Steuerung der Ressortforschung des Bundes Bericht vom 23. August 2006 der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats Stellungnahme des Bundesrates vom 15. Dezember 2006

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht vom 23. August 2006 der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats die Steuerung der Ressortforschung des Bundes betreffend nehmen wir nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

15. Dezember 2006

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Moritz Leuenberger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Mit Schreiben vom 25. August 2006 ersuchte die nationalrätliche Geschäftsprüfungskommission (GPK-N) den Bundesrat, zu ihrem Bericht «Steuerung der Ressortforschung des Bundes» vom 23. August 2006 Stellung zu nehmen. In dem Bericht zieht die GPK-N auf der Grundlage einer in Auftrag gegebenen externen Evaluation sowie von Überlegungen der Subkommission EDI/UVEK (GPK-N) ihre Schlussfolgerungen und formuliert fünf Empfehlungen zur Steuerung der Ressortforschung. Der Bundesrat nimmt zu diesen Empfehlungen wie folgt Stellung.

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Stellungnahme des Bundesrates Empfehlung 1 Die GPK-N fordert den Bundesrat auf, die rechtliche Verankerung der Ressortforschung zu optimieren und die Ressortforschung klar zu definieren sowie gegenüber anderen Instrumenten der Wissensbereitstellung abzugrenzen.

Der Bundesrat erklärt sich bereit, die rechtliche Verankerung der Ressortforschung zu überprüfen. Dies wird im Rahmen einer voraussichtlich auf 2010 geplanten umfassenden Revision des Forschungsgesetzes vom 7. Oktober 1983 (FG, SR 420.1) erfolgen. Dabei soll namentlich die heutige Abstützung der Ressortforschung überdacht sowie, falls nötig, präzisiert und in den nachgeordneten Rechtstexten (Verordnungen, Richtlinien) weiter ausgeführt werden. Inhaltlich steht eine bessere rechtliche Verankerung der Qualitätssicherung im Bereich der Ressortforschung im Vordergrund, wobei die vom Steuerungsausschuss Bildung, Forschung und Technologie (Steuerungsausschuss BFT) bereits erlassenen Grundsätze leitend sein sollen. Ergänzend sollen die Aufgaben und Kompetenzen des Steuerungsausschusses BFT selbst überprüft werden.

Bei der Überprüfung der rechtlichen Verankerung der Ressortforschung soll auch die Schaffung eines eigenen Rahmengesetzes für die Ressortforschung geprüft werden. Diese Möglichkeit steht aus heutiger Sicht allerdings nicht im Vordergrund, vor allem weil sich damit der Bezug zu den zahlreichen spezialgesetzlichen Bestimmungen zur Ressortforschung verkomplizieren würde. Unabhängig von der rechtlichen Prüfung wird der Bundesrat dem Steuerungsausschuss BFT den Auftrag erteilen, die Begrifflichkeiten im Bereich der die Ressortforschung betreffenden Statistiken (F+E Statistik) zu klären.

Hingegen möchte der Bundesrat auf die Forderung nach einer neuen definitorischen Abgrenzung der Ressortforschung nicht eintreten. Eine operationelle Definition der Ressortforschung wurde in den von der Geschäftsprüfungskommission erwähnten

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Richtlinien zur Qualitätssicherung gegeben1. Weitere Bemühungen in dieser Richtung wären wenig zielführend und würden, da sie allen in der Bundesverwaltung vorzufindenden Formen der Ressortforschung gerecht werden müssten, entweder eine unhandliche Aufzählung ergeben oder wiederum mit der schon bekannten Definition enden. Der Bundesrat ist entsprechend auch der Auffassung, dass die verschiedenen Instrumente der Wissensbereitstellung im geltenden Forschungsgesetz aus übergeordneter Sicht klar geregelt und diesbezüglich auf rechtlicher Ebene zu deren Abgrenzung keine weiteren Präzisierungen erforderlich sind.

Empfehlung 2 Die GPK-N fordert den Bundesrat auf, die Rolle und Kompetenzen des Steuerungsausschusses sowie deren Wahrnehmung zu prüfen und zu klären. Er prüft, mit welchen weitergehenden Kompetenzen eine departementsübergreifende Steuerung der Inhalte und Ressourcen in der Ressortforschung zu erreichen ist.

Gegenstand dieser Prüfung sollte auch die rechtliche Verankerung des Steuerungsausschusses und seines Verhältnisses zur Koordinationsgruppe sein.

Der Bundesrat stimmt mit der GPK-N darin überein, dass die Hauptakteure der Ressortforschung in den Politikbereichen die jeweils federführenden Ämter sind. Er ist, wie von der GPK-N dargelegt, ebenfalls der Auffassung, dass die amts- und departementsübergreifende Steuerung der Inhalte der Ressortforschung verbessert werden kann. Unter Beachtung des Grundsatzes, Steuerungskompetenzen möglichst bei den fachlich kompetenten Akteuren anzusiedeln, ist der Bundesrat deshalb der Auffassung, dass die federführenden Ämter der jeweiligen Politikbereiche mit dieser Aufgabe betraut werden müssen.

Der vom Bundesrat eingesetzte Steuerungsausschuss BFT hat in diesem Zusammenhang eine wichtige Koordinations- und Abstimmungsfunktion bei übergeordneten Fragen, welche die Ressortforschung betreffen, und er hat diese in der Vergangenheit auch entsprechend wahrgenommen (z.B. Erarbeitung der Richtlinien zur Qualitätssicherung, Bewertung neuer nationaler Forschungsprogramme etc.). Es trifft zu, dass die Aufgabe des Steuerungsausschusses BFT hauptsächlich im Bereich der Koordination zwischen Ämtern und Politikbereichen liegt. Der Bundesrat sieht deshalb vor, diese Funktion des Steuerungsausschusses BFT zu präzisieren und dabei allenfalls auch die Benennung des
Ausschusses anzupassen. Die bisherige interdepartementale Koordinationsgruppe kann als Arbeitsgruppe des Steuerungsausschusses BFT ohne weitere formelle Verankerung bestehen bleiben.

Demgegenüber lehnt es der Bundesrat ab, die Idee einer ämter- und departementsübergreifenden Steuerung der Ressourcen der Ressortforschung aufzunehmen. Ausschlaggebend sind hierfür sowohl sachlich-inhaltliche als auch strukturelle Gründe.

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Die Ressortforschung des Bundes umfasst (i) Forschung intra-muros der Bundesverwaltung, (ii) Forschungsaufträge der Bundesverwaltung an Dritte und (iii) Beiträge an Forschungsinstitutionen, soweit diese der Erfüllung der Aufgaben der Bundesverwaltung dienen. Nicht zu Ausgaben der Ressortforschung gerechnet werden: (a) Forschungsausgaben der vom Bund finanzierten Hochschulen und deren Annexanstalten, (b) Beiträge (Subventionen) des Bundes an den Schweizerischen Nationalfonds, die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) und an wissenschaftliche Institutionen gemäss Forschungsgesetz (Akademien, wissenschaftliche Hilfsdienste etc.) und (c) Beiträge des Bundes an internationale wissenschaftliche Institutionen und Organisationen.

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Die Ressortforschung ist sehr eng mit den Aufgaben der Ämter verknüpft und muss daher Ergebnisse liefern, die im unmittelbaren Interesse der Ämter liegen und direkt zum Vollzug und zu Fragen der Politikentwicklung der jeweiligen Ämter beitragen.

So ist die amtsinterne Zuteilung der Ressourcen für die Ressortforschung ein Prozess, der in den jeweils betroffenen Ämtern immer auch im Kontext und in Abwägung der Dringlichkeit aller Aufgaben zu sehen ist und deshalb nicht als isolierter Akt an übergeordnete Instanzen delegiert werden kann. Darüber hinaus würde ein solches Vorgehen auch eine völlige Neuordnung der heutigen Budgetierungsprozesse und Verantwortlichkeiten bedingen und den Aufbau von zusätzlichen administrativen Parallelstrukturen erfordern, mit beträchtlichen Mehrkosten im Verwaltungsbereich. Schliesslich aber ist eine zentrale Kontrolle der Ressortforschungskredite auch für die politische Steuerung der Ressortforschungskredite nicht notwendig.

Diese Steuerung muss in letzter Verantwortung durch das Parlament über die Genehmigung der jeweiligen spezifischen Forschungskredite der Ämter erfolgen, und sie kann unter dem heutigen Verfahren vom Parlament im Rahmen der Budgetentscheide effizient wahrgenommen werden.

Empfehlung 3 Die GPK-N fordert den Bundesrat auf, die Ressortforschungskonzepte konsequent auf die ämter- und departementsübergreifenden Politikbereiche auszurichten und unter dieser übergeordneten Sicht umzusetzen. Der Bundesrat schenkt dem strategischen Charakter und einer aussagekräftigen Ressourcenplanung bei den Ressortforschungskonzepten vermehrt Beachtung. Forschungslücken in zentralen Bereichen, wie sie in der Periode 2004­2007 in der Sozialversicherung und der Berufsbildung vorkamen, müssen unbedingt vermieden werden.

Aus dem Fehlen formeller Forschungskonzepte, wie dies in den Politikbereichen soziale Sicherheit und Berufsbildung der Fall war, auf eigentliche «Forschungslücken» in diesen Bereichen zu schliessen, ist aus Sicht des Bundesrates nicht zulässig. In beiden Bereichen wurden zum einen amtsintern umfangreiche strategische Forschungsplanungen erstellt, zum anderen engagierte sich der Bund in der fraglichen Periode in beiden Politikbereichen mit zum Teil beträchtlichen Forschungsmitteln (z.B. im Bereich der Berufsbildung über das BBT durch Massnahmen zum Aufbau
und zur Stärkung der Berufsbildungsforschung, im Bereich soziale Sicherheit im Rahmen verschiedener Nationaler Forschungsprogramme des Schweizerischen Nationalfonds).

Davon abgesehen steht der Bundesrat der Empfehlung der Kommission im Grundsatz aber positiv gegenüber. Entsprechend wird er geeignete Massnahmen prüfen, damit die Forschungskonzepte unter der Verantwortung der federführenden Ämter künftig verstärkt für die ämterübergreifende Abstimmung und Organisation der Ressortforschung genutzt werden. Des Weiteren wird der Bundesrat geeignete Massnahmen prüfen, um sicherzustellen, dass die vom Steuerungsausschuss BFT schon heute jährlich erstellte Informationsnotiz über die Ressourcenplanung in der Ressortforschung bei der Erarbeitung des jährlichen Voranschlages zuhanden des Parlamentes berücksichtigt werden kann. Darüber hinaus wird das Präsidium des Steuerungsausschusses BFT dem Bundesrat in Zukunft noch vermehrt als zentraler Ansprechpartner für alle weiteren übergeordneten Fragen betreffend die Ressortforschung dienen.

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Empfehlung 4 Die GPK-N fordert den Bundesrat auf, die Umsetzung der Qualitätssicherung in der Ressortforschung in zwei bis drei Jahren zu evaluieren.

Der Bundesrat nimmt mit Befriedigung zur Kenntnis, dass die GPK-N die im Auftrag des Bundesrates durch das Präsidium des Steuerungsausschusses BFT erlassenen Richtlinien zur Qualitätssicherung in der Ressortforschung als geeignete Grundlage für die Verankerung der Transparenz und der Qualitätskontrolle in der Ressortforschung betrachtet. Wie die Kommission feststellt, sehen die Richtlinien selbst eine periodische Evaluation der Ressortforschung auf allen Ebenen vor. Der Bundesrat ist bereit, Evaluationen entsprechend diesen Richtlinien durchzuführen, erachtet dafür aber den Zeitraum vor der Erstellung der nächsten Forschungskonzepte (in 3­4 Jahren) als geeignet.

Empfehlung 5 Die GPK-N fordert den Bundesrat auf, das Informationssystem Aramis auf seine Zielsetzung zu überprüfen. Auf dieser Grundlage ist zu entscheiden, inwiefern Aramis zu stärken und zu einem tauglichen Instrument des Ressortforschungsmonitorings entwickelt werden kann.

Der Bundesrat nimmt die Empfehlung der Geschäftsprüfungskommission entgegen, stellt aber fest, dass die im Bericht genannten Probleme und Herausforderungen schon weitgehend angegangen wurden. So wurde beispielsweise vor Kurzem entschieden, dass künftig auch Projekte aus dem Gebiet der Wirksamkeitsüberprüfung in das Informationssystem ARAMIS aufgenommen werden. Ebenso wird bei den Finanzkennzahlen der eingetragenen Projekte neuerdings auch die Budgetrubrik aus der Staatsrechnung erfasst, und es wird bei den Ämtern die Zuordnung ihrer Forschungsinvestitionen zu den jeweiligen Forschungskonzepten jährlich neu erhoben.

Schliesslich nutzen einzelne Ämter ARAMIS bereits heute für ihr internes Forschungsmonitoring.

Keine Priorität erkennt der Bundesrat in einer möglichen Nutzung von ARAMIS für die Forschungsplanung der Ämter. Diesbezüglich stellen die in ARAMIS erfassten und beschriebenen Einzelprojekte zwar eine wichtige Vorinformation für die planenden Ämter dar, eine effektive Forschungsplanung wird sich aber hauptsächlich auf andere Mittel abstützen müssen (z.B. die fachbereichspezifische Expertise der die Forschungskonzepte begleitenden Kommissionen und Koordinationsgruppen, politische Dringlichkeiten etc.).

Der Ausbau
von ARAMIS zu einem Instrument für ein übergeordnetes Ressortforschungsmonitoring kann unter den genannten Vorbehalten geprüft werden. Dabei werden mögliche Doppelspurigkeiten und die Kostenfolgen eines weiteren Ausbaus von ARAMIS (insbesondere für Datenaktualisierung und amtsunabhängige Datenüberprüfung) besonders zu berücksichtigen sein.

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Der Bundesrat dankt der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates für Ihren Bericht und das damit zum Ausdruck gebrachte Interesse an einer starken und effizienten Forschung zur Bereitstellung der notwendigen Wissens- und Entscheidungsgrundlagen der Bundesverwaltung.

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