07.059 Botschaft zur Änderung des Bundesbeschlusses über die Erneuerung des Bürgschafts-Rahmenkredits für die Sicherung eines ausreichenden Bestandes an Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge vom 27. Juni 2007

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen den Entwurf einer Änderung des Bundesbeschlusses vom 5. Juni 2002 über die Erneuerung des Bürgschafts-Rahmenkredits für die Sicherung eines ausreichenden Bestandes an Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge (BBl 2002 5249) mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

27. Juni 2007

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Micheline Calmy-Rey Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2007-0601

5215

Übersicht In Fortführung der bisherigen Hochseeschifffahrtsförderung des Bundes haben die eidgenössischen Räte Mitte 2002 für weitere zehn Jahre einen Bürgschaftsrahmenkredit von 600 Millionen Franken zur Erleichterung der Finanzierung schweizerischer Seeschiffe bewilligt. Ziel dieser Förderungspolitik ist die Aufrechterhaltung einer angemessenen schweizerischen Handelstonnage zur Sicherung der Ein- und Ausfuhren in Krisenzeiten. Das schweizerische Bürgschaftssystem, das seit 1959 institutionalisiert ist, hat sich als höchst erfolgreich erwiesen. In den vergangenen Jahren konnten damit im Durchschnitt 25 Schiffe verschiedenen Typs und verschiedener Grösse mit einer Gesamttonnage von derzeit über 800 000 Tonnen Tragfähigkeit unter Schweizer Flagge gestellt werden, die in einem Krisenfall jederzeit für die Bedürfnisse der Landesversorgung zur Verfügung stünden.

Auch 17 Jahre nach dem Ende des Kalten Kriegs hat sich gezeigt, dass eine eigene Handelsflotte trotz stark gewandelter Sicherheitslage nach wie vor einem realen versorgungspolitischen Bedürfnis entspricht. In der heutigen globalisierten Wirtschaft, in der ein bisher noch nie gekannter weltweiter Güteraustausch stattfindet, kommt der Seeschifffahrt eine Schlüsselfunktion zu, werden doch 97 Prozent aller Güter mindestens einmal über die Meere transportiert, ehe sie zum Konsumenten und zur Konsumentin gelangen. Der harte Wettbewerb verlangt von den Marktteilnehmern die Ausschöpfung aller Kostensenkungsmöglichkeiten und damit auch einen weitgehenden Abbau von Vorräten an Rohstoffen, Energieträgern, Lebensmitteln, Halbprodukten und Ersatzteilen. Nur dank effizienter Transport- und Logistiksysteme werden diese Güter nach dem Prinzip von «just-in-time» exakt in dem Zeitpunkt angeliefert, in dem sie gebraucht werden. Indessen geht es den Industrieund Handelsnationen aber längst nicht mehr allein um die Sicherung des überseeischen Nachschubs mit Rohstoffen, Energieträgern und Lebensmitteln für den Eigenbedarf, sondern im globalen Wettbewerb auch um die Sicherung des eigenen Wirtschaftsstandortes. Eine massive Förderung der eigenen Handelsflotten durch alle maritimen Nationen ist deshalb Teil dieses Wettbewerbs. Da im Falle erheblicher Störungen des Seeverkehrs Schiffstonnage erfahrungsgemäss stets sehr rasch knapp wird, sind führende Flaggenstaaten
notfalls auch bereit, für eigene wirtschaftliche und militärische Zwecke die Hand auf ihre Flotten zu legen. Für das Binnenland Schweiz stellen die Seetransporte das schwächste Glied in der Versorgungskette dar. Aufgrund des Versorgungsauftrags von Artikel 102 BV, welcher vom Bund die Sicherstellung lebenswichtiger Dienstleistungen verlangt, gilt es deshalb, eine angemessene und zweckmässige Handelstonnage zur Überwindung von Engpässen in der Güterversorgung bereitzustellen. Damit leistet die Schweizer Flotte in Krisenfällen nicht nur einen Beitrag zur Versorgungssicherheit im klassischen Sinne, sondern trägt angesichts intensiver globaler Verflechtungen auch zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Schweiz bei.

Erklärtes Ziel der laufenden Bürgschaftsaktion von 2002 ist der schrittweise Ersatz des Flottenbestandes bis zum Ende der zehnjährigen Laufzeit. Die Höhe des dafür bewilligten Rahmenkredits beruht auf Erfahrungszahlen der letzten Bürgschaftsaktion von 1992­2002. Seit dem konjunkturellen Aufschwung der Weltwirtschaft ab

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dem Jahr 2003 haben sich die Schiffspreise aber um mindestens 50 Prozent erhöht.

Reeder, die nicht rechtzeitig Schiffe gekauft oder bestellt hatten, warten deshalb mit Ersatzbeschaffungen weiter zu. Dadurch wird es schon in zeitlicher Hinsicht nicht möglich sein, bis zum Ende der Laufzeit das Erneuerungsziel zu erreichen. Gegenwärtig sind rund drei Viertel des Kredits entweder für bereits abgelieferte Schiffe verwendet oder für konkrete Projekte fest zugesagt worden. Für den Ersatz von einem guten Dutzend Schiffe reichen die zugesagten und noch freien Bürgschaftsmittel aber nicht aus, selbst wenn in ein paar Jahren wieder mit einem spürbaren Rückgang der Preise gerechnet werden darf. Hinzu kommt, dass politische und wirtschaftliche Entwicklungen eine Ergänzung der gut diversifizierten Trockengutflotte durch eine beschränkte Zahl mittlerer Produktetanker nötig macht. Für solche Tankschiffe waren ursprünglich keine Mittel vorgesehen. Der Bundesrat beantragt deshalb, den bestehenden Bürgschaftsrahmenkredit um 500 Millionen Franken zu erhöhen und gleichzeitig die Laufzeit um 5 Jahre zu verlängern. Dadurch wird der bisher im Durchschnitt pro Jahr zur Verfügung stehende Bürgschaftsbetrag moderat von 60 auf rund 73 Millionen Franken erhöht.

Seit sich der Bund in der Schifffahrtsförderung engagiert hat, hat er noch keinen einzigen Franken verloren. Das Risiko des Bundes ist indessen nicht bloss wegen dieses einmalig günstigen Verlaufs als ausserordentlich gering einzustufen. Für den Fall, dass der Bund trotzdem einmal sein Bürgschaftsversprechen einlösen müsste, stünde ihm eine entsprechende Forderung gegenüber dem Eigner zu, die durch ein erstrangiges Schiffspfandrecht sowie durch sämtliche an ihn abgetretenen Versicherungsleistungen gesichert ist. Gemessen an diesem marginalen Restrisiko erhält der Bund durch sein Engagement ein hohes Mass an Versorgungssicherheit.

5217

Botschaft 1

Ausgangslage und Rahmenbedingungen

1.1

Ausgangslage

Seit Ende der Vierzigerjahre fördert der Bund die Schweizer Hochseeflotte im Interesse der wirtschaftlichen Landesversorgung. Anfänglich gewährte er dafür zinsgünstige Darlehen und seit 1959 beteiligt er sich subsidiär an der Finanzierung mittels Bürgschaften gegenüber den Darlehensgebern. Das Parlament bewilligte seinerseits jeweils für eine bestimmte Laufzeit einen Bürgschaftsrahmenkredit. Mit dem «Bundesbeschluss vom 5. Juni 2002 über die Erneuerung des Bürgschafts-Rahmenkredits für die Sicherung eines ausreichenden Bestandes an Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge» (BBl 2002 5249) haben die eidgenössischen Räte letztmals einen solchen Kredit in Höhe von 600 Millionen Franken für eine Laufzeit von zehn Jahren gesprochen. Damit haben Bundesrat und Parlament ihren Willen zur Fortsetzung der bisherigen erfolgreichen Hochseeflottenpolitik im Interesse des Landes bestätigt.

Nach halber Laufzeit zeigt sich, dass die Mittel des Bürgschaftskreditrahmens zur Finanzierung von Schiffen entweder bereits benützt worden sind oder dass für konkrete Projekte verbindliche Bürgschaftszusagen erteilt wurden. Angesichts massiver Preissteigerungen in den letzten Jahren werden diese Mittel aber nicht ausreichen, um, wie geplant, die bestehende Trockenguttonnage im bisherigen Rahmen ersetzen zu können. Angesichts der in der ersten Hälfte der Laufzeit geübten Zurückhaltung der Schiffseigner mit Reinvestitionen aufgrund des hohen Preisniveaus wird aber auch der zeitliche Rahmen für die geplante Flottenerneuerung kaum mehr ausreichen.

In seiner «Botschaft vom 7. November 2001 betreffend den Bundesbeschluss über die Erneuerung des Bürgschafts-Rahmenkredits für die Sicherung eines ausreichenden Bestandes an Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge» hat der Bundesrat in Bezug auf die Zusammensetzung der Flotte ausgeführt, für die Schweiz bestehe, insbesondere wegen ihrer Mitgliedschaft in der Internationalen Energieagentur (IEA) und wegen deren Notstandssystem, unter den gegebenen Umständen kein Bedarf für Rohöl- oder Ölproduktetanker. Sollten sich die Rahmenbedingungen jedoch ändern, müsse diese Frage erneut geprüft werden (BBl 2002 925 939).

Inzwischen haben sich die Rahmenbedingungen insofern geändert, als nun auch die IEA ­ ähnlich wie die Schweiz ­ vorsieht, die Versorgung nicht mehr in erster Linie durch ein
verhältnismässig starres Zuteilungssystem mit festen Länderquoten, sondern durch ein Zusammenwirken von Lagerfreigaben und Marktkräften sicherzustellen. Hinzu kommt, dass in den Industriestaaten immer mehr Engpässe bei der Raffination von Erdöl bestehen, während Förderländer im Mittleren Osten sowie in Nord- und Westafrika dazu übergegangen sind, entsprechende Kapazitäten auch für den Export aufzubauen. Aus verschiedenen Gründen besteht inzwischen aber weltweit Knappheit an Produktetankern. Die Bereitstellung einer gewissen flexibel einsetzbaren Tonnage an solchen Tankern ist heute aus der Sicht der wirtschaftlichen Landesversorgung angezeigt, dies nicht zuletzt auch aus folgenden Gründen: Die hohen Erdölpreise lassen es zusehends interessanter erscheinen ­ wenn auch vorerst noch in bescheidenem Rahmen ­, Erdölprodukte teilweise durch Treib- und Brennstoffe zu substituieren, welche aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen 5218

werden. In grösserem Umfang werden diese aber insbesondere in überseeischen Gebieten Südamerikas und Asiens angebaut. Die Möglichkeit, dadurch gleichzeitig handelbare Umweltzertifikate zu erwerben, lassen dieses Geschäft immer attraktiver erscheinen. Schliesslich zeigt sich ganz generell, dass der verstärkte globale Güteraustausch auch vor Flüssiggütern nicht Halt macht. Heutzutage werden im weltweiten Handel flüssige Chemikalien und Lebensmittel, so wie alle übrigen Güter, in zunehmendem Masse über die Meere verschifft. Die Summe dieser Faktoren hat die Ausgangslage soweit verändert, dass sich eine angemessene Ergänzung der bestehenden Produktetankerflotte rechtfertigt. Der bewilligte Bürgschaftsrahmenkredit reicht jedoch nicht aus, um neben der Erneuerung der Trockengutflotte auch die notwendigen Anreize für eine angemessene Anzahl Produktetanker schaffen zu können.

Was seinerzeit zur Begründung der Notwendigkeit einer schweizerischen Hochseeflotte angeführt wurde, hat nach wie vor vollumfängliche Gültigkeit. Insofern kann auf die Ausführungen in der entsprechenden Botschaft verwiesen werden (BBl 2002 925).

1.2

Vorverfahren

Im Rahmen der Vorbereitung dieser Vorlage wurde den interessierten Seeschifffahrtskreisen, dem schweizerischen Seereederverband, der economiesuisse, der Gewerkschaft Unia und der Schweizerischen Erdölvereinigung Gelegenheit zur Meinungsäusserung gegeben. Die Betroffenen begrüssen die Erhöhung des Bürgschaftsrahmenkredits und die gleichzeitige Verlängerung der Laufzeit um fünf Jahre.

Der Seereederverband erachtet den vorgeschlagenen zusätzlichen Betrag angesichts des herrschenden Preisniveaus für Schiffe jedoch als zu knapp. Die Schweizerische Erdölvereinigung vermag in einer Produktetankerflotte zwar keinen unmittelbaren Nutzen für die Mineralölversorgung der Schweiz zu erkennen, sieht darin aber durchaus Vorteile für die Landesversorgung im Sinne von «assets».

1.3

Rahmenbedingungen

1.3.1

Wirtschaftliche Bedeutung der Hochseeschifffahrt

In den letzten 25 Jahren, insbesondere aber nach dem Ende des Kalten Krieges, haben sich die Märkte schrittweise in einem bisher nie gekannten Masse geöffnet.

Das hat einen beinahe ungehinderten weltweiten Güteraustausch ermöglicht, von dem vor allem die Volkswirtschaften der Industrie- und Schwellenländer stark profitiert haben. Dieser Globalisierungsprozess, der sich durch einen harten internationalen Wettbewerb auszeichnet, ist praktisch unumkehrbar geworden. In diesem Wettbewerb spielt der Kostenfaktor die beherrschende Rolle. So werden Kosten vor allem durch konsequentes Ausnützen der Standortvorteile reduziert. Das ist nicht ohne weitreichende strukturelle Folgen für die Weltwirtschaft geblieben. Produziert wird dort, wo die Herstellungskosten am günstigsten sind, was wiederum dazu führt, dass ein industriell gefertigtes Gut im Veredelungsverkehr oft mehrmals von einem Produktionsstandort zum andern befördert wird, ehe es zum Konsumenten und zur Konsumentin gelangt. Der Kostendruck hat aber auch weitere Konsequenzen offenbart: Vorräte an Rohstoffen, Energieträgern, Halbfabrikaten und Ersatzteilen werden 5219

abgebaut oder auf ein absolutes Minimum reduziert, da sie erhebliche finanzielle Mittel binden. Wollen die Marktteilnehmer wettbewerbsfähig bleiben, müssen sie solche Kosten vermeiden. Güter werden deshalb nach dem Prinzip von «just-intime» genau in dem Zeitfenster angeliefert, in dem sie benötigt werden. Voraussetzung für diese Wirtschaftsstruktur ist jedoch, dass die Logistik-, Kommunikationsund Transportstrukturen jederzeit einwandfrei und zuverlässig funktionieren.

Gefragt sind heute Systeme, welche einen möglichst reibungslosen Ablauf mit einem minimalen Güterumschlag erlauben. Ein herausragender Zeuge dieser Entwicklung ist der normierte Containerverkehr, welcher Jahr für Jahr Rekordzuwächse verzeichnet.

In der globalisierten Wirtschaft kommt den Transporten zu Wasser, zu Land und in der Luft zusehends eine grössere Bedeutung zu. Der Seeverkehr spielt in diesem System eine unersetzliche Rolle, denn gut 97 Prozent aller Güter werden heute mindestens einmal, meist aber mehrmals, über die Meere transportiert, ehe sie zum Konsumenten und zur Konsumentin gelangen. Diese stark gewachsene Bedeutung der Seeschifffahrt hängt einerseits mit dem massiv gestiegenen Transportvolumen und den immer längeren Transportstrecken zusammen. Andererseits sind die Seetransporte ­ im Gegensatz zu den Land- und Flusstransporten, bei denen zwischen den einzelnen Verkehrsträgern ein scharfer Wettbewerb herrscht ­ vor allem im interkontinentalen Verkehr ohne Konkurrenz. Der Wettbewerb findet hier innerhalb der Branche statt. Zusammenfassend ist deshalb festzustellen, dass sich die Rolle der Seeschifffahrt im Zeitraum der vergangenen 15 Jahre als Folge des strukturellen Wandels der Weltwirtschaft erheblich verstärkt hat und dass sie unverzichtbarer Teil der globalen Wirtschaft geworden ist. Entsprechend der gestiegenen wirtschaftlichen Bedeutung hat sich die Welthandelstonnage im selben Zeitraum um 35 Prozent erhöht. Von 1990­2005 ist der weltweite Seehandel von 3977 auf 6247 Millionen Tonnen (berücksichtigt sind Schiffe ab 100 BRT/BRZ) angewachsen und in derselben Periode haben sich die zur See gefahrenen Meilen pro Tonne von 17 121 Milliarden auf 26 355 Milliarden erhöht.1

1.3.2

Die Seeschifffahrt als versorgungspolitisches Risiko für den Welthandel

Die ökonomischen Vorteile des weltweiten Güteraustauschs und die herausragende Rolle, die der Seeverkehr dabei spielt, sind unbestritten. Dieser kann aber in kritischen Situationen gerade wegen weitgehend fehlender Alternativen rasch zum Nadelöhr werden. Die Seeschifffahrt ist für sicherheits- und handelspolitische, aber auch für natürliche und technische Risiken und Gefahren überdurchschnittlich anfällig. Schwere Störungen oder ein Unterbruch des Seeverkehrs in wirtschaftlichen Schlüsselregionen, etwa in Asien, hätten innert kürzester Zeit gravierende Auswirkungen auf den Handel und damit auf die Versorgung mit Rohstoffen, Energieträgern und Halbfabrikaten sowie auf die industrielle Produktion und damit auf die gesamte Weltwirtschaft. Im Falle grösserer Krisen und militärischer Konflikte greifen die involvierten Staaten erfahrungsgemäss rasch auf die zivile Tonnage, um ihre logistischen Bedürfnisse sicherzustellen. Dadurch entziehen sie aber dem zivilen Markt die entsprechenden Kapazitäten. Engpässe bei der Schiffstonnage entste1

Institut für Seeschifffahrt und Logistik (ISL) der Universität Bremen.

5220

hen aber keineswegs nur im Falle staatlicher Eingriffe: Machtpolitische Spannungen, wirtschaftspolitische Massnahmen gegen bestimmte Staaten oder Staatengruppen, Terrorismus sowie Natur- und technische Katastrophen können zu einer erhöhten Nachfrage und damit zu erheblichen Verknappungserscheinungen bei der Schiffstonnage führen. Jüngstes Beispiel dafür ist der völlig ausgetrocknete Produktetankermarkt als Folge der Zerstörung zahlreicher US-amerikanischer Erdölraffinerien durch die Wirbelstürme Rita und Katrina im Sommer und Herbst 2005. Damals waren von August bis November überhaupt keine Produktetanker mehr am Markt erhältlich, weil die vorhandene Tankertonnage langfristig verchartert war und sämtliche noch frei verfügbaren Schiffe für den Transport von Erdölprodukten von Europa, Südamerika und Asien nach den USA eingesetzt wurden. Entsprechend der Nachfrageexplosion nach solcher Tonnage sind auch die Charterraten in noch nie gekannte Höhen gestiegen und haben die Erdölprodukte zusätzlich verteuert. Dieses Beispiel hat deutlich gemacht, wie schnell aufgrund eines einzelnen Ereignisses am Markt sektorielle Verknappungserscheinungen entstehen können. Der Grund hiefür ist, dass es trotz gelegentlicher sektorieller Überkapazitäten keine grösseren Tonnagereserven gibt. Die vorhandenen Schiffskapazitäten sind aus wirtschaftlichen Gründen nicht auf ausserordentliche Situationen, sondern auf eine über Jahre gewachsene normale Nachfrage ausgerichtet. Treffen gleichzeitig mehrere ausserordentliche Ereignisse ein, wie sie seinerzeit in der Botschaft vom 7. November 2001 in Ziffer 2.1.3 (BBl 2002 931 f) ausführlich dargestellt worden sind, so kann es sehr rasch zu krisenhaften Erscheinungen in der Weltwirtschaft kommen.

1.3.3

Nationale Flottenförderungsprogramme zur Sicherung der wirtschaftlichen Konkurrenzfähigkeit

Die seefahrenden Nationen haben ihre Schifffahrt lange Zeit vorwiegend unter sicherheits- und versorgungspolitischen Gesichtspunkten im engern Sinne betrieben.

Im Wesentlichen ging es darum, den Nachschub mit Rohstoffen und anderen lebenswichtigen Gütern für die eigene nationale Wirtschaft sicherzustellen. Mit dem Instrument der Seeschifffahrtspolitik sind aber bereits in der Vergangenheit auch industrie- und beschäftigungspolitische Ziele verfolgt worden. Diese klassischen Ziele werden zwar nach wie vor anvisiert, sind inzwischen aber, insbesondere was die sicherheitspolitischen Aspekte betrifft, etwas in den Hintergrund gerückt.

Demgegenüber steht im globalen Wettbewerb für Industrienationen und aufstrebende Schwellenländer der Erhalt der Konkurrenzfähigkeit ihres eigenen nationalen Wirtschaftsstandorts an vorderster Stelle. Flottenförderung wird heute vor allem unter diesem Aspekt betrieben, denn konkurrenzfähig bleibt nur, wer in der Lage ist, seine Produkte jederzeit und überall herstellen zu lassen, und wer überdies über eine hohe Lieferbereitschaft zu wettbewerbsfähigen Preisen verfügt. Dass dies gleichzeitig die Fähigkeit verlangt, die erforderlichen Rohstoffe, Energieträger, Halbfabrikate und Ersatzteile beschaffen zu können, versteht sich dabei von selbst. Eine eigene leistungsfähige Handelsflotte ist deshalb eine wichtige Voraussetzung, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können.

Die Industrienationen und die aufstrebenden Schwellenländer fördern ihre Handelsflotten unter diesem Gesichtspunkt nach Kräften. Die Vorteile, die sie gewähren, sind äusserst vielfältig und werden unter den verschiedensten Titeln offen oder versteckt eingeräumt. Eine besonders erfolgreiche Flottenpolitik betreibt derzeit die 5221

Bundesrepublik Deutschland. Das Hauptgewicht ihrer Förderung liegt auf der Tonnagesteuer in Verbindung mit dem Steuermodell für Kommanditgesellschaften (KG), durch die Schiffsgesellschaften zu einem tiefen linearen Satz besteuert werden. Bei diesem System wird zudem auf eine Besteuerung der Gewinne aus Schiffsverkäufen sowie der Kapitalgewinne der Gesellschafter verzichtet. Die Tonnagesteuer ist sehr weit verbreitet und gehört, vorab in der EU, zusammen mit anderen Subsidien zu den wichtigsten zugelassenen Subventionen im Schifffahrtssektor.

1.3.4

Schweizerische Flottenförderungspolitik

Bis in die jüngere Vergangenheit betrieb der Bund klassische Flottenförderung im sicherheits- und versorgungspolitischen Sinne. Im Vordergrund stand fast ausschliesslich die Sicherung des Nachschubs mit lebenswichtigen Gütern aus Übersee für den Fall einer Krise oder eines Kriegs in Europa. Der Dienstleistungsbereich Seeschifffahrt wurde deshalb lange Zeit nur unter diesem engen Aspekt als lebenswichtig betrachtet. Indessen ergibt sich die Lebenswichtigkeit nicht bloss aus der Bedeutung für den Import. Mindestens ebenso wichtig für unser Land ist in der globalisierten Welt die Sicherstellung der Transporte von Exportprodukten und Halbfabrikaten, insbesondere der Austausch von Veredelungsgütern. Engpässe im Seeverkehr und ein gleichzeitig fehlender Zugang zur erforderlichen Schiffstonnage könnten sich in einer Krise für den Industriestandort Schweiz und seine wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit als höchst nachteilig, für einzelne Branchen unter Umständen gar als existenzgefährdend auswirken. Durch die starke Einbindung der Schweiz in die globalisierte Wirtschaft hat dieser Aspekt heute mit Blick auf mögliche Störungen im Seeverkehr deutlich an Gewicht gewonnen. Die Seeschifffahrt gilt deshalb im Sinne des Versorgungsauftrags von Artikel 102 BV per se als lebenswichtiger Dienstleistungssektor. Diesem Aspekt trägt die «Strategie der wirtschaftlichen Landesversorgung»2 Rechnung. Danach gilt es, in Krisenlagen den für die Schweiz notwendigen Austausch von Import- und Exportgütern, insbesondere durch Bereitstellen einer ausreichenden Hochseetonnage, sicherzustellen.

Der Bund führt seine nach dem Zweiten Weltkrieg eingeleitete Politik der Flottenförderung unter den veränderten politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen einer globalisierten Weltwirtschaft konsequent weiter. Grundlage seiner Förderpolitik ist gegenwärtig der im Jahre 2002 von den eidgenössischen Räten bewilligte Bürgschaftsrahmenkredit von 600 Millionen Franken (BBl 2002 5249). Wegen seiner hohen Flexibilität hat sich das Instrument der Schiffsbürgschaften ausgezeichnet bewährt, weshalb kein Grund besteht, in der Förderpolitik andere Wege zu beschreiten. Anderswo übliche Förderinstrumente versprechen entweder keinen entsprechenden Effekt oder eignen sich nicht für schweizerische Verhältnisse.

2

Ziff. 3.6.4 der «Strategie der wirtschaftlichen Landesversorgung» des EVD (vom Bundesrat am 15. Oktober 2003 zur Kenntnis genommen)

5222

1.3.5

Entwicklung der Schweizer Handelsflotte

Dank der flexiblen Bürgschaftsbedingungen, welche der Bundesrat erstmals mit der Bürgschaftsaktion 1992 gewährte und anlässlich der Erneuerung des Rahmenkredits im Jahre 2002 bekräftigte, gelang es, kontinuierlich eine, gemessen an den Bedürfnissen der Landesversorgung, zweckmässige und vor allem sehr moderne und kompetitive Handelsflotte aufzubauen. Dadurch gelang es mit Blick auf einen Einsatz in einer Krise bei der Trockengutflotte eine kritische Masse zu erreichen. Der Belehnungsgrad von maximal 85 Prozent des Erwerbspreises gestattete den Eignergesellschaften vor allem den Kauf von Neubauten, was zu einer signifikanten Verjüngung der Flotte führte (Durchschnittsalter der Schiffe zeitweise weniger als vier Jahre).

Ziel der aktuellen Bürgschaftsaktion ist es, den erreichten Stand durch eine laufende Erneuerung der Tonnage zu erhalten, denn wie die nachstehende Tabelle zeigt, steigt das Durchschnittsalter der Schiffe wieder an und dürfte am Ende der Laufzeit bei gut zehn Jahren liegen.

Schiffe mit Kränen oder Selbstbeladungsvorrichtungen

TEU4

Schiffstyp

Anzahl Schiffe

Durchschnitts- Tragfähigkeit alter in DWT3

Schüttgutfrachter (Bulk Carrier) Handysize Handymax Panamax

12

7,0 Jahre

520 522 DWT

9

5 4 3

5,0 Jahre 7,5 Jahre 8,0 Jahre

109 760 DWT 191 674 DWT 219 088 DWT

5 4 0

Stückgutfrachter und containerfähige Schiffe: Container Combi Freighter Container/Bulk-Feeder Container Freighter

14

4,5 Jahre

312 634 DWT

6

21 451

6 2 6

3,5 Jahre 8,0 Jahre 2,5 Jahre

66 419 DWT 10 100 DWT 236 115 DWT

6 0 0

4 067 440 16 944

5 3 2

4,5 Jahre 6,5 Jahre 1,0 Jahr

53 472 DWT 13 512 DWT 39 960 DWT

5 3 2

31

5,5 Jahre

886 628 DWT

20

Tanker Spezialproduktetanker Produktetanker Total

21 451

Die geltenden Bürgschaftsbedingungen erlauben es, flexibel auf rasche Veränderungen der Transportbedürfnisse in der Schifffahrt mit einem entsprechenden Angebot an geeignetem Schiffsraum zu reagieren. Eine moderne und marktkonforme Flotte ist denn auch der beste Garant nicht nur hinsichtlich ihrer Zweckmässigkeit und Einsatzfähigkeit zugunsten der wirtschaftlichen Landesversorgung, sondern auch für ihr sehr geringes finanzielles Risiko.

Begünstigt wurde die geschilderte positive Flottenentwicklung der letzten Jahre wesentlich auch durch das, historisch betrachtet, sehr tiefe Preisniveau für Schiffe in der Periode zwischen 1997 und 2002. Danach begannen die Preise als Folge des konjunkturellen Aufschwungs wieder kräftig anzuziehen. Seither verharren sie auf 3 4

DWT (deadweight ton): Tragfähigkeit; Totalgewicht, bestehend aus Ladung, Bunker- und Schmieröl sowie Verpflegung, das ein Schiff bei Sommer-Freibord mitführen darf.

TEU: Twenty Foot Equivalent Unit (20-Fuss-Container).

5223

sehr hohem Niveau. Selbst wenn sich das Preisklima erwartungsgemäss nach einiger Zeit zyklisch wieder abkühlen sollte, darf dennoch nicht ernsthaft mit einem so starken Absinken der Schiffspreise auf das erwähnte Niveau gerechnet werden.

Verschiedene Reeder, die bis 2003 noch keine Schiffe bestellt hatten, zögern vorderhand aus gutem Grund immer noch mit der Realisierung ihrer Reinvestitionsvorhaben. Für die restliche Laufzeit der Bürgschaftsaktion besteht aber in jedem Fall ein erhöhter Finanzierungsbedarf, um die gesteckten Flottenerneuerungsziele zu erreichen. Denn es entsteht, wie im Folgenden gezeigt wird, ein zusätzlicher Bürgschaftskreditbedarf für die Anschaffung einiger Produktetanker mittlerer Grösse.

1.3.6

Zusammensetzung der Schweizer Hochseeflotte

Wie die vorstehende Statistik zeigt, besteht die Schweizer Hochseeflotte überwiegend aus Trockengutschiffen. Diese setzen sich im Wesentlichen aus drei Typen mit jeweils unterschiedlichen Grössen zusammen, nämlich aus Schüttgut-, aus Stückgutund aus Containerfrachtern. Aus der Sicht der wirtschaftlichen Landesversorgung erweist sich die heutige Zusammensetzung der Trockengutflotte als ideal, stünde doch damit in einer Krise für sämtliche Arten von Transportbedürfnissen eine ausreichende moderne und zweckmässige Tonnage zur Verfügung.

Ein weniger günstiges Bild zeigt der Bestand an Tankschiffen, der zur Zeit lediglich aus drei kleinen Spezial- und zwei mittleren Produktetankern besteht. Die geringe Zahl bloss kleiner Produktetanker hängt damit zusammen, dass bisher bei der Förderung von Flüssiggutschiffen aus verschiedenen Gründen Zurückhaltung geübt wurde, so unter anderem wegen der früheren Versorgungspolitik der IEA. Zwar gab es in der Schweizer Flotte schon immer ein paar Produktetanker mit einer Tragfähigkeit zwischen 4000 und 10 000 DWT, die insbesondere für flüssige Chemikalien- und Lebensmitteltransporte bestimmt waren. Die beiden zur Zeit unter Schweizer Flagge fahrenden mittelgrossen Produktetanker gehören zu einer Serie von insgesamt vier Schwesterschiffen, von denen die nächsten zwei 2008 abgeliefert werden.

1.3.7

Produktetanker

Für die bisher geübte Zurückhaltung gegenüber Tankern im Rahmen der Flottenförderung besteht heute aber kein Anlass mehr, dies spätestens, seit die IEA von ihrer früheren Politik der festen Quotenzuteilung für die einzelnen Länder in einer Krise weitgehend abgerückt ist und die Versorgungsverantwortung in diesem Sektor grundsätzlich den einzelnen Mitgliedländern überlässt.

Das Interesse an Tankschiffen besteht indessen keineswegs nur unter dem Aspekt der Mineralölversorgung. Der weiterhin voranschreitende globale Güteraustausch betrifft nämlich nicht nur Trockengüter, sondern ebenso flüssige Produkte aller Art.

Für solche Transportbedürfnisse sind polyvalent einsetzbare Tankschiffe gefragt, die nicht auf den Transport bloss einzelner spezifischer Zwecke beschränkt sind. Dafür kommen ausschliesslich Produktetanker in Frage, die in der Lage sind, sowohl Chemikalien und Erdölprodukte als auch biologische Produkte wie Ethanol, BioDiesel, Palmkern- und andere Öle sowie flüssige Lebensmittel zu transportieren.

Mit Bezug auf die Versorgung des Landes mit Mineralölprodukten geht es nach der Strategie der wirtschaftlichen Landesversorgung darum, eine bestehende Versor5224

gungslücke zunächst aus Pflichtlagerbeständen zu decken und gleichzeitig den Import zu verstärken. Mittel- und langfristig muss aber ins Auge gefasst werden, solche Produkte unter Umständen auch direkt aus Förderländern des Mittleren Ostens, Afrikas, Südamerikas oder aus Russland zu importieren, aus Ländern, die ihre Raffineriekapazitäten ausbauen. Da die Welt-Produktetankerflotte begrenzt ist, wie sich nach dem Wirbelsturm Katrina hinlänglich gezeigt hat, braucht es zur Sicherstellung solcher Transporte aber eine gewisse eigene Transportkapazität zur See, über die jederzeit rasch verfügt werden kann.

Um in einer Versorgungskrise die unterschiedlichen Transportbedürfnisse für flüssige Güter zu befriedigen und auch in diesem Segment eine kritische Masse erreichen zu können, bedarf es nach Einschätzung der Logistikfachleute neben den wenigen bereits vorhandenen kleineren Tankschiffen eine flexibel einsetzbare Tankerflotte von etwa acht mittleren Produktetankern mit einer Tragkraft zwischen rund 20 000 und 40 000 DWT pro Einheit. Kein Bedarf besteht hingegen an Rohöltankern, denn im Falle von Störungen auf dem Rohölmarkt wäre das Ladungsaufkommen entsprechend geringer. Angesichts einer bereits heute ausreichenden Tonnage an Rohöltankern muss deshalb in einer Krise gar mit einem Überangebot gerechnet werden. Notfalls wären auch Produktetanker durchaus in der Lage, Rohöl zu transportieren. Es ist jedoch einzuräumen, dass solche Transporte unter normalen Bedingungen wegen der beschränkten Tragfähigkeit der Produktetanker kaum wirtschaftlich wären.

2

Weiterführung der Schifffahrtsförderung

2.1

Zusätzlicher Finanzierungsbedarf

Im Zeitpunkt der Bewilligung des Bürgschaftsrahmenkredits Mitte 2002 (BBl 2002 5249) bewegten sich die Preise für Seeschiffe wie gezeigt auf sehr tiefem Niveau. In der zweiten Hälfte des Jahres 2003 begannen sie jedoch als Folge des wirtschaftlichen Aufschwungs in Asien, namentlich in China und Indien, sowohl bei Neubauten wie auch bei Zweithandschiffen überraschend stark anzuziehen und erreichten alsbald historische Rekordwerte. Nach 2005 waren sie zeitweise wieder leicht rückläufig und seither haben sie sich auf hohem Niveau stabilisiert. Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über diese Preisentwicklung bei Neubauten in asiatischen Werften: Schiffstyp

Preise für Neubauten 2002 in Millionen US Dollar

Preise für Neubauten 2007 in Millionen US Dollar

Trockengutschiffe Handysize Handymax Panamax Container Combi Freighter Container/Bulk-Feeder Container Freighter

18 20 30 27 12 40

35 50 60 38 18 65

Tanker Spezialproduktetanker (5000 DWT) Produktetanker (20 000 DWT)

18 27

30 42

5225

Im Durchschnitt liegen die Preise derzeit mindestens 50 Prozent über dem Niveau von 2002. Angesichts des anhaltenden Wirtschaftswachstums in Asien dürften sie noch während einigen Jahren auf diesem hohen Niveau verharren. Dank rechtzeitig erteilter Bauaufträge an Schiffswerften in Fernost noch vor Einsetzen des Aufschwungs konnten bisher mit Bundeshilfe zehn Einheiten zu günstigen Preisen finanziert werden. Davon sind sieben Schiffe zwischen 2002 und 2006 abgeliefert worden; die übrigen drei Einheiten werden 2007 und 2008 sukzessive von ihren Eignergesellschaften übernommen. Bei vier dieser Neubauten handelt es sich um mittlere Produktetanker mit einer Tragfähigkeit von je rund 20 000 DWT. Sie stellen nunmehr die Basis der für die Landesversorgung erforderlichen Produktetankerflotte dar. Neben den zehn Neubauten konnten ausserdem sechs mittlere Zweithandschiffe finanziert werden.

Die ursprünglich beantragten und vom Parlament bewilligten 600 Millionen Franken an Bürgschaftsmitteln waren ausschliesslich für den Ersatz bestehender Einheiten unter den damals herrschenden wirtschaftlichen Bedingungen innerhalb von zehn Jahren vorgesehen. Für die Finanzierung von mittleren Tankern waren in diesem Kreditrahmen jedoch keine entsprechenden Mittel berücksichtigt (BBl 2002 939).

2.2

Erhöhung des Bürgschaftsrahmenkredits und Verlängerung der Laufzeit

Aufgrund des inzwischen deutlich gestiegenen Preisniveaus für Schiffe reichen die bisher bewilligten Bürgschaftsmittel nicht aus, um den ungefähren Flottenbestand von Ende 2001 beziehungsweise von Anfang 2002 halten und ihn gleichzeitig durch eine kleine Produktetankerflotte ergänzen zu können. Angesichts des damals sehr tiefen Durchschnittsalters der Schweizer Flotte und der inzwischen eingetretenen deutlichen Zurückhaltung der Reeder bei Reinvestitionsvorhaben aufgrund der starken Preissteigerungen erweist sich die Laufzeit von zehn Jahren als eindeutig zu kurz. Zur Erreichung des ursprünglichen Ziels des Bundesbeschlusses, nämlich einer sukzessiven Flottenerneuerung innert zehn Jahren, und zum Aufbau einer begrenzten Produktetankerflotte bedarf es deshalb zusätzlicher Bürgschaftsmittel. Eine Erhöhung des bestehenden Rahmenkredits ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn gleichzeitig auch der zeitliche Investitionshorizont angemessen verlängert wird.

Für die Berechnung der zusätzlichen Bürgschaftsmittel ist zunächst vom bisherigen Bedarf von 600 Millionen Franken für zehn Jahre auszugehen. Auf ein einzelnes Jahr gerechnet sind das durchschnittlich 60 Millionen Franken. Dieser Betrag ist so anzupassen, dass eine mittlere Teuerung von rund 30 Prozent (gegenwärtige Teuerung: rund 50 Prozent) mit 200 Millionen Franken berücksichtigt wird. Hinzu kommen 300 Millionen Franken für die Finanzierung von rund acht mittleren Produktetankern, die teilweise bereits mit bewilligten Mitteln finanziert worden sind, Mittel, die nunmehr für den Ersatz von Trockengutschiffen fehlen. Damit entspricht der zusätzliche Bürgschaftsmittelbedarf einem Betrag von 500 Millionen Franken.

Angesichts des eingetretenen Reinvestitionsstaus ist es sinnvoll, gleichzeitig die Laufzeit für den Bürgschaftsrahmenkredit um weitere fünf auf 15 Jahre zu verlängern. Über die gesamte Restlaufzeit von noch knapp zehn Jahren gerechnet erhöht sich damit der durchschnittliche Jahresbedarf an Bürgschaftskrediten von bisher 60 auf rund 73 Millionen Franken.

5226

3

Auswirkungen

3.1

Risiko des Bundes und Sicherheiten

Der Risikoverlauf der Schiffsbürgschaften ist einmalig günstig, musste doch der Bund seit Beginn seines Engagements im Jahr 1959 ­ wie übrigens schon zuvor bei der Direktfinanzierung zwischen 1948 und 1959 ­ noch nie einen einzigen Verlust hinnehmen. Zurzeit ist auch keines der verbürgten Darlehen gefährdet. Sollte der Bund dennoch einmal ein Bürgschaftsversprechen einlösen müssen, so hätte er gegenüber dem Schiffseigner eine entsprechende Forderung, welche durch ein Schiffspfandrecht im ersten Rang und durch die Abtretung sämtlicher Leistungen aus den Schiffsversicherungen an ihn gesichert ist. Damit verringert sich sein tatsächliches Risiko gegebenenfalls auf eine Ausfallforderung, die aufgrund seiner Sicherheiten als verschwindend gering beurteilt werden darf.

3.2

Allgemeine günstige wirtschaftliche Auswirkungen der Schifffahrtsförderung

Die schweizerische Seeschifffahrtsförderung ist ein Instrument der Sicherheits- und Versorgungspolitik, mit dem aus ordnungspolitischen Gründen keine anderen Ziele verfolgt werden. Als Finanzierungsinstrument hat sich indessen die Bürgschaft als so attraktiv herausgestellt, dass sich in den letzten Jahren neben den traditionellen Schifffahrtsgesellschaften in der Westschweiz drei Firmengruppen in der Deutschschweiz etabliert haben. Insofern stellt diese Seeschifffahrtsförderung als günstigen Nebeneffekt auch eine erfolgreiche Art der KMU-Förderung dar. Ohne Bundesbürgschaften hätten diese Gesellschaften für ihre Firmenstandorte erklärtermassen ein Land mit einem günstigeren Umfeld für die maritime Wirtschaft gewählt, zumindest hätten sie aber ihre Schiffe nicht unter der Schweizer Flagge registrieren lassen. Die Feststellungen in der Botschaft vom 7. November 2001 (BBl 2002 942), wonach durch die Seeschifffahrtsförderung indirekt auch der internationale Dienstleistungsstandort Schweiz gestärkt werde, haben sich seither mehr als bestätigt: Diese Firmen verdienen ihr Geld im Ausland, bezahlen hier Steuern und sichern allein in der Schweiz mehrere Hundert Arbeitsplätze.

3.3

Finanzhaushalt und personelle Auswirkungen

Für die Übernahme von Bürgschaften sind gemäss Artikel 21 Absatz 4 Buchstabe e des Finanzhaushaltsgesetzes vom 7. Oktober 2005 (SR 611.0) Verpflichtungskredite erforderlich. Diese werden im Voranschlag und in der Staatsrechnung unter den «Verpflichtungskrediten und Zahlungsrahmen» insgesamt und nach Stand ihrer Beanspruchung ausgewiesen. Den eingegangenen Verpflichtungen stehen entsprechende hypothekarisch und durch Abtretung der Versicherungsleistungen gesicherte Forderungen gegenüber. Im Falle der Einlösung eines Bürgschaftsversprechens durch den Bund müssten für eine Ausfallforderung, welche durch das Pfandrecht und die Versicherungsleistungen nicht gedeckt wäre, die entsprechenden Mittel bei einem ausreichenden zeitlichen Vorlauf als Voranschlagskredit im Budget eingestellt oder bei einem kurzfristigen, nicht vorhersehbaren Bedarf auf dem Nachtragsweg beantragt werden.

5227

Die Verwaltung des Bürgschaftskredits kann wie schon bisher mit dem vorhandenen Personalbestand des Bundesamtes für wirtschaftliche Landesversorgung bewältigt werden.

4

Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Legislaturplanung 2004­2007 nicht enthalten, da die geschilderten Entwicklungen bei den Schiffspreisen und im Tankersektor damals noch nicht vorhersehbar waren.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Rechtsgrundlagen

Für die Bewilligung der beantragten Anpassung des Rahmenkredits ist die Bundesversammlung gestützt auf Artikel 167 der Bundesverfassung und Artikel 25 des Parlamentsgesetzes (SR 171.10) zuständig. Da es sich nicht um eine rechtssetzende Bestimmung handelt, ergeht der Erlass nach Artikel 163 Absatz 2 der Bundesverfassung in der Form eines einfachen Bundesbeschlusses, der nicht dem Referendum untersteht.

In materiellrechtlicher Hinsicht stützt sich der Kreditrahmen auf Artikel 22 Absatz 1 des Landesversorgungsgesetzes vom 8. Oktober 1982 (SR 531). Danach trifft der Bundesrat unter anderem «... die erforderlichen Massnahmen, um ausreichende Transport- und Kommunikationsmöglichkeiten zu sichern ...». Die Einzelheiten über die Bürgschaftsgewährung finden sich in der Verordnung vom 14. Juni 2002 über die Verbürgung von Darlehen zur Finanzierung schweizerischer Hochseeschiffe (SR 531.44).

5.2

Ausgabenbremse

Gemäss Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b der Bundesverfassung unterliegt der vorgeschlagene Bundesbeschluss der Ausgabenbremse und benötigt die Zustimmung der Mehrheit aller Mitglieder der beiden Räte.

5.3

Verhältnis zum europäischen Recht

Die vorgeschlagene Bundesbürgschaft steht im Einklang mit den Rechtsnormen der Europäischen Gemeinschaft (Art. 87­89 des EG-Vertrags). Die durch die EU-Behörden im maritimen Bereich zugelassenen staatlichen Finanzhilfen (steuerliche Vorteile und vieles andere mehr) gehen weit über die hier vorgeschlagene Massnahme hinaus.

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