Umfang, Wettbewerbsorientierung und Steuerung des Expertenbeizugs in der Bundesverwaltung Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 13. Oktober 2006

2006-2703

1661

Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

1663

1 Einleitung 1.1 Ausgangslage 1.2 Gegenstand der Untersuchung 1.3 Vorgehen

1664 1664 1664 1664

2 Schlussfolgerungen der Geschäftsprüfungskommission 2.1 Umfang und Profil des Expertenbeizugs 2.1.1 Politische Beratung und Forschung 2.1.2 Expertenbeizug im Verhältnis zur Personalpolitik 2.1.3 Hohe Dezemberzahlungen («Dezemberfieber») 2.2 Vergabepraxis und Wettbewerbsorientierung 2.3 Steuerung und Kontrolle von Beratermandaten

1665 1665 1665 1666 1668 1669 1671

3 Weiteres Vorgehen

1673

Beilage Expertenbeizug in der Bundesverwaltung.

Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle zuhanden der Subkommission EJPD/BK der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates

1662

1675

Abkürzungsverzeichnis BBl

Bundesblatt

BBL

Bundesamt für Bauten und Logistik

BIT

Bundesamt für Informatik und Telekommunikation

BK

Bundeskanzlei

BoeB

Bundesgesetz vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 172.056.1)

bzw.

beziehungsweise

d. h.

das heisst

EFK

Eidgenössische Finanzkontrolle

EJPD

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement

EPA

Eidgenössisches Personalamt

FHG

Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, SR 611.0)

FLAG

Führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget

GPK-S

Geschäftsprüfungskommission des Ständerates

PVK

Parlamentarische Verwaltungskontrolle

SR

Systematische Sammlung des Bundesrechts

u. a.

unter anderem

VoeB

Verordnung vom 11. Dezember 1995 über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 172.056.11)

WTO

World Trade Organisation (Welthandelsorganisation)

z. B.

zum Beispiel

1663

Bericht 1

Einleitung

1.1

Ausgangslage

Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) beauftragte am 21. Januar 2005 die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) mit der Durchführung einer Untersuchung zum Beizug externer Berater in der Bundesverwaltung.

Anlass für eine vertiefte Untersuchung war, dass die zahlreichen Aufträge an externe Experten durch die Bundesverwaltung in der Politik und den Medien zunehmend kritisch wahrgenommen werden. Es ist die Rede von einer steten Zunahme und von ungenügenden Kontrollen der Expertentätigkeit. Aufgrund von parlamentarischen Vorstössen wurde deutlich, dass bislang weder über die Anzahl und den finanziellen Umfang von Expertenmandanten noch über die Vergabepraxis eine Übersicht existierte. Zudem stehen Vorwürfe der Vetternwirtschaft im Raum: Bestimmte Bundesämter würden über Jahre immer mit den gleichen Experten zusammen arbeiten und entsprechende Mandate nicht ausschreiben.

1.2

Gegenstand der Untersuchung

Aufgrund einer Projektskizze der PVK mit drei Untersuchungsvarianten präzisierte die Subkommission EJPD/BK1 der GPK-S den Untersuchungsauftrag an die PVK.

Gemäss diesem Mandat führte die PVK eine breite Bestandesaufnahme zum finanziellen Umfang, zum Ausmass sowie zur Zusammensetzung der Auftragnehmerschaft von Expertenmandanten der zentralen Bundesverwaltung (1. Kreis) durch.

Konkret wurde eine Vollerhebung sämtlicher Beraterverträge in allen Departementen inkl. Bundeskanzlei für das Jahr 2004 mit anschliessenden vertieften Stichprobenkontrollen in einzelnen Ämtern durchgeführt. Die Untersuchung konzentrierte sich auf die Vergabepraxis der gesamten Bundesverwaltung und die entsprechenden Koordinations-, Steuerungs- und Kontrollaktivitäten der Departemente und lieferte erstmals für die ganze Bundesverwaltung vergleichbare Daten zum Ausmass der Expertenbeizüge.

1.3

Vorgehen

Der Evaluationsbericht der PVK vom 16. Juni 2006 wurde am 29. Juni 2006 in der Subkommission EJPD/BK erörtert und bewertet. Der vorliegende Bericht wurde von der GPK-S am 13. Oktober 2006 verabschiedet und zur Veröffentlichung frei gegeben. Er basiert auf dem Evaluationsbericht der PVK und enthält die Schlussfolgerungen und Empfehlungen der GPK-S. Die Ausführungen des Evaluationsberichts der PVK werden darin nur wiederholt, soweit sie für das Verständnis der Bewertungen und Schlussfolgerungen der GPK-S notwendig sind. Im Übrigen wird auf den Evaluationsbericht der PVK im Anhang verwiesen.

1

Der Subkommission EJPD/BK der GPK-S gehören an: Hans Hess (Präsident), Madeleine Amgwerd, Pierre Bonhôte, Rolf Escher, Helen Leumann-Würsch und Gisèle Ory.

1664

2

Schlussfolgerungen der Geschäftsprüfungskommission

2.1

Umfang und Profil des Expertenbeizugs

Die Untersuchung der GPK-S zeigte, dass der Beizug von externen Experten des Bundes ein erhebliches Ausmass angenommen hat. Nach der Evaluation der PVK gab die Bundesverwaltung im Jahr 2004 für über 6100 Expertenmandate rund 490 Millionen Franken aus. Berücksichtigt man die bestehenden Lücken in der Erhebung, ergeben sich bei konservativer Schätzung Ausgaben der zentralen Bundesverwaltung von 600 bis 700 Millionen Franken für Expertenmandate (zu Umfang und Methodik der Untersuchung siehe Anhang Ziff. 1.2 und 2.1). Schon allein dieser beträchtliche Umfang des Expertenbeizugs rechtfertigt nach Meinung der GPK-S eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Praxis des Beizugs externer Experten. Für einzelne Fragen dazu kann der vorliegende Untersuchungsbericht die Richtung weisen, doch bleiben wichtige Fragen offen. Insbesondere stellt sich die Frage, wie wirksam und effizient der Beizug von externen Experten gehandhabt wird. Dazu liefert die Erhebung keine Daten. Die GPK-S sieht in dieser Hinsicht weiteren Abklärungsbedarf.

Die Untersuchung sowie die in den folgenden Kapiteln formulierten Empfehlungen betreffen nur die zentrale Bundesverwaltung ohne die FLAG-Ämter (1. Kreis der Bundesverwaltung).

2.1.1

Politische Beratung und Forschung

Bei der Aufteilung der Mandate nach deren Inhalt fällt auf, dass mit 2431 (40 %) am meisten Mandate im Bereich der politischen Beratung und Forschung vergeben wurden. Sie umfassten ein Finanzvolumen von 144 Millionen Franken. Diese Mandate beinhalten gemäss der Untersuchungsanordnung Grundlageninformationen zu Gestaltung und Vollzug einer Politik (Vollzugskonzepte, Evaluationen, Wegleitungen oder Datenerhebungen), externe Leistungen, welche die operative Umsetzung einer Politik unterstützen, sowie Ressortforschungsprojekte der Ämter.2 Es stellt sich die Frage, ob darunter auch Auftragnehmer zu finden sind, die durch ihre Beratertätigkeit im Hintergrund massgeblichen Einfluss auf politische Entscheidungen und Ausrichtungen der Departemente und Ämter ausüben. In der Öffentlichkeit wird dieser Verdacht hie und da von verschiedenen politischen Exponenten gegenüber der jeweils entgegengesetzten politischen Seite geäussert.

Die vorliegende zahlenmässige Erhebung lässt keine Beantwortung dieser Frage zu.

Hierzu wäre eine gezielte Untersuchung der Inhalte, der Verwendung und Auswirkungen solcher Mandate erforderlich. Die GPK-S geht davon aus, dass von ausserhalb der Verwaltung eingekaufte Politikberatung ebenso wenig politisch neutral sein kann wie innerhalb der Bundesverwaltung generierte Politikkonzepte. Letztlich tragen jedoch die Departemente und ihre Vorsteher die politische Verantwortung für die konkrete Umsetzung solcher Politikberatungen. Insofern ist die von aussen beigezogene Politikberatung nicht an sich in Frage zu stellen. Eine gewisse Proble2

Vgl. auch die im Anhang 1 der Beilage aufgeführten Beispiele für politikorientierte Beratung und Forschung.

1665

matik kann sich aber dadurch ergeben, dass allfällige externe Politikberater, die regelmässig massgeblichen Einfluss auf die Politikgestaltung ausüben, im Gegensatz zu Amtsdirektoren und Bundesstellen weder einer parlamentarischen Kontrolle unterstehen noch einer durch die Medien hergestellten Öffentlichkeit unterliegen.

Aus diesem Grund sollte zumindest transparent gemacht werden, welche externen Berater mit wichtigen Politikberatungen beauftragt werden. Nach Meinung der GPK-S sollte deshalb der Bundesrat dafür sorgen, dass über externe Politikberater im engeren Sinn, d. h. Berater, die direkten und massgeblichen Einfluss auf politische Entscheidungen und Ausrichtungen der Departemente und Ämter ausüben, sowie über ihre Mandate Transparenz hergestellt wird.

Empfehlung 1

Transparenz über externe Politikberater

Der Bundesrat sorgt dafür, dass über externe Politikberater, die direkten und massgeblichen Einfluss auf politische Entscheidungen und Ausrichtungen der Departemente und Ämter ausüben, sowie über ihre Mandate Transparenz hergestellt wird.

2.1.2

Expertenbeizug im Verhältnis zur Personalpolitik

Da der Beizug von externen Experten im Grunde ein Outsourcing bestimmter Arbeiten darstellt, stellt sich die Frage nach dem Verhältnis des Expertenbeizugs zur Personalpolitik. Das Verhältnis der Ausgaben für Expertenmandate zu den Personalaufwendungen beträgt insgesamt ca. 1 : 7. In einzelnen Ämtern ist die Bedeutung von Expertenmandaten aber wesentlich grösser. In der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA)3 und im Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) wird gar mehr Geld für solche Mandate als für internes Personal aufgewendet. Angesichts der grossen Bedeutung, die der Expertenbeizug erlangt hat, sollte nach Meinung der GPK-S die Entwicklung der Personalkosten nicht isoliert von den Ausgaben für externe Mandate betrachtet werden. Insbesondere sollte sichergestellt werden, dass mit Expertenmandaten nicht strukturelle Personalengpässe gedeckt werden, die mit der Anstellung von Personal wirtschaftlicher behoben werden könnten.

Empfehlung 2

Einbezug der Expertenmandate in die Personalplanung und -politik

Der Bundesrat bezieht die Expertenmandate in seine Personalplanung und -politik mit ein und stellt sicher, dass Expertenmandate nur dort vergeben werden, wo sie einen Mehrwert gegenüber angestelltem Personal darstellen, sei es in finanzieller, organisatorischer oder qualitativer Hinsicht.

3

Bei der DEZA ist jedoch zu beachten, dass ein grosser Teil der Ausgaben für Expertenmandate Projekte der Entwicklungszusammenarbeit betrifft (vgl. Ziff. 1.2.2. und 2.1 des Anhangs).

1666

Die GPK-S weist im Weiteren darauf hin, dass es innerhalb der Bundesverwaltung ein grosses Reservoir an Fachpersonen und Experten gibt, deren Wissen besser genutzt und in gewissen Fällen anstelle von externen Beratungsmandaten eingesetzt werden könnte. In diese Richtung wies das Projekt des Eidgenössischen Personalamtes (EPA), eine Dienststelle mit internen Beraterinnen und Beratern einzurichten.4 Das Projekt wies jedoch konzeptionelle Mängel auf, und die Verordnung blieb bisher toter Buchstabe. Die GPK-S erachtet jedoch die Weiterverfolgung dieser Idee in einer neuen Form für prüfenswert.

Empfehlung 3

Bessere Nutzung von internem Fachwissen anstelle von externen Beratungsaufträgen

Der Bundesrat prüft Möglichkeiten, wie das Wissen von verwaltungsinternen Fachpersonen und Experten besser genutzt und nach Möglichkeit anstelle von externen Beratungsmandaten eingesetzt werden könnte.

Eine besondere Form von Expertenmandaten stellt der Personalstellungsvertrag dar, der einer befristeten Anstellung sehr nahe kommt (siehe Anhang Ziff. 2.3). Die Aufwendungen für solche Verträge gelten in der Rechnungslegung jedoch nicht als Personalaufwendungen und erscheinen auch nicht in der Zusatzdokumentation des EPA zu den Personalausgaben des Bundes. Solche Verträge werden vor allem im Informatikbereich abgeschlossen, kommen aber auch in anderen Bereichen vor.

Hierbei nimmt das BIT innerhalb der Bundesverwaltung eine Sonderstellung ein, indem dieses Amt mehr Mittel für Personalstellungsverträge als für Anstellungen aufwendet. Die Grössenordnung der Personalstellung im BIT (77 Millionen Franken gegenüber 66 Millionen Franken für Personalausgaben) wirft Fragen im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit dieser Personalstellungsverträge sowie auf das Verhältnis zwischen den im Mandatsverhältnis Arbeitenden und den öffentlich-rechtlich angestellten Mitarbeitenden auf.

Mit rund 100 Millionen Franken fallen die Ausgaben für Personalstellungen ins Gewicht. Nach Meinung der GPK-S sollten die Aufwendungen für Personalstellungsverträge deshalb in der Zusatzdokumentation des EPA zu den Personalausgaben des Bundes ausgewiesen werden.

Empfehlung 4

Personalstellungsverträge

Der Bundesrat weist die Aufwendungen für Personalstellungsverträge in der Zusatzdokumentation des Eidgenössischen Personalamtes (EPA) zu den Personalausgaben des Bundes aus.

4

Vgl. Verordnung über die interne Beratung durch erfahrene Kader der Bundesverwaltung vom 28.5.2003, SR 172.010.421.

1667

2.1.3

Hohe Dezemberzahlungen («Dezemberfieber»)

Die Untersuchung weist darauf hin, dass gegen Ende des Jahres Mandate lanciert werden, um Kreditreste auszuschöpfen. Für Mandate, deren Dauer erst im Dezember 2004 begann, wurden pro Tag durchschnittlich 5-mal mehr Kosten ausgelöst als für Mandate mit Vertragsbeginn vor November. Das Phänomen ist unter dem Begriff «Dezemberfieber» bekannt. Wegen des im 1. Kreis der Bundesverwaltung für das Budget geltenden Jährlichkeitsprinzips können Kredite, die bis Ende Jahr nicht aufgebraucht werden, nicht auf das Folgejahr übertragen werden und verfallen.

Die Abklärungen haben im Weiteren gezeigt, dass zumindest in einzelnen Fällen im Dezember eigentliche Vorauszahlungen für Leistungen getätigt wurden, die erst im Folgejahr erbracht wurden. 15 Dienststellen verbuchten im Jahre 2004 sogar Zahlungen von insgesamt gut 5 Millionen Franken für 39 Mandate, die erst im Jahr 2005 begonnen haben.

Die GPK-S ist der Meinung, dass das Phänomen des «Dezemberfiebers» mit geeigneten Massnahmen angegangen werden sollte. Im totalrevidierten Finanzhaushaltgesetz5, das im Mai dieses Jahres in Kraft trat, hat der Gesetzgeber zwar entschieden, grundsätzlich an der Jährlichkeit des Budgets im 1. Kreis der Bundesverwaltung festzuhalten, doch sollte der Bundesrat prüfen, ob zur Lösung dieses Problems nicht auf Stufe des Gesetzes Handlungsbedarf besteht. Allenfalls sollten die Ämter und Dienststellen darauf hingewiesen werden, dass sie das für gewisse Fälle bereits bestehende Instrument der Kreditübertragung für diesen Zweck konsequenter nutzen sollten. Wichtig erscheint der GPK-S insbesondere, dass die Departemente und Ämter in dieser Frage ihre Führungs- und Kontrollfunktion besser wahrnehmen. Zu denken ist dabei nicht nur an repressive Massnahmen wie bessere Kontrollen, sondern auch an positive Anreize bei der Planung und Budgetierung von Beratermandaten, die beispielsweise dazu führen, dass das Stehenlassen von Budgetresten nicht mit Budgetkürzungen «bestraft» wird.

Ob die in der Erhebung festgestellten Fälle von Vorauszahlungen begründet werden konnten, hat die GPK-S nicht überprüft. Sie ersucht den Bundesrat abzuklären, ob es sich hier um begründete Einzelfälle handelte, und allenfalls Massnahmen zu treffen, damit unrechtmässige Vorauszahlungen zwecks Ausschöpfung von Budgetkrediten unterbleiben.

Empfehlung 5

Massnahmen gegen das «Dezemberfieber»

Der Bundesrat prüft geeignete Massnahmen zur Bekämpfung des «Dezemberfiebers». Er sorgt insbesondere dafür, dass die Departemente und Ämter in dieser Frage ihre Führungs- und Kontrollfunktion besser wahrnehmen. Die GPK-S ersucht im Weiteren den Bundesrat abzuklären, ob es sich bei den festgestellten Vorauszahlungen um begründete Einzelfälle handelte, und allenfalls Massnahmen zu treffen, damit unrechtmässige Vorauszahlungen zwecks Ausschöpfung von Budgetkrediten unterbleiben.

5

Bundesgesetz über den eidgenössischen Finanzhaushalt vom 7.10.2005 (Finanzhaushaltgesetz, FHG; SR 611.0).

1668

2.2

Vergabepraxis und Wettbewerbsorientierung

Die Dienststellen der Bundesverwaltung sind bei der Vergabe von externen Beraterverträgen an das Beschaffungsrecht des Bundes gebunden, das im Wesentlichen im Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen6 und in der dazu gehörigen Verordnung7 geregelt ist. Das Beschaffungsrecht regelt das Vergabeverfahren und soll insbesondere Wettbewerb schaffen, um eine wirtschaftlich günstige Leistungserbringung zu erreichen. Dadurch soll die Verwaltung zu besseren und günstigeren externen Leistungen gelangen als sie jeder andere Anbieter oder die Verwaltung selber erbringen könnte.

Zur Vergabepraxis der Bundesverwaltung und deren tatsächliche Wettbewerbsorientierung lagen bisher nur sehr partielle Informationen vor. Die vorliegende Untersuchung zeichnet nun ein wenig wettbewerbsfreundliches Gesamtbild im Hinblick auf die Vergabe von externen Expertenmandaten. Sechs von zehn Franken fliessen in Mandate, welche freihändig vergeben werden. Auch Mandate mit Auftragswerten über 50 000 Franken, welche grundsätzlich in einem Wettbewerbsverfahren zu vergeben sind, werden gemessen am Zahlungsvolumen zu mehr als der Hälfte in freihändigen Verfahren vergeben.

Die Ergebnisse der Untersuchung sind nach Meinung der GPK-S ernüchternd. Sie weisen ­ unabhängig von deren Ursachen ­ darauf hin, dass das Ziel der Schaffung von Wettbewerb im Beschaffungsrecht im umfangmässig bedeutenden Bereich der Expertenmandate bisher nicht erreicht wurde. Aus der Sicht der GPK-S ist es deshalb dringend geboten, Massnahmen zur Stärkung des Wettbewerbs bei der Vergabe von externen Beratermandaten zu treffen.

Empfehlung 6

Massnahmen zur Stärkung des Wettbewerbs

Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, geeignete Massnahmen zur Stärkung des Wettbewerbs bei der Vergabe von externen Beratermandaten zu treffen.

Einer der Gründe, warum sich trotz eines im Grundsatz wettbewerbsorientierten Beschaffungsrechts keine entsprechende Praxis durchsetzen konnte, liegt darin, dass der Anwendungsbereich des Beschaffungsrechts teilweise unklar definiert ist, so dass in der Praxis immer wieder Abgrenzungsprobleme entstehen. Unklarheiten bestehen etwa über den Geltungsbereich der Wettbewerbsverpflichtungen, also darin, welche Dienstleistungen der WTO-Ausschreibung unterstehen oder zu welchen Beratermandaten gemäss Beschaffungsrecht Konkurrenzofferten einzuholen sind. Zudem werden die Ausnahmebestimmungen der Verordnung unterschiedlich bzw. häufig zu Gunsten einer freihändigen Vergabe ausgelegt. In der Verwaltung ist verschiedentlich die Einstellung anzutreffen, dass wer ein Expertenmandat nicht ausschreiben will, in aller Regel auch eine passende Bestimmung im Beschaffungsrecht findet, mit der sich eine freihändige Vergabe begründen lässt. Hinzu kommt, dass der Ermessensspielraum der Ämter bei Mandaten unterhalb des WTOSchwellenwertes besonders gross ist, weil das Beschaffungsrecht in diesem volu6 7

Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen vom 16.12.1994 (BoeB; SR 172.056.1).

Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen vom 11.12.1995 (VoeB; SR 172.056.11).

1669

menmässig und anzahlmässig grössten Bereich keine Rekursmöglichkeiten vorsieht, so dass es kaum zu einer gerichtlichen Klärung der Anwendung des Beschaffungsrechts kommt. Die GPK-S kommt deshalb zum Schluss, dass im Rahmen der innerhalb der Verwaltung laufenden Revision des Beschaffungsrechts dessen Geltungsbereich für die Expertenmandate zu klären und im Sinne von vermehrtem Wettbewerb zu konkretisieren ist. Ferner ist bei der Revision zu prüfen, inwiefern im Rahmen des Beschaffungsrechts den Besonderheiten von Beratermandaten gebührend Rechnung getragen werden kann.

Empfehlung 7

Klärung des Geltungsbereichs des Beschaffungsrechts

Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, in der laufenden Revision des Beschaffungsrechts dessen Geltungsbereich für die Expertenmandate zu klären und im Sinne von vermehrtem Wettbewerb zu konkretisieren. Zudem ist zu prüfen, inwiefern im Rahmen des Beschaffungsrechts den Besonderheiten von Beratermandaten gebührend Rechnung getragen werden kann.

Die GPK-S stellt aber auch fest, dass in einer Minderheit von Dienststellen die Vergabepraxis stark auf den Wettbewerb ausgerichtet ist, was ein Indiz dafür darstellt, dass eine offensivere Interpretation des geltenden Vergaberechts auch im Bereich von Expertenmandaten möglich ist. Gleichzeitig ist auch festzustellen, dass bei den Verantwortlichen in den Departementen zwar teilweise ein gewisser Handlungsbedarf hinsichtlich einer wettbewerbsorientierten Vergabepraxis erkannt wird, dass aber fast durchwegs der Anteil der wettbewerblichen Vergaben weit höher eingeschätzt wird als er in der Erhebung tatsächlich festgestellt wurde. In weiten Teilen der Verwaltung wird heute dem Grundsatz nachgelebt, dass bei der Vergabe von Beratermandaten wenn möglich keine Wettbewerbslage geschaffen wird, dies in genauer Umkehr des beschaffungsrechtlichen Grundsatzes, Wettbewerb anzustreben. Die GPK-S geht davon aus, dass in dieser Situation eine Klärung der rechtlichen Grundlagen allein nicht genügt, sondern durch verbesserte Information und Kommunikation in der Verwaltung sowie durch gezielte Ausbildung der Verantwortlichen für die Vergabe von Expertenmandaten ein Mentalitätswandel hin zu einer verstärkten Wettbewerbsorientierung angestrebt werden muss. Statt nach rechtlichen Gründen zu suchen, die für einen Ausschreibungsverzicht sprechen, müsste die Verwaltung den Blick vermehrt auf die Vorteile des Wettbewerbs ausrichten.

Empfehlung 8

Verbesserung der Information und Ausbildung

Der Bundesrat trifft Massnahmen zur Verbesserung der Information und Kommunikation in der Verwaltung und zur gezielten Ausbildung der Verantwortlichen für die Vergabe von Expertenmandaten, mit dem Ziel, einen Mentalitätswandel im Hinblick auf eine verstärkte Wettbewerbsorientierung herbeizuführen.

Zu weiteren Fragen Anlass gibt nach Meinung der GPK-S der Befund, dass in weiten Teilen der Verwaltung nicht nur eine unzureichende Wettbewerbsorientierung herrscht, sondern dass die Untersuchung gleichzeitig auch aufzeigte, dass jeder 1670

sechste Expertenfranken in Folgeaufträge fliesst, wobei in einzelnen Ämtern und Dienststellen der Anteil des Finanzvolumens, das in Folgeaufträge investiert wird, 40 Prozent und mehr beträgt und es dabei insgesamt um bedeutende Beträge geht (siehe Anhang Ziff. 2.5). Zudem besteht eine starke Konzentration der Mittel auf wenige Auftragnehmer. So beanspruchen die 3 Prozent grössten Auftragnehmer rund die Hälfte der gesamten Mittel. Insbesondere die Kombination der beiden Elemente des fehlenden Wettbewerbs und der umfangreichen Folgeaufträge nährt den Verdacht, wonach es in der Verwaltung eigentliche Hoflieferanten gibt, die, einmal in einem Amt verankert, laufend mit weiteren Aufträgen alimentiert werden.

Die GPK-S hält an dieser Stelle fest, dass die Untersuchung weder den endgültigen Nachweis für ein derartiges Hoflieferantentum erbringen konnte, da hierfür eine Untersuchung über einen gewissen Zeitraum notwendig wäre, noch eine gezielte Überprüfung von Folgeaufträgen im Hinblick auf die Verletzung des Beschaffungsrechts vornahm. Die GPK-S ersucht jedoch den Bundesrat, diese Frage vertieft zu untersuchen, zum Beispiel durch einen entsprechenden Auftrag an die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK).

Empfehlung 9

Weitere Abklärungen der Frage eines Hoflieferantentums

Der Bundesrat geht der Frage vertieft nach, ob es einen Zusammenhang zwischen fehlendem Wettbewerb bei Expertenmandaten und Folgeaufträgen gibt, und stellt sicher, dass in der Verwaltung keine Fälle von eigentlichem Hoflieferantentum vorkommen.

2.3

Steuerung und Kontrolle von Beratermandaten

Die Beschaffung von Dienstleistungen erfolgt heute innerhalb des 1. Kreises stark dezentral durch zahlreiche Ämter und Dienststellen. Einzig im Informatikbereich hat sich eine weitgehende Zentralisierung der Beschaffung beim Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) herausgebildet. Für die übrigen Dienstleistungsbereiche bestehen keine zentralen Stellen, die gültige Vorgaben beschliessen und auch durchsetzen können. Deshalb kommt den Departementen bei der Umsetzung des Beschaffungsrechts im Bereich der Expertenmandate eine hohe Bedeutung zu, insbesondere in Bezug auf die Steuerung, die Koordination und das Controlling. Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Departemente mit einer Ausnahme über eine ungenügende Steuerung des Expertenbeizugs verfügen. Einzelne Departemente halten sich sogar vollständig aus der Vergabepraxis ihrer Ämter heraus. Als Folge davon fehlt den Departementen eine Übersicht über die Vergabepraxis. Zudem fehlt es an einheitlichen Vorgaben für vergleichbare Beraterverträge sowie an einem einheitlichen Reporting.

Die GPK-S gelangt zum Schluss, dass zur Erreichung einer stärkeren Wettbewerbsorientierung und einer einheitlichen Vergabepraxis im Bereich der Expertenmandate eine stärkere Steuerung durch die Departemente, einheitlichere Vorgaben, eine bessere Koordination unter den Beschaffungsstellen sowie ein standardisiertes Reporting und Controlling erforderlich sind. Zu prüfen wäre z.B. die Schaffung eines bundesweiten und einheitlichen Reportings, das Angaben pro Amt über die 1671

Vergabe von Mandaten, Folgeaufträge, Auftragnehmer, Auftragsvolumen, usw.

umfassen sollte. Dabei sollten heute teilweise vorhandene Abgrenzungsprobleme (zwischen Dienstleistungsauftrag und Subventionen, zwischen Dienstleistungsbeschaffung und Güterbeschaffung) geklärt werden. Das Reporting würde den Departementen eine verstärkte Kontrolle und damit eine bessere Steuerung der Vergabe von Dienstleistungen ermöglichen. Die Departemente müssen nach Meinung der GPK-S sicherstellen, dass sie einen umfassenden Überblick über die in ihrem Bereich erteilten Beratermandate haben.

Zurzeit wird verwaltungsintern eine Verordnung über die Organisation des öffentlichen Beschaffungswesens des Bundes erarbeitet, welche in Umsetzung der Verwaltungsreform im Wesentlichen nur noch zwei zentrale Beschaffungsstellen vorsehen soll. Nach dem heutigen Stand der Arbeiten sollen jedoch die meisten Dienstleistungen weiterhin in den Departementen und Ämtern beschafft werden. Für einzelne Kategorien von Dienstleistungsverträgen werden Koordinationsstellen zur Förderung der Qualität und eines einheitlichen Auftretens gegen aussen bestimmt. Für bestimmte Arten von Verträgen wie die Politikberatung und Forschung wird jedoch keine Koordination vorgesehen. Die GPK-S erachtet es jedoch als wichtig, alle Arten von Dienstleistungsverträgen zu koordinieren, insbesondere auch den volumenmässig bedeutenden Bereich der Politikberatung und Forschung.

Empfehlung 10

Bundesweites und einheitliches Reporting und Koordination aller Arten von Dienstleistungsverträgen

Der Bundesrat prüft die Schaffung eines bundesweiten und einheitlichen Reportings über die Beschaffung von Dienstleistungen. Er stellt sicher, dass die Departemente einen umfassenden Überblick über die in ihrem Bereich erteilten Beratermandate haben. Im Weiteren sorgt er für eine wirksame Koordination bei der Beschaffung aller Arten von Dienstleistungen.

Im Weiteren unterstützt die GPK-S die Empfehlungen der EFK8, welche in dieselbe Richtung weisen, so z.B. die Schaffung einer bundesweiten Lieferanten- und Vertragsdatenbank und einer bundesweit einzigen Lieferanten-Nummer.

8

Querschnittsprüfung Dienstleistungsverträge. Bericht der EFK vom 31.1.2005 über die Prüfung der Beschaffung von Dienstleistungen in fünf Bundesämtern.

1672

3

Weiteres Vorgehen

Die GPK-S überweist diesen Bericht samt Empfehlungen und Anhang dem Bundesrat und ersucht ihn, bis Ende Februar 2007 dazu Stellung zu nehmen. In seiner Stellungnahme zeigt der Bundesrat auch auf, mit welchen Massnahmen und bis wann er die Empfehlungen der GPK-S umzusetzen gedenkt.

13. Oktober 2006

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Der Präsident: Hansruedi Stadler, Ständerat Der Sekretär: Philippe Schwab Der Präsident der Subkommission EJPD/BK: Hans Hess, Ständerat Die Sekretärin der Subkommission: Irene Moser

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