Verminderung des CO2-Ausstosses von 130 auf 95 Gramm bis 2020 erfordert keine zusätzlichen Personalressourcen, sofern die im Rahmen des bisherigen Vollzugs vorhandenen Personalressourcen (heute 250 Stellenprozente beim BFE und 550 Stellenprozente beim ASTRA) weiter eingesetzt werden können. Die Vollzugskosten können durch die Erträge aus den Sanktionen gedeckt werden. Die Einführung von Emissionsvorschriften für Lieferwagen und leichte Sattelschlepper führt ab 2015 zu einem personellen Mehraufwand beim BFE von 150 Stellenprozenten. Auch hier können die Vollzugskosten durch die
anfallenden Sanktionen gedeckt werden.

Für die Umsetzung von Massnahmen ohne Rechtsänderungen stehen zusätzlich die Budgets von EnergieSchweiz (vgl. Ziff. 4.2.12) und der Energieforschung (beide BFE) zur Verfügung. Der Ausbau des Programms EnergieSchweiz für Projekte zur Nutzung der Potenziale der Informations- und Kommunikationstechnologien im Mobilitätsbereich führt zu einem personellen Mehrbedarf von 100 Stellenprozenten.

Für die Umsetzung eines Projekts zur Überdachung von einem Kilometer Nationalstrasse mit Photovoltaikanlagen sind im ASTRA von 2015­2020 jährlich Investitionsmittel im Umfang von 5 Millionen Franken nötig. Für Ressortforschung, Sensibilisierung und Förderung von Pilotprojekten insbesondere im Infrastrukturbereich des motorisierten Individualverkehrs sind im ASTRA von 2015­2020 jährlich Sach- und Investitionsmittel von 1,5 Millionen Franken nötig. Für Energieprojekte im Bereich des Schienengüterverkehrs und des öffentlichen Verkehrs sind im BAV von 2015­ 2020 jährlich Sach- und Investitionsmittel von 3,5 Millionen Franken nötig.

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4.2.4

Energieeffizienz im Bereich Elektrogeräte

Serienmässig hergestellte Elektrogeräte, vom elektrischen Industriemotor über Haushalt- und Bürogeräte bis zu lichttechnischen Einrichtungen, benötigen für ihren Betrieb beträchtliche Strommengen. Der jährliche Energieverbrauch für Elektrogeräte beträgt rund 44 TWh (Stand 2010). Davon entfallen 60 Prozent auf elektrische Antriebsysteme, 16 Prozent auf Haushaltgeräte, 18 Prozent auf Lampen und knapp 6 Prozent auf elektronische Geräte; zu einem grossen Teil in den Sektoren Industrie und Dienstleistungen sowie Haushalte.

Das im Jahr 2007 revidierte EnG hätte es dem Bundesrat bereits erlaubt, Effizienzanforderungen für gewisse Gerätekategorien zu erlassen. Priorität hatte aber der Weg über freiwillige Vereinbarungen von Verbrauchszielwerten mit Herstellern oder Importeuren. Mit der am 1. Juli 2012 in Kraft getretenen Änderung von Artikel 8 EnG hat der Bundesrat inzwischen die Kompetenz zum direkten Erlass von Effizienzvorschriften für Elektrogeräte. Die Anforderungen orientieren sich dabei weitgehend an den Entwicklungen in der Europäischen Union.

Im Rahmen der seit 2010 durchgeführten wettbewerblichen Ausschreibungen werden auf Bundesebene Programme und Projekte unterstützt, welche auf die Verbreitung effizienter Elektrogeräte abzielen (u. a. Bestgeräte-Programme). Zudem führen verschiedene weitere Akteure (v. a. Elektrizitätsversorgungsunternehmen) regelmässig befristete Aktionen zur Förderung effizienter Elektrogeräte durch.

Die Energieeffizienz der Elektrogeräte soll nun entsprechend dem Stand der Technik kontinuierlich verbessert werden. Der Gebrauch von Elektrogeräten soll möglichst angemessen und effizient sein.

Diese Ziele sollen mit einer Kombination von Massnahmen erreicht werden: Weiterentwicklung der Vorschriften, Verstärkung der finanziellen Anreize für Bestgeräte (im Rahmen der wettbewerblichen Ausschreibungen, siehe dazu Kapitel «Industrie und Dienstleistungen») und ergänzenden indirekten Massnahmen. Der Bundesrat hat mittlerweile für dreizehn Gerätekategorien Effizienzvorschriften beschlossen. Darauf aufbauend sind zusätzlich folgende Massnahmen geplant: Ausweitung und periodische Verschärfung von Effizienzvorschriften Die Effizienzvorschriften sollen auf weitere Gerätekategorien ausgeweitet und periodisch dem technischen Fortschritt angepasst werden. Ziel ist die kontinuierliche
Verbesserung der Energieeffizienz der abgesetzten Geräte. Mindestanforderungen werden dann erlassen oder verschärft, wenn dies aufgrund der technologischen Entwicklung sinnvoll ist (Gewährleistung einer entsprechenden Angebotspalette).

Die Vernehmlassung zeigt, dass Effizienzvorschriften als solche unbestritten sind.

Unterschiedlich beurteilt wird, ob die Schweiz der EU zeitlich vorausgehen oder neue Anforderungen nur im Gleichtakt mit der EU einführen soll. Nur in begründeten Fällen sollen Anforderungen erlassen werden, die über die Vorgaben der EU hinausgehen (vgl. auch Motion 11.3376 «Effizienzstandards für elektrische Geräte.

Eine Best-Geräte-Strategie für die Schweiz»). Dabei sind die Grundsätze des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1995 über die technischen Handelshemmnisse (THG, SR 946.51) zu berücksichtigen. Bereits heute bestehen Abweichungen bei Kühl- und Gefriergeräten, Wäschetrocknern, Set-Top-Boxen und Backöfen. Vorgesehen ist der Erlass von strengeren Vorschriften für Elektromotoren. Diese Massnahmen werden bereits jetzt auf Grundlage des bestehenden Artikels 8 EnG verfolgt und sind weitgehend umgesetzt.

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Unterstützende Massnahmen Zur Unterstützung soll im Rahmen von EnergieSchweiz die Information und Beratung von Interessierten hinsichtlich einer energiebewussten Nutzung der Geräte verstärkt und damit ein Teil des Sparpotenzials abgeschöpft werden. Dazu gehört auch, dass EnergieSchweiz die öffentliche Hand begleitet und berät, falls diese in ihrem Zuständigkeitsbereich Gebrauchsvorschriften erlassen will. Anwendungsbereiche sind beispielsweise Strassenbeleuchtungen, Beleuchtungen von Schaufenstern, Fassaden, Gebäuden, die elektrische Beheizung von Aussenräumen oder der präsenzabhängige Betrieb von technischen Anlagen. Die öffentliche Hand soll bei Beschaffung und Betrieb von Elektrogeräten eine Vorbildfunktion einnehmen. So sind zur Umsetzung der Motion 11.3415 «Energieeffizienz bei der öffentlichen Beleuchtung» im Zuständigkeitsbereich des Bundes sämtliche ineffizienten Leuchtmittel bis Ende 2020 zu ersetzen.

Die indirekten Massnahmen sollen generell verstärkt werden: Einerseits sollen die Kommunikations- und Beratungsaktivitäten intensiviert, andererseits sollen Gerätesegmente bearbeitet werden, die bisher nicht oder kaum berücksichtigt worden sind (Haustechnik-Komponenten, Rechenzentren etc.). Dabei gilt es vermehrt einen Systemansatz, also die Betrachtung aller energieverbrauchenden Mittel eines Systems, zu verfolgen. Ergänzend soll die Verbreitung neuer Technologien gezielt unterstützt (z. B. «Smart Technologies») und die Zusammenarbeit mit dem Ausland intensiviert werden. Die Kommunikations- und Beratungsmassnahmen werden im Rahmen von EnergieSchweiz in Zusammenarbeit mit Marktpartnern umgesetzt.

Die erforderlichen indirekten und begleitenden Massnahmen innerhalb des Programms EnergieSchweiz sind in Ziffer 4.2.12 weiter unten beschrieben.

Kosten und Finanzierung Die Umsetzung der regulatorischen Massnahmen erfordert im Sachmittelbereich von 2015­2020 einen jährlichen Mehrbedarf von 0,75 Millionen Franken.

4.2.5

Energieeffizienz im Bereich Stromlieferanten

In der Schweiz besteht heute noch kaum ein Markt für Dienstleistungen im Bereich der Energieeffizienz, die jedoch zur Ausschöpfung der Potenziale von zentraler Bedeutung sind. Es braucht demnach Rahmenbedingungen, welche die Entwicklung eines entsprechenden Markts beschleunigen. Stromlieferanten haben bisher vorwiegend den Anreiz, möglichst viel Strom zu verkaufen. Weil sie sich nahe an den Konsumentinnen und Konsumenten befinden und in einem zunehmend härteren Wettbewerb stehen, sind sie geradezu dafür prädestiniert, mit innovativen Geschäftsmodellen auch Energieeffizienzdienstleistungen anzubieten und so neue Geschäftsfelder erschliessen.

Den Stromlieferanten sollen deshalb verbindliche Effizienzziele vorgegeben werden.

Damit wird ein Anreiz für Aktivitäten im Bereich der Energieeffizienz geschaffen.

Effizienzziele für Stromlieferanten Der Bund führt verpflichtende Effizienzziele für Stromlieferanten mit einem jährlichen Absatz von 30 GWh oder mehr ein. Er lehnt sich dabei an die EU-Energie-

7621

effizienzrichtlinie44 an, die eine solche Massnahme vorsieht, es den Mitgliedstaaten aber offen lässt, die Ziele auf anderem Wege zu erreichen. Die verpflichteten Unternehmen müssen bei den Schweizer Endkundinnen und Endkunden jährlich Stromeinsparungen in einer Höhe erzielen, die einem vom Bundesrat bestimmten Prozentsatz (z. B. 1,0 %) ihres Absatzes in der Schweiz entsprechen. Hierbei handelt es sich um Einsparungen gegenüber einer unbeeinflussten Entwicklung ­ also einer Effizienzerhöhung und nicht um eine absolute Reduktion des Verbrauchs. Die Verpflichtung umfasst einen Zeitraum von drei Jahren, wobei die individuellen Ziele je Lieferant jeweils jährlich vom BFE festgelegt werden. Das BFE multipliziert dabei den vom Lieferanten gemeldeten Jahresabsatz mit dem vom Bundesrat bestimmten Prozentsatz. Der Nachweis der Effizienzsteigerungen erfolgt mit einem massnahmenbasierten Ansatz, wie er heute bei den Zielvereinbarungen im Rahmen der Umsetzung des CO2-Gesetzes oder des Grossverbraucherartikels eingesetzt wird. Der Bund stellt dafür einen breiten Katalog von Standardmassnahmen zur Verfügung, bei denen die Effizienzgewinne ex-ante berechnet werden können.

Nichtstandardisierte Massnahmen unterliegen einer vorgängigen Prüfung und Zulassung durch den Bund und müssen gewissen Additionalitätskriterien genügen. Der Nachweis obliegt in diesen Fällen dem Stromlieferanten. Die Massnahmen können vom verpflichteten Unternehmen selbst oder von externen Energiedienstleistern durchgeführt werden. Massnahmen, die im Rahmen des CO2-Gesetzes (Verpflichtungen zur Rückerstattung der CO2-Abgabe, Projekte zur Emissionsminderung im Inland, Gebäudeprogramm) oder von Verpflichtungen zur Rückerstattung des Netzzuschlags umgesetzt werden, für die eine gesetzliche Pflicht besteht oder die sonst wie durch die öffentliche Hand unterstützt werden (z. B. wettbewerbliche Ausschreibungen), gelten nicht als anrechenbare Massnahmen.

Jeder erzielte und überprüfte Effizienzgewinn wird mit der Ausstellung eines weissen Zertifikats bestätigt. Dabei wird pro eingesparte Megawattstunde ein Zertifikat ausgegeben (eine Bündelung von Projekten ist möglich). Das Zertifikat erfüllt zwei Funktionen: Einerseits ist es ein eindeutiger, einmaliger und klar zu identifizierender Nachweis einer Stromeffizienzsteigerung. Andererseits ist es ein
Wertpapier, das verkauft oder in die nächste Verpflichtungsperiode übertragen werden kann (sogenanntes Banking). Die weissen Zertifikate sind frei unter den verpflichteten Unternehmen handelbar, alle Transaktionen (Preis und Menge) müssen jedoch beim Bund gemeldet werden. Hat ein Unternehmen am Ende einer Verpflichtungsperiode zu wenig weisse Zertifikate generiert, so kann es Nachweise für Stromeffizienzgewinne von Dritten kaufen. Wenn die Stromlieferanten dem Bund am Ende einer Verpflichtungsperiode ihre Effizienzziele nicht erfüllt haben und zu wenig weisse Zertifikate abliefern, unterliegen sie Sanktionen in Form einer Busse. Zusätzlich sind sie verpflichtet, die nicht erreichten Einsparungen in der Folgeperiode nachzureichen. Die Kosten der Effizienzprogramme tragen die Elektrizitätslieferanten. Sie können in einem liberalisierten Markt auf die Endkundinnen und Endkunden überwälzt werden. In einem teilliberalisierten Markt geschieht die Refinanzierung über eine regulierte Umlage auf die Strompreise.

Stromlieferanten mit einem jährlichen Absatz von weniger als 30 GWh haben als Alternative zu den verpflichtenden Effizienzzielen die Wahl, eine Ersatzabgabe zu 44

Richtlinie 2012/27/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Energieeffizienz, zur Änderung der Richtlinien 2009/125/EG und 2010/30/EU und zur Aufhebung der Richtlinien 2004/8/EG und 2006/32/EG, ABl. L 315/1 vom 14.11.2012.

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leisten. Die Höhe der Ersatzabgabe richtet sich nach dem abgesetzten Stromvolumen und den durchschnittlichen Kosten für Effizienzmassnahmen. Sowohl die Erträge aus der Sanktion als auch aus der Ersatzabgabe fliessen in die Finanzierung der wettbewerblichen Ausschreibungen.

Bereits vor der Vernehmlassung wurden diverse Alternativen zum vorliegenden Ansatz geprüft (Bonus-Malus-Modelle für Verteilnetzbetreiber, Decoupling, progressive Stromtarife etc.). Keine davon schneidet in der Beurteilung insgesamt besser ab als die weissen Zertifikate (wichtigste Kriterien: Effektivität, Kosteneffizienz, Umsetzbarkeit im voll- und teilliberalisierten Strommarkt, Kompatibilität mit EU-Recht, geringer Vollzugsaufwand, Einbettung in bestehende energiepolitische Strukturen und Instrumente). Aus diesem Grund soll ­ trotz der speziell von den Stromlieferanten in der Vernehmlassung vorgebrachten Kritik ­ an den vorgeschlagenen Effizienzzielen für die Stromlieferanten festgehalten werden.

In der Vernehmlassung wurden mitunter die einseitige Ausrichtung der Effizienzziele auf den Strom kritisiert und verschiedentlich Bedenken hinsichtlich einer Rücksubstitution von Strom zu fossilen Energieträgern geäussert. Nach Ansicht des Bundesrats sollten die bestehenden Instrumente (CO2-Abgabe, CO2-Emissionsvorschriften für Fahrzeuge, Kompensationspflicht für Treibstoffimporteure und fossilthermische Kraftwerke) eine derartige Rücksubstitution bereits in genügendem Masse verhindern. Ansonsten würde dies der Bundesrat bei der Bestimmung der Zielvorgabe berücksichtigen.

Kosten und Finanzierung Der personelle Mehrbedarf ist von der detaillierten Ausgestaltung des Vollzugs abhängig. Er kann durch verschiedene Vorkehrungen in einem verhältnismässigen Rahmen gehalten werden (beispielsweise durch die Definition eines Katalogs von Standardmassnahmen, die weitgehende Selbstdeklaration durch den Stromlieferanten o. Ä.).

4.2.6

Erneuerbare Energie

Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Netto-Elektrizitätsproduktion lag im 2012 gemäss Statistik der erneuerbaren Energien45 bei rund 60 Prozent. Dabei fallen 57 Prozent auf die Wasserkraft und rund 3 Prozent auf die neuen erneuerbaren Energien, wobei hier der Löwenanteil aus Kehrichtverbrennungs- und Abwasserreinigungsanlagen stammt. Wind, Biomasse und Sonne tragen zusammen aktuell 1,1 Prozent zur Schweizer Netto-Elektrizitätsproduktion bei.

Im Jahr 2007 hat das Parlament in der Revision des Energiegesetzes (EnG) festgelegt, dass die jährliche Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis 2030 gegenüber dem Stand des Jahres 2000 um mindestens 5,4 TWh erhöht werden muss. Als Hauptinstrument zur Erreichung dieses Ziels wurde per 1. Januar 2009 die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) eingeführt. Diese wurde für folgende Technologien konzipiert: Wasserkraft (bis 10 MW), Sonnenenergie, Windenergie, Geothermie, Biomasse und Abfälle aus Biomasse.

45

Schweizerische Statistik der erneuerbaren Energien Ausgabe 2012, Vorabzug, Bundesamt für Energie.

7623

Die Mittel der heutigen KEV zur Abgeltung der Differenz zwischen der garantierten Vergütung und dem Marktpreis sind durch einen Gesamtdeckel begrenzt. Dieser ergibt sich durch den im Gesetz festgelegten maximalen Netzzuschlag von derzeit 1,0 Rappen pro Kilowattstunde (1,5 Rp./kWh ab 1. Januar 2014). Das Gesetz gibt zudem maximale Teildeckel je Technologie vor, damit die am schnellsten realisierbaren Technologien nicht übermässig viele Mittel abschöpfen. Der KEV-Fonds ist derzeit mit positiven Bescheiden, das heisst mit Zusagen für den Eintritt in die KEV, bis zum aktuellen Gesamtkostendeckel von 0,9 Rp./kWh vollständig ausgelastet: Auf der Warteliste sind rund 30 000 Projekte (Stand Juli 2013). Die Summe aller KEV-Projekte (inkl. Projekte auf der Warteliste) ergibt eine voraussichtliche Jahresproduktion von 9,7 TWh. Die Produzenten von Strom aus erneuerbaren Energien können sich auch anstatt für das KEV-Fördersystem für den freien Ökostrommarkt entscheiden. Sie erhalten dann keine Vergütung der KEV, können jedoch (parallel zum Verkauf der physikalischen Strommenge gegen eine Vergütung durch den jeweiligen Netzbetreiber) den ökologischen Mehrwert des Stroms selber vermarkten.

Die Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien soll nun entsprechend der in den Ziffern 2.3.1 und 2.3.3 erwähnten Zielsetzungen schrittweise erhöht werden. Die Ziele beziehen sich auf die inländische Produktion, was dem Wirkungsbereich der Instrumente im ersten Massnahmenpaket entspricht. Die Investition in die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im Ausland ist damit keineswegs ausgeschlossen, bedingt aber zur formellen Zielanrechnung den Abschluss eines Energieabkommens mit der EU (siehe Erläuterungen zu Art. 2 EnG).

Damit die Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien ausgebaut werden kann, soll die finanzielle Förderung optimiert, ausgebaut und mit unterstützenden Massnahmen flankiert werden.

Einspeisevergütungssystem Das Einspeisevergütungssystem ist ein Ausgleichsystem, das die Investitionssicherheit für Neuanlagen erhöht. Es motiviert Investoren, mindestens während der Vergütungsdauer möglichst viel Energie zu produzieren und die Anlage in einem einwandfreien Zustand zu halten. Zudem ermöglicht das System, dass neue Technologien, wie zum Beispiel die Photovoltaik, marktfähig werden. In der Vernehmlassung
wurde gefordert, dass sich das Einspeisevergütungssystem dem Markt annähert. Im Rahmen der Vorlage zum ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie soll deshalb das bestehende KEV-System optimiert und zu einem Einspeisevergütungssystem mit Direktvermarktung umgebaut werden. Konkret sind folgende Anpassungen vorgesehen: ­

7624

Durch die Erhöhung des Gesamtkostendeckels (Netzzuschlag) auf 2,3 Rp./kWh sollen für den Ausbau der erneuerbaren Energien mehr Mittel zur Verfügung stehen (inkl. je max. 0,1 Rp./kWh für Garantien zur Deckung der Fündigkeitsrisiken der Tiefengeothermie, für wettbewerbliche Ausschreibungen und für die Entschädigung gewisser mit der Wasserkraftnutzung verbundener Sanierungsmassnahmen). Die bisherigen Teildeckel für die einzelnen Technologien sollen eliminiert werden. Einzig für die Photovoltaik sind weiterhin Zubaukontingente vorgesehen, um eine nachhaltige Entwicklung der Branche und der Kosten sicherzustellen. Das BFE bestimmt diese Zubaukontingente anhand technischer Kriterien, die neben der Kostenentwicklung bei der Photovoltaik und den übrigen Technologien

auch die Belastung der Elektrizitätsnetze (Spitzen, Speichermöglichkeiten) berücksichtigen.

­

Umbau der bisherigen KEV zu einem Einspeisevergütungssystem mit Direktvermarktung. Ziel des Umbaus ist eine bessere Marktintegration von Anlagen. Im Fokus stehen vor allem steuerbare Anlagen. Sie sollen künftig keine fixe Einspeisevergütung mehr erhalten, da sie keine Anreize bietet, zeitlich dann einzuspeisen, wenn der Strom auch benötigt wird. Grundsätzlich sollen künftig die Anlagebetreiber selber für den Absatz des Stroms verantwortlich sein. Dazu müssen sie mit den Abnehmern des Stroms geschickte Modelle aushandeln (z. B. um durch intelligente Steuerung die Ausgleichsenergie zu reduzieren). Für den ökologischen Mehrwert erhalten sie eine Einspeiseprämie aus dem Netzzuschlagsfonds, die sich in etwa aus der Differenz zwischen der klassischen KEV-Vergütung und einem Referenzmarktpreis berechnet. Mit dem ausgehandelten Marktpreis und der Einspeiseprämie sind die Anlagebetreiber finanziell nicht schlechter gestellt als in der klassischen KEV. Sie müssen sich aber darum kümmern, was mit dem von ihnen produzierten Strom geschieht. Für kleine und schlecht steuerbare Anlagen hingegen ändert sich nichts. Sie können weiterhin einen Referenzmarktpreis erhalten. Dieser entspricht zusammen mit der Einspeiseprämie in der Höhe dem bisherigen (festen) Vergütungssatz.

­

Einspeisevergütung nur noch für Neuanlagen: Nur noch Anlagen, die nach dem 1. Januar 2013 erstmals in Betrieb genommen worden sind, können am Einspeisevergütungssystem teilnehmen. Erhebliche Erneuerungen oder Erweiterungen bestehender Anlagen berechtigen nicht mehr zur Teilnahme.

Die Stellungnahmen im Rahmen der Vernehmlassung zeigen, dass nicht gänzlich auf das Potenzial solcher Anlagen verzichtet werden soll. Neben erheblich erweiterten oder erneuerten Wasserkraftanlagen ab 300 kW bis 10 MW sollen deshalb auch erheblich erweiterte oder erneuerte Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) und Abwasserreinigungsanlagen (ARA) und Klärgasanlagen weiterhin gefördert werden, neu aber mit einmaligen Investitionsbeiträgen. Bei den Wasserkraftanlagen sollen dadurch Anreize für die Nutzung und Optimierung bestehender Standorte aufrechterhalten bleiben.

­

Untergrenze Förderung Kleinwasserkraft. Kleine Wasserkraftwerke mit einer Leistung von weniger als 300 kW sollen künftig nicht mehr gefördert werden. Durch diese Massnahme kann die Anzahl Kleinstwasserkraftwerke mit tendenziell schlechterem Verhältnis zwischen Energieertrag und Umweltauswirkung deutlich reduziert und die Fördereffizienz (Franken/kWh) erhöht werden. Die Stellungnahmen der Vernehmlassung zeigen jedoch, dass nicht alle Wasserkraftwerke unterhalb von 300 kW von der Förderung ausgeschlossen werden sollen. Neben Anlagen, die an Infrastrukturanlagen gebunden sind (Trink- und Abwasserkraftwerke, Wässerwasserkraftwerke etc.) sollen auch Anlagen auf bereits durch Wasserkraftwerken genutzten Gewässerstrecken (Dotierkraftwerke, Kraftwerke in Unterwasserkanälen etc.) von der Untergrenze der Förderung ausgenommen werden. Damit kann sichergestellt werden, dass Anlagen mit geringen Umweltauswirkungen weiterhin gefördert werden können.

­

Die Vergütungssätze werden optimiert. Die Vergütungssätze sollen nicht mehr kostendeckend sein, sondern sich lediglich an den Gestehungskosten von Referenzanlagen orientieren. In Ausnahmefällen kann der Vergütungs7625

satz anhand anlagespezifischer Gestehungskosten bestimmt werden. Im Weiteren sollen die Vergütungsdauern kürzer werden, als sie bei der Einführung der Einspeisevergütung waren. Angestrebt wird eine technologiespezifische Vergütungsdauer von maximal 15 Jahren. Möglicherweise wird eine solche Verkürzung bereits über eine frühere Revision der Verordnung vorgezogen.

­

Neu sollen die Vergütungssätze, die bisher aufgrund der Gestehungskosten von Referenzanlagen berechnet und in der Energieverordnung festgelegt wurden, alternativ auch über Auktionen bestimmt werden können. Der Bundesrat entscheidet, ob und für welche Technologie oder Kategorie zu diesem System übergegangen wird. Ausschreibungen eignen sich vor allem für Technologien, die etabliert sind und deren Kosten von den Investoren relativ genau geschätzt werden können (z. B. bei der Photovoltaik).

­

Einmalige Investitionshilfen für kleine Photovoltaik-Anlagen: PhotovoltaikKleinanlagen machen einen grossen Anteil der Gesuche um Einspeisevergütung aus. Hier steht in der Regel der rentable Betrieb der Anlage nicht im Vordergrund. Daher sollen künftig Photovoltaik-Kleinanlagen (< 10 kW) ausserhalb des Modells der Einspeisevergütung durch einmalige Investitionshilfen (Einmalvergütung) in Höhe von maximal 30 Prozent der Investitionskosten gefördert werden. Das gilt auch für Projekte auf der heutigen Warteliste (inklusive den Anlagen auf der Warteliste, die bereits in Betrieb genommen wurden), die bisher noch keinen positiven Entscheid erhalten haben. Betreiber von Anlagen ab 10 und bis unterhalb 30 kW sollen zwischen Einspeisevergütung und Einmalvergütung wählen können (Wahlrecht).

­

Kehrichtverbrennungsanlagen, Abwasserreinigungs- beziehungsweise Klärgasanlagen, Deponiegasanlagen sowie Kombianlagen mit fossilen Brennoder Treibstoffen sollen nicht mehr mittels Einspeisevergütung unterstützt werden. Kehrichtverbrennungs- und Klärgasanlagen können stattdessen einen Investitionsbeitrag in der Höhe von höchstens 20 Prozent der anrechenbaren Investitionskosten in Anspruch nehmen. Diese Infrastrukturanlagen sind häufig im Besitz der öffentlichen Hand und haben den Auftrag, über verursachergerechte Entsorgungsgebühren kostendeckend zu wirtschaften.

Mit einem derartigen Investitionsbeitrag bleibt ein angemessener Investitionsanreiz bestehen, ohne wesentliche Marktverzerrungen zu generieren.

Anlagen, die teilweise fossile Brenn- oder Treibstoffe nutzen, haben in der Regel andere Möglichkeiten, den ökologischen Mehrwert zu vermarkten (z. B. Einsparungen bei der CO2-Abgabe oder den Verkauf von Bescheinigungen aus inländischen Kompensationsprojekten). Sie sind nicht im selben Masse auf Beiträge angewiesen und werden deshalb künftig nicht mehr unterstützt.

Zusammenfassend erfolgt mit obigen Anpassungen die finanzielle Förderung der erneuerbaren Stromproduktion über folgende Stufen: ­

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Anlagen, die sich nicht für die Einspeisevergütung qualifizieren, haben das Recht, dass der eingespeiste Strom zu Marktkonditionen vergütet wird (Art. 17). Dadurch haben auch Betreiber von kleinen Anlagen, welche nicht über genügend Verhandlungsmacht im freien Strommarkt verfügen, einen gewissen Schutz.

­

Rentabler ist es für die Kraftwerksbetreiber, welche sich für ein eigentliches Fördersystem (Einspeisevergütung oder Investitionsbeitrag) qualifizieren: ­ Bei der Einspeisevergütung gibt es eine Differenzierung zwischen Anlagen, die ihren Strom selber vermarkten müssen, und solchen, welche einen garantierten Referenz-Marktpreis erhalten. Je grösser und je besser steuerbar eine Anlage ist, umso mehr ist sie in der Pflicht, sich in den Markt zu integrieren und den Strom dann zu produzieren, wenn er auch gebraucht werden kann.

­ Kraftwerksbetreiber, die einen Investitionsbeitrag erhalten, profitieren neben dem einmaligen Beitrag von den Marktkonditionen nach Artikel 17.

Allen Produzenten (mit Ausnahme derjenigen, die eine Einspeisevergütung erhalten) steht es zudem frei, den ökologischen Mehrwert auf dem Markt für ÖkostromProdukte zu verkaufen.

Eigenverbrauch und Garantien für die Tiefengeothermie ­

Der Eigenverbrauch namentlich von Elektrizität ermöglicht Einsparungen bei den Energiebezugskosten und bildet damit einen Anreiz, selber Energie zu produzieren. Dem Eigenverbrauch kommt deshalb im Rahmen der Energiestrategie hinsichtlich des Ausbaus und der Dezentralisierung der Energieund insbesondere der Elektrizitätsproduktion sowie der angestrebten Erhöhung der Selbstversorgung eine wichtige Bedeutung zu. Heute ist der Eigenverbrauch oft faktisch nicht möglich, da gewisse Netzbetreiber und Energieversorger diesen nicht zulassen. Aus diesem Grund wird die an sich bereits bestehende Möglichkeit zum Eigenverbrauch nun explizit normiert (vgl.

auch pa. Iv. 12.400).

­

Im Bereich Tiefengeothermie werden potenzielle Investoren durch die hohen Investitionskosten und die grossen geologischen und technischen Risiken abgeschreckt. Zum Abbau dieser Hemmnisse sollen die bestehenden Garantien des Bundes zur Absicherung der Fündigkeitsrisiken ausgeweitet und die Rolle von Pilot- und Demonstrationsanlagen verstärkt werden.

Raumplanung Insbesondere Wasser- und Windkraftanlagen wirken sich erheblich auf den Raum aus und sie stehen oft im Interessenkonflikt mit anderen raumwirksamen (Schutz-) Interessen. Mit einem gesamtschweizerischen Konzept für den Ausbau erneuerbarer Energien sollen diese Konflikte entschärft und der Ausbau von Wasser- und Windkraft unterstützt werden. Das Konzept zeigt u. a. mit kleinmassstäblichen Karten grob auf, welche Gebiete sich für die Nutzung erneuerbarer Energien eignen. Idee dieses Ansatzes ist, dass bei einer landesweiten Vorgehensweise Kompromisse leichter erzielt werden können als bei einer kleinräumigen Betrachtung. Mit dem planerischen Ansatz dürften Lösungen auch deshalb einfacher werden, weil die sich teilweise widersprechenden Interessen frühzeitig und losgelöst von konkreten Projekten gegeneinander abgewogen werden können. Das Konzept soll federführend von den Kantonen erarbeitet werden. Der Bund unterstützt sie dabei, wobei er unter anderem für die nötige Koordination sorgt. Mit den herkömmlichen raumplanerischen Instrumenten (Richtplan und, wo nötig, Nutzungsplan) sollen die Festlegungen konkretisiert und verbindlich gemacht werden. Das Konzept dient als Grund-

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lage. Abweichungen vom Konzept müssen möglich sein, bedürfen aber einer überzeugenden Begründung.

Nationales Interesse Das EnG will Projekte zur Produktion erneuerbarer Energie im Rahmen der im Bewilligungsverfahren nötigen Interessenabwägung stärken: Neu soll gesetzlich verankert werden, dass die Nutzung erneuerbarer Energien und ihr Ausbau im nationalen Interesse liegen. Neue und bestehende Anlagen ab einer bestimmten Grösse und Bedeutung, also ab einer bestimmten Schwelle, erhalten so den Status eines nationalen Interesses. Mit diesem Status ziehen die Energieanlagen grundsätzlich mit anderen Interessen von nationaler Bedeutung gleich, insbesondere mit dem Schutzniveau, das die Objekte in den Bundesinventaren des Natur-, Landschafts-, Heimat- oder Ortsbildschutzes geniessen (BLN-Gebiete). Von deren ungeschmälerten Erhaltung darf nur zugunsten eines gleich- oder höherwertigen nationalen Anliegens abgewichen werden. Mit der Neuerung im EnG soll für die fraglichen Energieanlagen, zum Beispiel wenn in einem konkreten Fall über eine Bewilligung zu entscheiden ist, eine gegenüber heute bessere Ausgangslage für die Interessenabwägung geschaffen beziehungsweise eine solche überhaupt erst ermöglicht werden. Die Energieanlagen sollen grundsätzlich gleichauf mit anderen Anliegen von nationaler Bedeutung sein. Eine solche nationale Bedeutung kommt nicht nur den erwähnten Objekten in den Natur- und Heimatschutzinventaren des Bundes zu. Ein entsprechender Schutz besteht beispielsweise auch im Bereich der Auengebiete, Vogelreservate und Biotope. Ein Energievorhaben muss zudem auch bei einem Konflikt mit weiteren Interessen (Luftfahrt, Walderhaltung etc.) von erheblicher Bedeutung sein.

Mit der Bestimmung zum nationalen Interesse im EnG soll es eine Akzentverschiebung zugunsten der erneuerbaren Energien geben. Sie sollen gegenüber heute bessere Realisierungschancen erhalten, namentlich in den erwähnten BLN-Inventargebieten, aber nicht nur dort. Meinung ist freilich nicht, dass sämtliche noch freien Standorte verbaut werden sollen, erst recht nicht in Schutzgebieten. Vielmehr sollen v. a die Anlagen realisiert werden, die mit möglichst wenigen Eingriffen einen grösstmöglichen Nutzen für die Stromproduktion bringen. Das kann beispielsweisebeim Ausbau bestehender Anlagen der Fall sein.

Die Grössen- und
Bedeutungsschwelle für die Zuerkennung des nationalen Interesses wird für jede Technologie je nach Notwendigkeit separat auf Verordnungsstufe festgelegt. Die Schwelle für das nationale Interesse bei der Wasserkraft soll aus heutiger Sicht nicht unter 3 MW, mit Blick auf die Ausbauziele aber auch nicht über 10 MW liegen. Aus den analogen Überlegungen soll der Schwellenwert für das nationale Interesse bei Windenergieprojekten nicht kleiner als 5 MW aber auch nicht grösser und als 20 MW sein. Die genauen Werte werden im Rahmen einer Studie unter Beizug der Kantone, mehrerer Bundesämter und von Interessenvertreterinnen und -vertretern erarbeitet und dereinst in der Verordnung festgelegt.

Bewilligungsverfahren Die Bewilligungsverfahren für den Bau von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien sollen verkürzt und vereinfacht werden. So sind heute zahlreiche Projekte, die über einen positiven Bescheid verfügen, im Bewilligungsverfahren oder aufgrund von Einsprachen blockiert. Mehrere politische Vorstösse auf Bundesebene verlangen vom Bund, er solle Massnahmen ergreifen, um diese Bewilligungsverfahren zu beschleunigen (Motionen 09.3726, 09.4082, 11.3403, 11.3728).

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Die Bewilligungsverfahren für den Bau von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energie sind mit Ausnahme der Wasserkraftwerke an Grenzgewässern Sache der Kantone. Der Bund kann den Kantonen nur beschränkt Vorgaben machen. Neu wird den Kantonen vorgeschrieben, dass sie möglichst rasche Bewilligungsverfahren vorsehen müssen. Für die Wasserkraft wird den Kantonen über das Wasserrechtsgesetz vom 22. Dezember 1916 (WRG; SR 721.80) vorgeschrieben, für kleine Anlagen mit geringen Auswirkungen ein vereinfachtes Verfahren einzuführen. Dieses hat sich auf Bundesebene bereits bewährt.

­

Auf Stufe Bund erhält der Bundesrat die Kompetenz, eine Koordinationsstelle für Bewilligungen (Guichet unique) zu bezeichnen, welche die Stellungnahmen und Bewilligungen der verschiedenen Bundesämter sammelt und gebündelt weiterleitet. Die verschiedenen Bewilligungen sollen zudem, soweit möglich, parallel und nicht nacheinander ergehen.

­

Heute muss oft lange auf Gutachten der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) gewartet werden. Für diese und ähnliche Gutachten wird daher neu eine Frist von drei Monaten gesetzt.

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Im Rahmen der letzten Revision des RPG wurde sodann eine weitere Erleichterung für Solaranlagen beschlossen (Art. 18a). Anlagen, die genügend in die Dächer eingepasst sind, bedürfen keiner Baubewilligung mehr; sie müssen lediglich gemeldet werden. Für Anlagen auf Kultur- und Naturdenkmälern, für die es nach wie vor eine Bewilligung braucht, enthält das RPG zudem eine Regel zur Interessenabwägung: Die Denkmäler dürfen nicht wesentlich beeinträchtigt werden, ansonsten gehen die Interessen an der Nutzung der Solarenergie den ästhetischen Anliegen grundsätzlich vor.

­

Für Photovoltaik-Anlagen unter 30 kVA soll mit einer baldigen Änderung der Verordnung vom 2. Februar 2000 über das Plangenehmigungsverfahren für elektrische Anlagen (VPeA, SR 734.25) die sicherheitstechnische Bewilligung des ESTI wegfallen. Die Revision sieht auch weitere Beschleunigungen vor.

Unterstützende Massnahmen ­

Über das Programm EnergieSchweiz sind weitere Aktivitäten zur Unterstützung vorgesehen. So soll beispielsweise die Erarbeitung von Vollzugsrichtlinien ­ wie des Handbuchs für Umweltverträglichkeitsprüfungen ­ auf Bundesebene zu einer einheitlicheren, klareren Vollzugspraxis und damit zu rascheren Verfahren beitragen. Ausserdem sollen die Aktivitäten im Bereich Qualitätssicherung von erneuerbaren Energien im Rahmen von EnergieSchweiz ausgebaut und verstärkt werden. Damit soll gewährleistet werden, dass neue Anlagen gut geplant und gut gebaut werden, um die erneuerbaren Energieressourcen möglichst effizient, sicher und umweltschonend zu nutzen.

­

Eine von den Kantonen gemeinsam getragene Fachstelle für den Bereich Bewilligungen von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energie könnte die kantonalen Stellen bei der Beurteilung von Projekten fachlich und personell unterstützen. Diese Fachstelle könnte auch als Plattform zum Informationsaustausch zwischen den kantonalen Stellen dienen und so zu einer einheitlichen Beurteilungspraxis beitragen.

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Mit dem vermehrten Einsatz von erneuerbaren Energiequellen steigt der Bedarf an zuverlässigen Wetterprognosen beziehungsweise an effizienten meteorologischen Werkzeugen rasch an. In diesem Zusammenhang spielt MeteoSchweiz mit seinen Messinfrastrukturen und Computermodellen beim Umbau des Energiesystems eine zentrale Rolle.

Neuordnung von Vollzug und Netzzuschlagsfonds Die Organisation von Vollzug und Netzzuschlagfonds sind im Gesetz bisher kaum geregelt. Es besagt lediglich, dass bei Streitigkeiten die Elektrizitätskommission (ElCom) zu entscheiden hat. In der Folge wurde der Vollzug beim Start des Einspeisevergütungssystems im Jahr 2009 per Verordnung der nationalen Netzgesellschaft Swissgrid übertragen. Bereits damals wurde zwischen den Vorteilen dieser Lösung (Synergien mit sonstigen Aufgaben der Swissgrid, z. B. im Herkunftsnachweiswesen) und den Nachteilen (mögliche Interessenkonflikte, da sich das Aktionariat der Swissgrid AG u. a. aus Elektrizitätsversorgungsunternehmen zusammensetzt, die bei Swissgrid wiederum mit eigenen Projekten eine Einspeisevergütung beantragen) abgewogen.

Im Vernehmlassungsentwurf wurde eine Lösung vorgeschlagen, mit der einige der heutigen Mängel beseitigt worden wären, im Wesentlichen aber am Status quo festgehalten worden wäre. Der Vollzug des Einspeisevergütungssystems wäre demnach an eine Tochtergesellschaft von Swissgrid ausgelagert und gleichzeitig stark von dieser entflochten worden. Im Rahmen der Vernehmlassung wurde die Unabhängigkeit von Swissgrid für den Vollzug des Öftern in Frage gestellt. Auch die vorgeschlagene separate Vollzugstelle wurde mehrfach abgelehnt. In der Folge wurden weitere Varianten geprüft, unter anderem die Errichtung einer Anstalt des Bundes. Die Idee wurde jedoch verworfen, vor allem weil so für die ab 2021 auslaufende Einspeisevergütung noch ein neuer Apparat ­ neben Swissgrid und dem BFE die dritte Struktur ­ errichtet worden wäre, der sein Fachwissen erst noch hätte aufbauen müssen. Nun ist vorgesehen, den Vollzug ins BFE zu integrieren. Diese Variante lässt es zu, sämtliche Aufgaben an einem Ort zu konzentrieren und die Prozesse zu vereinfachen.

Als Konsequenz der Ansiedelung des Vollzugs beim Bund wird auch der Netzzuschlagsfonds zum Bund genommen (als einfacher Fonds ohne eigene Rechtspersönlichkeit). Mit der Integration in die finanziellen Strukturen des Bundes wird das Fondsvermögen der heutigen Stiftung Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) auf den Bund übertragen. Das bedingt die Schaffung eines Spezialfonds nach Artikel 52 des Finanzhaushaltsgesetzes vom 7. Oktober 2005 (FHG, SR 611.0). Mit einem solchen Fonds sind auch gewisse Nachteile
verbunden: Spezialfonds schränken die Transparenz und die Steuerbarkeit des Haushalts ein und können bestehende Anreize für eine wirtschaftliche Aufgabenerfüllung schwächen. Bedenken bezüglich fehlender Steuerbarkeit sind jedoch insofern zu relativieren, als die Regelung zum Einspeisevergütungssystem (mit seinem Finanzierungsmechanismus und der Zweckbindung der Mittel) ohnehin dazu führt, dass das Parlament die jährlichen Ausgaben kaum beeinflussen kann. Die Steuerbarkeit des Haushalts ist somit grundsätzlich eingeschränkt ist. Die Beeinträchtigung des Jährlichkeitsprinzips kann dadurch gerechtfertigt werden, als durch die Schaffung eines Fonds Verwerfungen im Bundeshaushalt (ungleiche Entwicklung von Einnahmen und Ausgaben) vermieden und der administrative Aufwand reduziert werden können.

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Kosten und Finanzierung Die Kostenschätzungen für den Zubau der erneuerbaren Energien hängen stark von der Entwicklung des Marktpreises für Energie ab. Diese Entwicklung kann nicht präzise vorausgesagt werden. Gemäss groben Schätzungen steigen die jährlichen Kosten von rund 210 Millionen Franken im Jahr 2011 auf 720 Millionen Franken im Jahr 2050. Die maximalen Kosten in der Höhe von 840 Millionen Franken würden zirka im Jahr 2040 anfallen. Es ist davon auszugehen, dass die Gestehungskosten der Elektrizitätsproduktion aufgrund der Erneuerung des Kraftwerkparks tendenziell steigen werden. Dadurch werden auch die Marktpreise in diesem Zeitraum tendenziell steigen.

Die oben skizzierte Förderung der erneuerbaren Energien soll einerseits aus der selbstständigen Anpassung des Strommixes durch die Netzbetreiber (Finanzierung über den Energiepreis) und andererseits über eine bedarfsgerechte, sukzessive Erhöhung des Netzzuschlags für die Einspeisevergütung, die Einmalvergütung für kleine Photovoltaikanlagen sowie Beiträge für erneuerte/erweiterte Wasserkraftanlagen, KVA und ARA/Klärgasanlagen finanziert werden.

Der maximale Netzzuschlag wird auf 2,3 Rp./kWh begrenzt. Er wird nicht nur zur Finanzierung der obigen Förderinstrumente, sondern auch mit einem Höchstbetrag von je max. 0,1 Rp./kWh pro Jahr für die nachfolgenden Zwecke eingesetzt: ­

Garantien zur Deckung der Fündigkeitsrisiken der Tiefengeothermie (Geothermie-Garantien);

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wettbewerbliche Ausschreibungen;

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Entschädigung gewisser mit der Wasserkraftnutzung verbundener Sanierungsmassnahmen.

Wird die heutige Vollzugsstelle von der Swissgrid zum Bund transferiert, so muss die Vollzugsorganisation neu beim Bund mit personellen Ressourcen im Umfang von insgesamt 2500 Stellenprozenten vorbereitet und sichergestellt werden. Die Kosten für die Vorbereitung und den Vollzug der Einspeisevergütung beim Bund werden wie bisher vollumfänglich über den Netzzuschlag finanziert.

4.2.7

Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen

Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen (WKK-Anlagen) sind dezentrale, fossil oder teilweise fossil befeuerte Anlagen. Sie werden in der Regel mit Erdgas betrieben und erzeugen sowohl Wärme als auch Elektrizität. Aufgrund des Wärmebedarfs für industrielle Prozesse, für grosse Gebäude sowie für Wärmenetze ist von einem theoretischen, technisch machbaren und gesamtenergetisch sinnvollen Potenzial von 5­7 TWh elektrischer Energie aus dezentral einspeisenden WKK-Anlagen auszugehen.

Die Gestehungskosten von Elektrizität aus WKK-Anlagen sind von der jeweiligen Anlagengrösse abhängig und sehr unterschiedlich: Während bei industriellen Prozessen und bei grossen Gebäuden die WKK-Anlagen nahezu wirtschaftlich betrieben werden können, sind die Kosten unter anderem bei kleinen WKK-Anlagen hoch.

Aufgrund der gegenwärtig tiefen Strompreise und des bestehenden CO2-Regimes haben Betreiber von WKK-Anlagen in der Industrie in den letzten Jahren kaum mehr Strom ins Netz eingespeist.

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Dezentrale WKK-Anlagen wären aber dazu prädestiniert, im Winterhalbjahr gleichzeitig Strom und Wärme zu liefern und die in dieser Zeit reduzierte Produktion von Strom aus Sonne und Wasserkraft teilweise zu kompensieren. Ihre Produktion kann ausserdem bedarfsgerecht ausgestaltet werden, weil sie sich rasch ein- und ausschalten lassen.

Die Rahmenbedingungen für bestehende und neue WKK-Anlagen sollen optimiert werden, weil WKK-Anlagen einen wesentlichen Beitrag zur Stabilität des lokalen Verteilnetzes und zur Versorgungssicherheit leisten können.

Optimierung der Rahmenbedingungen Aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse verzichtet der Bundesrat auf das vorgeschlagene Fördermodell für WKK-Anlagen. Er beabsichtigt stattdessen, die Rahmenbedingungen für WKK-Anlagen, auch für solche, die fossil oder teilweise fossil betrieben werden, mit folgenden Massnahmen zu verbessern: ­

Eigenverbrauchsregelung: Für die WKK-Anlagen gilt die Eigenverbrauchsregelung wie für alle anderen Produktionsanlagen auch (vgl. Ziff. 4.2.6).

­

Abnahmepreis für Strom: Die Netzbetreiber sollen dazu verpflichtet werden, die gesamte Elektrizität aus kleinen WKK-Anlagen abzunehmen und abzugelten. Kleine WKK-Anlagen sind solche mit einer elektrischen Leistung von höchstens 3 MWel oder einer jährlichen ins Netz einzuspeisenden Produktion von maximal 5000 MWh. Die minimale Abgeltung orientiert sich am aktuellen Spotmarktpreis («day ahead») für Strom.

­

Teilbefreiung von der CO2-Abgabe: Unternehmen, die eine WKK-Anlage mit einer Gesamtfeuerungsleistung von 1­20 MW wärmegeführt betreiben und nicht am Emissionshandelssystem teilnehmen, sollen sich nach einem separaten Regime von demjenigen Teil der CO2-Abgabe befreien lassen können, den sie für die Produktion des ins Netz eingespeisten Stroms bezahlen. Der rückerstattete Betrag muss zu mindestens 40 Prozent für Energieeffizienzmassnahmen im eigenen Betrieb und bei allfälligen Wärme- oder direkt angeschlossenen Stromkunden eingesetzt werden. Der Bund schreibt für die betroffenen WKK-Anlagen gewisse Mindestanforderungen betreffend Wirkungsgrad, Effizienz und Umweltauswirkungen vor.

Das ursprünglich vorgesehene Fördermodell für WKK-Anlagen wurde in der Vernehmlassung von unterschiedlichster Seite abgelehnt. So wurde es beispielsweise als inkonsistent empfunden, fossile Energieträger zu fördern und gleichzeitig die CO2Abgabe beizubehalten. Als Alternative zum vorgeschlagenen Fördermodell mit Rückliefertarifen wurden in der Vernehmlassung einmalige Investitionshilfen vorgeschlagen, wozu dem Bund aktuell jedoch die erforderliche verfassungsrechtliche Grundlage fehlt. Eine zusätzliche Förderung fossiler Fernwärmenetze, wie es in der Vernehmlassung verschiedentlich gefordert wurde, ist aus Sicht des Bundesrats nicht angezeigt. Heute kommen Kantone in den Genuss von Globalbeiträgen, wenn sie Fernwärmenetze fördern, die zumindest teilweise mit erneuerbarer Energie betrieben werden. Mit Blick auf die breite Ablehnung in der Vernehmlassung verzichtet der Bundesrat auf die vorgeschlagene, an den Gestehungskosten ausgerichtete Vergütung für Strom aus WKK-Anlagen und beschränkt sich darauf, nebst der Möglichkeit der Teilbefreiung von der CO2-Abgabe eine Pflicht der Netzbetreiber vorzusehen, Elektrizität aus kleinen WKK-Anlagen abzunehmen und angemessen zu vergüten.

7632

Kosten und Finanzierung Der Vollzug für die Teilbefreiung der CO2-Abgabe verursacht bei der EZV, welche den befreiten Anlagebetreibern die bezahlte CO2-Abgabe zurückerstattet, und beim BAFU, welches die Einhaltung der Verpflichtungen überprüft, zusätzlichen personellen Aufwand, der sich bei der Ausarbeitung der Verordnungsbestimmungen konkretisiert.

4.2.8

Gaskombikraftwerke

Künftig wird die Stromnachfrage mit einem Mix aus Wasserkraft, neuen erneuerbaren Energien und soweit nötig aus WKK-Anlagen, Gaskombikraftwerken (GuD) sowie mit Stromimporten abgedeckt. Dabei soll der Einsatz fossiler Technologien für die Stromproduktion die klimapolitischen Ziele des Bundes nicht gefährden. Die Betreiber fossil-thermischer Kraftwerke sind gemäss CO2-Gesetz verpflichtet, die verursachten CO2-Emissionen vollständig zu kompensieren. Das Parlament hat am 23. Dezember 2011 entschieden, dass die Kraftwerksbetreiber bis zu 50 Prozent der verursachten Emissionen durch den Zukauf ausländischer Zertifikate kompensieren dürfen. Für die restlichen 50 Prozent müssen die Betreiber im Inland entsprechende Kompensationsmassnahmen umsetzen. Da die fossil-thermischen Kraftwerke bisher nicht in das schweizerische Emissionshandelssystem (EHS) eingebunden sind, dürfen für den inländischen Teil der Kompensation keine Emissionsrechte aus dem EHS zur Erfüllung der Kompensationspflicht zugekauft werden.

Aufgrund des vorliegenden Massnahmenpakets dürfte in der Schweiz bis im Jahr 2020 ein Gaskombikraftwerk notwendig werden. Der weitere Bedarf hängt im Wesentlichen von der Entwicklung der Wirtschaft und des Stromverbrauchs, der Akzeptanz in der Gesellschaft sowie dem Ausbau der Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien ab. Je nachdem müsste die Stromversorgung mit weiteren Gaskombikraftwerken und/oder zusätzlichen Importen sichergestellt werden.

Soweit erforderlich, tragen eine begrenzte Anzahl Gaskombikraftwerke (GuD) zur Gewährleistung der Netzstabilität und eines angemessenen Eigenversorgungsgrades der Schweiz bei. Das Zusammenspiel zwischen Bandenergie, Spitzenenergie sowie Regel- und Ausgleichsenergie wird entsprechend neu gestaltet.

Verbesserung der Investitionsbedingungen Zur Verbesserung der Investitionsbedingungen für GuD strebt der Bundesrat deren Einbezug in das europäische Emissionshandelssystem an. Er will die laufenden Verhandlungen weiterführen, um den Schweizer GuD-Betreibern vergleichbare Bedingungen wie ihren europäischen Konkurrenten zu gewährleisten. Durch den Einschluss der GuD in das mit der EU verknüpfte Emissionshandelssystem würden Kraftwerke Zugang zum europäischen Emissionshandel erhalten. Wie ihre europäische Konkurrenz könnten auch GuD in der Schweiz ihre verursachten
CO2-Emissionen durch die Ersteigerung von Emissionsrechten kompensieren. Diese könnten auf dem gemeinsamen Markt erworben werden. Das BAFU verhandelt zurzeit die Bedingungen für eine Verknüpfung mit dem EU-EHS. Solange der Staatsvertrag über die Verknüpfung der beiden Emissionshandelssysteme nicht ratifiziert und die CO2-Gesetzgebung nicht entsprechend angepasst (Streichung der Kompensationspflicht für fossil-thermische Kraftwerke und Verpflichtung zur Teilnahme am EHS) ist, ist dies jedoch nicht möglich.

7633

Zudem soll der Bund eine Teilnahme der Schweiz am EU-Krisenmechanismus im Erdgasbereich beziehungsweise eine allfällige Liberalisierung des Gasmarktes Schweiz prüfen. Damit soll sichergestellt werden, dass Gaslieferungen in die Schweiz auch in Krisenzeiten ohne Unterbruch stattfinden. Auch strebt die Schweiz eine weitere Diversifizierung der Gasversorgung an, indem sie sich für den sogenannten südlichen Gaskorridor aus dem kaspischen Raum nach Italien einsetzt (vgl. Ziff. 1.1.5)

4.2.9

Netze (Verfahrensbeschleunigung und Smart Metering)

Die Energiestrategie und der damit verbundene Umbau des Energiesystems stellt auch neue Anforderungen an die Energienetze. Weder die bestehenden Strom- und Gasnetze noch die Nah- und Fernwärmenetze sind auf die mit dem Ausbau der Wind- und Sonnenenergie zunehmende stochastische Einspeisung von Energie ausgelegt. Sowohl Energienetze als auch Energiespeicher müssen zugebaut und modernisiert werden, damit auch künftig die für die Energieversorgungssicherheit wichtige Balance zwischen Angebot und Nachfrage gewährleistet werden kann.

Dies bedingt unter anderem auch eine integrale Betrachtung von Strom- und Gasnetzen und deren Eigenschaften zur Energiespeicherung (vgl. Ziff. 1.1.6).

Was die Stromnetze anbetrifft, ist die Schweiz die Stromdrehscheibe im Zentrum von Europa. Die zum Teil mehr als 40 Jahre alten Leitungen sind den heutigen und zukünftigen Stromflüssen nicht mehr gewachsen und müssen ­ unabhängig von der Energiestrategie 2050 ­ erneuert und ausgebaut werden. Der von Swissgrid identifizierte Erneuerungs- und Ausbaubedarf im Übertragungsnetz bis 2020 beträgt rund 1000 Kilometer. In den letzten zehn Jahren wurden aber nur rund 150 Kilometer an Leitungen gebaut. Zudem muss das Stromnetz für die Zukunft flexibel, intelligent und kosteneffizient ausgestaltet sein sowie optimal in Europa eingebunden werden.

Mit einer zunehmend dezentralen Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und WKK-Anlagen sowie dem stetig ansteigenden internationalen Stromaustausch genügt das heute bestehende Stromnetz den künftigen Anforderungen nicht mehr. Es besteht daher ein signifikanter Ausbaubedarf im Übertragungsnetz sowie ein Umund Ausbaubedarf in den Verteilnetzen, damit weiterhin ein sicherer Netzbetrieb gewährleistet ist. Der Einbezug sogenannter intelligenter Netzausbaumassnahmen (insbesondere auch von dezentralen Speichern und der Steuerung der dezentralen Einspeisung) spielt in den Verteilnetzen dabei eine zentrale Rolle.

Die Voraussetzungen für den zeit- und sachgerechten Um- und Ausbau der Stromnetze werden geschaffen. Als Bestandteil der Energiestrategie 2050 lässt der Bundesrat hierzu eine eigenständige Strategie Stromnetze (vgl. Ziff. 2.3.5) und darauf aufbauend eine separate Gesetzesvorlage ausarbeiten. Die Aufgabenteilung zwischen den involvierten Akteuren soll geklärt und die Transparenz in der
Netzplanung erhöht werden. Dies soll die Akzeptanz von Leitungsprojekten verbessern und insgesamt dazu beitragen, dass die Bewilligungsverfahren effizienter durchgeführt werden können.

Vereinzelte Massnahmen aus der Strategie Stromnetze können zeitlich vorgezogen und mit dem vorliegenden ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 vorgelegt werden. Mit diesen vorgezogenen Massnahmen werden folgende Ziele verfolgt: 7634

­

Die Bewilligungsverfahren sollen begrenzt und verkürzt werden.

­

Mit einer Delegationsnorm werden im Bereich Smart Metering die Voraussetzungen geschaffen, damit der Bundesrat wenn nötig Vorgaben zur Einführung von intelligenten Messsystemen bei den Endverbraucherinnen und Endverbrauchern und entsprechende technische Mindestanforderungen festlegen kann. Ausserdem wird geregelt, wer die Kosten der intelligenten Messsysteme bei den Endverbraucherinnen und Endverbrauchern trägt. Die notwendigen technischen Grundlagen zur Ausgestaltung eines intelligenten Netzes werden derzeit in der Smart Grid Roadmap erarbeitet. Dabei werden Speicheranwendungen und Steuerungen unterschiedlichster Art untersucht.

Verfahrensbeschleunigung Im Bereich der Verfahrensbeschleunigung sind folgende Massnahmen vorgesehen: ­

Einführung von Ordnungsfristen für Sachplan- und Plangenehmigungsverfahren: Mit der Einführung von Ordnungsfristen für Sachplan- und Plangenehmigungsverfahren (Ergänzung von Artikel 16 Absatz 5 EleG und neuer Art. 16abis EleG) werden die Leitbehörde und die Verfahrensbeteiligten angehalten, die Verfahren rascher abzuwickeln.

­

Verkürzung des Rechtsmittelverfahrens: Mit Einführung des Buchstabens w in Artikel 83 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG, SR 173.110) wird der Zugang an das Bundesgericht für Beschwerden betreffend die Plangenehmigung von elektrischen Anlagen auf Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung beschränkt. Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt somit einen Grossteil der Beschwerdefälle abschliessend. Diese Lösung steht in Einklang mit den Zielsetzungen der Justizreform (Entlastung des Bundesgerichts) und hat lediglich einen geringfügigen Abbau des Rechtsschutzes zur Folge. Sie stellt entgegen den Befürchtungen von Umweltverbänden auch das Verbandsbeschwerderecht nicht in Frage. Mit dem Bundesverwaltungsgericht bleibt eine Rechtmittelinstanz, die über volle Kognition verfügt, weiterhin für die Beurteilung sämtlicher Fälle bestehen Um diese ausgewogene Lösung nicht zu gefährden, werden die in der Vernehmlassung vorgebrachten Forderungen nach einem vollständigen Verzicht auf das Bundesgericht als zweite Rechtsmittelinstanz oder auf Ausweitung oder Einschränkung des Geltungsbereiches der vorgeschlagenen Regelung nicht übernommen.

Auch dem Begehren, es seien präzisere Angaben darüber zu machen, was konkret als «Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung» zu gelten habe, kann nicht entsprochen werden. Die Rügegründe sollen nicht von Vornherein eingeschränkt werden. Das würde zwar Klarheit schaffen, der Komplexität der zu beurteilenden Sachverhalte und Rechtsfragen könnte eine solche Festlegung aber nicht gerecht werden. Es muss dem Bundesgericht überlassen bleiben, welche Fragen es gemäss der anerkanntermassen bewährten Praxis als grundlegend oder als besonders bedeutend betrachtet.

Andere Vorschläge zur Beschleunigung des Rechtsmittelverfahrens können nicht umgesetzt werden, weil sie entweder mit dem schweizerischen Rechtssystem und der Verfassung nicht vereinbar sind, offensichtlich nicht zielführend umgesetzt werden können oder sich aufgrund der fehlenden Akzeptanz kontraproduktiv auf die Verfahrensdauer auswirken könnten. Da ein Grossteil des Beschleunigungspoten7635

zials in der räumlichen Koordination und Kommunikation sowie im Projektablauf liegt, werden im Rahmen der Strategie Stromnetze Massnahmen insbesondere in diesen Bereichen detailliert zu prüfen und mit den beteiligten Akteuren zu erörtern sein. Ein Teil der von den Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmern vorgebrachten Vorschläge wird schliesslich auch bereits im Rahmen einer Revision der Verordnung vom 2. Februar 2000 über das Plangenehmigungsverfahren für elektrische Anlagen (VPeA)46 aufgenommen und stufengerecht umgesetzt.

Grundlagen für die Einführung von Smart Metering Basierend auf den Ergebnissen einer Folgenabschätzung (eines sog. Impact Assessments) über die Einführung von Smart Metering und auf einer Analyse der internationalen Entwicklungen werden folgende Massnahmen vorgeschlagen (neuer Art. 17a im StromVG): ­

Schaffung einer Delegationsnorm, wonach der Bundesrat Vorgaben zur Einführung von intelligenten Messsystemen bei den Endverbraucherinnen und Endverbrauchern machen kann. Der Bundesrat kann insbesondere die Netzbetreiber dazu verpflichten, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt bei allen Endverbraucherinnen und Endverbrauchern oder gewissen Gruppen von Endverbraucherinnen und Endverbrauchern die Installation intelligenter Messsysteme zu veranlassen (sog. Roll-out).

­

Schaffung einer Delegationsnorm, wonach der Bundesrat festlegen kann, welchen technischen Mindestanforderungen die intelligenten Messsysteme bei den Endverbraucherinnen und Endverbrauchern zu genügen haben und welche weiteren Eigenschaften, Ausstattungen und Funktionalitäten sie aufweisen müssen.

Bei einer Einführung von Smart Meters ist zudem die Kostentragung zu regeln.

Artikel 15 Absatz 1 StromVG soll dahingehend ergänzt werden, dass neben den Betriebs- und Kapitalkosten eines sicheren, leistungsfähigen und effizienten Netzes auch die Kapitalkosten (namentlich Kosten von Anschaffung und Installation) und die Betriebskosten gesetzlich vorgeschriebener intelligenter Messsysteme bei den Endverbraucherinnen und Endverbrauchern als anrechenbare Kosten gelten. Intelligente Messsysteme anderer Art sind durch die vorgenommene Ergänzung in Artikel 15 Absatz 1 StromVG nicht betroffen. Eine Anrechenbarkeit intelligenter Messsysteme anderer Art beurteilt sich weiterhin nach Artikel 15 Absatz 1 erster Satz StromVG, das heisst diese sind namentlich dann anrechenbar, wenn sie im Sinne eines sicheren, leistungsfähigen und effizienten Netzes sind. Intelligente Messsysteme anderer Art und ihr mögliches Zusammenspiel sind Teil der Evaluationen, welche in der Smart Grid Roadmap erfolgen. Die Festlegung technischer Mindestanforderungen für intelligente Messsysteme bei den Endverbraucherinnen und Endverbrauchern ist wichtig, um zu verhindern, dass in eine Smart-Meter-Technologie investiert wird, die nicht in der Lage ist, den gewünschten Nutzen zu generieren.

Die Massnahmen im Bereich Smart Metering/Smart Grids bilden die Grundlage, um zusammen mit weiteren Anpassungen (z. B. im Bereich der innovativen Produktgestaltung von Strombörsen, sog. «Smart Bids», und neuer Angebote für Endkunden) den Strommarkt zukunftsfähig gestalten zu können.

46

SR 734.25

7636

Kosten und Finanzierung Der Bundesrat geht für den Ausbau und die Erneuerung im Übertragungsnetz und den Ausbau im Verteilnetz von Kosten in der Höhe von bis zu 18 Milliarden Franken aus. Beim Übertragungsnetz liegen die Kosten der notwendigen Ausbauprojekte bis 2050 bei 2,3­2,7 Milliarden Franken. Zusätzlich fallen bis 2030 rund 4 Milliarden Franken für die Erneuerung des Übertragungsnetzes an. Bei den Verteilnetzen fällt bis 2050 infolge der zunehmenden dezentralen Einspeisungen ein Ausbaubedarf an, welcher je nach Szenario zwischen 3,9 und 12,6 Milliarden Franken liegt (vgl.

Ziff. 6.3.1). Diese Kosten könnten durch intelligente Steuerungen (z. B. bei der Spannungshaltung, dem Einsatz von dezentralen Speichern oder der Steuerung der dezentralen Produktion) reduziert werden.

Die Kosten für den Um- und Ausbau der Netze, einschliesslich einer allfälligen Einführung von Smart Metering, werden von den Netzbetreibern getragen. Diese können die Kosten, soweit sie als anrechenbar gelten, via Netznutzungsentgelte auf die Endverbraucherinnen und Endverbraucher überwälzen. Die Grundlagen zur Bestimmung der Anrechenbarkeit werden derzeit in der Smart Grid Roadmap erarbeitet und sollen bis 2014 vorliegen. Insgesamt ist keine staatliche Finanzierung im Netzbereich vorgesehen.

Die neuen Prozesse im Zusammenhang mit der Erarbeitung und Umsetzung der Strategie Stromnetze führen beim BFE, beim ARE, beim BAFU und bei der ElCom zu einer personellen Mehrbelastung. Die Finanzierung dieses personellen Mehraufwands soll möglichst über allgemeine Bundesmittel beziehungsweise über verrechenbare Leistungen erfolgen.

4.2.10

Pilot-, Demonstrations- sowie Leuchtturmprogramme

Die Energieforschung deckt die ganze Wertschöpfungskette von der Grundlagenforschung bis zur produktnahen Entwicklung ab. Ein zentrales Element für den Transfer von Forschungsergebnissen in den Markt sind Pilot- und Demonstrationsprojekte (P+D-Projekte). Im letzten Jahrzehnt wurden die ordentlichen Mittel für P+DProjekte massiv gekürzt. Gemäss Masterplan Cleantech Schweiz, Aktionsplan Koordinierte Energieforschung Schweiz und Amtsstrategie des BFE ist jedoch die Förderung von P+D-Projekten durch eine substanzielle Aufstockung der Mittel zur Erreichung der Ziele unabdingbar.

Über P+D-Projekte und neu auch Leuchtturmprojekte werden Technologien aus der Forschung im realen Einsatz getestet und bekannt gemacht.

Die bestehende Förderung von P+D-Projekten wird weitergeführt. Neu wird eine Förderung von Leuchtturmprojekten im Energiebereich eingeführt. Bei Leuchtturmprojekten handelt es sich um spezielle Demonstrationsprojekte mit «gläserner Werkstatt», die neue Technologien und Systemlösungen in der Praxis testen und bekannt machen, den Energiedialog und die Sensibilisierung in Fachkreisen und der breiten Bevölkerung fördern sowie die Markttransparenz neuer Konzepte und Technologien unterstützen. Die Ausgestaltung des Vollzugs dieses Förderprogramms (z. B. Regelungen bzgl. Programmleitung und Evaluationskriterien) wird vom BFE festgelegt.

Es stützt sich dabei auf die Erfahrungen aus dem bewährten P+D-Programm.

7637

Kosten und Finanzierung Die verstärkte Förderung von Pilot- und Demonstrationsprojekten führt von 2015­ 2020 zu einem jährlichen Mehrbedarf von 20 Millionen Franken. Die Förderung von Leuchtturmprojekten führt von 2015­2020 zu einem jährlichen Mehrbedarf von 10 Millionen Franken.

4.2.11

Vorbildfunktion des Bundes

Der Bund, der für rund zwei Prozent des schweizerischen Gesamtenergieverbrauchs verantwortlich ist, soll künftig mit geeigneten Massnahmen den Energieverbrauch senken und optimieren. Damit nimmt der Bund seine Vorbildfunktion im Rahmen der Energiestrategie 2050 wahr. Die Ebene Bund umfasst die Bundesverwaltung (inkl. VBS), den gesamten ETH-Bereich und die bundesnahen Unternehmen, die vom Bundesrat strategisch geführt werden (Post, SBB, Skyguide und Swisscom ­ später weitere).

Angestrebt wird bis 2020 eine Steigerung der Energieeffizienz (je nach Bereich gemessen im Verhältnis zu Full-Time-Equivalent FTE, gefahrene Passagierkilometer, etc.) um 25 Prozent (Basisjahr 2006). Dazu sollen entsprechende Leistungsaufträge definiert werden. Die bestehenden Ziele und Massnahmen der entsprechenden Organisationseinheiten sollen stärker auf die Ziele der Energiestrategie 2050 ausgerichtet werden. Einzubeziehen sind die Verwaltungstätigkeiten, die Dienstleistungen und Produkte sowie das Benutzerverhalten der Mitarbeitenden. Die Massnahmen sind von den jeweiligen Organisationen umzusetzen.

Zur Gesamtsteuerung und Koordination der Vorbildfunktion Bund im Energiebereich wurde eine Koordinationsgruppe KG-VBE geschaffen. Die KG-VBE erarbeitet konsensual geeignete Massnahmen und definiert den gemeinsamen Aktionsplan zur Wahrnehmung der Vorbildfunktion Bund für die Energiestrategie 2050. Sie koordiniert die Kommunikation der Ergebnisse. Die vorzuschlagenden Massnahmen bauen auf bestehenden Strukturen (Programm für Ressourcen- und Umweltmanagement der Bundesverwaltung RUMBA und Grossverbraucher des Bundes GVB) sowie auf den Erfahrungen aus bereits durchgeführten Arbeiten und Programmen auf. Zur Unterstützung der Arbeiten der KG-VBE betreibt das BFE eine Geschäftsstelle Vorbildfunktion Bund im Energiebereich. Sowohl die Koordinationsgruppe als auch die Geschäftsstelle haben ihre Arbeit 2012 aufgenommen.

Die KG-VBE hat sich folgende Schwerpunkte gesetzt: ­

Gebäude und erneuerbare Energien;

­

Mobilität;

­

Rechenzentren und Green-IT;

­

Basisinstrument Berichterstattung (inkl. relevante Energiedaten, Kommunikation und Sensibilisierung).

Für diese Themen wird die KG-VBE die Ziele (Messbarkeit), Indikatoren, Massnahmen und einen Zeitplan definieren. Die Massnahmen sind auf ihre Kosten hin zu prüfen. Bei Bedarf sind entsprechende Finanzierungsanträge zu stellen.

7638

Kosten und Finanzierung Die Erarbeitung der planerischen Grundlagen für Massnahmen für die Vorbildfunktion des Bundes führt im Sachmittelbereich von 2015­2020 zu einem Mehrbedarf von jährlich 2 Millionen Franken. Mehrkosten für die Umsetzung besonderer Massnahmen an Bauten, technischen Anlagen etc. im Zuge der Vorbildfunktion des Bundes durch die beteiligten Organisationseinheiten sind dabei nicht eingerechnet.

4.2.12

Programm EnergieSchweiz

EnergieSchweiz ist das partnerschaftliche Programm für unterstützende Massnahmen im Bereich erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Das Programm wurde 2001 gestartet und im Jahr 2010 vom Bundesrat für zehn weitere Jahre verlängert.

Es fördert und verstärkt die Umsetzung von gesetzlichen, marktwirtschaftlichen und freiwilligen Massnahmen in Haushalten, Gemeinden, Städten, Gewerbe und Industrie mit innovativen Projekten, Partnerschaften, Beratungsinitiativen und weiteren Aktivitäten. Das Programm stellt einen integralen Bestandteil des ersten Massnahmenpakets zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 dar. Sämtliche unterstützenden freiwilligen Massnahmen sollen unter dem Dach von EnergieSchweiz umgesetzt werden. Ergänzende Programme des Bundes, wie das im Rahmen der CO2Gesetzgebung vorgesehene Klimaprogramm Kommunikation und Bildung, werden auf die Massnahmen von EnergieSchweiz abgestimmt.

EnergieSchweiz verstärkt die Wirkung der gesetzlichen und freiwilligen Massnahmen sowie jene der Fördermassnahmen des ersten Massnahmenpakets: ­

EnergieSchweiz unterstützt und ergänzt mit Sensibilisierung, Information und Beratung, Aus- und Weiterbildung, Qualitätssicherung, Vernetzung und fortschrittlichen Projekten die übrigen Massnahmen der Energiestrategie 2050. Das Programm zielt vor allem auf den Abbau nicht preislicher Hemmnissen und entsprechender Transaktionskosten, die der Realisierung von Effizienzmassnahmen und der Ausschöpfung des in der Energiestrategie 2050 definierten Potenzials an erneuerbaren Energien entgegenstehen.

­

EnergieSchweiz soll zur marktkonformen Entwicklung, Einführung und Verbreitung neuer Technologien und innovativer Anwendungen sowie zur Schaffung nachhaltiger Arbeitsplätze in diesen Bereichen beitragen. Zu diesem Zweck werden innovative Projekte auch finanziell unterstützt.

Die bisherigen Schwerpunkte von EnergieSchweiz werden beibehalten. Bei der Verstärkung des Programms werden jedoch im Hinblick auf die Ziele der Energiestrategie und zur möglichst optimalen Ergänzung der übrigen Massnahmen neue Prioritäten gesetzt. Insbesondere sollen die Potenziale in den Bereichen effiziente Mobilität, Stromeffizienz und Elektrizitätsproduktion aus erneuerbaren Energien stärker ausgeschöpft werden. Zudem sollen die Gemeinden verstärkt in der Ausschöpfung ihres energiepolitischen Handlungsspielraums unterstützt und die Anstrengungen in der Aus- und Weiterbildung intensiviert werden.

Kosten und Finanzierung Die integrale Umsetzung und Verstärkung sämtlicher unterstützender Massnahmen unter dem Dach von EnergieSchweiz führt im Sachmittelbereich von 2015­2020 zu einem jährlichen Mehrbedarf von 29 Millionen Franken. Damit stehen dem Pro7639

gramm EnergieSchweiz ab 2015 jährlich insgesamt 55 Millionen Franken zur Verfügung.

4.2.13

Weitere Massnahmen

Internationale Verpflichtungen Die Schweiz muss aufgrund der drei Hauptziele der Schweizer Energieaussenpolitik (Sicherstellung der Energieversorgung, das Garantieren eines wettbewerbsfähigen Energiemarktes und die Förderung einer klimafreundlichen und effizienten Energienutzung) eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten, mit der Europäischen Union (EU), mit ausgewählten europäischen und aussereuropäischen Staaten und mit internationalen Organisationen pflegen. Im Besonderen betrifft dies nebst den politisch motivierten Aktivitäten Aufwände für die Teilnahme in Arbeitsgruppen im Rahmen der Einführung neuer Standards und Normen in der EU (Framework Guidelines und Network Codes) für die Netzplanung, für den Betrieb von Übertragungs- und Verteilnetzen sowie für das Engpassmanagement. Darunter fällt das Erarbeiten von Grundlagenberichten, die Aufnahme und Pflege der europäischen Kontakte sowie die Abstimmung und Koordination mit der ElCom und der Strombranche. Weitere Aufgaben entstehen durch die neuen, auf europäischem Niveau koordinierten Planungsarbeiten der strategischen Infrastruktur im Bereich Elektrizitätsnetze insbesondere für die Arbeitsgruppen im Rahmen des «EU-Energymarket Implementation Benchmarking and Monitoring» und «Market Integrity and Transparency» sowie der Arbeitsgruppen, die sich mit der Weiterentwicklung der Energiegrosshandelsmärkte beschäftigen. Das BFE nimmt hier Aufgaben im Bereich der Marktgestaltung und des Monitorings wahr.

Verfahren Kernenergie Infolge vorgerückten Alters einiger Kernanlagen wird sich das BFE zunehmend mit Fragen der Stilllegung befassen müssen. Es geht dabei einerseits um Kernkraftwerke und anderseits um Forschungsanlagen. Auf Seiten der Betreiber der Kernkraftwerke und dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) werden bereits konzeptionelle und weitere Vorarbeiten im Hinblick auf die Stilllegung von Kernkraftwerken geleistet. Das ENSI verfügt neu über eine Sektion Stilllegung. Beim Paul Scherrer Institut PSI in Würenlingen AG werden in den nächsten Jahren mehrere Forschungsreaktoren stillgelegt. Das BFE hat als verfahrensleitende Behörde die entsprechenden Verfahren durchzuführen. Daneben stehen Bewilligungsverfahren an für weitere PSI-Kernanlagen. Die Universität Basel hat entschieden, ihren Forschungsreaktor möglichst rasch
stillzulegen und ein Gesuch beim BFE einzureichen. Daneben hat der Aufwand für die Verfahren um das Kernkraftwerk Mühleberg weiter zugenommen. Nachdem das Bundesgericht in zwei ersten Verfahren seine Entscheide gefällt hat, sind zurzeit drei weitere Verfahren hängig, und ein viertes ist angekündet. Diese Verfahren sind komplex und teilweise sehr langwierig. So hat das erste Verfahren bis zum abschliessenden Entscheid des Bundesgerichts acht Jahre gedauert. Oft stellen sich zeitlich dringliche Fragen (z. B. vorsorgliche Massnahmen, aufschiebende Wirkung), welche Zwischenentscheide erfordern. Praktisch alle wichtigen Entscheide werden ans Bundesverwaltungsgericht wie auch ans Bundesgericht weitergezogen.

7640

Stilllegungs- und Entsorgungsfonds Das BFE erbringt momentan mit vier Funktionen Tätigkeiten im Bereich der Stilllegungs- und Entsorgungsfonds: Es sind dies das Präsidium der Kommission, Einsitze im Anlage- und im Kostenausschuss sowie die Aufsicht. Mit der durch die Energiestrategie 2050 verfolgten Stossrichtung nimmt der Aufwand zur Bewältigung dieser Aufgaben zu. Die laufenden Vorarbeiten für eine Revision der Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung beispielsweise beanspruchen deutlich mehr Ressourcen als geplant. Dazu nimmt das öffentliche und mediale Interesse an Themen in Zusammenhang mit den Fonds stark zu. Zudem wird der vertiefte Erfahrungsaustausch mit ausländischen Behörden gefordert, um die Planung, Durchführung, Finanzierung und Aufsicht von Stilllegungs- und Entsorgungsvorhaben in der Schweiz sicherzustellen. Dies erfordert zusätzliche Ressourcen, auch um eine zweckmässige, saubere Governance einzuhalten (Gewaltentrennung bei den Funktionen).

Kosten und Finanzierung Für die Aufgaben im Zusammenhang mit internationalen Verpflichtungen werden zusätzlich unbefristet 200 Stellenprozente notwendig. Die Auslagen für den personellen Mehraufwand werden vollumfänglich über eine Aufsichtsabgabe finanziert.

Für die Aufgaben im Zusammenhang mit den Verfahren zur Stilllegung von Kernanlagen sowie den Verfahren zum Kernkraftwerk Mühleberg werden unbefristet zusätzlich 100 Stellenprozente notwendig. Die Auslagen für den personellen Mehrbedarf können teilweise über Gebühren finanziert werden.

Für die Aufgaben im Zusammenhang mit den Aktivitäten des Stilllegungs- und Entsorgungsfonds entsteht ein personeller Mehraufwand von 100 Stellenprozenten.

Die Mehrkosten werden vollumfänglich über den Stilllegungs- und Entsorgungsfonds finanziert.

4.3

Wirkung

Die Wirkung des ersten Massnahmenpakets wurde anhand der Energieperspektiven 2050 (vgl. Ziff. 2.1) abgeschätzt47. Dabei wurden die Wirkungen des ersten Massnahmenpakets ­ nachfolgend als Politische Massnahmen des Bundesrats bezeichnet ­ für die Zeitpunkte 2020, 2035 und 2050 mit den Wirkungen der Politikvarianten Weiter wie bisher (WWB) sowie Neue Energiepolitik (vgl. Ziff. 2.1) verglichen.

4.3.1

Entwicklung des Endenergieverbrauchs

Allein mit dem vorliegenden ersten Massnahmenpaket können ohne Technologiesprünge und ohne verstärkte internationale Zusammenarbeit die langfristigen Ziele der neuen Energiepolitik beim Endenergieverbrauch zu rund 45 Prozent erreicht

47

Die Energieperspektiven 2050, Bundesamt für Energie, Prognos AG, Basel und Ecoplan AG, Bern. Abrufbar im Internet unter: www.bfe.admin.ch, Rubrik Energieperspektiven 2050.

7641

werden (siehe Grafik 5). Dabei wird auch berücksichtigt, dass die Wirkung der Massnahmenpakete im Laufe der Zeit abnimmt.

Grafik 5 Endenergieverbrauch 2000­2050 der Szenarien Weiter wie bisher (WWB); Politische Massnahmen Bundesrat (POM) und Neue Energiepolitik (NEP) in PJ (3,6 PJ = 1 TWh)

Der Endenergieverbrauch liegt aufgrund des vorliegenden Massnahmenpakets im Jahr 2020 bei 213 TWh (767 PJ), im Jahr 2035 bei 178 TWh (639 PJ) und 2050 bei 157 TWh (565 PJ). Damit sinkt die Endenergienachfrage bereits bis 2020 im Vergleich zum Jahr 2010 um 8,8 Prozent. Ab 2020 beschleunigt sich die Wirkung, sodass sich die Endenergienachfrage bis 2035 um 24 Prozent und bis 2050 um 33 Prozent im Vergleich zu 2010 reduziert. Beim Endenergieverbrauch werden die Ziele bis 2020 zu 39 Prozent, bis 2035 zu 43 Prozent und bis 2050 zu 45 Prozent erreicht. Der Endenergieverbrauch des Szenarios Neue Energiepolitik liegt im Jahre 2035 bei 152 TWh (549 PJ).

Der Energiemix wird sich weiter verändern, wie er dies bereits in der Vergangenheit ­ unabhängig von der Energiepolitik ­ immer wieder getan hat.

Aus Tabelle 2 geht hervor, wie sich der Energiemix in den Jahren 2020, 2035 und 2050 voraussichtlich zusammensetzen wird, wenn die vorliegenden Massnahmen in allen Bereichen konsequent umgesetzt werden. Der Anteil fossiler Energieträger sinkt deutlich. Dies insbesondere aufgrund des Gebäudeprogramms, das über die Zeitachse seine volle Wirkung entfaltet. Gleichzeitig ist ersichtlich, dass der Anteil der Elektrizität im Energiemix bis 2050 ansteigt. Auf der einen Seite bewirkt das Bevölkerungswachstum eine Mehrnachfrage nach Elektrizität, andererseits wirkt sich die Elektrifizierung des Strassenverkehrs ab 2035 verstärkt auf die Elektrizitätsnachfrage aus.

7642

Tabelle 2 Szenario Politische Massnahmen Bundesrat (POM) Energieverbrauch nach Energieträgern in PJ (3,6 PJ = 1 TWh) und Anteile in Prozent

Nach Sektoren gegliedert werden mit den vorliegenden Massnahmen sowohl beim Endenergie- als auch beim Stromverbrauch unterschiedliche Wirkungen erzielt (vgl.

Grafik 6):

7643

Grafik 6 Endenergieverbrauch nach Szenarien und nach Wirtschaftssektoren in PJ (3,6 PJ = 1 TWh), 2010­2050.

Im Sektor Haushalte wirken sich die Massnahmen im Bereich des Endenergieverbrauchs stärker aus als in den Sektoren Industrie und Dienstleistungen sowie Verkehr. Der Grund liegt darin, dass der Energieverbrauch in den Haushalten hauptsächlich in den Gebäuden stattfindet und mit dem verstärkten Gebäudeprogramm (vgl. Ziff. 4.2.1) ein wirkungsvolles Instrument vorliegt. Bis 2020 reduziert sich der Endverbrauch der Haushalte gegenüber 2010 um 13 Prozent auf 66 TWh (237 PJ).

Die langfristigen Ziele des Bundesrats bis 2050 werden mit dem vorliegenden Massnahmenpaket zu 52 Prozent erreicht. Das Gebäudeprogramm wirkt auch im Sektor Industrie & Dienstleistungen, allerdings dämpfen hier andere Anwendungen (Antriebe, Prozesse etc.) diesen Einfluss, sodass 2020 ein Endverbrauch von 85 TWh (307 PJ) erreicht wird, was eine Reduktion um 4 Prozent gegenüber 2010 bedeutet. Die Ziele bis 2050 werden damit zu 41 Prozent erreicht. In 2035 liegt der Endverbrauch der Haushalte im Szenario «Neue Energiepolitik» bei 45 TWh (163 PJ), während die Sektoren Industrie & Dienstleistungen, 67 TWh (244 PJ) verbrauchten.

Im Sektor Verkehr führen insbesondere die vorgesehenen Verbrauchsvorschriften sowie die Elektrifizierung des Verkehrs dazu, dass beim Endenergieverbrauch im Bereich der Mobilität bis 2020 ein Reduktion um 10 Prozent gegenüber 2010 erreicht wird. Der Endverbrauch liegt 2020 bei 62 TWh (224 PJ). Die langfristigen Ziele des Bundesrats werden damit bis 2050 zu 44 Prozent erreicht. Der Sektor Verkehr weist im Szenario NEP im Jahr 2035 einen Verbrauch von 40 TWh (143 PJ) auf.

Die Auslandabhängigkeit bei der Energieversorgung wird durch die Energiestrategie nicht grösser, sondern insgesamt kleiner; auch wenn beim Strom zumindest saisonal ein Bedarf nach höheren Stromimporten beziehungsweise Gasimporten zur Stromerzeugung entstehen sollte. Bezüglich Auslandabhängigkeit spielt es dabei praktisch keine Rolle, ob Strom oder Gas zur Stromproduktion importiert wird. Effizienz- und 7644

technologiebedingt geht der Energieverbrauch in allen Szenarien zurück. Zudem wächst der Anteil der im Inland produzierten erneuerbaren Energien. Stromangebotsseitig werden die Kernkraftwerke, welche einen kleinen Wirkungsgrad aufweisen, mit inländischen erneuerbaren Energien, mit hocheffizienten GuD oder Stromimporten ersetzt. Im Szenario Neue Energiepolitik beträgt die Auslandabhängigkeit im Jahr 2035 rund 51 Prozent.

Tabelle 3 Anteile der Importe in Prozent an der Gesamtbilanz in den Szenarien Weiter wie bisher und Politische Massnahmen Bundesrat 2000

2010

2020

2035

2050

Weiter wie bisher (WWB)

77

79

74

62

51

Politische Massnahmen Bundesrat (POM)

77

79

73

57

43

4.3.2

Entwicklung des Elektrizitätsverbrauchs

Der Elektrizitätsverbrauch liegt aufgrund des vorliegenden Massnahmenpakets im Jahr 2020 voraussichtlich bei 59 TWh (211 Petajoule PJ), im Jahr 2035 bei 58 TWh (208 PJ) und 2050 bei 61 TWh (219 PJ). Damit sinkt die Elektrizitätsnachfrage bis 2020 im Vergleich zum Jahr 2010 um 0,2 Prozent. Bis 2035 sinkt der Verbrauch um 1,4 Prozent, bis 2050 steigt er um 3,6 Prozent an.

Bei der Elektrizitätsnachfrage werden die Ziele bis 2020 zu 94 Prozent, bis 2035 zu 70 Prozent und bis 2050 zu 51 Prozent erreicht (vgl. Grafik 7).

7645

Grafik 7 Elektrizitätsverbrauch 2000­2050 der Szenarien Weiter wie bisher (WWB); Politische Massnahmen Bundesrat (POM) und Neue Energiepolitik (NEP) in PJ (3,6 PJ = 1 TWh)

Die Elektrifizierung des Verkehrs führt auch mit vorliegendem Massnahmenpaket zu einem Anstieg des Elektrizitätsverbrauchs in diesem Sektor bis 2020 um 26 Prozent gegenüber 2010 auf rund 4 TWh (14 PJ). In den Sektoren Industrie & Dienstleistungen kann der Elektrizitätsverbauch bis 2020 auf dem Niveau von 2010 stabilisiert werden und beträgt 37 TWh (133 PJ). Die langfristigen Ziele im Bereich der Elektrizität werden dabei mit den vorgesehenen Massnahmen bis 2050 zu rund 47 Prozent erreicht. Bei den Haushalten wird mit dem vorliegenden Massnahmenpaket eine Reduktion des Elektrizitätsverbrauchs bis 2020 um 5 Prozent gegenüber 2010 erreicht und liegt dann bei 18 TWh (64 PJ). Der Zielerreichungsgrad liegt langfristig in 2050 bei rund 62 Prozent. In den Sektoren Industrie & Dienstleistungen liegt der Elektrizitätsverbrauch im Szenario Neue Energiepolitik im Jahr 2035 bei 31 TWh (112 PJ). Die Haushalte fragten in diesem Szenario 16 TWh (56 PJ) nach. Der Verkehr weist im Szenario Neue Energiepolitik im Jahr 2035 eine Elektrizitätsnachfrage von 8,3 TWh (30 PJ) auf.

4.3.3

Entwicklung des Stromangebots

Beim Stromangebot setzt der Bundesrat primär auf einen starken Ausbau der erneuerbaren Energien. Zur Deckung des verbleibenden Restbedarfs steht die fossilthermische Stromerzeugung (Gas- und Kombikraftwerke GuD und Wärme-KraftKopplung WKK) zur Verfügung (Variante C&E der Energieperspektiven 2050). Je nach Entwicklung des Stromangebots auf dem europäischen Markt ­ insbesondere bei den erneuerbaren Energien ­ stehen Stromimporte als Option zur Ergänzung zur Verfügung:

7646

Grafik 8 Elektrizitätsangebot Variante C&E Szenario Politische Massnahmen Bundesrat (POM), hydrologisches Jahr in TWh TWh 110 100 90 80 70 60 50 40 30

(c) Prognos 2013

20

bestehende Wasserkraftwerke bestehende fossile KW neue fossile WKK neue Kernkraftwerke

10

neue Wasserkraftwerke bestehende Bezugsrechte neue Erneuerbare* neue Importe

bestehende Kernkraftwerke bestehende Erneuerbare* neue Kombikraftwerke Bruttonachfrage

0 2000

2005

*) gekoppelt und ungekoppelt

2010

2015

2020

2025

2030

2035

2040

2045

2050

Hydrologisches Jahr

Quelle: Prognos 2012

Aus Grafik 8 ist der langfristige Zuwachs der erneuerbaren Energien bis 2050 gut erkennbar. Die Grafik 8 berücksichtigt die Stromproduktion mit Photovoltaik die effektive Produktion bis ins Jahre 2012 und den zusätzlichen Ausbau, der aus der Umsetzung der pa. Iv. 12.400 resultiert. Auch zu erkennen ist, dass bis 2034 weiterhin Strom aus der Kernenergie anfällt.

Die Produktion mit Wasserkraft erhöht sich von 35,42 TWhel/a im Jahr 2010 auf 37,4 TWhel/a in Jahre 2035 und 38,6 TWh/a im Jahr 2050. Wird die Produktion aus Pumpspeicherkraftwerke und reinen Umwälzwerken mitberücksichtigt, ergibt sich im Jahr 2050 eine Gesamtproduktion von 44,15 TWh/a. Die Speicherpumpen brauchen im Jahr 2050 rund 7,54 TWhel/a. Die Produktion der fossilen Kraftwerke liegt in 2035 bei 13,69 TWhel/a. Die für die Deckung der inländischen Stromnachfrage notwendige Strommenge der fossilen Kraftwerke sinkt bis 2050 auf 10,65 TWhel/a.

Die Produktion fossiler WKK liegt im Jahr 2050 bei 3,45 TWhel/a. Zusätzlich wird auch davon ausgegangen, dass sich die Produktion von Strom aus Gross- und Kleinwasserkraft um rund 3,2 TWh erhöht. Die Leistung der Pumpspeicherkraftwerke wird um 3700 MW auf rund 5600 Megawatt (MW) erhöht. Damit werden ab 2020 etwas über 6 TWhel/a produziert. Diese leisten einen wichtigen Beitrag zum Ausgleich der stochastisch anfallenden Produktion aus erneuerbaren Energiequellen.

Sie gleichen kurzfristige und saisonale Schwankungen in der Produktion aus. Das Szenario Neue Energiepolitik weist im Jahr 2035 für Wasserkraft, KKW, erneuerbare Produktion im hydrologischen Jahr die gleichen Produktionswerte auf wie das Szenario Politische Massnahmen Bundesrat (siehe Tabelle 4). Einzig die Produktion aus fossilen Kraftwerken liegt mit 12 TWhel/a unter der Produktion des Szenarios Politische Massnahmen Bundesrat (POM).

7647

Im Jahr 2050 sind 13,7 GW an erneuerbarer Stromerzeugungskapazität (exkl. Wasserkraft) installiert. Die Spitzenlast im Jahr 2050 beträgt ca. 10,5 GW. Die verfügbaren installierten Kapazitäten (exkl. PV-, Winderzeugung und sonstige dargebotsabhängige Erzeugung) belaufen sich im selben Jahr auf ca. 19 GW (Variante C&E) und reichen aus, die auftretenden Spitzenlast zu decken. Aus der Sicht der Versorgungssicherheit wird die Leistung von Wind und Photovoltaik, welche dargebotsabhängig ist, nicht als gesichert betrachtet, da sie zum Zeitpunkt der Spitzenlast nur bedingt verfügbar ist. Im Sommerhalbjahr ist aufgrund der hohen Stromerzeugung aus Photovoltaik-Anlagen mit Leistungsüberschüssen zu rechnen. Im Jahr 2035 sind die notwendigen Leistungen im Szenario Neue Energiepolitik für alle Produktionsarten identisch mit denjenigen des Szenarios Politische Massnahmen Bundesrat (POM). Lediglich die notwendigen Leistung aus fossilen Kraftwerken liegt leicht unterhalb des Szenarios Politische Massnahmen Bundesrat (POM).

Tabelle 4 Szenario Politische Massnahmen Bundesrat (POM), Stromproduktion nach Technologien, hydrologisches Jahr, Angebotsvariante C&E, in TWhel/a

Wasserkraft

2000

2010

2020

2035

2050

38.38

35.42

41.96

43.02

44.15

5.09

6.48

8.57

13.69

10.65

davon neue KKW

24.73

25.13

21.68

Fossile Kraftwerke

1.79

2.18

3.13

bestehende

1.79

2.18

1.48

neue Kombi neue fossile WKK Erneuerbare

0.81

1.38

davon neue Verbrauch Speicherpumpen

2.22

2.56

0.32 10.11

7.20

1.65

3.26

3.45

4.42

14.53

24.22

3.51

14.43

24.22

7.54

7.54

7.54

Quelle: Prognos, 2012

Die Elektrizitätsproduktion mit erneuerbaren Energien beträgt im Szenario Politische Massnahmen Bundesrat im Jahr 2020 rund 4,4 TWh , im Jahr 2035 14,53 TWh und im Jahr 2050 insgesamt 24,22 TWh (siehe Tabelle 4).

In den Tabellen 4 und 5 berücksichtigt die Stromproduktion mit Photovoltaik die effektive Produktion bis ins Jahr 2012 und den zusätzlichen Ausbau, der aus der Umsetzung der pa. Iv. 12.400 resultiert. Im Jahr 2020 entfallen 1,26 TWh auf Photovoltaik, 0,66 TWh auf Wind, 0,2 TWh auf Geothermie und 2,31 TWh auf Biomasse, Biogas, ARA und KVA. Im Szenario Neue Energiepolitik sind die Werte der Stromproduktion aus erneuerbaren Energieträgern im Jahr 2035 identisch mit denjenigen des Szenarios Politische Massnahmen Bundesrat (siehe Tabelle 5)

7648

Tabelle 5 Stromproduktion Erneuerbare, Variante EE verstärkt im Szenario Politische Massnahmen Bundesrat (POM)

4.3.4

Entwicklung der energiebedingten CO2-Emissionen

Im Szenario Politische Massnahmen Bundesrat gehen die gesamten CO2-Emissionen der Schweiz je nach Stromproduktionsmix mit dem vorgesehenen starken Ausbau der erneuerbaren Energien gemäss Tabelle 6 auf 17,3­19,6 Millionen Tonnen zurück, was gleichbedeutend ist mit einem pro Kopf Ausstoss zwischen 1,9 und 2,2 Tonnen CO2.

Tabelle 6 Gesamte energiebedingte CO2-Emissionen gemäss Abgrenzung CO2-Gesetz, in Millionen Tonnen CO2 (inkl. statistische Differenz), Veränderungsraten im Vergleich zum Jahre 2000 in Prozent (Prognos, 2012; Variante E: Erneuerbar und Stromimporte Variante C & E: Fossil-zentral und Erneuerbar) Angebotsvariante

Stromimporte

in Mio. t CO2

und erneuerbar

in Prozent gegenüber 2000

fossil-zentral

in Mio. t CO2

und erneuerbar

in Prozent gegenüber 2000

2000

2010

2020

2035

40,8

41,5

34,0

23,6

2050

17,3 ­57,6

40,8

1,7

­16,7

­42,2

41,5

34,0

27,3

19,6

1,7

­16,7

­33,1

­52,0

7649

Dabei erzielt das Massnahmenpaket in den drei Sektoren unterschiedliche Resultate: ­

Während die energiebedingten CO2-Emissionen der Haushalte bis 2020 im Vergleich zum Jahr 2000 um rund 25 Prozent zurückgehen und damit die Reduktion in der Grössenordnung der Zielsetzung der aktuellen Klimapolitik liegt, bewirken die vorgeschlagenen Massnahmen bei den Haushalten, dass die CO2-Emissionen bis 2050 zu rund 77 Prozent reduziert werden (2035: 59 Prozent).

­

Im Sektor Industrie & Dienstleistungen sinkt der CO2-Ausstoss bis 2050 um 49 Prozent (2020: 16 Prozent; 2035: 35 Prozent).

­

Die Verschärfungen der Treibstoffvorschriften bewirken, dass im Sektor Verkehr der CO2-Ausstoss bis 2050 um 57 Prozent unter dem Wert des Jahres 2000 liegen wird (2020: 16 Prozent; 2035 42 Prozent).

Damit langfristig das Ziel des Bundesrats erreicht werden kann, müssten gemäss Szenario Neue Energiepolitik die energetischen CO2-Emissionen von rund 42 Millionen Tonnen im Jahr 2010 um 11 Millionen Tonnen bis 2020 reduziert werden.

Bis 2035 sind es dann 22,2 Millionen und bis 2050 rund 31,5 Millionen Tonnen CO2-Emissionen, die eingespart werden müssten.

4.3.5

Wirkung auf die Versorgungssicherheit

Die Energiestrategie 2050 orientiert sich an der Prämisse von Artikel 89 der Bundesverfassung, wonach Bund und Kantone für eine ausreichende, breit gefächerte, sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung verantwortlich sind. Diesem Grundsatz wurde bei der Ausarbeitung des vorliegenden ersten Massnahmenpakets zur Konkretisierung der Energiestrategie 2050 wie folgt Rechnung getragen: ­

Um den stufenweisen Wegfall von Strom aus der Kernkraft aufzufangen, ist eine intensive Förderung der Energieeffizienz, der Wasserkraft sowie der neuen erneuerbaren Energien unabdingbar (vgl. Ziff. 4.2.1­4.2.4, 4.2.6).

­

Die verstärkte Förderung der erneuerbaren Energien und der damit verbundene Wechsel von zentraler zu vermehrt dezentraler und unregelmässig anfallender Stromerzeugung bedingt, dass innerhalb des Kraftwerksparks entsprechende Backup-Kapazitäten bereitgestellt werden, mit denen Fluktuationen der Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien aufgefangen werden können. Die Schweiz ist in diesem Bereich mit den bestehenden und geplanten Pumpspeicherwerken hervorragend aufgestellt. Potenzial beinhaltet auch das sogenannte «Power-to-Gas-Prinzip». Der in Windkraftwerken und Photovoltaikanlagen dezentral erzeugte überschüssige Strom wird dabei in Gas (Wasserstoff, Methan) umgewandelt. Dieses Erdgassubstitut lässt sich in vorhandenen Erdgasnetzen gut und in grossen Mengen speichern, über kurze und lange Distanzen transportieren und sowohl zur Produktion von Strom und Wärme sowie in vorhandenen Endverbrauchgeräten (z. B.

Gasheizung) und Gasfahrzeugen verwenden. Um die Stromversorgung sicherzustellen, müssen künftig insbesondere lokale Energiespeicher für den kurzfristigen und saisonalen Bedarfsausgleich bereitgestellt werden. Es braucht Aktivitäten in der Energieforschung, einen Transfer in die Praxis

7650

mittels Pilot- und Demonstrationsprojekten und eine Berücksichtigung der Energiespeicherungen in den übrigen Tätigkeitsfeldern (vgl. Ziff. 4.2.10).

­

Die Energiestrategie berücksichtigt, dass das Zusammenspiel zwischen Bandenergie und Spitzenstrom neu gestaltet werden muss. Soweit nötig könnten eine begrenzte Anzahl von Gaskombikraftwerken das ganze Jahr hindurch Strom liefern und zur Netzstabilität beitragen. Dezentrale WärmeKraft-Kopplungs-Anlagen liefern im Winterhalbjahr Bandenergie. Diese hilft mit, die in dieser Jahreszeit reduzierte Produktion von Strom aus Sonne und Wasser zu kompensieren (vgl. Ziff. 4.2.7). Hinzu kommen Stromimporte, die für den temporären Ausgleich weiterhin nötig sein werden.

Zudem wird der erhöhte Bedarf im Winterhalbjahr durch erfolgreiche Effizienzmassnahmen innerhalb des Gebäudeprogramms kontinuierlich reduziert, was die Versorgungssicherheit zusätzlich stärkt.

­

Mit den möglichen Gaskombikraftwerken und den Wärme-Kraft-Kopplungs-Anlagen wird der Energieträger Erdgas und damit auch die Gasversorgungsinfrastruktur (insbesondere Netze und Speicher) für die Schweizer Energieversorgung an Bedeutung gewinnen. Da Erdgas vor allem aus dem EU-Raum importiert wird, strebt der Bundesrat die Teilnahme am Gaskrisenmechanismus der EU und die Eröffnung des südlichen Gaskorridors aus dem kaspischen Raum nach Italien an. Diese Massnahme stärkt die langfristige Gasversorgungssicherheit der Schweiz. Zusätzlich prüft die Gaswirtschaft die Erstellung grosser Gasspeicher in der Schweiz. Bei der Standortwahl möglicher Gaskombikraftwerke und Wärme-Kraft-Kopplungs-Anlagen ist auch zu berücksichtigen, dass das Gasnetz für den steigenden Verbrauch ausgelegt sein oder entsprechend ausgebaut werden muss. Gemäss dem Verband der Schweizerischen Gasindustrie VSG sind auf der Transitgas-Leitung für die Stromproduktion mit Erdgas schon heute Kapazitäten in der Grössenordnung des Verbrauchs von zwei bis drei Gaskombikraftwerken (d. h.

zirka 1­1,5 GW) vorhanden.

­

Die Auslandabhängigkeit bei der Beschaffung fossiler Energieträger wird aus heutiger Sicht weiterhin auf hohem Niveau verharren, weil in der Schweiz zurzeit keine Öl- und grösseren Gasvorkommen bekannt sind, welche abbauwürdig wären. Es werden jedoch bedeutende Gasvorkommen vermutet. Aktuell sind mehrere Projekte zur Prospektion in Gang. Die technische und wirtschaftliche Machbarkeit einer Ausbeutung müsste jedoch vertieft geprüft werden. Ausserdem sind beträchtliche politische und gesellschaftliche Widerstände gegen etwaige Projekte zur Gewinnung fossiler Energieträger in der Schweiz zu erwarten. Andererseits werden das Gebäudeprogramm und der Technologiewandel beim individuellen Personenverkehr auf lange Sicht ihre volle Wirkung entfalten, sodass durch den sinkenden Verbrauch in diesen Bereichen die Abhängigkeit von den fossilen Energieträgern deutlich abnehmen wird. Langfristiges Ziel ist es, die fossilen Energien im Wärme- und im Verkehrsbereich merklich zu reduzieren (vgl.

Ziff. 2.3.3).

­

Beim Stromnetz ist ein rascher Um- und Zubau in Richtung Smart Grids nötig, dies vor allem im Verteilnetz. Zudem ist die Versorgungssicherheit beim Strom nur im Verbund mit dem europäischen Netz möglich. Deshalb strebt der Bundesrat die Einbindung in Europa sowie die Anbindung der Schweiz an das künftige europäische Supergrid an, ein Netz von kapazitäts7651

starken Hochspannungsleitungen. Auf diese Weise soll die Schweiz ihre Rolle als Stromdrehscheibe mit Importen und Exporten im Zentrum von Europa weiterhin wahrnehmen können (vgl. Ziff. 4.2.9).

48

­

Die Übertragungsnetze für Strom spielen bei der Gewährleistung der Versorgungssicherheit eine zentrale Rolle: Als Bindeglied zwischen Produktion und Verbrauch sind sie ein zentrales Element des Energieversorgungssystems, sowohl national als auch international. International ermöglicht die Anbindung an das europäische Verbundnetz einen flexiblen Betrieb des inländischen Kraftwerksparks und ermöglicht es, auf Ausfälle im Inland (z. B.

Abschaltung eines Kernkraftwerkes) kurzfristig reagieren zu können.

­

Neben dem Übertragungsnetz gibt es weitere Elemente und Systeme, die zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit von grosser Bedeutung sind (Steuerungssysteme, Rechenzentren etc.). Ein risikobasierter, angemessener Schutz dieser Elemente ist eine Grundvoraussetzung für das Funktionieren der Energieversorgung. In diesem Zusammenhang hat der Bundesrat im Juni 2012 eine nationale Strategie zum Schutz Kritischer Infrastrukturen48 verabschiedet, die unter anderem im Rahmen der Energiestrategie sektoriell konkretisiert werden soll (vgl. Art. 8 EnG).

­

Die Steigerung des Anteils an Wind- und Solarenergie hat einen besonderen Einfluss auf die Sicherheit des Netzbetriebs. Sonnenstrahlung und Wind sind meteorologische Parameter, die im Rahmen eines gewissen Unsicherheitsbereichs vorausgesagt werden können. Deren vorhergesagter Verlauf wird in Zukunft mit dem geplanten Ausbau der erneuerbaren Energien für die Steuerung der Elektrizitätsnetze an Bedeutung gewinnen. Deshalb soll beim Ausund Umbau der Stromnetze unter anderem auch eine verbesserte Integration von meteorologischen Informationen zur Optimierung des Netzbetriebs berücksichtigt werden.

­

Über die langfristige Entwicklung des Strompreises ­ dieser setzt sich in der Schweiz zusammen aus Netznutzungsentgelt, Energiepreis, Abgaben und Leistungen an die Gemeinwesen sowie Abgaben zur Förderung erneuerbarer Energien ­ lassen sich keine verlässlichen Prognosen erstellen. In der Tendenz werden die Preise steigen, dies auch aufgrund des hohen Investitionsbedarfs in das gesamte Stromnetz und in die Kraftwerksinfrastruktur. Das hat Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Schweiz.

Weil Europa aber vor denselben Herausforderungen steht, wird dieser Effekt gemildert: Europaweit sind zahlreiche Kraftwerke zu ersetzen; dies aufgrund der Altersstruktur des bestehenden Kraftwerkparks und der Stromnetze. Zudem baut auch Europa die erneuerbaren Energien stark aus.

­

Schliesslich wird der Umbau des Energiesystems unter Berücksichtigung möglicher Interessenkonflikte sowie Zielsetzungen in den Bereichen Klima-, Gewässer-, Landschaftschutz und Raumplanung sowie unter Wahrung der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantone vollzogen.

BBl 2012 7715

7652

4.4

Monitoring

Das UVEK wird gemeinsam mit dem Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) und weiteren Bundesstellen ein detailliertes Monitoring über die Umsetzung des ersten Massnahmenpakets und der Energiestrategie 2050 insgesamt aufbauen und in periodischen Abständen über den Stand der Umsetzung berichten.

In diesem Rahmen werden auch Kosten und Nutzen der Massnahmen untersucht und die Entwicklung der Versorgungssicherheit sowie deren Auswirkungen auf die Umwelt beobachtet. Ausserdem werden die internationale Entwicklung und der Fortschritt der verschiedenen Technologien im Bereich der Energie- und Stromproduktion, mitunter auch der Kernenergie, sowie der Netzaus- und -umbau kontinuierlich beobachtet und der Bundesversammlung zur Kenntnis gebracht.

4.5

Verhältnis zur parlamentarischen Initiative 12.400

Im Rahmen einer durch die UREK-N initiierten parlamentarischen Initiative (pa. Iv. 12.400) hat das Parlament in der Sommersession 2013 beschlossen, die Förderung der Produktion von Elektrizität aus erneuerbaren Energien mit der Einspeisevergütung zu verstärken, ohne die stromintensiven Unternehmen zusätzlich zu belasten. Die pa. Iv. 12.400 bringt im Wesentlichen vier Änderungen des Energiegesetzes, die gegenüber dem vorliegenden Massnahmenpaket zeitlich vorgezogen bereits auf den 1. Januar 2014 in Kraft treten. Erstens wird der maximale Netzzuschlag auf 1,5 Rp./kWh erhöht, um einen Grossteil der rund 30 000 Projekte auf der Warteliste der Einspeisevergütung freizugeben (Stand Juli 2013). Zweitens erhalten stromintensive Unternehmen, also Unternehmen mit Elektrizitätskosten von mindestens 5 Prozent der Bruttowertschöpfung, den Zuschlag teilweise bis vollständig zurückerstattet, damit sie keinen Wettbewerbsnachteil erleiden. Drittens wird gesetzlich klargestellt, dass Produzenten ein Recht auf Eigenverbrauch haben. Viertens sollen kleine Photovoltaik-Anlagen unter 10 kW Leistung anstelle der Einspeisevergütung eine Einmalvergütung erhalten, während Betreiber von Photovoltaikanlagen von 10 kW bis zu 30 kW Leistung zwischen beiden Systemen wählen können.

Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zur pa. Iv. 12.400 festgehalten, dass er deren Stossrichtung begrüsst. Das nun ausgearbeitete Energiegesetz knüpft daher grundsätzlich an die vom Parlament beschlossene Änderung an. Entsprechend seiner Stellungnahme schlägt der Bundesrat nun aber vor, den maximalen Netzzuschlag in der Höhe von 2,3 Rp./kWh festzulegen. Ausserdem soll es bei der Photovoltaik auch für kleine Photovoltaik-Anlagen mit Einmalvergütung Kontingente geben, nicht zuletzt aus Gleichbehandlungsgründen. Der Bundesrat schlägt sodann die Regelung einiger Aspekte vor, die mit der pa. Iv. 12.400 nicht geregelt werden, so zum Beispiel ein Stichdatum für Photovoltaik-Neuanlagen oder die Regel, dass mit Bauen zuzuwarten ist, bis die Einmalvergütung zugesichert ist.

4.6

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Die Europäische Union (EU) erhielt mit dem Vertrag von Lissabon die Kompetenz für eine Energiepolitik (Art. 194 AEUV). Ziele sind demnach unter anderem die Energieversorgungssicherheit, ein funktionierender Energiemarkt, die Förderung der 7653

Energieeffizienz und von Energieeinsparungen sowie die Entwicklung neuer und erneuerbarer Energiequellen. Die EU schreibt den Mitgliedstaaten nicht vor, wie sie die Energiepolitik, beispielsweise hinsichtlich Energieträger, auszurichten haben.

Richtwert der EU ist allerdings die Schaffung eines europaweit harmonisierten und liberalisierten Energiemarktes, der auf gemeinsamen Vorschriften, unter anderem zum Marktaufbau, dem grenzüberschreitenden Handel und der Transparenz beruht.

Zu den erneuerbaren Energien und deren Förderung hat die EU eine Richtlinie erlassen (Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen49); sie lässt den Mitgliedstaaten bei der Wahl der Förderinstrumente aber einige Freiheit. Diese bedienen sich denn auch zahlreicher Instrumente und kombinieren diese auf verschiedene Weise. Die garantierte Einspeisevergütung ist verbreitet; bekannt ist vor allem das Beispiel Deutschland. Die anderen Nachbarländer der Schweiz oder auch Spanien haben ebenfalls ein Einspeisevergütungssystem.

Eine Quoten-Regelung (bei der je nach Modell die Produzenten, Lieferanten oder Verbraucher in der Pflicht sind) kennen beispielsweise Schweden und Italien. Ausschreibungen gibt es punktuell, so für Offshore-Windanlagen in den Niederlanden und in Dänemark und für Biomasse in Frankreich. Die EU weist den Mitgliedstaaten Ziele beziehungsweise Anteile für die erneuerbaren Energien per 2020 zu, wobei der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendverbrauch aller EU-Staaten bis 2020 20 Prozent betragen soll. Die EU verfügt auch über Regeln zur Anrechnung in einem anderen als dem Produktionsstaat. Im Rahmen der Forschung unterstützt die EU die erneuerbaren Energien sodann auch selbst über EU-Gelder. Den Mitgliedstaaten sind unter anderem durch das Verbot staatlicher Beihilfen beziehungsweise die Notifikations- und Genehmigungspflicht staatlicher Beihilfen, welche auch die Entlastung von Abgaben umfassen, Grenzen gesetzt.

Für die Schweiz gilt es speziell im Hinblick auf ein allfälliges Strom- beziehungsweise Energieabkommen mit der EU zu vermeiden, dass Regelungen geschaffen werden, die mit denjenigen der EU nicht vereinbar sind. Bei den hier vorgeschlagenen CO2-Massnahmen bei der Mobilität wird der EU-Standard übernommen. Im Energiegesetz können die Förder- und Unterstützungsmassnahmen
und die Ausgleichszahlungen im Rahmen der Einspeisevergütungssysteme beihilferechtlich relevant sein. Im Wesentlichen sollten in diesem Punkt keine Konflikte mit EURecht bestehen. Generell heikel ist, wenn Massnahmen nicht energie- oder umweltpolitisch, sondern wirtschaftspolitisch (internationale Standortattraktivität und Wettbewerbsfähigkeit) motiviert sind. Gerade bei den Instrumenten im Zusammenhang mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien steht die umweltpolitische Motivation letzten Endes im Vordergrund. Bei der Rückerstattung des Netzzuschlags an Endkunden mit einem grossen Verbrauch ist ­ im Vergleich zur heutigen Regelung ­ erstens positiv, dass die Rückerstattung insofern «genereller» und weniger «spezifisch» wird, da ein grösserer Kreis rückerstattungsberechtigt wird. Zweitens ist die Rückerstattung neu ­ mit der Verpflichtung zum Abschluss von Zielvereinbarungen und der Verpflichtung zur Investition eines Teils des Rückerstattungsbetrags in Effizienzmassnahmen ­ auch von umweltpolitisch motivierten Voraussetzungen abhängig. Die Effizienzziele für Stromlieferanten sind mit denjenigen der EU ver-

49

Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschliessenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG, ABl. L 140 vom 05.06.2009, S.16).

7654

einbar, da die EU in ihrer Effizienzrichtlinie50 ihre Mitgliedsstaaten gerade auffordert solche Instrumente einzuführen. Ähnliches gilt für die Neuregelung im CO2Gesetz, wonach Betreibern von WKK-Anlagen die CO2-Abgabe teilweise rückerstattet wird. Eine solche Regelung dürfte im Grundsatz auf der Linie der Ziele der EU liegen. Namentlich sind in der Richtlinie 2006/32/EG über Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen51 WKK-Anlagen explizit als geeignete Effizienzmassnahmen aufgeführt. Die Richtlinie 2004/8 EG52 zielt eigens darauf ab, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen für eine bessere Ausschöpfung des WKKPotenzials in den Mitgliedstaaten.

4.7

Erledigung parlamentarischer Vorstösse Tabelle 7

Vorstösse, die mit der Botschaft abgeschrieben werden Art

Nr.

Initiant

Titel

M 05.3683

Lustenberger

Gesamtenergiekonzept für die nächsten 25 Jahre

P

08.3760

UREK-N

Regelung der Vergütungshöhe für solarthermische Kraftwerke

P

08.3761

UREK-N

Effektive Mehrkosten der Fotovoltaik berücksichtigen

M 09.3357

UREK-N

Vereinfachte Zertifizierung von kleinen, mit erneuerbarer Energie betriebenen Stromerzeugungsanlagen

P

10.3708

Bourgeois

Energie aus Wasserkraft. Produktionspotenzial- und -kapazität

P

09.3908

Nussbaumer

Anpassung des Aktionsplans «Erneuerbare Energien» an europäischen Standard

P

10.3269

Wehrli

Netz und ökologische Pumpspeicherkraftwerke

P

11.3115

Fraktion CVP/ Sicherheit der schweizerischen Kernkraftwerke.

EVP/glp Überprüfung der Energiepolitik

P

11.3224

Leutenegger Filippo

Alternative Energiestrategie

P

11.3348

Wasserfallen

Stromversorgung für die Schweiz sicherstellen

P

11.3422

Fraktion BD

Einführung von progressiven Energie- und Netznutzungstarifen

50

Richtlinie 2012/27/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 20012.

Richtlinie 2006/32/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006.

Richtlinie 2004/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2008; im Grundsatz bestätigt mit der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 8. März 2011 «Energieeffizienzplan 2011», KOM 2011 109 endg., nicht im Amtsblatt veröffentlicht.

51 52

7655

Art

Nr.

Initiant

Titel

P

11.3435

Darbellay

Effizienter Einsatz des Stroms. Sparpotenzial aufzeigen

P

10.3890

UREK-N

Gesetzeskonforme Abnahme und Vergütung von Elektrizität

P

10.4164

Recordon

Beschleunigung von Verfahren von öffentlichem Interesse

P

11.3307

Gutzwiller

Alternative Energiestrategie

P

11.3353

Fiala

Erzeugung von Strom mittels erneuerbarer Energien nicht länger blockieren

M

09.3456

Favre Laurent Steuerbefreiung der Einkünfte aus der Einspeisevergütung für den privaten Stromkonsum

M

11.3338

Rutschmann

Aufhebung des Verbandsbeschwerderechts bei Energieprojekten

M

11.3415

Fraktion BD

Energieeffizienz bei der öffentlichen Beleuchtung

M

11.3404

FDP-Liberale Fraktion

Vereinfachtes Bewilligungsverfahren für Stromnetze

M

11.3432

Leutenegger Filippo

Versorgungssicherheit im Elektrizitätsbereich

M

11.3331

Häberli-Koller Baureife KEV-Projekte fördern

M

11.3345

Killer

Höheres Ausbauziel für Wasserkraft in der Schweiz

P

11.3536

Heim

Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze in den energieintensiven Industrien sichern

P

11.3587

Cramer

Sparsame Energienutzung und erneuerbare Energien. Zusätzliche finanzielle Mittel für Ausbildungsprogramme

P

11.3747

Grin

Ausstieg aus der Kernenergie. Alternativen prüfen und beziffern

M

09.4082

Cathomas

Beschleunigung der Bewilligungsverfahren für Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien

M

11.3257

Grüne Fraktion Aus der Atomenergie aussteigen

M

11.3375

Noser

Smart Metering. Intelligente Zähler für die Schweiz

M

11.3376

Noser

Effizienzstandards für elektrische Geräte.

Eine Best-Geräte-Strategie für die Schweiz

M

11.3398

von Siebenthal Vorhandenes Potenzial einheimischer erneuerbarer Energieträger fördern statt behindern

M

11.3403

FDP-Liberale Fraktion

Weniger Bürokratie und schnellere Verfahren für die Produktion erneuerbarer Energien

M

11.3426

Fraktion BD

Keine neuen Rahmenbewilligungen für den Bau von Atomkraftwerken

7656

Art

Nr.

Initiant

Titel

M 11.3436

Schmidt Roberto

Schrittweiser Ausstieg aus der Atomenergie

M 11.3518

Büttiker

Pumpspeicherwerke als Rückgrat der künftigen Stromversorgung

M 10.3717

FDP-Liberale Fraktion

Attraktive energetische Sanierung und Ersatz von Altbauten

M 11.3851

Stadler Markus Erhöhung des Ausbauziels für die einheimische Wasserkraft

M 11.3926

Luginbühl

P

12.3696

Häberli-Koller Massnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen bei Gebäuden

P

12.4081

Wasserfallen

Mietrecht als Hemmnis bei Energieeffizienz

M 11.3501

FDP-Liberale Fraktion

Energetischer Umbau darf Arbeitsplätze nicht gefährden

Erhebung der Potenziale zur Nutzung der Wasserkraft

5

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

5.1

Energiegesetz

Das Energiegesetz erfährt mit der Energiestrategie 2050 eine Totalrevision. Viele Bestimmungen werden jedoch nur geringfügig oder gar nicht geändert, jedenfalls nicht materiell. Änderungen, die nur redaktioneller Art sind oder nur in einer systematisch etwas veränderten Einordnung oder in einer blossen Umnummerierung bestehen, werden nachfolgend nur punktuell erläutert.

1. Kapitel: Zweck, Ziele und Grundsätze Art. 1

Zweck

Absatz 1 von Artikel 1, wonach das Gesetz zu einer ausreichenden, breit gefächerten, sicheren, wirtschaftlichen und umweltverträglichen (und damit auch CO2armen) Energieversorgung beitragen soll, wird unverändert beibehalten. In Absatz 2 hingegen wird gegenüber dem Energiegesetz von 1998 der Fokus stärker auf die erneuerbaren Energien und auf die Forcierung des Ausbaus gelegt, wie dies für den schrittweisen Kernenergieausstieg nötig wird. Dabei wird auch zum Ausdruck gebracht, dass das Gesetz mit seinen Instrumenten im Besonderen auf die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energie aus dem Inland, und dementsprechend auf den Ausbau entsprechender Produktionskapazitäten im Inland, zielt. Die Investition in die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im Ausland bleibt zwar grundsätzlich ebenfalls erwünscht, ist aber nicht Zweck des Gesetzes (zu den konkreten Produktionszielen und zur Frage der Anrechenbarkeit ausländischer Produktion vgl. Art. 2).

7657

Art. 2

Ziele für den Ausbau der Elektrizität aus erneuerbaren Energien

Absatz 1: Mit dem sukzessiven Wegfall der Elektrizität aus Kernkraft steht die Nutzung der erneuerbaren Energien zur Stromproduktion im Zentrum. Im Rahmen der Erstellung und Aktualisierung der Energieperspektiven (vgl. Ziff. 2.1) wurden die Ausbaupotenziale für die Sonnenenergie, Geothermie, Windenergie und Biomasse berechnet. Die Ausbauziele für das Jahr 2035 stützen sich auf das Szenario Neue Energiepolitik der Energieperspektiven ab. Die kurzfristigen Ziele für das Jahr 2020 orientieren sich dagegen am Szenario Politische Massnahmen Bundesrat (POM).

Absatz 2: Auch die Wasserkraftnutzung soll weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien leisten und ausgebaut werden. Im Rahmen der Energiestrategie 2050 wurde das Ausbaupotenzial der Wasserkraftnutzung erhoben. Die Ausbauziele für die Wasserkraft sind aus diesen Ergebnissen abgeleitet, der angestrebte Nettozubau bis zum Jahr 2035 beträgt demgemäss total 2 TWh. Basis für die Ausbauziele bildet das Jahr 2012 mit einer Produktionserwartung von 35,4 TWh. Dabei handelt es sich um eine mittlere Produktionserwartung auf Basis der Statistik der Wasserkraftanlagen der Schweiz (WASTA). Das heisst, dass jährliche klimatische oder wirtschaftlich bedingte Schwankungen geglättet sind.

Bei Pumpspeicherwerken wird nur der Anteil der Produktion für die Zielerreichung berücksichtigt, der aufgrund der natürlichen Zuflüsse produziert wird. Zusätzlich wird die Produktionserwartung aus Kleinwasserkraftwerken (unter 300 kW) eingerechnet.

Absatz 3: Die nach Absatz 3 allenfalls festzulegenden Zwischenziele sind im Sinne von Zielrichtungen zu verstehen. Gleiches gilt für Artikel 3 Absatz 3.

Ziele ermöglichen eine einfache Überprüfung der effektiven Entwicklung. Bei den Ausbauzielen handelt es sich um technische Ziele, die auf Potenzialstudien basieren.

Da die Bevölkerungszahl auf das Ausbaupotenzial keinen Einfluss hat, werden die Ausbauziele, im Gegensatz zu den Verbrauchszielen, in absoluten und nicht in relativen Werten angegeben.

Die Ziele sind auf Massnahmen im Inland ausgerichtet, die bisherige Möglichkeit zur Anrechnung von im Ausland produzierter Elektrizität aus erneuerbaren Energien wird deshalb gestrichen. Ziele für die Wärmeproduktion wurden nicht gesetzt, implizit ist die Wärme jedoch in den Verbrauchszielen (Art. 3)
enthalten.

Klärend ist festzuhalten, dass die Artikel 2 und 3 in keiner Weise als Einschränkung kantonaler oder kommunaler Kompetenzen in diesen Bereichen zu verstehen sind: Den Kantonen ­ und im Rahmen der ihnen zustehenden Kompetenzen den Gemeinden ­ bleibt es unbenommen, für ihre Gebiete eigene Ziele vorzusehen.

Art. 3

Verbrauchsziele

Die Verbrauchsziele für das Jahr 2035 stützen sich auf das Szenario Neue Energiepolitik der Energieperspektiven ab. Die kurzfristigen Ziele für das Jahr 2020 orientieren sich dagegen am Szenario Politische Massnahmen Bundesrat (POM).

Pro-Kopf-Ziele erlauben eine von der Bevölkerungsentwicklung unabhängige, einfache Überprüfung der effektiven Verbrauchsentwicklung, weshalb die Verbrauchsziele im Gegensatz zu den Ausbauzielen in relativen Werten angegeben werden. Für die Zwischenziele siehe die Erläuterungen zu Artikel 2 Absatz 3.

7658

Art. 4

Anpassung der Ziele

Der Bundesrat hat gemäss Artikel 61 Absatz 3 alle fünf Jahre die Auswirkungen und die Wirksamkeit des Energiegesetzes zu beurteilen und der Bundesversammlung Bericht über die Erreichung der Ziele der Artikel 2 und 3 zu erstatten. Wenn sich abzeichnet, dass die Ziele nicht erreicht werden können, beantragt er der Bundesversammlung nach Artikel 61 Absatz 3 die zusätzlich notwendigen Massnahmen. Wenn sich die Ziele auch über solche zusätzlichen Massnahmen nicht erreichen lassen, beantragt er der Bundesversammlung nach Absatz 1 die Anpassung der Ziele 2035.

Art. 5

Zusammenarbeit mit den Kantonen und der Wirtschaft

Die Koordination der Energiepolitik zwischen Bund und Kantonen ist wichtig. Was die Wirtschaft angeht, so waren bisher zunächst deren (freiwillige) Massnahmen zu beachten; Vorschriften wurden nur subsidiär erlassen. Dieses Subsidiaritätsprinzip wird nun gestrichen. Es wäre in der neuen Energiepolitik eher systemfremd oder bedarf jedenfalls nicht der gesetzlichen Verankerung.

Art. 6

Grundsätze

Der Akzent der Bestimmung wird noch stärker als bisher auf die erneuerbaren Energien gelegt. Unverändert gilt der Grundsatz der sparsamen und rationellen Energienutzung. Die Aufzählung der zentralsten Grundsätze in Absatz 1 schliesst die Beachtung gewisser anderer Aspekte jedoch nicht aus. So ist beispielsweise in der Regel auch zu beachten, dass bei der Nutzung von Biomasse grundsätzlich zuerst möglichst hochwertige Produkte wie Nahrungsmittel, Baustoffe etc. produziert werden. Dabei anfallende Neben- und Abfallprodukte sollen sowohl energetisch wie auch stofflich bestmöglich weiterverwertet werden.

Das bisher in Artikel 3 Absatz 3 statuierte Verursacherprinzip wird in einer klareren Formulierung in die Grundsätze des neuen Gesetzes aufgenommen (Abs. 1 Bst. c).

Absatz 2 schreibt für den Bau und Umbau von Anlagen zur Produktion von Strom aus fossilen Energiequellen eine Notwendigkeitsprüfung vor. Die Bestimmung entspricht geltendem Recht (heutiger Art. 6), wird jedoch aufgrund ihres Grundsatzcharakters neu ebenfalls in die Norm zu den Grundsätzen aufgenommen. Sie wird leicht umformuliert und bringt damit noch etwas deutlicher als bislang zum Ausdruck, dass fossil-thermische Kraftwerke nur gebaut werden sollen, wenn sie tatsächlich notwendig sind, weil der Bedarf nicht mit erneuerbaren Energien gedeckt werden kann. Weitere, sich aus eidgenössischem oder kantonalem Recht ergebende Einschränkungen oder Vorgaben bezüglich Bau oder Umbau von fossil-thermischen Kraftwerken bleiben von dieser Grundsatznorm unberührt, das heisst, die vorliegende Bestimmung kommt ergänzend hinzu. Die Bestimmung soll denn auch kein zusätzliches Bewilligungsverfahren schaffen. Sie stellt aber ­ wie bereits nach geltendem Recht ­ eine zusätzliche Voraussetzung für die Bewilligung von Bau oder Umbau fossil-thermischer Kraftwerke dar, welche von der zuständigen (kantonalen) Behörde im Rahmen des Bewilligungsverfahrens (in der Regel Baubewilligungsverfahren) zu prüfen ist.

Absatz 3 soll die Bedeutung des stets zu beachtenden Verhältnismässigkeitsprinzips betonen. Er lehnt sich an geltendes Recht (heutiger Art. 3 Abs. 4) an, wird aber etwas erweitert. Er umschreibt nun generell, wie die auf dem EnG basierenden Massnahmen und Vorgaben ausgestaltet sein sollen. Indem neu neben den im Ein7659

zelfall angeordneten Massnahmen auch unspezifisch «Vorgaben» genannt sind, wird die Norm zu einer allgemeinen Anweisung, die namentlich auch beim Erlass von Ausführungsbestimmungen zu beachten sein wird. Die explizite Nennung einzelner zu beachtender Aspekte soll indes nicht die Beachtung anderer Elemente ausschliessen; so sind namentlich, obgleich im Gesetz nicht erwähnt, umweltrechtliche Standards unverändert einzuhalten.

2. Kapitel: Energieversorgung 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 7

Begriff der Energieversorgung und Zuständigkeit

Die bisherige Norm (Art. 4), welche die Energieversorgung definiert und zur Aufgabe der Energiewirtschaft erklärt, wird materiell unverändert beibehalten.

Art. 8

Leitlinien für die Energieversorgung

Die Norm wird grösstenteils unverändert aus dem geltenden Recht (Art. 5) übernommen.

Neuerungen gibt es einzig in Absatz 1: Neu wird die zeitliche Dimension der Versorgungssicherheit im Wortlaut aufgenommen und ausdrücklich festgehalten, dass eine sichere Energieversorgung die jederzeitige Verfügbarkeit von ausreichend Energie voraussetzt.

Ausserdem wird neu der Schutz der kritischen Infrastrukturen einschliesslich der zugehörigen Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) vor Ausfällen (z. B.

durch Naturkatastrophen, Sabotage, Terroranschläge oder Cyber-Angriffe) als Voraussetzung zur Gewährleistung einer sicheren Energieversorgung aufgenommen.

Kritische Infrastrukturen stellen die Verfügbarkeit von essenziellen Gütern und Dienstleistungen für die Gesellschaft, die Wirtschaft und den Staat sicher. Dazu gehören unter anderem die Stromversorgung, die Erdölversorgung und die Erdgasversorgung. Umfasst sind alle grundlegenden Prozesse, Organisationen, Produkte, Dienstleistungen sowie technische und bauliche Anlagen und Einrichtungen, welche einzeln oder vernetzt für eine sichere, zuverlässige und leistungsfähige Betriebsfähigkeit der Energieversorgung der Schweiz essenziell sind. Der Schutz der kritischen Infrastrukturen umfasst Massnahmen, die die Eintrittswahrscheinlichkeit und/oder das Schadenausmass einer Störung, eines Ausfalls oder einer Zerstörung reduzieren beziehungsweise die Ausfallzeit minimieren.

Der IKT-Schutz umfasst Massnahmen zum Schutz der Integrität und Verfügbarkeit der IKT-Systeme sowie zum Schutz der Vertraulichkeit, Integrität, Verfügbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Daten, die in diesen Systemen gespeichert, verarbeitet und übertragen werden.

Art. 9

Sicherung der Energieversorgung

Die bisherige Norm (Art. 6a), die die Gefährdung der Elektrizitätsversorgung im Auge hatte, wird zu einer Bestimmung verallgemeinert, die die ganze Energieversorgung umfasst. Soweit es allein um Elektrizität geht, so sieht Artikel 9 StromVG eine noch konkretere Massnahmenkaskade vor.

7660

Mit der Verallgemeinerung soll neu insbesondere auch die Erdgasversorgung erfasst werden. Mit dem möglicherweise zunehmenden Anteil von Gaskombikraftwerken und von Wärme-Kraft-Kopplungs-Anlagen an der Schweizer Elektrizitätsproduktion gewinnt die sichere Erdgasversorgung an Bedeutung. Zudem werden wegen der zunehmend dezentralen Einspeisung von Elektrizität neu die Netz- und Speicherkapazitäten explizit erwähnt.

Standorteignung (Abs. 3) kann einerseits die Rücksichtnahme auf natur-, heimat-, denkmalschützerische oder ähnliche Anliegen bedeuten, andererseits aber auch eine energetisch sinnvolle Standortwahl, etwa so, dass Wärme, die produziert wird, möglichst vollumfänglich genutzt werden kann, zum Beispiel durch die Nähe zu Abnehmern der anfallenden Wärme.

Art. 10

Herkunftsnachweis, Elektrizitätsbuchhaltung und Kennzeichnung

Artikel 10 schreibt ­ im Sinne der Transparenz und Information der Endverbraucherinnen und Endverbraucher ­ ein Obligatorium zur Stromkennzeichnung, für eine Elektrizitätsbuchhaltung und für den Herkunftsnachweis fest. Damit wird der heute bereits erreichte Stand auch im Gesetz abgebildet.

Mit dem Herkunftsnachweis soll unter anderem Transparenz für eine in einem bestimmten Zeitraum produzierte Menge Strom geschaffen werden. Es geht darum, die eingesetzten Energieträger (Produktionsart) auszuweisen, zum, Beispiel ob Strom aus Kernkraftwerken oder aus erneuerbaren Quellen stammt. Absatz 2 beschreibt eine weitere Funktion des Herkunftsnachweises, nämlich das Handelbarmachen der Wertigkeit bestimmter Stromarten. Er ist also eine Art Wertpapier. Üblich ist namentlich der Handel des sogenannten ökologischen Mehrwerts für Strom aus erneuerbaren Quellen. Wer einen Herkunftsnachweis erwirbt, kann den Strom, den er an seine Kundinnen und Kunden liefert, für die im zugekauften Herkunftsnachweis ausgewiesene Menge mit dem im Nachweis enthaltenen Güte-Prädikat deklarieren, ohne effektiv auch solchen Strom liefern zu müssen. Endverbraucherinnen und Endverbraucher erwerben somit de facto stets «Graustrom» wie bereits heute.

Indem sie aber dafür mehr bezahlen, gelten sie den über das Herkunftsnachweissystem weitergegebenen ökologischen Mehrwert ab und finanzieren so die entsprechend teurere Produktion. Deshalb rechtfertigt sich, dass die Elektrizitätsversorger, den Strom als «erneuerbar» deklarieren, wenn sie im Umfang ihrer Lieferung über Herkunftsnachweise verfügen.

Nicht zulässig ist der Handel mit Herkunftsnachweisen für Strom aus Anlagen im Einspeisevergütungssystem. Der darin verbriefte ökologische Mehrwert steht weder dem Anlage- noch dem Netzbetreiber zu, sondern allen Endkundinnen und Endkunden, die die Anlagen über den Netzzuschlag (Art. 37) letztlich (mit-)finanzieren. Für den Handel nicht gesperrt ist derweil der Handel von Herkunftsnachweisen für Strom aus Anlagen, für die es eine Investitionshilfe nach dem 5. Kapitel gab, also zum Beispiel die Einmalvergütung; dies ergibt sich indirekt aus Absatz 2.

Die Absätze 3 und 4 statuieren die Pflicht zur Elektrizitätsbuchhaltung und zur Information der Endkundinnen und Endkunden (Stromkennzeichnung).

Absatz 5: Von den Obligatorien nach Artikel 10 sollen
­ aus Gründen der Verhältnismässigkeit ­ auch Ausnahmen möglich sein, so bei Kleinanlagen oder Notstromaggregaten. Die Standards bei Kennzeichnung und Herkunftsnachweis können sich fortentwickeln, namentlich in der Europäischen Union. Der Bundesrat erhält daher 7661

die Befugnis, für weitere Bereiche, z. B. für Biogas, Vorschriften zu erlassen, unter anderem um mit der erwähnten Entwicklung Schritt zu halten. Er kann auch weitere Einzelheiten zum Herkunftsnachweis regeln, z. B. zu dessen Authentizität oder zur Fälschungssicherheit.

Zuständig im ganzen Bereich von Artikel 10 ist das BFE (vgl. Art. 69); dieses wird damit namentlich von der nationalen Netzgesellschaft die Funktion der Ausstellerin der Herkunftsnachweise übernehmen. Das Herkunftsnachweis-System wird über Gebühren finanziert. Allenfalls wird auf Verordnungsstufe zu regeln sein, wie diese Kosten anzulasten sind.

2. Abschnitt: Raumplanung und Ausbau erneuerbarer Energien Art. 11

Konzept für den Ausbau erneuerbarer Energien

Bereits haben einige Kantone die erneuerbaren Energien raumplanerisch erfasst und Gebietsausscheidungen vorgenommen. Mit dem Konzept nach Artikel 11 sollen dies künftig alle Kantone tun. Die Erfassung soll einen einheitlichen Standard und eine gesamtschweizerische Optik bekommen. Namentlich mit Blick auf diese Ziele werden die Kantone vom Bund unterstützt. Am nötigsten erscheint aus heutiger Warte eine Planung in den Bereichen Wasser- und Windkraft. Andere Technologien können später folgen.

Das Konzept ist eine Planung der Kantone. Sie erarbeiten es gemeinsam, sinnvollerweise unterteilt in mehrere Schritte. Zusammenarbeit ist dort nötig, wo es um die Gesamtschau (Ausbauziele), um Methodik, Einheitlichkeit, Koordination und um das Zusammenführen geht. Unter anderem um genau diese Anliegen zu unterstützen, wirkt auch der Bund an der Erarbeitung des Konzepts mit (Art. 11). Wie sich die Kantone organisieren (einerseits je für sich und andererseits für die Zusammenarbeit), ist in erster Linie ihnen überlassen. So sollen sie selber die für die einzelnen Arbeitsschritte zuständigen Stellen bezeichnen. Über das EnG sollen ihnen hierzu keine Vorgaben gemacht werden.

Ziel der Planung ist, dass die Nutzung erneuerbarer Energien erheblich verstärkt werden kann, und zwar gemäss den unter anderem durch den Kernenergieausstieg bedingten Ausbauzielen (Art. 2). Zu einer Planung mit einem Gesamtblick und im Sinne von Kompromissen gehört auch, gewisse Gebiete von der Nutzung auszunehmen (Negativ-Planung). Gegenläufige Interessen zur Nutzung sind hauptsächlich der Natur- und Heimatschutz. Andere Schutzanliegen sind z. B. der Wald, der Vogelzug oder die Rücksichtnahme auf zwingende Bedürfnisse der Luftfahrt. Gegenläufige Anliegen müssen aber nicht unbedingt Schutz-, sondern können auch andere Nutzungsinteressen sein. So kann es z. B. Konflikte zwischen Energieanlagen und dem Erhalt von Kulturland beziehungsweise von Land zur landwirtschaftlichen Nutzung geben. Zudem kann die Bezeichnung eines Gebietes als «geeignet» einen Netzausbaubedarf auslösen (Bst. b), was räumlich und für das Landschaftsbild ebenfalls relevant sein kann. Trotz all dieser Gesichtspunkte ist die Idee der Planung aber nicht, vor allem Gebiete freizuhalten. Im Gegenteil liegt der Fokus vielmehr darauf, Gebiete der Nutzung zuzuführen. Absatz 3
verlangt deshalb, die vorhandenen Potenziale seien zweckmässig zu nutzen.

Wichtiges Ergebnis der Planung und Teil des Konzepts ist eine Karte (Abs. 4), in der die fraglichen Gebiete grob, das heisst grossräumig und nicht parzellenscharf, 7662

abgebildet sind. Die Karten werden sinnvollerweise technologiespezifisch und nicht technologieübergreifend erstellt werden müssen. Weiter braucht es auch Erläuterungen in Textform.

Das Konzept ist nicht ein Konzept nach Artikel 13 RPG, weil dieses ein Instrument des Bundes ist (für dessen raumwirksame Aufgaben). Schon heute gibt es unter dem Namen Konzept aber verschiedene Planungen, die durch eine Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen entstanden sind. Daran knüpft das vorliegend vorgeschlagene Konzept an.

Wenn Absatz 5 verlangt, das Konzept sei dem Bundesrat vorzulegen, so ist damit natürlich das Konzept in einer fertigen Form gemeint. Die Kantone werden ­ zusammen mit dem Bund ­ definieren müssen; wie die Fertigstellung beziehungsweise eine allfällige Verabschiedung konkret erfolgt. Der Bundesrat wird für die Genehmigung des vorgelegten Konzepts vor allem zu berücksichtigen haben, ob damit ein Erreichen der Ausbauziele möglich ist.

Das Konzept hat die folgenden Wirkungen: Für Bund und Kantone hat das Konzept insofern bindende Wirkung, als diese es bei der Erfüllung ihrer raumwirksamen Aufgaben (in sämtlichen Bereichen) berücksichtigen müssen (Abs. 6). Für den Bundesrat ist das Konzept zudem Richtschnur bei der Genehmigung der kantonalen Richtpläne (Art. 13 Abs. 3).

Absatz 7 hält ein allgemeingültiges Prinzip fest, wonach Planungen nie auf ewig in Stein gemeisselt sind. Das Konzept nach Artikel 11 soll zwar auf mittlere Sicht Geltung haben, ist aber grundsätzlich revidierbar.

Art. 12

Aufgaben des Bundes

Der Bund bringt vor allem die schweizweite Sicht ein. Er unterstützt die Kantone sodann bei der Grundlagenarbeit, wie sie zu jeder räumlichen Planung gehört. Er kann z. B. methodische Grundlagen liefern; für deren Erarbeitung kann er seinerseits das bei einigen Kantonen bereits vorhandene Wissen nutzbar machen. Wichtig ist auch, dass das Konzept und vor allem die Darstellungen der Kantone einen einheitlichen Standard aufweisen. In diesem Punkt sowie punkto Koordination, namentlich beim Zusammenführen der in den Kantonen erarbeiteten Teilergebnisse, kommt dem Bund eine wichtige Hilfsfunktion zu. Überdies soll der Bund ­ wenn erste Grundlagenarbeiten vorliegen ­ den Kantonen, allenfalls einzelnen von ihnen, insofern Mindestvorgaben machen können, als er im Sinne von Leitgrössen ein einigermassen konkretes Zubauziel zuweist.

Absatz 2: Der Bund wird primär durch das UVEK vertreten, zu dem die hauptbetroffenen Ämter (ARE, BFE und BAFU) gehören. Soweit andere Departemente betroffen sind, sind diese ebenfalls einzubeziehen, namentlich das Eidgenössische Departement des Innern.

Absatz 3 sieht eine subsidiäre Zuständigkeit des Bundes vor. Dieser kann nach drei Jahren die Federführung bei den Planungsarbeiten übernehmen, wenn die primär verantwortlichen Kantone (gesamthaft) keine Resultate erzielen, wie es sie für einen zügigen und starken Ausbau der erneuerbaren Energien braucht. Der Bund kann die Federführung auch dann übernehmen, wenn ein tauglicher Entwurf vorliegt, ein Abschluss aber scheitert, weil einzelne Akteure einen solchen blockieren.

7663

Art. 13

Richtpläne der Kantone und Nutzungspläne

Soll erreicht werden, dass konkrete Projekte dank der raumplanerischen Festlegungen bessere Realisierungschancen haben, und soll das zu durchlaufende Bewilligungsverfahren möglichst kurz sein, so braucht es mehr als grobe Gebietsbezeichnungen, wie sie über das Konzept erreicht werden. Nötig sind vielmehr verbindliche Festlegungen mithilfe der herkömmlichen raumplanerischen Mittel, vor allem des Richtplans.

Die Kantone müssen daher auch in den Richtplänen Gebietsausscheidungen vornehmen. Erst dadurch entstehen verbindliche, das heisst in diesem Fall behördenverbindliche Festlegungen. Artikel 13 statuiert diese Pflicht, einerseits anknüpfend an das Konzept, das als Grundlage dienen soll, und andererseits unter Verweis auf den neuen Artikel 8b RPG, der die erneuerbaren Energien ebenfalls zum Richtplaninhalt erklärt. Artikel 13 ist in diesem Punkt somit quasi eine «ScharnierBestimmung» zwischen dem EnG und dem RPG. Das Konzept ist im Sinne der «Comply-or-explain-Regel» Grundlage für die Richtpläne. Die Kantone können mithin vom Konzept abweichen, müssen dafür aber gute Gründe haben. Sie haben also eine gewisse Freiheit und müssen das Konzept nicht sklavisch genau umsetzen oder übernehmen. Denkbar ist beispielsweise, dass ersatzweise andere Gebiete in den Richtplan aufgenommen werden. Die Kantone sollen ihre Richtplanarbeiten wegen der Erarbeitung des Konzepts ferner nicht aufschieben müssen. Wichtig ist allerdings, dass sie keine Festlegungen machen, die den Ausbauzielen zuwiderlaufen beziehungsweise deren Erreichen illusorisch machen.

Gerade bei Windkraftanlagen braucht es oftmals eine Nutzungsplanung. In diesen und in ähnlich gelagerten Fällen genügt die Richtplanfestlegung nicht; gemäss Absatz 2 soll das betreffende Gemeinwesen daher in diesen Fällen auch den nötigen (Sonder-)Nutzungsplan erlassen.

Die Kantone und, wo nötig, auch die Gemeinden sollen die Richtplan- und Nutzungsplanfestlegungen zügig vornehmen.

Wenn für ein konkretes Projekt das (Bau-)Bewilligungsverfahren durchlaufen werden muss, besteht mit den raumplanerischen Festlegungen eine solidere Basis als ohne. Trotzdem kann der Standort im Bewilligungsverfahren neuerlich hinterfragt werden. Die Bewilligungsbehörden und die Gerichte werden aber zu berücksichtigen haben, dass bestimmte Standorte planerisch in für die Nutzung ausgeschiedenen
Gebieten liegen und also grundsätzlich ein Wertungsentscheid im Sinne der Nutzung getroffen wurde. Im Rahmen der Ermessensausübung soll die planerisch ausgewiesene Standorteignung zugunsten eines Projekts zum Tragen kommen. Allein deswegen ist ein Vorhaben indes noch nicht zu bewilligen. Dafür sind natürlich auch alle anderen relevanten Aspekte zu prüfen, so die Einhaltung des einschlägigen Umweltschutz-, Gewässerschutz- oder Waldrechts.

Art. 14

Nationales Interesse an der Nutzung erneuerbarer Energien

Artikel 14 bezeichnet die Nutzung erneuerbarer Energien als von nationalem Interesse. Absatz 1 spricht dieses Interesse in genereller Weise zu und bringt damit das Aufgabeninteresse zum Ausdruck. In den Absätzen 2­5 geht es derweil um einzelne Produktionsanlagen, die diesen Status erhalten sollen.

7664

Im Bewilligungsverfahren hatten die Energieanlagen im Widerstreit mit anderen Interessen bisher häufig einen schweren Stand, namentlich gegenüber Objekten in den sogenannten BLN-Gebieten (BLN: Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung). Diese erfassen gesamthaft rund einen Fünftel der Fläche der Schweiz und sind nach Artikel 6 des Natur- und Heimatschutzgesetzes vom 1. Juli 1966 (NHG, SR 451) grundsätzlich ungeschmälert zu erhalten oder jedenfalls grösstmöglich zu schonen. Ein Abweichen von der ungeschmälerten Erhaltung darf nur in Erwägung gezogen werden, wenn das konkrete Energievorhaben ebenfalls als gleich- oder höherwertiges Interesse (von nationaler Bedeutung) zu werten ist. Auch bei Konflikten mit anderen als den BLN-Interessen, zum Beispiel bei Konflikten mit dem Auenschutz, mit Vogelreservaten, mit der Luftfahrt (zivil und militärisch) sowie mit Biotopen oder Wald verlangt die Praxis für die Bewilligung eines Energievorhabens, dass dieses von erheblicher Bedeutung ist. Mitunter muss das Interesse an der Energienutzung gar ebenfalls von nationaler Bedeutung sein, damit die entsprechende Anlage grundsätzlich bewilligungsfähig ist.

Energieanlagen mit dem Status «nationales Interesse» sollen gegenüber allen gegenläufigen Interessen gestärkt werden. Für die Interessenabwägung, die durchzuführen ist, wenn über ein konkretes Energieprojekt zu befinden ist, soll dieses Projekt eine im Vergleich zu heute bessere Ausgangslage erhalten beziehungsweise soll die Interessenabwägung ermöglicht werden. Gegenüber Schutz- oder Nutzungsanliegen von nationaler Bedeutung sollen Energieprojekte mit dem entsprechenden Status in den gleichen Stand gehoben werden. Kein Raum für die Energienutzung ­ und keine grundsätzliche Gleichrangigkeit der Interessen ­ besteht in Mooren und Moorlandschaften, soweit sie durch die Bundesverfassung absolut geschützt sind.

Mit der neuen Energiepolitik, die unter anderem auf einem starken Ausbau der erneuerbaren Energien beruht, müssen Stromerzeugungsanlagen ­ und Pumpspeicherkraftwerke, die für die erneuerbaren Energien eine wichtige Funktion erfüllen ­ grundsätzlich vermehrt auch in BLN-Gebieten gebaut werden können. Das bedeutet keinen Freipass für den Bau von Produktionsanlagen in Schutzzonen; diese können aber auch keine Tabuzonen sein. In
diesem Sinne soll Artikel 14, der neu gesetzlich ein nationales Interesse statuiert, eine Akzentverschiebung zugunsten der erneuerbaren Energien bewirken.

Absatz 3 nennt ­ nicht abschliessend ­ die Fälle, in denen der Status «nationales Interesse» im Rahmen der Interessenabwägung zum Tragen kommt. Es geht demnach um jegliche bauliche Massnahmen, speziell auch um die Erweiterung oder Erneuerung bestehender Kraftwerke; mit Konzession ist nicht nur eine erstmalige Konzessionserteilung, sondern auch eine Konzessionserneuerung oder eine Zusatzkonzession gemeint.

Da Absatz 2 speziell und beispielhaft auf Artikel 6 NHG verweist, wird in Absatz 3 für diesen Fall, also den Konflikt mit einem BLN-Objekt, explizit gesagt, wie sich die Ausgangslage für die Interessenabwägung gestaltet: In Anknüpfung an den Wortlaut von Artikel 6 Absatz 2 NHG wird gesagt, ein Abweichen von der ungeschmälerten Erhaltung der Inventarobjekte dürfe in Erwägung gezogen werden. Dies ändert freilich nichts daran, dass jeweils im Einzelfall aufgrund aller Umstände zu entscheiden ist, welches Anliegen, das Schutz- oder das Nutzungsinteresse, höher zu gewichten ist.

7665

Den Rang, den die erneuerbaren Energien mit Artikel 14 erlangen, gilt selbstverständlich und umso mehr für Gebiete, die einen anderen, aber schwächeren als den NHG-Schutz geniessen, zum Beispiel Objekte in einem kantonalen Inventar. Das heisst indes nicht, dass sich die Energieanliegen gegenüber kantonalen Schutzobjekten stets und automatisch durchsetzen sollen. Vielmehr sollen die Energieanlagen dort eine gleich gute Ausgangslage für die Interessenabwägung erlangen, wie diejenigen, die in ein BLN zu liegen kämen. Nicht gewollt wäre sodann, aus Artikel 14 den Schluss zu ziehen, dass in einem BLN-Gebiet keine Anlagen unterhalb der Grösse- und Bedeutungsschwelle gebaut werden sollen. Soll insgesamt eine Akzentverschiebung (zugunsten der Energienutzung) stattfinden, so soll es nicht sein, dass Anlagen unterhalb der Schwelle schlechter gestellt sind als heute. Sie sollen mindestens den heutigen Stellenwert behalten. Sie sollen also namentlich dann realisiert werden können, wenn nur ein leichter Eingriff erfolgt oder gar keine Schutzziele tangiert sind. Auch für all diese Fälle gilt, dass stets aufgrund aller einzelfallspezifischen Umstände zu entscheiden ist.

Absätze 4 und 5: Der Bundesrat wird die erforderliche Grösse und Bedeutung per Verordnung genauer definieren. Die Grösse, für die die Kriterien Leistung und Produktion massgeblich sind, wird er mit Zahlenwerten angeben können. Derweil sind die Kriterien, die die übrige Bedeutung einer Anlage ausmachen (Speicherfähigkeit, Leistungsspitzenabdeckung, Winterproduktionsanteil, etc.) nicht so leicht bezifferbar. Gerade bei neuen Anlagen ist schliesslich auch der Netzausbaubedarf zu berücksichtigen (weiteres Land, das verbaut wird, und Kosten neuer Leitungen).

Art. 15

Zuerkennung des nationalen Interesses in weiteren Fällen

Mit dem neuen EnG können die Anlagen in drei Kategorien unterteilt werden: Erstens gibt es Anlagen mit dem Status des nationalen Interesses nach Artikel 14.

Zweitens gibt es Anlagen unterhalb dieser Schwelle, für die die Ausgangslage für die Interessenabwägung ­ wie zu Artikel 14 erläutert ­ gleich bleiben soll wie heute und sich also nicht verschlechtern soll. Mit Artikel 15 wird nun eine Kategorie dazwischengeschoben, nämlich für einige wenige Anlagen, die die Schwelle nach Artikel 14 zwar nicht erreichen, den Status des nationalen Interesses aber gleichwohl erhalten.

Unter Artikel 15 erlässt der Bundesrat keine generell-abstrakten Schwellenwerte, sondern verleiht einer bestimmten Anlage per Beschluss den Status «nationales Interesse». Die Befugnis fällt dem Bundesrat zu, weil er auch die Schutzinventare bezeichnet (Art. 5 NHG). Artikel 15 soll freilich nur ausnahmsweise zur Anwendung kommen. Die Zustimmung des Standortkantons wird verlangt, damit es nicht die Betreiber allein sind, die es in der Hand haben, welche Projekte dem Bundesrat unterbreitet werden. So findet eine gewisse Qualitätssicherung statt und die Anzahl Gesuche sollte in einem vernünftigen Rahmen bleiben. Zudem ist die Zustimmung des Kantons auch Ausdruck der Akzeptanz eines Vorhabens vor Ort.

Denkbar ist eine Zuerkennung des Status zum Beispiel dann, wenn eine Anlage bei einem der relevanten Kriterien die Schwelle gemäss Verordnung nicht erreicht, insgesamt aber dennoch als gross und bedeutend gelten muss. Weiter könnte Artikel 15 analog auch in Fällen beziehungsweise bei Technologien zur Anwendung kommen, bei denen der Bundesrat die erforderliche Grösse und Bedeutung in der Verordnung nicht oder noch nicht definiert hat.

7666

Art. 16

Bewilligungsverfahren und Begutachtungsfrist

Die Kommissionen nach NHG, hauptsächlich die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK), haben zu verschiedenen Vorhaben Gutachten abzugeben. Diese Gutachten liegen heute bisweilen lange nicht vor, nicht zuletzt aufgrund mangelnder personeller Ressourcen. Mit der Festlegung einer Frist für die NHG-Kommissionen, aber auch für andere Fachstellen (Abs. 2) sollen die Verfahren verkürzt werden. Die kantonale/kommunale Bewilligungsbehörde wird mit verfahrensleitender Verfügung zum Gutachten auffordern, dies freilich erst, wenn die Verfahrensunterlagen vollständig sind. Ist ein Augenschein nötig, ist mit der Fristansetzung nötigenfalls zu warten, bis dieser stattgefunden hat. Mit einem Augenschein darf aber nicht ungebührlich zugewartet werden, um so den Beginn des Fristenlaufs für das Gutachten aufzuschieben.

Die Bewilligungen zum Bau von Produktionsanlagen werden in den allermeisten Fällen durch die Kantone oder die Gemeinden erteilt. Das soll auch so bleiben und wäre von der Bundesverfassung her auch nicht ohne Weiteres anders möglich. Es gibt jedoch auch einzelne Bewilligungen des Bundes, vor allem sicherheitsbedingte Polizeibewilligungen. Viel zahlreicher sind die Stellungnahmen, die von Bundesbehörden kommen. Für all diese Bewilligungen und Stellungnahmen soll es ­ im Sinne eines Guichet unique ­ möglich sein, eine Stelle zu bezeichnen, die für die Koordination sorgt (Abs. 3). Es soll keine neue Stelle geschaffen werden, vielmehr sollen bestehende Ämter oder Einheiten die Aufgabe übernehmen. Nicht von dieser Koordination erfasst sind die Gutachten der NHG-Kommissionen. An diese gelangen die kantonalen Bewilligungsbehörden gemäss Absatz 2 direkt.

3. Kapitel: Einspeisung netzgebundener Energie und Eigenverbrauch Art. 17

Abnahme- und Vergütungspflicht

Artikel 17 sieht für bestimmte Arten netzgebundener Energie eine Abnahme- und Vergütungspflicht durch den Netzbetreiber vor. Wie schon seine Vorgängerbestimmung, Artikel 7 des bisherigen Energiegesetzes, bezweckt er in erster Linie, einen minimalen Ausgleich zwischen der regelmässig schwächeren Position von Produzenten mit verhältnismässig geringer Produktion gegenüber den Energieversorgungsunternehmen herbeizuführen. Damit sollen vor allem die Rahmenbedingungen für die Produktion aus erneuerbaren Energien verbessert werden. Die fraglichen Produzenten sollen für die Energie, die sie veräussern möchten, in jedem Fall einen Abnehmer haben, der ihnen einen angemessenen Preis bezahlt. Artikel 17 stellt insoweit einen Eingriff in die Vertragsfreiheit dar, als dass er die Elektrizitätsversorgungsunternehmen zum einen verpflichtet, die angebotene Energie einzukaufen, und zum andern, die Grundsätze für den Kaufpreis beziehungsweise für die Vergütung vorgibt. Im Übrigen sind die Parteien im Rahmen der Rechtsordnung frei, wie sie das Vertragsverhältnis ausgestalten wollen. Artikel 17 EnG soll allerdings nur subsidiär zur Anwendung kommen, nämlich dann, wenn sich die Parteien über die fraglichen Punkte nicht einigen können (vgl. dazu Abs. 3); wo sie sich auf eine Vergütung einigen können, sind sie zu deren Bestimmung nicht an die Regeln des Artikels 17 gebunden.

Ausserhalb des Anwendungsbereiches von Artikel 17 sind Produzenten schliesslich gehalten, sich selbst einen Käufer für die angebotene Energie auf dem freien Markt 7667

zu suchen und die Vergütung auszuhandeln, ohne dass sie sich auf die vorliegende Mindestgarantie berufen könnten.

Klärend ist zu betonen, dass sich der vorliegende EnG-Artikel nicht zu Themen wie Netzanschluss oder -zugang äussert: In Bezug auf den Netzanschluss und den Netzzugang gelten die Bestimmungen des StromVG und des Rohrleitungsgesetzes vom 4. Oktober 1963 (RLG, SR 746.1). Vorliegend ist mit dem Begriff «Abnahme» nicht die physische Netznutzung gemeint, sondern das Entgegennehmen einer bestimmten Menge an Energie als Käufer. In ebendiesem Sinne ist denn auch der Begriff Netzbetreiber zu verstehen: Im Strombereich haben die Elektrizitätsversorgungsunternehmen die Unabhängigkeit des Netzbetriebes sicherzustellen und die Verteilnetzbereiche von den übrigen Tätigkeitsbereichen mindestens buchhalterisch zu entflechten (Art. 10 StromVG). Gemeint ist hier insofern der Netzbetreiber in seiner Funktion als Energieversorger in einem bestimmten Netzgebiet und nicht in seiner Funktion als Netzbetreiber.

In diesem Lichte ist auch die Streichung eines Teils des Artikels 7 des bisherigen EnG zu sehen, welcher festhielt, dass die Abnahme- und Vergütungsgarantie nur gelte, wenn die Energie in einer für das Netz geeigneten Form angeboten werde. Die Frage, in welcher Form die Energie angeboten werden muss, damit sie der Netzbetreiber (physisch) entgegenzunehmen hat, und welche weiteren Aspekte vor oder bei der physischen Einspeisung von Energie ins Netz zu beachten sind, ergibt sich in erster Linie aus dem StromVG und dem RLG. Insofern hat die Streichung rein formale Gründe, eine materielle Änderung soll damit nicht erfolgen.

Absatz 1 regelt die Abnahme- und Vergütungspflicht der Netzbetreiber. Das EnG lehnt sich hier an die bisherige Terminologie im Energiegesetz und auch im StromVG an, meint jedoch wie erläutert den Netzbetreiber in seiner Funktion als Energieversorger. Die Abnahme- und Vergütungsgarantie ist auf in erster Linie unterstützungswürdige Energie eingeschränkt, nämlich auf Elektrizität aus erneuerbaren Energien und Biogas. Darüber hinaus soll Elektrizität aus fossil und teilweise fossil befeuerten Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen (WKK-Anlagen) durch eine Abnahme- und Vergütungsgarantie unterstützt werden, da diese ihre Produktion steuern können und damit zur Deckung von Nachfragespitzen und zum
Ausgleich von Produktionslücken wichtig sind. Über den Bereich der Produktion mit WKKAnlagen hinaus gilt die Abnahme- und Vergütungspflicht ­ im Gegensatz zum bisherigen Recht ­ nicht für Elektrizität aus fossilen Quellen (namentlich Erdöl und Erdgas), ebenso wenig für die fossilen Energien selbst. Ebenfalls nicht mehr von Artikel 17 erfasst wird die Energie in Form von Wärme. Wärmenetze sind ­ im Gegensatz zum Elektrizitätsnetz ­ sehr individuell ausgestaltet und die Einspeisung aus einer zusätzlichen Wärmequelle in ein bestehendes Wärmenetz ist technisch sehr anspruchsvoll. Eine generelle Abnahme- und Vergütungsgarantie eignet sich daher für Wärme nicht.

Die Abnahme- und Vergütungspflicht gilt unter Vorbehalt der Einhaltung allfälliger vom Bundesrat festgelegter Mindestanforderungen, namentlich ökologischer und energetischer Natur. Damit können auf Verordnungsstufe die Grundsätze der Artikel 1 und 6 umgesetzt werden, womit eine effiziente und umweltschonende Energieproduktion und -gewinnung gewährleistet werden soll. Denkbar sind hier beispielsweise eine Pflicht zur vollständigen Wärmenutzung bei der Produktion von Elektrizität aus fossil-thermischen Anlagen, wie sie bisher explizit als Abnahmebedingung im Gesetz festgehalten war, oder ein Ausschluss der Abnahmepflicht für Elektrizität, die aus Palmöl produziert wird.

7668

Gemäss Absatz 2 gilt bei Elektrizität die Abnahme- und Vergütungspflicht überdies nur, wenn sie aus Anlagen mit einer Leistung von höchstens 3 MW oder mit einer jährlichen Produktion, abzüglich eines allfälligen Eigenverbrauchs, von höchstens 5000 MWh stammt. Zu Letzteren gehören Anlagen mit einer Leistung von mehr als 3 MW, deren Betreiber aber aufgrund eines hohen Eigenverbrauchs am Anlagestandort nur einen relativ geringen Anteil überschüssiger Energie veräussern. Bei den momentanen Marktverhältnissen entspricht dies im Maximalfall einer Stromproduktion im Wert von ca. Fr. 250 000. Ab dieser Grösse sind Produzenten nicht mehr auf den Schutz einer Abnahmegarantie und auf Mindestpreise angewiesen.

Aufgrund der grösseren Leistungsfähigkeit haben sie am Markt genügend gute Möglichkeiten, einen Abnehmer zu finden. Der administrative Aufwand und die Transaktionskosten für die Suche nach einem Käufer und für die Abwicklung des Verkaufs sind hier vernachlässigbar, während dies für kleine Anbieter bei ungünstigen Marktverhältnissen unter Umständen nur lohnt, wenn sie zusätzlich von einer Einspeiseprämie profitieren.

Mit der Einschränkung der Vergütungs- und Abnahmegarantie auf Betreiber, die nur wenig Elektrizität anbieten, wird zudem bezweckt, bei den Anlagen mit einem grossen Verkaufsvolumen den Wettbewerb und die Entwicklung von Innovationen ­ sei dies in technischer Hinsicht oder in Bezug auf Vergütungsmodelle ­ zu erhalten und zu fördern: Betreiber von Anlagen, die viel Elektrizität produzieren und diese auch veräussern, sollen künftig ihre Produktion vermehrt auf die tatsächliche Nachfrage und die Bedürfnisse eines sicheren Netzbetriebes ausrichten; eine garantierte Abnahme und Vergütung würden dazu keinerlei Anreize schaffen.

Absatz 3 bringt die beschriebene Subsidiarität der Bestimmung zum Ausdruck.

Diese soll erst greifen, wenn sich die Parteien nicht über die Höhe der Vergütung einigen können; für diesen Fall wird ein gesetzlicher Rahmen vorgegeben, um sicherzustellen, dass angemessen vergütet wird.

Gemäss Buchstabe a hat sich die Vergütung für Elektrizität aus erneuerbaren Energien ­ wobei dies auch Elektrizität aus rein erneuerbar betriebenen WKK-Anlagen umfasst ­ am Terminmarkt zu orientieren. Die Tarife orientieren sich demnach an Stromangebot und -nachfrage (Wertigkeit des Stroms),
sollen aber auch den Charakteristika der jeweiligen Produktionsart angemessen Rechnung tragen. Die Abwägung dieser Elemente wird in der Regel dazu führen, dass für verschiedene Zeiträume unterschiedlich hohe Preise angezeigt sind (z. B. Unterscheidung Tag und Nacht; Unterscheidung zwischen verschiedenen Tageszeiten; saisonale Unterscheidungen).

Höhe, Anzahl und Abstufung der Tarifstufen müssen dabei stets so angesetzt sein, dass die Vergütung insgesamt als angemessen erscheint für die jeweilige Produktionsart. So dürfte sich für gut steuerbare Produktionsarten als Anreiz für eine sinnvolle Produktionssteuerung eine grössere Anzahl Tarifstufen anbieten und auch rechtfertigen, während bei anderen Produktionsarten unter Umständen auf allzu stark am Verlauf von Angebot und Nachfrage ausgerichtete Tarife weitgehend verzichtet werden sollte. Die Vergütung ist stets für ein ganzes Jahr festzulegen ­ sofern es mehrere Tarifstufen gibt, jeweils differenziert nach den verschiedenen Lieferzeiträumen. Sie ist den Produzenten rechtzeitig im Voraus bekannt zu geben.

Diese vorgängige Festlegung und Bekanntgabe der Vergütung ist namentlich für die Anlagebetreiber wichtig, die sich nicht oder nur mit hohem administrativem Aufwand gegen Marktpreisschwankungen absichern können.

Die Regelung nach Buchstabe a lehnt sich stark an die bereits bestehende Praxis im Strommarkt an: Netzbetreiber geben die Höhe der Vergütung regelmässig im Voraus 7669

für ein Jahr bekannt oder schliessen mit Produzenten längerfristige Lieferverträge ab. Die Vergütung ist dabei regelmässig für verschiedene Zeiträume unterschiedlich hoch (in der Regel mindestens Unterscheidung zwischen Tag- und Nachttarif).

Solche Verträge über die künftige Lieferung von Elektrizität werden am Terminmarkt gehandelt, weshalb sich die Vergütung nach Buchstabe a für den Streitfall an den Preisen an ebendiesem Markt zu orientieren hat.

Im Vergleich zu der Vergütung nach Buchstabe b ist anzumerken, dass die Vergütung nach Buchstabe a ­ wenngleich im Einzelfall eine relativ feine Tarifabstufung je Zeitraum angemessen sein kann ­ keinesfalls in dem Masse nach Zeitpunkt differenziert ist, wie dies bei am Spotmarkt ausgerichteten Preisen der Fall ist. Dadurch wie auch durch die Tatsache, dass die Preise lange im Voraus bekannt sind, während die Preise nach Buchstabe b jeweils erst am Vortag der geplanten Lieferung eruiert werden können, dürfte die Vergütung nach Buchstabe a für die Produzenten eine grössere Sicherheit und Planbarkeit bieten und bei einer bewusst nach der Vergütungshöhe gesteuerten Produktion einfacher handhabbar sein.

Buchstabe b: Fossil und teilweise fossil befeuerte WKK-Anlagen können ihre Produktion weitgehend steuern. Sie können damit auf Bedarfs- und Preisschwankungen reagieren und solche zu ihren Gunsten nutzen. Im Rahmen der Energiestrategie 2050 sollen WKK-Anlagen zudem ­ wie gesehen ­ primär eine ergänzende Rolle spielen, indem sie Nachfragespitzen und Produktionslücken zu decken helfen. Aus diesem Grund bemisst sich die Vergütung für Elektrizität aus fossil und teilweise fossil befeuerten WKK-Anlagen im Rahmen der Abnahme- und Vergütungspflicht nach dem Marktpreis im Zeitpunkt der Einspeisung. Dadurch wird gewährleistet, dass diese Anlagen dann einspeisen, wenn es für sie aufgrund der Brennstoffkosten sowie der Vergütung rentabel ist, was regelmässig in Zeiten von grosser Nachfrage der Fall ist. Die konkrete Höhe des Elektrizitätspreises im Zeitpunkt der Einspeisung richtet sich nach den Preisen am Spotmarkt im Day-ahead-Handel, das heisst, nach den Preisen, zu denen die Elektrizität für den betreffenden Zeitraum jeweils am Tag vor ihrer Lieferung gehandelt wird.

Buchstabe c: Für Biogas besteht kein ähnlich liquider Markt wie für Elektrizität.

Aus diesem
Grund kann im Streitfall nicht auf einen Marktpreis zurückgegriffen werden. Auch hier soll der Abnehmer indes einen angemessenen Preis bezahlen. Zur Ermittlung dieses Preises ist im Einzelfall zu eruieren, wie viel der Netzbetreiber einem Dritten für den Kauf von Biogas zu bezahlen hätte, würde er solches nachfragen.

Absatz 4 klärt das Verhältnis von Artikel 17 zu andern Instrumenten der Vorlage.

Haben Produzenten, die unter Artikel 17 fallen, eine Einmalvergütung nach Artikel 29 oder einen Investitionsbeitrag nach Artikel 30 oder 31 erhalten, so ändert dies nichts an der Geltung der vorliegenden Abnahme- und Vergütungsgarantie. Die Beiträge nach dem 5. Kapitel stellen Anfangszahlungen dar, die auf den späteren Betrieb keinen Einfluss haben, sondern einzig als Starthilfe den Eintritt in den Normalbetrieb erleichtern sollen. Anderes gilt für die Produzenten, die am Einspeisevergütungssystem teilnehmen: Für diese gelten die besonderen Regeln des Kapitels 4 und sie können sich in keinem Fall auf die Abnahme- und Vergütungsgarantie nach Artikel 17 berufen.

7670

Art. 18

Eigenverbrauch

Artikel 18 Absatz 1 hält an sich eine Selbstverständlichkeit fest: Betreibern von Anlagen steht es frei zu entscheiden, welchen Anteil an der selber produzierten Energie sie veräussern wollen und wie viel sie gleich selber verbrauchen (sog.

Eigenverbrauch). Dies ergibt sich nicht zuletzt schon aus dem privatrechtlichen Grundsatz der Vertragsfreiheit, der mit der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Wirtschaftsfreiheit eng verbunden ist. Dies bedeutet umgekehrt natürlich auch, dass ein bei der Frage des Vertragsabschlusses ebenso freier Käufer der angebotenen Energie da sein muss. Bei letzterem ergibt sich aus Artikel 17 unter gewissen Umständen allerdings eine Verpflichtung zur Abnahme und Vergütung, der diese (Vertrags-)Freiheit einschränkt. Die Möglichkeit zum Eigenverbrauch steht nach Absatz 2 jedoch ungeschmälert allen Anlagebetreibern offen, auch solchen, die sich auf Artikel 17 berufen, und solchen, die an einem Einspeisesystem teilnehmen (Art. 19) oder eine Einmalvergütung (Art. 29) oder einen Investitionsbeitrag (Art. 30 und 31) in Anspruch genommen haben.

Diese Regelung entspricht materiell den von der Bundesversammlung am 21. Juni 2013 beschlossenen Artikeln 7 Absatz 2bis und 7a Absatz 4bis des bisherigen Gesetzes, für die die Referendumsfrist allerdings noch nicht abgelaufen ist. Anlass zur expliziten Nennung des Rechts auf Eigenverbrauch gab die Praxis einiger Netzbetreiber beziehungsweise Energieversorger (im Falle von Strom), aufgrund derer Anlagebetreiber zum Teil de facto gezwungen werden, sämtliche selber produzierte Elektrizität zu veräussern. Dies, indem die Netzbetreiber sämtliche produzierte Elektrizität als eingespeist abrechnen und vergüten, selbst wenn diese physisch gar nicht ins (Verteil-)Netz eingespeist, sondern vielmehr am Ort der Produktion verbraucht wird. Umgekehrt hat diese Abrechnungsmethode zur Folge, dass der gesamte Verbrauch ­ inklusive dem selber produzierten und gleichzeitig verbrauchten Anteil ­ als aus dem Netz bezogen betrachtet und in Rechnung gestellt wird. Der Anlagebetreiber muss so also teilweise faktisch seinen Strom veräussern und ihn sogleich wieder ­ und in der Regel teurer und zuzüglich Netznutzungsentgelt ­ zurückkaufen. Wer dies nicht möchte, soll dies nicht müssen. Umgekehrt kann es trotzdem Konstellationen geben, bei welchen es sinnvoller
und einfacher ist, sämtliche produzierte Energie zu veräussern. Dementsprechend steht es dem Anlagebetreiber frei, auf sein Recht auf Eigenverbrauch zu verzichten und sich mit dem Netzbetreiber (d. h. dem Käufer) im Rahmen der Vertragsverhandlungen auf eine andere Lösung zu einigen.

Zu den Auswirkungen auf die Verteilung der Netzkosten in einem Netzgebiet, vgl.

die Ausführungen zur Änderung des StromVG.

4. Kapitel: Vergütung der Einspeisung für Elektrizität aus erneuerbaren Energien (Einspeisevergütungssystem) Art. 19

Teilnahme am Einspeisevergütungssystem

Die Einspeisevergütungsregelung für Betreiber, die aus erneuerbaren Energien Strom erzeugen, ist seit 2009 wirksam. Die Regelung erfährt mit dem neuen EnG einige wichtige Änderungen, unter anderem wird der Kreis der teilnahmeberechtigten Betreiber eingeschränkt. Zugelassen sind nur noch effektiv neue Anlagen (Inbe7671

triebnahme ab 1. Januar 2013); solche, die bloss erheblich erweitert oder erneuert werden, nicht mehr; bisher waren diese den Neuanlagen gleichgestellt. Was die Anlagetypen angeht, so gibt es künftig namentlich für Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung unter 10 kW und für gewisse Biomasse-Anlagen (wie z. B. Kehrichtverbrennungsanlagen) einen Ausschluss (Abs. 5). Für Wasserkraft-Anlagen gilt weiterhin eine Obergrenze von 10 MW, neu aber auch eine Untergrenze von 300 kW. Diese ist jedoch nicht absolut (Abs. 6). Die wichtigsten Ausnahmen sind ­ da kaum mit negativen ökologischen Auswirkungen einhergehend ­ die bereits im Gesetz genannten, nämlich Wasserkraftwerke, die mit Trinkwasserversorgungs- und Abwasseranlagen verbunden sind. Daneben soll der Bundesrat per Verordnung weitere Ausnahmen vorsehen können. Bei Anlagen an bereits genutzten Gewässerstrecken ist an Dotierkraftwerke und an Kraftwerke in Unterwasserkanälen zu denken. Noch weitere Ausnahmen sind möglich ­ sofern es dadurch keine neuen Eingriffe in natürliche Gewässer gibt ­ für Anlagen, bei denen die Stromproduktion einen Nebennutzen in einem geschlossenen System darstellt (Wässerwasserkraftwerke, Kraftwerke im Zusammenhang mit Beschneiungsanlagen, Nutzung von Tunnelwasser zur Stromproduktion).

Betreiber, die die Einspeisevergütung schon erhalten oder für die mindestens eine positive Zusage (positiver Bescheid) vorliegt, bleiben im System. Für sie gelten die neuen die Teilnahmeberechtigung betreffenden Einschränkungen nicht. Anlagen, die bloss auf der Warteliste sind, sind von den Einschränkungen jedoch betroffen (vgl.

Art. 74).

Für einige der Anlagen, deren Betreiber neu nicht mehr am Einspeisevergütungssystem teilnehmen können, sind nach dem 5. Kapitel Investitionbeiträge vorgesehen, so eine Einmalvergütung für kleine Photovoltaik-Anlagen (Art. 29) sowie Investitionsbeiträge für Wasserkraft- und für gewisse Biomasse-Anlagen (Art. 30 und 31). Die Betreiber von Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung zwischen 10 kW und weniger als 30 kW haben ein Wahlrecht (Abs. 4).

Absatz 7: Der Bundesrat hat zahlreiche Einzelheiten zu regeln, so z. B. die Vergütungsdauer, die nicht für alle Technologien gleich sein muss. Vergütungsdauern von 20 Jahren oder mehr (wie bei der Einführung der Einspeisevergütung im Jahr 2009) soll es künftig nicht mehr
geben. Im Rahmen der Festlegung der Vergütungsdauern kann der Bundesrat auch vorsehen, dass diese bereits läuft, wenn ein Betreiber seine Anlage in Betrieb genommen hat, aber noch auf der Warteliste ist. So können Mitnahmen verhindert werden. Der Betreiber erhält also die Einspeisevergütung zwar noch nicht, die Vergütungsdauer läuft aber trotzdem bereits. Für Betreiber, die über Auktionen ins System eintreten werden (Art. 25 ff.), können kürzere als die vom Bundesrat festgelegten Vergütungsdauern zum Tragen kommen.

Der Bundesrat hat sodann Mindestanforderungen festzulegen. Nebst energetischen sind auch solche ökologischer Art denkbar, zum Beispiel Anforderungen an die ökologische Gesamtbilanz von Energiepflanzen (Palmöl, Soja, Mais etc.). Die Kompetenz, Mindestanforderungen aufzustellen, schliesst auch die Befugnis ein, die Folgen bei Nichteinhaltung zu regeln. Als letzte Folge bei Nichteinhalten soll der Vergütungsanspruch erlöschen (Bst. d). Gerade im Zusammenhang mit der Direktvermarktung (Art. 21) könnte das Bedürfnis der Betreiber wachsen, das Einspeisevergütungssystem zu verlassen oder gar, nur vorübergehend auszutreten und später wieder einzusteigen («Switching»). Hierzu muss der Bundesrat die Modalitäten (Fristen etc.) und Folgen regeln (Bst. e). Ein «Switching» soll nicht beliebig möglich sein, nicht zuletzt wegen des damit verbundenen Vollzugsaufwands.

7672

Schliesslich werden gewisse Regeln zu den Abläufen bei der rechnerischen Weiterverteilung des Stroms nötig sein, der über das Einspeisevergütungssystem eingespeist wird. Hierzu besteht bereits ein etabliertes System, in dem die Bilanzgruppen, die als Mess- und Abrechnungseinheiten fungieren, die Hauptakteure sind. Bei der Direktvermarktung und bei der Vergütung zum Referenz-Marktpreis (Art. 24) werden die Bilanzgruppen ­ im Normalfall ­ auch die Zahlungspflichtigen sein; für gewisse Fälle wird die Zahlungspflicht aber auch den Netzbetreibern aufzuerlegen sein. Das Begriffspaar «Abnahme und Vergütung» wird gleich verwendet wie in Artikel 17. Im System nach Artikel 24 sind die Produzenten nicht nur auf eine physische Abnahme angewiesen, sondern auch darauf, dass ihnen der Strom «wirtschaftlich» abgenommen und vergütet wird. Bei der Direktvermarktung sind die Betreiber derweil selber für alles verantwortlich.

Art. 20

Teilweise Teilnahme

Artikel 20 ist die Grundlage für eine Ausnahme vom Prinzip der vollen Einspeisung (über das Einspeisevergütungssystem): nämlich für das sogenannte Splitting. Beim Splitting läuft nur ein Teil der Produktion im Einspeisevergütungssystem, die übrige Produktion wird im freien Markt verkauft. Das Splitting macht die Abwicklung des Einspeisevergütungssystems jedoch kompliziert und aufwendig. Ein Splitting soll daher nicht zu beliebigen Modalitäten, quasi à la carte, möglich sein, sondern nur, wenn der Nutzen in einem akzeptablen Verhältnis zum Aufwand (für das System) steht.

Ein Splitting wird daher nur in den Fällen und unter den Voraussetzungen zulässig sein, die der Bundesrat definieren wird. Denkbar ist zum Beispiel, dass ein Splitting nur für bestimmte Anlagekategorien möglich ist, dass es eine Mindestgrösse für Splitting-Anlagen gibt, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Produktion im Einspeisevergütungssystem ist und dass die zeitliche Flexibilität von Änderungen/Wechseln begrenzt wird. Bevor der Bundesrat Vorschriften erlassen hat, ist ein «unkontrolliertes» Splitting nicht möglich. Aus dem Gesetz kann mithin kein Anspruch auf Splitting abgeleitet werden.

Art. 21

Direktvermarktung

Für Betreiber im Einspeisevergütungssystem wird die Direktvermarktung zum Standard. Sie sind selber für den Absatz ihres Stroms verantwortlich und müssen sich selber einen Käufer suchen, der ihnen den Strom zu den attraktivsten Konditionen abnimmt. Sie profitieren also nicht von den Abnahme- und Vergütungsregeln nach Artikel 17 (Art. 17 Abs. 5). Für den ökologischen Mehrwert der Elektrizität erhalten sie dafür eine Einspeiseprämie. Diese bemisst sich als Differenz zwischen dem Vergütungssatz («strike price»), der für den jeweiligen Anlagetyp massgeblich ist (Art. 22), und dem Referenz-Marktpreis (Art. 23). Die Einspeiseprämie wird über den Netzzuschlag finanziert (Art. 37).

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Grafik 9 Preisstruktur

Der Referenz-Marktpreis wird anlagetypspezifisch über einen bestimmten Zeitraum gemittelt (Art. 23 Abs. 1). Da er vom einen zum anderen Mittelungszeitraum ändern kann, variiert entsprechend, das heisst über die Mittelungszeiträume hinweg und quasi stufenartig, auch die Einspeiseprämie. Innerhalb eines Mittelungszeitraums variiert die Einspeiseprämie dagegen nicht, bleibt doch ­ naturgemäss ­ auch der Referenz-Marktpreis gleich.

Grafik 10 Entschädigungsstruktur (anhand von beispielhaften Einspeisezeiträumen)

7674

Erzielt der Produzent am freien Markt einen über dem Referenz-Marktpreis liegenden Erlös, zum Beispiel weil er dann einspeist, wenn eine grosse Nachfrage herrscht, kann er den übersteigenden Teil behalten und steht somit besser da als mit der bisherigen Einspeisevergütung. Die Möglichkeit dieses Zugewinns soll für ihn Anreiz sein, seine Produktion ­ angepasst an das Spiel von Angebot und Nachfrage ­ zeitlich zu steuern und entsprechend einzuspeisen. Eine Chance, von diesem Anreiz zu profitieren, bietet sich auch mit dem Zwischenspeichern von Strom zu Tiefpreiszeiten (mit einem schon vorhandenen oder neu einzubauenden Speicher).

Anlagen ohne Speicher können möglicherweise so gebaut und betrieben werden, dass sie zu Hochpreiszeiten am meisten produzieren (z. B. West-/Ostausrichtung bei Photovoltaik-Anlagen).

Da die Einspeiseprämie über die Mittelungszeiträume hinweg variiert, ist der Produzent langfristig gegen Preisschwankungen abgesichert, kurzfristig aber dem Markt mit seinen Chancen und Risiken ausgesetzt. Den Abnehmern des direkt vermarkteten Stroms werden überhaupt keine Vorgaben zur Vergütung gemacht, was mit zum System der Direktvermarktung gehört. Hier sollen (im Wettbewerb) verschiedene Vergütungsmodelle geschaffen werden.

Absatz 4: Übersteigt der am Markt erzielte Erlös den Referenz-Marktpreis, so kann der Produzent diesen Teil behalten (darin besteht genau der Anreiz). Kommt jedoch der Referenz-Marktpreis selbst über den Vergütungssatz zu liegen, so muss der Produzent den übersteigenden Teil für den betreffenden Mittelungszeitraum an den Netzzuschlagsfonds (Art. 39) abgeben.

Art. 22

Vergütungssatz

Absätze 1 und 2: Zum Wesen des Einspeisevergütungssystems gehört, dass über eine bestimmte Dauer ein konstanter Vergütungssatz gilt. Nach dem bisherigen EnG sollte die Vergütung die Kosten decken (darum umgangssprachlich: kostendeckende Einspeisevergütung, KEV), wobei nie Kostendeckung im Einzelfall angestrebt war.

Die Vergütungssätze waren vielmehr an technisch effizienten und langfristig wirtschaftlichen Referenzanlagen auszurichten.

Neu soll nicht mehr unbedingt Kostendeckung (für Referenzanlagen) erreicht werden. Die Vergütung hat sich nur mehr an den Gestehungskosten zu orientieren (statt wie bisher: sich danach zu richten). Als Faustregel sollen in der Regel 80 Prozent der Gestehungskosten nicht unterschritten werden.

Absatz 3: Der Vergütungssatz kann sich auf drei Arten bestimmen. Hauptfall ist die Festlegung durch den Bundesrat in der Verordnung (Abs. 1 und 2). Daneben kann er über Auktionen bestimmt (Bst. a) oder ausnahmsweise im Einzelfall durch das BFE festgelegt werden (Bst. b). Eine Einzelfallbetrachtung rechtfertigt sich nur bei grossen Anlagen, die so spezifisch sind, dass sie schlecht (als Referenzanlage) kategorisierbar sind. Der Bundesrat wird diese Fälle umschreiben; insbesondere wird er festlegen, für welche Technologien, Kategorien und Leistungsklassen eine Einzelfallbetrachtung zulässig ist und ob ­ und wenn ja, um wie viel ­ der Vergütungssatz auch höher sein darf als sonst. Denkbar für eine Einzelfallbetrachtung könnten z. B.

solarthermische Kraftwerke sein. Ausser in den vom Bundesrat bezeichneten Fällen gibt es keinen Anspruch auf eine Einzelfallbetrachtung; direkt aus dem Gesetz lässt sich ein solcher also nicht ableiten.

7675

Die Vergütungssätze müssen, wie schon nach bisherigem Recht, auch angepasst werden können ­ für jeweils neu ins Einspeisevergütungssystem kommende Anlagen beziehungsweise für deren Betreiber (Abs. 4 Bst. c). Die langjährige Vergütung soll sich an den Kosten im Zeitpunkt der Inbetriebnahme orientieren. Im Vordergrund stehen gezielte, quasi massgeschneiderte Anpassungen aufgrund neuer Berechnungen; bei diesen ist namentlich der sogenannte WACC (Weighted Average Cost of Capital) zu berücksichtigen. Alternativ dazu kann der Bundesrat auch eine automatisch greifende Absenkung der Vergütungssätze (für jeweils neu ins System kommende Anlagen) vorsehen, sodass es für neue Sätze nicht regelmässig Verordnungsänderungen braucht.

Von solchen Anpassungen sind Anpassungen zu unterscheiden, die, wie schon nach bisherigem Recht, ausserordentlicherweise auch für bereits im System befindliche Betreiber greifen sollen (Bst. d). Wenn es bei einem Anlagetyp bei der Referenzanlage übermässige Gewinne oder Verluste gibt, muss eine Anpassung möglich sein.

Sie gilt dann für alle Betreiber mit einer der entsprechenden Referenzanlage zugeordneten Anlage. Wie bisher, wird es vom Grundsatz, dass der Vergütungssatz für eine Anlage immer gleich bleibt (Abs. 3), weitere Abweichungen geben. Nach dem heutigen Verordnungsrecht variiert der Vergütungssatz teilweise in Abhängigkeit der äquivalenten Leistung; bei der Windkraft greift zudem ein spezieller Anpassungsmechanismus. Der Bundesrat wird diese Spezialitäten in der Verordnung weiterführen können und nötigenfalls neue einführen.

Art. 23

Referenz-Marktpreis

Nach Absatz 1 ergibt sich der Referenz-Marktpreis aus der Mittelung eines anerkannten Marktpreises (z. B. Swissix) über einen gewissen Zeitraum (z. B. ein Monat). Dies erfolgt technologie- beziehungsweise anlagetypspezifisch (Abs. 2), wobei auch weitere Faktoren berücksichtigt werden können, z. B. ein Profilfaktor für den Tagesverlauf bei der Photovoltaik.

Art. 24

Vergütung zum Referenz-Marktpreis

Vom Standard der Direktvermarktung soll es auch Ausnahmen geben. Für Betreiber kleiner Anlagen und von Anlagen, bei denen kein Potenzial zur zeitlichen Steuerung vorhanden ist, kann der mit dem selbstständigen Verkauf am freien Markt verbundene Aufwand unverhältnismässig gross sein. Sie sollen daher von der Direktvermarktung ausgenommen werden können. Stattdessen wird ihnen der ReferenzMarktpreis garantiert. Hinzu kommt die Einspeiseprämie für den ökologischen Mehrwert. Mit der sich so ergebenden Einspeisevergütung stehen sie genau gleich gut da wie Betreiber mit der herkömmlichen Einspeisevergütung (nach bisherigem EnG). Mittel- beziehungsweise längerfristig sollen indes die Betreiber von immer mehr Anlagetypen in die Direktvermarktung kommen. Die Möglichkeit zur Befristung (Abs. 4) des Regimes des garantierten Referenz-Marktpreises soll einen sanften Übergang in den freien Markt ermöglichen.

Betreiber, die schon die heutige Einspeisevergütung erhalten, unterstehen auch nicht der Direktvermarktung (Art. 74 Abs. 5). Ihnen ist, jedenfalls für eine längere Übergangszeit, ebenfalls der Referenz-Marktpreis garantiert.

7676

Art. 25

Auktionen

Absatz 1: Das neue Auktionsregime ist Bestandteil des Einspeisevergütungssystems.

Zentraler Unterschied zum System in seiner herkömmlichen Form ist, dass der Vergütungssatz über eine Auktion bestimmt wird. Es gelten dann also nicht die in der Verordnung enthaltenen Vergütungssätze.

Hat der Bundesrat für einen bestimmten Anlagetyp einmal einen Regimewechsel hin zu Auktionen beschlossen, so ist dieser Wechsel insofern endgültig, als es für diesen Typ keine Rückkehr zum herkömmlichen System gibt. Durch die Endgültigkeit des Wechsels soll die erforderliche Stabilität des Systems garantiert und vermieden werden, dass mehrmalige Regimewechsel Unsicherheiten verursachen. Projektanten könnten sonst zum Beispiel darüber spekulieren, ob und wann das für sie günstigere Regime greift, und Investitionen hinausschieben. Ein Hin und Her sowie ein kompliziertes Nebeneinander von Anlagen, die nach den herkömmlichen Regeln oder über Auktionen im Einspeisevergütungssystem sind, würden das System auch nochmals komplexer und fehleranfälliger machen, namentlich für den Vollzug.

Somit würden auch die Kosten für die Abwicklung steigen.

Absatz 2 enthält die Zuschlagskriterien. Haupt- beziehungsweise primäres Kriterium ist der «Preis», d. h. der gebotene Vergütungssatz. Je tiefer dieser ist, desto besser.

Solange die Gebote mit dem besten Satz die ausgeschriebene Menge nicht übersteigen, gilt vor allem der Preis als Kriterium. Subsidiär, zum Beispiel wenn es zu viele Gebote mit dem besten Vergütungssatz gibt oder wenn die Realisierung eines Projekts noch nicht weit gediehen ist oder unwahrscheinlich ist, kommen auch andere Kriterien zum Zuge (Bst. a­c). Der Bundesrat wird den genauen Zuschlagsmodus festlegen und dabei die Prioritäten der Kriterien konkretisieren können. Nicht eigentliche Zuschlagskriterien sind Umweltverträglichkeit und Standorteignung. Diese Aspekte sind gleichwohl zu berücksichtigen; die Standorteignung als Teilnahmevoraussetzung (Art. 19 Abs. 3) und Umweltbelange über das Umweltschutzrecht sowie (subsidiär) über die Mindestanforderungen (Art. 19 Abs. 7 Bst. c).

Wie Absatz 3 festhält, erfolgt über die Auktion direkt der Eintritt ins Einspeisevergütungssystem ­ statt über eine Anmeldung. Im Übrigen gelten die Bestimmungen zum Einspeisevergütungssystem ganz normal, auch das Ausführungsrecht. So muss zum Beispiel eine Neuanlage vorliegen, die Mindestanforderungen müssen eingehalten werden.

Art. 26

Auktionsverfahren

Ist der Wechsel ins Auktions-Regime für einen Anlagetyp vollzogen, so ist es am BFE, die einzelnen Auktionsrunden einschliesslich Modalitäten anzusetzen. Es legt auch die auszuschreibende Menge und die Eckwerte für ein gültiges Gebot fest. Die Auktionsrunden bilden den zeitlichen Rahmen für die konkreten Auktionen, die ebenfalls das BFE durchführt. Danach erfasst das BFE alle rechtzeitigen und gültigen Gebote. Es reiht sie anhand der massgeblichen Kriterien ein. Anschliessend erteilt es die Zuschläge an die bestgereihten Angebote, dies bis deren Summe die Gesamtsumme der Ausschreibung erreicht. Wer in diesem Ausschreibe-Kontingent nicht Platz hat, erhält keinen Zuschlag. Ein Rechtsanspruch auf einen Zuschlag besteht nicht.

Mit der Zuschlagsverfügung werden die konkreten Bedingungen verbindlich festgelegt, hauptsächlich die Garantie für den Produzenten, im Einspeisevergütungssystem 7677

die zugesicherte Menge zum Preis beziehungsweise zum Vergütungssatz, wie er über die Auktion ermittelt wurde, absetzen zu können. Wer über einen Zuschlag im Einspeisevergütungssystem ist, kann dieses zwar wieder verlassen und in den freien Markt gehen, ein Wiedereintritt in dieses System ist dann aber nicht möglich.

Absatz 4: Der Bundesrat wird nebst dem Regimewechsel je Anlagetyp auch eigentliche Ausführungsvorschriften zu erlassen haben. Zum Auktionsmodus gehört unter anderem der Preisfestsetzungsmechanismus. Der Bundesrat kann insbesondere ein sogenanntes Gebotspreisverfahren einführen, bei dem der jeweilige Anbieter oder die jeweilige Anbieterin genau den Vergütungssatz erhält, den er oder sie geboten hatte (Pay-as-bid). Weiter möglich ist, dass für alle in einer Auktionsrunde Berücksichtigten der Preis zum Zuge kommt (Uniform pricing), der mit dem «letzten» Angebot, das im Ausschreibekontingent noch Platz hat, geboten wurde (Cut-off Price). Alle innerhalb der Auktionsrunde erhalten also unabhängig vom eigenen Gebot den gleichen Vergütungssatz. Von den Berücksichtigten erhält so niemand einen tieferen als den gebotenen Satz; wer höher geboten hat, geht leer aus und erhält also keinen Zuschlag. Der Bundesrat kann beide Mechanismen vorsehen und so für die spätere Abwicklung maximale Flexibilität ermöglichen. Zu den Ausführungsvorschriften gehört auch eine Aufwandentschädigung für nicht ernsthafte oder missbräuchliche beziehungsweise unlautere Gebote. Nicht ernsthaft ist ein Gebot insbesondere dann, wenn es nicht seriös oder von so schlechter Qualität ist, dass es gar nicht auf eine Teilnahme abzielen kann. Missbräuchlich oder unlauter ist ein Gebot zum Beispiel dann, wenn Absicht des Gebots ist, den Ausgang der Auktion zu verfälschen oder durch Manipulation bei Preis oder Menge andere von der Teilnahme abzuhalten.

Art. 27

Nichterreichen der Produktionsziele und Sanktion

Artikel 27 gehört als der letzte von drei Artikeln zu den Auktionen. Die Sanktion gemäss Artikel 27 ist materiell motiviert ­ anders als die Aufwandentschädigung (nach Art. 26 Abs. 4 Bst. b), die vor allem ein ordnungsgemässes Verfahren ermöglichen und eine gewisse abschreckende Wirkung haben soll. Durch die Sanktion nach Artikel 27 soll, wenn auch nur bis zu maximal zehn Prozent, kompensiert werden, dass durch den Zuschlagsempfänger, dessen Produktion ausfällt, eine «Lücke» beim Zubau verursacht und jemand anderer nicht berücksichtigt wurde. Da mit den Sanktionen (präventiv) verhindert werden soll, dass beim Zubau, der aufgrund der Gebote für das System einkalkuliert wird, Lücken entstehen, ist auch eine Ersatzbeschaffung möglich; deren Modalitäten hat der Bundesrat zu regeln (Art. 27 Abs. 4). Zur Prüfung, ob Sanktionen zu verhängen sind, muss das BFE die nötigen Untersuchungsmassnahmen vornehmen können (vgl. z. B. Art. 42 Kartellgesetz, KG, SR 251).

5. Kapitel: Investitionsbeitrag für Photovoltaik-, Wasserkraft- und Biomasse-Anlagen Art. 28

Allgemeine Voraussetzungen und Zahlungsmodalitäten

Für einige der Anlagetypen, mit denen die Betreiber nicht mehr am Einspeisevergütungssystem teilnehmen können (vgl. Art. 19), gibt es neu Investitionshilfen. Wäh7678

rend bei Wasserkraft-Anlagen im Einspeisevergütungssystem weiterhin Neuanlagen zugelassen sind, kommt für erhebliche Erweiterungen oder Erneuerungen nur noch ein Investitionsbeitrag in Frage. Für Wasserkraft-Anlagen gilt sodann, gleich wie im Einspeisevergütungssystem, ebenfalls die Untergrenze von 300 kW; die Ausnahmen sollen ebenfalls die gleichen gelten (Abs. 2).

Die Finanzierung der Investitionsbeiträge erfolgt über den Netzzuschlag.

Bei Photovoltaik-Anlagen wird der Investitionsbeitrag als eine einmalige Zahlung entrichtet und ist mithin eine Einmalvergütung. Bei den Investitionsbeiträgen für Wasserkraft- und für Biomasse-Anlagen wird der Bundesrat den Auszahlungsmodus festlegen. Speziell dort, wo es um grössere Beträge geht, kann eine gestaffelte Auszahlung sinnvoll sein, unter anderem damit die Lasten gleichmässiger über die Jahre verteilt werden können. Namentlich beim Investitionsbeitrag für WasserkraftAnlagen ist denkbar, dass ein Teil des Beitrags erst nach Fertigstellung des Vorhabens ausbezahlt wird. Bei einer Staffelung können keine Zinsen beansprucht werden. Ein Zinsanspruch besteht im Bereich von Kapitel 5 sowieso ganz generell nicht, also auch nicht, wenn ein Betreiber eine Zeit lang auf die Einmalvergütung für seine kleine Photovoltaik-Anlage warten muss.

Die Einmalvergütung steht für Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung bis unterhalb 30 kW offen. Für Anlagen mit einer Leistung unterhalb von 10 kW kommt nur die Einmalvergütung in Frage. Im Bereich zwischen 10 kW und bis unterhalb 30 kW besteht derweil ein Wahlrecht (Art. 19 Abs. 4); die Betreiber können entweder am Einspeisevergütungssystem teilnehmen oder eine Einmalvergütung in Anspruch nehmen.

Art. 29

Einmalvergütung für Photovoltaik-Anlagen

Die Einmalvergütung für eine neue kleine Photovoltaik-Anlagen beträgt höchstens 30 Prozent der bei der Inbetriebnahme massgeblichen Investitionskosten von Referenzanlagen.

Art. 30

Investitionsbeitrag für Wasserkraft-Anlagen

Für den Investitionsbeitrag für Wasserkraft-Anlagen ist, anders als in Artikel 29 und in Artikel 31, kein gesetzlicher Höchstbetrag vorgesehen. Der Bundesrat wird aber sinnvollerweise in der Verordnung einen solchen festlegen. Es ist davon auszugehen, dass der Beitrag bis zu 60 Prozent der Investitionskosten gehen kann, in der Regel aber nicht höher. Der Bundesrat wird ferner definieren, ab wann eine erhebliche Erweiterung oder Erneuerung vorliegt (Art. 33 Abs. 1 Bst. d). Als Kriterium kommen sowohl die Investitionen wie auch eine Steigerung der Produktion in Frage.

Möglich ist auch, dass beide Kriterien nebeneinander zugelassen werden.

Unter anderem wegen der Grösse und Verschiedenartigkeit der Anlagen ist eine Einzelfallbetrachtung angezeigt. Der Spielraum des zuständigen BFE wird jedoch begrenzt sein, denn der Bundesrat wird über Bemessungskriterien und ­ da eine gewisse Kategorisierung gleichwohl möglich ist ­ über Beitragsansätze Vorgaben machen. Für kleinere Erweiterungen und Erneuerungen sollen zudem Ansätze nach dem Referenzanlageprinzip möglich sein, denn solche können sachgerechter sein, auch wegen des Aufwands des BFE.

7679

Art. 31

Beitrag für Biomasse-Anlagen

Nicht für alle der vom Einspeisevergütungssystem ausgeschlossenen Anlagen (Art. 19 Abs. 5 Bst. c­e) kann ein Investitionsbeitrag beansprucht werden, sondern nur für die in Artikel 28 Absatz 1 Buchstabe c genannten.

Art. 32

Baubeginn

Die Regel von Artikel 32 zum Baubeginn entspricht einem subventionsrechtlichen Grundsatz. Von den nach Artikel 30 oder 31 Berechtigten ist zu erwarten, dass sie den Grundsatz und die Regel von Artikel 32 kennen, da sie Anlagen nicht als Private, sondern meist professionell betreiben.

Art. 33

Bedingungen und weitere Einzelheiten

Aufgrund von Artikel 33 wird der Bundesrat für die drei Typen von Investitionsbeiträgen zahlreiche Einzelheiten regeln. Er kann für die einzelnen Anlagetypen verschiedene Vorschriften erlassen. Die Kann-Bestimmung von Absatz 3 erlaubt es ihm überdies, bestimmte Ausführungsbestimmungen nicht generell, sondern nur für einzelne Anlagetypen aufzustellen.

Zwingend zu regeln sind die Ansätze für die Investitionsbeiträge (Einmalvergütung und Investitionsbeiträge nach Art. 30 oder 31). Wegen der Preisentwicklung, speziell bei der Photovoltaik, werden die Ansätze gegebenenfalls anzupassen sein. Mit der Vorgabe von Absatz 2 soll verhindert werden, dass eine Einmalvergütung oder ein Investitionsbeitrag nach Artikel 30 oder 31 ausbezahlt wird, obschon die betreffende Anlage aufgrund der Preisdegression bereits ohne Unterstützung rentabel betrieben werden kann.

Absatz 3: Der Bundesrat kann sodann unter anderem Mindestanforderungen aufstellen, die die gleichen sein können wie im Einspeisevergütungssystem, aber nicht gleich sein müssen. Buchstabe b spricht das Problem an, dass betriebsuntüchtige Anlagen nicht unterstützt werden sollen, zum Beispiel der Einbau einer Photovoltaik-Occasionsanlage, die schon nach kurzer Zeit ausfallen wird. Im Einspeisevergütungssystem kann solchen Unzulänglichkeiten über die Vergütung, die ja laufend bezahlt wird, Rechnung getragen werden. Bei den Investitionsbeiträgen, vor allem bei der Einmalvergütung, fehlt ein solcher Hebel. Deshalb müssen (teilweise) Rückforderungen möglich sein. Die Rückforderung ist die letzte beziehungsweise schärfste Folge, die der Bundesrat anordnen kann, wenn die Betriebstüchtigkeitsanforderungen nicht eingehalten sind, aber auch, wenn Mindestanforderungen (Bst. a) missachtet werden.

Bei der Einmalvergütung kann der Bundesrat eine Untergrenze setzen, um Bagatellfälle auszuschliessen (Bst. d). Das Festlegen von Höchstbeträgen (Bst. e) ist vor allem für die Investitionsbeiträge nach den Artikeln 30 und 31 relevant, weil es dort um grosse Summen gehen kann. Schliesslich soll der Bundesrat eine «Wartezeit» einführen können (Bst. g). Grundsätzlich ist nicht ausgeschlossen, dass die Betreiber für ein und dieselbe Anlage mehrmals einen Beitrag für eine Erweiterung oder Erneuerung erhalten. Sie sollen aber nicht in beliebig kleinen Abständen immer wieder aufs Neue solche Beiträge beanspruchen können.

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6. Kapitel: Wettbewerbliche Ausschreibungen, Geother-mie-Garantien und Entschädigung bei Wasserkraftwerken Art. 34

Wettbewerbliche Ausschreibungen für Effizienzmassnahmen

Die wettbewerblichen Ausschreibungen für Effizienzmassnahmen werden, da sie über den Netzzuschlag finanziert werden und da es bei ihnen primär um den rationellen und sparsamen Umgang mit Elektrizität geht, im Vergleich zum bisherigen Gesetz systematisch neu eingereiht (bisher: Art. 7a). Neu sollen auch Vorhaben der Elektrizitätsproduktion und -verteilung berücksichtigt werden, jedoch nicht generell, sondern nur in bestimmten Fällen. Einerseits geht es um Massnahmen zur Reduktion von Umwandlungsverlusten bei «elektrischen Anlagen». Damit sind Anlagen ab Generator gemeint ­ verstanden als Fachbegriff und in Abgrenzung zu hydraulischen Anlagen. Andererseits sollen auch Massnahmen zur Produktion von Strom aus nicht anders verwertbarer Abwärme unterstützt werden. Das Schwergewicht der Förderung soll aber auch künftig bei den verbrauchsseitigen Massnahmen einschliesslich Effizienzmassnahmen im Bereich der Elektromobilität liegen (Abs. 1 Bst. a).

Art. 35

Geothermie-Garantien

Diese Bestimmung wird aus dem geltenden Recht übernommen und terminologisch wie auch inhaltlich leicht angepasst. Der juristisch nicht korrekte Begriff der «Bürgschaft» wird durch «Garantie» ersetzt. Abgesichert werden sollen Investitionen im Rahmen der Vorbereitung und Errichtung von Geothermie-Anlagen zur Produktion von Elektrizität. Diese Wortwahl stellt eine Präzisierung gegenüber der bisher geltenden Fassung dar, wonach «Anlagen zur Nutzung von Geothermie» mittels Bürgschaft zu sichern waren. Der Begriff der Errichtung ist in weitem Sinne zu verstehen; darunter fallen alle Handlungen, die dazu dienen, ein Geothermie-Projekt so weit zu verfolgen, bis Aussagen über die Fündigkeit gemacht werden können und das Projekt als Erfolg beziehungsweise Teil- oder Misserfolg beurteilt wird, insbesondere Kosten für Bohrungen, Bohrlochvermessungen, Pumpversuche, Reservoirstimulation, Tests und Analysen, die geologische Begleitung und den Abbau des Bohrplatzes (vgl. Regelung in der Energieverordnung vom 7. Dezember 1998, Anhang 1.6). Im Rahmen der Vorbereitung einer Anlage sind neben den eigentlichen Vorbereitungsarbeiten, insbesondere der Bohrplatzvorbereitung, auch die notwendigen vorgelagerten und nach einer Machbarkeitsstudie durchgeführten Explorationskosten anrechenbar, welche dazu beitragen, die Erfolgswahrscheinlichkeit für eine Fündigkeit nach einer Machbarkeitsstudie, aber vor Bohrbeginn, zu erhöhen und den optimalen Standort des oberflächigen Bohrplatzes und der unterirdischen Bohrlandepunkte zu bestimmen.

Für geothermische Stromprojekte sind beträchtliche Eigen- und Fremdkapitalmittel bereitzustellen. Bei einer Risikodeckung von wie bisher maximal 50 Prozent der Investitionskosten vermag der Kapitalwert eines Projekts die Investitionshürden privater Investoren in der Regel nicht zu überschreiten. Um eine für Investoren akzeptable Eigenkapitalrendite zu erzielen, wird der Grad der maximalen Risikodeckung auf 60 Prozent erhöht. Dieser Höchstsatz entspricht dem Anteil, der im Rahmen von Finanzhilfen an Einzelprojekte maximal gewährt werden kann (vgl. Art. 59 Abs. 2 EnG). Grundsätzlich gilt, dass die Garantien im Bereich Geothermie stets 7681

vollständig mit den für diesen Zweck reservierten Fondsmitteln gedeckt sein müssen; eine Verpflichtung über die verfügbaren Mittel hinaus ist nicht vorgesehen.

Wie bereits im geltenden Recht findet die Bestimmung nur Anwendung auf Geothermie-Anlagen, mit welchen die Produktion von Elektrizität angestrebt wird. Für Geothermie-Wärmeprojekte kann demnach keine Garantie geleistet werden.

Art. 36

Entschädigung bei Wasserkraftwerken

Seit 2011 wird ein Teil des Netzzuschlags verwendet, um für Sanierungen der negativen Auswirkungen der Wasserkraftnutzung in den Bereichen Sunk, Geschiebe und Fischgängigkeit Entschädigungen zu leisten. Es handelt sich also um umweltbezogene Mehrkosten, die entschädigt werden. Da ein Grossteil der Mittel nicht schon in den ersten Jahren gebraucht wird, werden zunächst Reserven gebildet.

7. Kapitel: Netzzuschlag 1. Abschnitt: Erhebung, Verwendung und Netzzuschlagsfonds Art. 37

Erhebung und Verwendung

Seit 2009 wird ein Netzzuschlag erhoben, der auf die Endkunden überwälzt werden kann. Bisher wurde der Ertrag unter anderem für die Einspeisevergütung eingesetzt beziehungsweise für den Teil davon, der die Differenz zum Marktpreis bildet. Die Einspeisevergütung bleibt die wichtigste Verwendungsart des Netzzuschlags. Sie setzt sich nach dem neuen EnG aus dem Erlös, den der Betreiber selber am Markt erzielt, und der Einspeiseprämie zusammen. Letztere wird ­ sowohl bei der Direktvermarktung wie auch nach Artikel 24 ­ aus dem Netzzuschlag bezahlt.

Der Netzzuschlag bleibt im neuen EnG gedeckelt, und zwar bei 2,3 Rappen/kWh.

Dieser Höchstbetrag wird nicht schon von Anfang an im vollen Umfang erhoben werden müssen, weil die eingegangenen Verpflichtungen, z. B. wegen Verzögerungen des Baus oder der Inbetriebnahme einer Anlage, erst allmählich bedient werden müssen. Die jeweilige effektive Höhe des Zuschlags soll daher, wie bis anhin, vom Bundesrat bestimmt werden.

Art. 38

Begrenzung für einzelne Verwendungen und Warteliste

Nebst dem Gesamtdeckel von 2,3 Rappen/kWh gibt es für die Verwendung der Zuschlagsgelder auch mehrere Teilbegrenzungen, wenn auch nicht mehr so viele wie bisher. Erstens wird es Kontingente für die Photovoltaik (im Einspeisevergütungssystem) geben, die das BFE festlegt (Abs. 1 Bst. a sowie Abs. 2 und 3). Zweitens wird es ­ nötigenfalls ­ auch Kontingente für die Investitionsbeiträge für Wasserkraft- und für Biomasse-Anlagen geben. Sollte die Praxis zeigen, dass wiederholt ein hoher Anteil der Zuschlagsgelder für die Investitionsbeiträge aufzuwenden ist, soll das BFE die Möglichkeit haben, eine Begrenzung einzuführen (Abs. 4). Drittens besteht eine Teil-Höchstbegrenzung von je 0,1 Rappen/kWh für die wettbewerblichen Ausschreibungen, für die Geothermie-Garantien und für die Entschädigungen bei Wasserkraftwerken. Bei den beiden letzten Verwendungsarten müssen gewisse Reserven für spätere Jahre gebildet werden; bei den wettwerblichen Ausschreibungen muss derweil naturgemäss jedes Jahr im Voraus ein Betrag festgesetzt werden, 7682

der dann zur Verfügung steht. Wer nach welchen Regeln bestimmt, wie hoch die Anteile der drei letzterwähnten Verwendungsarten jeweils konkret sind, wird der Bundesrat regeln.

Der Bundesrat wird weiter die sich aus allen Begrenzungen ergebenden Folgen regeln (Abs. 5). Namentlich für das Einspeisevergütungssystem wird es weiterhin eine Warteliste geben. Der Bundesrat soll einen grossen Spielraum für eine sachgerechte Lösung haben, zumal das bisherige Wartelisten-Regime nicht vollständig zu befriedigen vermag. Ein Ansatz können getrennte Wartelisten sein (für das Einspeisevergütungssystem und für die anderen Investitionsbeiträge).

Art. 39

Netzzuschlagsfonds

Die Netzzuschlagsgelder fliessen in einen Fonds. Die Vollzugszuständigkeit ist neu ganz beim Bund. Insbesondere das Einspeisevergütungssystem, für dessen Vollzug bisher, die nationale Netzgesellschaft zuständig war, fällt neu in die Zuständigkeit des Bundes. Der Fonds muss ebenfalls beim Bund eingerichtet werden. Mit Artikel 39 wird die nötige formell-gesetzliche Grundlage hierfür geschaffen. Die bisherige Trägerin der Zuschlagsgelder, die «Stiftung Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV)» verliert mit der Neuorganisation ihre Aufgabe und ist entsprechend aufzulösen (Art. 76 Abs. 1). Die bei dieser Auflösung bei der Stiftung vorhandenen Mittel werden vom Bund übernommen. Der neue Fonds wird im UVEK verwaltet, das heisst, die Zahlungsflüsse werden über die zuständigen Ämter BFE und BAFU laufen. Wie diese Verwaltung bezüglich Organisation und Abläufe genau auszugestalten ist, wird auf Stufe Verordnung zu regeln sein.

Der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) kommt die Aufgabe zu, die vorhandenen Fondsmittel im Rahmen ihrer ordentlichen Mittelbewirtschaftung anzulegen.

Da ein Grossteil der Fondsentnahmen weder zeitlich noch betragsmässig beeinflusst werden kann und somit kein Gestaltungsspielraum beim Mitteleinsatz besteht, wird der Netzzuschlagsfonds in der Bilanz des Bundes im Fremdkapital geführt. Die Mittel im Fonds sind zu verzinsen, allerdings nur diejenigen, die nicht unmittelbar benötigt und bei der Bundestresorerie auf einem Depotkonto angelegt werden; die EFV bestimmt die Sätze für die Verzinsung (Art. 70 der Finanzhaushaltsverordnung vom 5. April 2006, FHV, SR 611.01). Absatz 4 sieht sodann ein Verschuldungsverbot vor. So sollen allfällige Risiken für den Bund limitiert werden. Es dürfen nur so weit Verpflichtungen eingegangen werden, als entsprechende Mittel über den Netzzuschlag tatsächlich rechtzeitig und im nötigen Umfang erhoben werden können.

Bei der Festlegung von Kontingenten (und dem Eingehen von Verpflichtungen) sind die prognostizierte Marktpreisentwicklung, die Realisierungswahrscheinlichkeiten bei den Wind- und Wasserkraftwerksprojekten sowie die Kostenentwicklung der Technologien vorsichtig einzuschätzen und angemessen zu berücksichtigen.

Wer die von der Eidgenössichen Finanzkontrolle geprüfte Rechnung (Abs. 5) zu genehmigen haben wird, lässt sich noch nicht sagen. Das
hängt stark von der genauen Ausgestaltung und Organisation des Fonds ab. Über den Stand des Fondsvermögens ist ­ im Rahmen der Berichterstattung nach Absatz 6 ­ im Anhang zur Jahresrechnung zu informieren. Dabei sind insbesondere die eingegangenen und noch nicht bilanzierten Verpflichtungen offenzulegen.

7683

2. Abschnitt: Rückerstattung Art. 40­44 Die im Rahmen der pa. Iv. 12.400 beschlossene Möglichkeit der Rückerstattung des Netzzuschlags an stromintensive Unternehmen, die eine Zielvereinbarung abschliessen und sich dazu verpflichten, in einem bestimmten Umfang in Effizienzmassnahmen zu investieren, wird vorliegend materiell unverändert übernommen. Die relativ lange Bestimmung wird neu auf mehrere Artikel aufgeteilt und in verschiedenen Punkten klärend umformuliert.

Die Artikel 40­42 regeln materiell unverändert den Kreis der Rückerstattungsberechtigten und die Voraussetzungen der Berechtigung, inklusive der Pflicht, 20 Prozent des Rückerstattungsbetrags im Rahmen einer Zielvereinbarung in Effizienzmassnahmen zu investieren. Diese Pflicht gilt allerdings, wie der Gesetzestext explizit ausdrückt, nur im Rahmen und nach Massgabe der Zielvereinbarung, welche ihrerseits wirtschaftlich tragbar sein muss. Konkret bedeutet dies, dass im Rahmen der Erarbeitung der Zielvereinbarung neben den Massnahmen, die ohnehin wirtschaftlich und deshalb zur Erfüllung der Zielvereinbarung in jedem Fall zu ergreifen sind, zusätzliche Massnahmen bezeichnet werden, die unter Berücksichtigung der zusätzlich einzusetzenden 20 Prozent der Rückerstattungssumme als wirtschaftlich tragbar bewertet werden. Sofern das Unternehmen die Rückerstattung erhalten hat, müssen zur Einhaltung der Zielvereinbarung auch diese Massnahmen umgesetzt werden. Damit findet die Investitionspflicht ­ wie im bereits beschlossenen Recht ­ ihre Grenze dort, wo die Möglichkeit, in wirtschaftlich tragbare Massnahmen zu investieren, ausgeschöpft ist (Art. 42 Abs. 2 Satz 2).

Auch der Verzicht auf eine explizite Nennung des Beizugs Dritter zum Vollzug der vorliegenden Massnahme stellt keine materielle Neuerung dar, da dieser Aspekt hinreichend durch den neuen, allgemeinen Artikel 68 abgedeckt ist.

Die in Artikel 42 Absatz 4 aufgeführte Pflicht der Endverbraucherinnen und Endverbraucher, «Zutritt zu den Einrichtungen zu gewähren», wird insofern präzisiert, als neu genereller von Einrichtungen statt von Anlagen gesprochen wird: Es geht hier um die Pflicht, Zugang zu jeglichen Räumlichkeiten, Arealen, Aussenbereichen, wie auch zu Geräten, Produktionsanlagen und dergleichen zu gewähren, bei denen ein Augenschein notwendig ist, um die Einhaltung der Zielvereinbarung
sinnvoll prüfen zu können.

Unverändert beibehalten wird auch die Möglichkeit des Bundesrats, in Härtefällen auch für andere Endverbraucherinnen und Endverbraucher als die in Artikel 40 genannten, die durch den Zuschlag in ihrer Wettbewerbsfähigkeit erheblich beeinträchtigt würden, eine teilweise Rückerstattung des bezahlten Zuschlags vorzusehen. Zu betonen ist, dass diese Möglichkeit weiterhin nur dort besteht, wo die Wettbewerbsbeeinträchtigung tatsächlich auf den Zuschlag zurückzuführen ist. Es entspricht nicht dem Sinn und Zweck der Regelung, Wettbewerbsnachteile auszugleichen, die durch «externe Faktoren» (wie z. B. Wechselkursschwankungen, Differenzen bei Personalkosten oder Rohstoffpreisen oder insbesondere auch allfällige, unabhängig vom Netzzuschlag bestehende Differenzen bei den Elektrizitätskosten) verursacht werden.

Die Härtefall-Bestimmung ist im Übrigen wie bisher als Möglichkeit, nicht als Pflicht ausgestaltet. In Anbetracht der bereits deutlich ausgedehnten (Teil-)Rück7684

erstattungsmöglichkeiten in den Artikeln 40 ff. wird sich zeigen müssen, welche Bedeutung dieser Bestimmung künftig zukommt beziehungsweise ob noch ein Bedarf besteht, dass der Bundesrat von seiner Kompetenz Gebrauch macht.

8. Kapitel: Sparsame und rationelle Energienutzung 1. Abschnitt: Serienmässig hergestellte Anlagen, Fahrzeuge und Geräte Art. 45 Nach Artikel 45 kann der Bundesrat ­ anlaog zu Artikel 8 des bisherigen Energiegesetzes ­ zur Reduktion des Energieverbrauchs Effizienz- und Deklarationsvorschriften für serienmässig hergestellte Anlagen, Fahrzeuge und Geräte erlassen. Absatz 1 stellt neu klar, dass auch für deren Bestandteile Vorschriften erlassen werden können. Dies sind Produkte, die unter keinen der drei Begriffe ­ Anlage, Fahrzeug, Gerät ­ fallen, aber als Bestandteil entscheidenden Einfluss auf den Energieverbrauch haben, wie z.B. Pneus für Fahrzeuge.

Beim Erlass von technische Vorschriften sind die Vorgaben des THG zu berücksichtigen.

Absatz 3 bildet die Grundlage für die freiwillige Energieetikette. Die Energieetikette ist heute ein allgemein bekanntes Label, das einem Produkt eine positive Energieeffizienz und positive Umwelteigenschaften bescheinigt. Deshalb kann es für Hersteller oder Vertreiber ein grosses Anliegen (und für die Konsumentinnen und Konsumenten hilfreich) sein, ein Produkt mit der Energieetikette versehen zu können.

Absatz 3 räumt nun die Möglichkeit ein, dass das BFE mit Herstellern und Importeuren auf freiwilliger Basis Vereinbarungen über die Deklaration, das Prüfverfahren sowie das Inverkehrbringen abschliessen kann, wenn noch keine Vorschriften nach Absatz 1 erlassen worden sind. Solche Vorschriften kann der Bundesrat trotz Vorliegen einer Vereinbarung nach Absatz 3 jederzeit erlassen.

Im Übrigen entspricht Artikel 45 dem bisherigen Recht.

2. Abschnitt: Gebäude Art. 46 Vorschriften im Gebäudebereich erlassen nach Artikel 89 Absatz 4 BV vor allem die Kantone. Der Bund richtet sich im Energiegesetz an die Kantone als Gesetzgeber und gibt ihnen wie bis anhin nur einen Rahmen zu einigen Aspekten vor. Materiell belässt er ihnen aber einen erheblichen Spielraum. In den meisten Punkten sagt er den Kantonen nur, dass sie eine Regelung treffen müssen, nicht aber, wie sie etwas genau regeln müssen.

Absatz 1 hat verglichen mit Absatz 2 einen breiteren Ansatz. Es geht darin allgemein um Rahmenbedingungen, nebst Standards (2. Satz) auch um eigentliche Vorschriften (nicht unbedingt um Bauvorschriften im engeren Sinn, sondern z. B. um solche, die Förderungen vorsehen). Absatz 2 handelt derweil von Vorschriften für neue und bestehende Bauten. Die Kantone sollen über ihre Vorschriften einen sinnvollen Ausgleich zwischen zwei potenziell gegenläufigen Anliegen schaffen: Einerseits 7685

sollen energetisch sinnvolle bauliche Massnahmen und Gebäudesanierungen ­ im Sinne eines Vorrangs der Energieanliegen ­ nicht zu stark durch Vorschriften, namentlich des Denkmalschutzes, behindert werden. Andererseits soll genau diesen Anliegen aber auch gebührend Rechnung getragen werden: Bauliche Massnahmen sollen so geplant und ausgeführt werden, dass die baukulturellen Werte des Gebäudebestandes möglichst erhalten bleiben; energetische Massnahmen sollen auf städtebauliche Qualitäten Rücksicht nehmen.

In Absatz 3 wird das bisherige Recht übernommen, auch die jüngst beschlossene Norm über das Nichtzählen von Überschreitungen von bis zu 20 cm bei Gebäudehöhe, Abständen und Baulinien (Bst. d, bisher: Art. 9 Abs. 3 Bst. e EnG).

3. Abschnitt: Energieverbrauch in Unternehmen Art. 47 Unter dem hierfür neu geschaffenen Abschnitt «Energieverbrauch in Unternehmen» wird der Themenbereich der mit Unternehmen abgeschlossenen Vereinbarungen über Ziele zur Steigerung der Energieeffizienz (Zielvereinbarung) explizit und in einem eigenen Artikel geregelt. Artikel 47 stellt primär eine systematische Neuerung dar: Die Verpflichtung der Kantone zum Erlass von Vorschriften über Zielvereinbarungen mit Grossverbrauchern findet sich bereits heute im Artikel über den Gebäudebereich (Art. 9 Abs. 3 Bst. c). Die Tatsache, dass es überdies auch dem Bund offensteht, sich für die Verbreitung des Instrument der Zielvereinbarungen einzusetzen und hierzu auch selbst Zielvereinbarungen mit geeigneten Unternehmen abzuschliessen, ergab sich ebenfalls ­ wenngleich bloss implizit ­ bereits aus dem bisherigen Recht (Art. 17 Abs. 1 Bst. g).

Das Handlungsfeld des Bundes wird dabei ­ anders als bei den Kantonen, deren Pflicht sich auf die Unternehmensgruppe der «Grossverbraucher» beschränkt ­ bewusst offen gehalten. Der Bund soll die Möglichkeit haben, sich dort einzusetzen, wo es mit Blick auf das Effizienzsteigerungspotenzial sinnvoll ist; das mag sicher in hohem Masse, jedoch nicht ausschliesslich bei Unternehmen mit besonders hohem Energieverbrauch der Fall sein. Die Anstrengungen des Bundes dürften sich demnach zwar auf solche Unternehmensgruppen konzentrieren, sich aber nicht auf diese beschränken.

4. Abschnitt: Effizienzziele für den Elektrizitätsverbrauch Art. 48

Zielvorgaben für Elektrizitätslieferanten

Die Stromlieferanten werden mit dem neuen Instrument «Zielvorgaben» konkret in die Pflicht genommen, einen Beitrag zur Steigerung der Effizienz beim Stromverbrauch zu leisten. Sie müssen jedoch nicht über Massnahmen unmittelbar bei sich selbst tätig werden. Vielmehr müssen sie zum Beispiel über Anreize oder Aktionen nicht nur bei ihren eigenen, angestammten Kundinnen und Kunden entsprechende Effizienzmassnahmen umsetzen beziehungsweise direkt und konkret auslösen, sondern generell bei den Schweizer Endverbraucherinnen und Endverbrauchern, Entscheidend sind die Resultate und nicht die blossen Anstrengungen. Jeder Strom7686

lieferant hat eine Zielvorgabe zu erfüllen, die einem bestimmten Anteil seines (Inland-)Absatzes entspricht. Der Bundesrat legt ­ für alle Stromlieferanten einheitlich ­ einen fixen Wert fest, der maximal zwei Prozent beträgt. Die Zielvorgabe eines jeden Stromlieferanten resultiert durch Multiplizieren seines (Vorjahres-) Absatzes mit dem durch den Bundesrat bestimmten Wert.

Art. 49

Erfüllung der Zielvorgaben

Unterschieden wird zwischen Stromlieferanten mit einem jährlichen Absatz von 30 GWh oder mehr (Abs. 1) und solchen unterhalb dieser Schwelle (Abs. 2). Erstere müssen, um die Zielvorgabe zu erfüllen beziehungsweise um die Überprüfung von deren Einhaltung zu ermöglichen, dem Bund sogenannte weisse Zertifikate abgeben, welche die erzielten Effizienzsteigerungen bescheinigen. Pro eingesparte MWh wird ein Zertifikat ausgestellt. Lieferanten unter 30 GWh können wählen, ob sie den Weg über solche Zertifikate gehen oder ob sie eine Ersatzabgabe leisten. Wer sich für die Ersatzabgabe entscheidet, hat mit deren Bezahlung ­ abgesehen von Mitwirkungspflichten bei der Überprüfung (Art. 51) ­ seine Pflichten erfüllt.

Für den Bund, der das Zielvorgabe-Wesen überwacht, ist bei der Überprüfung letztlich nicht entscheidend, ob die Stromlieferanten, ihre individuelle Vorgabe mit eigenen Massnahmen (bei den Endkundinnen und Endkunden) erfüllt haben. Massgeblich ist vielmehr, ob jeder Stromlieferant im Umfang seiner Zielvorgabe Zertifikate abgeben kann. Ob er die Zertifikate durch eigene Massnahmen erlangt oder ob er sie von anderen Stromlieferanten gekauft hat, ist letztlich nicht relevant.

Die durch die erwähnte Ersatzabgabe generierten Gelder werden ebenfalls für Effizienzmassnahmen eingesetzt (Abs. 3). Für die mit diesen Massnahmen erzielten Effizienzgewinne werden keine weissen Zertifikate ausgestellt. Denn wenn diese Zertifikate in den Handel kämen, was unvermeidbar wäre, würden mit ein und derselben Effizienzmassnahme zwei Akteure ihre Zielvorgabe erfüllen können ­ einerseits der Stromlieferant, der seine Ersatzabgabe leistet, und andererseits der Stromlieferant, der ein (aus einer solchen Massnahme resultierendes) Zertifikat zugekauft hat.

Art. 50

Massnahmen und Zertifikate

Bei den Massnahmen wird zwischen standardisierten und nicht-standardisierten Massnahmen unterschieden. Als standardisierte Massnahmen denkbar sind zum Beispiel die Installation von Umwälzpumpen, der Ersatz von Elektrogeräten wie Kühlschränken oder Waschmaschinen in Haushalten, Kühlungen und Beleuchtungssystemen in Dienstleistungssektor und Gewerbe, Ampeln und Strassenbeleuchtungen im öffentlichen Sektor sowie Motoren in der Industrie. Anrechenbar sind unter anderem nur Massnahmen, die nicht bereits anderweitig berücksichtigt werden. Aus dem Bereich des CO2-Gesetzes sind zum Beispiel Massnahmen im Rahmen des Emissionshandelssystems (Art. 15 CO2-Gesetz) und der Verpflichtungen zur Verminderung von Treibhausgasemissionen (Art. 31 CO2-Gesetz) nicht anrechenbar.

Wegen der Standardisierung sind die Effizienzgewinne bei diesen Massnahmen im Voraus berechenbar, weshalb kein Monitoring nötig ist. Bei den anderen, nichtstandardisierten Massnahmen ist nicht die gleiche Gewähr für Effizienz gegeben; sie müssen daher vorgängig geprüft und zugelassen werden. Das BFE kann diese Aufgabe einer geeigneten privaten Organisation zuweisen (Art. 68 Abs. 1 Bst. d). Auch 7687

Dritte wie Energiedienstleister, die selber keine Zielvorgabe erfüllen müssen, können Effizienzmassnahmen treffen, so Zertifikate erlangen und mit diesen handeln.

Absatz 4: Die Zertifikate sind nicht nur unter den verschiedenen Inhabern handelbar, sie sind vielmehr auch an keine Periode gebunden, ein zeitlicher Übertrag (Banking) ist also möglich. Ein Stromlieferant darf einen solchen Übertrag nicht nur mit «eigenen», d. h. originär erlangten Zertifikaten vornehmen, sondern auch mit zugekauften.

Art. 51

Festlegung und Überprüfung der Zielvorgabe

Das BFE legt für die einzelnen Stromlieferanten aufgrund von deren Angaben die Zielvorgabe fest. Es tut dies jährlich und grundsätzlich per Verfügung. Durch diesen Jahresrhythmus kann unter anderem den Veränderungen beim Absatz Rechnung getragen werden. Ebenfalls jährlich müssen die Stromlieferanten die nötigen Daten liefern und Bericht erstatten. Das verschafft sowohl ihnen selbst wie auch dem Bund ein Bild darüber, ob die Zielerreichung auf Kurs ist. Nicht jährlich, sondern in 3-Jahresperioden erfolgt die Überprüfung durch das BFE. Jeder Stromlieferant soll seine jährliche Zielvorgabe verteilt auf drei Jahre erreichen beziehungsweise die entsprechenden Zertifikate beibringen. Wenn erst nach drei Jahren Bilanz gezogen wird, ob die drei einjährigen Zielvorgaben gesamthaft erfüllt sind, gibt das den betreffenden Stromlieferanten Flexibilität.

Art. 52

Sanktion bei Nichterfüllung

Für die Sanktion, die bei Nichterfüllung greift, findet in Übereinstimmung mit Artikel 51 ebenfalls eine Gesamtbetrachtung für drei Jahre statt. Absatz 3 verbietet das Überwälzen einer Sanktion auf die Endverbraucherinnen und Endverbraucher.

Die Kosten der eigentlichen Massnahme indessen werden (teilweise) überwälzt. In der Grundversorgung, wo die Tarife noch durch die ElCom überprüft werden, müssen die Preise aber jedenfalls «angemessen» sein (Art. 6 StromVG, vgl. auch Art. 7 StromVG), was einer Überwälzung x-beliebiger Kosten Schranken setzt.

9. Kapitel: Förderung 1. Abschnitt: Massnahmen Art. 53­56 Die Artikel 53­56 werden grösstenteils ohne inhaltliche Änderungen aus dem Energiegesetz von 1998 übernommen. Diese Bestimmungen nennen in grundsätzlicher Weise die Bereiche, in denen der Bund Förderung betreibt. Die Förderung kann auf verschiedene Weise erfolgen. Der Bund kann beispielsweise Veranstaltungen, Informationsanlässe, Fachtagungen und Schulungen durchführen oder Kurse und neue Ausbildungsgänge lancieren; diese Tätigkeiten und weitere Massnahmen können im Rahmen eines Programms konzipiert und koordiniert werden (z. B. wie bisher im Programm EnergieSchweiz). Sie können vom Bund aber auch mittels Finanzhilfen unterstützt werden (vgl. Art. 57­59).

Von der neuen Ausnahmebestimmung in Artikel 55 Absatz 3 ist nur sehr zurückhaltend Gebrauch zu machen. Eine Unterstützung von Pilot- und Demonstrationsanla7688

gen mit ausländischem Standort und von Pilot- und Demonstrationsprojekten, die im Ausland durchgeführt werden, soll insbesondere bei einer Kooperation der Schweiz mit internationalen Organisationen oder im Rahmen von internationalen Programmen (z. B. der EU oder der IEA) möglich sein. In der Regel ist dabei eine Schweizer Industriebeteiligung vorausgesetzt. Die Wertschöpfung kann finanzieller Natur sein oder dem Wissensgewinn von Industrie oder Hochschulen dienen.

2. Abschnitt: Finanzierung Art. 57­59 In diesen Bestimmungen werden die für die finanzielle Unterstützung geltenden Regeln genannt. Sie haben eine neue Struktur, sind materiell aber nur geringfügig geändert worden.

Gemäss Artikel 57 Absatz 1 erfolgt die finanzielle Förderung mittels Globalbeiträgen an die Kantone oder Finanzhilfen an Einzelprojekte. Projekte im Bereich der Information und Beratung (Art. 53) sowie der Aus- und Weiterbildung (Art. 54) können auch im Rahmen eines Subventionsprogramms des Bundes gefördert werden. In solchen Subventionsprogrammen werden in der Regel ähnliche oder gleichartige Projekte verschiedener Projektträger unterstützt, die neben den Voraussetzungen nach den Artikel 57 und 59 zusätzlichen im Programm definierten Bedingungen genügen müssen. Beim Subventionsprogramm handelt es sich in dem Sinne um eine finanzielle Förderung gebündelter Einzelprojekte. Die Durchführung von Bundessubventionsprogrammen soll auch im Bereich der Energie- und Abwärmenutzung (Art. 56) möglich sein, allerdings nur unter den in Artikel 57 Absatz 1 Buchstabe b genannten einschränkenden Voraussetzungen. Bei der Ausgestaltung solcher Programme ist darauf zu achten, dass der Grundsatz der Rechtsgleichheit gewahrt wird und keine Wettbewerbsverzerrung eintritt.

Der zweckgebundene Ertrag der CO2-Abgabe (vgl. die Erläuterungen zu Art. 34 des CO2-Gesetzes) fliesst in Massnahmen gemäss den Artikeln 53, 54 und 56 EnG. Weil es sehr wichtig ist, dass der Ertrag der Lenkungsabgabe zielgerecht eingesetzt wird, weist Artikel 57 Absatz 2 speziell darauf hin, dass lediglich die Massnahmen im Rahmen von Globalbeiträgen nach Artikel 34 CO2-Gesetz finanziert werden dürfen, die die Voraussetzungen von Artikel 34 des CO2-Gesetzes erfüllen und somit lenkungszielkonform sind.

Pilot- und Demonstrationsanlagen wie auch Feldversuche und Analysen nach Artikel 55 Absatz 2 sollen vom Bund mit Beiträgen zu 40 Prozent, maximal 60 Prozent der anrechenbaren Kosten unterstützt werden können. Die Regelung, welche für Finanzhilfen an Einzelprojekte gilt (Art. 59), ist in diesem Bereich somit anwendbar, was auch der heutigen Praxis entspricht. Von dieser Spezialregelung abgesehen kann der Bund Vorhaben in den Gebieten der Grundlagenforschung, der anwendungsorientierten Forschung und der forschungsnahen Entwicklung (Art. 55Abs. 1
EnG) in vollem Umfang finanzieren. Solche Projekte unterliegen den besonderen Voraussetzungen und Beitragsgrenzen nach Artikel 59 nicht. Für die Ressortforschung der Bundesverwaltung gelten die allgemeinen Bestimmungen des Forschungs- und Innovationsförderungsgesetzes vom 7. Oktober 198353.

53

SR 420.1

7689

Artikel 58 fasst die Bestimmungen über die Finanzierung mittels Globalbeiträgen in einer Norm zusammen. Unzulässig ist nach wie vor, dass der Bund Massnahmen doppelt unterstützt. Eine Massnahme kann demnach nicht beispielsweise mittels Globalbeitrag für ein Programm nach Artikel 53 und gleichzeitig mittels Globalbeitrag für ein Programm nach Artikel 56 gefördert werden. Neu wird in Absatz 3 zweiter Satz eine Bestimmung eingeführt, die gewährleistet, dass Fördergelder des Bundes zur Unterstützung von Massnahmen im Gebäudebereich nur noch ausgerichtet werden, sofern für die betroffenen Gebäude ein Gebäudeenergieausweis mit Beratungsbericht (GEAK Plus) erstellt wurde. Der Bundesrat kann Ausnahmen von dieser Pflicht festlegen, namentlich wenn die Kosten für die Erstellung eines GEAK Plus einen bedeutenden Teil der Fördersumme ausmachen und eine solche Pflicht darum unverhältnismässig wäre. Die Berichterstattung gemäss Absatz 4 soll Angaben über die Verwendung der zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel sowie bei Massnahmen nach Artikel 56 über die Wirksamkeit und die Auswirkungen des durchgeführten Programms beinhalten.

In Artikel 59 wird der bis anhin verwendete Begriff «objektgebundene Finanzhilfen», mit welchem gemäss den Materialien zum Energiegesetz von 1998 die Unterstützung von Einzelprojekten gemeint war54, durch den Begriff «Finanzhilfen an Einzelprojekte» ersetzt. Bei den Finanzhilfen nach Artikel 56 sollen künftig als anrechenbare Kosten die Mehrinvestitionen gegenüber den Kosten für konventionelle Techniken und nicht mehr die «nicht amortisierbaren Mehrkosten» gelten.

Damit wird die bereits bei energetischen Gebäudesanierungen geltende Regelung übernommen. Erfahrungsgemäss können mit Finanzhilfen in der Höhe von 40 Prozent der nicht amortisierbaren Mehrkosten in diesem Bereich zumeist keine zusätzlichen Investitionen ausgelöst werden. Von der in Absatz 4 festgehaltenen Möglichkeit der Rückforderung ausgerichteter Finanzhilfen ist nur restriktiv Gebrauch zu machen, namentlich in Fällen, in welchen mit einem Projekt direkt, unmittelbar und in erheblichem Ausmass Erträge erzielt worden sind.

10. Kapitel: Internationale Vereinbarungen Art. 60 Nach Artikel 7a Absatz 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199755 (RVOG) kann der Bundesrat völkerrechtliche Verträge selbstständig abschliessen, soweit er durch ein Bundesgesetz oder einen von der Bundesversammlung genehmigten völkerrechtlichen Vertrag dazu ermächtigt ist. In Artikel 60 EnG wird dem Bundesrat eine solche Ermächtigung erteilt: Zusätzlich zu der bereits in Artikel 7a Absatz 2 RVOG festgelegten Zuständigkeit zum selbstständigen Abschluss von Verträgen von beschränkter Tragweite erhält der Bundesrat die Kompetenz, internationale Vereinbarungen abzuschliessen, gegen die das fakultative Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV nicht ergriffen werden kann und die auch nicht dem obligatorischen Referendum unterstehen.

54 55

Vgl. Botschaft des Bundesrates vom 21. August 1996 zum Energiegesetz, BBl 1996 IV 1122 (oben).

SR 172.010

7690

11. Kapitel: Untersuchung der Wirkungen und Datenbearbeitung Art. 61

Monitoring

Das Monitoring soll unter anderem die Umsetzung der energiepolitischen Massnahmen, den Netzaus- und -umbau, technologische und internationale Entwicklungen im Energiebereich, die Entwicklung der Versorgungssicherheit und der Wirkungen auf die Umwelt sowie die Kosten und Nutzen der Massnahmen erfassen. Bei den Wirkungen, die es zu untersuchen gilt, geht es sowohl um die mit den Massnahmen des Gesetzes konkret erzielten Auswirkungen wie auch um deren Wirksamkeit.

Art. 62

Bereitstellung von Daten

Diese neue Bestimmung soll sicherstellen, dass dem BFE die Daten, welche es zur Durchführung der Untersuchungen und zur Erstellung des Monitorings nach Artikel 61 benötigt, auf Anfrage hin zur Verfügung gestellt werden. Es sind dies zum Beispiel Angaben bezüglich Entwicklung des Strassen- und Schienenverkehrs, des Fahrzeugbestands und der Elektromobilität, Informationen und Daten zur Siedlungsentwicklung, zu Gebietsausscheidungen, zu Verkehrsmodellen, zu Emissionen und weiteren Umweltauswirkungen, Daten zu Ein- und Ausspeisungen ins Übertragungsnetz, zu Lastflüssen und -spitzen, Stromimporten/-exporten und zur Regelenergie, Strompreisstatistiken, Indikatoren zur Versorgungsqualität, Messungen Smart Meter in agreggierter Form, Informationen zur energetischen Wirkung von kantonalen Effizienzprogrammen und Statistiken zu Gebäudesanierungen.

Bei den zu liefernden Daten kann es sich um Personendaten wie auch um nicht personenbezogene Informationen handeln. Die Daten können für statistische Auswertungen genutzt werden, sofern die Voraussetzungen von Artikel 22 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 199256 über den Datenschutz (DSG) erfüllt sind.

Art. 63

Auskunftspflicht

Die Bestimmung wird inhaltlich unverändert aus dem bisherigen Recht übernommen.

Art. 64

Bearbeitung von Personendaten

Diese Bestimmung, welche aus dem geltenden Recht übernommen und präzisiert wurde, ermöglicht dem BFE, im Rahmen des Vollzugs der Artikel 27, 52 und 72 (Sanktionen bei Nichterreichen der Produktionsziele, bei Nichterfüllung der Zielvorgaben für Elektrizitätslieferanten sowie bei Widerhandlungen gegen das Energiegesetz) auch besonders schützenswerte Personendaten über administrative und strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen zu bearbeiten (vgl. Art. 17 Abs. 2 DSG) Art. 65

Bekanntgabe von Personendaten

Bei den Daten handelt es sich um Personendaten von juristischen Personen (vgl.

Art. 3 Bst. a und b DSG). Nicht von der Bestimmung erfasst sind besonders schützenswerte Personendaten und Persönlichkeitsprofile im Sinne von Artikel 3 56

SR 235.1

7691

Buchstaben c und d DSG. Es können nicht nur Energielieferanten, sondern alle Unternehmen der Energiewirtschaft verpflichtet werden (vgl. zum Begriff der Energieversorgung: Art. 7 EnG), Personendaten zu veröffentlichen. Sie können überdies dazu verpflichtet werden, solche Daten den zuständigen Bundesbehörden weiterzugeben, die diese auch veröffentlichen können, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 2 erfüllt sind. Unter Umständen kann es zudem sinnvoll sein, dass die betroffenen Unternehmen bestimmte Daten direkt den Kunden und Kundinnen mitteilen (wie es bereits im Bereich der Kennzeichnung von Elektrizität nach Artikel 10 EnG gehandhabt wird). Auch eine solche direkte Mitteilungspflicht ist von der Bestimmung erfasst.

Angaben nach Absatz 1 Buchstabe b können beispielsweise Preise und Qualität von Ökostromprodukten, Arten und Preise von Energieberatungen oder Abnahmebedingungen für Elektrizität aus erneuerbaren Energien umfassen. Unter getroffene oder geplante Massnahmen nach Buchstabe c lassen sich namentlich Kommunikationskampagnen, Strategien zur Förderung der erneuerbaren Energien und des sparsamen und rationellen Elektrizitätsverbrauchs oder angestrebte Zielwerte für den Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix subsumieren. Die Veröffentlichung durch die Bundesbehörden gemäss Absatz 2 kann etwa im Rahmen eines bundesinternen Monitorings oder als Gesamtübersicht erfolgen. Es sind aber auch andere Formen der Publikation denkbar.

Die Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen an den Bundesrat rechtfertigt sich dadurch, dass derzeit noch nicht feststeht, ob die Einführung einer Offenlegungsbeziehungsweise Publikationspflicht notwendig sein wird oder nicht. Die Auferlegung einer solchen Pflicht ist nur dann angebracht und sinnvoll, wenn Massnahmen auf freiwilliger Basis (z. B. ein freiwilliges Rating der Energieversorgungsunternehmen) nicht zu Stande kommen oder den Zweck der Transparenz und Information nicht zu erfüllen vermögen. Auch soll erst bei der Einführung ­ in Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit ­ bestimmt werden, welche Daten offengelegt werden müssen und in welcher Weise.

Beim Erlass von Ausführungsbestimmungen muss darauf geachtet werden, dass durch die Pflicht zur Bekanntgabe von Daten weder das Geschäftsgeheimnis verletzt wird noch eine Wettbewerbsbeeinträchtigung
(etwa durch Offenlegung von internen Kostenstrukturen oder Produktionskapazitäten) eintritt. Auch darf für die betroffenen Unternehmen aus dieser Pflicht kein unverhältnismässig hoher administrativer Aufwand resultieren.

12. Kapitel: Vollzug Art. 66

Vollzug und Ausführungsbestimmungen

Absatz 1 hält deklaratorisch fest, dass der Bundesrat das Gesetz vollzieht.

Absatz 2 benennt die vom Gesetz vorgesehene Vollzugskompetenz der Kantone.

Diese Kompetenz besteht dann nicht mehr, wenn eine Bundesbehörde im Rahmen des Vollzugs eines anderen Bundesgesetzes die Bestimmungen des EnG anwendet.

Diesfalls liegt die Vollzugskompetenz bei der entsprechenden Bundesbehörde. Sie hat die betroffenen Kantone vorgängig anzuhören.

7692

Nach Absatz 3 erlässt der Bundesrat die erforderlichen Ausführungsvorschriften.

Das Erlassen technischer und administrativer Vorschriften kann er dem Departement übertragen.

Die Kantone haben gemäss Absatz 4 regelmässig über die von ihnen durchgeführten Vollzugsmassnahmen zu informieren.

Art. 67

Gebühren

Die Gebührenerhebung im Rahmen des Vollzugs des EnG durch den Bund stützt sich auf Artikel 46a RVOG. Demnach erlässt der Bundesrat Bestimmungen über die Erhebung von angemessenen Gebühren für Verfügungen und Dienstleistungen der Bundesverwaltung; er beachtet dabei das Äquivalenzprinzip und das Kostendeckungsprinzip. Die im Rahmen der Zuschlagsrückerstattung erbrachten Dienstleistungen sind gebührenpflichtig und die entsprechenden Kosten werden den jeweiligen Unternehmen, die letztlich von der Zuschlagsrückerstattung profitieren, soweit angemessen, in Rechnung gestellt (vgl. Abs. 1 zweiter Satz). Welche Kontrollen und Untersuchungen gemäss Absatz 2 gebührenpflichtig sind, hat der Bundesrat in einer Verordnung festzulegen. In Bereichen, in denen nur stichprobeweise Kontrollen durchgeführt werden, soll in der Regel nur eine Gebühr erhoben werden, sofern die Kontrolle zu einer Beanstandung führt. Bei Untersuchungen kann sich die Erhebung einer Gebühr etwa dann rechtfertigen, wenn die Untersuchung erheblichen Aufwand verursachte und nicht mit einer Verfügung abgeschlossen wurde. Allgemeine Informations- und Beratungstätigkeiten des BFE sollen hingegen gebührenfrei sein (Abs. 3).

Art. 68

Beizug Dritter zum Vollzug

Der bisherige Artikel 17 sah die Möglichkeit vor, dass der Bundesrat Aufgaben an Organisationen der Wirtschaft übertragen kann. Von dieser Übertragungskompetenz wurde bis heute nie Gebrauch gemacht. Im Rahmen der Energiestrategie 2050 soll die Umsetzung und Ausführung der Energiegesetzgebung durch den Bund geschehen und gesteuert werden. Es besteht kein Bedarf, eine Aufgabe integral an Dritte auslagern zu können. Dritte wurden und werden hingegen in mannigfacher Weise und aus verschiedenen Gründen (Knowhow, Nähe zur Branche, etc.) zum Vollzug beigezogen, beispielsweise bei der Erarbeitung von Zielvereinbarungen. Absatz 1 sieht deshalb den Beizug Dritter zum Vollzug vor und zählt in den Buchstaben a­e beispielhaft Bereiche auf, in denen ein solcher Beizug erfolgen kann. Die zum Vollzug beigezogenen Dritten erhalten damit keine Verfügungskompetenz; so ist im Rahmen von Absatz 1 Buchstabe b denn auch nicht die Mitwirkung an der Vergabe von Subventionen gemeint, sondern beispielsweise die Erfüllung von Aufgaben im Bereich der Konzeptionierung und der Koordination von Programmen oder der Information über solche.

Nach Absatz 2 können die beigezogenen Dritten für ihre im Rahmen der Vollzugstätigkeiten ausgeübten Tätigkeiten zur Erhebung von Gebühren ermächtigt werden.

Gemäss Absatz 3 hat die zuständige Bundesstelle mit dem beigezogenen Dritten einen Leistungsauftrag abzuschliessen, der die Eckwerte betreffend der zu erbringenden Leistung, der Berichterstattung und Qualitätskontrolle sowie der Erhebung der Gebühren regelt.

7693

In Absatz 4 wird explizit festgehalten, dass die Dritten unter der Aufsicht des Bundes stehen und die Zuständigkeit zum Vollzug bei diesem verbleibt.

Absatz 5: Die Möglichkeit, Prüf-, Kontroll- und Überwachungsaufgaben auf Dritte zu übertragen, hat sich bewährt und wird aus dem bisherigen Recht unverändert übernommen.

13. Kapitel: Zuständigkeiten und Verfahren Art. 69

Zuständigkeiten

Beim Bund ist das BFE die generelle Vollzugsbehörde für das EnG (Abs. 1). In den meisten Bereichen war das schon bisher so, zum Beispiel was das Gewähren von Finanzhilfen (Art. 57 ff.) oder das Überprüfen der Einhaltung der gestützt auf Artikel 45 erlassenen Effizienzvorschriften (z. B. Etiketten- oder InverkehrbringensVorschriften) angeht. Neu zuständig ist das BFE für das Einspeisevergütungssystem, für die Investitionsbeiträge (Art. 28 beziehungsweise 29­31), für die mit der Netzzuschlagsrückerstattung zusammenhängenden Zielvereinbarungen (Art. 42) sowie ­ als Ausstellerin ­ für das Herkunftsnachweiswesen (Art. 10).

Für das Einspeisevergütungssystem enthielt das bisherige EnG keine vollständige Zuständigkeitsregelung. Das bisherige EnG sagt nur, bei Streitigkeiten entscheide die ElCom. Da aber zahlreiche erstmalige Anordnungen zu treffen sind (ohne dass ein Streit vorzuliegen braucht), hat der Bundesrat in der Verordnung die nationale Netzgesellschaft mit dem Vollzug betraut. In diesem Punkt findet nun ein Wechsel der Zuständigkeit hin zum BFE statt. Mithin entfällt ­ ausser übergangsrechtlich ­ die Zuständigkeit der ElCom.

Nach Absatz 4 bleibt die ElCom indes zuständig bei Streitigkeiten über die allgemeine, subsidiäre Abnahme- und Vergütungspflicht (Art. 17), wo sich zwei gleichrangige Akteure gegenüberstehen. Die ElCom hat auch zu überwachen, dass Elektrizitätslieferanten, die wegen nicht erfüllter Effizienz-Zielvorgaben eine Sanktion bezahlen müssen, diese nicht auf die Endverbraucherinnen und Endverbraucher überwälzen (Art. 52 Abs. 3). Diese Aufgabe der ElCom beschränkt sich allerdings auf die Grundversorgung nach StromVG. Bei Endverbraucherinnen und Endverbrauchern, die vom liberalisierten Strommarkt Gebrauch machen, wäre eine solche Kontrolle systemfremd.

Das BAFU entscheidet über die Entschädigung für gewisse Sanierungsmassnahmen bei Wasserkraftwerken (Abs. 3).

Die Norm des heutigen EnG mit einer Zuständigkeit der Zivilgerichte betreffend die Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten wird gestrichen (Art. 25 Abs. 3 des heutigen EnG). Die Streichung erfolgt nicht, weil die Zuständigkeit entfällt, sondern weil sie ohnehin gegeben ist (aufgrund des Zivilprozessrechts) und die Nennung bloss deklaratorisch war.

Art. 70

Einsprache und Behördenbeschwerde

Beim Vollzug der in Absatz 1 genannten Bereiche geht es um Massenverfahren.

Darum wird eine Einsprache vorgesehen, sodass allfällige Fehler korrigiert werden können, bevor vor Gericht Beschwerde geführt werden muss. Dass nicht sofort vor 7694

Gericht gegangen werden muss, hat sich beim Einspeisevergütungssystem bisher bewährt. Gegen Entscheide der nationalen Netzgesellschaft war zunächst die ElCom anzurufen.

Absatz 2 regelt die Kosten. Grundsätzlich ist das Einspracheverfahren gratis. Eine Ausnahme von diesem Prinzip ist zum Beispiel für mutwillige Einsprachen denkbar. Mit dem Passus zur Parteientschädigung wird kein Anspruch auf eine solche begründet. Es soll aber im Ermessen des BFE stehen, eine solche zuzusprechen, zum Beispiel bei besonders komplexen Verfahren, in denen eine anwaltliche Vertretung bereits im Einspracheverfahren als geradezu unverzichtbar erscheint. Zur Aussage des Passus gehört aber gleichzeitig, dass eine solche Zusprache nur ausnahmsweise erfolgen soll.

Art. 71

Enteignung

Artikel 71, mit dem den Kantonen für bestimmte Fälle ein Enteignungsrecht eingeräumt wird, wird aus dem bisherigen Gesetz übernommen und in einem Punkt an eine Änderung im Enteignungsrecht angepasst. Eine Enteignung soll aber nur stattfinden, wenn keine einvernehmliche Lösung gefunden werden kann und es auch keine anderen milderen Mittel gibt.

14. Kapitel: Strafbestimmungen Art. 72 Absätze 1 und 2: Nebst den bisherigen Tatbeständen macht sich neu strafbar, wer im Rahmen des Einspeisevergütungssystems (Art. 19) und der Investitionsbeiträge (Art. 28), der Erhebung und Rückerstattung des Zuschlags (Art. 37 und 40) sowie der Zielvorgaben für Effizienzmassnahmen beim Stromverbrauch (Art. 48) unrichtige oder unvollständige Angaben macht. Im Rahmen dieser Tatbestände kann es um erhebliche Geldbeträge gehen. Im Sinne der Prävention werden deshalb die bisherigen Strafandrohungen von Fr. 40 000.­ auf Fr. 100 000.­ bei vorsätzlicher und von Fr. 10 000.­ auf Fr. 40 000.­ bei fahrlässiger Begehung angehoben; Übertretungen sollen sich nicht lohnen. Diese Erhöhung entspricht zudem einer Angleichung an die anderen Gesetze im Energiebereich (vgl. Art. 55 EleG und Art. 29 StromVG).

Art. 73 Absatz 1: Für die Verfolgung und Beurteilung von Widerhandlungen gegen das Energiegesetz ist das BFE zuständig. Das Verfahren richtet sich nach dem Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrechtsgesetz (VStrR; SR 313.0).

Absatz 2: Nach Artikel 7 VStrR kann unter gewissen Voraussetzungen auf umfangreiche Untersuchungsmassnahmen verzichtet und anstelle der strafbaren natürlichen Person die entsprechende Firma zur Bezahlung einer Busse verurteilt werden. Bisher war dies nur möglich, wenn die im konkreten Fall auszusprechende Busse maximal Fr. 5000.­ beträgt. Dieser Betrag wird ­ analog zu den Bussen für natürliche Personen ­ auf Fr. 20 000.­ angehoben.

7695

15. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 74

Übergangsbestimmung zum Einspeisevergütungssystem

Die Neuregelung zum Einspeisevergütungssystem soll schonend eingeführt werden.

Für Anlagebetreiber, die unter dem neuen Gesetz ins System kommen, gelten sofort alle Neuerungen. Für diejenigen, die schon im bisherigen System waren beziehungsweise daran teilnehmen wollten, soll ­ je nachdem, ob bereits ein Verhältnis eingegangen oder Zusagen abgegeben wurden, die den Schutz eines begründeten Vertrauens nötig machen ­ nur ein Teil der Neuerungen greifen. Ob schützenswerte Interessen gegeben sind, wird der Bundesrat beurteilen (nicht die Betreiber); für die entsprechenden Fälle wird er Ausnahmen von der (sofortigen) Geltung des neuen Rechts vorsehen.

Für drei Grundkonstellationen soll bereits der Gesetzgeber die Wertung vornehmen, wer nach den alten und wer nach den neuen Regeln zu behandeln ist. Artikel 74 unterteilt die Betreiber in drei Hauptgruppen: 1) diejenigen, mit einem sogenannten Wartelistenbescheid, denen die nationale Netzgesellschaft mitgeteilt hat, ihre Anlage erfülle zwar grundsätzlich die Anforderungen, bis auf Weiteres stehe für sie aber kein Geld zur Verfügung; 2) diejenigen, denen die nationale Netzgesellschaft mit einem sogenannten positiven Bescheid beschieden hat, sie seien auf der Warteliste so weit vorgerückt, dass für ihr Projekt nun Mittel vorhanden seien; sie erhielten ­ sofern die Anlage in Betrieb ist ­ die Einspeisevergütung; 3) diejenigen, die die Einspeisevergütung bereits erhalten.

Nach Absatz 1 wird bei den Betreibern, die schon im System sind (Gruppe 3) am Einspeisevergütungsanspruch als solchem nicht gerüttelt, vor allem nicht hinsichtlich Vergütungshöhe und -dauer. Zu beachten ist allerdings, dass eine Anpassung der Vergütungssätze für bereits im System befindliche Anlagen (vgl. Art. 22 Abs. 4 Bst. d) schon unter bisherigem Recht möglich ist. Insofern ist also auch für Betreiber nach Absatz 1 nicht auszuschliessen, dass die Vergütung ändert. Weiter sollen die Neuerungen grundsätzlich auch gelten, was den laufenden Betrieb betrifft, also zum Beispiel die jeweils aktuellen Mindestanforderungen oder die Regeln zu einem allfälligen vorübergehenden Austritt aus dem System (Art. 19 Abs. 7 Bst. e). Ebenso gelten für diese Betreiber das Recht zum Eigenverbrauch nach Artikel 18 und die Regelung zur Tarifierung gemäss den Artikeln 6 beziehungsweise 7 StromVG. Der Grundsatz,
dass neues Recht gilt, soll nicht absolut gelten. Regeln, die von ihrer Natur und von ihrer Wichtigkeit her nicht unbedingte Geltung verlangen, sollen nicht greifen, zumal dann nicht, wenn gegenläufige schutzwürdige Interessen überwiegen. Der Bundesrat wird für solche Fälle Ausnahmen vom Grundsatz der Geltung neuen Rechts vorsehen.

Absatz 2: Mit dem positiven Bescheid wurde bei den betreffenden Betreibern (Gruppe 2) ein gewisses Vertrauen begründet. Sie sind mithin angemessen zu schützen. Die wesentlichen Verschärfungen greifen für sie deshalb nicht. Zum Beispiel kann jemand, der für seine Deponiegasanlage einen positiven Bescheid hat, noch am Einspeisevergütungssystem teilnehmen, obschon dieser Anlagetyp neu ausgeschlossen ist (Art. 19 Abs. 5 Bst. d).

Absatz 3: Keine derart schützenswerte Vertrauensbasis lässt sich aus dem Wartelistenbescheid ableiten (Gruppe 1). Mit der bisherigen Deckelung der Mittel für die Einspeisevergütung hat der Gesetzgeber nicht nur die Ausgaben begrenzt, sondern sich implizit auch Rechtsänderungen vorbehalten. Ein Anspruch auf Vergütung (zu 7696

den bisherigen Bedingungen) bestand nur im Rahmen der zur Verfügung gestellten Mittel, darüber hinaus aber gerade nicht. Wer bloss einen Wartelistenbescheid hat oder überhaupt noch gar nicht angemeldet ist, muss also die Verschärfungen, die das neue Recht bringt, namentlich den Ausschluss vom Einspeisevergütungssystem (Art. 19 Abs. 5), gewärtigen. Immerhin soll den Betreibern mit Wartelistenbescheid aber nicht rein aufgrund des neuen Neuanlage-Stichtags ein Nachteil erwachsen. Für sie gilt nach Absatz 4 das neue Stichdatum nicht, mithin gilt weiterhin der Stichtag nach dem bisherigen Recht, also der 1. Januar 2006.

Absatz 5: Von den Betreibern, die neu ins Einspeisevergütungssystem kommen, müssen nicht alle an der Direktvermarktung nach Artikel 21 mitmachen. Der Bundesrat kann den Betreibern bestimmter Anlagetypen freistellen, ob sie daran teilnehmen oder ob sie nach Artikel 24 zum Referenz-Marktpreis vergütet werden wollen. Dieses Wahlrecht muss auch den schon im Einspeisevergütungssystem befindlichen Betreibern offenstehen, egal welchen Typs ihre Anlage ist. Für die Betreiber gewisser Anlagetypen wird es jedoch zumutbar sein, dass sie nach ein paar Jahren Befristung dem Standardmodell, also der Direktvermarktung, unterstellt werden.

Art. 75

Übergangsbestimmung zu anderen Netzzuschlags-Verwendungen

Absatz 1: Die Regel, wonach man mit Bauen nicht vor der Zusicherung der Einmalvergütung oder des Investitionsbeitrags beginnen darf (Art. 32), macht für Anlagen, die beim Inkrafttreten des neuen Gesetzes bereits bestehen, keinen Sinn. Wollte man die Regel auf sie anwenden, wäre das eine Rückwirkung. Vor Anfang 2013 realisierte Anlagen sollen ebenfalls (vgl. Art. 74 Abs. 4) nicht allein wegen des Neuanlagedatums keine Hilfe bekommen können. Für diejenigen mit Wartelistenbescheid gilt daher der 1. Januar 2006 als Stichtag.

Gemäss Artikel 35 wird der Grad der maximalen Risikodeckung auf 60 Prozent erhöht. Um zu vermeiden, dass Geothermie-Projekte wegen dieser Erhöhung erst ab Inkrafttreten des neuen Rechts an die Hand genommen werden, soll Absatz 2 eine Neubeurteilung der gemäss den Vorgaben des bisherigen Rechts (Art. 15a des Energiegesetzes vom 26. Juni 1998 und die Art. 17a und 17b sowie Anhang 1.6, Ziff. 3.2 Bst. f der Energieverordnung vom 7. Dezember 1998, SR 730.01) ab 1. August 2013 ergangenen Bescheide ermöglichen. Der Anspruch besteht nur in den Fällen, in denen eine Garantie in der Höhe von 50 Prozent der anrechenbaren Kosten (Höchstsatz gemäss bisherigem Recht) gewährt wurde. Das Recht auf Neubeurteilung verwirkt sechs Monate nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes.

Mit den «bestehenden Verträgen» (Abs. 3 und 4), für die es ebenfalls eine Regelung gibt, ist die alte sogenannte Mehrkostenfinanzierung gemeint. Hier wird die heutige Übergangsbestimmung weitergeführt, bis das Regime ausläuft.

Art. 76

Übergangsbestimmung zu Netzzuschlagsfonds und Zuständigkeit

Absatz 1: Der Fonds, in den die Gelder aus dem Netzzuschlag fliessen, wird neu beim Bund angesiedelt (Art. 39). Die «Stiftung KEV», bei der die Fondsgelder heute sind, verliert somit ihre Aufgabe beziehungsweise ihren Zweck und ist daher aufzulösen. Sämtliche dort vorhandenen Gelder sind auf den neu organisierten Fonds zu übertragen. Diese Übertragung hat basierend auf einem Revisionsbericht zu erfolgen.

7697

Absatz 2: Der Vollzug des Einspeisevergütungssystems und der per Anfang 2014 wirksamen Einmalvergütung für Photovoltaik-Anlagen geht von der nationalen Netzgesellschaft zum BFE über. Das braucht Vorbereitungsarbeiten, die die nationale Netzgesellschaft, soweit ihr das zumutbar ist, unterstützen soll. Auch nach dem Wechsel soll sie während einer Übergangszeit mithelfen, dass die neue BFE-Organisationsstruktur funktionsfähig ist.

5.2

Änderung anderer Erlasse

5.2.1

Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 200557

Art. 83 Bst. w

Beschränkung des Zugangs zum Bundesgericht

Der neu ins BGG einzufügende Artikel 83 Buchstabe w beschränkt die Beschwerde ans Bundesgericht auf dem Gebiet des Elektrizitätsrechts betreffend die Plangenehmigung von Stark- und Schwachstromanlagen auf Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung. Damit wird der Notwendigkeit einer schnelleren Realisierung der für die sichere Energieversorgung notwendigen elektrischen Anlagen (v. a. Hochspannungsleitungen) Rechnung getragen. Einer Rechtsfrage kommt dann grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie noch nie entschieden wurde, ihre Klärung für die Praxis wegleitend sein kann und sie von ihrem Gewicht her nach einer höchstrichterlichen Beurteilung verlangt. Ferner dürfte auch dann das Vorliegen einer solchen Frage zu bejahen sein, wenn die Vorinstanz von einem bundesgerichtlichen Präjudiz abweicht oder Anlass besteht, eine Rechtsprechung zu überprüfen oder zu bekräftigen. Den Entscheid, ob die Bedingungen für das Eintreten auf eine Beschwerde erfüllt sind, fällt die zuständige Abteilung in Dreierbesetzung (Art. 109 BGG). Diese Umschreibung der Beschränkung der Beschwerdemöglichkeit auf Grundsatzfragen findet sich in gleicher oder sehr ähnlicher Form bereits auch in anderen Rechtsbereichen. Das Bundesgericht hat dazu eine Praxis entwickelt, die sich anerkanntermassen bewährt, und es wird diese Praxis für alle betroffenen Rechtsbereiche einheitlich weiterentwickeln. Den Beschwerdeführer trifft beim Abfassen der Beschwerdeschrift eine erhöhte Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG). Legt er auf der Grundlage dieser Praxis nicht klar dar, wieso im konkreten Fall Fragen von grundsätzlicher Bedeutung zu beantworten sind, wird das Bundesgericht auf die Beschwerde nicht eintreten.

5.2.2

CO2-Gesetz vom 23. Dezember 201158

Art. 2 Abs. 1 In Artikel 2 wird einzig die Abkürzung «WKK-Anlagen» neu eingeführt.

57 58

SR 173.110 SR 641.71

7698

Art. 10­13, 44 und 49a Die Artikel 10 ff. des CO2-Gesetzes regeln die Vorschriften hinsichtlich der Verminderung der CO2-Emissionen bei Personenwagen. Diese Artikel erfahren in mehrfacher Hinsicht eine Änderung.

Einige der Regelungen werden aus dem Gesetz gestrichen, weil sie künftig dem Verordnungsgeber überlassen werden sollen. Diese strukturellen Änderungen beinhalten keinerlei materiellen Neuerungen.

Materiell wird für die Personenwagen ­ in Anlehnung an das EU-Recht ­ für die Jahre nach 2015 ein neuer, weitergehender Zielwert vorgesehen. Ein solcher Zielwert ist in Artikel 10 Absatz 3 des beschlossenen CO2-Gesetzes bereits vorgesehen, wurde aber noch nicht konkretisiert.

Gleichzeitig werden ­ ebenfalls in Anlehnung an die Entwicklungen im EU-Recht ­ neu auch für Lieferwagen und leichte Sattelschlepper Zielwerte aufgenommen, das heisst der Geltungsbereich des Gesetzes wird neu auf diese Fahrzeuge ausgedehnt.

Dieser Nachvollzug des EU-Rechts bezieht sich auf die in den Verordnungen Nr. 443/2009 (für Personenwagen)59 und Nr. 510/2011 (für leichte Nutzfahrzeuge)60 enthaltenen Zielwerte für 2020 (Personenwagen) respektive 2017 und 2020 (für leichte Nutzfahrzeuge). Die Umsetzungsmodalitäten der neuen Zielwerte befinden sich in der EU zurzeit noch in der politischen Debatte (Vorschlag KOM(2012) 393 endg.61 und Vorschlag KOM(2012) 394 endg.62).

Zu beachten ist, dass die im EU-Recht verwendete Kategorie «leichte Nutzfahrzeuge» im schweizerischen Recht nicht existiert. Um eine möglichst deckungsgleiche Regelung zu erhalten, müssen die betreffenden Normen des EU-Rechts im CO2-Gesetz auf die beiden Kategorien «Lieferwagen» und «leichte Sattelschlepper» anwendbar sein. Gewisse Differenzen zwischen der im EU-Raum erfassten Fahrzeugkategorie und der von der schweizerischen Regelung erfassten Fahrzeugkategorie bleiben dabei zwar bestehen, sind jedoch sehr gering und daher vertretbar.

Namentlich sind damit nach schweizerischem Recht alle Lieferwagen und leichten Sattelschlepper mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 3500 kg von den Emissionsvorschriften betroffen. Der Geltungsbereich der EU-Verordnung Nr. 510/2011 umfasst demgegenüber leichte Nutzfahrzeuge mit einem Gesamtgewicht bis 3500 kg und einer maximalen Bezugsmasse von 2610 kg beziehungsweise einer maximalen Bezugsmasse von 2840 kg bei den Fahrzeugen, auf die die Typengenehmigung

59

60

61

62

Verordnung (EG) Nr. 443/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen im Rahmen des Gesamtkonzepts der Gemeinschaft zur Verringerung der CO2-Emissionen von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen (ABl. L 140/1, 5.6.2009).

Verordnung (EU) Nr. 510/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2011 zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue leichte Nutzfahrzeuge im Rahmen des Gesamtkonzepts der Union zur Verringerung der CO2-Emissionen von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen (ABl. L 145/1, 31.5.2011).

Vorschlag der Kommission vom 11. Juli 2012 für eine Verordnung des europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 443/2009 hinsichtlich der Festlegung der Modalitäten für das Erreichen des Ziels für 2020 zur Verringerung der CO2-Emissionen neuer Personenkraftwagen, KOM 2012 393 endg.

Vorschlag der Kommission vom 11. Juli 2012 für eine Verordnung des europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 510/2011 hinsichtlich der Festlegung der Modalitäten für das Erreichen des Ziels für 2020 zur Verringerung der CO2-Emissionen neuer leichter Nutzfahrzeuge, KOM 2012 394 endg.

7699

gemäss Artikel 2 Absatz 2 der EG-Verordnung Nr. 715/200763 erweitert wird. Die Bezugsmasse ist in der Schweiz in der Typengenehmigung nicht vorhanden. Sie stellt daher keinen tauglichen Anknüpfungspunkt dar und kann als Kriterium nicht übernommen werden. Vom in der Schweiz dadurch geringfügig grösseren Geltungsbereich sind weniger als 2 Prozent der leichten Nutzfahrzeuge betroffen. Mit dieser leichten Ausdehnung des Geltungsbereichs wird im Übrigen sichergestellt, dass keine Fahrzeuge privilegiert werden gegenüber den leichteren Fahrzeugen, welche den Emissionsvorschriften unterliegen, oder aber gegenüber dem Schwerverkehr, der mit der Schwerverkehrsabgabe belastet ist.

Die vorgeschlagene Regelung steht dabei ­ als Nachvollzug von EU-Recht ­ unter Vorbehalt abweichender Entwicklungen in Europa. Sowohl bei den vorliegend vorgeschlagenen Zielwerten und Regeln, wie auch bei den später auf Verordnungsebene zu regelnden Umsetzungsmodalitäten (schrittweise Einführung der Zielwerte, Zwischenziele, spezielle Behandlung von Fahrzeugen mit besonders tiefen CO2-Emissionen u. dgl.), soll in jedem Fall eine Anlehnung an die EU-Regelungen erfolgen.

Art. 10

Grundsatz

In Absatz 1 wird für die Gesamtheit der erstmals in Verkehr gesetzten Personenwagen ein neuer Emissionszielwert für das Jahr 2020 aufgenommen (95 g CO2/km).

Gleichzeitig werden in Absatz 2 neu auch für Lieferwagen und leichte Sattelschlepper Zielwerte statuiert, nämlich 175 g CO2/km für das Jahr 2017 und 147 g CO2/km für das Jahr 2020. Die Werte entsprechen wie ausgeführt den in der EU geltenden Zielwerten zur Verminderung von CO2-Emissionen.

Absatz 3 enthält keinerlei materielle Neuerung. Er wird aufgenommen, um klärend aufzuzeigen, dass das für die Gesamtheit der Personen- beziehungsweise der Lieferwagen und leichten Sattelschlepper geltende Ziel nach den Absätzen 1 und 2 erreicht werden soll, indem alle Importeure verpflichtet werden, die Emissionen «ihrer» Fahrzeuge gemäss einer für sie errechneten individuellen Zielvorgabe zu vermindern.

Art. 10a

Zwischenziele, Erleichterungen und Ausnahmen

Die Absätze 1 und 2 von Artikel 10a stellen den Ersatz dar für verschiedene auf Gesetzesebene gestrichene Regelungen, die neu ­ basierend auf diesen Delegationen ­ auf Verordnungsstufe geregelt werden sollen.

Basierend auf Absatz 1 kann der Bundesrat zusätzliche Zielwerte vorgeben, welche die Ziele nach Artikel 10 verschärfen. Er kann demnach zum Beispiel vorgeben, dass bei Personen- und/oder Lieferwagen und leichten Sattelschleppern bereits vor dem Jahr 2020 ein bestimmter Zielwert gelten soll. Oder er kann vorgeben, dass bereits vor dem Jahr 2020 ein bestimmter Prozentsatz der Neuwagenflotte die Zielwerte für das Jahr 2020 erfüllen soll. Absatz 1 stellt damit insbesondere die Grund-

63

Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 171/1, 29.6.2007).

7700

lage dar, um auf Verordnungsebene eine Regelung wie den heutigen Artikel 12 Absatz 3 ­ der neu aus dem Gesetz gestrichen werden soll ­ einzuführen.

Mit der Kompetenz zum Erlass solcher Zwischenziele geht auch die Kompetenz zum Erlass von Ausnahmeregelungen zu diesen Zwischenzielen einher.

Absatz 2 verleiht dem Bundesrat die Kompetenz, Ausnahmeregelungen zu erlassen, die das Erreichen der Ziele während einer Übergangsphase erleichtern. Denkbar sind einerseits rechnerische Besonderheiten wie die spezielle Berücksichtigung von Fahrzeugen mit besonders tiefen Emissionen (vgl. Art. 12 Abs. 4 des bisherigen CO2-Gesetzes) und andererseits eine Vorgabe, wonach beispielsweise nach dem Jahr 2020 noch nicht 100 Prozent der Flotte bei der Berechnung der massgeblichen CO2Emissionen berücksichtigt werden müssen.

Absatz 3 gibt dem Bundesrat die Kompetenz, Ausnahmeregelungen in Bezug auf den Geltungsbereich zu treffen. Hierbei sind insbesondere untergeordnete Ausnahmen im Zusammenhang mit Vollzugsproblemen denkbar. Daneben wird hier aber zum Beispiel auch die Möglichkeit eröffnet, die Lieferwagen oder leichten Sattelschlepper, die bereits der Schwerverkehrsabgabe unterliegen, vom Geltungsbereich auszunehmen, sofern sich zeigen sollte, dass deren Einbezug in der Praxis Probleme bereitet.

Absatz 4 hält schliesslich fest, dass bei allen auf die vorangehenden Absätze gestützten Regelungen die Vorschriften der Europäischen Union zu berücksichtigen sind.

Art. 10b

Berichterstattung und Vorschläge zu einer weitergehenden Verminderung der CO2-Emissionen

Artikel 10b übernimmt grundsätzlich geltendes Recht (vgl. bisherigen Art. 10 Abs. 2 und 3 CO2-Gesetz) und passt lediglich Terminologie und Jahrzahlen den Neuerungen in Artikel 10 an. Neu wird überdies geregelt, dass sich die Berichterstattung auch auf allfällige Zwischenziele zu beziehen hat.

Art. 11

Individuelle Zielvorgabe

Artikel 11 übernimmt inhaltlich geltendes Recht, wird aber um die Lieferwagen und leichten Sattelschlepper ergänzt, die neu ebenfalls einer Zielvorgabe unterliegen.

Absatz 2 Buchstabe a wird dagegen bewusst nicht mit dem Kriterium der «Bezugsmasse» ergänzt. Zwar sieht das EU-Recht für leichte Nutzfahrzeuge die Bezugsmasse als bei der Berechnungsmethode zu berücksichtigende Grösse vor. Im schweizerischen Recht erscheint die Bezugsmasse jedoch aus administrativen Gründen (die Bezugsmasse ist auf der Typengenehmigung nicht vorhanden) als untauglicher Anknüpfungspunkt. Stattdessen soll bei Lieferwagen und leichten Sattelschleppern, in Anlehnung an die Regelung für Personenwagen, auf Leergewicht oder Standfläche ausgewichen werden.

Absatz 3 zweiter Satz erfährt ­ in Anlehnung an die Verordnung vom 16. Dezember 2011 über die Verminderung der CO2-Emissionen von Personenwagen ­ eine redaktionelle Änderung.

In Absatz 4 erfolgt eine Richtigstellung: Massgeblich für die Beurteilung, ob es sich bei einem Importeur oder einem Händler um einen Kleinimporteur beziehungsweise einen Kleinhersteller im Sinne dieses Absatzes handelt, ist nicht die jährlich importierte oder hergestellte, sondern die jährlich in Verkehr gesetzte Menge an Fahrzeu7701

gen. Dies entspricht der diesbezüglich bereits heute präziser gehaltenen Verordnung (vgl. Art. 8 der Verordnung über die Verminderung der CO2-Emissionen von Personenwagen). Materiell ergeben sich auch aus dieser Anpassung keine Änderungen.

Art. 12

Berechnung der individuellen Zielvorgabe und der durchschnittlichen CO2-Emissionen

Die Absätze 1 und 2 von Artikel 12 bleiben bis auf die Aufnahme von Lieferwagen und leichten Sattelschleppern weitestgehend unverändert. So hat insbesondere die Streichung der Emissionsgemeinschaften aus Absatz 1 keine materiellen Auswirkungen; diese separate Nennung wird durch die Präzisierung in Artikel 11 Absatz 3 verzichtbar, das heisst durch die neu genereller formulierte Gleichstellung von Emissionsgemeinschaften mit den einzelnen Importeuren.

Die Absätze 3 und 4 werden gestrichen, da diese Regelungen neu von den Delegationsnormen in Artikel 10a Absätze 1 und 2 erfasst sind und demnach neu vom Bundesrat geregelt werden können. Inhaltlich hat dies keine Änderung zur Folge; die heutigen Regelungen sollen unverändert in die Verordnung aufgenommen werden.

Art. 13

Sanktion bei Überschreiten der individuellen Zielvorgabe

Artikel 13 wird bezüglich der Sanktionshöhe massgeblich verändert; es wird ein neues System zur Festlegung der Sanktion geschaffen. Die bislang im Gesetz festgelegten Sanktionen entsprachen den im EU-Raum geltenden Sanktionsbeträgen, umgerechnet in Schweizerfranken mit einem Wechselkurs von 1,5. Um ein rascheres Eingehen auf allfällige Wechselkursschwankungen und diesbezüglich einen stimmigeren Nachvollzug des EU-Rechts gewährleisten zu können, soll neu bloss noch eine Bandbreite an möglichen Sanktionsbeträgen im Gesetz selbst geregelt sein (vgl. veränderter Abs. 1). Die tatsächlich im jeweiligen Jahr (Referenzjahr) greifende Sanktionshöhe soll hingegen nach dem neuen Absatz 1bis jährlich neu festgelegt werden. Massstab haben dabei ausschliesslich die in der Europäischen Union geltenden Beträge zu sein: Zur Ermittlung und Festlegung der Sanktion werden demnach die im EU-Raum geltenden Euro-Beträge mit einem aktuellen Wechselkurs (Durchschnittskurs des Vorjahres) in Schweizerfranken umgerechnet. Der Bundesrat wird auf Verordnungsebene die für die Berechnung massgeblichen Formeln festlegen (Formeln für die Berechnung des massgeblichen Kurses und für die Berechnung der Sanktion selbst). Das UVEK wird basierend auf diesen Formeln die Berechnungen vornehmen und die Sanktion für das Referenzjahr jeweils vor Beginn dieses Jahres publizieren. Die Ansiedelung dieser Aufgabe beim UVEK erscheint in Anbetracht des sehr technischen Charakters dieses rein rechnerischen Vorgangs sachgerecht.

Die vom Gesetz vorgegebene Bandbreite an Sanktionshöhen bietet Raum für Anpassungen an einen Eurowechselkurs von mindestens 1.10 bis höchstens 1.60. Die gesetzliche Vorgabe einer Bandbreite stellt gleichzeitig klar, dass nur Raum für den Nachvollzug von Wechselkursschwankungen geboten werden soll. Würden in der EU neue Sanktionsbeträge festgelegt, so wäre es am Bundesgesetzgeber, die Bandbreite neu festzulegen.

Die übrigen vorgenommenen Anpassungen sind ausschliesslich die Folge von vorangehenden Änderungen: Aufnahme der Lieferwagen und leichten Sattelschlepper, Verzicht auf die ­ wegen der generellen Gleichstellung mit den einzelnen Im7702

porteuren respektive Händlern ­ nicht mehr notwendige separate Nennung der Emissionsgemeinschaften sowie Anpassung einer Jahrzahl. Auch der Ersatz der Sonderregelung in Absatz 2 durch eine Delegationsnorm bezweckt keine materielle Änderung. Die in Absatz 2 vorgesehene Möglichkeit, die Sanktion für die Betroffenen zu mindern, zielt weiterhin primär auf auf eine besondere Sanktionsregelung für den Fall, dass ­ neu aufgrund einer Verordnungsbestimmung ­ bei der Berechnung der durchschnittlichen CO2-Emissionen nur ein Teil der Neuwagenflotte berücksichtigt würde; eine derartige Regelung birgt ein besonderes Risiko der Benachteiligung von Kleinimporteuren und darauf soll eingegangen werden können.

Art. 22 Abs. 4 In Artikel 22 wird zum Zweck einer terminologischen Verbesserung und Vereinheitlichung der Begriff «Gesamtleistung» durch den technisch korrekteren Begriff «Feuerungswärmeleistung» ersetzt und in der Folge wird auch die Zahl geändert (100 MW Gesamtleistung entsprechen 125 MW Feuerungswärmeleistung).

Art. 29

CO2-Abgabe auf Brennstoffen

Der schrittweise Ausstieg aus der Kernenergie führt mitunter zu einer Veränderung des Strommixes, der je nach Ausgestaltung zu einer Erhöhung der CO2-Emissionen bei der Stromproduktion führen kann. Gleichzeitig will das CO2-Gesetz die im Inland emittierten Treibhausgase bis 2020 um mindestens 20 Prozent gegenüber 1990 senken. Dieses Ziel entspricht einer absoluten Reduktion der Treibhausgasemissionen um rund 10,6 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten (CO2eq).64 Ausgehend von diesen Überlegungen, schlägt der Bundesrat eine Erhöhung der CO2-Abgabe vor, um deren Lenkungswirkung zu verstärken und einer weiteren Erhöhung der CO2-Emissionen frühzeitig entgegenzuwirken, damit die Erreichung des Ziels des CO2-Gesetzes nicht gefährdet wird. Die Zielerreichung soll durch einen zusätzlichen Ausbau des Gebäudeprogramms unterstützt werden, für welches ca. 525 Millionen Franken pro Jahr vorgesehen sind (Mittel von Bund und den Kantonen zusammen).

Art. 31­33 Dieser Teil des CO2-Gesetzes wird ­ als Folge der neuen Regeln für die Betreiber von WKK-Anlagen ­ relativ stark umstrukturiert. Es werden neue Gliederungstitel eingefügt, damit die verschiedenen Kategorien von Rückerstattungsberechtigungen und die jeweils damit verbundenen Regeln und Abläufe besser ersichtlich und unterscheidbar sind.

Mit den Gliederungstiteln wird ausgewiesen, dass es drei Fälle von Rückerstattungen gibt: (1) die Rückerstattung an Unternehmen mit einer Verpflichtung zur Verminderung der Treibhausgasemissionen (Verminderungsverpflichtung), (2) die Rückerstattung an die Betreiber von WKK-Anlagen, die weder am EHS teilnehmen noch in eine Verminderungsverpflichtung eingebunden sind, und (3) die Rückerstattung bei nicht energetischer Nutzung von Brennstoffen.

64

Erläuternder Bericht des BAFU zum Anhörungsentwurf vom 11. Mai 2012 zur Verordnung über die Reduktion der CO2-Emissionen (SR 641.712), S. 3.

7703

Die Artikel 31a sowie 32a und 32b enthalten die eigentliche Neuregelung, die die Rahmenbedingungen für die Stromproduktion mit WKK-Anlagen optimieren soll.

Die Neuregelung besteht aus zwei Teilen: Einerseits wird innerhalb des bereits nach geltendem Recht existierenden Regimes für Unternehmen mit einer Verminderungsverpflichtung (vgl. oben Kategorie 1) eine Sonderregel eingeführt, für den Fall dass ein solches Unternehmen eine WKK-Anlage betreibt. Andererseits wird ein gänzlich neues Regime geschaffen für WKK-Betreiber, die nach geltendem Recht die CO2-Abgabe zu bezahlen haben (vgl. oben Kategorie 2).

Ziel ist es, die Rahmenbedingungen für WKK-Anlagen zu verbessern, sodass die gesetzliche Regelung keinen Hinderungsgrund mehr darstellt für die Stromproduktion mit WKK-Anlagen: Unter dem heutigen CO2-Regime lohnt es sich häufig nicht, eine WKK-Anlage zu betreiben und den produzierten Strom ins Netz einzuspeisen, da die für die Stromproduktion zusätzlich notwendigen Brennstoffe aufgrund der darauf erhobenen Abgabe zu teuer sind. Auch für Unternehmen, die aufgrund der Einbindung in eine Verminderungsverpflichtung abgabebefreit sind, lohnt sich eine Ausdehnung des Betriebs der Anlage zumeist nicht, da mit der verstärkten Stromproduktion auch ein höherer CO2-Ausstoss einhergeht; kompensieren sie diese Mehremissionen nicht durch zusätzliche Massnahmen, so werden sie wegen Nichteinhaltung der Verminderungsverpflichtung sanktioniert.

Art. 31 Abs. 1, 3 und 4 und 32c Die Änderungen in den Artikeln 31 Absatz 1 und 32c stellen eine bloss systematische Bereinigung dar, um die verschiedenen Kategorien von Rückerstattungen auch systematisch klarer aufzeigen zu können: Der bisherige Artikel 31 Absatz 1 Buchstabe a wird neu zu Artikel 32c und der bisherige Artikel 31 Absatz 1 Buchstabe b wird neu zu Artikel 31 Absatz 1.

In den Absätzen 3 und 4 von Artikel 31 wird einzig die in Absatz 1 neu eingeführte Abkürzung «Verminderungsverpflichtung» übernommen.

Art. 31a

Unternehmen mit Verminderungsverpflichtung, die WKK-Anlagen betreiben

Für Unternehmen, die eine Verminderungsverpflichtung nach Artikel 31 haben und WKK-Anlagen betreiben, wird im neuen Artikel 31a eine Sonderregel statuiert. Ziel ist es, zu verhindern, dass solche Unternehmen einzig deshalb auf eine ­ gegenüber dem für die Verminderungsverpflichtung relevanten Basisjahr 2012 ­ erhöhte Stromproduktion mit WKK-Anlagen verzichten, weil sie die zusätzlich notwendigen Kompensationsmassnahmen respektive die drohende Sanktion bei Nichteinhaltung der Verminderungsverpflichtung fürchten.

Wenn solche Unternehmen in einem bestimmten Umfang zusätzlichen WKK-Strom produzieren, so haben sie ­ sofern ihre Anlage gewissen Anforderungen entspricht (Bst. a) ­ nach Absatz 1 neu Anspruch auf eine entsprechende Anpassung der Verminderungsverpflichtung. Da diese Anpassung jedoch einen gewissen Aufwand generiert, gilt der Anspruch nicht bereits bei jeder Mehrproduktion, sondern erst ab einer noch vom Bundesrat festzulegenden Menge (Bst. b). Die Sonderregelung gilt im Übrigen nicht für den zum Eigenverbrauch produzierten Strom, da der Eigenverbrauch bereits vollständig durch die bestehende Verminderungsverpflichtung aufgefangen wird: Bereits unter geltendem Recht wird für die zusätzlichen 7704

strombedingten Emissionen des nicht ins Netz eingespeisten WKK-Stroms das Emissionsziel der Unternehmen angepasst.

Diesen ansonsten (aufgrund der Verminderungsverpflichtung) vollständig befreiten Unternehmen wird dann jedoch im Gegenzug für die Brennstoffe, die nachweislich für die Produktion des oben genannten zusätzlichen Stroms eingesetzt wurden, vorläufig nur 60 Prozent der darauf geleisteten CO2-Abgabe zurückerstattet. Die restlichen 40 Prozent werden erst zurückerstattet, wenn der Anlagebetreiber gegenüber dem Bund nachweist, dass er Mittel im Umfang eben dieser 40 Prozent für Massnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz verwendet hat. Er kann solche Massnahmen im eigenen Unternehmen umsetzen oder aber bei Unternehmen oder Anlagen, die aus der WKK-Anlage Strom oder Wärme beziehen (Abs. 2).

Nach Absatz 3 regelt der Bundesrat die Anforderungen, denen die Effizienzmassnahmen zu genügen haben. Er kann dabei auch bestimmte Massnahmen ausschliessen, namentlich solche, die aufgrund anderweitiger Verpflichtungen ergriffen oder für die Fördergelder bezogen wurden, oder solche, deren «Wert» bereits im Rahmen eines anderen Instruments der Energie- oder CO2-Gesetzgebung angerechnet wurde (z. B. Massnahmen, die bezüglich der Verminderungsverpflichtung nicht additional sind). Im Bereich der Bezeichnung der zulässigen Massnahmen dürften sich voraussichtlich viele komplexe und sehr technische Fragen stellen, sodass für gewisse Aspekte auch eine Regelung durch das UVEK angemessen sein könnte. Damit die Betreiber die Mittel möglichst sinnvoll einsetzen können, ist ihnen die nötige zeitliche Flexibilität zu lassen. Aus diesem Grund ist keine Pflicht, jährlich Massnahmen zu ergreifen, vorgesehen; der Bundesrat wird jedoch festlegen, innert welchem Zeitraum Massnahmen umgesetzt und belegt werden müssen, damit der Rückerstattungsanspruch nicht erlischt (Abs. 3 Bst. b).

Werden die erforderlichen Massnahmen fristgerecht ergriffen, so werden die restlichen 40 Prozent zurückerstattet, und zwar jeweils zulasten der laufenden Ausgaben.

Abgabebeträge, die nicht zurückerstattet werden können, weil Anlagebetreiber innert Frist keine oder keine hinreichenden Effizienzmassnahmen ergriffen und nachgewiesen haben, werden dagegen nach Artikel 36 an Bevölkerung und Wirtschaft verteilt (Abs. 4).

Art. 32 Abs. 1 Als reine Folgeänderung werden der Verweis und die Terminologie in Artikel 32 Absatz 1 angepasst.

Art. 32a

Berechtigte Betreiber von WKK-Anlagen

Artikel 32a hält fest, welche Anlagebetreiber von den optimierten Rahmenbedingungen im dritten Abschnitt profitieren können. Erfasst sind ausschliesslich Betreiber, die nicht bereits am EHS teilnehmen oder einer Verminderungsverpflichtung unterliegen, das heisst solche, die nicht bereits von einem andern Regime profitieren.

Erfasst ist im Weiteren nur der Betrieb von Anlagen, die nicht unter den Begriff des fossil-thermischen Kraftwerks nach Artikel 22 fallen, die also nicht bereits der Kompensationspflicht nach Artikel 22 unterstehen. Die Anlagen müssen zudem eine Mindestgrösse von 1 MW aufweisen und die vom Bundesrat vorgesehenen energeti-

7705

schen, ökologischen oder anderen Mindestanforderungen erfüllen. Zu denken ist hierbei namentlich an einen bestimmten Mindestwirkungsgrad.

Art. 32b

Umfang und Voraussetzungen der teilweisen Rückerstattung

Die Absätze 1 und 2 regeln den möglichen Umfang der Rückerstattung. Die Neuregelung betrifft hier ­ ebenso wie in Artikel 31a ­ grundsätzlich nur die für die Stromproduktion eingesetzten Brennstoffe: Nur die auf diesen Brennstoffen bezahlte CO2-Abgabe wird zurückerstattet, nicht aber diejenige auf den Brennstoffen, die der Wärmeproduktion dienten («Teilrückerstattung»). Es obliegt hierbei dem gesuchstellenden Betreiber der WKK-Anlage, den Nachweis zu erbringen, dass die Brennstoffe entsprechend eingesetzt wurden. Dabei werden, analog dem System in Artikel 31a, 40 Prozent der geleisteten CO2-Abgabe erst zurückerstattet, wenn der Anlagebetreiber gegenüber dem Bund nachweist, dass er Massnahmen im gleichen Umfang zur Steigerung der Energieeffizienz ergriffen hat.

Bezüglich der durch die Anlagebetreiber zu ergreifenden Massnahmen und der Abläufe wird der Bundesrat die Einzelheiten festlegen. Dabei werden im Interesse eines einfachen Vollzugs möglichst deckungsgleiche Regeln für die Unternehmen mit Verminderungsverpflichtung (Art. 31a) und die WKK-Betreiber ohne Verminderungsverpflichtung anzustreben sein. Betreffend die nicht auszahlbaren Mittel gilt ebenfalls die Regel von Artikel 31a.

Art. 33 Aufgrund des neuen Gliederungstitels vor Artikel 33 wird dessen Sachüberschrift gestrichen.

Art. 34

Verminderung der CO2-Emissionen bei Gebäuden

Neu sollen Massnahmen zur langfristigen Verminderung der CO2-Emissionen bei Gebäuden mit dem Ertrag aus der CO2-Abgabe gefördert werden. Die ausdrücklich genannte langfristige Betrachtung erlaubt neu auch die Förderung von direkten und indirekten Massnahmen bei Gebäuden in Bereichen wie Stromeffizienz, Strom aus erneuerbaren Energien oder Information und Beratung. Inskünftig ist mit einem zunehmenden Verbrauch von Strom aus nicht CO2-neutraler Produktion zu rechnen.

Aus diesem Grund dienen heutige Massnahmen zur Verminderung des Stromverbrauchs ebenfalls der längerfristigen Reduktion der CO2-Emissionen.

Die Förderung wird vereinfacht und Überschneidungen zwischen CO2- und Energiegesetz werden aufgehoben. Damit kann der gesamte teilzweckgebundene Ertrag der CO2-Abgabe für Massnahmen im Bereich der Energie- und Abwärmenutzung bei Gebäuden im Rahmen der Artikel 53, 54 und 56 EnG verwendet werden. Darunter fallen Massnahmen wie die Förderung von Beratung, Ausbildung, Energieeffizienz oder Nutzung erneuerbarer Energien im Bereich der Gebäude und der Gebäudetechnik.

Der Ertrag wird vollständig über bestehende Prozesse mit Globalbeiträgen an die Kantone nach Artikel 58 EnG verteilt. Zusätzlich, in Ergänzung der Bestimmungen des Artikels 58 EnG, müssen Kantone, um Globalbeiträge zu erhalten, über Programme zur Förderung energetischer Gebäudehüllensanierungen und zum Ersatz ortsfester elektrischer Widerstandsheizungen oder Ölheizungen verfügen. Dabei

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haben sie sich bei deren Ausgestaltung an die jeweils gültigen Bestimmungen im harmonisierten Fördermodell der Kantone zu halten.

Zudem wird das Finanzierungsverhältnis anders festgelegt als in Artikel 58 Absatz 1 EnG: Die Globalbeiträge aus dem teilzweckgebundenen Ertrag können die für denselben Zweck bereitgestellten kantonalen Mittel übersteigen und maximal verdoppeln. Somit können bis zu zwei Drittel der Finanzierung der kantonalen Programme im Gebäudebereich mit Globalbeiträgen abgedeckt werden.

Falls die von den Kantonen bereitgestellten Mittel weniger als einen Neuntel des Ertrags der CO2-Abgabe ausmachen, so wird der nicht ausgeschöpfte teilzweckgebundene Ertrag an Bevölkerung und Wirtschaft zurückverteilt.

Die bisher geltende Befristung der Gewährung der Finanzhilfen an die Kantone bis Ende 2019 wird aufgehoben.

Die Verordnung wird um eine neue Regelung der Deckung des Vollzugsaufwands ergänzt werden müssen, wobei unter anderem die bestehende Regelung an die neu festgelegten Verantwortlichkeiten der Bundesbehörden infolge der vorliegenden Revision des CO2-Gesetzes anzupassen ist.

Art. 44

Falschangaben über Fahrzeuge

Die neue Sachüberschrift zu Artikel 44 stellt klar, dass die Strafnorm bei fehlerhaften Angaben auch für die neu von den Verpflichtungen betroffenen Importeure (und Hersteller) von Lieferwagen und leichten Sattelschleppern greift.

Art. 49a

Übergangsbestimmung zur Änderung vom ...

Die Übergangsbestimmung regelt, dass für Lieferwagen und leichte Sattelschlepper in Abweichung von Artikel 10b Absatz 1 erst im Jahr 2019 erstmals Bericht zu erstatten ist. Vorher erscheint die Berichterstattung mangels Erfahrung mit der neu eingeführten Massnahme kaum sinnvoll.

Weiter wird der Übergang vom alten zum neuen System der Verteilung der Erträge aus der CO2-Abgabe nach Artikel 34 geregelt. Um einen «Stop and go»-Betrieb bei der Förderung der Gebäudemassnahmen zu vermeiden, die Planungssicherheit zu erhöhen und einen möglichst fliessenden Übergang zu gewährleisten, sollen die bis Ende 2015 erhobenen Erträge aus der CO2-Abgabe nach bisherigem Recht verteilt werden. Der zweckgebundene Ertrag aus der im Jahr 2016 erhobenen CO2-Abgabe soll noch bis zu einer Höhe von 100 Millionen Franken für Programmvereinbarungen mit den Kantonen nach Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe a in der bisherigen Fassung verwendet werden können. Damit keine ungedeckten altrechtlichen Verpflichtungen für den Bund entstehen, wird in den Programmvereinbarungen mit den Kantonen geregelt, dass die Kantone keine Fördergelder verpflichten dürfen, die über diese 100 Millionen Franken hinausgehen. Für allfällige Überverpflichtungen haften die Kantone. Die Verwendung der Erträge aus der danach erhobenen CO2Abgabe richtet sich vollumfänglich nach neuem Recht.

Für den Vollzug des Sanierungsprogramms werden die Kantone gemäss geltender CO2-Verordnung mit maximal 6,5 Prozent der Finanzhilfen entschädigt. Diese Obergrenze gilt durchschnittlich über die ganze Programmdauer ­ das heisst gemäss geltendem CO2-Gesetz bis Ende 2019. Bei einer vorzeitigen Umstellung der Finanzierung muss auch die Entschädigung der Betriebskosten neu festgelegt werden.

7707

5.2.3 Art. 8b

Raumplanungsgesetz vom 22. Juni 197965 Richtplaninhalt im Bereich Energie

Die Nutzung erneuerbarer Energien soll Teil der kantonalen Richtpläne werden, jedenfalls für die Technologien mit mehr als nur kleinräumiger Relevanz, also in erster Linie für die Wasser- und für die Windkraft. Für Photovoltaik-Anlagen auf bestehenden Gebäuden sind richtplanerische Festlegungen hingegen unnötig. Die Richtplan-Norm schreibt nur die Bezeichnung von Gebieten vor, die sich eignen, nicht jedoch von solchen, die ­ von Energievorhaben ­ freizuhalten sind. Eine Richtplankategorie «Energiefreihalte-Gebiete» wäre denn auch systemfremd. Werden in einem Richtplan schützenswerte Gebiete ausgewiesen, so muss den Schutzanliegen querschnittsartig, also im Verhältnis zu Infrastruktur- und Bauvorhaben aus sämtlichen Bereichen, Rechnung getragen werden, und nicht sektoriell, bezogen auf Energievorhaben. Im Konzept (Art. 11 EnG) können hingegen auch Energiefreihalte-Gebiete ihren Platz haben, da das Konzept den Fokus auf Energie legt.

Grundlage und Leitlinie für die Festlegung in den Richtplänen ist das Konzept für den Ausbau erneuerbarer Energien nach Artikel 11 Energiegesetz. Dieses Konzept beziehungsweise dessen kartografischer Teil muss indes nicht sklavisch in die Richtpläne übernommen werden. Die Kantone sollen im Sinne der «Comply-orexplain-Regel» zwar vom Konzept abweichen dürfen, solche Abweichungen aber gut begründen müssen. Eine genaue kartografische Bezeichnung kann für die Gewässerstrecken schwierig sein; erweist sich das als unmöglich, müssen ersatzweise mindestens entsprechende Standortkriterien aufgestellt werden.

In einer späteren, umfassenderen Revision des RPG werden die Bereiche, die in die Richtpläne einfliessen sollen, voraussichtlich erweitert werden. Auch der neue Artikel 8b betreffend Energie wird dann wohl noch ergänzt werden müssen, z. B. um den Raumbedarf für den Netzausbau abzubilden.

5.2.4

Wasserrechtsgesetz vom 22. Dezember 191666

Art. 60 Abs. 3ter Bei Wasserkraftanlagen soll es für örtlich begrenzten Vorhaben mit nur wenigen, eindeutig bestimmbaren Betroffenen und mit insgesamt nur geringen Auswirkungen ein möglichst einfaches Verfahren geben. Solche Vorhaben zeichnen sich durch eine geringe Komplexität und durch weniger Aussenwirkungen aus, sodass eine Vereinfachung möglich ist. Für Wasserkraftvorhaben in Bundeszuständigkeit ist denn auch seit über zehn Jahren ein vereinfachtes Verfahren vorgesehen (Art. 62h WRG), mit Unterschieden vor allem hinsichtlich Publikation. Dieses Verfahren hat sich bewährt. Im Bund werden zusammen mit der Konzession auch alle anderen Bewilligungen erteilt (Art. 62 WRG).

Beim Verfahren, das durch die Kantone «vereinfacht» zu regeln ist, geht es primär um dasjenige der Konzessionserteilung. Insgesamt läuft das Verfahren für die Reali65 66

SR 700 SR 721.80

7708

sierung eines Wasserkraftwerks in vielen Kantonen heute zweistufig ab: In einem ersten Schritt (Konzessionierung) werden die wichtigen und allenfalls problematischen Fragen geklärt. In einem zweiten Schritt (u.a. Baubewilligung) sind oftmals nur noch untergeordnete Punkte zu regeln. Den Kantonen ist es aber natürlich unbenommen, nicht nur den Konzessionsteil des Verfahrens zu vereinfachen, sondern beispielsweise ein konzentriertes Verfahren vorzusehen, in dessen Rahmen alle Fragen geklärt und alle nötigen Entscheide getroffen werden.

Der Bund macht den Kantonen in Artikel 60 schon heute mehrere punktuelle Vorgaben zum Verfahren. Die Kantone haben mit der neuen Vorgabe einigen Spielraum für die Umsetzung. Wenn die Kantone gleich wie der Bund vor allem hinsichtlich Publikation Erleichterungen vorsehen, so steht das nicht im Widerspruch zur grundsätzlichen Publikationspflicht nach Absatz 2 des heutigen Artikels 60. Die unmittelbar Betroffenen müssen ihre Rechte aber vollumfänglich wahrnehmen und beispielsweise Einsprache erheben oder Entschädigungsbegehren stellen können.

5.2.5

Kernenergiegesetz vom 19. März 200467

Am 25. Mai 2011 beschloss der Bundesrat, dass in der Schweiz weiterhin eine hohe Stromversorgungssicherheit garantiert werden solle, mittelfristig jedoch ohne Kernenergie. Er ist der Ansicht, dass die bestehenden Kernkraftwerke am Ende ihrer sicherheitstechnischen Betriebsdauer stillgelegt und nicht durch neue Kernkraftwerke ersetzt werden sollen.

Am 28. September 2011 entschied der Ständerat und am 6. Dezember 2011 der Nationalrat, drei Motionen betreffend Ausstieg aus der Kernenergie68 in einer gegenüber ihrer ursprünglichen Fassung abgeänderten Form anzunehmen69: Der Bundesrat wurde beauftragt, einen Gesetzesentwurf zu unterbreiten, um die Gesetzgebung wie folgt anzupassen: 1.

Es dürfen keine Rahmenbewilligungen zum Bau neuer Kernkraftwerke erteilt werden.

1bis. Das Kernenergiegesetz vom 21. März 2003 ist entsprechend zu ändern.

Damit wird kein Technologieverbot erlassen.

67 68

69

2.

Kernkraftwerke, die den Sicherheitsvorschriften nicht mehr entsprechen, sind unverzüglich stillzulegen.

3.

Es wird eine umfassende Energiestrategie unterbreitet, um unter anderem den künftigen Strombedarf ohne Atomenergie und durch eine vom Ausland möglichst unabhängige Stromversorgung sicherzustellen, ohne den Wirtschafts- und Forschungsstandort Schweiz insgesamt zu gefährden. Die Förderung der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz wird zielführend verstärkt.

SR 732.1 11.3257 n, Mo. Nationalrat (Fraktion G). Aus der Atomenergie aussteigen; 11.3426 n, Mo. Nationalrat (Fraktion BD). Keine neuen Rahmenbewilligungen für den Bau von Atomkraftwerken; 11.3436 n, Mo. Nationalrat (Schmidt Roberto). Schrittweiser Ausstieg aus der Atomenergie.

AB 2011 S 972 ff.

7709

4.

Bildung, Lehre und Forschung in sämtlichen Energietechnologien in der Schweiz und in der internationalen Zusammenarbeit werden weiterhin unterstützt.

5.

Der Bundesrat berichtet periodisch über die Entwicklung der Technologien und die Umsetzung der Energiestrategie und stellt Anträge zu Gesetzesänderungen sowie Programmen. Insbesondere berichtet er regelmässig über die Fortschritte in der Kerntechnologie. Dabei nimmt der Bundesrat namentlich Stellung zu Fragen der Sicherheit, der Entsorgung radioaktiver Abfälle sowie der volkswirtschaftlichen, umwelt- und klimapolitischen Auswirkungen.

Im Folgenden werden die Bestimmungen erläutert, mit der die Motionen umgesetzt werden sollen, zudem das Verbot der Wiederaufarbeitung mit der Möglichkeit der Ausnahme zu Forschungszwecken, das der Bundesrat vorschlägt.

Art. 9 Das in Artikel 106 Absatz 4 des KEG enthaltene Moratorium lautet: Abgebrannte Brennelemente dürfen während einer Zeit von zehn Jahren ab dem 1. Juli 2006 nicht zur Wiederaufarbeitung ausgeführt werden. Sie sind während dieser Zeit als radioaktive Abfälle zu entsorgen. Der Bundesrat kann zu Forschungszwecken Ausnahmen vorsehen, wobei sinngemäss Artikel 34 Absätze 2 und 3 gilt. Die Bundesversammlung kann die Frist von zehn Jahren durch einfachen Bundesbeschluss um höchstens zehn Jahre verlängern.

Wird das KEG nicht angepasst, läuft das Moratorium am 30. Juni 2016 aus. Die Ausfuhr abgebrannter Brennelemente zur Wiederaufarbeitung wäre damit wieder möglich. Es stellt sich somit die Frage, ob die Wiederaufarbeitung erlaubt sein soll, ob sie verboten werden oder ob das Moratorium verlängert werden soll.

Die Befürworter der Wiederaufarbeitung machen unter anderem geltend, dass das Plutonium besser kontrollierbar sei, wenn es in der Wiederaufarbeitung extrahiert und in Mischoxid-(MOX)-Brennelementen wiederverwendet werde. Demgegenüber wird eingewendet, dass mit der Wiederaufarbeitung Plutonium abgetrennt und damit leichter zugänglich wird, dass bei der Wiederaufarbeitung radioaktive Stoffe an Luft und Wasser abgegeben würden und insgesamt mehr Transporte nötig seien. Diese Gründe bewogen den Bundesrat, in seiner Botschaft zum KEG den eidgenössischen Räten ein Verbot vorzuschlagen70. Bei der Beratung des KEG war die Wiederaufarbeitung einer der politisch umstrittensten Gegenstände. Schliesslich haben die eidgenössischen Räte als Kompromiss zwischen dem Verbot und der weiteren Zulassung der Wiederaufarbeitung ein zehnjähriges Moratorium beschlossen.

Die politische Ausgangslage hat sich mit den Beschlüssen des Bundesrates und der eidgenössischen Räte zur Nutzung der Kernenergie geändert. Bereits in der KEGBotschaft von 2001 hatte sich der Bundesrat für ein Verbot der Wiederaufarbeitung ausgesprochen. Die damaligen Gründe gelten weiterhin. Zudem hätte eine Wiederaufarbeitungsanlage in der Schweiz keine Chance, realisiert zu werden. Es ist daher nicht vertretbar, die Wiederaufarbeitung
zuzulassen, wenn sie woanders erfolgt. Im Übrigen sind die von den Betreibern der schweizerischen Kernkraftwerke vor dem Inkrafttreten des KEG in die Wiederaufarbeitungsanlagen von Frankreich und Eng70

BBl 2001 2665, 2733 f., 2762 f.

7710

land ausgeführten Brennstäbe alle wiederaufgearbeitet. Daher wird ein Verbot der Wiederaufarbeitung vorgeschlagen (Abs. 1).

Nach Artikel 34 Absätze 3 und 4 dürfen radioaktive Abfälle ausnahmsweise und unter zusätzlichen Voraussetzungen zur Konditionierung und zur Lagerung ausgeführt werden. Die Betreiber haben in diesem Fall in ihrem Vertrag mit dem Empfänger sicherzustellen, dass solche Abfälle nicht zweckentfremdet und auf diesem Umweg in die Wiederaufarbeitung gelangen.

Nach Absatz 2 kann der Bundesrat Ausnahmen vom Verbot der Wiederaufarbeitung beziehungsweise der Ausfuhr zur Wiederaufarbeitung vorsehen. Betroffen ist vor allem die internationale Forschung über die Transmutation, d. h. das Verfahren zur Umwandlung hochaktiver, langlebiger Abfälle in kürzerlebige. Solche Forschungsarbeiten werden nicht an radioaktiven Abfällen, sondern an Kernmaterialien durchgeführt. Als radioaktive Abfälle gelten nämlich nur diejenigen radioaktiven Stoffe oder radioaktiv kontaminierten Materialien, die nicht weiter verwendet werden (Art. 3 Bst. i KEG). Daher sind für eine grenzüberschreitende Verbringung solcher Kernmaterialien nicht die Bestimmungen von Artikel 34 KEG, sondern ausschliesslich Artikel 6 ff. KEG anwendbar. Die Ausnahme nach Absatz 2 erlaubt eine Weiterführung der bisherigen Forschung und entspricht dem Anliegen der eidgenössischen Räte, wonach für die Kernenergie kein Technologieverbot gelten soll.

Art. 12 Sachüberschrift und Abs. 4 Die Umsetzung des Ausstiegsbeschlusses der eidgenössischen Räte erfordert eine Änderung von Artikel 12 KEG. Dabei ist eine Formulierung zu wählen, die sich an den Ausstiegsbeschluss und an die Terminologie des KEG anlehnt.

Nach einschlägiger Terminologie fallen Forschungsreaktoren nicht unter Kernkraftwerke. Die Möglichkeit für den Bau von Forschungsreaktoren wird offengehalten.

Aus heutiger Sicht geht es insbesondere um die Forschung auf dem Gebiet der Fusionsreaktoren und der sogenannten Transmutationsanlagen, die zur Verringerung von langlebigen radioaktiven Abfällen gebaut werden könnten. Damit kann auch die bisherige Forschung weitergeführt werden. Ferner wird dem Anliegen der eidgenössischen Räte Rechnung getragen, wonach für die Kernenergie kein Technologieverbot gelten soll.

Die übrigen Bestimmungen zur Rahmenbewilligung sind mit Ausnahme von Artikel
106 nicht anzupassen. Eine Rahmenbewilligung (Art. 12 ff. und 42 ff. KEG) ist nötig, um eine Kernanlage bauen und betreiben zu können. Kernanlagen werden in Artikel 3 Buchstabe d KEG definiert und betreffen nicht nur Einrichtungen zur Nutzung von Kernenergie, sondern insbesondere auch geologische Tiefenlager. Des Weiteren ist die Rahmenbewilligung auch Grundlage für den Betrieb bestehender Kernanlagen. Dies betrifft heutzutage nur das Zwischenlager Würenlingen AG (ZWILAG; für die bestehenden Kernkraftwerke waren noch keine Rahmenbewilligungen erforderlich).71 Ziffer 2 der Motionen verlangt, dass der Bundesrat eine gesetzliche Regelung betreffend unverzüglicher Stilllegung von Kernkraftwerken, die den Sicherheitsvorschriften nicht mehr entsprechen, vorschlägt. Dieser Sachverhalt ist jedoch bereits heute 71

Die Rahmenbewilligung für das ZWILAG wurde vom Bundesrat am 23. Juni 1993 erteilt.

Die Kernkraftwerke Beznau I und II, Mühleberg, Gösgen-Däniken und Leibstadt verfügen über eine (altrechtliche) Standortbewilligung.

7711

geregelt (Art. 22 Abs. 3 und 72 KEG; Art. 44 der Kernenergieverordnung vom 10. Dezember 200472, KEV; Verordnung des UVEK vom 16. April 200873 über die Methodik und die Randbedingungen zur Überprüfung der Kriterien für die vorläufige Ausserbetriebnahme von Kernkraftwerken). Eine zusätzliche Regelung ist nicht erforderlich.

Art. 106 Abs. 1bis und Abs. 4 Die bestehenden Kernkraftwerke verfügen über keine Rahmenbewilligung. Nach dem geltenden Artikel 106 Absatz 1 dürfen «in Betrieb stehende, nach diesem Gesetz rahmenbewilligungspflichtige Kernanlagen ... ohne entsprechende Bewilligung weiter betrieben werden, solange keine Änderungen vorgenommen werden, die nach Artikel 65 Absatz 1 eine Änderung der Rahmenbewilligung erfordern.» Eine grundlegende Erneuerung eines bestehenden Kernkraftwerkes im Sinne von Artikel 65 Absatz 1 Buchstabe b, insbesondere durch den Ersatz des Reaktordruckbehälters, die eine massgebliche Verlängerung seiner Betriebsdauer zur Folge hätte, lässt sich mit dem Ausstiegsbeschluss nicht vereinbaren. Gleichermassen auszuschliessen ist, dass bei bestehenden Kernkraftwerken der Zweck (Nutzung der Elektrizität beziehungsweise der Wärme) oder die Grundzüge (Reaktorsystem, Leistungsklasse und Hauptkühlsystem, s. Art. 14 Abs. 2 Bst. a) geändert werden könnte, wofür nach Artikel 65 Absatz 1 Buchstabe a ebenfalls eine Rahmenbewilligung zu erteilen wäre.

Daher sollen nicht nur Rahmenbewilligungen für die Erstellung von Kernkraftwerken, sondern auch Rahmenbewilligungen für grundlegende Änderungen an bestehenden Kernkraftwerken nicht mehr zulässig sein (Art. 106 Abs. 1bis). Artikel 106 Absatz 1 ist im Übrigen auch von Bedeutung für andere Kernanlagen als Kernkraftwerke, die heute über keine Rahmenbewilligung verfügen, jedoch nach dem KEG eine solche benötigen würden. Dies gilt potenziell namentlich für Änderungen an Forschungsanlagen.

Absatz 4 ist aufzuheben, weil nach dem vorgeschlagenen Artikel 9 ein Verbot der Wiederaufarbeitung an die Stelle des im geltenden Artikel 106 Absatz 4 enthaltenen Moratoriums tritt.

5.2.6 Art. 3bis

Elektrizitätsgesetz vom 24. Juni 190274 Gebühren des Eidgenössischen Starkstrominspektorats

Das Eidgenössische Starkstrominspektorat (ESTI) erhebt die Gebühren für seine Verfügungen, Kontrollen und Dienstleistungen gestützt auf die Verordnung vom 7. Dezember 199275 über das Eidgenössische Starkstrominspektorat. Im Ingress dieser Verordnung figuriert noch Artikel 4 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 197476 über Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushaltes, welcher per 1. Januar 2005 aufgehoben wurde. Mangels einer spezifischen Gebührenregelung im Elektrizitätsgesetz kommt heute Artikel 46a des Regierungs- und Verwaltungsorganisa72 73 74 75 76

SR 732.11 SR 732.114.5 SR 734.0 SR 734.24 SR 611.010

7712

tionsgesetzes vom 21. März 199777 als allgemeine Grundlage für die Gebührenerhebung durch die Bundesverwaltung zur Anwendung. Mit Artikel 3bis wird ins Elektrizitätsgesetz wiederum eine spezialgesetzliche Gebührenregelung eingefügt. Der Bundesrat wird mit dieser ermächtigt, Bestimmungen über die Gebührenerhebung für die von der Bundesverwaltung und vom Inspektorat erbrachten Leistungen zu erlassen. Primär handelt es sich hierbei um Verfügungen und Kontrollen, wobei die dritte Kategorie der «Dienstleistungen» diejenigen Tätigkeiten abdeckt, welche nicht in einer Verfügung münden, aber dennoch Aufwendungen bei der Bundesverwaltung oder beim Inspektorat generieren (z. B. zurückgezogene Plangenehmigungsgesuche, welche vom Inspektorat bereits bearbeitet wurden). Absatz 2 enthält eine nicht abschliessende Aufzählung der Gegenstände, welche vom Bundesrat zu regeln sind. Die verfassungsrechtlichen Prinzipien der Kostendeckung und der Äquivalenz setzen dem Bundesrat dabei einen engen Rahmen.

Art. 16 Abs. 5 Bearbeitungsfristen für Sachplanverfahren Artikel 16 Absatz 5 des Elektrizitätsgesetzes sieht für die verfahrensleitende Behörde neu eine maximale Bearbeitungsfrist von zwei Jahren zur Erarbeitung des Sachplans vor. Hierbei handelt es sich technisch um eine Ordnungsfrist, innerhalb derer das Verfahren abzuschliessen ist. Wird sie nicht eingehalten, können sich die Betroffenen wegen Rechtsverzögerung beschweren. Nach Ablauf der Frist vorgenommene Amtshandlungen sind hingegen trotzdem gültig. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die verfahrensleitende Behörde nur beschränkt Einfluss auf die am Verfahren beteiligten Personen (insbesondere Kantone, Gesuchsteller, verwaltungsinterne Fachbehörden) nehmen kann. Für durch solche Personen verursachte Verfahrensverzögerungen kann die verfahrensleitende Behörde nicht verantwortlich gemacht werden, eine Rechtsverzögerungsbeschwerde wäre unbegründet. Es obliegt dem Bundesrat, einzelne Verfahrensschritte durch spezifische Fristen zu präzisieren.

Art.16abis

Bearbeitungsfristen für Plangenehmigungsverfahren

Artikel 16abis des Elektrizitätsgesetzes legt einen maximalen Zeitrahmen für die Abwicklung von Plangenehmigungsverfahren fest. Die Leitbehörde hat ihren Entscheid ab der Einreichung des Gesuches innert zwei Jahren zu fällen. Diese Ordnungsfrist soll der beförderlichen Behandlung von Gesuchen dienen und die Planungssicherheit auf Seiten des Gesuchstellers verbessern. Der Bundesrat erhält die Kompetenz, einzelne Verfahrensschritte durch zusätzliche Fristen zu präzisieren.

5.2.7

Stromversorgungsgesetz vom 23. März 200778

Art. 6 Abs. 4 und 7 Abs. 3 Im geltenden Artikel 7 Absatz 3 EnG werden Produzenten, die auch Energie beziehen, hinsichtlich der Bezugspreise derart geschützt, dass von ihnen nicht andere Bezugspreise verlangt werden können als von vergleichbaren Abnehmern. Heute ist diese Bestimmung nur im Bereich der Elektrizität relevant.

77 78

SR 172.010 SR 734.7

7713

Aus diesem Grund findet sich diese Bestimmung neu im StromVG in Artikel 6 Absatz 4 und 7 Absatz 3 wieder. Das Benachteiligungsverbot bildet eine Konkretisierung der dort geregelten Angemessenheit des Elektrizitätstarifs respektive des Tarifbestandteils der Energielieferung und soll verhindern, dass Netzbetreiber allfällige Umsatz- oder Gewinneinbussen infolge Eigenverbrauchs durch höhere Strompreise kompensieren. Gemäss der Systematik des StromVG ist das Benachteiligungsverbot in zweierlei Hinsicht eingeschränkt: Einerseits gilt es nur für den Tarifbestandteil der Energielieferung, nicht aber für die Netznutzungskosten (diese werden in Art. 14 StromVG geregelt) und andererseits gilt das Benachteiligungsverbot nur für Bezüger/Produzenten, die nicht im freien Strommarkt sind, da Preisvorschriften im liberalisierten Markt keine Berechtigung mehr haben.

Art. 14 Abs. 3 Bst. c erster Teilsatz Die Kosten für die Netznutzung umfassen gemäss Artikel 14 Absatz 1 StromVG die in Artikel 15 StromVG definierten anrechenbaren Netzkosten sowie die Abgaben und Leistungen an das Gemeinwesen. Sie werden allein durch die Endverbraucherinnen und Endverbraucher, das heisst durch die Strombezüger getragen (Art. 14 Abs. 2 StromVG, das sog. Ausspeiseprinzip) und innerhalb eines Netzgebietes solidarisiert (Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 3 Bst. c StromVG). Wer hingegen Strom produziert und ins Netz einspeist oder selber produzierten Strom verbraucht, beteiligt sich soweit nicht an den Netzkosten.

In der Vernehmlassung wurde die Befürchtung geäussert, dass der Eigenverbrauch (Art. 19) zu einer Entsolidarisierung bei den Netznutzungskosten führen könnte: Verbrauchen Endverbraucherinnen und Endverbraucher selber produzierten Strom, beziehen sie umgekehrt weniger aus dem Netz und dieser verminderte Bezug bedeutet aufgrund des Ausspeiseprinzips, dass sie weniger an die Netzkosten in ihrem Versorgungsgebiet beitragen. Bei gleichbleibenden Tarifen verlieren die Netzbetreiber dadurch Einnahmen, für die die übrigen Endverbraucher aufzukommen haben.

Artikel 14 Absatz 3 Buchstabe c präzisiert nun, dass sich das Netznutzungsentgelt am Bezugsprofil zu orientieren hat. Dadurch wird einerseits das Ausspeiseprinzip verdeutlicht, indem grundsätzlich der Bezug von Elektrizität aus dem Netz für den Netznutzungstarif als massgebend erklärt
wird. Dies schliesst umgekehrt aus, dass das Verbrauchsprofil (das selber produzierten und verbrauchten, nicht aus dem Netz bezogenen Strom mit umfassen würde) oder andere Umstände (z. B. Einspeisung von Elektrizität) Grundlage für das Netznutzungsentgelt sind. Andererseits können durch das Abstellen auf das Bezugsprofil verursachergerechte (Abs. 3 Bst. a) Kundengruppen mit verschiedenen Tarifen gebildet werden. Beim Bezugsprofil können der Gesamtbezug, netzbelastende Bezugsspitzen oder die Anschlussleistung berücksichtigt werden. Die Bildung einer eigenen Kundengruppe unter diesen Gesichtspunkten ist dann zulässig, wenn das Bezugsprofil von Endverbraucherinnen und Endverbrauchern erheblich von dem an sich vergleichbarer Endverbraucherinnen und Endverbraucher abweicht. Die Bildung einer separaten Kundengruppe mit einem eigenen Tarif ist bei End- und Eigenverbrauchern namentlich dann denkbar, wenn sie aus dem Netz nur sehr wenig Strom beziehen, dieses aber auf den maximal möglichen Bezug eingerichtet ist und zeitweise sehr hohe Belastungsspitzen auftreten. Werden die dadurch verursachten Kosten mit dem «normalen» Netznutzungstarif auf der bezogenen Strommenge nicht angemessen gedeckt, rechtfertigt sich die Bildung einer eigenen Kundengruppe.

7714

Im Einzelfall hat nach Artikel 22 StromVG die ElCom zu entscheiden, ob die Bildung einer separaten Kundengruppe mit einem eigenen Tarif gerechtfertigt ist oder nicht.

Art. 15

Anrechenbare Netzkosten

In Absatz 1 von Artikel 15 werden neu in einem zweiten Satz die Betriebs- und Kapitalkosten gesetzlich vorgeschriebener, bei der Endverbraucherin oder beim Endverbraucher installierter intelligenter Messsysteme (vgl. im Detail Art. 17a StromVG) aufgenommen. Der übrige Absatz bleibt unverändert. Mit dem neu eingeschobenen Satz wird geregelt, wie die Einführung intelligenter Messsysteme bei der Endverbraucherin oder beim Endverbraucher finanziert wird. Die Kosten einer solchen Einführung, namentlich die Kosten von Anschaffung, Installation und Betrieb dieser Messsysteme, gelten in jedem Fall als anrechenbare Netzkosten und können dementsprechend über das Netznutzungsentgelt abgerechnet und den Endkundinnen und -kunden überwälzt werden.

Explizit geregelt wird ausschliesslich die Anrechenbarkeit der Betriebs- und Kapitalkosten von intelligenten Messsystemen bei der Endverbraucherin oder beim Endverbraucher. Nach der neuen Regelung gelten die Kosten dieser Messsysteme immer als anrechenbar. Keine Aussage findet sich hingegen zu den Kosten anderer Messsysteme, seien es intelligente oder herkömmliche. Deren Anrechenbarkeit beurteilt sich demnach weiterhin nach Artikel 15 Absatz 1 erster Satz StromVG: Die durch solche Messsysteme verursachten Kosten gelten (nur) dann als anrechenbar, wenn sie als «Betriebs- oder Kapitalkosten eines sicheren, leistungsfähigen und effizienten Netzes» gewertet werden können.

Der Gesetzestext nennt ausschliesslich die Kosten «gesetzlich vorgeschriebener» intelligenter Messsysteme bei Endverbrauchern als anrechenbar. Damit wird verhindert, dass die Kosten für Messsysteme, deren Funktionalitäten über die Mindestanforderungen hinausgehen und die allenfalls deutlich höhere Kosten verursachen, vollumfänglich angerechnet werden können.

Anrechenbar sind dabei insbesondere auch die Kosten des Betriebs dieser Messsysteme und damit auch die Kosten der für ihren Betrieb notwendigen Kommunikationsnetze. Begrenzend wirken auch hier die gesetzlichen Mindestanforderungen; anrechenbar sind Netze und deren Umbau nur insoweit, als sie notwendig sind, damit die intelligenten Messgeräte («Smart Meter») ihren bestimmungsgemässen Nutzen entfalten können.

Notwendige Abschreibungen, die entstehen, weil herkömmliche Zähler aufgrund einer bundesrechtlichen Verpflichtung zur Installation von neuen
Systemen (vgl.

neuer Art. 17a Abs. 2 StromVG) ausser Betrieb genommen werden müssen, bevor sie vollständig amortisiert sind, sind ebenfalls als anrechenbare Kosten zu werten.

Kosten herkömmlicher Messsysteme sollen so lange anrechenbar bleiben, als diese noch installiert werden dürfen.

In Absatz 2 werden in logischer Konsequenz die intelligenten Messsysteme beim Endverbraucher neu auch explizit aufgenommen.

7715

Art. 17a

Intelligente Messsysteme beim Endverbraucher

Aufgrund der bereits erfolgten und weiter voranzutreibenden technischen Entwicklungen im Netzbereich ist ein Regelungsbedarf hinsichtlich intelligenter Messsysteme entstanden, der mit dem neuen Artikel 17a des StromVG abgedeckt werden soll.

Absatz 1 definiert, welche technischen Einrichtungen als «intelligente Messsysteme beim Endverbraucher» im Sinne des StromVG gelten. Ein intelligentes Messsystem beim Endverbraucher ist eine Messeinrichtung, die beim Endverbraucher den tatsächlichen Energiefluss elektrischer Energie inklusive des tatsächlichen zeitlichen Verlaufs misst. Zentral und zwingend ist, dass die Messeinrichtung die bidirektionale Datenübertragung unterstützt. Messgeräte, die diese Funktion nicht aufweisen, gelten nicht als «intelligente Messsysteme beim Endverbraucher» im Sinne des StromVG. Zu beachten ist überdies, dass sich das Gesetz unter dem Begriff «intelligente Messsysteme» nicht nur zum eigentlichen Messgerät als solchem äussert, sondern stets zur Messeinrichtung als Ganzem: Das Messgerät selbst ist letztlich nur von Nutzen, wenn es in ein entsprechend funktionsfähiges Kommunikationsnetz eingebunden werden kann. Regelungsgegenstand sind daher nicht nur die beim Endverbraucher installierten Geräte selbst, sondern auch weitere unmittelbar zum Gerät gehörende oder mit dem Gerät zu verbindende Einrichtungen, die notwendig sind für eine hinreichende kommunikationstechnische Anbindung an ein Netz, in dem das Messgerät seinen bestimmungsgemässen Nutzen entfalten kann.

In Absatz 2 findet sich eine Delegationsnorm, gemäss welcher der Bundesrat Vorgaben zur Einführung von intelligenten Messsystemen bei Endverbrauchern machen kann. Er kann namentlich die Netzbetreiber dazu verpflichten, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt für eine teilweise oder flächendeckende Einführung solcher intelligenter Messsysteme zu sorgen. Dabei wird darauf zu achten sein, dass den Netzbetreibern, insbesondere in zeitlicher Hinsicht, ein gewisser Spielraum verbleibt, sodass sie Art und Zeitpunkt der Erfüllung dieser Pflicht selbst mitgestalten können. Grundsätzlich wäre auch denkbar, diese Entwicklung dem Markt zu überlassen. Im aktuellen Stadium scheinen die Vorteile einer staatlich geregelten Einführung jedoch zu überwiegen (siehe auch Schlussbericht der Folgenabschätzung einer Einführung von Smart Metering im
Zusammenhang mit Smart Grids in der Schweiz vom 5. Juni 201279). Deshalb ist davon auszugehen, dass der Bundesrat von der Kompetenz Gebrauch machen wird. Bei einer solchen Verpflichtung der Netzbetreiber hätten diese nicht nur die Installation der intelligenten Messsysteme beim Endverbraucher zu veranlassen, sondern sie müssten diese selbstverständlich auch in ein entsprechend funktionstüchtiges Kommunikationsnetz einbinden.

Nach Absatz 3 kann der Bundesrat überdies festlegen, welchen technischen Mindestanforderungen die beim Endverbraucher installierten intelligenten Messsysteme zu genügen haben. Es geht hier nicht um die Vorgabe messtechnischer Eigenschaften. Diese fallen in den Themenbereich der bundesrechtlichen Vorschriften über das Messwesen und werden als messmittelspezifische Anforderungen demnach in diesen Erlassen zu regeln sein (so gehört insbesondere die Regelung der Manipulationserkennung resp. der Schutz gegen Verfälschungen in diese Erlasse). Der Bundesrat soll hier einzig in grundsätzlicher Weise festhalten können, welche über die Vorgaben des Eichrechts hinausgehenden Eigenschaften, Ausstattungen und Funktionalitäten die beim Endverbraucher installierten intelligenten Messsysteme aufweisen 79

www.bfe.admin.ch/smartmetering

7716

müssen. Dabei wird namentlich auch auf Sicherheitsaspekte, inklusive Datensicherheit, zu achten sein. Diese Vorgaben sind einerseits wichtig, um zu verhindern, dass in eine Smart-Meter-Technologie investiert wird, die nicht in der Lage ist, den gewünschten Nutzen zu generieren. Andererseits stellen die Mindestanforderungen auch die Obergrenze für die anrechenbaren Kosten dar. Das heisst, wer beim Endverbraucher eine Messeinrichtung installiert, die über die Mindestanforderungen hinausgeht, hat die dadurch entstandenen Mehrkosten ­ ebenso wie die für oder durch deren Betrieb entstandenen Mehrkosten ­ selbst zu tragen (vgl. Änderung in Art. 15 Abs. 1 StromVG). Absatz 3 beinhaltet neben der Kompetenz zur erstmaligen Festlegung von technischen Mindestanforderungen auch die Kompetenz des Bundesrats, bei Bedarf in einem späteren Zeitpunkt Anpassungen vorzunehmen. Der Bundesrat hat damit die Möglichkeit, angemessen auf sich allenfalls verändernde Anforderungen des Stromsystems (inklusive Sicherheitsanforderungen) beziehungsweise auf Innovationen zu reagieren.

Nach ihrer Formulierung sind die Absätze 2 und 3 voneinander unabhängig. Der Bundesrat kann demnach Mindestanforderungen vorsehen, auch ohne dass er gleichzeitig Vorgaben zur Einführung intelligenter Messsysteme macht. Umgekehrt ergibt sich hingegen aus Sinn und Zweck der Bestimmungen ohne Weiteres, dass der Bundesrat, sobald er von seiner Kompetenz nach Absatz 2 Gebrauch macht, gleichzeitig auch die technischen Mindestanforderungen festlegt, denen die Smart Meters zu genügen haben. Ohne solche Mindestvorgaben wäre die Einführungspflicht kaum in sinnvoller Weise umsetzbar, da weder klar wäre, auf welche Messeinrichtungen sich die Pflicht bezieht, noch die Kostentragung zweifelsfrei geregelt wäre.

Einführung und Betrieb intelligenter Messsysteme beim Endverbraucher können datenschutzrechtlich heikel sein. Absatz 4 betont deswegen, dass beim Erlass von Vorschriften in diesem Bereich in besonderem Masse auf deren Vereinbarkeit mit den Bestimmungen über den Datenschutz zu achten sein wird.

Art. 20a

Personensicherheitsprüfungen

Mit dieser Bestimmung soll neu, analog zur Bestimmung im Kernenergiegesetz (Art. 24), ausdrücklich die gesetzliche Grundlage für die Durchführung von Personensicherheitsprüfungen bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der nationalen Netzgesellschaft geschaffen werden.

Die nationale Netzgesellschaft betreibt das Übertragungsnetz auf gesamtschweizerischer Ebene und ist für den diskriminierungsfreien, zuverlässigen und leistungsfähigen Betrieb desselben zuständig. Die Energieversorgung, darunter der Teilsektor Stromversorgung, ist auf sogenannt kritische Infrastrukturen angewiesen, deren Störung, Ausfall oder Zerstörung gravierende Auswirkungen auf die Gesellschaft, die Wirtschaft und den Staat hat (vgl. dazu die Nationale Strategie vom 27. Juni 201280 zum Schutz kritischer Infrastrukturen; namentlich das Übertragungsnetz selber stellt eine solche kritische Infrastruktur dar). Mit Personensicherheitsprüfungen bei der nationalen Netzgesellschaft sollen Sicherheitsrisiken minimiert werden.

Nach Absatz 1 sollen die Personen in regelmässigen Abständen einer Sicherheitsprüfung unterzogen werden, die mit Aufgaben betraut sind, durch die sie Einfluss auf den sicheren und zuverlässigen Betrieb des Übertragungsnetzes nehmen können.

Selbstverständlich mit erfasst sind auch Personen, die nur über kurze Zeit eine 80

www.bevoelkerungsschutz.admin.ch > Themen > Schutz Kritischer Infrastrukturen

7717

solche Aufgabe wahrnehmen und bei denen die Prüfung deshalb nur einmal durchzuführen ist.

Nach Absatz 2 richtet sich Prüfungsinhalt und Datenerhebung sinngemäss nach Artikel 20 des Bundesgesetzes vom 21. März 199781 zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS).

Gemäss Absatz 3 hat die nationale Netzgesellschaft bei betroffenen Personen um die Durchführung einer Personensicherheitsprüfung zu ersuchen. Die zuständige Fachstelle beim Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) hat ihr das Ergebnis mitzuteilen und kurz zu begründen. Letzteres entspricht der aktuellen Rechtsprechung.

5.2.8

Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 195882 (SVG)

Art. 89b Bst. m und Art. 89e Bst. g83 Die Änderungen in Artikel 89b Buchstabe m und Artikel 89e Buchstabe g SVG betreffen den Vollzug der neu aufgenommenen Vorschriften zur Verminderung der CO2-Emissionen von Lieferwagen und leichten Sattelschleppern.

Beim Vollzug dieser Vorschriften werden Daten benötigt, die im Informationssystem Verkehrszulassung (IVZ) hinterlegt sind. Entsprechend wird Artikel 89b Buchstabe m SVG, welcher die gesetzlichen Aufgaben auflistet, denen das IVZ dient, und der bereits heute den Vollzug der Emissionsvorschriften bei Personenwagen nennt, neu mit Lieferwagen und leichten Sattelschleppern ergänzt.

Gleichzeitig wird das dem Bundesamt für Energie (BFE) in Artikel 89e Buchstabe g eingeräumte Recht, für bestimmte Vollzugsaufgaben Einsicht in das Informationssystem zu nehmen, ergänzt, sodass das Einsichtsrecht auch im Rahmen des Vollzugs der Emissionsvorschriften für Lieferwagen und leichte Sattelschlepper greift. Es handelt sich hierbei nicht um ein umfassendes Recht auf Zugriff (kein OnlineZugriff) auf das ganze Datensystem, sondern bloss um das Recht, punktuell die für die Vollzugsaufgaben in den genannten Bereichen benötigten Daten übermittelt zu erhalten.

5.2.9 Art. 41

Rohrleitungsgesetz vom 4. Oktober 196384 Grundsatz

Das Rohrleitungsgesetz gilt für die Rohrleitungsanlagen, die unter der Aufsicht der Kantone stehen (IV. Abschnitt), nicht integral; vielmehr sind auf diese Anlagen nur die in Artikel 41 aufgezählten Vorschriften anwendbar. Nicht in diesem Katalog enthalten war bisher Artikel 13, der die Transportpflicht regelt. Weil für die Gasversorgung bedeutend, soll Artikel 41 entsprechend ergänzt werden.

81 82 83 84

SR 120 SR 741.01. Die hiernach aufgeführten Änderungen sind eingefügt im genannten Erlass.

Fassung gemäss AS 2012 6291, Ablauf der Referendumsfrist am 4. Oktober 2012.

SR 746.1

7718

Nach Artikel 13 besteht die Transportpflicht und also ein Anspruch auf Durchleitung, wenn diese technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist; zudem braucht es eine angemessene Gegenleistung. Dieser Anspruch und folglich auch die BFEZuständigkeit gemäss Artikel 13 Absatz 2 umfasste den Niederdruckbereich (bis 5 bar) bisher nicht. Trotzdem besteht, zumindest für den Gasbereich, auch unterhalb von 5 bar ein Durchleitungsanspruch, nämlich nach Kartellrecht, was von der Gasversorgungsbranche nicht bestritten wird. Der heutige Zustand mit unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen und vor allem mit uneinheitlichen Zuständigkeiten ist unbefriedigend (im Niederdruckbereich wären heute die Wettbewerbskommission oder allenfalls kantonale Behörden zuständig). Primärer Zweck der Änderung ist also, dass das BFE, wenn es im Streitfall angerufen wird, für sämtliche Druckbereiche zuständig ist und so ein Entscheid aus einer Hand ergehen kann. Für die Frage des Entgelts konsultiert das BFE ­ im Interesse einer einheitlichen behördlichen Beurteilungspraxis ­ den Preisüberwacher. Das war im Druckbereich ab 5 bar (Hochdruck) schon bisher Praxis.

Die Ausdehnung des Anwendungbereichs von Artikel 13 ändert nichts an den Zuständigkeiten der Wettbewerbskommission (WEKO) und des Preisüberwachers, wie sie sich aus dem Kartell- und dem Preisüberwachungsrecht ergeben. Ausserhalb von Verfahren beim BFE (gestützt auf Art. 13 Abs. 2 RLG) kann der Preisüberwacher seine Aufgaben weiter wahrnehmen. Namentlich kann er von Amtes wegen aktiv werden und Preise beurteilen.

Parallel zu Artikel 13 RLG besteht heute beim Gas im Hochdruckbereich grundsätzlich auch kartellrechtlich ein Durchleitungsanspruch. Ein solches Nebeneinander wird es künftig auch im Niederdruckbereich geben. Somit ändert nichts an der grundsätzlichen Doppelzuständigkeit von WEKO und BFE. Über das Gleiche «Prozessthema» soll jedoch nicht (gleichzeitig) bei beiden Behörden ein Verfahren laufen. Ist beim BFE ein Verfahren hängig, so hat dieses Vorrang. Die Parteien sollen zur gleichen Frage nicht auch zur WEKO gehen können und diese soll zur gleichen Frage nicht von Amtes wegen ein Verfahren einleiten. Indes hat das BFE in seinem Verfahren die WEKO einzubeziehen, soweit es um Fragen aus deren Fachbereich geht. Umgekehrt hat die WEKO in ihren Verfahren auch das BFE einzubeziehen.

6

Auswirkungen

6.1

Auswirkungen auf den Bund

6.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Das hier im Rahmen der Energiestrategie 2050 vorgeschlagene erste Massnahmenpaket hat Auswirkungen auf die Einnahme- und auf die Ausgabenseite der Bundesfinanzen und beeinflusst damit sowohl die Steuer- als auch die Abgabequote (Fiskaleinnahmen bzw. Ausgaben in % des BIP). Dies gilt insbesondere für die Integration des Netzzuschlags in den Bundeshaushalt, der das Einnahmen- beziehungsweise das Ausgabenniveau um mehrere hundert Millionen Franken pro Jahr erhöhen wird.

7719

Auswirkungen auf die Steuereinnahmen Sowohl im Brenn- als auch im Treibstoffbereich werden die vorgesehenen Massnahmen zu einer erhöhten Energieeffizienz und zu einer Zunahme des Anteils der erneuerbaren Energien und damit zu einem reduzierten Verbrauch von fossilen Energieträgern führen.

Das Gebäudeprogramm, die CO2-Abgabe auf Brennstoffen sowie das Emissionshandelssystem bewirken im Brennstoffbereich mittel- bis langfristig einen Rückgang des Heizölverbrauchs. Aufgrund der niedrigen Mineralölsteuertarife für Brennstoffe dürften die Einnahmeausfälle aus der Mineralölsteuer (MinöSt) im Jahr 2020 nur im einstelligen Millionenbereich liegen. Darüber hinaus wirken sich die Massnahmen im Brennstoffbereich auch auf die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer (MWST) aus.

Einerseits entstehen Mehreinnahmen, da die CO2-Abgabe und die Erlöse aus der Versteigerung der Emissionsrechte ebenfalls der MWST unterliegen. Andererseits führt der Verbrauchsrückgang zu Mindereinnahmen bei der MWST. Wie das Bundesamt für Umwelt berechnet hat, halten sich bei einem CO2-Abgabesatz von 36 Franken pro Tonne CO2 die beiden Effekte ungefähr die Waage. Werden die CO2-Ziele verfehlt und die CO2-Abgabe erhöht, steigen auch die MWST-Einnahmen.

Infolge der Massnahmen im Bereich der Mobilität werden die Einnahmen aus der Mineralölsteuer aus dem Treibstoffverbrauch zurückgehen. Gegenüber dem Referenzszenario Weiter wie bisher der Energieperspektiven 2050 resultiert aufgrund der früheren Erreichung der CO2-Zielwerte bei Personenwagen und leichten Nutzfahrzeugen für die Jahre 2015­2030 eine durchschnittliche Reduktion der CO2Emissionen von jährlich rund 680 000 Tonnen. Dies entspricht einer Treibstoffreduktion von rund 273 Millionen Litern (133 Mio. Liter Benzin, 140 Mio. Liter Diesel). Unabhängig vom Treibstoffpreis ergeben sich daraus im Durchschnitt der Jahre 2015­2030 Ausfälle bei der Mineralölsteuer (inkl. Mineralölsteuerzuschlag) von rund 200 Millionen Franken pro Jahr. Dabei handelt es sich um zusätzliche Einnahmeausfälle, da auch mit der Weiterführung der bisherigen Energiepolitik mit beträchtlichen Ausfällen bei den Mineralölsteuern zu rechnen ist. Dazu kommen Ausfälle bei den von den Treibstoffpreisen abhängigen Mehrwertsteuereinnahmen.

Geht man von real leicht ansteigenden Treibstoffpreisen aus, so betragen die jährlichen
Ausfälle bei der Mehrwertsteuer im Mittel 40 Millionen Franken.

Weiter unterliegt auch die neu ausgestaltete Einspeisevergütung (EV) der Mehrwertsteuer. Da dieses Förderinstrument ausgebaut wird, werden in diesem Bereich die Einnahmen aus der MWST tendenziell ansteigen: Wird der Netzzuschlag erhöht, steigen die MWST-Einnahmen linear an. Andererseits führt die Reduktion des Stromverbrauchs zu einer ebenfalls linearen Reduktion der MWST-Einnahmen aus der Einspeisevergütung. Hinzu kommt, dass auch die Leistungen für den Bau und den Betrieb einer EV-Anlage mehrheitlich MWST-pflichtig sind.

Bei einer Anhebung der CO2-Abgabe über das bereits erreichte Niveau von 36 Franken pro Tonne CO2 ergeben sich zusätzliche Staatsausgaben in Form einer erhöhten Rückverteilung. Die am 12. Juni 2009 vom Parlament beschlossene Teilzweckbindung der CO2-Abgabe für Massnahmen im Gebäudebereich hat keinen Einfluss auf die Staatsquote, da damit gleichzeitig der Rückverteilungsbetrag reduziert wird.

7720

Auswirkungen auf die Spezialfinanzierung Strassenverkehr Die Spezialfinanzierung Strassenverkehr (SFSV) wird aus der Hälfte der Einnahmen der Mineralölsteuern, dem Mineralölsteuerzuschlag und der Nationalstrassenabgabe (Autobahnvignette) gespeist. Sie dient zur Finanzierung der Bundesaufgaben im Zusammenhang mit dem Strassenverkehr, insbesondere der Aufwendungen für die Nationalstrassen, der Einlagen in den Infrastrukturfonds, der Beiträge zur Förderung des kombinierten Verkehrs sowie der Beiträge an die Eisenbahngrossprojekte (NEAT-Viertel). Zudem erhalten die Kantone einen Anteil an den entsprechenden Einnahmen des Bundes (10 %).

Die SFSV ist grundsätzlich mit zwei entgegengesetzten Trends konfrontiert: Während die Einnahmen sinken, steigen die Ausgaben, was zu einer Finanzierungslücke führt. Mit sinkenden Mineralölsteuereinnahmen ist zu rechnen, weil der spezifische Treibstoffverbrauch pro Fahrzeug aufgrund der im Jahr 2011 beschlossenen Revision des CO2-Gesetzes zur Reduktion der CO2-Emissionen bei Personenwagen sinkt. Zusätzlich ist mit einem wachsenden Anteil von Fahrzeugen mit neuen Antriebsenergien zu rechnen.

Die vorgängig dargelegten zusätzlichen Ausfälle bei den Mineralölsteuereinnahmen infolge der vorgeschlagenen Massnahmen werden somit die Finanzierungslücke noch weiter vergrössern. Gegenüber dem Referenzszenario Weiter wie bisher gehen die Mittel der SFSV für die Jahre 2015­2030 aufgrund der Mindereinnahmen bei der Mineralölsteuer und dem Mineralölsteuerzuschlag um rund 143 Millionen Franken zurück. Die Kantone sind über die allgemeinen Beiträge im Umfang von 10 Prozent (bzw. 14,3 Mio. Franken) von diesen Einnahmerückgängen betroffen.

Der Bundesrat hat unter anderem bereits in der Botschaft zur Anpassung des Bundesbeschlusses über das Nationalstrassennetz und zu deren Finanzierung85 auf die sich abzeichnende Finanzierungslücke in der SFSV hingewiesen und neben einer Erhöhung der Nationalstrassenabgabe auch eine Erhöhung des Mineralölsteuerzuschlags in Aussicht gestellt, um eine finanzielle Unterdeckung der SFSV zu vermeiden.

Mehrbelastungen des Bundeshaushalts Der Bundesrat und später die eidgenössischen Räte haben im Rahmen des Voranschlags 2013 von den Mehrbelastungen für Sach- und Investitionsmittel im Umfang von knapp 32 Millionen Kenntnis genommen und diese genehmigt. Mit
dem Voranschlag 2014 beantragt der Bundesrat den eidgenössischen Räten eine weitere Aufstockung von 22,5 Millionen Franken, die in den Finanzplanjahren fortgeschrieben wird. Ab 2015 enthält der Finanzplan zudem eine dritte Aufstockung von 19 Millionen für Pilot- und Demonstrationsanlagen sowie für das Programm EnergieSchweiz. Somit ergibt sich ab 2015 im Vergleich zum Voranschlag 2012 eine jährliche Mehrbelastung von gut 73 Millionen Franken (Tabelle 8). Dieses Ausgabenniveau soll bis zum Auslaufen des ersten Massnahmenpakets 2020 gehalten werden.

85

BBl 2012 745

7721

Tabelle 8 Überblick über die Mehrbelastungen des Bundeshaushaltes von 2015­2020 (Energiestrategie 2050, erstes Massnahmenpaket) Amt

Thema

Ziffer

BFE

Industrie und Dienstleistungen, Elektrogeräte, Vorbildfunktion Bund Pilot- und Demonstrationsprojekte Leuchtturmprojekte (befristet bis 2020) Programm Energie Schweiz

4.2.1 4.2.11 4.2.10

BFE BFE

4.2.12

Total BFE BAV ASTRA

4.2.1 Energieprojekte im Bereich des Schienengüterverkehrs und des öffentlichen Verkehrs Überdachung von einem Kilometer 4.2.1 Nationalstrasse mit Photovoltaik-Anlagen 4.2.1 Ressortforschung, Sensibilisierung und Förderung von Pilotprojekten insbesondere im Infrastrukturbereich des motorisierten Individualverkehrs

jährlich Mio. CHF

4.25

2015­2020 Mio. CHF

25.5

20 10 29

120 60 174

63.25

379.5

3.5

21

5

30

1.5

9

Total BAV, ASTRA

10.0

60.0

Total alle

73.25

439.5

ASTRA

Die Stärkung der bestehenden Instrumente der Energiepolitik hat ein markantes Wachstum des Aufgabengebiets Energie zur Folge. Dieses liegt inklusive des Bundesanteils am Gebäudeprogramm bei jährlich 8,8 Prozent (Tabelle 9). Wird das über die CO2-Abgabe finanzierte Gebäudeprogamm ausgeklammert, so beläuft sich das durchschnittliche Wachstum auf 12,6 Prozent.

Tabelle 9 Entwicklung Aufgabengebiet Energie 2012

2015

2020

Ø Wachstumsrate p.a. 2012­2020

Aufgabengebiet Energie

255.0

317.7

501.7

8,8 %

Aufgabengebiet Energie (ohne Gebäudeprogramm) Gebäudeprogramm

58.6

141.7

151.7

12,6 %

196.5

176.0

350.0

7,5 %

In diesen Zahlen nicht enthalten sind die Ausgaben für die Einspeisevergütung, die neu über den Bundeshaushalt abgewickelt werden. Diese liegen mit 500­800 Millionen jährlich deutlich über den Ausgaben für das gesamte übrige Aufgabengebiet Energie (inkl. Gebäudeprogramm).

7722

Weitere Ausführungen Der Ertrag der Sanktion aus dem Vollzug der CO2-Emissionsvorschriften für Personenwagen wird gemäss Artikel 37 des CO2-Gesetzes in den Infrastrukturfonds eingelegt. Zum heutigen Zeitpunkt ist nicht abschätzbar, wie sich Angebot und Nachfrage von Personenwagen, Lieferwagen und leichten Sattelschleppern unter den verschärften Bestimmungen über die CO2-Emissionen entwickeln werden. Es ist deshalb auch nicht möglich, den Ertrag der Sanktion und damit die Einlage in den lnfrastrukturfonds zuverlässig zu ermitteln.

6.1.2

Personelle Auswirkungen

Der Einsatz genügender zusätzlicher personeller Ressourcen ist unabdingbare Voraussetzung für das Gelingen des etappenweisen Umbaus des Energiesystems im Nachgang zu den bundesrätlichen und parlamentarischen Richtungsentscheidungen zum schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie.

Der Ressourcenbedarf der Energiestrategie 2050 erstreckt sich über mehrere Jahre.

Verwaltungsseitig werden zusätzliche personelle Ressourcen insbesondere und vor allem für die äusserst umfangreichen Konzeptions- und Grundlagenaktivitäten in verschiedenen Massnahmenbereichen notwendig.

Das bedingt, dass im Bundesamt für Energie, im Bundesamt für Strassen, und im Bundesamt für Verkehr zusätzliche personelle Ressourcen eingesetzt werden.

Mit der Umsetzung der Massnahmen zur Energiestrategie 2050 befasst sich insbesondere auch das Programm EnergieSchweiz. Das Programm wird auch im weiteren Verlauf als Gefäss für die Umsetzung aller Massnahmen im freiwilligen Bereich dienen. Für die Ausgestaltung neuer und die Beschleunigung der bestehenden Aktivitäten sind bis 2020 befristet zusätzliche personelle Ressourcen notwendig.

Tabelle 10 Personalkosten aufgrund der Energiestrategie 2050 Departement

Verwendung

Stellen

UVEK

Konzeption/Grundlagen

26,8

4,8 Mio. Franken

UVEK

Umsetzung

45,7**

8,2 Mio. Franken

WBF

Umsetzung

2,5

0,5 Mio. Franken

Total * **

75*

Personalkosten

13,5 Mio. Franken

von den 75 Stellen werden 41 Stellen haushaltsneutral finanziert davon 25 Stellen aus geplanter Verschiebung des Vollzugs der Einspeisevergütung (EV) zum Bund (siehe Ziff. 4.2.6)

7723

Bisher eingesetzte personelle Ressourcen Mit BRB vom 30. März 2011 hat der Bundesrat im Nachgang zu den Ereignissen von Fukushima zur Kenntnis genommen, dass die Neuausrichtung der Energiepolitik zu einem Mehrbedarf an personellen Ressourcen führt. In der Folge haben der Bundesrat und die eidgenössischen Räte vorerst für 2011­2012 und später für die Jahre ab 2013 zusätzliche personelle Ressourcen, teilweise befristet, bewilligt. Die Finanzierung dieser Stellen erfolgt verteilt über Personalbezüge sowie über Sachund Investitionsaufwand. Ein Teil dieser Stellen wird über eine Aufsichtsabgabe gegenfinanziert.

Tabelle 11 Zusammenfassung der bisher eingesetzten personellen Ressourcen Amt

Stellen%

Aufgaben

BFE

3400*

Energienetze/Smartgrid, Industrie und Dienstleistungen, Geothermie, Wind, Einspeisevergütung, energieintensive Betriebe, Gebäudeprogramm, Wasserkraft, Rechtsetzung, Programm EnergieSchweiz, Leuchtturmprojekte, Vorbildfunktion Bund, Monitoring, Support Überdachung von einem Kilometer Nationalstrasse mit PhotovoltaikAnlagen; Ressortforschung und die Sensibilisierung und Förderung von Pilotprojekten insbesondere im Mobilitätsinfrastrukturbereich des motorisierten Individualverkehrs Energieprojekte im Bereich des Schienengüterverkehrs und des öffentlichen Verkehrs

ASTRA

350

BAV

100

WBF

250

Total

4100

*

davon 8 Stellen über eine Aufsichtsabgabe ab 2015 gegenfinanziert

Diese Ressourcen wurden für Konzeptions- und Grundlagenarbeiten sowie teilweise bereits für die Umsetzung, gestützt auf die vorgeschlagenen Massnahmenpakete eingesetzt, insbesondere in den Bereichen Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Grosskraftwerke sowie Stromnetze.

Evaluation des Ressourcenbedarfs nach Abschluss der Vernehmlassung Im Rahmen der Vernehmlassungsauswertung hat sich gezeigt, dass für die Umsetzung der Energiestrategie 2050, erstes Massnahmenpaket, in einigen Bereichen zusätzliche personelle Ressourcen notwendig sind. Der genaue zusätzliche Ressourcenbedarf hängt ab vom weiteren Verlauf der parlamentarischen Beratungen zur Energiestrategie 2050.

Der zusätzliche Ressourcenbedarf erstreckt sich über mehrere Jahre und kann frühestens nach Inkrafttreten der gesetzlichen Bestimmungen des ersten Massnahmenpaketes zur Energiestrategie 2050 abschliessend bestimmt werden.

Insgesamt ergibt sich ab 2015 ein personeller Mehrbedarf von 3400 Stellenprozenten. Ein Teil des Mehrbedarfs wird allerdings bereits 2014 benötigt, damit die Vorbereitung von künftigen Vollzugsaufgaben an die Hand genommen werden kann.

Der grösste Teil des personellen Mehrbedarfs (2`500 Stellenprozente) hängt mit der vorgesehenen Integration des Vollzugs der Einspeisevergütung von der Swissgrid in 7724

den Bund (für die Vorbereitung der Vollzugsorganisation sowie die Sicherstellung des Vollzugs) zusammen. Die Kosten der Vollzugsstelle werden bereits heute über den Netzzuschlag finanziert.

Finanzierung und Etappierung der personellen Ressourcen nach Auswertung der Vernehmlassung Tabelle 12 Finanzierung und Etappierung der personellen Ressourcen Stellen%

Aufgaben

Finanzierung zulasten

Befristung

davon Bedarf ab 2014

davon Bedarf ab 2015

davon Bedarf ab 2016

Bedarf ab 2017

2500

Einspeisevergütung; Vorbereitung Vollzugsorganisation und Vollzug beim Bund

Sachkredit Personalbezüge (gegenfinanziert)

bis 31.12.2014 ab 1.1.2015 unbefristet

100

Personalbezüge (gegenfinanziert)

unbefristet

300

250

Gebäudeprogramm

Personalbezüge (gegenfinanziert)

unbefristet

250

200

Internationale Verpflichtungen

Sachkredit Personalbezüge (gegenfinanziert)

bis 31.12.2014 ab 1.1.2015 unbefristet

Personalbezüge (gegenfinanziert)

unbefristet

100

100

150

150

100

2100

2400 250

100

100

150

Vollzug CO2-Emissionsvorschriften Lieferwagen und leichte Sattelschlepper (BFE)

Personalbezüge (gegenfinanziert)

unbefristet

100

Stilllegungs- und Entsorgungsfonds (StiFEnF)

Sachkredit Personalbezüge (gegenfinanziert)

bis 31.12.2014 ab 1.1.2015 unbefristet

100

100

100

Verfahren Kernenergie

Personalbezüge (teilweise gegenfinanziert)

bis 31.12.2014 ab 1.1.2015 unbefristet

100

100

100

Programm EnergieSchweiz

Sachkredit

befristet bis 2020

100

100

Total

500 gegenfinanziert (Volet 2) (Personalaufwand CHF) Sachkredit (Volet 3) (Personalaufwand CHF)

100

Artikel 3 Absatz 3 BB I zum Voranschlag (UVEKinterne Kompensation über Beratungsaufwand)

400

800

2100

3400

800

2100

3300 6,1 Mio.

Fr.

100 0,2 Mio.

Fr.

7725

6.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

6.2.1

Finanzielle Auswirkungen

Der Bundesrat schlägt zur Erhöhung der Lenkungswirkung der CO2-Abgabe mit einer Verstärkung des Gebäudeprogramms eine CO2-Abgabe von 84 Franken pro Tonne CO2 vor (vgl. Ziff. 4.2.1). Die Zielerreichung soll durch einen damit verbundenen Ausbau des Gebäudeprogramms unterstützt werden, für welches insgesamt rund 525 Millionen Franken pro Jahr vorgesehen sind (gegenwärtig liegt dieser Betrag bei rund 267 Millionen Franken pro Jahr). Diese 525 Millionen Franken stammen zu zwei Dritteln vom Bund (rund 350 Millionen Franken zweckgebundener Ertrag aus der CO2-Abgabe) und zu einem Drittel von den Kantonen (175 Millionen Franken). Mit der Verstärkung des Gebäudeprogramms (CO2-Gesetz Art. 34) werden neue Förderberechtigungen geschaffen. Die schwierig zu beziffernden Mitnahmeeffekte86 sollten in etwa konstant bleiben.

Gleichzeitig wird mit der Neuausrichtung der Energiestrategie das Umfeld für Firmen im Bereich Cleantech (Tätigkeitsfeld Energieeffizienz und erneuerbare Energien) erheblich gestärkt. Saubere Technologien sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in der Schweiz. Zahlreiche Unternehmen aus allen Bereichen sind in der Entwicklung und Herstellung von Cleantech-Produkten und Dienstleistungen tätig. Die Unternehmen erwirtschaften bereits heute eine Bruttowertschöpfung von rund 20 Milliarden Franken und leisten damit einen Beitrag von gut drei Prozent an das Bruttoinlandprodukt. Mit dem Masterplan Cleantech87 hat der Bundesrat bereits im Jahr 2011 eine Strategie für Ressourceneffizienz und erneuerbare Energien definiert. Er hat sich zum Ziel gesetzt, die Schweizer Wirtschaft im globalen Wachstumsmarkt der ressourceneffizienten Technologien, Produkte und Dienstleistungen sowie erneuerbaren Energien bis 2020 optimal zu positionieren.

Mit dem Ausstieg aus der Kernenergie und der damit verbundenen Umgestaltung des Energiesystems steigt die Nachfrage nach Cleantech-Lösungen. Von den Investitionen in Effizienz, erneuerbare Energien sowie Forschung und Bildung profitieren Klein- und Mittelbetriebe im ganzen Land. Dies insbesondere auch in den Randregionen, in denen ein grosses Potenzial an Wind- und Solarenergie sowie Biomasse brach liegt.

6.2.2

Personelle Auswirkungen

Die Kantone erfüllen bereits bisher eine tragende Rolle bei der Umsetzung der aktuellen Energiepolitik. Sie leisten mit ihrer kantonalen Energiepolitik (Erarbeitung und Vollzug Gesetzgebung, Förderprogramme, Energieplanung, Information, Beratung, Aus- und Weiterbildung etc.) einen wesentlichen Beitrag zu den energiepolitischen Zielen des Bundes und beschäftigen dazu in den verantwortlichen Energieund Umweltfachstellen insgesamt über 100 Personen.

86 87

Mitnahmeeffekte bezeichnet die Förderung von Leistungen, die auch ohne die Förderung erbracht würden.

Masterplan Cleantech, Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement EVD und Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK, 2011. Im Internet abrufbar unter: www.cleantech.admin.ch.

7726

Mehrere Massnahmen aus dem ersten Massnahmenpaket sind mit Aufgaben auf der kantonalen Ebene verbunden. So ist die Verstärkung des Gebäudeprogramms mit einer entsprechenden Zunahme der Fördergesuche und dem zugehörigen Prüfaufwand verbunden. Für die Abwicklung der Gesuche müssen die Kantone eigene Ressourcen einsetzen. Im Vergleich zu heute ist mit der neuen Form der Mittelausschüttung rein über Globalbeiträge auch mit einem leicht höheren Aufwand für das Controlling auszugehen. Weiter haben die Kantone beispielsweise gemeinsam das Konzept für den Ausbau der erneuerbaren Energien zu erarbeiten.

6.3

Auswirkung auf die Volkswirtschaft

Die volkswirtschaftlichen Auswirkungen basieren auf verschiedenen, sich ergänzenden Studien, welche das wissenschaftliche und international übliche Vorgehen verwenden. Die hier präsentierten Resultate werden von einer Vielzahl anderer Studien der Wissenschaft, des Bundes und der Verbände gestützt. Bei allen Modellen nehmen die Unsicherheiten mit der Länge des betrachteten Zeithorizonts jedoch zu.

Die Auswirkungen der klima- und energiepolitischen Ziele, wie sie der Energiestrategie 2050 im ersten Massnahmenpaket («Politische Massnahmen Bundesrat», POM) zugrunde liegen, belaufen sich zusammenfassend im Jahr 2035 auf Veränderungen der Schweizer Wohlfahrt um ­0,1 Prozent bis +0,0 Prozent beziehungsweise um ­0,2 Prozent bis +0,1 Prozent im Jahr 2050. Im Szenario Neue Energiepolitik (NEP), welches das langfristige Ziel verfolgt, den Energieverbrauch bis 2050 so zu senken, dass in der Schweiz nicht mehr als 1,5 t energetisch bedingte CO2Emissionen pro Kopf anfallen, liegt die Wohlfahrt im Jahr 2035 zwischen 0,5 und 0,1 Prozent unter dem Niveau des Szenarios Weiter wie bisher (WWB).

6.3.1

Kosten Kraftwerkspark, Netzkosten und direkte volkswirtschaftliche Kosten

Die Gesamtkosten der Anlagen und des Produktionsbetriebs des schweizerischen Kraftwerksparks (Bestand und Zubau) von 2010­2050 betragen mit dem ersten Massnahmenpaket (Szenario «Politische Massnahmen Bundesrat», POM), inklusive der Zubaukosten der Umsetzung der pa. Iv. 12.400, 193 Milliarden Franken, dabei fallen rund 125 Milliarden Franken auf den bestehenden Kraftwerkspark (Tabelle 13). Die Kosten des Zubaus betragen 67 Milliarden. Damit macht er rund einen Drittel der Gesamtkosten aus. Ein Grossteil dieser Kosten fallen unabhängig von der Energiestrategie an, da zur Deckung der künftigen Stromnachfrage Produktionskapazitäten im Inland aufgebaut werden müssen beziehungsweise zusätzliche Importkosten anfallen. Rund 16 Milliarden resultieren aus dem verstärkten Zubau erneuerbarer Energien im Vergleich zur Stromangebotsvariante, welche vornehmlich auf Gaskraftwerken oder Importen basiert. Die Kosten des Kraftwerkspark sind im Jahr 2035 für das Szenario Neue Energiepolitik praktisch identisch mit denjenigen des Szenarios Politische Massnahmen Bundesrat (siehe Tabelle 13).

7727

Tabelle 13 Gesamtkosten des Kraftwerksparks im Szenario «Politische Massnahmen Bundesrat» (POM), Stromangebotsvariante C&E (Fossil-zentral und Erneuerbar), 2010­2035 und 2010­2050 sowie im Szenario Neue Energiepolitik (NEP), Stromangebotsvariante C&E 2010­2035, kumuliert und diskontiert (volkswirtschaftlicher Zinssatz von 2,5 Prozent real) in Milliarden Franken Produktionstechnik

Politische Massnahmen Bundesrat (POM)

Neue Energiepolitik (NEP)

Kosten Kraftwerkspark (Mrd. Fr.)

Wasserkraft KKW Konventionell-thermische Kraftwerke Fossile WKK Erneuerbare mit WKK Erneuerbar KVA Import Netto-Gesamtkosten davon Zubau davon verstärkter Zubau erneuerbare Energien

2035

2050

2035

70 21 4 6 10 8 3 13

98 21 13 9 18 17 4 13

70 21 4 7 10 8 3 13

136

193

136

33 7

67 16

34 7

Die Kosten der Umsetzung der Massnahmen, die sich auf alle Energieträger beziehen, zeigen auf, welche Investitionen bis 2050 im Vergleich zum Szenario Weiter wie bisher zusätzlich anfallen und welche Einsparungen sich aufgrund der energetischen Investitionen ergeben. Die Investitionskosten über die technische Lebensdauer (volkswirtschaftlicher Zinssatz von 2,5 Prozent real) werden in Gebäudestandards Neubauten, Sanierungen, Ausrüstung Haustechnik, IKT-Ausstattung und -effektivierung, Elektrogeräte, Produktionstechnik in der Industrie, Mehrkosten für Fahrzeugtechnik und Infrastrukturkosten für Elektromobilität und Verkehr getätigt.

Demgegenüber ergeben sich Einsparungen aufgrund der verringerten Energieimporte in allen diesen Bereichen. Es werden die Differenzkosten aus den Mehr- und Minderkosten im Vergleich zum Szenario «Weiter wie bisher» ausgewiesen.

Im Szenario «Politische Massnahmen Bundesrat» wachsen die zusätzlichen jährlichen Investitionen für Effizienzmassnahmen bis 2050 auf 3,0 Milliarden Franken an (siehe Tabelle 14). Die resultierende nicht diskontierte Summe beträgt 85 Milliarden Franken. Demgegenüber stehen eingesparte Energieträgerimporte, die bis auf 1,9 Milliarden Franken im Jahr 2050 anwachsen und eine nicht diskontierte Summe von 46 Milliarden Franken ergeben. Diese Investitionen und eingesparten Importe ergeben sich unabhängig von der gewählten Stromangebotsvariante.

7728

Die Minderkosten für den Kraftwerkspark ergeben sich aus den eingesparten Kosten für den Import von Energieträgern oder vermiedenem Zubau des Kraftwerksparks, da im Szenario «Politische Massnahmen Bundesrat» die Stromnachfrage unter derjenigen des Referenzszenarios «Weiter wie bisher» liegt. Aufgrund der Reduktion der Nachfrage wird bis 2050 Strom in der Grösse der Produktion von zwei Gaskraftwerksblöcke eingespart (Zeile Minderkosten Kraftwerkspark). Aufgrund des Zubaus erneuerbarer Energien bis 2050 können weitere drei Gaskraftwerksblöcke eingespart werden. Investitionen in Kraftwerke, Brennstoffe und CO2-Kosten werden berücksichtigt. Mehrkosten ergeben sich aus dem Zubau des erneuerbaren Kraftwerksparks. Die Mehrkosten des erhöhten Ausbaus der erneuerbaren Energien wachsen trotz erheblicher Lernkurven und damit verringerter spezifischer Kosten stetig bis 2050. Mit den unterlegten Lernkurven und CO2-Preisen ist das Stromangebot mit konsequentem Ausbau der erneuerbaren Energien also leicht teurer und führt zu einer Summe von Mehrkosten von 11 Milliarden im Vergleich zu einem Angebot, welches primär auf Gaskraftwerken basiert.

Werden die Mehr- beziehungsweise Minderkosten einander gegenübergestellt, ergibt sich der in der Tabelle 14 ausgewiesene Saldo von 0,8­0,3 Milliarden Franken pro Jahr über die Zeit abnehmend. Aufsummiert ergeben sich nicht-abdiskontierte Mehrkosten von rund 25 Milliarden Franken beziehungsweise abdiskontierte Mehrkosten von 16 Milliarden. Im Szenario Neue Energiepolitik liegt der aufsummierte nicht abdiskontierte Saldo der Kosten für die Jahre 2010­2035 bei 33 Milliarden Franken. Abdiskontiert ergibt sich zwischen 2010 und 2035 ein Saldo der aufsummierten Kosten von 22 Milliarden Franken. Den höheren Einsparungen für Energieimporte stehen höhere Investitionen in Energieeffizienz gegenüber.

7729

Tabelle 14 Mehrinvestitionen und Einsparungen im Szenario «Politische Massnahmen Bundesrat» (POM) der Angebotsvariante C&E (Fossil zentral & Erneuerbar) der Jahre 2035 und 2050 und im Szenario Neue Energiepolitik (NEP) der Angebotsvariante C&E (Fossil zentral & Erneuerbar) gegenüber dem Szenario «Weiter wie bisher» (WWB) der Angebotsvariante C (Fossil zentral), in Milliarden Franken, nicht abdiskontiert und abdiskontiert Politische Massnahmen Bundesrat (POM)

Mrd. Fr.

Neue Energiepolitik (NEP)

nicht abdiskontiert

abdiskontiert

nicht abdisabdis- kontiert kontiert

2020

2035

2050

2010­ 2035

2010­ 2050

2010­ 2035

2010­ 2050

2010­ 2035

2010­ 2035

1,2

2,9

3,0

39

85

26

47

69

47

Einsparungen Energieimporte

­0,6

­1,5

­1,9

­19

­46

­13

­26

­35

­24

Minderkosten Kraftwerkspark durch erhöhte Energieeffizienz

­0,2

­0,9

­1,2

­8

­25

­5

­13

­8

­5

Mehrkosten durch Ausbau Erneuerbare

0,3

0,2

0,4

6

11

5

7

6

5

Saldo Kosten

0,8

0,6

0,3

18

25

13

16

33

22

Investitionen in Energieeffizienz (annuisiert)

Netzkosten Für die vom Bundesrat im Rahmen des Strategischen Netzes 2015 bereits 2009 festgelegten Leitungsbauprojekte im Übertragungsnetz sowie für die Weiterentwicklung zum Strategischen Netz 2020, belaufen sich die Kosten auf rund 2 Milliarden Franken. Diese Kosten fallen unabhängig von der Energiestrategie 2050 an. Für die Energiestrategie kommen, abhängig von der gewählten Angebotsvariante, nicht abdiskontierte Kosten für das Übertragungsnetz von 0,2­0,55 Milliarden Franken bis 2035 respektive 0,4­0,7 Milliarden Franken bis 2050 hinzu. Für das Szenario «Neue Energiepolitik» sind es bis zum Jahr 2035, abhängig von der Angebotsvariante, 0,19­0,28 Milliarden Franken. Daneben ergeben sich je nach Stromangebot und gewählter Verteilnetzaus- und -umbauvariante zusätzliche, nicht abdiskontierte Netzausbaukosten für das Verteilnetz von 2,3­7,5 Milliarden Franken bis 2035 respektive 3,9­12,6 Milliarden Franken bis 2050, welche aufgrund des verstärkten Ausbaus der dezentralen Erzeugung nötig sind. Für das Szenario «Neue Energiepolitik» belaufen sich die Kosten bis zum Jahr 2035 auf zwischen 2,5­7,5 Milliarden Franken. Die Summe der Kosten für das Strategische Netz 2020 und der durch die Energiestrategie 2050 verursachten nicht abdiskontierten Kosten im Übertragungsund Verteilnetz liegen im Jahr 2035 zwischen 4,5 und 10,05 Milliarden Franken und im Jahr 2050 zwischen 6,3 und 15,3 Milliarden Franken. In dieser Kostenaufstellung 7730

nicht enthalten sind die laufenden jährlichen Kosten von rund einer Milliarde Franken der Instandhaltung und die Kosten für Erneuerungsmassnahmen. Für den notwendigen Erneuerungsbedarf des gesamten heutigen Übertragungsnetzes werden bis 2030 rund 4 Milliarden Franken veranschlagt. Zusammen mit den Kosten einer Angebotsvariante des Szenarios «Neue Energiepolitik», welche in den angegeben Kostenintervallen liegt, ergibt dies Kosten von rund 18 Milliarden Franken. Instandhaltung und Erneuerung fallen unabhängig von geplanten Ausbauten an.

6.3.2

Auswirkungen auf Wachstum, Wohlfahrt und Beschäftigung

Tabelle 15 zeigt die volkswirtschaftlichen Zusatzkosten des Szenarios «Politische Massnahmen Bundesrat» im Vergleich zum Referenzszenario «Weiter wie bisher» für die Jahre 2020, 2035 und 2050. Die Kosten entsprechen im volkswirtschaftlichen Modell einer CO2-Abgabe von 70 (Jahr 2020), 140 (Jahr 2035) bis 210 Franken pro Tonne CO2 (Jahr 2050) und einer Stromabgabe, welche einer Strompreiserhöhung von +11 Prozent (Jahr 2020), +23 Prozent (Jahr 2035) und +22 Prozent (Jahr 2050) entspricht.

Der geeignetste Indikator für die Diskussion der volkswirtschaftlichen Kosten bildet die Änderung der Wohlfahrt inklusive Sekundärnutzen. Die Wohlfahrt ist ein Mass des wirtschaftlichen Nutzens aus Konsum und Freizeit. Wird zudem der durch geringeren Verbrauch von fossilen Brenn- und Treibstoffen und weniger Stromverbrauch entstehende Sekundärnutzen (Reduktion der externen Kosten wie beispielsweise Luftverschmutzung) berücksichtigt, so ergeben sich leicht positive Wohlfahrtseffekte. Die Wohlfahrt ohne Berücksichtigung des Sekundärnutzens des Szenarios «Politische Massnahmen Bundesrat» liegt im Jahr 2050 rund 0,2 Prozent unter demjenigen des Szenarios «Weiter wie bisher» . Das BIP des Szenarios «Politische Massnahmen Bundesrat» ist im Jahr 2050 rund 0,6 Prozent tiefer als im Szenario «Weiter wie bisher». Wird dieser Niveauunterschied in jährliche BIPWachstumsraten umgerechnet, so ergibt sich eine durchschnittliche jährliche Wachstumseinbusse von ca. ­0,02 Prozent. Auch resultieren leicht negative Beschäftigungseffekte. Für das Szenario Neue Energiepolitik liegt die durchschnittliche jährliche Wachstumseinbusse im Jahr 2035 bei ­0.09 Prozent.

Der Anteil der Energiekosten am BIP liegt im Jahre 2010 bei rund 5,6 Prozent. Ohne Einfürung einer CO2-, bzw. Stromabgabe steigt der Anteil im Szenario Politische Massnahmen Bundesrat bis 2020 leicht an und sinkt bis 2050 deutlich unter das Niveau 2010. Werden in den Kosten auch die Abgabenhöhen berücksichtigt, steigt der Anteil am BIP für alle Jahre an. Im Jahre 2020 liegt er über dem Ausgangswert des Jahres 2010, im Jahre 2035 liegt er in der Grössenordnung von 2010, im Jahr 2050 deutlich darunter. Der Anteil der Energiekosten am BIP im Szenario Neue Energiepolitik (liegt im Jahr 2035 ohne Abgaben und mit Abgaben unter dem Anteil des Szenarios Politische Massnahmen Bundesrat :
Die deutlich höheren Abgaben werden mehr als kompensiert mit dem Rückgang der Nachfrage nach fossilen Energieträgern sowie der Stromnachfrage. Die Anteile der Energiekosten am BIP inklusive der CO2-Abgabe und der Stromabgabe sind obere Grenzen: Die CO2-Abgabe und die Stromabgabe sind den Energiepreisen zugeschlagen worden. In diesen ist die heutige CO2-Abgabe, aber auch die Einspeisevergütung bereits enthalten.

7731

Tabelle 15 Reduktionsziele und volkswirtschaftliche Auswirkungen des Szenarios «Politische Massnahmen Bundesrat» (POM) der Jahre 2020, 2035 und 2050 und des Szenarios Neue Energiepolitik (NEP) im Jahr 2035 im Vergleich mit dem Referenzszenario «Weiter wie bisher» (WWB) Politische Massnahmen Bundesrat (POM)

Neue Energiepolitik (NEP)

2020

2050

2035

­26 Prozent

­44 Prozent

­12 Prozent

­15 Prozent

2035

Vorgabe aus den energiewirtschaftlichen Modellen: Reduktionsziele [in Prozent zu WWB] CO2-Ziel (exkl. Strom­5 Prozent ­17 Prozent produktion, Fernwärme) ­5 Prozent ­10 Prozent Stromnachfrage-Ziel

Resultate: Abgabehöhen/Schattenpreise (implizite Kosten) der Politikmassnahmen Berechnete CO2-Abgabe 70 140 210 540 [Franken pro Tonne CO2] +11 Prozent +23 Prozent +22 Prozent +31 Prozent Berechnete Stromabgabe [als Prozent-Zuschlag auf dem Strompreis] Resultate: Auswirkungen auf die Volkswirtschaft [in Prozent zu WWB] Wohlfahrt ohne Sekundär­0,1 Prozent ­0,1 Prozent ­0,2 Prozent nutzen Wohlfahrt inklusive +0,0 Prozent +0,0 Prozent +0,1 Prozent Sekundärnutzen ­0,2 Prozent ­0,5 Prozent ­0,6 Prozent BIP Veränderung der jährlichen ­0,05 Prozent ­0,03 Prozent ­0,02 Prozent BIP-Wachstumsrate ­0,1 Prozent ­0,2 Prozent ­0,2 Prozent Beschäftigung Resultate: Energiekosten pro BIP 5,8 Anteil Energiekosten am BIP in %, exklusive berechnete CO2- und Stromabgabe 6,2 Anteil Energiekosten am BIP in %, inklusive berechnete CO2- und Stromabgabe

­0,5 Prozent ­0,1 Prozent ­1,8 Prozent ­0.09 Prozent ­0,6 Prozent

4,8

3,7

3,9

5,8

4,4

5,5

Nicht monetarisierte Effekte der Energiestrategie 2050 Nicht alle Auswirkungen der Energiestrategie 2050 konnten quantifiziert und monetarisiert werden. Die vier wichtigsten Aspekte, welche nicht mit einbezogen wurden, werden hier kurz dargestellt: ­

7732

Klimaexternalitäten: Mit der aktiven Politik zur Reduktion der CO2-Emissionen im Rahmen der Energiestrategie 2050 leistet die Schweiz einen Beitrag zum international anerkannten 2-Grad-Ziel.

­

Atomare Risiken: Der Ausstieg aus der Kernkraft reduziert die atomaren Risiken in der Schweiz.

­

Dynamische Wachstumseffekte: Als Folge der Änderung der relativen Preise können sich dynamische volkswirtschaftliche Auswirkungen ergeben. Dabei stehen verstärkte Innovationsfähigkeit und daraus resultierende Wettbewerbsvorteile und Exportchancen auf dem Weltmarkt (first mover advantages) im Vordergrund.

­

Versorgungssicherheit: Der Effekt der Energiestrategie 2050 auf die Versorgungsicherheit der Schweiz wird unter Ziffer 4.3.5 diskutiert.

6.3.3

Auswirkung auf einzelne Branchen und einzelne gesellschaftliche Gruppen

Im Jahr 2011 wurde die hiesigen Strompreise mit denjenigen der EU-Staaten verglichen88. Demnach lagen die Strompreise für die Haushalte in der Schweiz im 2010 leicht unter dem europäischen Durchschnitt. Unsere Nachbarländer Österreich, Deutschland und Italien weisen für Haushalte ein deutlich höheres, Frankreich dagegen ein tieferes Preisniveau auf. Die Strompreise für Unternehmen aus dem Gewerbe lagen damals über dem europäischen Durchschnitt. In diesem Vergleich konnten allerdings die Spezialpreise, die Schweizer Gewerbeunternehmen (Grossund Sondervertragskunden) häufig gewährt werden, nicht berücksichtigt werden, da entsprechende Angaben öffentlich nicht zugänglich sind. Auf einen europäischen Preisvergleich für Industriekunden wurde damals verzichtet, da die erhobenen Kundengruppen deutlich voneinander abweichen und gewährte Spezialpreise in der Regel nicht publiziert sind.

Wirtschaft/Industrie Werden energiepolitische Massnahmen flächendeckend eingeführt, so ist die effektive Belastung nicht für alle Branchen und für alle Haushalte gleich gross. Energieintensive Unternehmen sollen, wie in der vom Nationalrat gutgeheissenen pa. Iv. 12.400 (Freigabe der Investitionen in erneuerbare Energien ohne Bestrafung der Grossverbraucher) stipuliert, mindestens zum Teil von der Abgabe befreit werden. Das EFD und das UVEK erarbeiten Massnahmen für Unternehmen, welche im internationalen Wettbewerb stehen und durch die Energieabgabe in ihrer Existenz gefährdet werden. Die Befreiung von Unternehmen mit allfälligen gleichzeitigen Verpflichtungen im Rahmen von Zielvereinbarungen wird geprüft. Es ist zu beachten, dass Ausnahmen für energieintensive Branchen zu einer Mehrbelastung der übrigen Branchen und Haushalte führen, sofern die klima- und energiepolitischen Ziele erreicht werden sollen.

88

Strompreisentwicklung in der Schweiz, BFE, Juni 2011.

7733

Haushalte In der Schweiz variieren die Strompreise von Region zu Region teilweise beträchtlich. Exemplarisch werden die durchschnittlichen Stromkosten eines repräsentativen Haushalts 2010 und 2035 dargelegt (Tabelle 16). Es werden dabei sowohl die im volkswirtschaftlichen Modell berechneten, dem Szenario «Politische Massnahmen Bundesrat» entsprechenden Abgaben einbezogen, als auch die vom Bundesrat für die Phase 1 vorgeschlagene Erhöhung der Einspeisevergütung. In den Energiepreisentwicklungen ist ein Kostendach für den durch den Zubau dezentraler Einspeisungen voraussichtlich bedingten Ausbau der Netze enthalten. Durch innovative Massnahmen, wie beispielsweise auf dem Gebiet der Speichertechnologien, kann dieser Kostenanstieg reduziert werden.

In der Berechnung der Kosten wird zudem berücksichtigt, dass aufgrund der Bevölkerungsszenarien die Zahl der Haushalte in der Schweiz von rund 3,4 Millionen im Jahr 2010 bis ins Jahr 2035 auf 4,3 Millionen Haushalte ansteigen wird. Aus dem Energieverbrauch der Haushalte, der Anzahl Haushalte und den Energiepreisentwicklungen des Szenarios «Politische Massnahmen Bundesrat» lassen sich durchschnittliche Stromverbräuche für die Haushalte und durchschnittliche Jahreskosten berechnen. Da gleichzeitig aber der Stromverbrauch des Haushaltsektors sinkt, geht der Verbrauch pro Haushalt um 32 Prozent zurück. Dieser Rückgang wiegt den Anstieg bis 2035 von rund 24 Prozent der Energiepreise und Netznutzungsentgelte (inklusive Einspeisevergütung und Netzausbau) mehr als auf. Die Stromkosten des Durchschnittshaushalts sinken deshalb leicht von 2010­2035 von rund 1280 Franken um 16 Prozent auf rund 1080 Franken. Wird anstelle der Einspeisevergütung eine Stromabgabe von 23 Prozent eingeführt (Szenario Politische Massnahmen Bundesrat), so bleiben die Kosten pro Haushalt praktisch unverändert im Vergleich zu 2010. Im Szenario Neue Energiepolitik bewirkt der Steuerzuschlag von 31 Prozent, dass die Kosten pro Haushalt in den 25 Jahren von 2010­2035 um rund 15 Prozent ansteigen. Dieser Anstieg liegt deutlich unter dem vom SECO vorgegebenen BIP-Wachstum von rund 28 Prozent im gleichen Zeitraum. Damit dürfte das Einkommen der Haushalte im betrachteten Zeitintervall stärker ansteigen als die durchschnittlichen Stromkosten und somit die Belastung gemessen als Anteil am Einkommen
sinken. Welche Haushaltstypen wie stark von der Einführung energiepolitischer Massnahmen betroffen sind, hängt direkt vom gewählten Mechanismus zur Rückverteilung der Einnahmen aus den Abgaben ab.

7734

Tabelle 16 Haushalte, Elektrizitätsverbrauch und Strompreise 2010 und 2035 (zu Preisen 2010), Szenario «Politische Massnahmen Bundesrat» (POM) mit und ohne Abgabe auf Elektrizität, Szenario Neue Energiepolitik (NEP) mit Abgabe auf Elektrizität 2010

2035 (und Veränderung zu 2010 in %)

(real)

POM

NEP

ohne Abgabe

mit Abgabe

mit Abgabe

4,3 (24,4 %) 15,8 (­15,4 %)

4,3 (24,4 %) 15,5 (­16,6 %)

Anzahl Haushalte in Millionen Stromverbrauch Haushalte in TWh Verbrauch pro Haushalt in kWh pro Jahr Strompreis inkl. Einspeisevergütung- und Netzausbau, inkl. Abgabe in Rp./kWhel Davon (in Rp./kWhel): ­ Einspeisevergütung heute ­ Einspeisevergütung künftig ­ Netznutzungsentg. heute ­ Netznutzungsentg. Ausbau Abgabe auf Elektrizität

3,4 18,6

4,3 (24,4 %) 15,8 (­15,4 %)

5419

3685 (­32,0 %) 3685 (­32,0 %) 3635 (­33,0 %)

24

29 (24,2 %)

35 (47,0 %)

41 (71,9 %)

0,45 ­ 10,00 ­

1,55 10,00 1,0

0 0 10,00 1,0 23 Prozent

0 0 10,00 1,0 31 Prozent

Kosten pro Haushalt in Fr.

1279

1080 (­15,6 %) 1278 (­0,1 %)

6.3.4

1474 (15,3 %)

Auswirkung einzelner Massnahmen/Varianten

Ergänzend zu den in den vorangehenden Abschnitten dargestellten Gesamtauswirkungen der Energiestrategie 2050 werden im Folgenden wichtige Aspekte der Beurteilung der einzelnen Massnahmen dargestellt.

Fördersysteme für erneuerbare Energien Die erforderlichen Fördergelder für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen gemäss der gesetzlichen Zielsetzung wird stark davon abhängen, wie schnell der technologische Fortschritt die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Technologien verbessert wird und wie sich die internationalen Strommarktpreise ­ die Messlatte der Wettbewerbsfähigkeit ­ entwickeln wird. Das damit verbundene Kostenrisiko tragen die Stromkonsumentinnen und -konsumenten, welche die Förderung über die Zuschläge auf den Netzgebühren finanzieren. Die geförderten Technologien erfordern heute eine durchschnittliche Förderung von 13 Rappen pro Kilowattstunde des produzierten Stroms. Dank kostensenkender Fortschritte der Technologien wird mit der Zeit je Förderfranken mehr Strom aus erneuerbaren Quellen zugebaut werden können. Ein wichtiger Faktor der Gesamtkosten der Förderung ist somit die Beschleunigung des Zubaus dieser Technologien. Die Förderung mittels Einspeisevergütung selber wird kaum Anreize für Technologieinnovationen auslösen, da die entsprechenden Märkte stark international geprägt sind und die Nachfrage in der Schweiz nur einen geringen Marktanteil hat. Hingegen können die Einspeisevergü7735

tung und die damit ausgelöste Ausweitung der Nachfrage zur effizienteren Projektierung und Realisierung von Anlagen beitragen. Die Einführung der Direktvermarktung kann die Innovationsanreize verbessern, weil die Marktrisiken stärker den Investoren überlassen werden.

Energieeffizienz Die wettbewerblichen Ausschreibungen, die auf bis zu 100 Millionen Franken pro Jahr ausgebaut werden, sollen knapp nicht rentable Stromeffizienzmassnahmen auslösen. Erwartet werden Förderkosten von ca. 5­8 Rappen je eingesparter Kilowattstunde Strom. Eine wichtige Voraussetzung für die Effizienz dieser Massnahme ist, dass mit einem regen Wettbewerb um die Fördermittel die dauernde Suche nach neuen effizienten Stromeinsparmassnahmen aufrechterhalten werden kann.

Mit der Verstärkung des Gebäudeprogramms (CO2-Gesetz Art. 34) auf 600 Millionen Franken pro Jahr werden neue Förderberechtigungen geschaffen. Es ist zu erwarten, dass dabei die schwierig zu beziffernden Mitnahmeeffekte (Vergütung von Leistungen, die auch ohne die Förderung erbracht würden) zunehmen werden und die heute als relativ gering eingeschätzten Förderkosten von 1,1 Rappen pro eingesparter Kilowattstunde Energie sich verschlechtern werden.

Neu sollen Elektrizitätslieferanten eingebunden werden, um die Stromeffizienz bei den Endverbrauchern zu unterstützen. Die erwarteten Kosten für die Effizienzmassnahmen sind etwa gleich hoch wie bei den wettbewerblichen Ausschreibungen. Die Kontrolle der Effizienzmassnahmen der Elektrizitätslieferanten kann beim Bund einen beträchtlichen Aufwand verursachen.

Die Massnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz von Fahrzeugen (CO2-Gesetz Art. 10­13) verursacht Sanktionskosten bei den Fahrzeugkäufern. Die Sanktionskosten sind sehr heterogen und belaufen sich im heute geltenden System für Personenwagen im Einzelfall ­ ohne Verrechnung mit effizienteren Fahrzeugen ­ über die durchschnittliche Lebensdauer des Fahrzeugs auf 0­750 Franken je vermiedene Tonne CO2. Zur Sicherstellung eines angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnisses und zur Vermeidung unerwünschter Marktverzerrungen orientieren sich die Emissionsvorschriften am technologischen Fortschritt und an internationalen Standards, insbesondere an den Zielwerten und Sanktionen, wie sie in der EU angewendet werden.

6.4

Auswirkungen auf die Umwelt

Die Auswirkungen der Energiestrategie 2050 auf die Umwelt wurden durch das BAFU mit einem externen Büro wissenschaftlich untersucht89. Als Referenz für die Beurteilung wurde auf die geltende Umwelt- und Klimagesetzgebung und den heutigen Zustand der Energieversorgung abgestützt.

Die Beurteilung zeigt, dass die Energiestrategie 2050 insgesamt positive Auswirkungen auf die Umwelt hat. Die in der geltenden Umwelt- und Klimagesetzgebung verankerten Ziele, Umweltstandards und Verfahren werden durch die Energiestrategie 2050 insgesamt unterstützt und je nach Ausgestaltung der Massnahmen sogar 89

Energiestrategie 2050: Umweltanalyse und Bewertung der Massnahmen, Bundesamt für Umwelt.

7736

nachhaltig verstärkt. Mit vorliegendem Massnahmenpaket und weiteren Massnahmenpaketen, die für den langfristigen und etappenweisen Umbau des Energiesystems bis 2050 voraussichtlich nötig sein werden (Szenario Neue Energiepolitik), sollen die energiebedingten CO2-Emissionen bis 2020 um 7,6 Millionen Tonnen (Stand 2010: 40 Millionen Tonnen), bis 2035 um 14,3 und bis 2050 um 31,9 Millionen Tonnen reduziert werden.

Zahlreiche Massnahmen des ersten Massnahmenpakets tragen direkt zu den inzwischen im CO2-Gesetz verankerten Zielen betreffend Reduktion der Treibhausgasemissionen bei. Die energiebedingten CO2-Emissionen werden mit dem ersten Massnahmenpaket insgesamt deutlich abnehmen, auch wenn zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit zumindest zwischenzeitlich in der Schweiz auch eine fossile Stromproduktion nötig sein sollte und damit entsprechende CO2-Emissionen verbunden wären.

Die Massnahmen im Bereich der Energieeffizienz (vgl. Ziff. 4.2.1) sind aus Sicht der Umwelt als positiv bis sehr positiv zu bewerten. Insbesondere die Verschärfung der CO2-Zielwerte von Personenwagen hat eine grosse und positive Wirkung. Neben der Verschärfung der CO2-Zielwerte unterstützen übergreifende Massnahmen zur Stärkung der Aus- und Weiterbildung, Qualitätssicherung sowie Vorbildfunktion der öffentlichen Hand und Technologieforschung die umweltpolitischen Ziele des Bundes. Marktwirtschaftliche Ansätze, wie sie in der zweiten Phase der Energiestrategie 2050 mit dem Übergang vom Förder- in ein Lenkungssystem angestrebt werden, tragen dazu bei, dass externe Umweltkosten verursachergerecht in die Preise eingerechnet werden.

Die Förderung der erneuerbaren Energien gemäss dem Stand der Technik unterstützt die Ziele der Luftreinhaltung und der Klimapolitik ebenfalls. Mit dem Bau von neuen Anlagen zur Energieproduktion können aber auch nachteilige Auswirkungen auf die Landschaft, die Umwelt und die Biodiversität verbunden sein, speziell, wenn die Beurteilung wie in der oben angesprochenen Studie im Vergleich zu einem unverbauten Zustand («grüne Wiese») erfolgt. Soweit der Zubau von erneuerbaren Energien ­ wie in der Energiestrategie 2050 vorgesehen ­ im Umfang der nachhaltig nutzbaren Potenziale und emissionsarm erfolgt, sind die Auswirkungen für die Umwelt insgesamt tragbar. Zu diesem Zweck sind im ersten Massnahmenpaket
auch raumplanerische Instrumente enthalten (Ziff. 4.2.6). Mit dem vorgesehenen Konzept für den Ausbau der erneuerbaren Energien sollen die für eine zweckmässige Nutzung der erneuerbaren Energien geeigneten Gebiete identifiziert und anschliessend raumplanerisch festgelegt werden.

7

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

7.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 25. Januar 201290 zur Legislaturplanung 2011­ 2015 und im Bundesbeschluss vom 15. Juni 201291 über die Legislaturplanung 2011-2015 angekündigt.

90 91

BBl 2012 481 572­573 und 617 BBI 2012 7155 7163

7737

Die Legislaturplanung 2011­2015 sieht als Ziel 20 vor, dass die Versorgung der Schweiz mit Energie und natürlichen Ressourcen langfristig gesichert und der schrittweise Ausstieg aus der Kernenergie in die Wege geleitet ist. Unter den erforderlichen Massnahmen zur Zielerreichung ist auch die Konkretisierung und Umsetzung der Energiestrategie 2050 aufgeführt. Der Bundesrat schreibt dazu in der Botschaft zur Legislaturplanung 2011­2015 vom 25. Januar 2012: «Der Bundesrat will weiterhin eine hohe Stromversorgungssicherheit garantieren ­ mittelfristig jedoch ohne Kernenergie. Die bestehenden Kernkraftwerke sollen bei Erreichen der sicherheitstechnischen Betriebsdauer stillgelegt und nicht durch neue Kernkraftwerke ersetzt werden. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, setzt der Bundesrat auf verstärkte Einsparungen (Energieeffizienz), den Ausbau der Wasserkraft und der neuen erneuerbaren Energien und wenn nötig auf fossile Stromproduktion (Wärme-Kraft-Kopplungs-Anlagen, Gaskombikraftwerke) und auf Importe. Zudem sollen die Stromnetze rasch ausgebaut und die Energieforschung verstärkt werden.» Mit der vorliegenden Botschaft wird die in der Legislaturplanung festgelegte Zielsetzung der Einleitung der Konkretisierung der Energiestrategie 2050 erfüllt (Richtliniengeschäft).

Mit dem Ziel, den Verbrauch natürlicher Ressourcen auf ein ökologisch nachhaltiges Niveau zu senken, hat der Bundesrat im Oktober 2010 umfassendere Bestrebungen für eine grüne Wirtschaft initiiert. Die Konkretisierung und Umsetzung der Massnahmen für eine grüne Wirtschaft sind als Richtliniengeschäft in der Legislaturplanung 2011­2015 verankert. Die innerhalb der Energiestrategie 2050 vorgesehenen Massnahmen in den Bereichen der Energieeffizienz sowie der Förderung der erneuerbaren Energien unterstützen den Bundesrat bei der Zielerreichung auf dem Gebiet der grünen Wirtschaft.

7.2

Verhältnis zur Strategie Nachhaltige Entwicklung des Bundesrates

Die Schweiz hat die nachhaltige Entwicklung zu einem langfristigen Staatsziel erhoben. In der Bundesverfassung ist die nachhaltige Entwicklung mehrfach verankert, unter anderem im einleitenden Artikel 2 zum Zweck der Eidgenossenschaft92.

Um den Verfassungsauftrag zu erfüllen, formuliert der Bundesrat seine Absichten seit 1997 regelmässig in der Strategie Nachhaltige Entwicklung93. Die Strategie bildet einen Referenzrahmen für das Verständnis von nachhaltiger Entwicklung und deren Umsetzung in den verschiedenen Politikbereichen des Bundes sowie für die Zusammenarbeit mit den Kantonen, Regionen, Städten und Gemeinden.

Mit der vierten Strategie für die Jahre 2012­2015 bekräftigt der Bundesrat sein Engagement und bezieht bisher gemachte Erfahrungen ein. Die Strategie umfasst fünf Leitlinien, eine politische Bilanz seit 1992, einen überarbeiteten Aktionsplan mit Massnahmen für die laufende Legislatur sowie begleitende Aktivitäten, die eine wirksame Umsetzung ermöglichen.

Die Energiestrategie 2050 ist eine Massnahme des Aktionsplans der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2012­2015. Das vorliegende erste Massnahmenpaket trägt zur 92 93

SR 101 Strategie Nachhaltige Entwicklung 2012­2015. Bundesamt für Raumentwicklung; Im Internet abrufbar unter: www.are.admin.ch, Rubrik Nachhaltige Entwicklung.

7738

Umsetzung der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2012­2015 bei. Dieser sieht im Bereich Energie vor, den Verbrauch zu reduzieren und die erneuerbaren Energien zu fördern (Ziff. 2 des Aktionsplans 2012­2015).

7.3

Verhältnis zum Raumkonzept Schweiz

Das Raumkonzept Schweiz ist ein gemeinsames, zwischen 2005 und 2010 erarbeitetes Konzept von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden mit dem Ziel, erstmals eine gemeinsame Vorstellung von der künftigen räumlichen Entwicklung der Schweiz zu gewinnen. Es präsentiert Ziele und Strategien für die drei Staatsebenen und Empfehlungen an diese für eine nachhaltige Nutzung des knappen Guts Boden und anderer Ressourcen der Schweiz.

Innerhalb der Energiestrategie 2050 sind Gebietsausscheidungen für Anlagen zur Produktion von Strom mit erneuerbaren Energien vorgesehen. Durch eine sorgfältige Raumplanung sollen die Ziele der Energiestrategie räumlich umgesetzt und Konflikte mit Schutzinteressen gelöst werden. Ziel ist die Ausscheidung und Bezeichnung von geeigneten Standorten in kantonalen Richtplänen beziehungsweise in Wasser-, Wind- oder anderweitigen Karten.

7.4

Verhältnis zum Aktionsplan Grüne Wirtschaft

Der Bundesrat hat am 27. Februar 2013 entschieden, die eidgenössische Volksinitiative «Für eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft (Grüne Wirtschaft)» abzulehnen und eine Teilrevision des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 198394 (USG) als indirekten Gegenvorschlag vorzubereiten. Der Aktionsplan Grüne Wirtschaft, welcher der Bundesrat am 8. März 2013 verabschiedet hat, dient als Grundlage für den Entwurf dieser USG-Revision.

Die Energiestrategie 2050 deckt neben der Energieversorgung auch die Ressourceneffizienz mit Bezug zur Energieproduktion und zum Energiekonsum ab. Der Aktionsplan Grüne Wirtschaft hat die Reduktion der Umweltbelastung und die Verbesserung der Ressourceneffizienz in den nicht-energetischen Bereichen zum Ziel.

Sowohl die Energiestrategie 2050 als auch der Aktionsplan Grüne Wirtschaft tragen also in ihren Bereichen zu ungefähr gleichen Teilen zu einer effizienten und umweltschonenden Nutzung der natürlichen Ressourcen und zu einer erfolgreichen Positionierung der Schweiz im Cleantech-Bereich bei.

Bei der Energiestrategie 2050 zeigen quantitative Ziele den Weg auf, im Umweltbereich sollen im Rahmen des Aktionsplans Grüne Wirtschaft Umweltziele noch quantifiziert werden.

94

SR 814.01

7739

8

Rechtliche Aspekte

8.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

8.1.1

Rechtsgrundlagen

Das Energiegesetz stützt sich in erster Linie auf den Energieartikel (Art. 89 BV).

Daneben dienen aber auch weitere Verfassungsbestimmungen als Grundlage, so die Artikel 64 BV (Forschung), 74 BV (Umweltschutz), 75 BV (Raumplanung), 76 BV (Wasser) und 91 BV (Transport von Energie), welche alle im Ingress des Gesetzes genannt werden.

Artikel 89 Absatz 2 BV (Energiepolitik) überträgt dem Bund den Auftrag zur Grundsatzgesetzgebung in den Themenbereichen der Nutzung einheimischer und erneuerbarer Energien sowie des sparsamen und rationellen Energieverbrauchs. Der Bund verfügt demnach über begrenzte Rechtsetzungskompetenzen. Er ist zuständig für den Erlass von Bestimmungen mit hohem Abstrahierungsgrad und nur ausnahmsweise von konkreten, auf den Einzelfall anwendbaren Bestimmungen, wenn dies für die Verwirklichung zentraler Anliegen notwendig ist.95 In der neuen Vorlage stellt der Bund z. B. in den Artikeln 1­6, 11­16 und 46 Grundsätze und Ziele in den genannten Bereichen auf. Auch die Fördermassnahmen im Bereich der Information, Beratung sowie Aus- und Weiterbildung96 und die Vorgaben in den Artikeln 48­52 EnG finden ihre Verfassungsgrundlage in Artikel 89 Absatz 2 BV. Mit der in Artikel 49 EnG festgehaltenen Pflicht zur Abgabe von sogenannten weissen Zertifikaten sollen Massnahmen bei Endverbraucherinnen und Endverbrauchern gefördert werden, mit denen die Effizienz bei deren Elektrizitätsverbrauch verbessert wird. Indem Lieferanten mit einem jährlichen Absatz von weniger als 30 GWh eine Ersatzabgabe nach Artikel 49 Absatz 2 der Vorlage leisten, können sie sich von der Abgabe von weissen Zertifikaten befreien. Kleinere Lieferanten sollen demnach von einer gesetzlich vorgesehenen Pflicht entlastet werden. Da die Abgabe weder einen fiskalischen Zweck verfolgt noch voraussetzungslos geschuldet ist, kann sie nicht als Steuer qualifiziert werden. Eine ausdrückliche verfassungsmässige Ermächtigung ist daher nicht nötig, sondern es genügt die Kompetenz des Bundes zur Gesetzgebung auf dem betreffenden Sachgebiet.97 Gemäss Artikel 89 Absatz 3 BV erlässt der Bund Vorschriften über den Energieverbrauch von Anlagen, Fahrzeugen und Geräten. Diese Verfassungsbestimmung beinhaltet einen umfassenden, nicht auf Grundsätze beschränkten Gesetzgebungsauftrag des Bundes, dem das neue Gesetz, wie zuvor bereits das
Energiegesetz von 1998, in Artikel 45 nachkommt. In Artikel 89 Absatz 3 zweiter Satz BV wird dem Bund die Kompetenz erteilt, die Entwicklung von Energietechniken, insbesondere in den Bereichen des Energiesparens und der erneuerbaren Energien, zu fördern. Es handelt sich dabei um eine sachlich eng begrenzte Förderungskompetenz, die sich nur auf Entwicklungen der Neuerungen, nicht aber auf die Unterstützung von Anwendungen bezieht.98 Hierauf sowie auf den allgemeinen Forschungsartikel von 95 96 97

98

Riccardo Jagmetti, Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Band VII, Energierecht, Rz. 1321 f.

Vgl. Botschaft zum Energiegesetz vom 21. August 1996, BBl 1996 IV 1005 1154.

Vgl. zur Funktion und Tragweite des Verfassungsvorbehalts im Abgaberecht: Helen Keller/Matthias Hauser, Verfassungskonforme Ertragsverwendung einer Klimalenkungsabgabe, AJP 7/2009, S. 803­829.

Jagmetti, a.a.O., Rz. 8107 und 8202 ff.

7740

Artikel 64 BV stützen sich die Förderung der Grundlagenforschung, der anwendungsorientierten Forschung und der forschungsnahen Entwicklung und die Unterstützung von Pilot- und Demonstrationsanlagen und -projekten (Art. 55 EnG).

Artikel 74 BV gibt dem Bund die umfassende Kompetenz, alle zur Erreichung des Ziels des Umweltschutzes erforderlichen Massnahmen zu treffen.99 Da ein sparsamer Umgang mit Energie und die Förderung erneuerbarer Energien dazu beitragen, die Umweltbelastungen zu mindern, verschafft der Umweltartikel dem Bund erhebliche Eingriffs- und Steuerungsmöglichkeiten im Energiebereich. Artikel 74 BV bildet demnach die verfassungsmässige Grundlage aller Bestimmungen im Energiegesetz, mit denen letztlich bezweckt wird, die schädlichen Einwirkungen auf den Menschen und die Umwelt zu vermeiden oder zu vermindern. Die Kosten der Vermeidung und Beseitigung tragen nach Artikel 74 Absatz 2 BV die Verursacherinnen und Verursacher. Insbesondere basieren die im Energiegesetz vorgesehenen Massnahmen, welche die Förderung der praktischen Anwendung von Verfahren, Materialien und Produkten zum Gegenstand haben, auf dem Umweltartikel, so etwa die Unterstützung von Massnahmen im Bereich der Energie- und Abwärmenutzung (Art. 56 EnG) und die Förderung von Effizienzmassnahmen (Art. 34 EnG). Diese Massnahmen sind durch Artikel 89 Absatz 3 nicht gedeckt, da der Energieartikel dem Bund keine Befugnis zur Förderung von zielkonformem Verhalten als solchem verleiht.100 Der im Rahmen des Erlasses des StromVG eingeführte Netzzuschlag und die CO2-Abgabe finden ihre verfassungsrechtliche Grundlage in Sachkompetenzen des Bundes. Für den Netzzuschlag und dessen Verwendung (Art. 37 EnG) ist dies insbesondere Artikel 89 BV, während die CO2-Abgabe (Art. 29 CO2-Gesetz) auf Artikel 74 BV basiert. Der Netzzuschlag ist als Ausgleichsabgabe mit besonderem Verwendungszweck ausgestaltet, mit der Sonderlasten und daraus resultierende Wettbewerbsnachteile ausgeglichen werden sollen, die einzelne Wettbewerbsteilnehmer (vorliegend Netzbetreiber) auf sich nehmen, um gesetzlich umschriebene Ziele oder gesetzliche Pflichten zu erfüllen (hier insbesondere die Pflicht zur Abnahme von Elektrizität aus erneuerbaren Energien). Für die Erhebung einer solchen Ausgleichsabgabe ist keine ausdrückliche Verfassungsgrundlage erforderlich.101 Die
CO2-Abgabe ist eine Lenkungsabgabe, für die ebenfalls eine Sachkompetenz in der Bundesverfassung genügt.

Die CO2-Lenkungsabgabe wird im Rahmen der Energiestrategie 2050 erhöht. Der maximale Anteil des zweckgebundenen Ertrags beträgt aber nach wie vor maximal ein Drittel des Gesamtertrags, womit sichergestellt wird, dass die CO2-Abgabe ihre Lenkungswirkung weiterhin primär durch die Abgabeerhebung entfaltet und nicht in erster Linie der Finanzbeschaffung dient. Mit dem gebundenen Teil des Ertrags werden neu auch Massnahmen unterstützt, die ihre Wirkung langfristig und zum Teil indirekt entfalten, also etwa Massnahmen bei Gebäuden zur Erhöhung der 99

Reto Morell, in: Ehrenzeller et. al., St. Galler Kommentar zur Schweizerischen Bundesverfassung, Ziff. 14 zu Art. 74.

100 Jagmetti, a.a.O., Rz. 8202 f.

101 Vgl. Gutachten des Bundesamtes für Justiz (BJ) vom 8.8.2011, Verfassungsfragen zum Ausstieg aus der Kernenergie, erstellt zuhanden der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates, Ziff. 3.1, mit Verweis auf das Gutachten des BJ vom 16.12.2005, Verfassungsmässigkeit der vom NR am 22.9.2005 beschlossenen Zuschläge auf die Übertragungskosten der Hochspannungsnetze (im Internet abrufbar unter www.bfe.admin.ch, Rubrik Energiestrategie 2050).

7741

Stromeffizienz und des Anteils von Strom, der aus erneuerbaren Energien bezogen wird, sowie Informations- und Beratungsmassnahmen. Diese Förderung trägt dazu bei, langfristig CO2-Emissionen zu reduzieren, und ist daher lenkungszielkonform.

In Artikel 57 Absatz 2 EnG wird in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Abgabeertrag allein zur Unterstützung zielkonformer Massnahmen verwendet werden darf.

Artikel 76 BV dient als Grundlage für Vorschriften des Bundes zum Schutz der Gewässer und über die Nutzung der Gewässer zur Energieerzeugung. Hierauf stützt sich die in Artikel 36 EnG festgelegte Entschädigung der Inhaber von Wasserkraftwerken für Massnahmen zum Schutz der Gewässer.102 Nach Artikel 91 Absatz 1 BV erlässt der Bund Vorschriften über den Transport und die Lieferung elektrischer Energie. Der Bund kann aufgrund dieser umfassenden Gesetzgebungskompetenz beispielsweise Regelungen betreffend die Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft treffen, Grundsätze und Massnahmen in Bezug auf die Versorgungssicherheit, wie Anschluss- und Lieferpflichten, vorsehen und das Verhältnis zwischen Stromlieferant und Stromabnehmer ­ Rechte und Pflichten auf beiden Seiten ­ regeln. Dazu gehört auch der Erlass von Tarifvorschriften im Geltungsbereich von Artikel 91 BV, wobei diese Kompetenz nicht beeinflusst ist vom Verzicht auf Tarif-Kompetenzen in Artikel 89 BV.103 Namentlich stützen sich das StromVG und somit auch die vorgesehenen Änderungen des StromVG (vgl. Ziff.

5.2.7) wie auch die Artikel 7­9 und 17 EnG auf Artikel 91 Absatz 1 BV.

Die raumplanerischen Vorschriften im Energiegesetz (Art. 11 ff.) sind mit der Kompetenzordnung von Artikel 75 BV vereinbar, zumal die Planung in erster Linie bei den Kantonen liegt. Aufgrund der in dieser Verfassungsbestimmung festgelegten Kompetenz zur Grundsatzgesetzgebung darf der Bund verbindliche Vorgaben machen, die den Kantonen aufzeigen, auf welche Ziele mit welchen Instrumenten mittels welcher Massnahmen und gestützt auf welche Verfahren die Aufgabe der Raumplanung an die Hand genommen werden soll.104 In den Artikeln 14 und 15 der Vorlage wird des Weiteren neu eine Gewichtung des nationalen Interesses an Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien und an Pumpspeicherkraftwerken vorgenommen. Diese Grundsätze sind im Rahmen einer Interessenabwägung zu
berücksichtigen. Damit wird kein Widerspruch zum Schutzauftrag des Bundes, der in Artikel 78 Absatz 2 BV (Natur- und Heimatschutz) festgelegt ist, geschaffen, denn bereits aus dem Verfassungswortlaut geht hervor, dass dieser Schutzauftrag stets bezogen auf die jeweiligen Umstände im Rahmen einer Interessenabwägung zu konkretisieren ist. Ein öffentliches Interesse besteht sowohl an der Erhaltung bestimmter Gebiete und Objekte als auch an der Erfüllung der von der BV vorgesehenen Bundesaufgaben, die zu Veränderungen der Gebiete und Objekte führen kann.105 102

Vgl. Bericht der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates zur Parlamentarischen Initiative Schutz und Nutzung der Gewässer (07.492) vom 12. August 2008, Ziff. 6.1, BBl 2008 8043 8071.

103 Vgl. Gutachten des BJ vom 23.10.1996, Die verfassungsmässigen Kompetenzen des Bundes im Bereich der Elektrizitätswirtschaft, Ziff. VII 2.b.bb und cc, mit weiteren Literaturhinweisen, sowie Botschaft zur Änderung des Elektrizitätsgesetzes und zum Stromversorgungsgesetz, BBl 2005 1611 ff., 1674.

104 Martin Lendi, in: Ehrenzeller et. al., St. Galler Kommentar zur Schweizerischen Bundesverfassung, Ziff. 24 zu Art. 75.

105 Arnold Marti, in: Ehrenzeller et. al., St. Galler Kommentar zur Schweizerischen Bundesverfassung, a.a.O., Ziff. 7 zu Art. 78.

7742

Es stellt sich schliesslich die Frage, ob für die Umsetzung der von den eidgenössischen Räten angenommenen Motionen betreffend Ausstieg aus der Kernenergie106 eine Änderung des KEG reicht oder ob dafür eine Änderung der Bundesverfassung nötig wäre. Zu dieser Frage ist zunächst festzuhalten, dass Artikel 90 BV eine umfassende Gesetzgebungskompetenz enthält und dem Gesetzgeber einen weiten Spielraum bei der Ausgestaltung der Bestimmungen lässt. Der Wortlaut ist sehr offen formuliert. Jagmetti wendet jedoch ein, Artikel 24quinquies aBV gehe davon aus, dass die Nutzung der Kernenergie innerhalb bestimmter Schranken möglich sei. Ein Verbot würde daher eine Verfassungsänderung bedingen.107 Die Argumentation von Jagmetti beruht offensichtlich auf einer historischen Interpretation von Artikel 24quinquies aBV. Diese Interpretation kann jedoch keinen Vorrang beanspruchen.

Gestützt auf eine geltungszeitliche und teleologische Auslegung von Artikel 90 BV kann ein sicherheitspolizeilich motivierter Ausstieg aus der nuklearen Stromerzeugung gesetzlich angeordnet werden.108 Dies umso mehr, als gemäss den Motionen zwar keine Rahmenbewilligungen zum Bau neuer Kernkraftwerke erteilt werden dürfen und das KEG entsprechend zu ändern ist. Die Motionen halten aber zudem fest, dass damit kein Technologieverbot erlassen wird. Ferner sind Kernkraftwerke (nur) dann stillzulegen, wenn sie den Sicherheitsvorschriften nicht mehr entsprechen (Ziff. 1, 1bis und 2). Was Artikel 89 Absatz 1 BV betrifft, so legt dieser energiepolitische Ziele fest, die untereinander in einem Spannungsverhältnis stehen. Die einzelnen Ziele sind gleichrangig. Es ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers, allfällige Zielkonflikte bestmöglich zu lösen. So betrachtet steht Artikel 89 Absatz 1 BV dem Ausstieg aus der Kernenergie nicht entgegen. Die energiepolitischen Ziele nach Artikel 89 Absatz 1 BV behalten aber auch für die Neuausrichtung der Energiepolitik, die der Ausstieg aus der Kernenergie erfordert, ihre Gültigkeit.109 Zusammenfassend ist festzustellen, dass Artikel 89 und 90 BV eine genügende Verfassungsgrundlage zur Änderung des KEG bieten, umso mehr als kein Verbot der Kerntechnologie gewollt ist. Eine Verfassungsänderung ist nicht nötig.

8.1.2

Vereinbarkeit mit Grundrechten

Einzelne Bestimmungen und Massnahmen des Energiegesetzes können Einschränkungen der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 und Art. 94 Abs. 1 BV) zur Folge haben.110 Die Eingriffsvoraussetzungen nach Artikel 36 BV sind erfüllt. Die Regelungen im Energiegesetz liegen im Interesse an einer ausreichenden, breit gefächerten, sicheren, wirtschaftlichen und insbesondere umweltverträglichen Energieversorgung sowie an einem sparsamen und rationellen Energieverbrauch. Die Massnahmen sind geeignet und erforderlich, um diese öffentlichen Interessen zu gewährleisten. Sie gehen nicht über das hinaus, was zum Erreichen der angestrebten Ziele vernünftigerweise getan werden muss, und sind gemessen an diesen Zielen zumutbar. Nach 106

107 108 109 110

11.3257 n, Mo. Nationalrat, Fraktion G. Aus der Atomenergie aussteigen; 11.3426 n, Mo.

Nationalrat, Fraktion BD. Keine neuen Rahmenbewilligungen für den Bau von Atomkraftwerken; 11.3436 n, Mo. Nationalrat, Schmidt Roberto. Schrittweiser Ausstieg aus der Atomenergie; AB 2011 S 972 ff. Die Motionen wurden in den eidgenössischen Räten abgeändert.

Riccardo Jagmetti, in: Kommentar zur [alten] Bundesverfassung der Schweiz. Eidgenossenschaft, Ziff. 2 zu Art. 24quinquies.

Vgl. Gutachten des Bundesamtes für Justiz vom 8.8.2011, a.a.O., S. 9.

Gutachten des Bundesamtes für Justiz vom 8.8.2011, a.a.O., S. 2.

Vgl. dazu bereits die Botschaft zum Energiegesetz 1998, a.a.O., BBl 1996 IV 1154.

7743

bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist es unzulässig, «wirtschaftspolitische oder standespolitische Massnahmen zu treffen, die den freien Wettbewerb behindern, um gewisse Gewerbezweige oder Bewirtschaftungsformen zu sichern oder zu begünstigen oder die privatwirtschaftliche Tätigkeit oder die Wettbewerbsordnung auszuschalten.»111 Zu vermeiden sind spürbare, durch das öffentliche Interesse nicht gerechtfertigte Wettbewerbsverzerrungen.112 Solche Regelungen finden sich im Energiegesetz nicht. Die vorgesehenen Massnahmen sind nicht wirtschaftspolitisch motiviert.

Des Weiteren finden sich in der Vorlage einzelne Regelungen, die Ungleichbehandlungen zur Folge haben können (so etwa die Rückerstattung des Netzzuschlags an Grossverbraucher). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts verletzt ein Erlass das Gebot der rechtsgleichen Behandlung nach Artikel 8 BV, wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen, wenn also Gleiches nicht nach Massgabe seiner Gleichheit gleich und Ungleiches nicht nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird. Vorausgesetzt ist, dass sich die ungerechtfertigte Gleich- oder Ungleichbehandlung auf eine wesentliche Tatsache bezieht. Dem Gesetzgeber bleibt im Rahmen dieser Grundsätze und des Willkürverbots ein weiter Gestaltungsspielraum.113 Die im Energiegesetz getroffenen Unterscheidungen beruhen allesamt auf sachlichen Gründen. Das Gebot der rechtsgleichen Behandlung wird gewahrt.

8.1.3

Verhältnis zu kantonalem Recht

Gemäss Artikel 89 BV sind für gewisse energiepolitische Aufgaben vor allem die Kantone (Massnahmen im Gebäudebereich), für andere ausschliesslich der Bund (Energieverbrauchsvorschriften für Anlagen, Fahrzeuge und Geräte) zuständig.

Weitere Aufgaben fallen in den Kompetenzbereich sowohl der Kantone als auch des Bundes (Förderungsmassnahmen wie Information und Beratung oder Aus- und Weiterbildung sowie die verbraucherorientierte Förderung im Bereich rationeller und sparsamer Energieverwendung). Bund und Kantone müssen ihre energiepolitischen Aktivitäten daher aufeinander abstimmen und auf ein gemeinsames Ziel ausrichten.114 Der Grundsatz der Koordination wird in Artikel 5 Absatz 1 der Vorlage ausdrücklich genannt. Vermehrt soll auch die Planung des Ausbaus erneuerbarer Energien koordiniert werden. Die Kantone erarbeiten gemeinsam und mit der Unterstützung des Bundes ein Konzept dafür (Art. 11 und 12 EnG). Damit wird bezweckt, Standorte für Anlagen zu finden, die auf gesamtschweizerischem Konsens beruhen. In Artikel 16 EnG werden die Kantone neu angewiesen, rasche Bewilligungsverfahren für den Bau von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien vorzusehen. Dieser Grundsatz, wie auch die anderen auf der Basis von Artikel 89 Absatz 2 BV getroffenen und im Energiegesetz festgelegten Leitlinien (bspw. Art. 6 Abs. 1 und 2, Art. 13), welche dazu dienen, die in Artikel 1 ff. EnG festgelegten Ziele zu errei-

111 112 113 114

BGE 138 I 378 E. 8.3 sowie BGE 131 I 223 E. 4.2.

BGE 130 I 26 E. 6.3.3.1 Vgl. BGE 138 I 321 E. 3.2, BGE 137 V 121 E. 5.3, BGE 136 I 1 E. 4.1.

Botschaft zum Energiegesetz von 1998, a.a.O., BBl 1996 IV 1086.

7744

chen, belassen den Kantonen erhebliche Gestaltungsspielräume in der konkreten Ausgestaltung ihrer Gesetzgebung.

Für Massnahmen betreffend den Verbrauch von Energie in Gebäuden sind vor allem die Kantone zuständig. Artikel 46 EnG beschränkt sich daher auf die Festlegung einiger Grundsätze und die Erteilung weniger Rechtsetzungsaufträge zuhanden der Kantone. Mit den Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn 2008) besteht ein von den Kantonen gestützt auf ihre Vollzugserfahrung gemeinsam erarbeitetes «Gesamtpaket» energierechtlicher Vorschriften in diesen Bereichen. Der Erlass von Gebrauchsvorschriften zur Senkung des Energieverbrauchs durch Elektrogeräte, zum Beispiel die Festlegung zeitlicher Limiten und Leistungsgrenzen bei Beleuchtungen, beim Betrieb elektrischer Anlagen oder bei der elektrischen Beheizung von Aussenräumen, liegt in der Zuständigkeit kantonaler (beziehungsweise kommunaler) Behörden.

Der Bund unterstützt die Kantone bei der Umsetzung ihrer Aufgaben unter anderem durch Finanzierung (mittels Globalbeiträgen), Koordination und die Erarbeitung von Grundlagen und gesetzlicher Rahmenbedingungen. Insbesondere in den Bereichen Mobilität und Geräte ist dagegen die Unterstützung der Aktivitäten des Bundes durch die Kantone mit geeigneten kantonalen Massnahmen wichtig. Die meisten Kantone verfügen über rechtliche Grundlagen oder ein Programm zur Unterstützung des öffentlichen Verkehrs.

8.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Schweiz ist im Bereich des Energierechts und des Handels mit Energieträgern an verschiedene multilaterale und bilaterale Verträge und Übereinkommen gebunden. Zu nennen ist etwa der 1998 in Kraft getretene Vertrag über die Energiecharta vom 17. Dezember 1994115, der die Schweiz verpflichtet, bei einer Wirtschaftstätigkeit im Energiebereich Marktverzerrungen und Wettbewerbsbeschränkungen zu verringern und zu diesem Zweck Gesetze zu erlassen. Gemäss einem Zusatzprotokoll, dem Energiechartaprotokoll über Energieeffizienz und damit verbundene Umweltaspekte116, soll die Schweiz Strategien und politische Ziele zur Verbesserung der Energieeffizienz erarbeiten, die Umsetzung neuer Ansätze und Methoden zur Finanzierung von Investitionen in den Bereichen Energieeffizienz und energiebezogener Umweltschutz unterstützen und geeignete Energieeffizienzprogramme entwickeln. Im Bereich des Handels mit Energieträgern, Energie-Ausrüstungsgütern und Energiedienstleistungen gelten die grundlegenden Prinzipien des Abkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO117) beziehungsweise des allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT118), so das Prinzip der Meistbegünstigung und der Inländerbehandlung. Für den Handel Schweiz­EU mit Energieträgern und Energieausrüstungsgütern ist das Freihandelsabkommen mit der EU von 1972119 relevant. Es sieht insbesondere Zollfreiheit auf Industrieprodukten vor und 115 116 117 118 119

SR 0.730.0 SR 0.730.01 SR 0.632.20 SR 0.632.21 Abkommen vom 22. Juli 1972 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft; SR 0.632.401.

7745

verbietet quantitative Einschränkungen und Massnahmen gleicher Wirkung sowie Diskriminierungen fiskalischer Natur. Die EFTA-Konvention120 enthält Regelungen zum freien Warenverkehr, zum Dienstleistungshandel und zum Schutz des geistigen Eigentums zwischen der Schweiz und den übrigen EFTA-Staaten. Zudem verfügt die Schweiz über ein Netz von 26 Freihandelsabkommen mit 35 Partnern ausserhalb der EU. Vorschriften bezüglich staatlicher Subventionen finden sich des Weiteren im Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmassnahmen, welches Teil des Regelwerks der WTO bildet. Darin wird festgelegt, dass Subventionen nur dann anfechtbar sind, wenn sie spezifisch sind, das heisst der Zugang zur Subvention ausdrücklich auf bestimmte Unternehmen und Sektoren beschränkt ist.

Neue oder angepasste technische Vorschriften über Anforderungen an Produkte, zum Beispiel hinsichtlich Leistungen und Kennzeichnung, gelten als technische Vorschriften und müssen im internationalen Kontext den Grundsätzen des WTOÜbereinkommens über technische Handelshemmnisse121 gerecht werden. Solche neuen oder angepassten technischen Vorschriften sind unter diesem Übereinkommen zu notifizieren. Zudem sind sie gleichfalls unter dem EFTA-Übereinkommen gegenüber der EU zu notifizieren, wenn die vorgeschlagenen technischen Vorschriften vom Recht der Europäischen Union abweichen.

Im Bereich des Klimaschutzes hat sich die Schweiz im Rahmen des KyotoProtokolls verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2008­2012 um acht Prozent gegenüber den Werten von 1990 zu senken. Ein Nachfolgeregime für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll konnte bisher nicht beschlossen werden.

Anlässlich der 18. UN-Klimakonferenz in Katar Ende 2012 willigten die 27 Staaten der EU sowie 11 weitere Industrieländer, darunter die Schweiz, ein, dieses Abkommen in einer zweiten, acht Jahre dauernden Verpflichtungsperiode weiterzuführen.

Im Jahr 2014 soll eine Überprüfung der CO2-Reduktionsziele stattfinden. Das Schweizerische Parlament verabschiedete am 23. Dezember 2011 das neue CO2Gesetz und schuf damit die gesetzliche Grundlage für die Klimapolitik der Schweiz von 2013­2020. Danach sind die Treibhausgasemissionen im Inland bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 gesamthaft um 20 Prozent zu verringern (Art. 3 Abs. 1 CO2-Gesetz).

Die Energiestrategie 2050 ist auf
die Erfüllung und Einhaltung dieser internationalen Verpflichtungen ausgerichtet. Im neuen Energiegesetz werden bereits bestehende Massnahmen, mit welchen die Energieeffizienz und der Umweltschutz im Energiebereich gefördert werden, weitergeführt und ausgebaut.

Die internationalen Verpflichtungen im Bereich des grenzüberschreitenden Handels und des Beihilferechts stehen den Fördermechanismen des Energiegesetzes zum heutigen Zeitpunkt nicht entgegen. In den aktuellen Stromverhandlungen mit der EU werden auch diese Themenkreise diskutiert (Zubau von erneuerbaren Energien, staatliche Beihilfen). Dadurch könnte es zu einer gewissen Asymmetrie zwischen den hier gemachten Vorschlägen und einer zukünftigen Verhandlungslösung in einem bilateralen Stromabkommen mit der EU kommen, welche anschliessend gelöst werden müsste. Beim Erlass von Ausführungsbestimmungen und beim Vollzug des Gesetzes ist daher weiterhin darauf zu achten, dass die Konformität mit den völkerrechtlichen Verträgen gewahrt bleibt.

120

Übereinkommen vom 4. Januar 1960 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation, SR 0.632.31.

121 Übereinkommen über technische Handelshemmnisse, SR 0.632.20, Anhang 1A.6.

7746

8.3

Erlassform

Die Vorlage beinhaltet wichtige rechtsetzende Bestimmungen, die nach Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen sind. Das Energiegesetz folgt demzufolge dem Verfahren der einfachen Gesetzgebung.

8.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Gemäss Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV bedürfen Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder beider Räte. Gemäss den Empfehlungen zur Umsetzung der Ausgabenbremse des Eidgenössischen Finanzdepartements soll die Ausgabenbremse neue Ausgaben ohne Rücksicht auf deren Finanzierung erfassen. Eine Privilegierung von Ausgaben, die durch zweckgebundene Einnahmen gedeckt werden können, ist nicht gerechtfertigt. Auch wenn solche Ausgaben das Ergebnis der Finanzrechnung nicht verschlechtern, auferlegen sie doch der Bürgerin und dem Bürger und der Wirtschaft eine zusätzliche Last.

Der für die Finanzierung der Einspeiseprämien, Vergütungen, Kosten und Entschädigungen nach Artikel 37 Absatz 2 EnG verwendete Netzzuschlag kann neu auf bis zu 2,3 Rappen/kWh erhöht werden (Art. 37 Abs. 3 der Vorlage; vgl. Art. 15b Abs. 4 des bisherigen Rechts). Als Folge dieser Anhebung ist mit neuen wiederkehrenden Ausgaben von weit mehr als zwei Millionen Franken zu rechnen.

Mit den Fördermassnahmen nach den Artikeln 53­59 des EnG wird hingegen das bisherige Fördersystem fortgesetzt; es werden keine neuen Ausgaben eingeführt.

8.5

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

8.5.1

Investitionsbeitrag Photovoltaik-, Wasserkraft- und Biomasse-Anlagen

Einmalige Beiträge für kleine Photovoltaik-Neuanlagen (Einmalvergütungen) und Investitionsbeiträge für Wasserkraft- sowie Kehrichtverbrennungs- und Klärgasanlagen (Art. 28­33 EnG) sind Finanzhilfen nach Artikel 3 Absatz 1 des Subventionsgesetzes. Im Rahmen der Energiestrategie 2050 soll die Nutzung einheimischer erneuerbarer Energien massiv gesteigert werden. Photovoltaik-Anlagen können in Zukunft einen nicht unerheblichen Beitrag zur Erfüllung der Ausbauziele gemäss Artikel 2 Absatz 1 des EnG leisten. Die Förderung der Photovoltaik ist aufgrund des Marktversagens in Bezug auf erneuerbare Energien notwendig. Ähnlich verhält es sich bei der Förderung der Produktion von Elektrizität aus Kleinwasserkraft und Biomasse. Auch hier ist die Rentabilität der Produktion häufig nicht gegeben.

Die Einmalvergütungen treten bei diesen Anlagen an die Stelle des vorher geltenden Modells der Einspeisevergütung. Die Beitragsgewährung soll in einem schlanken Verfahren erfolgen, das gegenüber dem bisherigen System effizienter und einfacher zu handhaben ist. Gleichzeitig werden die Höhe der Zahlungen wie auch die Kosten 7747

des Vollzugs reduziert. Die Anforderungen an die zu unterstützenden Anlagen werden vom Bundesrat nach transparenten Kriterien festgelegt.

Die Mittel, die jährlich für Einmalvergütungen für kleine Photovoltaik-Anlagen eingesetzt werden, sind begrenzt. Die Kontingente werden vom Bundesamt für Energie festgelegt (vgl. Art. 38 Abs. 2 und 3 EnG). Die Einmalvergütung beträgt höchstens 30 Prozent der bei der Inbetriebnahme massgeblichen Investitionskosten von Referenzanlagen (vgl. Art. 29 EnG). Die Empfänger der Finanzhilfe müssen demnach eine Eigenleistung im Umfang von mindestens 70 Prozent erbringen. Auch für die Beiträge für Wasserkraft- und Biomasse-Anlagen ist eine betragsmässige Begrenzung vorgesehen; für Biomasse-Anlagen ist sie bereits im Gesetz festgelegt (Art. 31 Abs. 1 EnG). Zudem ist eine Kontingentierung durch den Bundesrat bei Bedarf möglich (vgl. Art. 38 Abs. 4 EnG).

8.5.2

Förderung der Information, Beratung, Aus- und Weiterbildung, Energie- und Abwärmenutzung

Die Bestimmungen über Fördermassnahmen sowie über deren Finanzierung (Art. 53­59 EnG) haben im Vergleich zum bisher geltenden Recht nur geringfügige inhaltliche Änderungen erfahren. Gemäss dem Subventionsbericht des Bundesrates vom 30. Mai 2008122 sind diesbezüglich die Grundsätze des Subventionsrechts eingehalten.

Es werden Massnahmen unterstützt, die der Information und Beratung von Öffentlichkeit und Behörden über die umweltverträgliche und wirtschaftliche Energieversorgung, über rationelle Energienutzung sowie über die Nutzung der erneuerbaren Energien dienen (Art. 53 EnG). Zudem fördert der Bund die entsprechenden Ausund Weiterbildungsprogramme (Art. 54 EnG). Im Rahmen von Artikel 56 EnG werden in erster Linie Förderprogramme der Kantone für rationelle Energienutzung und erneuerbare Energien unterstützt. Seit dem Jahr 2010 erfolgt die Finanzierung vorwiegend mittels eines Teils des Ertrags der CO2-Abgabe. Die Förderung soll einen Beitrag zur Erreichung der Verbrauchsziele, der Ausbauziele für Elektrizität aus erneuerbaren Energien sowie der Klimaziele leisten.

Die Förderung der genannten Massnahmen erfolgt entweder in der Form von Globalbeiträgen an die Kantone oder als Finanzhilfen an Einzelprojekte. Ein Kanton erhält nur dann Globalbeiträge, wenn er über ein eigenes kantonales Förderprogramm verfügt. Diese Voraussetzung ist in allen Kantonen erfüllt. Die gewährten Globalbeiträge werden gemäss einem Verteilschlüssel zugeteilt, der die Wirksamkeit der Massnahmen berücksichtigt. Sie unterliegen einem Verwendungsnachweis und einer Evaluation. Die Kantone müssen die Beiträge um mindestens den gleichen Betrag erhöhen.

Bei der Finanzierung von Einzelprojekten belaufen sich die Beiträge auf 40 Prozent, ausnahmsweise 60 Prozent der anrechenbaren Kosten.

122

BBl 2008 6229 (Anhang) 6708 f. und 6714 f.

7748

8.5.3

Forschungsförderung

Im Bereich der Grundlagenforschung, der anwendungsorientierten Forschung und der forschungsnahen Entwicklung neuer Energietechnologien (Art. 55 EnG) wird die Förderung, wie sie bisher stattgefunden hat, weitergeführt. Auch diesbezüglich sind die Grundsätze des Subventionsrechts eingehalten.123 Die Energieforschung ist langfristig von Bedeutung, weil durch die Entwicklung neuer Technologien Umweltbelastungen reduziert und zudem auch volkswirtschaftliche Impulse gesetzt werden. Da die Energiepreise heute die externen Kosten (Klimawandel, Gesundheitskosten, usw.) ungenügend berücksichtigen und die Entwicklung und Einführung neuer Energietechnologien in der Regel lange dauern, ist das Risiko für die Wirtschaft oft zu gross, Forschung im Energiebereich zu betreiben.

Die Steuerung der Bundesbeiträge erfolgt über die jährlichen Kredite. Berücksichtigt werden nur Projekte, die dem Energieforschungskonzept des Bundes entsprechen und für die nur ungenügende andere Finanzierungsquellen zur Verfügung stehen.

Forschungsprojekte gemäss Artikel 55 Absatz 2 EnG (Pilot- und Demonstrationsanlagen sowie Pilot- und Demonstrationsprojekte) werden mit Beiträgen von 40 Prozent, ausnahmsweise 60 Prozent, der anrechenbaren Kosten unterstützt.

8.6

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Das neue Energiegesetz enthält, wie bereits das Energiegesetz von 1998, gestützt auf Artikel 182 BV verschiedene Delegationsnormen zum Erlass von Verordnungsrecht.

Diese Rechtsetzungsermächtigungen beschränken sich jeweils auf einen bestimmten Regelungsgegenstand und sind nach Inhalt, Zweck und Ausmass hinreichend konkretisiert124: Die Delegationen beziehen sich insbesondere auf die Festlegung von Ausbau- und Verbrauchszielen und anderen Zielvorgaben (Art. 2 Abs. 3, Art. 3 Abs. 3, Art. 48 Abs. 3), auf die Bestimmung der zu bearbeitenden Personendaten beziehungsweise der Daten und Informationen, die andere Stellen bekannt geben müssen (Art. 64 Abs. 3 sowie Art. 62 Abs. 2 und Art. 65), auf den Erlass von Detailoder Spezialregelungen sowie von Verfahrensbestimmungen im Rahmen des Einspeisevergütungssystems, der im 5. Kapitel geregelten Investitionsbeiträge und der Rückerstattung des Netzzuschlags (Art. 19 Abs. 6 und 7, 22 Abs. 2 und 4, 24 Abs. 1 und 4, 26 Abs. 4, 28 Abs. 4, 33 Abs. 1 und 3, 42 Abs. 5, 45) und auf den Erlass von Ausnahmeregelungen (Art. 10 Abs. 5, 15 Abs. 1, 43, 58 Abs. 3). Weiter ist der Bundesrat zuständig für die Festlegung des Netzzuschlags sowie die Bestimmung von Referenz-Marktpreisen, (Grenz-) Werten, Vergütungssätzen sowie Vergütungsund Beitragshöhen (Art. 37 Abs. 3, 14 Abs. 4, 23 Abs. 2, 22 Abs. 4, 29 Abs. 2, 30 Abs. 2, 31 Abs. 2). Ebenfalls in seine Zuständigkeit fällt der Erlass von Vorschriften zur Reduktion des Energieverbrauchs für serienmässig hergestellte Anlagen, Fahrzeuge, Geräte und für deren serienmässig hergestellte Bestandteile (Art. 45 Abs. 1).

Letztlich werden auch im CO2-Gesetz diverse materielle Bestimmungen gestrichen und durch eine Delegationsnorm ersetzt. Betroffen sind primär Ausnahme- und Sonderregelungen (Art. 10a und 13 Abs. 2 CO2-Gesetz).

123 124

Subventionsbericht vom 30. Mai 2008 (Anhang), BBl 2008 6710 f., 6716 f.

Vgl. bezüglich der bisher geltenden Bestimmungen: Botschaft zum Energiegesetz von 1998, a.a.O., BBl 1996 IV 1155.

7749

Mit diesen Delegationen soll der Gesetzestext von Bestimmungen mit hohem Konkretisierungsgrad entlastet werden. Bei den vom Bundesrat festzulegenden Regelungen handelt es sich zudem zum grossen Teil um Inhalte, bei denen rasche Anpassungen nötig sein können, um den sich ändernden Marktverhältnissen oder technischen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Der Gesetzesentwurf wird deswegen in den genannten Bereichen zulässigerweise darauf beschränkt, den Regelungsgegenstand zu umschreiben.

Im Bereich der Vorschriften über Fahrzeugemissionen wird das UVEK als zuständig bezeichnet, jährlich die für das Überschreiten der individuellen Zielvorgabe geschuldete Sanktion zu berechnen und zu publizieren (Art. 13 Abs. 1bis CO2-Gesetz).

Es handelt sich hierbei um einen technischen Vorgang, eine blosse Anpassung entsprechend den in der Verordnung festgelegten Formeln, weshalb eine Delegation an das UVEK sachgerecht erscheint.

Gemäss dem Gesetzesentwurf ist das Bundesamt für Energie zuständig, die Höhe der Photovoltaik-Kontingente im Einspeisevergütungssystem zu bestimmen (Art. 38 Abs. 2), und es kann auch für die Investitionsbeiträge nach den Artikeln 30 und 31 einen Betrag zur Begrenzung der Mittel festlegen (Art. 38 Abs. 4). Ausnahmsweise und im Einzelfall legt es zudem den Vergütungssatz fest (Art. 22 Abs. 2 Bst. b).

Ferner regelt es das Auktionsverfahren gemäss Artikel 26 EnG und bezeichnet standardisierte Massnahmen für Effizienzsteigerungen (Art. 50 Abs. 2). Die Zuständigkeit des BFE in diesen Bereichen ist gerechtfertigt, weil es sich hierbei um Entscheide handelt, welche auf der Basis von technischem Fachwissen und in Abstimmung auf die jeweiligen Umstände getroffen werden müssen.

In Artikel 66 Absatz 3 wird schliesslich die Möglichkeit der Subdelegation an das Bundesamt für Energie im Bereich von technischen und administrativen Vorschriften vorgesehen (vgl. Art. 48 Abs. 2 RVOG).

8.7

Datenschutz

Das Bundesamt für Energie trägt bei seiner Tätigkeit den verfassungsmässig garantierten Persönlichkeitsrechten, die im Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (DSG) konkretisiert werden, Rechnung. Gemäss Artikel 17 DSG bedarf es für die Bearbeitung besonders schützenswerter Personendaten sowie von Persönlichkeitsprofilen einer ausdrücklichen Regelung in einem Gesetz im formellen Sinn.

Die Berechtigung des Bundesamts für Energie zur Bearbeitung von Personendaten unter Einschluss von besonders schützenswerten Daten über strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen in den ausdrücklich genannten Bereichen sowie zu deren elektronischer Aufbewahrung wird in Artikel 64 der Vorlage verankert.

Auch für die Bekanntgabe von Personendaten durch Bundesorgane bedarf es gemäss Artikel 19 DSG einer gesetzlichen Grundlage. Diese muss sich ausdrücklich auf die Bekanntgabe, also auf die Weitergabe oder Veröffentlichung der Daten an Dritte beziehen. Artikel 19 DSG gilt sowohl für den Datenaustausch zwischen Bundesorganen wie auch für die Weitergabe von Daten an kantonale, kommunale und ausländische Behörden und an private Personen im In- und Ausland.125 Eine diesen Anforderungen entsprechende Rechtsgrundlage wird neu in Artikel 65 Absatz 2 EnG in 125

Vgl. Botschaft zum Bundesgesetz über den Datenschutz, BBl 1988 II 413 469.

7750

Bezug auf die Veröffentlichung der von den Unternehmen der Energiewirtschaft allfällig bekannt zu gebenden Daten geschaffen.

In Artikel 62 der Vorlage wird die Verpflichtung verschiedener Stellen verankert, dem BFE die zur Durchführung der Untersuchungen und zur Erstellung des Monitorings nach Artikel 61 notwendigen Personendaten und Informationen auf Anfrage hin zur Verfügung zu stellen. Bei den betroffenen Daten handelt es sich nicht um besonders schützenswerte Daten im Sinne von Artikel 3 Buchstabe c DSG. Die Veröffentlichung der Ergebnisse der Untersuchungen (vgl. Art. 61 Abs. 2) muss in der Weise erfolgen, dass nach der allgemeinen Lebenserfahrung keine Rückschlüsse auf die betroffenen juristischen Personen mehr möglich sind. Die Daten können auch für statistische Auswertungen genutzt werden, sofern die Voraussetzungen von Artikel 22 Absatz 1 DSG erfüllt sind.

Weitere spezifische Pflichten zur Lieferung von Daten werden in den Artikeln 51 Absatz 2 und 69 Absatz 2 EnG festgelegt. Gemäss Artikel 65 EnG kann der Bundesrat den Unternehmen der Energiewirtschaft zudem aus Gründen der Transparenz und der Information ebenfalls eine Verpflichtung zur Herausgabe von Personendaten auferlegen.

7751

Abkürzungsverzeichnis a.a.O.

AB ACER

am angeführten Ort Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (Agency for the Cooperation of Energy Regulators) AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union ARA Abwasserreinigungsanlage Art.

Artikel ASTRA Bundesamt für Strassen BAFU Bundesamt für Umwelt BAV Bundesamt für Verkehr BBl Bundesblatt BD BDP Fraktion BDP Bürgerlich-Demokratische Partei BFE Bundesamt für Energie BGE Bundesgerichtentscheid BGF Bundesgesetz vom 21. Juni 1991 über die Fischerei BGG Bundesgesetz vom 17. Juni über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz) BIP Bruttoinlandprodukt BJ Bundesamt für Justiz BLN Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung BR Bundesrat Bst.

Buchstabe BV Bundesverfassung ca.

zirka CO2-Gesetz Bundesgesetz vom 23. Dezember 2011 über die Reduktion der CO2-Emissionen CO2-Verordnung Verordnung vom 30. November 2012 über die Reduktion der CO2-Emissionen CVP Christlichdemokratische Volkspartei DEZA Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DSG Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz DZM Dienstleistungszentrum für eine nachhaltige und innovative Mobilität E.

Erwägung EDA Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten EDI Eidgenössisches Departement des Innern EDF Électricité de France (Französische Elektrizitätsgesellschaft) EE Erneuerbare Energien

7752

EFD EFTA EG EHS EleG EnDK EnG ENHK EnR ENSI ENSIG ENTSO EnV ES et al.

ETH ETS EU EU-ETS Euratom EV EVP EVU EWR ff.

g GEAK GJ glp GuD GVB GW GWh IAEA IEF IKT inkl.

Eidgenössisches Finanzdepartement Europäische Freihandelsassoziation (European Free Trade Association) Europäische Gemeinschaft Emissionshandelssystem Bundesgesetz vom 24. Juni 1902 betreffend die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen (Elektrizitätsgesetz) Konferenz Kantonaler Energiedirektoren Energiegesetz vom 26. Juni 1998 Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission Europäisches Netzwerk der Energieagenturen Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat Bundesgesetz vom 22. Juni 2007 über das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber (European Network of Transmission System Operators) Energieverordnung vom 7. Dezember 1998 Energiestrategie und andere (et alii) Eidgenössische Technische Hochschule Emissionshandelssystem (Emission Trading System) Europäische Union EU-Emissionshandelssystem (European Union Emission Trading System) Europäischen Atomgemeinschaft Einspeisevergütung Evangelische Volkspartei der Schweiz Energieversorgungsunternehmen Europäischer Wirtschaftsraum folgende (Seiten) Gramm Gebäudeenergieausweis der Kantone Gigajoule Grünliberale Partei Schweiz Gaskombikraftwerke Grossverbraucher des Bundes Gigawatt Gigawattsstunde Internationale Atomenergieagentur International Energy Forum Informations- und Kommunikationstechnologie inklusive

7753

ITC IRENA KEG KEV Kg KHG KKW KOM KVA kW KW kWh LVG M MinöSt Mio.

MOFIS Mrd.

MuKEN MW MWh MWST N NEA NEAT NEP NHG Nr.

NRA NTC OECD OPEC P pa. Iv.

PJ POM RES-Richtlinie RL 7754

Inter TSO (Transmission System Operator) Compensation mechanism Internationale Agentur für Erneuerbare Energien Kernenergiegesetz vom 21. März 2003 Kostendeckende Einspeisevergütung Kilogramm Kernenergiehaftpflichtgesetz vom 18. März 1983 Kernkraftwerk Europäische Kommission Kehrichtverbrennungsanlage Kilowatt Kraftwerk Kilowattstunde Bundesgestz vom 8. Oktober 1982 über die wirtschaftliche Landesversorgung (Landesversorgungsgesetz) Motion Mineralölsteuer Million Fahrzeug- und Fahrzeughalterregister Milliarde Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich Megawatt Megawattstunde Mehrwertsteuer Nationalrat Kernenergieagentur der OECD Neue Eisenbahn-Alpentransversale Neue Energiepolitik Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz Nummer Nationale Energieregulatoren (National Regulatory Authorities) Net Transfer Capacity (Netztransferkapazität) Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Co-operation and Development) Organisation Erdöl exportierender Staaten (Organization of the Petroleum Exporting Countries) Postulat Parlamentarische Initiative Petajoule Politische Massnahmen Bundesrat Richtlinie zur Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen FDP-Liberale Fraktion

RLG RPG RVOG S S.

SBB SECO SFSV SIA SR StromVG StromVV TAP THG TW TWh UN-ECE UNO UREK USA UVEK UVP WAS-Modell WASTA WBF WKK WRG WTO WWB Ziff.

ZWILAG

Bundesgesetz vom 4. Oktober 1963 über Rohrleitungsanlagen zur Beförderung flüssiger oder gasförmiger Brenn- oder Treibstoffe (Rohrleitungsgesetz) Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz) Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 Ständerat Seite Schweizerische Bundesbahnen Staatssekretariat für Wirtschaft Spezialfinanzierung Strassenverkehr Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein Systematische Rechtssammlung Bundesgesetz vom 23. März 2007 über die Stromversorgung (Stromversorgungsgesetz) Stromversorgungsverordnung vom 14. März 2008 Trans Adriatic Pipeline Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über die technischen Handelshemmnisse Terawatt Terawattstunde Energie-Komitee des UNO-Wirtschaftskommission Organisation der Vereinten Nationen (United Nations Organization) Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie Vereinigte Staaten von Amerika (United States of America) Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Umweltverträglichkeitsprüfung Wahlmodell Abgesicherte Stromversorgung Wasserkraftstatistik Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung Wärmekraftkopplung Bundesgesetz vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte (Wasserrechtsgesetz) Welthandelsorganisation (World Trade Organization) Szenario Weiter wie bisher Ziffer Zwischenlager

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