06.098 Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik 2006 sowie Botschaften zu Wirtschaftsvereinbarungen vom 10. Januar 2007

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Gestützt auf Artikel 10 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über aussenwirtschaftliche Massnahmen (SR 946.201; «Gesetz») beehren wir uns, Ihnen Bericht zu erstatten.

Wir beantragen Ihnen, von diesem Bericht samt seinen Beilagen (Ziff. 8.1.1 und 8.1.2) Kenntnis zu nehmen (Art. 10 Abs. 1 des Gesetzes).

Gleichzeitig unterbreiten wir Ihnen gestützt auf Artikel 10 Absatz 2 bzw. Absatz 3 des Gesetzes zwei Botschaften über internationale Wirtschaftsvereinbarungen. Wir beantragen Ihnen, den Entwurf zum Bundesbeschluss über das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und den SACU-Staaten sowie über das Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und den SACU-Staaten (Ziff. 8.2.1 samt Anhängen) sowie den Entwurf zum Bundesbeschluss über das Internationale Tropenholz-Übereinkommen von 2006 (Ziff. 8.2.2 samt Anhang) zu genehmigen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

10. Januar 2007

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Micheline Calmy-Rey Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2006-2482

897

Gesamtübersicht Die das Berichtsjahr 2006 prägenden aussenwirtschaftspolitischen Ereignisse waren die Turbulenzen in der WTO, die Annahme des Osthilfegesetzes in der Volksabstimmung vom 26. November sowie die Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens zu einer Revision des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse, mit der das in der EU geltende Cassis-de-Dijon-Prinzip auch in der Schweiz eingeführt werden soll.

Umsetzung der schweizerischen Aussenwirtschaftsstrategie Der Bundesrat hat im Aussenwirtschaftsbericht 2004 die strategische Ausrichtung der schweizerischen Aussenwirtschaftspolitik dargelegt. Als Schwerpunkte ihrer Umsetzung im Jahr 2006 sind die WTO-Verhandlungen, der Abschluss weiterer Freihandelsabkommen und die Erarbeitung von Länderstrategien zu nennen.

WTO und Doha-Runde Unabhängig vom Ausgang der Doha-Runde ist das bestehende WTO-Regelwerk für die Schweiz von grundlegender Bedeutung (vgl. Ziff. 3.2). Da mit der grossen Mehrzahl unserer Handelspartner (noch) keine Freihandelsabkommen bestehen, bildet die WTO im Verhältnis zu diesen die Basis unserer Handelsbeziehungen. Dies trifft auf wichtige Handelspartner wie die USA, Japan, Brasilien, China oder Indien zu.

Aber auch im Verhältnis zwischen der EU und den USA oder Japan ist dies der Fall.

In den bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU bietet die WTO über das bestehende Freihandelsabkommen und die bilateralen Abkommen hinaus einen gewissen Schutz vor Handelsbeschränkungen. Die Errungenschaften des WTO-Systems dürfen daher nicht mangels Erfolgen in den Verhandlungen aufs Spiel gesetzt werden. Es ist im Gegenteil besonders wichtig, das Welthandelssystem zu stärken und auf einen erfolgreichen Abschluss der Doha-Verhandlungen hinzuarbeiten. Die Schweiz ist bereit, hierzu einen namhaften Beitrag zu leisten. Ein Abschluss der Runde wird indessen erst möglich sein, wenn auch unsere Handelspartner zu entsprechenden Konzessionen Hand bieten.

Freihandelsabkommen Gemäss der schweizerischen Aussenwirtschaftsstrategie verfolgt die Schweiz mit dem Abschluss von Freihandelsabkommen das Ziel, ihren Unternehmen einen gegenüber wichtigen ausländischen Konkurrenten (namentlich EU, USA, Japan) gleichwertigen Zugang zu ausgewählten ausländischen Märkten zu verschaffen (vgl.

Ziff. 3.3). Benachteiligungen auf Auslandmärkten, die sich aus Präferenzabkommen unserer Handelspartner mit Konkurrenzländern ergeben, können innert nützlicher Frist nur durch den Abschluss von ebenfalls präferenziellen Abkommen mit jenen Handelspartnern vermieden oder beseitigt werden.

898

Bei der Aushandlung von Freihandelsabkommen strebt die Schweiz einen möglichst umfassenden Deckungsbereich der Abkommen an, der neben Warenverkehr, Wettbewerb und Schutz des geistigen Eigentums auch Investitionen, den Handel mit Dienstleistungen und das öffentliche Beschaffungswesen einschliesst. Die Abkommen verbessern die Rechtssicherheit und die Stabilität der Rahmenbedingungen für unsere Aussenwirtschaftsbeziehungen mit den jeweiligen Partnerstaaten. Die Freihandelsabkommen dienen so nicht nur der Vermeidung von Benachteiligungen, sie leisten auch einen Beitrag zur Diversifikation und Dynamisierung unserer Aussenwirtschaftsbeziehungen. Dies trifft vor allem auf Länder zu, die wegen der Grösse ihres Marktes besonders interessante Absatzaussichten eröffnen.

Freihandelsabkommen bieten keinen Ersatz für die Weiterentwicklung des multilateralen Handelssystems in der WTO. Die weltweit zunehmende Zahl von Präferenzabkommen hat für die weltweiten Handelsregeln unvermeidlich eine gewisse Relativierung zur Folge. Sie birgt zudem das Risiko einer Fragmentierung der internationalen Handelsordnung: Komplexe und restriktiv ausgestaltete Ursprungsregeln können die von Präferenzabkommen ausgehenden handelsumlenkenden Wirkungen zulasten von Drittstaaten noch verstärken oder aber die Ausnützung von ausgehandelten Präferenzen stark erschweren. Letzteres gilt gerade im Fall von eng mit dem Ausland verflochtenen Volkswirtschaften wie der Schweiz, die einen Grossteil der in der Exportproduktion eingesetzten Vorleistungen importiert. Auch besteht das Risiko, dass das Interesse an Freihandelsabkommen an kleineren oder wirtschaftlich weniger entwickelten Staaten vorbeigeht und dass ihre Teilnahme am weltweiten wirtschaftlichen Austausch erschwert wird. Diesen Aspekten ist beim weiteren Ausbau des Netzes von Freihandelsabkommen ebenfalls Rechnung zu tragen.

Strategien für die BRIC-Länder Der Bundesrat hat 2006 erstmals länderspezifische Strategien für die Wirtschaftspolitik der Schweiz gegenüber den sog. BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) verabschiedet. Der Stellenwert dieser Schwellenländer in der Weltwirtschaft ist in den letzten zehn Jahren massiv gestiegen. Das Einleitungskapitel (vgl. Ziff. 1) setzt sich mit der weltwirtschaftlichen Bedeutung der BRIC-Länder und den Implikationen für die Schweiz
auseinander.

Auswirkungen auf die Binnenmarktpolitik WTO und Freihandelsabkommen stehen nicht nur im Dienst der ersten Dimension der Aussenwirtschaftspolitik (Marktöffnung im Ausland/internationales Regelwerk), sie fördern auch die Importkonkurrenz und sind somit auch für die zweite Dimension der Aussenwirtschaftspolitik relevant (Binnenmarktpolitik). Schliesslich tragen sie zur Einbindung von Entwicklungs- und Schwellenländern in die internationale Arbeitsteilung bei (dritte Dimension: wirtschaftliche Entwicklung der Partnerstaaten).

899

Verhandlungen sowohl im Rahmen der WTO als auch über Freihandelsabkommen erfordern Handlungsspielraum. Während die Schweiz beim Abbau von Zöllen auf Industriegütern angesichts ihres tiefen Zollniveaus offen und liberal auftreten kann, muss sie demgegenüber bei Agrarverhandlungen sicherstellen, dass der Rhythmus der internen Reformen mit den internationalen Entwicklungen Schritt halten kann.

Die Annahme und Umsetzung des Reformpakets «Agrarpolitik 2011» sind daher von zentraler Bedeutung. Abstriche an diesen Reformvorhaben könnten die Schweizer Landwirtschaft vor sehr hohe Herausforderungen stellen, wenn die Verhandlungen in der WTO ­ oder andere Verhandlungen ­ plötzlich eine weitgehende und rasche Grenzöffnung erfordern sollten. Mit der Fortsetzung der Agrarreform kann u.a.

auch verhindert werden, dass die Schweiz gegenüber den zukünftigen Liberalisierungsschritten der EU ins Hintertreffen gerät.

Es liegt im Eigeninteresse der Schweiz, autonom Entscheide zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft zu fällen ­ so beispielsweise die Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips, die Vereinfachung und Harmonisierung des öffentlichen Beschaffungswesens oder die Reform der Post und der Märkte auf den Gebieten Telekommunikation, Schienenverkehr und Elektrizität. Reformen im Inland ermöglichen der Schweiz, auch international entsprechende Verpflichtungen einzugehen, um im Gegenzug einen besseren Marktzutritt für Schweizer Güter und Dienstleistungen im Ausland zu erhalten.

Die Aussenwirtschaftstätigkeiten 2006 Mit der Annahme des Osthilfegesetzes am 26. November durch das Volk können mit den zehn neuen EU-Mitgliedstaaten Verhandlungen über bilaterale Zusammenarbeitsvereinbarungen im Rahmen des schweizerischen Beitrags an die Verringerung der Ungleichheiten in der erweiterten EU aufgenommen werden (vgl. Ziff. 2).

Im Juli wurde ein Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und den Staaten der Südafrikanischen Zollunion (SACU) unterzeichnet (vgl. Ziff. 8.2.1). Am 1. Juni trat das Freihandelsabkommen der EFTA-Staaten mit Tunesien und am 1. September dasjenige mit der Republik Korea in Kraft (vgl. Ziff. 3.3).

Die Doha-Verhandlungen in der WTO wurden im Juli suspendiert und im November auf Beschluss des obersten Verhandlungsorgans zumindest auf technischer Ebene wieder aufgenommen (vgl. Ziff. 3.2).

Die OECD hat die Schweiz auf dem Gebiet der Gesundheitspolitik einer Länderprüfung unterzogen (vgl. Ziff. 3.1).

Im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit hat sich die Schweiz mit 154 bzw. 80 Millionen Franken in Entwicklungs- und Transitionsländern engagiert (vgl. Ziff. 5). Anfang 2006 konnten unter der Schirmherrschaft der UNCTAD die Verhandlungen über ein neues internationales Tropenholzübereinkommen abgeschlossen werden (vgl. Ziff. 8.2.2).

900

Im Mai wurde zwischen der Schweiz und den USA ein Kooperationsforum für Handel und Investitionen geschaffen. Mit Aserbaidschan, Kenia und Kolumbien wurden Investitionsschutzabkommen abgeschlossen (vgl. Ziff. 6).

Auf dem Gebiet der Exportrisikogarantie wurden Neugarantien für Exportaufträge im Gesamtbetrag von 2,7 Milliarden Franken erteilt. Am 1. Januar 2007 hat die Schweizerische Exportrisikoversicherung (SERV) ihre Tätigkeit aufgenommen; sie löst den bisherigen ERG-Fonds ab (vgl. Ziff. 7).

901

Inhaltsverzeichnis Gesamtübersicht

898

Abkürzungsverzeichnis

906

1 Die BRIC-Länder: Weltwirtschaftliche Bedeutung und Implikationen für die Schweiz 1.1 Die weltwirtschaftliche Bedeutung der BRIC-Länder 1.2 Potenziale der BRIC-Länder für die Schweizer Wirtschaft 1.2.1 Die Bedeutung der BRIC-Länder für die Schweizer Aussenwirtschaft 1.2.2 Brasilien 1.2.3 Russland 1.2.4 Indien 1.2.5 China 1.3 Herausforderungen an die Schweizer Wirtschaft 1.3.1 Güterhandel 1.3.2 Dienstleistungen und Investitionen 1.3.3 Öffentliches Beschaffungswesen 1.3.4 Geistiges Eigentum 1.3.5 Arbeitsmarkt 1.3.6 Horizontale Politiken 1.4 Aussenwirtschaftspolitische Massnahmen der Schweiz gegenüber den BRIC-Ländern 1.4.1 Multilaterale Massnahmen 1.4.2 Plurilaterale Massnahmen 1.4.3 Bilaterale Massnahmen 1.4.4 Auswahl prioritärer Massnahmen 1.5 Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung 1.6 Zukunftsaussichten 2 Europäische Wirtschaftsintegration 2.1 Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU 2.1.1 Beziehungen im Rahmen der geltenden Abkommen 2.1.1.1 Das Freihandelsabkommen Schweiz-EG von 1972 2.1.1.2 Die sektoriellen Abkommen Schweiz­EG von 1999 2.1.1.3 Die sektoriellen Abkommen Schweiz­EG von 2004 2.1.1.3.1 Stand der Genehmigung und Umsetzung 2.1.1.3.2 Die Abkommen im Einzelnen 2.1.2 Entwicklungen auf anderen Gebieten 2.2 Europäische Freihandelsassoziation (EFTA) 2.3 Europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Forschung und Technologie 2.3.1 Eureka 2.3.2 COST

902

911 911 913 913 915 916 916 917 918 918 919 920 920 921 921 922 922 923 924 925 926 927 928 929 929 929 930 934 934 935 937 939 940 940 940

3 Multilaterale Wirtschaftszusammenarbeit 3.1 Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) 3.1.1 Tagung des OECD-Rates auf Ministerebene 3.1.2 Schwerpunkte der analytischen Tätigkeiten 3.1.2.1 Tagung der Erziehungsminister 3.1.2.2 Gemeinsame Tagung der Entwicklungs- und der Umweltminister 3.1.2.3 Überprüfung der schweizerischen Regulierungsreform 3.1.2.4 Überprüfung der schweizerischen Gesundheitspolitik 3.1.2.5 Überprüfung der schweizerischen Invaliditätspolitik 3.1.2.6 OECD-Empfehlungen zum Wirtschaftswachstum 2006 3.1.2.7 Handelspolitik 3.1.3 Instrumente im Investitionsbereich 3.1.3.1 Investitionsregeln 3.1.3.2 Leitsätze für multinationale Unternehmen 3.1.3.3 Korruptionsbekämpfung 3.1.4 Instrumente in anderen Bereichen 3.1.4.1 Internationale Zusammenarbeit im Wettbewerbsbereich 3.1.4.2 OECD-Grundsätze der Corporate Governance 3.1.4.3 Unlauterer Steuerwettbewerb 3.2 Welthandelsorganisation (WTO) 3.2.1 Die Suspendierung und Wiederaufnahme der Doha-Runde 3.2.2 Streitbeilegung 3.2.3 Handel und Entwicklung 3.2.4 Öffentliches Beschaffungswesen 3.2.5 Beitrittsverfahren 3.3 EFTA-Drittlandbeziehungen und Freihandelsabkommen mit Staaten ausserhalb der EU 3.3.1 Beziehungen der EFTA-Staaten zu Partnern im Raum Europa-Mittelmeer 3.3.2 Beziehungen der EFTA-Staaten zu Partnern ausserhalb des Raums Europa-Mittelmeer 3.3.3 Bilaterale Freihandelsbeziehungen der Schweiz mit Partnern ausserhalb der EU 3.4 Vereinte Nationen (UNO) 3.4.1 UNCTAD 3.4.2 UNIDO 3.4.3 Folgeprozess von Rio und Johannesburg 3.4.4 Internationale Arbeitsorganisation (IAO) 3.5 Sektorale multilaterale Zusammenarbeit im Energiebereich

941

957 957 958 958 959 960 961

4 Internationales Finanzsystem 4.1 Internationaler Währungsfonds 4.1.1 Lage der Weltwirtschaft 4.1.2 Wichtigste Geschäfte im IWF 4.1.3 Finanzielle Verpflichtungen der Schweiz gegenüber dem IWF 4.2 Die Zehnergruppe (G10)

962 962 962 963 964 964

941 941 942 942 942 943 943 944 945 945 946 946 946 947 947 947 948 948 949 950 951 953 953 954 954 955 955

903

4.3 Internationale Aufsichtsgremien 4.3.1 Basler Ausschuss für Bankenaufsicht 4.3.2 Internationale Organisation der Effektenhandelsaufseher (IOSCO) 4.3.3 Joint Forum 4.3.4 Internationaler Verband der Versicherungsaufsichtsbehörden (IAIS) 967 4.3.5 Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der Geldwäscherei (Groupe d'action financière sur la lutte contre le blanchiment de capitaux/GAFI)

965 965 966 966

5 Wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit 5.1 Unterstützungsmassnahmen zugunsten von Entwicklungs- und Transitionsländern 5.1.1 Entwicklungsländer 5.1.1.1 Makroökonomische Unterstützung 5.1.1.2 Zusammenarbeit im Finanzsektor 5.1.1.3 Handelsrelevante Entwicklungszusammenarbeit 5.1.1.4 Investitionsförderung 5.1.1.5 Infrastrukturfinanzierung 5.1.2 Osteuropa und die GUS 5.1.2.1 Infrastrukturfinanzierung 5.1.2.2 Makroökonomische Unterstützung 5.1.2.3 Handelsrelevante Zusammenarbeit 5.1.2.4 Investitionsförderung 5.2 Multilaterale Finanzierungsinstitutionen 5.2.1 Weltbankgruppe 5.2.1.1 Gute Regierungsführung und Korruptionsbekämpfung 5.2.1.2 Aktivitäten im Bereich Klimawandel und saubere Energie 5.2.1.3 Umsetzung der multilateralen Entschuldungsinitiative 5.2.1.4 Privatsektoraktivitäten der Weltbankgruppe 5.2.2 Regionale Entwicklungsbanken 5.2.2.1 Afrikanische Entwicklungsbank 5.2.2.2 Asiatische Entwicklungsbank 5.2.2.3 Interamerikanische Entwicklungsbank 5.2.3 Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD)

968 969 969 969 970 971 971 972 972 972 973 973 974 974 974 975 975 976 976 976 977 977 977 978

6 Bilaterale Beziehungen 6.1 Westeuropa 6.2 Mitteleuropa und die GUS 6.3 Südosteuropa 6.4 Nordamerika 6.5 Zentral- und Südamerika 6.6 Asien/Ozeanien 6.7 Mittlerer Osten 6.8 Afrika

979 979 980 980 981 982 982 983 984

7 Autonome Aussenwirtschaftspolitik 7.1 Exportkontroll- und Embargomassnahmen

985 985

904

967

7.1.1 Massnahmen zur Nichtweiterverbreitung von Gütern zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen und deren Trägersystemen sowie von konventionellen Waffen 7.1.1.1 Kontrolle von bewilligungspflichtigen Gütern 7.1.1.2 Kontrolle von meldepflichtigen Gütern 7.1.1.3 Eckdaten zu Ausfuhren im Rahmen des Güterkontrollgesetzes 7.1.2 Embargomassnahmen 7.1.2.1 Embargomassnahmen der UNO 7.1.2.2 Embargomassnahmen der EU 7.1.3 Massnahmen gegen Konfliktdiamanten 7.2 ERG, IRG, Exportfinanzierung, Umschuldung 7.2.1 Exportrisikogarantie 7.2.2 Investitionsrisikogarantie 7.2.3 Exportfinanzierung 7.2.4 Umschuldungen 7.3 Exportförderung, Standortpromotion und Tourismus 7.3.1 Exportförderung 7.3.2 Standortpromotion 7.3.3 Tourismus 8 Beilagen 8.1 Beilagen 8.1.1­8.1.2 8.1.1 Finanzielles Engagement der Schweiz 2006 gegenüber den multilateralen Entwicklungsbanken 8.1.2 Bewilligungen für Versandkontrollen im Auftrag ausländischer Staaten 8.2 Beilagen 8.2.1­8.2.2 8.2.1 Botschaft über das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und den Staaten der Südafrikanischen Zollunion (SACU) Bundesbeschluss zum Freihandelsabkommen zwischen den EFTAStaaten und den SACU-Staaten sowie zum Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und den SACU-Staaten (Entwurf) Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und den Staaten der Südafrikanischen Zollunion Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und den SACU-Staaten 8.2.2 Botschaft zum Internationalen Tropenholz-Übereinkommen von 2006 Bundesbeschluss über das Internationale Tropenholz-Übereinkommen von 2006 (Entwurf) Internationales Tropenholz-Übereinkommen von 2006

985 986 986 987 988 989 990 991 992 992 993 993 993 994 994 995 995 997 997 998 1000 1002 1003 1015 1017 1037 1083 1093 1095

905

Abkürzungsverzeichnis AfDB

African Development Bank Afrikanische Entwicklungsbank

AsDB

Asian Development Bank Asiatische Entwicklungsbank

AFTA

Asian Free Trade Association Freihandelszone des Verbandes südostasiatischer Nationen

Andengemeinschaft

Mitglieder: Bolivien, Ecuador, Kolumbien, Peru. Chile ist assoziiertes Mitglied

APEC

Asia Pacific Economic Cooperation Anrainerstaaten des pazifischen Beckens

APS

Allgemeines Präferenzsystem zu Gunsten der Entwicklungsländer (Zollpräferenzenbeschluss, SR 632.91)

ASEAN

Association of Southeast Asian Nations

BRICs

Brasilien, Russland, Indien, China

CAFTA

US-Central American Free Trade Agreement

Cairnsgruppe

Mitglieder: Argentinien, Australien, Bolivien, Brasilien, Chile, Costa Rica, Guatemala, Indonesien, Kanada, Kolumbien, Malaysia, Neuseeland, Paraguay, die Philippinen, Thailand, Südafrika und Uruguay

CIME

Committee on International Investment and Multinational Enterprises Ausschuss für internationale Investitionen und multinationale Unternehmen (der OECD)

Cleaner Production Centers

Umwelttechnologiezentren

Corporate Governance

Gute Unternehmensführung und -kontrolle

COST

Coopération européenne dans le domaine de la recherche scientifique et technique Europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der wissenschaftlichen und technischen Forschung

CSD

Commission on Sustainable Development Kommission für nachhaltige Entwicklung

CWÜ

Chemiewaffenübereinkommen (180 Mitglieder)

DAC

Development Assistance Committee Ausschuss für Entwicklungshilfe (der OECD)

906

EBRD

European Bank for Reconstruction and Development Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung

ECOSOC

United Nations Economic and Social Council Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen

EFTA

European Free Trade Association Europäische Freihandelsassoziation

EG

Europäische Gemeinschaft

Equity Fund

Aktienfonds

ERG

Exportrisikogarantie

ESAF

Enhanced Structural Adjustment Facility Erweiterte Strukturanpassungsfazilität

Euratom

Europäische Atomgemeinschaft

Eureka

European Research Coordination Agency Europäische Agentur für die Koordinierung der Forschung

EWR

Europäischer Wirtschaftsraum

EU

Europäische Union (erster Pfeiler: EG, EGKS, Euratom; zweiter Pfeiler: Gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik; dritter Pfeiler: Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres)

FATF

Financial Action Task Force on Money Laundering Internationale Task Force zur Bekämpfung der Geldwäscherei (mit Sekretariat bei der OECD)

FHA

Freihandelsabkommen

FTAA

Free Trade Area of the Americas Gesamtamerikanische Freihandelszone

G8

Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Italien, Japan, Kanada, Russland, USA

G10

Group of Ten Zehnergruppe (Vereinigung der mittlerweile 11 wichtigsten Geberländer des IWF)

GAFI

Groupe d'action financière sur la lutte contre le blanchiment de capitaux Internationale Task Force zur Bekämpfung der Geldwäscherei

GATS

General Agreement on Trade in Services Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen

GATT

General Agreement on Tariffs and Trade Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen

GCC

Gulf Cooperation Council Golfkooperationsrat (Mitglieder: Bahrein, Oman, Kuwait, Katar, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate)

GEF

Global Environment Facility Globale Umweltfazilität

907

Global Compact UN-Initiative mit dem Ziel, global tätige Unternehmen (auf freiwilliger Basis) zur Respektierung von Menschenrechten, zur Einhaltung fairer Arbeitsbedingungen und zum Schutz der Umwelt zu verpflichten GUS

Gemeinschaft Unabhängiger Staaten

HIPC

Heavily Indebted Poor Countries Initiative des IWF und der Weltbank zur Entschuldung hochverschuldeter armer Länder

IAEA/IAEO

International Atomic Energy Agency Internationale Atomenergie-Organisation

IAIS

International Association of Insurance Supervisors Internationale Vereinigung der Versicherungsaufseher

IBRD

International Bank for Reconstruction and Development Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung

IDA

International Development Association Internationale Entwicklungsorganisation

IDB

Inter-American Development Bank Interamerikanische Entwicklungsbank

IEA

International Energy Agency Internationale Energie-Agentur

IFC

International Finance Corporation Internationale Finanzgesellschaft

IIC

Interamerican Investment Corporation Interamerikanische Investitionsgesellschaft

ILO/IAO

International Labour Organization Internationale Arbeitsorganisation

IMFC

International Monetary and Financial Committee Internationaler Währungs- und Finanzausschuss des IWF

IOSCO

International Organisation of Securities Commissions Internationale Organisation der Effektenhandelsaufseher

IRG

Investitionsrisikogarantie

ITTO

International Tropical Timber Organization Internationale Tropenholzorganisation

IWF

Internationaler Währungsfonds

Joint Implementation

Die gemeinsame Umsetzung von Massnahmen von Entwicklungsländern und Industrieländern zum Klimaschutz

KimberleyProzess

Konsultationsgremium (benannt nach der südafrikanischen Minenstadt Kimberley) zur Verhinderung des Handels mit «Konfliktdiamanten»

KMU

Kleine und mittlere Unternehmen

LOCATION Switzerland

Standortpromotion des Bundes

908

Mercosur

Mercado Común del Sur Gemeinsamer Markt Lateinamerikas (Mitglieder: Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay, Venezuela)

MIGA

Multilateral Investment Guarantee Agency Multilaterale Investitionsgarantie-Agentur

MTCR

Missile Technology Control Regime Raketentechnologie-Kontrollregime

NAFTA

North American Free Trade Agreement Nordamerikanisches Freihandelsabkommen zwischen den USA­Kanada­Mexiko

NEPAD

New Partnership for Africa's Development Initiative «Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung»

NGO

Non-Governmental Organization Nichtregierungsorganisation

NSG

Nuclear Suppliers Group Gruppe der Nuklearlieferländer

OECD

Organisation for Economic Cooperation and Development Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

OPCW

Organization for the Prohibition of Chemical Weapons Organisation für das Verbot chemischer Waffen

OPEC

Organization of Petroleum Exporting Countries Organisation erdölexportierender Länder

Osec

Osec Business Network Switzerland

Pariser Klub

Vereinigung der weltweit führenden Gläubigerstaaten

Peer Review

Prüfung eines Mitgliedstaates durch andere Mitgliedstaaten in Bezug auf seine Leistungen im betreffenden Bereich mit dem Ziel, ihm Unterstützung zu bieten zur Verbesserung seiner Politiken und Praktiken sowie zur Einhaltung der vereinbarten Regeln.

SACU

South African Customs Union Südafrikanische Zollunion (Südafrika, Botswana, Lesotho, Namibia und Swaziland)

SDFC

Swiss Development Finance Corporation Schweizerische Gesellschaft für Entwicklungsfinanzierung

SERV

Schweizerische Exportrisikoversicherung

Sifem AG

Swiss Investment Fund for Emerging Markets Schweizerische Entwicklungsfinanzierungsgesellschaft

SIPPO

Swiss Import Promotion Program Schweizer Programm zur Förderung der Importe aus Entwicklungs- und Transitionsländern

909

SOFI

Swiss Organisation for Facilitating Investments Schweizerische Organisation zur Förderung von Investitionen in Entwicklungs- und Transitionsländern

STEP

Stiftung für gerechte Bedingungen in Teppichherstellung und -handel

SZR

Sondererziehungsrechte

TRIPS

Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights WTO-Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum

UNCED

United Nations Conference on Environment and Development Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung

UNCTAD

United Nations Conference on Trade and Development Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung

UNDP

United Nations Development Program Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen

UNEP

United Nations Environment Program Umweltprogramm der Vereinten Nationen

UNIDO

United Nations Industrial Development Organisation Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung

UNO

United Nations Organization Organisation der Vereinten Nationen

WHO

World Health Organization Weltgesundheitsorganisation

WIPO

World Intellectual Property Organization Weltorganisation für geistiges Eigentum

WTO

World Trade Organization Welthandelsorganisation

910

Bericht 1

Die BRIC-Länder: Weltwirtschaftliche Bedeutung und Implikationen für die Schweiz Der Bundesrat hat die besondere Bedeutung der BRIC-Länder (Brasilien, Russland, Indien, China) für die Schweiz bereits in den Einleitungskapiteln der Aussenwirtschaftsberichte 2004 und 2005 hervorgehoben. In diesen Berichten stand die strategische Ausrichtung der Schweizerischen Aussenwirtschaftspolitik im Vordergrund.

Inzwischen hat das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement für die BRICStaaten spezifische aussenwirtschaftspolitische Analysen zum weiteren Vorgehen ausgearbeitet. Diese Strategien sind als sektorielle Anwendung der aussenpolitischen Strategien zu verstehen. Die darin vorgeschlagenen Massnahmen werden ebenfalls in die allgemeinen aussenpolitischen Strategien integriert, um eine allgemeine Koordination zu gewährleisten.

Im vorliegenden Kapitel, welches diese Strategien im Überblick darstellt, werden die BRIC-Länder hinsichtlich der sogenannten ersten und dritten Dimension der Schweizer Aussenwirtschaftspolitik näher behandelt, d.h. unter den Gesichtspunkten «Marktzugang im Ausland und internationales Regelwerk» sowie «Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung in Partnerländern». Es wird aufgezeigt, wie die Schweizer Aussenwirtschaftsstrategie in den für unser Land an Bedeutung gewinnenden BRIC-Ländern konkret umgesetzt wird.

1.1

Die weltwirtschaftliche Bedeutung der BRIC-Länder

Die Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien und China ­ die BRIC-Länder oder kurz BRICs ­ haben das Potenzial, in absehbarer Zeit zu den wichtigsten Wirtschaftsmächten der Welt aufzuschliessen1. Dementsprechend wird ihr wirtschaftspolitisches Gewicht zunehmen. Seit 1995 hat sich ihr Anteil am weltweiten Handel mit nunmehr knapp 10 Prozent bereits praktisch verdoppelt2.

Die von den BRICs in den letzten fünf Jahren verzeichneten Wachstumsraten sprechen für sich. Spitzenreiter ist China, mit einem jährlichen Durchschnittswachstum von rund 8 Prozent, gefolgt von Indien und Russland (je knapp 6 %). Einzig Brasi-

1

2

Das Akronym BRIC wurde 2001 geprägt. In der zwei Jahre später erschienenen Studie «Dreaming with the BRICs: The Path to 2050» bezifferte die Bank Goldman Sachs das potenzielle Wachstum der BRICs gegenüber jenem der G6 (USA, Japan, Deutschland, Grossbritannien, Frankreich, Italien). Das Zusammenfassen der vier Länder unter dem Akronym BRIC soll nicht den Eindruck vermitteln, dass es sich bei diesen Ländern um ein monolithisches Ganzes handelt. Ganz im Gegenteil bestehen zwischen den einzelnen BRIC-Staaten erhebliche Unterschiede im Bezug auf politisches und wirtschaftliches System, Ressourcenausstattung, Demografie usw.

Quelle: Welthandelsorganisation (WTO).

911

lien konnte mit einem durchschnittlichen Wachstum von 2 Prozent pro Jahr nicht mithalten3.

Dieser Aufschwung kann durch verschiedene politische wie wirtschaftliche Faktoren erklärt werden. Vor allem für China und Russland war die Abkehr von der Plan- und die Hinwendung zur Marktwirtschaft von zentraler Bedeutung. Zudem haben alle BRIC-Länder ihre Märkte nach aussen geöffnet, allen voran China, das sowohl im Zuge der WTO-Beitrittsverhandlungen als auch nach erfolgtem Beitritt im Jahr 2001 seine Handelsschranken erheblich reduziert hat.

Die verbesserten Rahmenbedingungen hatten auch einen positiven Einfluss auf das Investitionsklima, was sich in einem Anstieg der ausländischen Direktinvestitionen in den BRICs niederschlug. Angesichts vielversprechender Zukunftsaussichten dürfte diese Entwicklung auch in den kommenden Jahren anhalten.

Allein schon die Grösse der jeweiligen Märkte enthält ein enormes Potential. 40 Prozent der Weltbevölkerung leben gegenwärtig in den BRICs. Allerdings heben sich China und Indien mit 1,3 bzw. 1,1 Milliarden Einwohnern markant von den beiden anderen Ländern (Brasilien: 179 Mio.; Russland: 143 Mio.) ab4. Während Brasilien und Indien noch immer ein jährliches Bevölkerungswachstum von über 1 Prozent verzeichnen, geht der Bevölkerungsanstieg in China infolge der Ein-Kind-Politik kontinuierlich zurück. In Russland ist das Bevölkerungswachstum schon heute rückläufig, was sich längerfristig negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirken dürfte.

Inzwischen sind die BRICs für ungefähr ein Viertel des Weltwirtschaftswachstums verantwortlich. Unter der Bedingung, dass die vier BRIC-Länder auch weiterhin stabile makroökonomische und auf Wachstum ausgerichtete Politiken verfolgen und nötige strukturelle Reformen an die Hand nehmen, dürfte dieser Anteil in den nächsten Jahren noch markant zunehmen.

Die zunehmende Bedeutung in der Weltwirtschaft verleiht den BRIC-Staaten auch mehr Gewicht in internationalen Verhandlungen. Brasilien fordert in der WTO an der Spitze der G20 ­ einer Gruppe von Entwicklungs- und Schwellenländern, der auch China und Indien angehören ­ mit Nachdruck den Abbau von Agrarexportsubventionen der Industriestaaten. Es setzt sich dezidiert dafür ein, dass den Entwicklungs- und Schwellenländern zahlreiche Sonderbehandlungen eingeräumt werden. Allgemein zielt
Brasiliens Aussenhandelspolitik darauf ab, die Abhängigkeit des Landes von den Haupthandelspartnern Europa und USA zu vermindern und die weltweiten Wirtschaftsbeziehungen zu diversifizieren. So versucht das Land einerseits, die wirtschaftliche Integration und Verflechtung innerhalb des Subkontinents (im Rahmen von Mercosur5 und dessen Kooperation mit der Andengemeinschaft6 sowie der neu gegründeten Südamerikanischen Staatengemeinschaft) voranzutreiben. Gleichzeitig ist es aber auch bemüht, die Zusammenarbeit mit Ländern wie China, Indien, Russland, Südafrika und den arabischen Staaten zu intensivieren.

China gibt sich demgegenüber in der WTO immer noch zurückhaltend. Die chinesische Regierung vertritt die Ansicht, während des Beitrittsprozesses genügend Konzessionen gemacht zu haben, so dass jetzt keine weitere Marktöffnung erforder3 4 5 6

912

Quelle: Internationaler Währungsfonds (IMF), World Economic Outlook.

Quelle: Weltbank, World Development Indicators.

Mitglieder: Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und Venezuela.

Mitglieder: Bolivien, Ecuador, Kolumbien, Peru. Chile ist assoziiertes Mitglied.

lich sei. Indes versucht das Land seit seinem WTO-Beitritt, auch seine regionalen Wirtschaftsbeziehungen zu verstärken und zu institutionalisieren. Dabei konzentriert sich China einerseits auf die Länder der Vereinigung Südostasiatischer Staaten (ASEAN)7, andererseits wendet es sich aber auch zunehmend kaufkräftigeren Märkten wie Japan, Südkorea, Australien, Russland und Indien sowie dem afrikanischen Kontinent zu. Dieses Unterfangen ist allerdings nicht ganz einfach, wird China vor allem in der asiatischen Region doch zunehmend als zu mächtiger Konkurrent empfunden.

Auch Indien ist bestrebt, seine internationalen Handelsbeziehungen durch bi- und plurilaterale Verträge weiter auszubauen. Europa und die USA bleiben dabei wichtige traditionelle Partner. Das Land versucht aber ebenfalls, regionale und überregionale Verbindungen einzugehen. So befindet sich Indien derzeit in Verhandlungen mit einer Anzahl regionaler Wirtschaftsblöcke wie der ASEAN, der Südafrikanischen Zollunion (SACU)8, dem Mercosur und dem Kooperationsrat der Golfstaaten (GCC)9. Ende Juni erschien der Bericht der gemeinsamen Studiengruppe über ein mögliches Freihandelsabkommen mit Japan. Zudem wird den Beziehungen zu den andern BRIC-Staaten vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt. In den WTO-Verhandlungen ist Indien ein wichtiger und selbstbewusst auftretender Akteur.

Russland, das seit mehr als zehn Jahren in Verhandlungen über den WTO-Beitritt steht, dürfte in näherer Zukunft Mitglied der Welthandelsorganisation werden. Dank anhaltend hohem Wirtschaftswachstum in den letzten Jahren ist in der russischen Aussenwirtschaftspolitik ein neues Selbstbewusstsein entstanden. Russland spielt wieder eine regionale Führungsrolle und ist gleichzeitig bestrebt, sich vermehrt in die Weltwirtschaft zu integrieren. Dabei sind vor allem die Beziehungen zu den ehemaligen Sowjetrepubliken, aber auch Russlands Zugehörigkeit zur G8 von zentraler Bedeutung.

1.2

Potenziale der BRIC-Länder für die Schweizer Wirtschaft

1.2.1

Die Bedeutung der BRIC-Länder für die Schweizer Aussenwirtschaft

Die BRIC-Länder haben einen zunehmenden Einfluss auf das Wachstum der Schweizer Wirtschaft. Machten unsere Einfuhren aus den BRIC-Ländern 1995 erst 2,4 Prozent des gesamten Importvolumens aus, so betrug dieser Anteil zehn Jahre später bereits 3,3 Prozent. Ähnlich verhält es sich mit den Exporten, wo der Anteil der BRIC-Staaten zwischen 1995 und 2005 um 67 Prozent auf 4,7 Prozent angewachsen ist10.

7 8 9 10

Mitglieder: Brunei, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand, Vietnam.

Mitglieder: Botswana, Lesotho, Namibia, Südafrika, Swasiland.

Mitglieder: Bahrain, Oman, Kuwait, Katar, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate.

Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung.

913

Graphik 1

4000

5%

3000

4% 3%

2000

2%

1000

1%

0

0%

Brasilien Russland

Prozent

Mio. CHF

Entwicklung der Schweizer Warenexporte in die BRICs, 1995­2005

Indien China Anteil BRICs an CHExporten (rechte Achse)

1995 2000 2005

Graphik 2 Zusammensetzung der Schweizer Warenexporte in die BRICs, 2005

Chemische Produkte

12%

21%

19%

Pharma-Produkte Maschinen

8%

Uhren 40%

Übrige

Auch für die Schweizer Direktinvestitionen werden die BRIC-Länder zunehmend wichtiger. Während sie in Brasilien zwischen 2000 und 2005 keine besondere Dynamik verzeichneten, erzielten die anderen drei Staaten in derselben Zeitspanne Zuwachsraten von rund 70 (China), 80 (Indien) und sogar 200 Prozent (Russland)11.

11

914

Quelle: Schweizerische Nationalbank.

Graphik 3

Mio. CHF

Bestand der Schweizer Direktinvestitionen in den BRICs, 1994­2005 6000 5000 4000 3000 2000 1000 0

Brasilien Russland Indien China 1994

1999

2004

Die zunehmende Bedeutung der BRIC-Länder für die Schweizer Wirtschaft veranlasste das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement, länderspezifische Aussenwirtschaftsstrategien für die BRICs auszuarbeiten. Diese Massnahme reiht sich ein in die sogenannte «erste Dimension» der strategischen Ausrichtung der Schweizer Aussenwirtschaftspolitik ­ Marktzugang im Ausland und internationales Regelwerk ­, wie sie vom Bundesrat im Aussenwirtschaftsbericht 2004 dargelegt wurde.

Die vier BRIC-Strategien wurden vom Bundesrat Ende 2006 verabschiedet.

1.2.2

Brasilien

Brasilien ist traditionell ein wichtiger Markt für die Schweizer Wirtschaft. Im Laufe der 90er Jahre haben die Schweizer Exporte nach Brasilien die Ein-MilliardenFranken-Marke überschritten; seit dem Jahr 2000 lässt sich jedoch eine Stagnation, ja sogar ein Rückgang des Exportvolumens beobachten. Die gleiche Tendenz ist auch für die Schweizer Importe aus Brasilien feststellbar.

In Anbetracht der Tatsache, dass das globale Handelsvolumen Brasiliens seit 2000 stark zugenommen hat, wirft diese Entwicklung Fragen auf. Die Positionierung der Schweizer Wirtschaft erscheint nicht optimal.

Einerseits hat unsere Exportindustrie in Brasilien zwischen 1999 und 2004 unter der Abwertung der Landeswährung (Real) gelitten. Andererseits haben die schwache brasilianische Konjunktur und der gleichzeitige Aufschwung anderer Schwellenländer dazu geführt, dass sich die Schweizer Wirtschaft in den letzten Jahren auf Märkte mit höheren Wachstumsraten konzentriert hat.

Der Pharma- und Biotechindustrie Brasiliens dürfte auch in Zukunft ein hoher Stellenwert zukommen, ist sie doch von der Regierung als ein prioritärer Sektor eingestuft worden. Weitere Wirtschaftssegmente mit guten Zukunftsaussichten liegen im Bereich der medizinischen Geräte, wo sich eine stetig wachsende Zahl von privatversicherten Kunden in den urbanen Zentren hohe Qualität bei der Gesundheitsversorgung wünscht. Auch die Mikrotechnik, ein schnell wachsender, in Brasilien jedoch noch wenig entwickelter Markt, bietet Schweizer Unternehmen eine günstige Ausgangslage. Neue Möglichkeiten dürften sich ausserdem im Energiesektor eröffnen, zumal sich bereits heute die ersten Energieengpässe abzeichnen. Auch 915

Vermögensverwaltung und Investment Banking zählen zu den Bereichen der brasilianischen Wirtschaft, die aller Voraussicht nach an Bedeutung gewinnen werden.

1.2.3

Russland

Im bilateralen Handel, der sich 2005 auf rund 2,5 Milliarden Franken bezifferte, haben sich namentlich unsere Exporte sehr dynamisch entwickelt. Seit 2000 haben sie sich auf 1,5 Milliarden Franken verdreifacht. Seit 2004 kann die traditionell defizitäre Schweizer Handelsbilanz mit Russland einen Überschuss verzeichnen, was vor allem auf eine Steigerung unserer Exporte zurückzuführen ist.

Trotz der Bedeutung Russlands als Exporteur von Energieträgern machen die direkten schweizerischen Energieeinfuhren aus Russland lediglich 12 Prozent des gesamten Schweizer Importvolumens aus Russland aus. Allerdings sind die tatsächlichen Abhängigkeiten bedeutend höher, da insbesondere unsere indirekten Erdgasimporte, beispielsweise via Deutschland, nicht darin enthalten sind.

Russland wird voraussichtlich auch in den nächsten Jahren hohe Einnahmen aus dem Rohstoffgeschäft erzielen. Diese dürften zunächst die wirtschaftliche Entwicklung des Landes begünstigen und einem wachsenden Anteil der russischen Bevölkerung erlauben, am wirtschaftlichen Aufschwung teilzuhaben. Hiervon werden auch schweizerische Exporteure von hochwertigen Konsumgütern profitieren. Allerdings sind mit dem Devisenzustrom auch Risiken verbunden. So könnte die bereits einsetzende Aufwertung der russischen Währung zu einem Verlust an industrieller Wettbewerbsfähigkeit und zu De-Industrialisierung führen.

Im bilateralen Handel ziehen vor allem die Pharma-, Maschinen-, Uhren- und Chemieindustrie Nutzen aus dem weiteren wirtschaftlichen Fortschritt Russlands. Ein starkes Wachstum verzeichnen auch Finanzdienstleistungen, insbesondere im Bereich der Vermögensverwaltung.

Gleichwohl sind die Schweizer Unternehmen in Bezug auf Direktinvestitionen in Russland noch zurückhaltend, da die Rahmenbedingungen insbesondere im Bereich Rechtsstaatlichkeit nicht als ausreichend betrachtet werden. Indessen figuriert die Schweiz nach russischen Angaben an 5. Stelle unter den ausländischen Direktinvestoren, was sich neben den erwähnten schweizerischen Investitionen vor allem durch die mit russischem Kapital über die Schweiz abgewickelten Investitionen erklären lässt.

1.2.4

Indien

2005 erreichte unser Handelsvolumen mit Indien erstmals 2 Milliarden Franken. Der im gleichen Jahr verzeichnete Handelsbilanzüberschuss mit diesem Land stellt einen neuen Rekord dar, was umso beachtlicher ist, als in der gleichen Periode auch die Importe indischer Herkunft angestiegen sind.

Angesichts der Tatsache, dass das Handelsvolumen mit Indien erst 0,7 Prozent des schweizerischen Gesamthandels ausmacht, besteht jedoch noch ein beträchtliches Ausbaupotenzial. Dank der Grösse seines Marktes und der Stärken, über die es in Bereichen der Spitzentechnologie (IT, Biotechnologie, Pharma) verfügt, bestehen umfangreiche Kooperations- und Entwicklungsmöglichkeiten für Schweizer Unter916

nehmen. Die Attraktivität Indiens für die Schweizer Wirtschaft nimmt auch im Bereich der Finanzdienstleistungen und in Bezug auf die Ansiedlung von BPOEinheiten (business process outsourcing) kontinuierlich zu. Ebenso ist im Tourismusbereich in beiden Richtungen eine positive Entwicklung feststellbar.

Die Schweiz gehört zu den zehn wichtigsten ausländischen Direktinvestoren in Indien. Rund 140 Schweizer Unternehmen sind heute vor Ort präsent. Bislang verfügen jedoch nur wenige Schweizer Unternehmen über eigene Produktionsstätten im Land. Ein wichtiger Grund ist der noch mangelhafte Schutz des geistigen Eigentums in Indien. Umgekehrt interessieren sich immer mehr Dienstleistungs- und Softwarefirmen aus dem «IT-Powerhouse Indien» sowie Biotechnologieunternehmen für den Wirtschaftsstandort Schweiz.

1.2.5

China

Der bilaterale Handel mit China hat sich in den vergangenen Jahren ausserordentlich dynamisch entwickelt und wächst auch im Vergleich zu unserem Gesamthandel überdurchschnittlich stark. Schon heute ist China unser drittwichtigster Zulieferer (hinter der EU und den USA) und der viertwichtigste Absatzmarkt für Schweizer Produkte (hinter der EU, den USA und Japan). Seit 2003 verzeichnet die Schweiz mit China einen (geringen) Handelsbilanzüberschuss.

Aufgrund der Komplementarität der beiden Volkswirtschaften besteht weiterhin viel Raum für einen Ausbau der bilateralen Handelsbeziehungen. Während China in Anbetracht seiner Marktgrösse und Wachstumsdynamik unter den Schweizer Wirtschaftspartnern ständig an Bedeutung gewinnt, ist die Schweiz für China ein relativ kleiner Handelspartner12.

Hingegen ist die Schweiz ein bedeutender Investor in China. Die Schweizer Direktinvestitionen in China beliefen sich im Jahr 2005 auf 2,4 Milliarden Franken. Neben den bereits seit längerem präsenten Grossunternehmen engagieren sich auch immer mehr kleine und mittelgrosse Schweizer Unternehmen in China. Ein neuer Trend ist die Gründung von Forschungs- und Entwicklungszentren namentlich der schweizerischen Pharmaindustrie, die lokale Forscher anstellen und mit chinesischen Universitäten zusammenarbeiten.

Die im Zuge der weiteren Industrialisierung Chinas getätigten Investitionen werden die Nachfrage nach Spitzentechnologien weiter ansteigen lassen, was der Schweizer Maschinen- und Technologieindustrie interessante Perspektiven eröffnet.

Die wachsende und in ihrem Konsumverhalten vermehrt nach Westen ausgerichtete Mittelschicht schafft eine zunehmende Nachfrage nach Qualitätsmarken und hochwertigen Konsumgütern, von verpackten Lebensmitteln über Designermode bis zu Luxusuhren. China stellt somit einen Absatzmarkt dar, der Schweizer Unternehmen grosse Chancen bietet, selbst wenn der ungenügende Schutz des geistigen Eigentums auch dort immer noch ein bedeutendes Problem darstellt.

Die schrittweise Öffnung des chinesischen Bankensektors für ausländische Privatbanken eröffnet auch Schweizer Finanzinstituten neue Möglichkeiten in diesem noch wenig entwickelten Markt.

12

Die Schweiz macht nur gerade 0,26 % der gesamten Exporte bzw. 0,59 % aller Importe Chinas aus.

917

1.3

Herausforderungen an die Schweizer Wirtschaft

Im Folgenden werden die wichtigsten Handelshemmnisse in den BRIC-Staaten, wie sie aus verschiedenen internationalen Berichten13 sowie aus einer Umfrage unter den in diesen Ländern tätigen Schweizer Unternehmen hervorgegangen sind, aufgezeigt und anhand von Beispielen aus den einzelnen Ländern erläutert14.

Allgemein lässt sich feststellen, dass die oftmals schwierigen lokalen Bedingungen ausländische Wirtschaftsakteure in vergleichbarer Weise treffen und die Schweizer Wirtschaft in den BRIC-Staaten gegenüber Konkurrenten aus Drittländern mithin keinen schwerwiegenden Diskriminierungen ausgesetzt ist.

1.3.1

Güterhandel

a. Tarifäre Handelshemmnisse Die Zollabgaben in den BRIC-Ländern werden unterschiedlich bewertet. So beklagen sich viele Schweizer Unternehmen über zu hohe Zölle in Brasilien, Indien und ­ zumindest für einige Produkte ­ in Russland, während das Zollniveau in China im Wesentlichen als angemessen beurteilt wird15.

b. Nichttarifäre Handelshemmnisse Auch wenn die Probleme in Bezug auf nichttarifäre Handelshemmnisse in den BRIC-Ländern von den betroffenen Unternehmen allgemein als weniger schwerwiegend angesehen werden, so sind diese Behinderungen in einigen Märkten doch recht bedeutend. Brasilien kennt in verschiedenen Bereichen Importlizenzen, wie beispielsweise für medizinische Geräte, Ersatzteile oder Maschinen. In China erschwert das Fehlen ausreichender Informationen in Englisch die Vorbereitung der benötigten Dokumente. Zudem werden Intransparenz und eine gewisse Willkür in der Zollabfertigung bemängelt.

Allen BRIC-Märkten ist gemeinsam, dass die Zollverfahren im Güterhandel als kompliziert und wenig durchsichtig eingeschätzt werden. Komplexität und mangelnde Anforderungen bezüglich Transparenz verschaffen den Zollbeamten in der Anwendung der Vorschriften grosse Ermessensspielräume, was Willkür und Korruption begünstigt.

Technische Handelshemmnisse spielen in den BRIC-Ländern eine nicht zu vernachlässigende Rolle. So kennt China ein eigenes Zertifizierungssystem, das auf über 130 Produkten Anwendung findet und Fabrikinspektionen im Exportland vor13 14

15

918

WTO Trade Policy Reviews; USTR Reports; EU Market Access Sectoral and Trade Barriers Database.

Es ist darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um eine subjektive Einschätzung der an der Umfrage teilnehmenden Unternehmen handelt. Potenzielle Markteintrittsprobleme von in diesen Ländern nicht vertretenen Schweizer Unternehmen sind nicht in die Analyse eingeflossen.

Gemäss der im Rahmen der WTO regelmässig durchgeführten «Trade Policy Reviews» der Mitgliedsländer lagen die durchschnittlichen MFN-Zölle Brasiliens mit 10,4 % im Jahr 2004 nur knapp über jenen Chinas (2005: 9,7 %). Allerdings sind in Brasilien im Gegensatz zu den meisten WTO-Mitgliedern die Zölle für Industriegüter leicht höher als für Landwirtschaftsprodukte, was die unterschiedliche Beurteilung der in den beiden Ländern geltenden Zollniveaus durch die Schweizer Unternehmen erklären könnte.

schreibt16. Das jeweilige Zertifizierungsverfahren erfordert viel Zeit und ist sehr kostspielig. In Brasilien wiederum müssen vor allem die Hersteller von chemischen und pharmazeutischen Produkten sowie von Medizinalgeräten langwierige Registrierungs- und Zertifizierungsverfahren durchlaufen. Vergleichbare Probleme gibt es auch in Indien und Russland. Letzteres anerkennt ausserdem den Schweizer Edelmetallstempel nicht, womit vor allem die Uhrenindustrie zu kämpfen hat.

1.3.2

Dienstleistungen und Investitionen

Die Dienstleistungsmärkte in den BRIC-Ländern stehen den Schweizer Unternehmen noch nicht uneingeschränkt offen.

In Brasilien besteht beispielsweise immer noch ein Staatsmonopol im Rückversicherungsbereich. In Russland bleiben grosse Teile des Dienstleistungssektors für ausländische Unternehmen geschlossen. Zudem erfahren Schweizer Unternehmen sowohl im Banken- wie im Versicherungsbereich gewisse Diskriminierungen gegenüber ausländischen Konkurrenten, insbesondere aus der EU. Solche Nachteile werden mit dem WTO-Beitritt Russlands jedoch zumindest teilweise entfallen.

Auch in Indien ist der Dienstleistungssektor mit Ausnahme der Telekommunikation noch weitgehend von der ausländischen Konkurrenz abgeschirmt. Darunter leidet vor allem die Schweizer Banken- und Versicherungsbranche.

China hat unter den BRICs den für ausländische Dienstleistungserbringer am weitesten geöffneten Markt. Die Schweizer Grossbanken sind gut eingeführt und strategische Partnerschaften mit chinesischen Staatsbanken eingegangen. Eine Schweizer Bank vermochte sogar bereits die Kontrolle über ein lokales Finanzinstitut zu erlangen, ein Novum im chinesischen Bankensektor. Solche Entwicklungen können die notwendigen Reformen in diesem Sektor begünstigen, was mittelfristig auch den heute noch praktisch vom Markt ausgeschlossenen kleineren Banken und den Privatbanken zugute kommen sollte. Ausserdem hat ein Schweizer Versicherungsanbieter 2006 die Bewilligung für die Eröffnung einer Pekinger Niederlassung erhalten, wovon allerdings der Lebensversicherungsbereich ausgeschlossen bleibt.

Obwohl von diesen Restriktionen oftmals auch tangiert, können viele Dienstleistungen in den BRIC-Ländern grenzüberschreitend angeboten werden, was die harten Auflagen vor Ort zumindest teilweise zu mildern vermag.

Mit Ausnahme einzelner Bereiche wie Bodenschätze sind die Märkte der BRICLänder im Primär- und Industriesektor im allgemeinen offen für Schweizer Investoren. Vor allem in China haben sich die ausländischen Direktinvestitionen seit dem WTO-Beitritt im Jahre 2001 ausgesprochen dynamisch entwickelt.

Allgemein bedauert werden indessen die zahlreichen, immer noch sehr bürokratischen Bewilligungsverfahren und schwer nachvollziehbaren Auflagen für ausländische Investitionen. Diese Hindernisse stehen gerade kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)
oft im Wege. Nicht selten werden auch Probleme bei der Bezahlung von Lizenzgebühren sowie bei der Bewertung von konzernintern erbrachten Dienstleistungen moniert. Generell sind rechtsstaatliche Defizite dem Bedarf von Investoren nach Sicherheit und Voraussehbarkeit abträglich.

16

China Compulsory Certification mark ­ CCC Mark.

919

1.3.3

Öffentliches Beschaffungswesen

Ausländische Firmen sind in allen BRIC-Ländern immer noch weitgehend von staatlichen Beschaffungen ausgeschlossen. Keines der vier Länder hat das plurilaterale WTO-Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen unterzeichnet. So gibt die Beschaffungspolitik Chinas einheimischen Gütern und Dienstleistungen klar den Vorzug. Auch in Indien werden ausländische Anbieter übergangen, solange ihre Angebote nicht mindestens 10 Prozent preisgünstiger sind als diejenigen einheimischer Anbieter. In Russland weichen ausländische Firmen auf lokale Partner aus, um an öffentlichen Ausschreibungen teilzunehmen. Allerdings werden die Verfahren als derart undurchsichtig beurteilt, dass sich die Schweizer Unternehmen noch kaum daran beteiligen. In Brasilien schliesslich wurde ein elektronisches Ausschreibungssystem entwickelt, welches das öffentliche Beschaffungswesen transparenter machen soll. Allerdings ist nach wie vor der Preis das Hauptauswahlkriterium für öffentliche Beschaffungen, so dass Schweizer Anbieter kaum berücksichtigt werden.

1.3.4

Geistiges Eigentum

Geistiges Eigentum ist eines jener Themen, die den Schweizer Unternehmen in den verschiedenen BRIC-Ländern am meisten Sorgen bereiten. Die Probleme reichen von mangelndem Patent- und Erstanmelderschutz über rechtsverletzende Zwangslizenzvergaben bis hin zu Fälschungen und Missbrauch der Ursprungsbezeichnung «Swiss».

In Brasilien ist es vor allem die Schweizer Pharmaindustrie, die mit schwerwiegenden Problemen beim Erhalt und der Durchsetzung von Patentrechten zu kämpfen hat. Einerseits gestaltet sich das Patentierungsverfahren in Brasilien ausserordentlich langwierig. Andererseits lässt das brasilianische Recht zu, dass Konkurrenten in ihrem Gesuch um Marktzulassung für Generika auf Testdaten verweisen können, welche vom Erstanmelder im Rahmen seines Gesuchs zur Zulassung des Originalprodukts bei der zuständigen Behörde eingereicht worden sind. Ein Erstanmelderschutz besteht hier trotz entsprechender internationaler Verpflichtungen nicht. Die Pharma- und Chemieunternehmen in Indien sind mit ähnlichen Problemen konfrontiert.

In allen vier BRICs bestehen zudem grosse Probleme im Bereich Fälschung und Piraterie, wobei das Problem in China am akutesten ist. Weltweit resultieren aus der Herstellung und dem Handel mit Fälschungs- und Pirateriewaren jeglicher Art wirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe. Aus Schweizer Sicht am stärksten davon betroffen sind die Unternehmen der Uhren- und Maschinenbranche sowie die pharmazeutische und die chemische Industrie.

Zwar verfügen die vier BRIC-Länder, insbesondere jene, die der WTO angehören, alle über einen gewissen ­ wenn auch teilweise lückenhaften ­ rechtlichen Rahmen für den Schutz des geistigen Eigentums. Häufig sind die zuständigen Behörden aber nicht imstande oder nicht gewillt, diesen Schutz in der Praxis auch wirklich durchzusetzen.

920

1.3.5

Arbeitsmarkt

Hinsichtlich der Visumserteilung für Arbeitskräfte aus dem Ausland beklagen die Schweizer Unternehmen sowohl in China wie auch in Brasilien und Russland die Bürokratie und Langsamkeit der Verfahren. In China kann auch die Anstellung von Personal aus anderen Provinzen problematisch sein. In Brasilien bemängeln Schweizer Unternehmen zudem die ihrer Ansicht nach überregulierte und unflexible Arbeitsgesetzgebung und die Höhe der Sozialabgaben, welche der Schattenwirtschaft Vorschub leisten.

1.3.6

Horizontale Politiken

Im Bereich der horizontalen Politiken lassen sich in den BRIC-Ländern Schwierigkeiten insbesondere wettbewerblicher, steuerlicher und rechtsstaatlicher Natur feststellen. Daraus ergeben sich auch besondere Herausforderungen für ein verantwortungsvolles Unternehmensverhalten (Corporate Responsibility).

a. Wettbewerb Die verschiedenen BRIC-Staaten verfügen zwar alle über gewisse Regeln im Bereich des Wettbewerbs, doch sind diese immer noch sehr lückenhaft und werden zudem oft nur sehr zögerlich umgesetzt. Obwohl Indien 2002 ein neues Wettbewerbsrecht eingeführt hat, sind die Institutionen, welche über dessen Einhaltung wachen sollten, bis heute nicht operationell. In China gibt es bisher noch kein Gesetz, welches den unlauteren Wettbewerb einschränkt. Allerdings wurde dem chinesischen Staatsrat unlängst ein Antimonopolgesetz unterbreitet, welches den Besonderheiten der «sozialistischen Marktwirtschaft» Rechnung tragen soll und demnächst in Kraft treten dürfte.

b. Steuern In Bezug auf die Fiskalpolitik haben die ausländischen Unternehmen in den BRICLändern mit einem komplexen, sich häufig ändernden und deshalb undurchsichtigen Steuersystem zu kämpfen. Nicht selten haben selbst die Steuerbehörden Mühe mit der Umsetzung der politischen Vorgaben. Entsprechend wird eine verlässliche unternehmerische Planung erschwert.

Vor allem in Brasilien ist die Güterbesteuerung sehr hoch. Interne Abgaben können je nach Produkt zwischen 50 und 100 Prozent des Produktwerts betragen. In Indien wurde kürzlich eine Steuer auf Lohnzulagen (Fringe Benefits) eingeführt, welche die Unternehmen vor erhebliche administrative Probleme stellt. Ausserdem wird der freie Warenverkehr auch innerhalb des Landes zwischen den einzelnen Gliedstaaten durch verschiedene Steuern eingeschränkt.

In China kommt seit dem 1. April 2006 eine zusätzliche Steuer von 20 Prozent auf Luxusuhren zur Anwendung.

c. Rechtsstaatlichkeit Obwohl sich der gesetzliche Rahmen in den BRIC-Ländern in den letzten fünf Jahren in vielen Bereichen verbessert hat, bestehen weiterhin regulatorische Defizite und ist vor allem die Durchsetzung von Vorschriften noch oft ein Problem. Die Justizsysteme werden von den Schweizer Unternehmen allgemein als ineffizient, 921

langsam und überlastet wahrgenommen. Zudem ist die Unabhängigkeit des Justizsystems noch längst nicht immer gewährleistet. Hinzu kommt in allen BRICs die immer noch weit verbreitete Korruption, welche vor allem in Russland ein gravierendes Problem für ausländische Unternehmen darstellt. Dem Corruption Perception Index 2006 von Transparency International zufolge belegen die Länder Brasilien, Indien und China gemeinsam den Platz 70, während Russland den 121. Platz unter den insgesamt 163 im Index vertretenen Ländern einnimmt.

d. Unternehmensverantwortung Wo Regulierungen wesentliche Lücken aufweisen oder unzureichend durchgesetzt werden, kommt einem verantwortungsvollen Verhalten von Unternehmen (Corporate Responsibility) zusätzliche Bedeutung zu. Schweizer Unternehmen, die in den BRIC-Ländern tätig sind, können international anerkannte Standards und Empfehlungen wie die Leitsätze von OECD und IAO sowie des UN Global Compact als Referenzpunkte dienen.

1.4

Aussenwirtschaftspolitische Massnahmen der Schweiz gegenüber den BRIC-Ländern

Die angesprochenen Handelshemmnisse in den BRIC-Märkten könnten den Eindruck erwecken, dass die Schweizer Firmen ihr Engagement in diesen Ländern in Frage stellten. Dies ist im Allgemeinen aber nicht der Fall. Die grosse Mehrheit der befragten Firmen ist der Auffassung, dass diese Märkte ein grosses Wachstumspotenzial aufweisen und es sich lohnt, die Aktivitäten auszubauen und weitere Investitionen zu tätigen.

Es gehört zu den Aufgaben der Schweizer Aussenwirtschaftspolitik, die Schweizer Unternehmen bei diesen Vorhaben zu unterstützen und ihnen die bestmöglichen Rahmenbedingungen zu bieten. Zu diesem Zweck wurden für die einzelnen BRICLänder spezifische Länderstrategien ausgearbeitet, welche jeweils einen Massnahmenkatalog beinhalten. Die Umsetzung der einzelnen Massnahmen ist Teil eines kontinuierlichen Prozesses im Rahmen der Schweizer Aussenwirtschaftspolitik. Sie muss auf allen Ebenen und zwischen den betroffenen Bundesstellen koordiniert werden.

1.4.1

Multilaterale Massnahmen

Der Vorteil des multilateralen Wegs gegenüber bilateralen Verhandlungen besteht darin, dass Konzessionen aufgrund des Meistbegünstigungsprinzips allen Vertragsparteien zugute kommen. Die Schweiz kann dabei ihre Interessen im Verbund mit Ländern, welche vergleichbare Positionen vertreten (sog. like-minded countries), wahrnehmen.

Im Bereich des Güterhandels wird in der Welthandelsorganisation (WTO) im Rahmen der Doha-Runde über einen weiteren Abbau oder gar die Beseitigung der tarifären und nichttarifären Handelshemmnisse für Industriegüter verhandelt (NAMA-Verhandlungen). Die Schweiz befürwortet dabei die Anwendung einer griffigen Formel für Zollreduktionen sowie sektorielle Nullzollverhandlungen.

Ausserdem setzt sie sich für die Vereinfachung der Zollformalitäten und den Abbau 922

nichttarifärer Handelshemmnisse ein. Ein Durchbruch in diesen Verhandlungen hätte auch für Schweizer Unternehmen, welche Handelsbeziehungen zu den WTOMitgliedern Brasilien, Indien und China unterhalten, positive Auswirkungen. Die Verhandlungen dürften sich aber in die Länge ziehen und daher erst mittel- bis langfristig Früchte tragen.

Mit Rechten an geistigem Eigentum sind zwei multilaterale Foren befasst. Im Rahmen des WTO-Abkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS) werden Fragen zu Rechten und Pflichten aus diesem Abkommen und zu entsprechenden nationalen Gesetzgebungen behandelt. Die Schweiz setzt sich in der WTO u.a. dafür ein, dass der Schutz von geografischen Herkunftsangaben, wie er heute für Wein und Spirituosen besteht, auf andere Agrar- und Industrieprodukte (Käse, Uhren, «Swiss made» etc.) ausgedehnt wird.

Neben der WTO ist die eigens für solche Fragen geschaffene Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) zu nennen, der alle BRICs angehören. Geistige Eigentumsrechte bilden in der Regel ein politisch sensibles Thema, was bei Interventionen gegenüber einzelnen Ländern zu berücksichtigen ist. Dies ist indessen kein Hinderungsgrund, das in den BRIC-Ländern geltende Immaterialgüterrecht auf seine Vereinbarkeit mit dem internationalen Recht zu prüfen.

Verhandlungen im Dienstleistungsbereich können im Rahmen des Allgemeinen Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen (General Agreement on Trade in Services; GATS) unter dem Dach der WTO geführt werden. Die Begehren der Schweiz im Rahmen des GATS fokussieren sich auf hochentwickelte und wertschöpfungsstarke Dienstleistungen (z.B. Rückversicherungen) sowie auf jene, die als Vorleistung eine wichtige Rolle spielen (z.B. Finanzdienstleistungen, Logistik). Das dürfte auch den Schweizer Dienstleistungsanbietern in den BRIC-Ländern zugute kommen.

1.4.2

Plurilaterale Massnahmen

Ergänzend zu den multilateralen Massnahmen wird die Schweiz im Verbund mit anderen Partnern auf weitergehende Wirtschaftserleichterungen hinarbeiten. Hierzu dienen vor allem die Freihandelsabkommen (FHA) mit Drittländern, welche die Schweiz in der Regel gemeinsam mit ihren Partnern in der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) ­ Norwegen, Island und Liechtenstein ­ aushandelt und abschliesst. Dabei gilt es, den Schweizer Unternehmen stabile, vorhersehbare, möglichst hindernisfreie und gegenüber ihren Hauptkonkurrenten (namentlich aus EU, USA, Japan) diskriminierungsfreie Bedingungen zu gewährleisten.

Die Schweiz ist grundsätzlich an Freihandelsabkommen mit allen BRIC-Ländern interessiert17. Dabei stehen gegenwärtig weniger mögliche Diskriminierungen

17

Zur Beurteilung von potenziellen Verhandlungspartnern für FHA sind im Rahmen der strategischen Ausrichtung der Aussenwirtschaftspolitik vier Kriterien erarbeitet worden: a. Gegenwärtige und potenzielle wirtschaftliche Bedeutung des Partnerlandes, b. Ausmass der aktuellen oder drohenden Diskriminierung auf dem Markt des Partnerlandes gegenüber Konkurrenten aus Drittstaaten, falls die Schweiz kein Abkommen schliesst, c. Verhandlungsbereitschaft des Partners und d. politische Opportunität von Verhandlungen.

923

gegenüber Konkurrenten im Vordergrund als vielmehr die Grösse der Märkte18.

Freihandelsabkommen leisten einen Beitrag zur Diversifizierung und Dynamisierung unserer Aussenwirtschaftsbeziehungen. Indem sie den Marktzugang, die Rechtssicherheit und die Stabilität der Rahmenbedingungen in den Partnerländern verbessern, stärken sie die Wettbewerbsposition unserer Unternehmen in den entsprechenden Märkten. Mit Indien wurde am 1. Dezember 2006 die Gemeinsame Studiengruppe EFTA-Indien eingesetzt, die einen Bericht über die Machbarkeit eines umfassenden Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und Indien erstellen wird. Hinsichtlich eines FHA Mercosur-EFTA sind die Möglichkeiten zurzeit begrenzt. Brasilien und seine Mercosur-Partner stehen in Verhandlungen mit der EU, wobei diese Verhandlungen nach einer längeren Unterbrechung erst kürzlich wieder aufgenommen wurden. Auf der Basis einer im Dezember 2000 unterzeichneten Zusammenarbeitserklärung führen die EFTA-Staaten ihrerseits einen Dialog mit den Mercosur-Mitgliedern. Ziel ist es, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien zu intensivieren. Die EFTA-Staaten sehen vor, die Aufnahme von Freihandelsverhandlungen mit den Mercosur-Staaten je nach Entwicklung der Verhandlungen zwischen der EU und dem Mercosur zu prüfen. Russland ist für Gespräche mit der EFTA grundsätzlich offen, möchte jedoch zunächst den WTO-Beitrittsprozess abschliessen. Schliesslich sind die EFTA-Staaten auch an einem Freihandelsabkommen mit China interessiert und thematisieren diese Frage in ihren Kontakten mit den chinesischen Behörden.

Die Schweiz unterstützt auch die Zusammenarbeit der OECD mit diesen Ländern.

Es geht dabei darum, die Erfahrungen der OECD-Länder an Nichtmitgliedstaaten wie die BRICs weiterzugeben und den Ansprechpartnern in Regierung, Verwaltung und Wirtschaft die von der OECD als gute Regierungs- und Geschäftspraxis anerkannten Grundsätze und Standards näher zu bringen. Mit Russland und China bestehen Arbeitsprogramme, welche beinahe alle Politikbereiche umfassen (u.a. Wirtschafts-, Umwelt-, Steuerpolitik, Corporate Governance, regulatorische Reformen und Korruptionsbekämpfung). Neu werden in der OECD auch Massnahmen zur Bekämpfung der Verletzung geistigen Eigentums diskutiert.

1.4.3

Bilaterale Massnahmen

Auf bilateraler Ebene stehen der Schweiz eine Vielzahl von Instrumenten zur Verfügung, die Wirtschaftsbeziehungen mit den BRIC-Ländern weiter zu verbessern.

Die Schweiz hat über die Jahre ein weltweites Netz von bilateralen Wirtschaftsabkommen aufgebaut. Neben allgemeinen Wirtschaftskooperationsabkommen zählen dazu insbesondere die bilateralen Investitionsschutzabkommen (ISA), Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) sowie Abkommen über die wissenschaftliche Zusammenarbeit. Es gilt, dieses Netz zu vervollständigen und gegebenenfalls zu erneuern. Vor allem gegenüber Brasilien fehlen bisher sowohl ein DBA wie ein ISA.

Wegen unterschiedlicher Ansätze werden sich diesbezügliche Verhandlungen aller18

924

Gegenwärtig unterhält die EU mit keinem BRIC-Staat ein bilaterales FHA. Ein solches steht aber mit dem Mercosur zurzeit in Verhandlung. Am EU-Indien Gipfel von Helsinki wurde im Oktober 2006 beschlossen, Anfang 2007 in gemeinsame Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zu treten. Diese Verhandlungen sollen innerhalb von zwei Jahren abgeschlossen werden. Mit China strebt die EU eine «strategische Partnerschaft» an, welche auch Wirtschaftsfragen beinhalten soll.

dings relativ schwierig und dementsprechend langwierig gestalten. Im Weiteren stehen Verhandlungen mit Russland zur Aktualisierung der aus dem Jahre 1991 bzw. 1997 stammenden ISA und DBA, sowie mit China zur Aktualisierung des ISA aus dem Jahre 1987 an. Durch die Übernahme der Airline SWISS durch die Lufthansa ist ausserdem eine Anpassung der mit China und Indien bestehenden Luftfahrtsabkommen notwendig geworden.

Ein weiteres Instrument, Anliegen auf einer institutionalisierten Ebene zu besprechen, sind sogenannte gemischte Regierungskommissionen. Eine solche wurde im Rahmen des Handels- und Wirtschaftsabkommens mit China bereits 1974 etabliert, 1995 folgte Russland. Auch mit Indien wurde eine solche Kommission eingesetzt, und mit Brasilien wird zurzeit ein gemeinsames Projekt in dieser Richtung erörtert.

Für punktuelle Fragen können zudem bilaterale Arbeitsgruppen gebildet werden, wie das momentan mit Indien für Fälschungen im Pharmabereich vorgesehen ist.

Auch mit China beabsichtigt die Schweiz, den bilateralen Dialog zum Thema geistiges Eigentum im Rahmen einer solchen Arbeitsgruppe zu lancieren, um Probleme der Schweizer Unternehmen anzugehen. Sowohl bei gemischten Regierungskommissionen wie auch bei bilateralen Arbeitgruppen ist ein enger Einbezug des Privatsektors wünschenswert.

Persönliche Kontakte auf Regierungsebene sind für gute Beziehungen mit Partnerländern unabdingbar. Solche Treffen können auch im Rahmen von gemischten Wirtschaftsdelegationen, also in Begleitung von Unternehmensvertretern stattfinden.

Mit den BRIC-Ländern sollten diese Kontakte intensiviert werden. Ausserdem kommt den Schweizer Botschaften eine wichtige Rolle zu, da sie den täglichen Kontakt mit den Regierungen und betroffenen Verwaltungsstellen, aber auch mit den Schweizer Unternehmen vor Ort, pflegen.

Weitere bilaterale Massnahmen betreffen die Bereiche Exportförderung und Standortpromotion. So unterstützt Osec Business Network Switzerland Schweizer KMU über die in den BRIC-Ländern angesiedelten Swiss Business Hubs (SBH) aktiv bei der Wahrnehmung bestehender und beim Aufbau neuer Geschäftsmöglichkeiten.

Angesichts der steigenden Nachfrage nach Exportberatungsdienstleistungen für die BRIC-Länder beabsichtigt Osec, die SBH in diesen Ländern im nächsten Jahr sowohl in personeller als auch in finanzieller Hinsicht
zu stärken. Dadurch erhalten die SBH die Möglichkeit, ihre Aktivitäten in jenen Bereichen auszubauen, in denen die Schweizer Wirtschaft in diesen Ländern über komparative Vorteile verfügt.

Aufgrund der wachsenden Bedeutung der BRIC-Länder hat schliesslich auch LOCATION Switzerland, das Standortpromotionsprogramm des Bundes, seine Strategie angepasst und begonnen, die Märkte China, Russland und Indien zu bearbeiten.

1.4.4

Auswahl prioritärer Massnahmen

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über eine Auswahl von prioritären Massnahmen der Schweizer Aussenwirtschaftspolitik gegenüber den BRIC-Ländern.

Dabei ist zu beachten, dass es sich um Ziele handelt, deren Erreichung eine entsprechende Bereitschaft des jeweiligen Partnerstaates voraussetzt. Dies wiederum erfordert, dass die Schweiz ihrerseits bereit ist, auf die Anliegen ihrer Partner einzugehen.

925

Im Bereich der Freihandelsabkommen bedeutet dies zunehmend, dass die Schweiz ihre Flexibilität im Landwirtschaftsbereich erweitern muss.

Land

Massnahmen

Brasilien

­ Hinwirken auf eine Senkung der Zollabgaben für Industriegüter im Rahmen der WTO ­ Wiederaufnahme der Verhandlungen betreffend DBA/ISA ­ Handels- und Investitionsförderung durch OSEC/SBH ­ Schaffung einer Gemischten Wirtschaftskommission

Russland

­ Gespräche im Hinblick auf ein FHA EFTA - Russland ­ Vereinfachung der Formalitäten für die Erteilung von Visa und Arbeitserlaubnissen ­ Aktualisierung des ISA von 1991 ­ Aktualisierung des DBA von 1997

Indien

­ Hinwirken auf eine Senkung der Zollabgaben für Industriegüter im Rahmen der WTO ­ Schaffung einer bilateralen Arbeitsgruppe im Bereich geistiges Eigentum ­ Gespräche im Hinblick auf ein FHA EFTA - Indien ­ Neuverhandlung des Abkommens über den Luftlinienverkehr

China

­ Hinwirken auf eine Senkung der Zollabgaben für Industriegüter im Rahmen der WTO ­ Schaffung einer bilateralen Arbeitsgruppe im Bereich geistiges Eigentum ­ Aktualisierung des ISA von 1987 ­ Gespräche im Hinblick auf ein FHA EFTA - China

1.5

Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung

Die schnelle wirtschaftliche Entwicklung in den für die Schweiz und die Weltwirtschaft insgesamt immer bedeutender werdenden BRIC-Ländern muss durch einen parallelen Aufbau der staatlichen und privaten Institutionen abgesichert werden. Der Beitrag zur Prosperität der Zielländer ist als «dritte Dimension» Teil der Schweizerischen Aussenwirtschaftsstrategie. Der Schweiz stehen prinzipiell zwei Vorgehensweisen zur Verfügung: Einerseits ­ vor allem bei weniger entwickelten Ländern ­ über die Instrumente der Entwicklungszusammenarbeit bzw. der Transitionshilfe, andererseits über die Einflussnahme auf die Wirtschaftspolitik im Rahmen unseres Engagements in den wichtigen internationalen Wirtschaftsorganisationen (IWF/Weltbank, WTO, ILO und andere UNO-Sonderorganisationen), in denen die BRICs bereits eingebunden sind oder die Mitgliedschaft anstreben.

926

In allen vier BRIC-Ländern war die Schweiz bis in die jüngste Vergangenheit mit verschiedenen Instrumenten der Entwicklungszusammenarbeit engagiert: am stärksten und längsten in Indien, nach dem wirtschaftspolitischen Systemwandel aber auch in Russland und China sowie punktuell in Brasilien. Angesichts des erreichten Entwicklungsniveaus und des zunehmend hohen Engagements des privaten Sektors in den einzelnen BRIC-Staaten hat das EVD beschlossen, die traditionellen Massnahmen im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit für diese Länder auslaufen zu lassen. Die Schweiz wird auf diesem Gebiet inskünftig nur noch durch einzelne gezielte Projekte, welche beiden Seiten einen besonderen Nutzen bringen, präsent sein, beispielsweise im Bereich des Umweltschutzes oder zur Verbesserung der Effizienz von wichtigen Institutionen. Auch sind weiterhin regionale Initiativen möglich, welche die ärmeren Nachbarländer Brasiliens, Indiens, Chinas und Russlands einschliessen.

Die Schweiz begrüsst die aktive Mitgliedschaft der BRIC-Länder in den internationalen Wirtschaftsorganisationen. Einerseits ist die Einbindung und das Engagement der BRICs im Rahmen der Bretton Woods-Institutionen zwar eine Herausforderung, nicht zuletzt weil diese Länder mit Recht auf einen stärkeren Einbezug drängen.

Andererseits verleiht ihr Engagement diesen Institutionen die notwendige weltweite Legitimation. Die bilateralen Konsultationen über die Währungs-, Finanz- und Entwicklungspolitik von IWF und Weltbank in diesen Ländern und die darauf folgenden Aussprachen in den Leitungs- und Aufsichtsgremien sind ein wichtiges Instrument zur Wahrnehmung ihrer Mitverantwortung für die Stabilität der Weltwirtschaft. Die Schweiz bringt als Anführerin einer Gruppe von Stimmrechtsländern auch hier ihre Interessen ein.

Die schwierigen Verhandlungen in der WTO widerspiegeln zu einem grossen Teil das wiedererstarkte Selbstbewusstsein dieser Länder. Ebenso wie in den anderen Sonderorganisationen der UNO verteidigen die BRICs hier ihre Interessen auf vielfältige Art und Weise, zum Teil autonom, oft aber im Verbund mit Anderen.

Auch die OECD und die G7 bemühen sich um eine verstärkte Zusammenarbeit mit den BRICs. So kann zum einen der Dialog gefördert werden; zum anderen können die BRIC-Länder in die Pflicht genommen werden, etwa bezüglich
einer Reduktion der Umweltbelastung, zu Rohstofffragen oder bei der Stärkung von Arbeitnehmerrechten.

Die multipolare Weltordnung wird mit dem Aufstieg der BRIC-Länder gestärkt. Die Schweiz ist herausgefordert, ihre relative Gewichtseinbusse durch eine kluge Positionierung in den wichtigen internationalen Organisationen sowie über die laufende Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit durch wirtschaftlich relevante, interne Reformen wettzumachen.

1.6

Zukunftsaussichten

Der Stellenwert der BRIC-Länder in der Weltwirtschaft ist in den vergangenen zehn Jahren massiv gestiegen ­ ein Trend, der auch in den kommenden Jahrzehnten anhalten dürfte. Damit werden die vier BRIC-Staaten voraussichtlich auch auf wirtschaftspolitischer Ebene weiter an Einfluss gewinnen.

927

Die Schweizer Wirtschaft muss versuchen, sich in den jeweiligen Märkten möglichst gut zu positionieren, um am weiteren wirtschaftlichen Aufschwung in diesen Ländern teilhaben zu können. Die Schweizer Unternehmen verfügen über komparative Vorteile in verschiedenen Branchen, die sich in den BRIC-Ländern einer steigenden Nachfrage erfreuen. Die Zukunftsaussichten sowohl für unsere traditionellen Exportsektoren wie Maschinen-, Chemie-, Pharma- und Uhrenindustrie als auch für Schweizer Finanzdienstleistungsunternehmen in den BRICs sind vielversprechend, auch wenn noch nicht abzusehen ist, wann und bis zu welchem Grad die BRICLänder die betreffenden Bereiche liberalisieren werden. Gelingt es der Schweizer Wirtschaft zudem, ihre Produktivität weiterhin auf einem hohen Niveau zu halten, braucht sie sich auch nicht vor der wachsenden Konkurrenz aus den BRIC-Ländern zu fürchten. Im Gegenteil: die aus Ländern mit mehr Bodenschätzen und tieferen Produktionskosten importierten Güter ergänzen die heimische Produktepalette in vorteilhafter Weise und senken die Kosten zu Gunsten der Konsumenten.

Die Schweizer Aussenwirtschaftspolitik ist dazu angehalten, die einheimischen Unternehmen in den BRICs zu unterstützen und ihnen den Zugang zu diesen Märkten zu erleichtern. Dazu steht ihr ein vielfältiges Instrumentarium zur Verfügung.

Wichtig dabei ist, dass sich die Massnahmen auf den verschiedenen Ebenen gegenseitig ergänzen und politischen Leitlinien folgen, die eine innere Kohärenz aufweisen.

Es gilt, den einzelnen BRIC-Märkten vermehrtes Augenmerk zu schenken und die für einen Ausbau unserer Wirtschaftsbeziehungen mit diesen Staaten benötigten Ressourcen aufzubringen. Der Bundesrat hat im Berichtsjahr erstmals länderspezifische Strategien für die Wirtschaftspolitik der Schweiz gegenüber den BRICStaaten verabschiedet. Diese Strategien sind nicht als etwas Statisches zu betrachten, sondern als ein Arbeitsinstrument, das laufend aktualisiert und den Umständen angepasst werden muss. Dabei müssen auch die in den BRIC-Ländern gemachten Erfahrungen und Fortschritte in die Strategien einfliessen. Dies sollte die Schweiz befähigen, den Herausforderungen, welche die Verschiebung im wirtschaftspolitischen Machtgefüge in den kommenden Jahren und Jahrzehnten mit sich bringen wird, wirksam zu begegnen und die sich bietenden Chancen zu nutzen.

2

Europäische Wirtschaftsintegration Die wirtschaftliche Integration der Schweiz in Europa beruht im Verhältnis zur EU auf den bilateralen Abkommen ­ namentlich dem Freihandelsabkommen von 1972, den sieben sektoriellen Abkommen («Bilaterale I») von 1999 und den neun sektoriellen Abkommen («Bilaterale II») von 2004 ­ und im Verhältnis zu den EFTA-Partnern auf der EFTA-Konvention.

928

2.1

Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU

Am 1. April traten das Umwelt- und das MEDIA-Abkommen («Bilaterale II») sowie das Protokoll über die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf die neuen EU-Mitgliedstaaten («Bilaterale I») in Kraft. Am 17. Mai verabschiedete der Bundesrat ein Verhandlungsmandat für ein Abkommen auf dem Gebiet der Elektrizität. Am 28. Juni hiess er den Europabericht 2006 gut, der bestätigt, dass die bilaterale Zusammenarbeit zurzeit für die Schweiz das geeignetste Instrument darstellt, um ihre Interessen gegenüber der EU zu wahren. Gleichentags nahm der Bundesrat vom Bericht über die Sondierungen zu einem Freihandelsabkommen im Agrar- und Lebensmittelbereich Kenntnis und erteilte ein Mandat für exploratorische Gespräche mit der EU-Kommission. In der Referendumsabstimmung vom 26. November nahm das Volk mit 53,4 Prozent der Stimmen das Bundesgesetz vom 24. März 2006 über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas an. Dieses Gesetz dient unter anderem als Rechtsgrundlage für den schweizerischen Beitrag zur Reduktion der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der erweiterten EU. Die Beitragsmodalitäten sind in einem am 27. Februar zwischen der Schweiz und der EU unterzeichneten Memorandum geregelt. Die Umsetzung dürfte im Laufe des Jahres 2007 beginnen.

2.1.1

Beziehungen im Rahmen der geltenden Abkommen

2.1.1.1

Das Freihandelsabkommen Schweiz-EG von 1972

Das Freihandelsabkommen (FHA) zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft von 1972 (SR 0.632.401) bildet nach wie vor eine solide Grundlage für den schweizerischen Aussenhandel.

Gemischter Ausschuss Im Rahmen der 52. Sitzung des Gemischten Ausschusses vom 14. Dezember wurden von schweizerischer Seite unter anderem die polnischen Regulierungsmassnahmen beim Import von Pharmaprodukten (Senkung der vorgeschriebenen Preise für alle importierten Apotheken-Medikamente) angesprochen. Ebenfalls diskutiert wurden die nach wie vor bestehenden Überwachungsmassnahmen der EU im Bereich der Stahlimporte. Zur Sprache kamen des Weiteren die von der EU aufrecht erhaltenen Textilquoten gegenüber China, welche indirekt auch die Schweizer Textilindustrie tangieren, da gewisse der von dieser Handelsbeschränkung betroffenen Waren mit Vormaterialien schweizerischen Ursprungs hergestellt werden.

Schliesslich gab die Schweiz ihren Bedenken bezüglich der von der EU beabsichtigten Einführung der Pflicht zur Markierung der Herkunft von Textilien Ausdruck, welche ausschliesslich drittländische Produkte ­ darunter solche schweizerischen Ursprungs ­ betreffen würde.

Anlässlich einer auf Ersuchen der EU-Kommission auf den 5. Mai einberufenen Sitzung des Gemischten Ausschusses kam ein Auskunftsbegehren der EU-Kommission zu kantonalen Bestimmungen der Unternehmensbesteuerung zur Sprache.

Die Schweiz legte im Einzelnen ihren Standpunkt dar, wonach kantonale Bestimmungen der Unternehmensbesteuerung nicht in den Anwendungsbereich des FHA 929

fallen. Die gegensätzlichen Auffassungen der Schweiz und der EU-Kommission in dieser Frage wurden ausgetauscht, ohne dass eine Übereinstimmung erzielt werden konnte.

Protokoll Nr. 2 (verarbeitete Landwirtschaftsprodukte) Am 1. Februar 2006 traten zwei Beschlüsse des Gemischten Ausschusses zum Protokoll Nr. 2 des FHA über bestimmte landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse (SR 632.401.2) in Kraft (AS 2006 1163). Zum einen wurde die Möglichkeit von Preisausgleichsmassnahmen im Export auch für Getränke mit Milchanteil eingeführt, deren Ausfuhr in den letzten Jahren eine markante Steigerung erfahren hatte; zum anderen wurde der gegenseitige freie Marktzugang für ethylischen Alkohol auf nicht-denaturierten ethylischen Alkohol mit einem Alkoholgehalt von weniger als 80 Volumenprozenten ausgeweitet.

Im Berichtsjahr führte die so genannte Doppel-Null-Lösung für Zucker, die den beidseitigen Verzicht auf Preiausgleichsmassnahmen vorsieht, zu Schwierigkeiten.

Diese Lösung setzt voraus, dass die Zuckerpreise in der Schweiz und in der EU gleich sind. Diese Bedingung war nicht mehr erfüllt: Während sich der Zuckerpreis in der Schweiz parallel zum Anstieg des Weltmarktpreises erhöhte, blieb er in der EU weitgehend konstant. Um die daraus resultierende Preisdifferenz auszugleichen, musste der in der Verordnung vom 7. Dezember 1998 über die Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen (RS 916.01) festgeschriebene Zoll auf Zucker angepasst werden.

Zollausschuss Am 50. Treffen des Zollausschusses wurde die Revision des EU-Zollkodexes und dessen Auswirkungen auf die Schweiz diskutiert. Insbesondere die Einführung einer Voranmeldepflicht im grenzüberschreitenden Warenverkehr mit Drittstaaten hätte für die Schweiz Konsequenzen. Aus diesem Grund strebt die Schweiz auf der Grundlage des bilateralen Güterverkehrsabkommens vom 21. November 1990 (SR 0.631.242.05) eine Regelung an, wonach zumindest die Gleichwertigkeit der von den Vertragsparteien vorgenommenen Risikoanalysen sowie die Zulassungen für Authorized Economic Operators (Unternehmen, denen Erleichterungen bei sicherheitsrelevanten Zollkontrollen gewährt werden) gegenseitig anerkannt werden, so dass ein Verzicht auf die Voranmeldung möglich wird. Entsprechende Verhandlungen mit der EU-Kommission sind auf Anfang 2007 in Aussicht gestellt worden.

In der Zwischenzeit wurden an technischen Sitzungen Detailfragen zwischen den Fachdiensten der EU-Kommission und den Bundesbehörden erörtert.

2.1.1.2

Die sektoriellen Abkommen Schweiz­EG von 1999

Die sieben sektoriellen Abkommen Schweiz­EG vom 21. Juni 1999 (AS 2002 1527) stehen seit 1. Juni 2002 in Kraft («Bilaterale I»).

Abkommen über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen Das Landwirtschaftsabkommen (SR 0.916.026.81) vereinfacht den Handel mit Agrarprodukten mittels Abbau von Zöllen und Beseitigung von nichttarifarischen Handelshemmnissen. Neben der Anerkennung der Gleichwertigkeit von technischen Vorschriften, beispielsweise in den Bereichen Pflanzenschutz, biologischer Landbau 930

und Veterinärmedizin, sieht das Abkommen einen erleichterten Marktzutritt für bestimmte Agrarprodukte vor. Eckpfeiler des Landwirtschaftsabkommens ist die vollständige gegenseitige Liberalisierung des Käsehandels nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren. Vom 1. Juni 2007 an können alle Käsesorten frei, d.h. ohne jegliche mengenmässigen Beschränkungen oder Zölle, ein- und ausgeführt werden. Die EU wird die heute bestehenden Lizenzverfahren für Importe von Schweizer Käse abschaffen.

In der Schlussakte zum Abkommen bekräftigten die Vertragsparteien ihre Absicht, den bereits für Wein und Spirituosen geltenden Schutz von geografischen Angaben (IGP) und geschützten Ursprungsbezeichnungen (AOC) auf weitere landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel auszudehnen. Während der Bundesrat hiezu bereits 2005 ein Verhandlungsmandat verabschiedet hat, fehlt seitens der EU-Kommission nach wie vor ein solches. Immerhin haben im Laufe des Berichtsjahres informelle Gespräche zur Sondierung über das weitere Vorgehen stattgefunden.

Ferner wurden Expertengespräche zur Vergemeinschaftung von bilateralen Zollkontingenten für Wurstwaren geführt, die die Schweiz den EU-Mitgliedstaaten Italien, Frankreich, Deutschland und Ungarn gewährt. Die EU wünscht seit längerer Zeit die Umwandlung dieser Länderkontingente in ein EU-Kontingent. Im Handel mit Bioprodukten sollen die Kontrollzertifikate abgeschafft werden.

Anhang 11 des Landwirtschaftsabkommens (Veterinäranhang) wurde auf Beschluss des Gemischten Veterinärausschusses nachgeführt (AS 2006 2077). Damit ist die Äquivalenz der schweizerischen und der EU-Gesetzgebung im gesamten Bereich der tierischen Produkte hergestellt, was es ermöglichen wird, die Veterinärkontrollen an der Grenze aufzuheben.

Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen Das Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (SR 0.946.526.81) ermöglicht für die meisten Industrieprodukte den Verzicht auf die doppelte Prüfung (Tests, Inspektionen, Zertifikate) und Zulassung nach schweizerischem und nach EU-Recht. Die Arbeiten zur Ausdehnung des Abkommens auf weitere Produkte ­ namentlich Bauprodukte und Chemikalien ­ wurden fortgesetzt.

Der Gemischte Ausschuss beschloss, das Kapitel über Messinstrumente zu aktualisieren, um der neuen Gesetzgebung in
diesem Bereich, die am 30. Oktober simultan in der Schweiz und in der EU in Kraft getreten ist, Rechnung zu tragen.

Die Vertragsparteien haben am 22. Dezember in Brüssel ein Abkommen zur Änderung des bilateralen Abkommens von 1999 unterzeichnet. Der bisherige Artikel 4 (Ursprungsklausel) beschränkte den Geltungsbereich auf Ursprungswaren aus der Schweiz und der EG. Künftig wird das Abkommen für alle darunter fallenden Produkte unabhängig ihres Ursprungs gelten. Damit entfällt das Risiko, dass Schweizer Hersteller, die aufgrund eines Wechsels in der Produktionskette den Anteil aussereuropäischer Komponenten erhöhen, für ihre Produkte plötzlich die Anerkennung der Zertifizierungen in der EG verlieren. Zudem können nun schweizerische Konformitätsbewertungsstellen im Hinblick auf die Vermarktung in der EG bzw. im EWR auch in nicht europäischen Ländern hergestellte Produkte zertifizieren. Die Vertragsänderungen treten am 1. Februar 2007 in Kraft.

931

Abkommen über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens Das Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 0.172.052.68) erweitert den Geltungsbereich des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 0.632.231.422) im bilateralen Verhältnis Schweiz­EU auf Gemeinden und konzessionierte private Unternehmen, die aufgrund eines besonderen oder ausschliesslichen Rechts in den Bereichen Telekommunikation, Wasser-, Verkehrsund Energieversorgung tätig sind.

Die Schweiz und die EU haben Verfahren eingeleitet, um den Telekommunikationssektor vom Abkommen auszunehmen, da dort nachweislich Wettbewerb herrscht.

Eine mögliche Ausnahme des Schienengütertransports ist zurzeit Gegenstand von Expertengesprächen.

Abkommen über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse Mit dem Abkommen über den Landverkehr (SR 0.740.72) hat die Schweiz erleichterten Zugang zum europäischen Bahn- und Strassentransportmarkt erhalten. Anfang 2001 hat die Schweiz die «Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe» (LSVA) eingeführt. Am 1. Januar 2005 erfolgte ­ gleichzeitig mit der Erhöhung der Gewichtslimite für Lastwagen auf 40 Tonnen ­ eine erste Anhebung der LSVA um ungefähr 45 Prozent. Im Berichtsjahr bekräftigte die Schweiz anlässlich der zwei ordentlichen Sitzungen des Gemischten Ausschusses ihre Absicht, die LSVA nach Massgabe des Landverkehrsabkommens per 1. Januar 2008 weiter zu erhöhen. Der gewichtete Durchschnitt der LSVA soll ab diesem Datum für einen Lastwagen von 40 Tonnen auf einer Referenzstrecke von 300 km von 292.50 Franken auf 325 Franken angehoben werden. Die volle LSVA wird dannzumal Nettoeinnahmen von ungefähr 1,3 Milliarden Franken pro Jahr einbringen. Ein Drittel dieser Mittel geht an die Kantone, die diese hauptsächlich für den Ausbau des Strassennetzes verwenden; zwei Drittel verbleiben beim Bund zur Finanzierung der NEAT und anderer grosser Infrastrukturprojekte im Bereich des öffentlichen Verkehrs.

Diese Massnahmen unterstützen die Bemühungen, den Güterverkehr von der Strasse auf die Schiene zu verlagern. Nachdem die Anzahl alpenquerender Lastwagen in den neunziger Jahren noch um jährlich rund 8 Prozent zugenommen hatte, nahm sie zwischen 2000 und 2005 um insgesamt 14 Prozent ab. Aufgrund der einmonatigen Schliessung des Gotthardstrassentunnels nach dem Felssturz
vom 31. Mai 2006 verringerte sich der Lastwagenverkehr in den Schweizer Alpen ­ verglichen mit dem entsprechendem Monat 2005 ­ um 30 000 Fahrzeuge. Ohne Berücksichtigung dieses Vorfalls blieb der Verkehr im ersten Halbjahr 2006, im Vergleich zur entsprechenden Vorjahresperiode, stabil.

Ferner hat der Gemischte Ausschuss in Bezug auf die in Artikel 45 des Abkommens vorgesehene Verkehrsbeobachtungsstelle entschieden, eine verwaltungsexterne Stelle mit der Datenerfassung bezüglich der Verkehrsentwicklung in der Alpenregion zu betrauen und deren Berichte durch eine Arbeitsgruppe, welche sich aus Vertretern der Schweiz und der Gemeinschaft zusammensetzt, dem Gemischten Ausschuss zur Genehmigung unterbreiten zu lassen.

Abkommen über den Luftverkehr Das Luftverkehrsabkommen (SR 0.748.127.192.68) regelt auf der Grundlage der Gegenseitigkeit den gleichberechtigten und diskriminierungsfreien Zugang schweizerischer Fluggesellschaften zum liberalisierten europäischen Luftverkehrsmarkt.

932

Der Gemischte Luftverkehrsausschuss beschloss die Übernahme verschiedener Gemeinschaftsakte in den Anhang des Abkommens (AS 2006 1413), namentlich die Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder grosser Verspätung von Flügen, die Haftung von Luftfahrtunternehmen bei Unfällen, die Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen in der Gemeinschaft und die Schaffung einer Datenbank für freiwillige Zwischenfallmeldungen. Weitere Beschlüsse betrafen die Übernahme der wichtigsten Akte des Einheitlichen Europäischen Luftraums (Single European Sky), dessen Ziel in der Verbesserung der Sicherheit und Leistungsfähigkeit des europäischen Luftraums liegt, sowie die Teilnahme der Schweiz an der Europäischen Flugsicherheitsagentur (EASA). Diese ist namentlich mit der Zertifizierung von Produkten der Luftfahrtindustrie betraut und übernimmt schrittweise die von den Joint Aviation Authorities (JAA) ausgeübten Aufgaben.

Die am 13. Februar 2005 am Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) eingereichte Klage gegen den Entscheid der Europäischen Kommission betreffend die bundesdeutsche Verordnung über das Lande- und Abflugregime am Flughafen Zürich-Kloten ist weiterhin hängig. Die Klage hat insbesondere die einseitigen deutschen Beschränkungen zum Gegenstand, welche aus schweizerischer Sicht das Prinzip der Verhältnismässigkeit verletzen und schweizerische Fluggesellschaften diskriminieren. Das Verfahren wurde dem Gericht erster Instanz überantwortet.

Abkommen über die Freizügigkeit Im Freizügigkeitsabkommen (FZA) (SR 0.142.112.681), das seit dem 1. Juni 2002 in Kraft steht, wurde die schrittweise Einführung der Personenfreizügigkeit für Staatsangehörige der damaligen EU-Mitgliedstaaten (EU-15) und der Schweiz vereinbart. Bis zum 31. Mai 2007 unterstehen Arbeitnehmer der EU-15 noch einer Kontingentierung (jährlich 15 300 Aufenthalts- und 115 700 Kurzaufenthaltsbewilligungen), während Schweizer Staatsangehörige bereits jetzt freien Zugang zum Arbeitsmarkt der EU-15 haben. In der Periode vom 1. Juni 2004 bis 30. September 2006 wurden die Kontingente für Daueraufenthalter voll ausgeschöpft. Die Kontingente für Kurzaufenthalter wurden demgegenüber nicht voll beansprucht. Die Zahl der Grenzgänger, welche keinen Kontingenten unterstehen,
stieg zwischen Juni 2004 und Juni 2006 von 176 605 auf 182 944 Personen, d.h. um 3,6 Prozent. Diese relativ schwache Zunahme dürfte unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass viele vormalige Grenzgänger vom erleichterten Zugang zu einer Aufenthaltsbewilligung profitiert und in der Schweiz Wohnsitz genommen haben.

Im Rahmen des Gemischten Ausschusses wurde mit dem Beschluss 1/2006 die zweite technische Aktualisierung des Anhangs II des Abkommens (Koordination der Sozialsysteme) vorgenommen.

Am 1. April 2006 wurde das Protokoll zum FZA (AS 2006 995), welches die Freizügigkeit auf die 2004 der EU beigetretenen Mitgliedstaaten ausdehnt, nach erfolgter Ratifizierung durch die Schweiz und den EU-Ministerrat in Kraft gesetzt. Das im Protokoll vereinbarte und in drei Phasen gegliederte Übergangsregime dauert ­ analog zur Regelung innerhalb des EWR ­ bis längstens zum 30. April 2011. Die ersten Erfahrungen zeigen, dass Bürger aus den neuen EU Staaten in erster Linie Kurzaufenthaltsbewilligungen beanspruchen, die Kontingente für Aufenthaltsbewilligungen dagegen nur wenig genutzt werden. Dies ist auf den Umstand zurückzuführen, dass Arbeitskräfte aus diesen Staaten zurzeit mehrheitlich als Hilfskräfte, etwa in der Landwirtschaft oder im Gastgewerbe, eingesetzt werden.

933

Gleichzeitig mit dem Protokoll zum FZA wurden auf den 1. April die verstärkten flankierenden Massnahmen (u.a. Einstellung von Arbeitsmarktinspektoren, verschärfte Sanktionen bei Verstössen gegen das schweizerische Arbeitsrecht im Rahmen der Entsendung, Nachweispflicht für selbständig Erwerbende) in Kraft gesetzt (AS 2006 961 963 965).

Das SECO legte am 20. April einen umfassenden Bericht zur Umsetzung der seit 1. Juni 2004 geltenden flankierenden Massnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping vor. Die Umsetzung der Massnahmen im Untersuchungsjahr 2005 wird als zufriedenstellend bewertet. In 6,7 Prozent der 9600 kontrollierten Betriebe bzw. bei 16 Prozent der 31 000 kontrollierten Arbeitnehmer wurden Verstösse gegen das schweizerische Arbeitsrecht oder Vermutung auf Missbrauch festgestellt.

Abkommen über die wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit Die EU-Rahmenprogramme sind das Hauptinstrument der EU für die Finanzierung von Forschung in Europa. Sie stehen sämtlichen privaten und öffentlichen Forschungsinstitutionen der teilnehmenden Länder offen. Die sechsten EU-Rahmenprogramme (2002­2006) sind mit einem Gesamtbudget von 19,1 Milliarden Euro ausgestattet. Diese Gelder werden aufgrund von Ausschreibungen an die qualitativ besten Forschungsvorhaben vergeben, d.h. es gibt keinen Verteilschlüssel für die einzelnen Länder.

Die Schweiz nimmt über ein bilaterales Abkommen (SR 0.420.513.1) seit 2004 umfassend an den sechsten Forschungsrahmenprogrammen teil. Gemäss der heute verfügbaren EU-Statistik wurden den Schweizer Partnern bis zum 24. Januar 2006 seitens der Kommission rund 276 Millionen Euro vertraglich zugesichert. 24 Prozent der Projektvorschläge mit Schweizer Beteiligung wurden durch die Kommission zugelassen (der Durchschnitt der erfolgreichen Projekte in den EU-Staaten liegt bei 20 %). Da das genannte Abkommen mit dem Ende der Programmgeneration ausläuft, werden zurzeit Gespräche mit der Kommission über die Erneuerung des Abkommens im Hinblick auf die schweizerische Teilnahme an den siebten Forschungsrahmenprogrammen (2007­2013) geführt (vgl. Botschaft vom 13. Sept.

2006, BBl 2006 8107).

2.1.1.3

Die sektoriellen Abkommen Schweiz­EG von 2004

2.1.1.3.1

Stand der Genehmigung und Umsetzung

Von den acht sektoriellen Abkommen von 2004 («Bilaterale II») sind sechs in Kraft. Während das Abkommen über die verarbeiteten Landwirtschaftsprodukte (SR 0.632.401.23), das Abkommen über die Ruhegehälter (SR 0.672.926.81) und das Zinsbesteuerungsabkommen (SR 0.641.926.81) bereits 2005 in Kraft getreten sind, haben die Abkommen über Umwelt (SR 0.814.092.681) und Medien (SR 0.784.405.226.8) am 1. 4. 2006 und das Statistikabkommen (SR 0.431.026.81) am 1. Januar 2007 Geltung erlangt. Bei den übrigen Abkommen der «Bilateralen II» (Betrugsbekämpfung und Schengen/Dublin) ist das Genehmigungsverfahren noch nicht abgeschlossen; sie können erst nach erfolgter Ratifikation in Kraft treten.

Das Abkommen über die Betrugsbekämpfung muss als «gemischtes» Abkommen nicht nur von der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft, sondern auch von allen 25 EU-Mitgliedstaaten genehmigt und ratifiziert werden. Neun Mitgliedstaaten 934

(Dänemark, Estland, Lettland, Österreich, Polen, Slowenien, die Tschechische Republik, Ungarn und das Vereinigte Königreich) haben bis November 2006 zugestimmt.

Beim Assoziationsabkommen an Schengen/Dublin erfolgte die Ratifikation in der Schweiz am 20. März 2006. In der EU stehen Genehmigung und Ratifikation noch aus. Im Anschluss an die Ratifikation wird der Rat der EU ein Evaluationsverfahren der Umsetzung der Schengener Vorschriften in der Schweiz durchführen, bevor das Abkommen voraussichtlich im Jahre 2008 zur Anwendung gelangen wird.

2.1.1.3.2

Die Abkommen im Einzelnen

Zinsbesteuerung Mit dem am 1. Juli 2005 in Kraft getretenen Abkommen über die Zinsbesteuerung (SR 0.641.926.81), ergänzt durch das Zinsbesteuerungsgesetz vom 17. Dezember 2004 (SR 641.91), wurde ein Steuerrückbehalt auf Zinserträgen von EU-Steuerpflichtigen in der Schweiz eingeführt. Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Abkommens ist die Abschaffung der Besteuerung von Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen im Quellenstaat, wodurch europaweit tätige Schweizer Unternehmen steuerlich entlastet werden. Zusätzlich soll in den Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und den einzelnen EU-Mitgliedstaaten auf Basis der Gegenseitigkeit Amtshilfe bei Steuerbetrug und ähnlichen Delikten vereinbart werden.

Die Steuerrückbehalte waren erstmals per 31. März 2006 an die Eidgenössische Steuerverwaltung zu überweisen. Der eingegangene Bruttoertrag belief sich für die sechsmonatige Erfassungsperiode vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2005 auf 159,4 Millionen Franken. Als Alternative zum Steuerrückbehalt ist gleichzeitig in über 35 000 Fällen von der Möglichkeit einer freiwilligen Meldung der Zinszahlungen an die Wohnsitzstaaten der Zinsempfänger Gebrauch gemacht worden.

Schengen/Dublin Der Abschluss der Abkommen über eine Assoziierung der Schweiz an Schengen (BBl 2004 6447) und Dublin (BBl 2004 6479) war möglich, weil der Schweiz bei der Rechtshilfe im Bereich der direkten Steuern eine unbefristete Ausnahme gewährt wurde. Danach leistet die Schweiz keine Rechtshilfe im Bereich der Hinterziehung direkter Steuern; dies gilt auch dann, wenn die einschlägigen Schengen-Regelungen im Rahmen einer möglichen Weiterentwicklung von Schengen künftig geändert werden sollten. Damit wird das Bankgeheimnis auf lange Sicht gewahrt.

Die Mitwirkung der Schweiz am System von Schengen/Dublin verhindert, dass unsere Nachbarländer den grenzüberschreitenden Personenverkehr mit systematischen Personenkontrollen für lange Dauer erheblich beeinträchtigen können. Zudem dürfte sich insbesondere die Einführung des Schengen-Visums in der Schweiz positiv auf den Tourismus- und Geschäftsreisendenverkehr auswirken.

Die Umsetzung der Schengen/Dublin-Assoziierungsabkommen bedingt eine Reihe rechtlicher Anpassungen in der Schweiz. Die entsprechenden Arbeiten auf Stufe Bundesgesetz sind grösstenteils abgeschlossen,
jene auf Verordnungsstufe sind im Gang. Es ist vorgesehen, dass in den Kantonen Bern und Jura die Gesetzgebung im Bereich Fiskaldelikte bis zum Inkrafttreten des Schengen-Assoziierungsabkommens 935

an den Schengen-Besitzstand angepasst wird. Ausserdem hat die Schweiz mit der EU und dem Fürstentum Liechtenstein Protokolle über einen Beitritt Liechtensteins zu den Assoziierungsabkommen ausgehandelt. Die Paraphierung dieser Protokolle erfolgte am 21. Juni. Gleichentags wurde auch das Protokoll paraphiert, welches die Teilnahme Dänemarks am Schweizer Dublin-Assoziierungsabkommen regelt.

Betrugsbekämpfung Mit dem Abkommen über die Betrugsbekämpfung (BBl 2004 6503) wird eine engere Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU im Kampf gegen Schmuggel und andere Deliktsformen im Bereich der indirekten Steuern (Zoll, Mehrwertsteuer, Verbrauchssteuern), der Subventionen und des öffentlichen Beschaffungswesens angestrebt. Gegenstand des Abkommens ist die diesbezügliche Amts- und Rechtshilfe in Strafsachen.

Kooperationsabkommen Das Verhandlungspaket der «Bilateralen II» enthält Abkommen über eine engere Zusammenarbeit auf folgenden Gebieten: ­

Statistik: Mit dem Abkommen (SR 0.431.026.81; BBl 2004 6347), das am 1. Januar 2007 in Kraft tritt, wird die schrittweise Harmonisierung des statistischen Datenmaterials zwischen der Schweiz und der EU gewährleistet.

Dadurch werden die Vergleichbarkeit und der Austausch von Daten verbessert. Die Schweiz erhält einerseits besseren Zugang zu den in der EU publizierten statistischen Informationen und andererseits eine höhere Sichtbarkeit in der europäischen Öffentlichkeit.

­

Umwelt: Mit dem Inkrafttreten des Abkommens (SR 0.814.092.681; AS 2006 1111) am 1. April 2006 nimmt die Schweiz an der Europäischen Umweltagentur (EUA) mit Sitz in Kopenhagen teil. Diese Behörde ist zuständig für die Beobachtung der Umwelt auf europäischer Ebene. Sie sammelt und analysiert Daten über die Lage der Umwelt, stellt diese den Mitglied- und den Partnerstaaten zur Verfügung und gewährleistet ihre Vergleichbarkeit, um eine wissenschaftliche Basis für die europäische Umweltpolitik zu liefern. Die Schweiz hat Zugang zu allen Daten des Informationsund Beobachtungsnetzes für die Umwelt (EIONET). Die Veröffentlichung der schweizerischen Daten in den Publikationen der EUA ist gewährleistet.

­

Bildung, Berufsbildung, Jugend: Die Vollteilnahme der Schweiz an den EU-Bildungs- und Jugendprogrammen steht seit mehreren Jahren im Raum.

Im Jahre 2002 erklärte die EU offiziell ihren Willen, eine schweizerische Vollbeteiligung für die Programmgeneration 2007­2013 ins Auge zu fassen.

Im Hinblick darauf vereinbarten beide Seiten in einem Schriftwechsel (vgl.

Ziff. 1.3.9 der Botschaft zur Genehmigung der «Bilateralen II», BBl 2004 5965) als Teil der «Bilateralen II» jährliche Treffen auf hoher Ebene. In den seitherigen Kontakten wurde die Absicht eines Vertragsabschlusses mehrmals bekräftigt. Da die Verabschiedung der Programme «Lebenslanges Lernen» und «Jugend» in der EU Verzögerungen erfahren hat, konnten die Verhandlungen allerdings noch nicht aufgenommen werden.

­

Filmförderung: Das Abkommen (SR 0.784.405.226.8; AS 2006 1041) regelt die Beteiligung der Schweiz an den EU-Programmen «MEDIA Plus» (Förderung der Entwicklung und des Vertriebs audiovisueller Werke) und

936

«MEDIA Fortbildung» (Ausbildungsprogramm für Berufsangehörige der audiovisuellen Programme) für die laufende Periode, welche Ende 2006 ausläuft. Die Vertragsparteien sind gewillt, Verhandlungen mit Blick auf die Fortsetzung der schweizerischen Teilnahme an der nächsten Programmgeneration (2007­2013) aufzunehmen.

2.1.2

Entwicklungen auf anderen Gebieten

Beitrag an die erweiterte EU Am 27. Februar 2006 unterzeichneten Delegationen des Bundesrats, der EU-Kommission und der EU-Ratspräsidentschaft in Brüssel ein Memorandum of Understanding, das die Modalitäten des schweizerischen Beitrags an die Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der erweiterten EU enthält. Das Parlament hiess am 24. März das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas gut, das unter anderem als Rechtsgrundlage für den Schweizer Erweiterungsbeitrag dient. Gegen dieses Gesetz wurde das Referendum ergriffen. In der Volkabstimmung vom 26. November wurde das Gesetz mit 53,4 Prozent der Stimmen angenommen. Damit können mit allen zehn neuen EU-Staaten die Verhandlungen über bilaterale Zusammenarbeitsabkommen im Rahmen des Erweiterungsbeitrages aufgenommen werden. Die Umsetzung der Programme sollte gegen Ende 2007 beginnen können.

Elektrizität Die EU-Kommission hat unter dem Eindruck der Strompanne in Italien vom 28. September 2003 der Schweiz den Abschluss eines bilateralen Arrangements vorgeschlagen, um den Schweizer Netzbetreibern die Teilnahme an der am 1. Juli 2004 in Kraft getretenen, neuen EU-Gemeinschaftsregelung über den grenzüberschreitenden Elektrizitätshandel zu ermöglichen. Die Schweiz erklärte sich bereit, die Möglichkeit einer Übereinkunft zu prüfen, in der neben Transitbestimmungen auch solche über den Marktzugang, die Anerkennung von Herkunftsnachweisen von erneuerbarem Strom sowie die Harmonisierung von Sicherheitsstandards enthalten wären. 2004 und 2005 fanden hiezu vier exploratorische Treffen statt. Die Parteien sind sich grundsätzlich einig, das Abkommen in Form eines Protokolls in das Freihandelsabkommen von 1972 zu integrieren. Der Bundesrat hat am 17. Mai 2006 ein entsprechendes Verhandlungsmandat verabschiedet, der EU-Ministerrat folgte am 23. Oktober.

Das Abkommen soll die Versorgungssicherheit beider Parteien in einem liberalisierten Strommarkt gewährleisten und Marktordnungsvorschriften (unabhängiger Netzbetreiber, Regulator, freier Netzzugang), Transitregeln (Engpassverfahren, Transitkostenentschädigung), die Anerkennung von Herkunftsnachweisen für «grünen Strom» sowie die Harmonisierung von Sicherheitsstandards umfassen. Der Gasmarkt wird vom Abkommen nicht betroffen sein.

Gesundheit Mit Blick auf eine
Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU zum Schutz der öffentlichen Gesundheit fanden Expertengespräche statt, die eine mögliche Assoziierung der Schweiz an das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC), an die Europäische Agentur für 937

Lebensmittelsicherheit (EFSA), an verschiedene Schnell- und Frühwarnsysteme sowie an das EU-Aktionsprogramm im Bereich der öffentlichen Gesundheit zum Gegenstand hatten. Auf der Basis der Ergebnisse dieser Treffen sollen demnächst exploratorische Gespräche mit der EU-Kommission aufgenommen werden.

GALILEO GALILEO ist ein gemeinsames Projekt der EU und der Europäischen Weltraumagentur (ESA) und soll ab 2011 eine im Vergleich zum heutigen US-amerikanischen Global Positioning System (GPS) zuverlässigere und präzisere Satellitennavigation ermöglichen. Die Schweiz ist bisher via ESA am Projekt beteiligt. 2007 werden die Eigentumsrechte und die Aufsicht über das System einer Agentur europäischen Rechts übertragen werden. Die Schweiz beabsichtigt, sich an diese Agentur zu assoziieren. Dadurch eröffnet sie sich weitgehenden Zugang zu den vielfältigen Diensten des Systems sowie gewisse Einsitz- und Mitbestimmungsrechte. Im Berichtsjahr haben zwei Sondierungsgespräche mit der EU-Kommission stattgefunden. Die Verhandlungsmandate wurden noch nicht verabschiedet, da gewisse Eckwerte zur Drittstaatenbeteiligung EU-intern umstritten sind und in den laufenden Verhandlungen mit dem GALILEO-Konzessionär zentrale Punkte noch nicht geklärt werden konnten.

Freihandel im Agrar- und Lebensmittelbereich Im Januar 2006 beauftragte der Bundesrat EVD und EDA, die Machbarkeit sowie die wirtschaftlichen Vor- und Nachteile eines Freihandelsabkommens für Landwirtschaftsprodukte und Lebensmittel zu prüfen. Nach einem ersten, grundsätzlich positiven Befund wies der Bundesrat am 10. März die beiden Departemente an, einerseits die betroffenen Kreise in der Schweiz zu konsultieren und anderseits bei der EU-Kommission zu sondieren, ob von europäischer Seite her Interesse an einem solchen Unterfangen bestehen könnte. Aufgrund der Ergebnisse dieser Abklärungen entschied der Bundesrat am 28. Juni, exploratorische Gespräche mit der EU-Kommission aufzunehmen und parallel dazu die wirtschaftlichen Folgen eines solchen Abkommens einschliesslich der Frage angemessener Begleitmassnahmen vertieft zu prüfen. EDA und EVD wurden beauftragt, dem Bundesrat im Frühjahr 2007 über den Stand der Abklärungen Bericht zu erstatten.

Ein solches Abkommen würde neben dem etappenweisen vollständigen Zollabbau für Agrarprodukte und Lebensmittel auch eine
möglichst weitgehende Beseitigung der nichttarifarischen Handelshemmnisse für Erzeugnisse der Landwirtschaft, aber auch der ihr vor- und nachgelagerten Stufen der ernährungswirtschaftlichen Produktionskette umfassen und könnte frühestens im Jahr 2010 in Kraft treten.

Versicherungen Das Abkommen von 1989 betreffend die Direktversicherung, mit Ausnahme der Lebensversicherung ­ das sog. Versicherungsabkommen (SR 0.961.1) ­ garantiert den Versicherungsunternehmen der Schweiz und der EU die Niederlassungsfreiheit auf dem Gebiet der jeweils anderen Vertragspartei. Unternehmen mit Sitz in der Schweiz können damit in den EU-Mitgliedstaaten Agenturen und Zweigniederlassungen eröffnen, um dort eine Geschäftstätigkeit im Bereich der direkten Schadenversicherung aufzunehmen und auszuüben. Das Abkommen ist nicht auf Lebensversicherungen, Rückversicherungen oder gesetzliche Systeme der sozialen Sicherheit

938

anwendbar. Weiter gilt das Abkommen nicht für die grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung.

Das Bundesamt für Privatversicherungen hat im Berichtsjahr mit den VersicherungsAufsichtsbehörden aller EU- und EFTA-Staaten (mit einer Ausnahme) Vereinbarungen zur administrativen Zusammenarbeit getroffen. Diese sollen namentlich den Informationsaustausch bei der Beaufsichtigung von Versicherungsgruppen und Finanzkonglomeraten erleichtern, aber auch die Zusammenarbeit im Bereich der Versicherungsaufsicht generell verbessern.

Europabericht 2006 Am 28. Juni 2006 präsentierte der Bundesrat den Europabericht 2006 (BBl 2006 6815), der aus der Perspektive bestmöglicher Interessenwahrung der Schweiz in Europa verschiedene europapolitische Instrumente untersucht. Der Bundesrat kommt darin zum Schluss, dass mit dem heute bestehenden bilateralen Vertragswerk und dessen Anpassung bzw. Ergänzung an neue Bedürfnisse die schweizerischen Ziele weitgehend erreicht werden können. Dieser Ansatz ist unter den heute gegebenen Umständen so lange angemessen, als ausreichende Beteiligungsmöglichkeiten an der Entscheidfindung und genügender Handlungsspielraum für die Schweiz gewährleistet sind, die EU zu Lösungen im Rahmen von bilateralen Abkommen Hand bietet und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sich nicht zum Nachteil der Schweiz verändern. Auf diese Faktoren hat die Schweiz jedoch nur beschränkt Einfluss. Ändern sich diese Voraussetzungen, so sind auch die europapolitischen Instrumente anzupassen.

Damit ergeben sich für die schweizerische Europapolitik folgende kurz- und mittelfristige Prioritäten: ­

Die bestehenden bilateralen Abkommen werden so effizient als möglich umgesetzt und gesichert sowie gegebenenfalls an neue Bedingungen angepasst.

­

Neue Abkommen sind anzustreben, wenn dies sinnvoll und machbar erscheint.

­

Die Schweiz trägt zum Abbau der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in Europa bei.

2.2

Europäische Freihandelsassoziation (EFTA)

Die Europäische Freihandelsassoziation (EFTA) wurde durch die Konvention von Stockholm vom 4. Januar 1960 gegründet. 2001 wurde das Übereinkommen in weiten Teilen geändert und wird seither laufend an die Änderungen der sektoriellen Abkommen Schweiz­EU («Bilaterale I») angepasst. Heute gehören der EFTA Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz an.

Im Berichtsjahr fanden zwei Treffen des EFTA-Rates auf Ministerebene statt (Höfn/ Island, 26./27. Juni; Genf, 1. Dezember). Die Anpassungen des EFTA-Übereinkommens (SR 0.632.31) an die Änderungen der sektoriellen Abkommen SchweizEG von 1999 betrafen den Bereich Luftverkehr. Die Schweiz erklärte sich bereit, 939

gemeinsam mit ihren EFTA-Partnern auf der Basis der Gegenseitigkeit weitergehende Liberalisierungsschritte im Bereich des Handels mit landwirtschaftlichen Basis- und Verarbeitungsprodukten zu prüfen.

Über die vielfältigen Tätigkeiten der EFTA im Bereich der Drittlandbeziehungen wird unter Ziffer 3.3 berichtet.

2.3

Europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Forschung und Technologie

Die Schweiz ist Gründungsmitglied von Eureka und COST. Diese Initiativen charakterisieren sich durch ihren «Bottom up»-Ansatz, d.h. die Anregung zu neuen Projekten und Aktionen geht von den betroffenen Forschenden aus.

Zusammen mit den EU-Rahmenprogrammen («Top down»-Ansatz) bilden Eureka und COST die Grundpfeiler des Europäischen Forschungsraums.

2.3.1

Eureka

Das 1985 gegründete Programm Eureka ist ein zwischenstaatliches Instrument grenzüberschreitender Zusammenarbeit europäischer Unternehmen und Forschungseinrichtungen mit dem Ziel, auf dem Gebiet der Spitzentechnologie die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken und den technologi-schen Rückstand gegenüber Japan und den USA aufzuholen. Eureka umfasst 38 Mitglieder: 37 Staaten sowie die Europäische Kommission.

Anlässlich der XXII. Eureka-Ministerkonferenz im Juni in Prag wurden 185 neue Eureka-Projekte mit einem Gesamtvolumen von 259 Millionen Euro genehmigt. In der Schweiz laufen 59 Projekte mit Eureka-Status. An diesen Projekten beteiligen sich 112 einheimische Partner (34 Industrieunternehmen, 39 KMU, 21 Hochschulen/ Fachhochschulen/Universitäten, 18 Forschungsinstitute). Die Gesamtkosten belaufen sich ungefähr auf 71 Millionen Franken.

2.3.2

COST

Die «Europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der wissenschaftlichen und technischen Forschung» (COST) wurde im Jahre 1971 gegründet und ist ein zwischenstaatliches Instrument für die Vernetzung von nationalen Forschungsaktivitäten. COST-Aktionen betreffen die vorwettbewerbliche und die Grundlagenforschung für zivile und im öffentlichen Interesse liegende Zwecke. COST umfasst derzeit 34 Mitgliedstaaten und einen kooperierenden Staat sowie über 90 Institutionen aus 19 weiteren Staaten.

COST bezieht in den zurzeit laufenden, rund 180 Aktionen etwa 30 000 Forschende in ganz Europa mit ein. Im Berichtsjahr wurden 35 neue COST-Aktionen bewilligt.

Die Schweiz nimmt gegenwärtig an etwa 80 Prozent der laufenden COST-Aktionen teil. Die Aufwendungen des Bundes für COST werden sich 2006 auf insgesamt 940

8,4 Millionen Franken belaufen. Die Schweizer Beteiligung umfasst den ETH Bereich (38 %), Universitäten und Fachhochschulen (36 %), die Privatwirtschaft (6 %) sowie verschiedene Bundesstellen (10 %) und Non-Profit Organisationen (10 %).

3

Multilaterale Wirtschaftszusammenarbeit

3.1

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)

Im Anschluss an die Ministerratstagung vom 23./24. Mai hat OECD- Generalsekretär Donald Johnston (Kanada) sein Amt Angel Gurría (Mexiko) übergeben.

Die Schweiz wurde von der OECD auf dem Gebiet der Gesundheitspolitik einer Länderprüfung unterzogen. Im Frühjahr wurde der Bericht über die 2005 erfolgte Prüfung der Schweiz im Bereich der Regulierungsreform veröffentlicht.

3.1.1

Tagung des OECD-Rates auf Ministerebene

Der OECD-Rat auf Ministerebene tagte am 23./24. Mai in Paris unter griechischem Vorsitz. Die Schweiz war durch den Vorsteher des EVD und den Staatssekretär für Wirtschaft vertreten. Die Minister behandelten unter dem Leitbild «Wohlstand sichern» drei Themen: die Wirtschaftslage, die künftige Ausrichtung der OECD und das multilaterale Handelssystem. Die OECD hat mehrere Nichtmitgliedstaaten, darunter Brasilien, China, Indien, Russland und Südafrika, an die Tagung eingeladen.

An der Konferenz bestand Einigkeit darüber, dass im OECD-Raum das Zusammenwirken der makroökonomischen Politiken verstärkt und dass Strukturanpassungen und Regulierungsreformen durchgeführt werden müssen. Die Minister stimmten der revidierten Beschäftigungsstrategie zu, welche Anpassungen der Arbeitsmärkte insbesondere an die Herausforderungen der Globalisierung und an die Auslagerung von Unternehmenstätigkeiten fordert.

Die Minister genehmigten den OECD-Bericht über intellektuelles Kapital und Wertschöpfung und verabschiedeten einen Aktionsrahmen für Investitionen. Mit diesem Instrument sollen Privatinvestitionen in Hinblick auf ein stetiges Wachstum und eine nachhaltige Entwicklung stimuliert werden.

Die Schweiz gab an der Ministertagung ihrer Sorge Ausdruck, dass ein Ausbleiben des Erfolges in den Bemühungen um die Stärkung des multilateralen Handelssystems zu neuen Handelsbeschränkungen oder gar zu einem Rückfall in den Protektionismus führen könnte. Die OECD könne als Forum der analytischen Klärung und des Dialoges Wege aufzeigen, damit bilaterale und regionale Liberalisierungsbestrebungen mit dem Ziel einer multilateralen Liberalisierung vereinbar sind.

Die Minister hiessen das Reformprogramm der OECD gut und begrüssten die Wahl des von den Mitgliedstaaten nominierten neuen Generalsekretärs. Donald Johnston (Kanada) hat seit seiner Wahl als Generalsekretär 1996 dazu beigetragen, der OECD 941

Glaubwürdigkeit und bessere Wahrnehmung zu verschaffen. Die Schweiz erwartet vom neuen Generalsekretär Angel Gurría, dass er die Vorteile ausschöpfen wird, die der multilaterale Rahmen der OECD für die Herausforderungen der Globalisierung bietet.

3.1.2

Schwerpunkte der analytischen Tätigkeiten

3.1.2.1

Tagung der Erziehungsminister

Am 27./28. Juni traten in Athen unter dem Vorsitz der griechischen Bildungs- und Kulturministerin Marietta Giannakou die Bildungsminister der OECD zu einem Gedankenaustausch über die Zukunft des Hochschulwesens zusammen. Die schweizerische Delegation wurde vom Vorsteher des EDI und von Hans Ulrich Stöckling, Präsident der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), geleitet. Im Vordergrund der Diskussionen standen die Sicherung der Qualität, die Führung und die Finanzierung von Hochschulen sowie die Auswirkungen der universitären Lehre und Forschung auf die Innovation und den Arbeitsmarkt.

Zur Sprache kamen auch der Brain Drain, von dem angesichts der zunehmenden Internationalisierung vor allem wissenschaftlich wenig attraktive Staaten stark betroffen sind, sowie die zunehmend länderübergreifende Vernetzung von Hochschulen. Mit dem Ziel, verbesserte Indikatoren zur Messung von Qualität und Leistung zu schaffen, plädierte der OECD-Generalsekretär für ein «PISA-Programm für die Hochschulen». Der Erziehungsausschuss der OECD wird im März 2007 über das weitere Vorgehen entscheiden.

3.1.2.2

Gemeinsame Tagung der Entwicklungs- und der Umweltminister

Der Entwicklungshilfeausschuss (Development Assistance Committee, DAC) und der Ausschuss für Umweltpolitik (Environment Policy Committee, EPOC) führten erstmals eine gemeinsame Tagung durch, welche am 4. April in Paris stattfand. Die Schweiz war an diesem Treffen auf Ministerebene durch die Direktoren der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) vertreten.

Schwerpunkt der Tagung bildete die Initiierung einer stärkeren Zusammenarbeit zwischen den beiden Ausschüssen, um in Zukunft die Umwelt- und Entwicklungspolitik besser aufeinander abstimmen zu können.

Die Minister sprachen sich für eine konsequente Vernetzung von Entwicklungs- und Umweltthemen aus. Umweltanliegen stehen oft am Ende der politischen Agenden von Entwicklungsländern, obwohl ein grosser Teil gerade der armen Bevölkerung von Umweltveränderungen besonders betroffen ist, wird doch das Auskommen vielfach aus der Nutzung natürlicher Ressourcen bestritten. Die Bekämpfung der Armut und die Förderung wirtschaftlicher Entwicklung muss deshalb ­ im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung ­ auch den Schutz der Umwelt und die Erhaltung natürlicher Ressourcen einbeziehen.

942

Die Minister verabschiedeten eine Erklärung, in der die Mitgliedsländer und die OECD aufgefordert werden, die Folgen des Klimawandels aktiver anzugehen, damit die daraus notwendig werdenden Massnahmen besser in die herkömmliche Entwicklungszusammenarbeit eingebunden werden können.

2009 wird ein nächstes Treffen in ähnlichem Rahmen stattfinden, um über die Arbeiten Bilanz zu ziehen.

3.1.2.3

Überprüfung der schweizerischen Regulierungsreform

Im Frühjahr wurde der OECD-Bericht über die Prüfung der schweizerischen Regulierungsreform («Schweiz: Wachstumschancen nutzen») veröffentlicht. Die OECD stellt darin fest, dass die institutionellen Eigenheiten der Schweiz (wie Föderalismus, direkte Demokratie, Konkordanz) den Gesetzen zwar eine hohe Legitimität verschaffen, jedoch einen weit höheren Zeitbedarf für die Realisierung von Reformen mit sich bringen als in Systemen, die durch Regierungspartei und Opposition geprägt sind. Die heute oft departemental ausgerichtete Form des Regierens veranlasst die OECD zur Empfehlung, dass die Schweiz vermehrt einen ganzheitlichen Ansatz in der Regulierungs- und Reformpolitik suchen sollte. Die aus Reformen erwachsenden Vorteile sollten dem Souverän überzeugender vermittelt werden. Der Staatssekretär für Wirtschaft wird Anfang 2007 eine SECO-Reformtagung durchführen, um die Reformdebatte in diesem Sinn zu beleben.

Die OECD regt ferner an, dass angesichts der politischen Fragmentierung der Schweiz in eine Vielzahl von Kantonen und Gemeinden die Leistungen dieser Körperschaften in einem sogenannten benchmarking verglichen werden sollten, um so Reformdynamik zu erzeugen.

Regulierungen können für Unternehmen zu einem wichtigen Kostenfaktor werden.

Deshalb gilt es laut OECD, der Abschätzung der Regulierungsfolgen grössere Beachtung zu schenken. Das SECO wird sich künftig vermehrt mit den Regulierungsfolgen befassen und sie gemeinsam mit den Fachämtern auf die KMU-Verträglichkeit prüfen.

In Bezug auf die Aussenwirtschaft empfiehlt die OECD mehr Öffnung für den Wettbewerb auf nationaler und internationaler Ebene. Diesbezüglich ist auf die Arbeiten des SECO zum Abbau technischer Handelshemmnisse (u.a. Revision der Gesetzes über die technischen Handelshemmnisse) hinzuweisen.

3.1.2.4

Überprüfung der schweizerischen Gesundheitspolitik

Die OECD und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben im Oktober einen gemeinsamen Bericht zum schweizerischen Gesundheitswesen publiziert19. Dieser war von der Schweiz angefordert und im Mai 2004 vom Vorsteher des EDI anlässlich der ersten OECD-Ministerkonferenz zum Thema Gesundheit angekündigt worden. Der Bericht vereint die Arbeiten der OECD, die sich mit der Wechselwir19

OECD/WHO (2006) OECD-Berichte über Gesundheitssysteme: Schweiz, OECD, Paris.

Bezugsquelle: http://www.bag.admin.ch/aktuell ­ Vgl. auch:www.oecd.org

943

kung von Wirtschaft und Gesundheit auseinandersetzt, und jene der WHO, die sich vor allem mit der Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung und dem Abbau von Ungleichheiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung befasst. Er bietet so eine Gesamtsicht zum schweizerischen Gesundheitswesen sowohl aus dem Blickwinkel der öffentlichen Gesundheit wie auch aus wirtschaftlicher Perspektive.

Beide Organisationen anerkennen die gute Qualität des Gesundheitssystems, empfehlen aber, die hohen Kosten im Rahmen zu halten. Im Vergleich zu anderen OECD-Ländern verfügt die Schweiz über ein sehr gut ausgebautes Gesundheitssystem. Es bietet einen umfassenden Krankenversicherungsschutz und Zugang zu einem breiten Angebot an modernen Gesundheitsdienstleistungen. Allerdings liegt die Schweiz mit ihren Gesundheitsausgaben nach den USA an zweiter Stelle aller OECD-Länder. In anderen OECD-Staaten werden bei niedrigeren Kosten die gleichen oder sogar bessere Leistungen als in der Schweiz erbracht. Im Jahr 2003 wendete die Schweiz 11,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für das Gesundheitswesen auf gegenüber einem OECD-Durchschnitt von 8,8 Prozent. Während die Ausgaben in der Schweiz für die Gesundheit vergleichsweise hoch sind, liegt der Anteil für Prävention und Gesundheitsförderung mit 2,2 Prozent an den Gesamtausgaben gegenüber dem OECD-Durchschnitt von 2,7 Prozent niedrig.

Der Bericht empfiehlt unter anderem Massnahmen zur Steigerung der Kosteneffizienz. So könnte im stationären Bereich ein Vergütungssystem mit diagnosebezogenen Fallpauschalen die Effizienz steigern und die Dauer von Krankenhausaufenthalten verringern. Im ambulanten Bereich wäre die verstärkte Förderung von HMO- und Hausarztmodellen statt der derzeit üblichen leistungsbezogenen Bezahlung in Erwägung zu ziehen. Sollte die Schweiz sich entschliessen, die Kosten im Gesundheitssystem durch mehr Wettbewerb zu senken, so dürfte es für die Versicherer nicht mehr möglich sein, Versicherte aufgrund ihres Gesundheitsrisikos zu selektionieren. Zudem sollte der Wettbewerb zwischen Versicherern und den Anbietern von Gesundheitsleistungen auch über die Kantonsgrenzen hinweg stattfinden.

Schliesslich erfordert eine langfristige Verbesserung des Gesundheitssystems eine Strukturreform. Trotz der geringen Grösse und Bevölkerungszahl des Landes besteht das schweizerische
Gesundheitssystem faktisch aus 26 halbautonomen Untersystemen auf Kantonsebene. Dadurch wird die Entwicklung von konsistenten nationalen Politiken, von Wettbewerb zwischen Versicherungsanbietern und Gesundheitsdienstleistern und bei der Medikamentenversorgung erschwert. Die Studie empfiehlt deshalb einen umfassenden Gesetzesrahmen für den Gesundheitsbereich, der bestehende Regelungen zur Krankenversicherung, zur Vorsorge, zur Erhebung von Gesundheitsdaten auf nationaler Ebene und zur Aufsicht über die Leistung des Systems umfassen würde. Dafür müssten auf nationaler Ebene Ziele erarbeitet und ein Teil der Finanzierung geregelt werden. Gleichzeitig wäre sicherzustellen, dass Versicherungen und Gesundheitsangebote über die Kantonsgrenzen hinaus verfügbar sind.

3.1.2.5

Überprüfung der schweizerischen Invaliditätspolitik

Die OECD hat im November den Bericht «Krankheit, Invalidität und Arbeit: Hemmnisse abbauen» publiziert. Es handelt sich dabei um eine erste Untersuchung der Wechselbeziehungen zwischen den Arbeitsmärkten und den Sozialsystemen für

944

Personen mit Behinderungen. Die Schweiz befindet sich mit Norwegen und Polen in der ersten Gruppe der geprüften Länder.

3.1.2.6

OECD-Empfehlungen zum Wirtschaftswachstum 2006

Nach den Zielvorgaben der OECD sollen alle ihre Mitgliedstaaten schrittweise das Wohlstandsniveau der fortgeschrittensten Länder erreichen. In diesem Rahmen sucht die OECD nach den besten wirtschaftspolitischen Massnahmen, führt im Sinne einer Rangfolge zahlreiche Vergleiche zwischen den Mitgliedstaaten durch und gibt jedes Jahr spezifische, auf die Mitgliedstaaten zugeschnittene Empfehlungen heraus, damit diese so schnell wie möglich zur Spitzengruppe aufschliessen können. Seit 2005 fassen die jährlichen Berichte «Going for Growth» die jeweils aktuellsten wirtschaftspolitischen Prioritäten der einzelnen Mitgliedstaaten zusammen.

Im Berichtsjahr hat die OECD folgende Empfehlungen an die Schweiz gerichtet: ­

Abbau der Unterstützung der Landwirtschaft und Entkoppelung der Subventionen von der Produktion. Die Schweiz hat in der Tat eine der höchsten Unterstützungsquoten innerhalb der OECD-Staaten. Darüber hinaus trägt dieser Sektor zur Hochpreisinsel Schweiz bei.

­

Abbau der Wettbewerbsbeschränkungen in den Netzindustrien, im speziellen im Elektrizitätssektor, in den Postdiensten und der Gasversorgung. Die OECD stellt fest, dass die diesbezüglichen Reformen in der Schweiz weniger schnell voranschreiten als in der EU.

­

Förderung der Vollzeitteilnahme der Frauen am Arbeitsmarkt durch eine Reform der Steuergesetze und Entwicklung eines Betreuungssystems für Kinder. Diese Empfehlung basiert auf der Feststellung, dass die Beteiligung der Schweizer Frauen am Arbeitsmarkt, gemessen in Arbeitsstunden, im internationalen Vergleich nicht sehr hoch ist.

­

Weiter ist im internationalen Warenverkehr der Abbau der technischen Handelshemmnisse nötig (Einführung des «Cassis de Dijon»-Prinzips), sowie die Verbesserung der Regulierungen im Gesundheitswesen, insbesondere die Aufhebung des Kontrahierungszwangs und die Integration der kantonalen Gesundheitsmärkte (vgl. Ziff. 3.1.2.4).

3.1.2.7

Handelspolitik

Die im Handelsausschuss erstellten Analysen zeigen die Vorteile auf, die bei einer Liberalisierung der Produkte- und Dienstleistungsmärkte vor allem Entwicklungsländern zugute kämen. Die Stärkung des multilateralen Handelssystems würde der internationalen Gemeinschaft substantielle Marktzugangsverbesserungen bringen. Auch wird festgestellt, dass die bedeutendsten den Handelshemmnisse zwischen den Entwicklungsländern ­ und nicht zwischen OECD-Ländern und anderen Nichtmitgliedstaaten ­ zu finden sind. Der Ausschuss pflegte mit aufstrebenden Schwellen- und Entwicklungsländern enge Kontakte und erörterte mit ihnen die wichtigsten handelsrelevanten Probleme. Im Mittelpunkt des Interesses standen Handelserleichterungen und die handelsbezogenen Unterstützungen. Ferner befasste sich der Ausschuss mit Fra945

genstellungen, welche losgelöst vom Arbeitsprogramm der Doha-Runde künftig weitere Verhandlungen erfordern werden. Hiezu beriet er über eine mittelfristige Strategie für die analytische Bearbeitung dieser neuen Themen im Rahmen der OECD.

3.1.3

Instrumente im Investitionsbereich

3.1.3.1

Investitionsregeln

Im weltwirtschaftlich bedeutenden Bereich der grenzüberschreitenden Investitionen fehlt es nach wie vor an einem universellem Regelwerk. Stattdessen prägen ungefähr 2500 bilaterale Investitionsabkommen sowie mehrere pluri- bzw. multilaterale Regelungen von Staatengruppen das Bild. Die wichtigsten unter diesen Standards bilden weiterhin jene der OECD. Etwa 90 Prozent der global ausgehenden (outflows) und 75 Prozent der eingehenden Direktinvestitionen (inflows) folgen gegenwärtig diesen Grundregeln über den Kapitalverkehr und die Nichtdiskriminierung. Mit einem im internationalen Vergleich ausserordentlichen hohen Bestand an Direktinvestitionen im Ausland von 450 Milliarden Franken hat die Schweiz daran ein besonderes Interesse.

Der Investitionsausschuss der OECD wacht nicht nur über die Einhaltung und Aktualität dieser Standards. Er nimmt generell eine führende Rolle in Fragen der Politik und des Rechts der internationalen Investitionen ein. Seit einigen Jahren bietet er seine Expertise auch Nichtmitgliedstaaten an und pflegt mit den wichtigsten unter ihnen bilaterale Dialoge. Neue Ergebnisse der substanziellen Kooperation mit Russland und China wurden 2006 veröffentlicht. Unter den regional ausgerichteten Programmen ist jenes mit Südosteuropa am weitesten fortgeschritten. Noch in einem früheren Stadium befindet sich die Kooperation mit Staaten der MENA-Region (Mittlerer Osten und Nordafrika). Beide Projekte werden von der Schweiz finanziell unterstützt. Zudem wurde im Berichtsjahr ein breit gefasster Referenzrahmen (Policy Framework for Investment) verabschiedet, der in Zukunft den Investitionsdialog der OECD vor allem mit Entwicklungsländern unterstützen soll. Auf thematischer Ebene wird sich der Investitionsausschuss 2007 prioritär mit dem Problem neuer protektionistischer Tendenzen befassen, die in einigen OECD- und anderen Staaten unter dem Titel der nationalen Sicherheit oder strategischer Interessen zu beobachten sind.

3.1.3.2

Leitsätze für multinationale Unternehmen

Verantwortungsvolles Verhalten von Unternehmen gegenüber ihrem Umfeld (Corporate Responsibility) hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Auch auf Märkten, die wesentlich weniger reguliert und beaufsichtigt sind als in den meisten OECD-Staaten, wird von den wirtschaftlichen Akteuren die Beachtung gewisser Mindeststandards erwartet. Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen stellen dafür einen massgeblichen Referenzpunkt dar. Als einziges internationales Corporate-Responsibility-Instrument sind sie von Regierungen getragen (30 OECDund 9 Nicht-OECD-Staaten), sachlich umfassend und, obwohl für Unternehmen rechtlich unverbindlich, mit einem wirksamen Umsetzungsmechanismus versehen.

Hat nämlich ein multinationales Unternehmen auf irgendeinem ausländischen Markt einen Leitsatz missachtet, so kann dies in jedem Teilnehmerstaat ohne Formalitäten 946

einem «Nationalen Kontaktpunkt» gemeldet werden. Der Kontaktpunkt bemüht sich um vertrauliche Vermittlung und gibt das Ergebnis bekannt. Seit der umfassenden Erneuerung der OECD-Leitsätze im Jahr 2000 sind gegen hundert solche Verfahren in den 39 Teilnehmerstaaten registriert worden. In der Schweiz ist der beim Staatssekretariat für Wirtschaft angesiedelte Kontaktpunkt auch im Berichtsjahr in mehreren Fällen aktiv geworden.

3.1.3.3

Korruptionsbekämpfung

Die Haltung der internationalen Gemeinschaft gegenüber der Korruption hat sich im Verlauf des letzten Jahrzehnts grundlegend geändert. Den Durchbruch brachte die OECD-Konvention von 1997 (SR 0.311.21). Weitere internationale Abkommen gegen Korruption folgten, zuletzt die 2005 in Kraft getretene Konvention der UNO.

Die OECD-Konvention hat nicht nur dazu geführt, dass die Bestechung ausländischer Amtsträger in den 36 Abkommensstaaten (OECD-Mitglieder plus sechs Nichtmitglieder) heute in gleichwertiger Weise verboten ist. Auch die Anwendung dieser Vorschriften ­ und einer Reihe flankierender Massnahmen ­ wird in einem mehrstufigen, weitreichenden Prozess (Länderexamen) überprüft und bewertet. Das ursprünglich vereinbarte Programm der Länderexamen wird Anfang 2008 im Wesentlichen abgeschlossen sein. Der unter Schweizer Vorsitz stehende Antikorruptionsausschuss der OECD ist deshalb gegenwärtig dabei zu bestimmen, wo hinsichtlich Monitoring, Weiterentwicklung von Standards sowie Kooperation mit Nichtmitgliedstaaten in den nächsten Jahren die Prioritäten zu setzen sind. Aus Sicht der Schweiz hat dabei die effektive Anwendung der OECD-Konvention in allen Abkommensstaaten weiterhin Vorrang. Im Interesse eines funktionierenden Wettbewerbs auf den internationalen Märkten wird aber auch immer wichtiger, dass aufstrebende Wirtschaftsmächte, die nicht Vertragsstaaten der OECD-Konvention sind, die Spielregeln der Korruptionsbekämpfung beachten.

3.1.4

Instrumente in anderen Bereichen

3.1.4.1

Internationale Zusammenarbeit im Wettbewerbsbereich

Die OECD-Wettbewerbsausschüsse haben sich im Berichtsjahr mehrmals mit der zivilrechtlichen Ahndung von Verletzungen des Wettbewerbsrechts befasst. Die internationalen Entwicklungen auf diesem Gebiet werden seitens der Schweiz mit grossem Interesse verfolgt. Schadenersatzklagen im Wettbewerbsrecht dienen mehreren Zwecken: Sie sollen primär jene entschädigen, die infolge wettbewerbswidigen Verhaltens einen Verlust erlitten haben. Daneben leisten sie aber auch einen wichtigen Beitrag zur Prävention durch Abschreckung. In vielen Ländern bestehen jedoch noch zahlreiche prozessuale Hürden, die verhindern, dass dieser präventive Effekt voll zum Tragen kommt. So ist beispielsweise die abschreckende Wirkung stark von der (maximalen) Höhe des allfälligen Schadensersatzes abhängig und gerade in diesem Zusammenhang wird die Frage, ob sogenannte multipliers zulässig sein sollen, besonders kontrovers diskutiert. Während bisher vor allem in den USA die treble damages (Ersatz bis zur dreifachen Höhe des entstandenen Schadens)

947

eingefordert werden können, denkt nun auch die EG-Kommission laut über double damages nach.

Die Schweiz ist seit Oktober mit Professor Walter Stoffel, Präsident der WEKO, wieder im Leitungsgremium des OECD-Wettbewerbsausschusses vertreten. Weniger erfreulich ist aus Schweizer Sicht der Entscheid, die Arbeiten im Ausschuss «Handel und Wettbewerb» einzustellen, obschon die WTO sich diesem Thema nicht mehr annimmt. Der Ausschuss hat vor allem bezüglich der Behandlung von Wettbewerbsfragen in internationalen Handelsabkommen gute und nützliche Arbeit geleistet.

3.1.4.2

OECD-Grundsätze der Corporate Governance

Der Steuerungsausschuss für Corporate Governance hat im Berichtsjahr erstmals ein Leitungsgremium geschaffen, in welches auch der Schweizer Vertreter berufen wurde. Nachdem die OECD-Grundsätze der Corporate Governance 2004 besonders mit dem Ziel einer verbesserten Umsetzung revidiert worden waren, erarbeitete der Ausschuss einen Kriterienkatalog zur Überprüfung ihrer Umsetzung, was nicht zuletzt den Politikdialog erleichtern dürfte. Dieser Prüfraster berücksichtigt, dass in der Umsetzung der einzelnen Prinzipien das Gesamtergebnis zählt. Es gibt verschiedene Wege, den OECD-Grundsätzen der Corporate Governance gerecht zu werden: einer unter ihnen ist das mehr oder weniger ausgeprägte Engagement des Privatsektors oder die Rolle des Marktes. Der von der OECD erarbeitete Kriterienkatalog wird auch der Weltbank als Richtschnur dienen, wo diese entsprechende Examinierungen vornimmt. Die Überprüfungen, die in jedem Fall freiwillig bleiben, stossen bei Schwellen- und Transitionsländern auf beträchtliches Interesse.

Die Arbeiten des Steuerungsausschusses sind stark auf die Frage effektiver und effizienter Regulierung ausgerichtet, wobei sich der Ausschuss bewusst ist, dass ein zu invasives Vorgehen auf die Marktteilnehmer, etwa bezüglich der Börsenkotierung, entmutigend wirkt. Der Ausschuss hat deshalb auch prominente Vertreter des Privatsektors eingeladen, Wege zur effektiven Respektierung der OECDGrundsätze in der Praxis aufzuzeigen. Mit Nicht-OECD-Mitgliedsländern wird die Zusammenrbeit zur Umsetzung der Grundsätze fortgesetzt. In thematischer Hinsicht beabsichtigt der Ausschuss, sich mit dem Markt der Unternehmenskontrolle, nichtproportionalen Kapitalstrukturen und dem Schutz der Minderheitsaktionäre zu befassen.

3.1.4.3

Unlauterer Steuerwettbewerb

In der OECD hat sich das Global Forum on Taxation mit Fragen des internationalen Informationsaustausches (Bankeninformationen usw.) und der Transparenz der Steuerrechtssysteme befasst. Dabei handelt es sich um ein Ad-hoc-Gremium, das sowohl OECD-Mitgliedstaaten als auch Nichtmitglieder vereinigt. Zu letzteren gehören Gebietskörperschaften, die mittlerweile kooperationswillig geworden sind (ehemalige «Steuerparadiese»). Das Ziel der Arbeiten des Global Forum besteht darin, eine internationale Standardregelung bezüglich der Transparenz und der Zusammenarbeit im internationalen Steuerwesen durchzusetzen, wonach die Amtshilfe ohne Beachtung der Bedingungen der doppelten Strafbarkeit und unterschieds948

los für alle Bank-, Finanz- und anderen Unterlagen gewährt werden muss. Zudem muss sich Amtshilfe auf alle relevanten Daten erstrecken, die im Besitz der Behörden sind oder diesen sonstwie zugänglich sein müssen.

Die Akzeptierung eines derartigen gemeinsamen Nenners der Transparenz und Zusammenarbeit ­ in der OCDE «level playing field» genannt ­ ist mit der schweizerischen Politik nicht vereinbar, dies auch nicht im Lichte der jüngsten Verpflichtungen, welche die Schweiz hinsichtlich einer verbesserten internationalen Zusammenarbeit eingegangen ist. Die Schweiz hat im Berichtsjahr erneut ihre grundsätzliche Enthaltung in Bezug auf die Arbeiten zu diesem Thema in Erinnerung gerufen. Sie will damit die Respektierung ihrer Position in der OECD sichern.

Die Schweiz hat erstmals im November 2005 in Melbourne an einer Tagung des Global Forum teilgenommen, dies aber lediglich in der Eigenschaft eines eingeladenen Landes mit Beobachterstatus. Die Beschlüsse des Forums sind somit für die Schweiz nicht bindend.

Ein Hauptziel des Global Forum ist der Abschluss von Abkommen über die Amtshilfe in Steuersachen zwischen OECD-Mitgliedstaaten und kooperationswilligen Gebietskörperschaften, und zwar auf der Grundlage eines Modells, das das Erfordernis der doppelten Strafbarkeit ausschliesst und einen bedingungslosen Zugriff auf Bankinformationen zu Steuerzwecken ermöglicht.

Die bisher erzielten Fortschritte in diesen Bemühungen sind eher bescheiden. Einzelne Gebietskörperschaften weisen darauf hin, dass gewisse Mitgliedstaaten der OECD selber nicht imstande sind, die ihnen abverlangten Transparenz- und Zusammenarbeitsstandards einzuhalten. Dieser Umstand könnte in Zukunft den Druck auf die Schweiz erhöhen.

Die von der OECD ursprünglich verfolgte Absicht, koordinierte Gegenmassnahmen gegenüber Staaten zu ergreifen, die sich nicht an die künftige Standardregelung betreffend Transparenz und Zusammenarbeit halten, hat inzwischen an Bedeutung eingebüsst. Vorrang zur Verfolgung der Ziele geniesst gegenwärtig der Dialog mit den Nichtmitgliedstaaten und eine volle Teilnahme im Global Forum. Die Frage der Gegenmassnahmen wird voraussichtlich im Kompetenzbereich jedes einzelnen Staates bleiben.

3.2

Welthandelsorganisation (WTO)

Die Doha-Verhandlungen in der WTO, die Ende Juli 2006 suspendiert worden waren, wurden auf Beschluss des höchsten Verhandlungsorgans der DohaRunde am 16. November wieder aufgenommen. Die WTO-Tätigkeiten ausserhalb der eigentlichen Verhandlungen konzentrierten sich auf die Umsetzung der WTO-Abkommen, die Beitrittsverhandlungen, die Länderexamen und auf Streitbeilegungsverfahren.

949

3.2.1

Die Suspendierung und Wiederaufnahme der Doha-Runde

Die Ministerkonferenz von Hong Kong hatte im Dezember 2005 die operativen Leitplanken für die Fortsetzung der Doha-Verhandlungen gesetzt. Sie sah vor, dass bis Ende April 2006 die Verhandlungsmodalitäten für die Verhandlungsbereiche Landwirtschaft und Industrieprodukte beschlossen werden sollten. Dies gelang jedoch nicht, weil die Positionen der grössten Handelspartner bei den wichtigsten Fragen (insbesondere Zollabbau) zu weit auseinanderlagen. Generaldirektor Pascal Lamy lud daher Ende Juni zu einem Treffen des Verhandlungsgremiums ein, an dem an die 60 Minister teilnahmen. Aber auch diese Initiative brachte bei den Eckwerten in den zentralen Dossiers des Agrarhandels und des Warenverkehrs mit Industrieerzeugnissen ­ der Generaldirektor bezeichnete diese Hauptfragen als Dreieck20 ­ keinen Durchbruch. Der Grund lag im Umstand, dass jede der grossen Handelsmächte bei einer wichtigen Frage besonders gefordert war: von der EU wurden weitere Konzessionen beim Marktzugang für Agrargüter erwartet, von den USA ein größerer Abbau der internen Stützung, und von den Schwellenländern wie Indien und Brasilien ein besserer Marktzugang bei den Industriegütern. Nur die EU hatte im Vorfeld der Gespräche eine gewisse Flexibilität gezeigt.

Nach den erfolglosen Verhandlungen von Ende Juni wurde am Gipfel der G8 in St. Petersburg versucht, den Doha-Verhandlungen durch die anwesenden Staatschefs auch grosser Entwicklungsländer die notwendigen politischen Impulse zu geben, um innert drei Wochen doch noch einen Durchbruch zu erzielen. Dieser Versuch scheiterte. Am 24. Juli musste das oberste Verhandlungsorgan der WTO eingestehen, dass eine Suspendierung der Verhandlungen unumgänglich wurde. Von dieser Suspendierung waren alle Verhandlungsbereiche der Doha-Runde betroffen, einschliesslich jene über Dienstleistungen und über Regeln. In den darauffolgenden Monaten traten verschiedene Gruppen ­ die G20, die Cairns-Gruppe und die neu gebildete G6 ­ zusammen, um den Doha-Verhandlungen einen neuen Impuls zu geben21. Gleichzeitig suchte man in informellen Gesprächen ­ von Generaldirektor Lamy als «quiet diplomacy» bezeichnet ­ nach Möglichkeiten für eine Wiederaufnahme der Verhandlungen.

Im Verlaufe des Herbstes gelangte man in Genf zur Einsicht, dass die Verhandlungen mindestens auf der technischen Ebene wieder aufgenommen
werden müssten, weil sonst signalisiert werde, die Doha-Runde sei endgültig gescheitert. Am 16. November beschloss das höchste Verhandlungsorgan der Doha-Runde die Wie20

21

950

(1) Marktzugang für die Landwirtschaft (Zollabbau, Behandlung und Anzahl sensibler Produkte); (2) interne landwirtschaftliche Stützung (Abbau der handelsverzerrenden Stützung); (3) Industriezölle (Zollabbau im Rahmen der harmonisierenden Schweizer Formel und Umfang der Ausnahmen).

Die G20 umfasst Argentinien, Ägypten, Bolivien, Brasilien, Chile, China, Guatemala, Indien, Indonesien, Kuba, Mexiko, Nigeria, Pakistan, Paraguay, Philippinen, Südafrika, Tansania, Thailand, Uruguay, Venezuela und Simbabwe.

Der Cairnsgruppe gehören Argentinien, Australien, Bolivien, Brasilien, Chile, Costa Rica, Guatemala, Indonesien, Kanada, Kolumbien, Malaysia, Neuseeland, Paraguay, die Philippinen, Thailand, Südafrika und Uruguay an.

Die «neue G6» «(Oslo-Gruppe») setzt sich aus Chile, Indonesien, Kanada, Kenia, Neuseeland und Norwegen zusammen und hat sich zum Ziel gesetzt, eine baldige Wiederbelebung der Verhandlungen durch «kreative Antworten» auf einige der schwierigeren Fragen herbeizuführen.

deraufnahme der Verhandlungen. Darauf nahmen alle Verhandlungsgruppen (also nicht nur diejenigen über die Landwirtschaft und die Industrieprodukte/NAMA) die Verhandlungen zumindest auf technischer Ebene wieder auf.

Obwohl der Beschluss für eine Wiederaufnahme der Verhandlungen von der grossen Mehrheit der Delegationen getragen wurde, bedeutet dies (noch) nicht, dass man an einen Durchbruch in den nächsten Monaten glaubt. Man ist sich aber bewusst, dass es neben den politischen Fragen, über die im Juli keine Einigung zustande gekommen ist (wie bezüglich der Abbauzahlen beim Marktzugang und bei der internen Stützung), zahlreiche Einzelfragen gibt, die mit Sicherheit noch der Klärung auf technischer Ebene bedürfen. Letztere sollten im Rahmen der Verhandlungsgruppen angegangen werden.

Die Schweiz ist zweifellos an einer raschen Wiederaufnahme der Verhandlungen interessiert, selbst wenn diese noch Jahre dauern sollten. Stillstand schadet dem Welthandelssystem und ist angesichts der zahlreichen offenen Fragen in allen Verhandlungsgebieten zwecklos. Allerdings sollten an die Wiederaufnahme der Verhandlungen keine allzu hohen Erwartungen gestellt werden; zum eigentlichen Durchbruch ist der Weg noch lang. Hiezu ist das Engagement aller Verhandlungsparteien gefordet. Immerhin könnte eine höhere Reduktion der internen Stützung in den USA als Katalysator wirken und den Prozess wieder in Schwung bringen. Ohne weitere Zugeständnisse der EU und der G1022 beim Marktzugang für Landwirtschaftsgüter einerseits, sowie Indiens und Brasiliens, aber auch Australiens beim Marktzugang für Industrieprodukte anderseits, wird es indessen kaum zu einem raschen Abschluss kommen. Resultate in diesen Bereichen dürften nämlich ihrerseits Bedingungen für eine Verlängerung der Trade Promotion Authority des Präsidenten der USA im Hinblick auf eine Beendigung der Doha-Runde bis Ende 2007 oder Mitte 2008 sein.

3.2.2

Streitbeilegung

In der Berichtsperiode war die Schweiz weder als Partei noch als Drittpartei direkt in ein Verfahren involviert. Mehrere Panel sowie die Berufungsinstanz waren aufgerufen, in wichtigen Sachbereichen WTO-Recht auszulegen. Besondere Erwähnung verdient der Bericht zu den GVO-Klagen der USA, Kanadas und Argentiniens gegen die EU vom 29. September 2006 (EC-Biotech).23 Gegenstand des Panelberichtes war das faktische Moratorium für Neuzulassungen von gentechnisch veränderten Produkten (GVO), das in der EU zwischen 1998 und der Errichtung des Panel im August 2003 in Kraft war. Es sollten gentechnisch veränderte Produkte in der EU erst wieder nach Erlass neuer, strengerer Rechtsvorschriften über die Koexistenz, Rückverfolgbarkeit und die Kennzeichnung zugelassen werden. Inzwischen sind solche Vorschriften in der EU in Kraft getreten, die jedoch nicht Gegenstand des Panelverfahrens bildeten. Darüber hinaus ging es um die Frage, ob die EU-Zulassungsverfahren für 27 gentechnisch veränderte Produkte und neun durch einzelne EU-Mitgliedstaaten (Deutschland, Frankreich, Griechen22 23

Die G10 umfasst Island, Israel, Japan, Korea, Liechtenstein, Mauritius, Norwegen, die Schweiz und Chinesisches Taipei.

European Communities ­ Measures Affecting the Approval and Marketing of Biotech Products, DS 291, DS 292, DS 293.

951

land, Italien, Luxemburg und Österreich) erlassene produktespezifische Schutzmassnahmen mit dem WTO-Recht vereinbar sind.

Das Panel hat sich explizit weder zu den Fragen der Gesundheits- und Umweltschädlichkeit gentechnisch veränderter Produkte noch über die Zulässigkeit des EUZulassungsverfahrens als solches und des Erlasses von Schutzmassnahmen durch EU-Mitgliedstaaten geäussert.

Das Panel hat in seinem Bericht die Existenz eines faktischen Moratoriums bejaht.

Dabei liess es sich insbesondere von der Tatsache leiten, dass in der fraglichen Periode viele Gesuche um Zulassung von gentechnisch veränderten Produkten bereits von den wissenschaftlichen Instanzen der EU gutgeheissen und damit spruchreif gewesen waren. Das Panel hielt es als erwiesen, dass die einzelnen Verfahren in 24 von 27 Fällen durch die zuständigen EU-Behörden verzögert worden waren. In seiner rechtlichen Würdigung gelangte das Panel sodann zum Schluss, dass die EU mit ihrem faktischen Moratorium gegen diejenigen Bestimmungen des WTO-Übereinkommens über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Massnahmen (SPS; SR 0.632.20 Anhang 1A.4) verstossen habe, welche festhalten, dass die WTO-Mitglieder Verfahren zur Kontrolle und Sicherstellung der Einhaltung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Bestimmungen ohne Verzug durchzuführen haben24. Mithin ging es also um eine Verletzung prozeduraler und nicht materiellrechtlicher Natur. Das Panel hat denn auch ausdrücklich festgehalten, seinen Ausführungen könne nicht entnommen werden, dass ein Moratorium in jedem Fall eo ipso auch als ein Verstoss gegen die genannten SPS-Bestimmungen zu betrachten wäre. Schliesslich gelangte das Panel zum Schluss, dass sechs EU-Mitgliedstaaten mit ihren in der Form von Zulassungsverboten von neun GVO-Produkten getroffenen Schutzmassnahmen gegen das Gebot verstossen haben, Massnahmen gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Natur nur auf der Basis einer angemessenen Risikobewertung zu erlassen (Art. 5.1 und 5.7 SPS). Der Panel-Bericht kann innert 60 Tagen von den Parteien zum Gegenstand eines Rekursverfahrens gemacht werden.

Die Schweiz hatte sich 2003 am Verfahren nicht beteiligt, da damals die künftige Schweizer Rechtslage aufgrund der Moratoriumsinitiative unsicher war und die Bundesverwaltung
den Entscheid des Souveräns vom 27. November 2005 nicht präjudizieren wollte. Die Bundesverfassung (Art. 197 Abs. 3) verbietet heute den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen und die Haltung von gentechnisch veränderten Nutztieren bis ins Jahr 2010. Es ist zu beachten, dass sich die Situation in der Schweiz in wesentlichen Punkten von derjenigen in der EU zwischen 1998 und 2003 unterscheidet. Zum einen verbietet die Bundesverfassung die Einfuhr von gentechnisch veränderten Lebensmitteln und Futtermitteln sowie Freisetzungsversuche nicht. Allfällige Gesuche (z.B. für die Einfuhr eines gentechnisch veränderten Futtermittels) würden von den Schweizer Behörden entgegengenommen. Zum anderen war im September 2005, also ummittelbar vor der Annahme des Moratoriums durch Volk und Stände, in der Schweiz kein einziges Gesuch für den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen oder die Haltung von gentechnisch veränderten Nutztieren hängig, weshalb der Vorwurf der Verfahrensverzögerung gegen die Schweiz nicht erhoben werden könnte.

24

952

Art. 8 SPS i.V. m. Art. 1 Bst. a Anhang C zum SPS.

3.2.3

Handel und Entwicklung

Zur Einigung auf eine neue Verhandlungsrunde trug in Doha wesentlich bei, dass die Anliegen von Entwicklungsländern, die eigentlich keine Lancierung einer neuen Runde wollten, in weiten Teilen in die «Erklärung von Doha» (BBl 2002 1280), Eingang fanden. Die Verhandlungsrunde wird denn auch als «Doha-Entwicklungsrunde» bezeichnet. Im Laufe der Verhandlungen ist aber immer deutlicher geworden, dass die Anliegen des Arbeitsplans die Verhandlungskapazitäten der Mitglieder zu übersteigen drohen. Bei den entwicklungsrelevanten Themen wie Abbau der Zollprogression und der Zollspitzen für verarbeitete Landwirtschaftsprodukte und arbeitsintensive industrielle Güter, Ernährungssicherheit, Rahmenbedingungen für die Nahrungsmittelhilfe, Schutz genetischer Ressourcen, sozialverträgliche Marktöffnung im Industriebereich usw. sind denn auch in der Berichtsperiode kaum Fortschritte zu verzeichnen. Bedauerlich ist insbesondere, dass die Umsetzung des in Hong Kong gefällten Entscheids, den ärmsten Entwicklungsländern zoll- und kontingentsfreien Marktzugang zu gewähren, äusserst harzig voranschreitet.

Demgegenüber haben sich die Verhandlungen, welche Verbesserungen der Handelsprozesse (Trade Facilitation) zum Ziel haben, aber auch die Diskussionen zum Thema «Aid for Trade» (handelsbezogene Entwicklungshilfe, vgl. Ziff. 5.1.1) positiv entwickelt. Der zurzeit diskutierte Ansatz zur Umsetzung eines künftigen «Trade Facilitation»-Abkommens berücksichtigt erstmals die konkreten Voraussetzungen der einzelnen Länder zur Erfüllung von Abkommenspflichten und entfernt sich so von einem pauschalen Ansatz für alle Entwicklungsländer. Die Schweiz hat dabei eine führende Rolle eingenommen.

3.2.4

Öffentliches Beschaffungswesen

Die Mitgliedstaaten des plurilateralen Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 0.632.231.422) haben bei den Revisionsverhandlungen einen Durchbruch erreicht und anfangs Dezember eine Einigung über den Vertragswortlaut erzielt. Das revidierte Abkommen trägt den neuen Entwicklungen in Vergaberecht und -praxis der Mitgliedstaaten Rechnung. Bei den Kernelementen der Vertragsanpassung sind der Einbau der elektronischen Vergabeinstrumente, die Möglichkeit, elektronische Auktionen zu tätigen, der Einbezug griffigerer Regeln zur Vorbeugung und Bekämpfung von Bestechung und Misswirtschaft, neue Begriffsbestimmungen im Vergaberecht, die Straffung der Eignungs- und Vergabekriterien sowie die Überprüfung der Fristen zu erwähnen.

Die Marktzugangsverhandlungen konnten noch nicht abgeschlossen, sollen aber Ende April 2007 beendet werden. Im Frühjahr hatten neun Verhandlungspartner ihre Offerten für die Erweiterung des Marktzugangs auf ihren Beschaffungsmärkten eingereicht (EU, Israel, Japan, Kanada, Korea, Norwegen, die Schweiz, Singapur und die USA). Eine revidierte Offerte wurde bis anhin einzig von den USA vorgelegt.

Falls die Verhandlungen plangemäss abgeschlossen werden können, wird das revidierte Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen im Frühling 2007 zur Unterzeichnung bereitstehen.

953

3.2.5

Beitrittsverfahren

Mit dem Beitritt von Vietnam anlässlich einer Sondersitzung des Generalrates am 7. November 2006 zählt die WTO 150 Mitglieder, sobald Vietnam seinen Beitritt ratifiziert hat. Tonga, welches bereits an der Ministerkonferenz in Hong Kong im Dezember 2005 als WTO-Mitglied zugelassen wurde, hat seinen Beitritt noch nicht ratifiziert. Beitrittsverhandlungen werden zurzeit mit 29 Ländern geführt (darunter mit Algerien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Kasachstan, Libanon, Montenegro, Russland, Serbien, Ukraine und Weissrussland). Die Schweiz hat mit Kasachstan den bilateralen Teil der Beitrittsverhandlungen im November abgeschlossen. Russland hat ebenfalls seinen bilateralen Teil der Beitrittsverhandlungen mit China, der EU, der Schweiz und den USA zum Abschluss gebracht, während eine bilaterale Einigung mit Handelspartnern wie Georgien und Moldawien noch aussteht.

3.3

EFTA-Drittlandbeziehungen und Freihandelsabkommen mit Staaten ausserhalb der EU

Mit den SACU-Staaten wurde im Juli ein EFTA-Freihandelsabkommen unterzeichnet und mit Ägypten wurden die EFTA-Freihandelsverhandlungen in der Substanz abgeschlossen. Das vorher provisorisch angewandte EFTA-Freihandelsabkommen mit Tunesien ist am 1. Juni, dasjenige mit der Republik Korea am 1. September und dasjenige mit Libanon am 1. Januar 2007 in Kraft getreten.

Die Arbeiten zur Ausdehnung der paneuropäischen Ursprungskumulation auf die Mittelmeerstaaten («Pan-Euro-Med») schreiten planmässig voran. Mit Kanada konnten die EFTA-Freihandelsverhandlungen wieder aufgenommen werden. Mit Thailand wurden die Freihandelsverhandlungen fortgeführt und solche mit den GCC-Staaten eröffnet. Der Bericht der Gemeinsamen Studiengruppe über ein Freihandelsabkommen EFTA-Indonesien soll Anfang 2007 vorliegen. Zur Prüfung der Machbarkeit eines Freihandelsabkommens wurde eine Gemeinsame Studiengruppe EFTA-Indien eingesetzt. Kolumbien und Peru bestätigten ihr Interesse an der Aufnahme von Freihandelsverhandlungen mit den EFTA-Staaten.

Die auf bilateraler Ebene geführten exploratorischen Gespräche zwischen der Schweiz und den USA haben ergeben, dass die Bedingungen für einen erfolgreichen Abschluss von Freihandelsverhandlungen kurzfristig nicht gegeben sind.

Der Bericht der bilateralen Gemeinsamen Studiengruppe Schweiz-Japan kommt zu einem positiven Schluss bezüglich der Machbarkeit eines Freihandelsabkommens.

954

3.3.1

Beziehungen der EFTA-Staaten zu Partnern im Raum Europa-Mittelmeer

In Europa und im Mittelmeerraum verfügen die EFTA-Staaten über ein Netz von elf Freihandelsabkommen. Mit dem Beitritt von Bulgarien und Rumänien zur EU am 1. Januar 2007 sind die EFTA-Freihandelsabkommen mit diesen Staaten (Bulgarien: SR 0.632.312.141, AS 1994 1349; Rumänien: SR 0.632.316.631, AS 1994 860) auf dieses Datum hin beendet worden. Die Freihandelsbeziehungen zwischen der Schweiz und diesen beiden Staaten werden auf der Basis der bestehenden bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EG, namentlich des Freihandelsabkommens von 1972 (SR 0.632.401), weitergeführt.

Das im Dezember 2004 unterzeichnete und seit 1. Juni 2005 vorläufig angewendete Abkommen mit Tunesien (SR 0.632.317.581) ist am 1. Juni 2006 definitiv in Kraft getreten. Die Schweiz und Libanon haben das im Juni 2004 zwischen den EFTAStaaten und Libanon abgeschlossene Freihandelsabkommen (BBI 2005 1247) ratifiziert; es ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Die Freihandelsverhandlungen mit Ägypten konnten finalisiert werden. Die Unterzeichnung dieses Abkommens ist für die erste Hälfte 2007 vorgesehen. Durch dieses Abkommen werden die Wirtschaftsund Handelsbeziehungen zwischen den EFTA-Staaten und Ägypten verstärkt werden. Insbesondere werden die auf Grund des im Juni 2004 in Kraft getretenen Assoziationsabkommens EU-Ägypten für die Wirtschaftsakteure der EFTA-Staaten bestehenden Benachteiligungen auf dem ägyptischen Markt weitgehend beseitigt werden. Algerien hat die Aufnahme von Freihandelsverhandlungen mit den EFTAStaaten auf Anfang 2007 verschoben.

Im Zuge der Ausdehnung der paneuropäischen Ursprungskumulation auf die Mittelmeerländer wurden die Ursprungsregeln der EFTA-Abkommen mit der Türkei (SR 0.632.317.631), Jordanien (SR 0.632.314.671), Bulgarien (SR 0.632.312.141) und Rumänien (SR 0.632.316.631) an die Euromed-Modellregeln angepasst.

Im Rahmen der bestehenden Abkommen traf sich der Gemischte Ausschuss EFTATürkei, der weitere technische Anpassungen von Abkommensbestimmungen beschloss.

Die EFTA-Staaten werden die Situation in Bezug auf die Möglichkeit zur Aufnahme exploratorischer Gespräche oder von Freihandelsverhandlungen mit weiteren Partnern in Europa und im Mittelmeerraum fortlaufend prüfen und die entsprechenden Kontakte insbesondere zu Russland, der Ukraine und Staaten in Südosteuropa weiter pflegen.

3.3.2

Beziehungen der EFTA-Staaten zu Partnern ausserhalb des Raums Europa-Mittelmeer

Im Juli wurde ein EFTA-Freihandelsabkommen mit der Südafrikanischen Zollunion (SACU)25 unterzeichnet, das nach Ratifikation durch die Vertragsparteien voraussichtlich in den ersten Monaten 2007 in Kraft treten wird (vgl. Beilage, Ziff. 8.2.1).

Das Abkommen liberalisiert den Handel mit Industrieprodukten (einschliesslich landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte sowie Fisch und andere Meerespro25

Botswana, Lesotho, Namibia, Südafrika, Swaziland.

955

dukte). Für die Dienstleistungen und den Schutz des geistigen Eigentums werden die bestehenden WTO-Verpflichtungen bekräftigt. Zudem enthält das Abkommen Evolutivklauseln für die Bereiche geistiges Eigentum, Dienstleistungen, Investitionen und öffentliches Beschaffungswesen. Die Zollkonzessionen im Bereich der landwirtschaftlichen Basisprodukte sind in bilateralen Abkommen zwischen den einzelnen EFTA-Staaten und den SACU-Staaten enthalten. Durch das Freihandelsabkommen werden die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit den Staaten der SACU verstärkt und die Benachteiligungen auf dem südafrikanischen Markt weitgehend beseitigt, die durch das seit Januar 2000 geltende Handelsabkommen zwischen Südafrika und der EU entstanden sind. Im Gegenzug werden Exporte aus den SACU-Staaten eine vertraglich garantierte Vorzugsbehandlung auf den Märkten der EFTA-Staaten geniessen.

Das umfassende Freihandelsabkommen der EFTA-Staaten mit der Republik Korea (SR 0.632.318.811; AS 2006 3731) sowie das Investitionsabkommen (SR 0.975.228.1; AS 2006 3829) und die bilateralen Abkommen über den Handel mit Landwirtschaftsprodukten (AS 2006 3766), die im Dezember 2005 unterzeichnet worden waren, sind nach Ratifikation durch alle Parteien am 1. September in Kraft getreten.

Die Freihandelsverhandlungen zwischen den EFTA-Staaten und Kanada konnten im November wieder aufgenommen werden. Es ist die Absicht der Parteien, die Verhandlungen Anfang 2007 in der Substanz abzuschliessen. Die 2005 eröffneten Freihandelsverhandlungen EFTA-Thailand wurden fortgeführt. Im Juni wurden Verhandlungen zwischen den EFTA-Staaten und den Staaten des arabischen Golfkooperationsrates (GCC)26 über ein umfassendes Freihandelsabkommen eröffnet.

Der Bericht der Gemeinsamen Studiengruppe über ein umfassendes Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Indonesien soll Anfang 2007 vorliegen.

Auf dessen Basis wird anschliessend über eine Verhandlungsaufnahme zu entscheiden sein. Anlässlich des EFTA-Ministertreffens vom 1. Dezember wurde auf Ministerebene eine Gemeinsame Studiengruppe EFTA-Indien zur Prüfung der Machbarkeit eines umfassenden Freihandelsabkommens eingesetzt. Die Studiengruppe soll ihren Bericht 2007 vorlegen. Die EFTA-Staaten haben im April bzw. im Mai Zusammenarbeitserklärungen mit Peru und Kolumbien unterzeichnet. Die durch die
Erklärungen eingesetzten Gemischten Ausschüsse haben im Oktober ihre ersten Treffen abgehalten. Sowohl Peru als auch Kolumbien haben ihr Interesse an der Eröffnung von Freihandelsverhandlungen mit den EFTA-Staaten bestätigt. Über die Verhandlungseröffnung soll in den ersten Monaten des Jahres 2007 entschieden werden.

Im Dezember haben China und Island die Aufnahme bilateraler Freihandelsverhandlungen beschlossen. Sowohl Island wie die übrigen EFTA-Staaten streben eine Ausweitung des Prozesses auf alle EFTA-Staaten an, was von China zumindest für einen späteren Zeitpunkt nicht ausgeschlossen wird.

Die EFTA-Staaten prüfen laufend die Situation in Bezug auf weitere potentielle Freihandelspartner wie ­ insbesondere ­ die Mercosur-Staaten27, Malaysia sowie weitere Staaten in Südostasien.

26 27

956

Bahrein, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate.

Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay; 2006 ist Venezuela dem Mercosur beigetreten.

Im Januar 2006 fand das erste Treffen der Gemischten Ausschusses im Rahmen des Freihandelsabkommens EFTA-Chile (SR 0.632.312.451) statt. Dieser beschloss technische Anpassungen verschiedener Abkommensbestimmungen (insbesondere eine Änderung der sogenannten «Direktversandregel» im Anhang über die Ursprungsregeln, welche künftig die Aufteilung von Warensendungen unter Zollkontrolle in einem Transitland ohne Ursprungsverlust erlauben wird.) Bezüglich verarbeiteter Landwirtschaftsprodukte wurden Anpassungen des Abkommensanhangs im schriftlichen Verfahren vorgenommen. Was die Arbeiten im Rahmen der Entwicklungsklausel über Dienstleistungen im Freihandelsabkommen EFTAMexiko (SR 0.632.316.631.1) betrifft, ist schweizerischerseits die Fertigstellung der Verpflichtungslisten an die Hand genommen worden. Die Schweiz wird sich innerhalb der EFTA für einen zügigen Abschluss der Arbeiten und eine rasche Beschlussfassung durch den Gemischten Ausschuss EFTA-Mexiko einsetzen.

3.3.3

Bilaterale Freihandelsbeziehungen der Schweiz mit Partnern ausserhalb der EU

Auf bilateraler Ebene führte die Schweiz exploratorische Gespräche über die Möglichkeit zur Errichtung von Freihandelsbeziehungen mit den USA und mit Japan.

Die Gespräche mit den USA ergaben Ende Januar 2006, dass die Bedingungen für die Aufnahme von Freihandelsverhandlungen nicht erfüllt sind. Beide Seiten erklären sich jedoch bereit, die Möglichkeit eines Freihandelsabkommens zu einem späteren Zeitpunkt wieder in Betracht zu ziehen. Um die gute Basis für die weitere vertiefte Zusammenarbeit zu nutzen, die die exploratorischen Gespräche gelegt haben, wurde im Mai ein Zusammenarbeitsforum Schweiz­USA über Handel und Investitionen ins Leben gerufen (vgl. Ziff. 6.4).

Die 2005 zur Prüfung der Möglichkeiten zur Verstärkung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen eingesetzte Gemeinsame Studiengruppe Schweiz­Japan (vgl.

Ziff. 6.6) wird ihren Bericht im Januar 2007 den Regierungen beider Seiten vorlegen. Die Studiengruppe empfiehlt die Aufnahme von Verhandlungen über ein umfassendes Freihandelsabkommen. Ein Regierungsentscheid über die Verhandlungsaufnahme wird in den ersten Monaten 2007 erwartet.

3.4

Vereinte Nationen (UNO)

Die für die Aussenwirtschaftspolitik der Schweiz relevanten Institutionen im Rahmen der Vereinten Nationen sind die Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD), die Organisation für industrielle Entwicklung (UNIDO), die mit der Kommission für nachhaltige Entwicklung (CSD) bzw. dem Folgeprozess von Rio und Johannesburg in Zusammenhang stehende Agenda 21, die Klima- und Biodiversitätskonvention sowie die Internationale Arbeitsorganisation (IAO).

957

3.4.1

UNCTAD

Die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) wurde 1964 mit Sitz in Genf gegründet und hat zum Ziel, die Entwicklungsländer über eine Stärkung des Handels in die Weltwirtschaft zu integrieren. Sie trägt innerhalb des UNO-Systems die Hauptverantwortung für die umfassende Behandlung von Fragen auf dem Gebiet Handel und Entwicklung. Die Schweiz ist Gründungsmitglied der UNCTAD.

Der 2004 verabschiedete Aktionsplan «Konsens von São Paulo» wurde einer Halbzeit-Überprüfung unterzogen. Der Prüfbericht fordert, dass die Synergien, die sich aus den Arbeiten auf den Gebieten Forschung und Analyse, politische Konsenssuche und technische Zusammenarbeit ergeben, von der UNCTAD besser genutzt werden sollten. Als wissensbasierte Institution, deren Tätigkeit auf Forschung und Analyse im Bereich Handel und Entwicklung gerichtet ist, sollte die UNCTAD vermehrt Grundlagenarbeit in den Schnittstellen Handel und Entwicklung leisten.

Zur Förderung des Handels leistet die Schweiz finanzielle Unterstützung an ausgewählte Projekte der UNCTAD, so an das regionale Programm COMPAL zur Stärkung der Wettbewerbspolitik und des Konsumentenschutzes in Lateinamerika (Bolivien, Costa Rica, El Salvador, Nicaragua und Peru) und an das Bio-TradeProgramm in den Andenländern, in Costa Rica und im südlichen Afrika. Letzteres trägt über die nachhaltige Bewirtschaftung von natürlichen Ressourcen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt bei. Auch im Investitionsbereich beteiligt sich die Schweiz an Arbeiten der UNCTAD, mit denen Entwicklungs- und Transitionsländer befähigt werden sollen, Investitionsabkommen auszuhandeln und die in solchen Abkommen vorgesehenen Streitbeilegungsverfahren mit privaten Investoren abkommensgemäss durchzuführen. Die Schweiz engagiert sich zudem in der UNCTAD für die Einführung von international anerkannten Regeln zur Rechnungslegung in Entwicklungs- und Transitionsländern.

Anfang 2006 konnten unter der Schirmherrschaft der UNCTAD die Verhandlungen über ein neues internationales Tropenholzabkommen abgeschlossen werden Die Umsetzung des Abkommens obliegt wie bisher der Internationalen Tropenholzorganisation (ITTO) mit Sitz in Yokohama (vgl. Beilage, Ziff. 8.2.2).

3.4.2

UNIDO

Die Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO) wurde 1966 gegründet und hat ihren Sitz in Wien. Das Ziel dieser Organisation ist die Förderung der nachhaltigen industriellen Entwicklung in Entwicklungsund Transitionsländern. Ferner gehört die UNIDO zu den Umsetzungsorganisationen für das Montrealprotokoll zum Schutz der Ozonschicht und für die Globale Umweltfazilität. Die Schweiz ist seit 1966 Mitglied der UNIDO und hat einen Sitz im Steuerungsausschuss (Industrial Development Board) und neu auch im Programm- und Budgetausschuss (Programme and Budget Committee).

958

Der seit Januar 2006 amtierende Generaldirektor der UNIDO, Kandeh Yumkella (Sierra Leone), hat sich zum Ziel gesetzt, in seiner ersten Amtsperiode die Tätigkeiten der Organisation auf die Schwerpunkte Armutsverminderung durch industrielle Entwicklung, Schaffung von Handelskapazitäten sowie Energie und Umwelt zu konzentrieren.

Die Schweiz arbeitet mit der UNIDO bei der Förderung von umwelteffizienten und sozial nachhaltigen Produktionsweisen mittels Umwelttechnologiezentren (Cleaner Production Centers) zusammen. Seit März 2006 steht dem Schlüsselbereich der technischen Zusammenarbeit der UNIDO (Energy and Cleaner Production Branch) ein Schweizer als Direktor vor. Ferner unterstützt die Schweiz UNIDO-Programme, die der Stärkung der Kapazitäten von Entwicklungsländern im Bereich der Industrienormen dienen. Im Berichtsjahr wurde mit Ghana ein solches Programm gestartet.

Im Rahmen eines mit Tansania laufenden Programms trafen Vertreter der tansanischen Normenvereinigung mit Experten der Schweizerischen Normenvereinigung und der METAS in der Schweiz zusammen.

3.4.3

Folgeprozess von Rio und Johannesburg

An der 1992 in Rio de Janeiro abgehaltenen UNO-Konferenz über Umwelt und Entwicklung wurden der Aktionsplan von Rio («Agenda 21») verabschiedet und die Kommission für nachhaltige Entwicklung (CSD) ins Leben gerufen. Auf diese Konferenz gehen auch das Übereinkommen über die biologische Vielfalt, das Rahmenübereinkommen über Klimaänderung sowie eine Initiative zum ökologisch sinnvollen Umgang mit Chemikalien und die Agenda 21 (nachhaltige Entwicklung) zurück. Anlässlich des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung vom September 2002 hat sich die internationale Gemeinschaft zu Massnahmen für eine stärkere Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung verpflichtet.

Im November fand in Nairobi eine Klimakonferenz statt.

Im Berichtsjahr waren die Arbeiten im Rahmen des Folgeprozesses von Rio und Johannesburg auf die Klimakonvention (SR 0.814.01) und das Kyoto-Protokoll (SR 0.814.011) ausgerichtet. Hiezu fand im November in Nairobi eine Klimakonferenz statt, an welcher ein Arbeitsprogramm verabschiedet wurde. Dieses hat die Festlegung neuer Verpflichtungen unter dem Kyoto-Protokoll nach 2012 zum Gegenstand. Damit erhalten die Emissionshandelsmärkte ein positives Signal, dass die Kyoto-Mechanismen auch nach 2012 aufrechterhalten bleiben. Die Schweiz hat sich in den Verhandlungen erfolgreich dafür eingesetzt, dass bei der Ausarbeitung des künftigen Klimaregimes auch die internationale Zusammenarbeit und die wirtschaftliche Effizienz von Massnahmen mitberücksichtigt werden.

959

3.4.4

Internationale Arbeitsorganisation (IAO)

Die IAO (Internationale Arbeitsorganisation) ist eine Sonderorganisation der UNO mit Sitz in Genf. Ihr Charakteristikum ist die Dreigliedrigkeit: in allen ihren Gremien sind ausser den Regierungen der Mitgliedstaaten stets die Sozialpartner (Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen) vertreten. Zu den Aufgaben der IAO zählt in erster Linie die weltweite Verbesserung der Lebensund Arbeitsbedingungen durch die Ausarbeitung internationaler Arbeitsnormen und die Überwachung ihrer Einhaltung. Die Bemühungen um eine weltweite Anwendung der grundlegenden Arbeitsnormen gehört zu den IAO-Haupttätigkeiten für menschenwürdige Arbeit.

Die Erreichung menschenwürdiger Arbeit und produktiver Beschäftigung für alle ist der Grundauftrag der Internationalen Arbeitsorganisation, den die Schweiz als IAOGründungsmitglied mitträgt. Richtungweisend für die Arbeiten der IAO sind vor allem die Ergebnisse der grossen UNO-Konferenzen, aber auch die diesjährige Schlusserklärung des Wirtschafts- und Sozialrats (ECOSOC), welche die Einhaltung der grundlegenden Arbeitsrechte, den Sozialschutz und den sozialen Dialog ­ allesamt strategische IAO-Ziele ­ als zentrale Elemente der Entwicklungsstrategien und der internationalen Zusammenarbeit zwischen bi- und multilateralen Entwicklungshilfeorganisationen, einschliesslich der Bretton Woods-Institutionen, festgehalten hat. Die Forderung nach einer solchen verstärkten Politikkohärenz hatte die Schweiz bereits im Rahmen des 2004 von der Weltkommission für die soziale Dimension der Globalisierung veröffentlichten Berichts unterstützt.

Der genannte Weltkommissionsbericht, die Schlussresolution des UN-Weltgipfels 2005 und die Schlusserklärung des ECOSOC von 2006 haben zur Stärkung des IAO-Mandats beigetragen. Dies wiederum verpflichtet die IAO, dass sie ihren normativen Instrumenten und ihrer grundsatzpolitischen Beratungstätigkeit zu grösserer Durchschlagskraft verhilft. Anlässlich einer für die 96. Internationale Arbeitskonferenz 2007 geplanten Grundsatzdiskussion werden die IAO-Mitgliedgruppen Gelegenheit haben, institutionelle und strategische Massnahmen zu beschliessen, damit die IAO den sich durch den Globalisierungsprozess rasch wandelnden Bedürfnissen ihrer Mitglieder wirksamer zu entsprechen vermag. Die Schweiz wird sich an dieser zukunftsträchtigen Diskussion aktiv beteiligen.

Die von der Schweiz im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit des SECO unterstützten IAO-Projekte haben sich auf dem Terrain bewährt. Dazu gehören das IAO-Projekt zur Förderung von Produktionszentren, welche exportorientierte Unternehmen in Vietnam und Indien in der Einhaltung fundamentaler Arbeits- und Sozialstandards unterstützen, sowie das auf dasselbe Ziel ausgerichtete und im Juni vom SECO weiter ausgebaute IAO-Projekt in Südafrika. Diese Projekte erleichtern den Unternehmen in diesen Ländern die Beteiligung an den globalen Produktionsketten und erhöhen ihre Wettbewerbschancen auf dem Weltmarkt.
Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zur produktiven Beschäftigung und menschenwürdigen Arbeit, zur Armutsbekämpfung und nicht zuletzt zu einer nachhaltigeren Gestaltung der Arbeitsmigration.

960

Die Umsetzung des zwischen der IAO und der Regierung Myanmars (ehemals Burma) ausgearbeiteten Aktionsplans zur Abschaffung der Zwangsarbeit ist weiterhin blockiert. Die Internationale Arbeitskonferenz vom Juni hat die Regierung Myanmars aufgerufen, raschmöglichst alle wegen Kontakten mit der IAO eingekerkerten Personen freizulassen und die diesbezüglichen Strafverfolgungen einzustellen. Zudem soll ein glaubwürdiger Kooperationsmechanismus mit der IAO zur Behandlung der wegen Zwangsarbeit eingehenden Klagen, einschliesslich der Garantien für die Sicherheit der Kläger, geschaffen werden. Je nach der Lageentwicklung in Myanmar wird der IAO-Verwaltungsrat über die weitere Zusammenarbeit mit diesem Staat befinden. Der Bundesrat hat im Juni eine Verschärfung der Sanktionen gegenüber Myanmar beschlossen (vgl. Ziff. 7.1.2.2) und damit seine Forderung nach Reformen in den Bereichen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte in Myanmar bekräftigt.

3.5

Sektorale multilaterale Zusammenarbeit im Energiebereich

Die internationale Energie-Agentur (IEA) ist eine selbständige Institution innerhalb der OECD und zählt 26 Staaten als Mitglieder. Ihre Hauptziele sind die Sicherstellung der Energieversorgung mit Erdöl sowie die Bekämpfung von Versorgungskrisen. Im Laufe ihres über dreissigjährigen Bestehens wurde die Thematik der Versorgungssicherheit im Erdölbereich um die Diversifizierung der Energieträger und um die Förderung höherer Energieeffizienz erweitert. Der am 16. April 1998 in Kraft getretene Energiecharta-Vertrag bildet den rechtlichen Rahmen zu einer gesamteuropäischen und euroasiatischen Zusammenarbeit im Energiesektor.

Die nach wie vor angespannte Lage auf dem Erdölmarkt hat im Berichtsjahr auch die Arbeiten der IEA geprägt. Den heutigen Energiemix der OECD-Staaten bezeichnet die IEA als «verletzlich, schmutzig und teuer». Bereits der G8-Gipfel von Gleneagles von 2005 hatte der IEA den Auftrag erteilt, sich verstärkt sauberen Energien zu widmen, dies unter Berücksichtigung der Lage in Entwicklungsländern. Mit dem Petersburger Gipfel vom Juli 2006, der sich mit der «Versorgungssicherheit in globalen Perspektiven» befasst hat, hat dieser Auftrag eine Erweitung erfahren. Der Verwaltungsrat hat daher Ende 2006 eine neue Strategie für die Zusammenarbeit mit Nichtmitgliedsländern beschlossen. Dabei stehen die grossen Erdölverbraucher wie China und Indien im Vordergrund. Diese sollen inskünftig auf einer ad hoc- Basis an den Beratungen der IEA teilnehmen können. Auch mit Russland wird die Zusammenarbeit gesucht, was sich jedoch als schwieriger erweist. Die IEA hat sich zudem vermehrt an internationalen Konferenzen mit energierelevanter Thematik beteiligt.

Dazu gehören vor allem die Klimakonferenzen.

Als Reaktion auf den Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine hat die IEA beschlossen, nicht nur den Ölmarkt, sondern auch den Gasmarkt systematisch zu überwachen. Im Januar 2006 hat die verstärkte Verstromung von Gas, zusammen mit den tiefen Temperaturen, in Italien eine Gaskrise verursacht, von der auch die südlichen Teile des Tessins betroffen waren.

961

Die Gasversorgungs-Sicherheit ist auch im Rahmen der Energiecharta (SR 0.730.0) zuoberst auf die Tagesordnung gerückt. Dies hat zu einer engeren Zusammenarbeit mit ähnlich ausgerichteten Organisationen geführt. So soll dieses Thema auf Initiative der Energiecharta-Institutionen hin zusammen mit der OSZE und der IEA angegangen werden. Die EU scheint die Hoffnung auf eine Ratifizierung des Energiecharta-Vertrags durch Russland ­ mit ihr hätte sich die Rechtssicherheit für ausländische Energieinvestitionen in Russland verbessert ­ aufgegeben zu haben. Es bestehen Bestrebungen für ein Partnerschaftsabkommen EU-Russland, in das die substantiellen Energiecharta-Bestimmungen einfliessen sollen.

4

Internationales Finanzsystem Das eindrückliche Wachstum der Weltwirtschaft setzt sich fort. Das Volumen der ausstehenden Kredite des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist deswegen seit Anfang 2006 erneut um 51 Prozent gesunken und liegt nun bei 32,8 Milliarden Franken. Die Schwerpunkte der IWF-Arbeiten betrafen die Umsetzung der mittelfristigen strategischen Ausrichtung der Institution und die Reform der Stimmenverhältnisse und der Quoten der IWF-Mitgliedstaaten.

In der Schweiz werden die Eigenmittelanforderungen gemäss «Basel II» im Januar 2007 in Kraft gesetzt. Des Weiteren sind von der GAFI initiierte Gesetzesanpassungen in den Bereichen Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung in Vorbereitung. In den anderen internationalen Aufsichtsbehörden hat die Schweiz aktiv zur Erarbeitung von neuen Normen und Richtlinien beigetragen.

4.1

Internationaler Währungsfonds

4.1.1

Lage der Weltwirtschaft

Der Währungsfonds hat seine Prognosen für das weltwirtschaftliche Wachstum für 2006 und 2007 auf 5,1 Prozent beziehungsweise 4,9 Prozent erhöht. Auch wenn die USA und China weiterhin die Triebkräfte sind, so ist der weltwirtschaftliche Gang inzwischen sehr breit abgestützt. Gleichzeitig besteht aufgrund der gestiegenen Inflationserwartungen, der ungewissen Ölpreisentwicklung sowie möglicher protektionistischer Tendenzen weiterhin das Risiko einer Korrektur nach unten. Bestehen bleibt ferner die Gefahr einer ungeordneten Beseitigung der weltweiten Zahlungsbilanzungleichgewichte.

Aufgrund der deutlichen Erholung der Weltwirtschaft und der herrschenden internationalen Finanzstabilität hat der Währungsfonds in jüngster Zeit keine hohen Kredite vergeben. Das Volumen der ausstehenden Kredite des IWF sank infolgedessen auf den tiefsten Stand seit zwanzig Jahren. Dies hat auch zu stark rückläufigen Zinseinnahmen geführt. Da der IWF seinen Betriebsaufwand mit diesen Einnahmen deckt, wurde eine hochkarätige Gruppe von Sachverständigen eingesetzt, die bis Anfang 2007 Empfehlungen für die langfristige Sicherstellung eines ausgeglichenen Finanzhaushalts vorzulegen hat.

962

4.1.2

Wichtigste Geschäfte im IWF

Im IWF wurde mit der Umsetzung der mittelfristigen Strategie begonnen, vor allem in den Bereichen Repräsentanz der IWF-Mitgliedstaaten und wirtschaftspolitische Überwachung. Die Diskussion der Repräsentanz im IWF mündete in eine Resolution, welche die Gouverneure des Währungsfonds mit 90,6 Prozent des Stimmengewichts annahmen. Ziel der Reform, welche innerhalb zweier Jahre durchgeführt werden soll, ist eine Ländervertretung, die den jüngsten weltwirtschaftlichen Entwicklungen Rechnung trägt und das wirtschaftliche Gewicht der Mitgliedsländer besser widerspiegelt. Die Resolution sieht ein Vorgehen in zwei Schritten vor: Als erster Schritt wurde eine sofortige Quotenerhöhung für China, Mexiko, Südkorea und die Türkei im Umfang von 1,8 Prozent beschlossen. Im zweiten Schritt soll bis zur Jahrestagung 2007 eine neue Quotenformel ausgehandelt werden. Auch wurde der Exekutivrat des IWF beauftragt, bis zur Jahrestagung 2007, spätestens aber bis zur Jahrestagung 2008, zumindest eine Verdoppelung der Basisstimmen vorzuschlagen. Schliesslich soll zum Schutz der armen Länder ein Mechanismus eingeführt werden, welcher den Anteil der Basisstimmen an den Gesamtstimmen künftig konstant hält. Die Schweiz unterstützt diese Reform, obwohl sie voraussichtlich mit einem tendenziell sinkenden Quotenanteil verbunden sein wird. Sie setzt sich daher dafür ein, dass die neue Quotenformel der internationalen Bedeutung des Finanzplatzes der Mitgliedstaaten stärker Rechnung trägt. Auch sollte die IWF-Reform nach Dafürhalten der Schweiz zu einer Stärkung der Rolle des Exekutivrates und des Internationalen Währungs- und Finanzausschusses (IMFC) führen.

Im Bereich der wirtschaftspolitischen Überwachung (Surveillance) begrüsste der IMFC die laufenden multilateralen Konsultationen des Währungsfonds mit den systemisch wichtigen Ländern und Wirtschaftsblöcken. Er sprach sich für weitere Bemühungen aus, mit denen die Analyse und Beurteilung der Wechselkurse der Mitgliedsländer verbessert werden sollen. Er beschloss, an seiner nächsten Tagung die Frage einer transparenteren Mandatsvergabe für die Surveillance erneut zu diskutieren. Ferner beriet der IMFC über Kreditlinien des Währungsfonds für Schwellenländer, welche eine solide Wirtschaftspolitik verfolgen, aber aussenwirtschaftlich noch anfällig sind. Der IMFC beauftragte den
Exekutivrat, die Ausgestaltung eines derartigen Instruments an die Hand zu nehmen und für die kommende Frühjahrstagung einen konkreten Vorschlag zu unterbreiten.

Hinsichtlich der Entwicklungsländer wurde beschlossen, elf weitere Staaten in die abschliessende Liste der hochverschuldeten armen Länder (HIPC) aufzunehmen.

Dazu zählt auch die Kirgisische Republik, ein Land aus der Schweizer Stimmrechtsgruppe, das die Zulassungskriterien erfüllt, die gestützt auf die Wirtschaftsdaten von Ende 2004 definiert wurden. Die Schweiz erachtet diesen Entscheid für richtig, weil er die allgemein anerkannten Anwendungsvoraussetzungen der HIPC-Initiative respektiert und dadurch eine gewisse Gleichbehandlung gewährleistet. Die Länder, die bei der Umsetzung ihrer IWF-Programme die Bedingungen der HIPC-Initiative erfüllen, können ausserdem in den Genuss eines Schuldenerlasses im Rahmen der Multilateralen Entschuldungsinitiative (vgl. Ziff. 5.2.1.3) kommen. Das noch ungelöste Problem der Länder mit Zahlungsrückständen beim IWF ­ Liberia, Somalia und der Sudan ­ dürfte die Gesamtkosten der Entschuldung für den IWF auf insgesamt 3,6 Milliarden Franken erhöhen. Zur Finanzierung dieser Schuldenerlasse wird der IWF voraussichtlich ab Mitte 2007 zusätzliche Mittel aufbringen müssen und zu diesem Zweck wohl mit entsprechenden Anfragen an die Geberländer, zu denen auch die Schweiz zählt, gelangen.

963

4.1.3

Finanzielle Verpflichtungen der Schweiz gegenüber dem IWF

Die gesamte Quotensumme im IWF betrug im Oktober 381 Milliarden Franken. Der Anteil der Schweiz an der Quotensumme (6,39 Mrd. Fr.) entspricht in etwa ihrem Stimmrechtsanteil im IWF. Aus der Schweizer Einlage werden vom IWF zurzeit nur 0,661 Milliarden Franken in Anspruch genommen. Dieser Betrag wird in Sonderziehungsrechten (SZR ­ Korbwährung des IWF) einbezahlt und verzinst. Den Beitrag der Schweiz an das Kapital des IWF leistet die Schweizerische Nationalbank (SNB), basierend auf einer Garantie des Bundes. Die rückzahlbaren Beiträge der Schweiz an den IWF sind in der nachstehenden Tabelle aufgelistet.

Kreditverpflichtungen der Schweiz gegenüber dem IWF per Ende Oktober 2006 In Mio. Fr., gerundet

Beansprucht

Noch beanspruchbar

Total beanspruchbar

Reserveposition beim IWF AKV und NKV Erwerb und Veräusserung von SZR Armutsverringerungs- und Wachstumsfazilität (PRGF)

661 ­ 48

5 730 2 846 691

6 391 2 846 739

221

310

531

Total Kreditbeiträge

930

9 577

10 507

Quelle: SNB

Nebst diesen Darlehen leistet die Schweiz auch «A fonds perdu»-Zahlungen an die Zinsverbilligung der PRGF (Poverty Reduction and Growth Facility ­ ein Kreditfenster für zinsverbilligte Darlehen an einkommensschwache Länder mit Zahlungsbilanzproblemen) und an die Entschuldungsinitiative von 1999 zugunsten hochverschuldeter armer Länder (HIPC). 2006 hat die Schweiz gestützt auf den Bundesbeschluss vom 11. März 1998 über die Beteiligung der Schweiz am neuen Treuhandfonds des IWF (BBl 1998 1481) Zahlungen an den PRGF-HIPC-Treuhandfonds in Höhe von 5,84 Millionen Franken geleistet. Schliesslich ist unter dem Währungshilfegesetz (SR 941.13) ein im Jahr 2000 gewährter ZahlungsbilanzhilfeKredit in Höhe von umgerechnet rund 23 Millionen Franken an Bulgarien ausstehend. Dieser wurde zur Aufstockung eines IWF-Anpassungsprogamms (Laufzeit bis 2007) gewährt.

4.2

Die Zehnergruppe (G10)

Zentrales Diskussionsthema der Tagung der Minister und der Zentralbankgouverneure der G10 war der Bericht des Vorsitzenden des G10-Stellvertretergremiums, Philipp Hildebrand, Mitglied des Direktoriums der SNB, zur zukünftigen Rolle und Organisation der Zehnergruppe. Sein Vorschlag, die G10 auch inskünftig als wichtiges Forum zum informellen Austausch zu internationalen Finanzfragen zu posi964

tionieren, wurde von allen Ländern unterstützt. Auch entschieden sich die Minister und Gouverneure, durch die Abschaffung der G10-Stellvertreter die Organisation zu straffen, und so bestehende Überschneidungen mit anderen Foren zu reduzieren. Der Dialog zu finanz- und makrorelevanten Themen wird im Rahmen des Financial Stability Forum (FSF) weitergeführt. Ab März 2007 wird die Schweiz im FSF voraussichtlich Einsitz nehmen, was ihr weiterhin die Teilnahme am direkten Dialog zur Förderung der Stabilität des internationalen Finanzsystems und der Finanzmarktüberwachung sichert. Dies ist für für den Finanzplatz Schweiz von grosser Bedeutung.

Im Übrigen befasste sich die Zehnergruppe mit der Regulierung von Finanzmärkten und deren Auswirkungen auf den internationalen Wettbewerb. Wichtig sei vor allem, die Wirkung der jüngsten regulatorischen Initiativen und deren Umsetzung auf die Effizienz der Finanzmärkte einschätzen zu können. In diesem Zusammenhang wurde wiederholt auf die Bedeutung einer einvernehmlichen Zusammenarbeit zwischen regulatorischen Behörden und Marktteilnehmern hingewiesen.

4.3

Internationale Aufsichtsgremien

4.3.1

Basler Ausschuss für Bankenaufsicht

Im Mittelpunkt der Tätigkeit des Basler Ausschusses stand weiterhin die Umsetzung der revidierten Eigenkapitalvereinbarung (Basel II). Die Abschätzung der quantitativen Auswirkungen von Basel II war Gegenstand einer fünften international angelegten Wirkungsstudie («Quantitative Impact Study 5»). Aufgrund ihrer Ergebnisse entschied der Ausschuss im Mai, an der bis dahin provisorischen Kalibrierung des Regelwerks keine Änderungen mehr vorzunehmen. Damit ist Basel II endgültig verabschiedet und wird auch in der Schweiz Anfang 2007 eingeführt werden.

Der Basler Ausschuss wird in Zukunft die Entwicklung der Basel-II-Eigenmittelanforderungen aufmerksam verfolgen. Auch wird er weiter der Frage nachgehen, wie gross der Einfluss der Konjunktur auf die bankspezifischen Basel-II-Eigenmittelanforderungen ist, um das Risiko (pro-)zyklischer Wirkungen von Basel II und insbesondere des auf internen Ratings basierenden Ansatzes zur Unterlegung von Kreditrisiken besser beurteilen zu können. Diesbezüglich besteht nach wie vor Unsicherheit.

Neben den letzten Arbeiten an Basel II revidierte der Ausschuss seine im September 1997 erstmals publizierten Kerngrundsätze für wirkungsvolle Bankenaufsicht («Core Principles for Effective Banking Supervision»), welche ­ zusammen mit der zugehörigen «Core Principles Methodology» ­ eine international anerkannte Referenz darstellen, anhand derer die Länder die Qualität ihrer Bankenaufsicht selbst beurteilen können. Die gesamten Grundlagen wurden im Oktober 2006 publiziert.

Hinzuweisen ist insbesondere auf die Anpassungen an die revidierten Empfehlungen der Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der Geldwäscherei (GAFI).

965

4.3.2

Internationale Organisation der Effektenhandelsaufseher (IOSCO)

Für die IOSCO gehört die Umsetzung des 2002 verabschiedeten Verständigungsprotokolls über die Zusammenarbeit und den weltweiten Informationsaustausch zwischen Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO Multilateral Memorandum of Understanding, MoU) nach wie vor zu den zentralen Anliegen ihrer Tätigkeit. Das MoU können nur jene IOSCO-Mitglieder vorbehaltlos unterzeichnen, die sämtliche im MoU gestellten Anforderungen und Bedingungen erfüllen (sog. A-Unterzeichner).

Der Implementierungsprozess des Memorandums soll zudem jene Mitglieder, welche die Anforderungen noch nicht erfüllen, dazu bringen, ihre jeweiligen nationalen Rechtsgrundlagen anzugleichen (sog. B-Unterzeichner). Nach Abschluss eines speziellen Prüfverfahrens wurde die Eidg. Bankenkommission im Jahre 2004 in den Anhang B des MoU aufgenommen, weil die Schweiz die Einleitung der erforderlichen Gesetzesanpassungen nachweisen konnte. Nachdem am 1. Februar 2006 die neuen Amtshilfebestimmungen des Börsengesetzes (Art. 38; SR 954.1) in Kraft getreten sind, verfolgt die Eidg. Bankenkommission nunmehr das Ziel, ihren ausländischen Partnerinstanzen aufzuzeigen, dass die Amtshilfe tatsächlich funktioniert und sie damit die Anforderungen an A-Unterzeichner erfüllt.

4.3.3

Joint Forum

Das Joint Forum ist ein zu gleichen Teilen aus Vertretern der Banken-, Effektenhandels- und Versicherungsaufsicht zusammengesetztes Gremium, in welchem für die Schweiz die EBK Einsitz nimmt. Im zehnten Jahr seines Bestehens brachte das Joint Forum 2006 zwei zur Veröffentlichung bestimmte Arbeiten zum Abschluss: Die erste mit dem Titel «The management of liquidity risk in financial groups» (Der Umgang mit dem Liquiditätsrisiko in Finanzgruppen) gibt eine Übersicht über die praktischen Finanzierungs-Herausforderungen in rund 40 grenz-, sektor- und währungsübergreifend tätigen Finanzgruppen und -konglomeraten. Die Einschätzungen der Finanzinstitutionen haben zum ersten das eigentliche Management des Liquiditäts- (Refinanzierungs-) risikos, speziell in Spannungszeiten, zum Gegenstand, zum zweiten den Einfluss regulatorischer Vorgaben auf die Praxis und organisatorischen Strukturen der Institute, zum dritten die Finanzinstrumente, welche zu erhöhtem Liquiditätsbedarf führen, zum vierten die Annahmen der Firmen betreffend verfügbare Liquidität und schliesslich die Dimension und den Zeithorizont, welche die Firmen zur Bewältigung von Liquiditäts-Schocks einplanen. Auch wenn sich Zentralbanken und Bankaufsichtsbehörden wegen der geschäftsmodellinhärenten Risiken jenes Sektors keine besonderen Sorgen zu machen brauchen, wird voraussichtlich zumindest der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht das Thema vertieft weiter verfolgen.

Die in der zweiten Arbeit «High level principles for business continuity» entwickelten Grundsätze zur Fortführung der Geschäftstätigkeit liegen im Interesse der weltweiten Finanzstabilität. Ereignisse wie Naturkatastrophen, Terroranschläge oder eine Pandemie machen die Gefahr eines Unterbruches im Finanzsystem und die Herausforderungen an eine Bewältigung solcher Krisen deutlich. Das Dokument des Joint Forum stellt einen zwischen Aufsichtsbehörden und Finanzintermediären erarbeiteten Konsens zu annehmbaren Standards in der Business Continuity auf internatio966

naler Ebene dar. Mit ihren sieben Prinzipien, die mit der Schilderung von Fällen aus der Praxis angereichert sind, richtet sich die Studie in gleicher Weise an Aufsichtsbehörden und Finanzintermediäre.

4.3.4

Internationaler Verband der Versicherungsaufsichtsbehörden (IAIS)

Der Verband hat im Berichtsjahr mehrere Kontroll-Standards im Versicherungs- und Rückversicherungsbereich geschaffen. Diese Standards sind zwar rechtlich nicht verbindlich, stellen aber Mindestanforderungen des IAIS an seine Mitglieder dar.

Die Vertreter des Bundesamtes für Privatversicherungen (BPV) haben aktiv an der Erarbeitung mitgewirkt.

Der «Standard on Asset-Liability Management» legt die Mindestanforderungen in Bezug auf die Vermögens- und Schuldenverwaltung der Versicherer fest. Er wird ergänzt durch ein Glossar sowie technische Erläuterungen. Der «Standard on Disclosure Concerning Technical Risks and Performance for Life Insurers» umschreibt die Mindestanforderungen bezüglich Offenlegung von Informationen für Lebensversicherer. Die Standards sind von zwei Leitfäden begleitet. Der eine soll Versicherer für das Thema Versicherungsbetrug und mögliche Gegenmassnahmen sensibilisieren, der andere hat neue Entwicklungen auf dem Gebiet der Rückversicherungsverträge zum Thema.

Der IAIS hat die Arbeiten für ein Rahmenwerk zur Solvenzaufsicht fortgeführt. Der erwähnte «Standard on Asset-Liability Management» ist das erste Element dieses Rahmenwerks. Ferner hat der IAIS in Zusammenarbeit mit der Weltbank eine Dokumentation für die Ausbildung im Versicherungsaufsichtsbereich herausgegeben.

4.3.5

Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der Geldwäscherei (Groupe d'action financière sur la lutte contre le blanchiment de capitaux/GAFI)

Die 40 GAFI-Empfehlungen zur Geldwäscherei, die 2003 geändert und seither durch neun Spezialempfehlungen zur Terrorismusfinanzierung ergänzt wurden, legen die internationalen Standards auf dem Gebiet der Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung fest. Die Beurteilung der Schweiz durch die GAFI im Jahr 2005 hat gezeigt, dass die schweizerische Gesetzgebung bereits zum Teil den revidierten GAFI-Empfehlungen entspricht. Dennoch sind für eine vollständige Kompatibilität mit den Empfehlungen einige Anpassungen nötig. Der Bundesrat hat deshalb im Januar 2005 einen Vorentwurf in die Vernehmlassung geschickt, deren Ergebnisse ihm Ende September 2006 unterbreitet wurden. Er beauftragte daraufhin das Eidgenössische Finanzdepartement, bis Mitte 2007 eine Botschaft vorzulegen. Zur Änderung der Insiderstrafnorm (Streichung von Art. 161 Ziff. 3 StGB)hat der Bundesrat am 8. Dezember dem Parlament eine Botschaft unterbreitet.

Die GAFI hat im Februar 2006 eine Erläuterung zur Spezialempfehlung VIII (gemeinnützige Organisationen) verabschiedet. Diese enthält namentlich einen

967

Katalog von Massnahmen, die sicherstellen sollen, dass sich gemeinnützige Organisationen nicht von terroristischen Organisationen instrumentalisieren lassen.

Im Rahmen der Mitgliederevaluationen, die im Januar 2005 gestartet wurden, hat die GAFI 2006 Dänemark, Irland, Island, Portugal, Spanien, Schweden und die Vereinigten Staaten einer Beurteilung unterzogen.

In den letzten zehn Jahren hat die GAFI am Aufbau von ihr nachgebildeten regionalen Organisationen hingearbeitet, um die wirksame Umsetzung der GAFI-Empfehlungen auf globaler Ebene voranzutreiben. Mit einer Gruppe von afrikanischen Ländern ist bereits die neunte regionale Organisation von GAFI anerkannt worden.

Zur Verstärkung der Zusammenarbeit mit den regionalen Organisationen hat die GAFI zusätzlich den Status eines assoziierten Mitglieds geschaffen. Drei solcher Organisationen (asiatisch-pazifischer Raum, der Europarat und Lateinamerika) haben bereits diesen Status.

Auf Initiative der USA wurde im Oktober beraten, ob die Bekämpfung der Finanzierung von Massenvernichtungswaffen neu in den Themenkreis der GAFI aufgenommen werden soll.

Im Berichtsjahr wurden drei Berichte über missbräuchliche Finanzierungsmethoden veröffentlicht.

Die GAFI hat die Beurteilung der nicht kooperierenden Länder und Gebiete abgeschlossen und Myanmar, das letzte verbleibende Land, aus der betreffenden Liste gestrichen. Eine im Oktober gebildete Arbeitsgruppe soll mit der Behandllung von Problemen bei der internationalen Zusammenarbeit befasst werden.

5

Wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit Die Unterstützungsmassnahmen zugunsten von Entwicklungs- und Transitionsländern sind ein wichtiger Bestandteil der Aussen- und Aussenwirtschaftspolitik der Schweiz. Die handels- und wirtschaftpolitischen Unterstützungsmassnahmen des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) ergänzen und verstärken die Instrumente der technischen Zusammenarbeit der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA). Zentrales Anliegen dieser Unterstützungsmassnahmen ist die Förderung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums und der Marktwirtschaft sowie die Integration der Partnerstaaten in die Weltwirtschaft. Hiezu dienen als Instrumente die Verbesserung der makroökonomischen Rahmenbedingungen, die Förderung des Handels, die Förderung der Investitionen sowie die Bereitstellung von Basisinfrastruktur.

968

5.1

Unterstützungsmassnahmen zugunsten von Entwicklungs- und Transitionsländern

2006 hat die Schweiz für bilaterale Projekte im Rahmen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Entwicklungs- und Transitionsländern insgesamt 234 Millionen Franken ausbezahlt, wovon 154 Millionen Franken auf Entwicklungsländer und rund 80 Millionen Franken auf Länder Osteuropas und der GUS entfielen. Das SECO war 2006 in 22 Schwerpunktländern tätig (12 Entwicklungsländer, 10 Länder aus Osteuropa/GUS), vier weniger als im Vorjahr (China, Indien, Russland und Usbekistan). An die multilateralen Finanzierungsinstitutionen wurden im Berichtsjahr Zahlungen im Umfang von 303 Millionen Franken geleistet.

Im Oktober verabschiedeten die eidgenössischen Räte das Zollpräferenzengesetz, womit das allgemeine Schema zur Gewährung von Zollpräferenzen für Entwicklungsländer weitergeführt werden kann. Das Gesetz und die neue Zollpräferenzenverordnung treten am 1. März 2007 in Kraft. Im Zusammenhang mit dem schweizerischen Beitrag an die Verringerung der Ungleichheiten in der erweiterten EU wurden zahlreiche Vorarbeiten geleistet, die 2007 auf der Grundlage des neuen Osthilfegesetzes eine rasche Aufgleisung von entsprechenden Projekten ermöglichen sollten.

5.1.1

Entwicklungsländer

5.1.1.1

Makroökonomische Unterstützung

Bei der makroökonomischen Unterstützung steht die Förderung von stabilen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zur Ankurbelung von Wachstum und Investitionen in unseren Partnerländern im Zentrum. Das Ziel einer stabilen Bud-get-, Geldund Finanzsektorpolitik in den Partnerländern ­ alles unabdingbare Voraussetzungen für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum und eine bessere Integration dieser Länder in die Weltwirtschaft ­ bestimmt die drei Interventionsachsen. Bei den Instrumenten der Finanzhilfe (Budgethilfe und Entschuldung) steht der Politikdialog über die umzusetzenden wirtschaftlichen Reformen im Vordergrund. Daneben engagiert sich die Schweiz mittels technischen Hilfsprogrammen für die Stärkung der technischen und institutionellen Kapazitäten in zentralen wirtschaftspolitischen Bereichen.

Im Berichtsjahr hatte die Schweiz in drei gemeinsam mit anderen Gebern geführten Budgethilfeprogrammen (Burkina Faso, Nicaragua, Tansania) den Vorsitz inne. Die Ausübung dieser Funktion verhilft der Schweiz als relativ kleiner Gebernation zu hoher Visibilität und bietet Gelegenheit, wichtige Anliegen in die Diskussion einzubringen. Dazu zählen die Erhöhung der Wirksamkeit der Hilfe, die Verbesserung der Budgettransparenz, der Abbau von Transaktionskosten durch verstärkte Harmonisierung und die Korruptionsbekämpfung. Die mit den fünf Empfängerländern von Budgethilfe vereinbarten Leistungsindikatoren wurden 2006 grösstenteils erfüllt.

Dies erlaubte die Auszahlung der schweizerischen Beiträge an Burkina Faso (8 Mio.

Fr.), Ghana (8,1 Mio. Fr.), Mosambik (8,5 Mio. Fr.), Nicaragua (6,5 Mio. Fr.) und Tansania (6 Mio. Fr.). Daneben hat sich die Schweiz aktiv an einer unabhängigen 969

Evaluation der Budgethilfe im Rahmen der OECD/DAC beteiligt. Die Evaluation hat bestätigt, dass die Budgethilfe als zentrales Instrument zur Erhöhung der Effektivität der Hilfe zu werten ist. In Ländern, wo gewisse Grundbedingungen wie makroökonomische Stabilität oder die Einhaltung grundlegender demokratischer Prinzipien gewährleistet sind, kann die Budgethilfe komplementär zur Projekthilfe einen positiven Beitrag zur Armutsbekämpfung und der Förderung wirtschaftlicher Entwicklung leisten. Ein vom SECO organisiertes internationales Symposium gab Gelegenheit zu einer breiten Diskussion über die Vorzüge und Herausforderungen der Budgethilfe. Als unverzichtbare Ergänzung zur Budgethilfe wurden die Programme zur Stärkung der institutionellen Kapazitäten in Bereichen wie öffentliche Haushaltführung, Einnahmen- und Fiskalpolitik und Schuldenmanagement in den genannten Ländern weitergeführt.

Die Schweiz beteiligt sich weiterhin an der globalen Entschuldungsinitiative für arme, hochverschuldete Länder (HIPC-Initiative). Die erfolgreiche Umsetzung der für den HIPC-Schuldenerlass notwendigen wirtschaftlichen und strukturellen Reformen (u.a. Ausarbeitung einer Strategie zur Bekämpfung der Armut) ist eine Voraussetzung für die weiterführende Entschuldung im Rahmen der multilateralen Entschuldungsinitiative. Das von den Bretton Woods-Institutionen entwickelte neue Schuldenanalysekonzept (Debt Sustainability Framework) wurde im Berichtsjahr erfolgreich angewendet. Ausgehend von diesem Rahmenwerk soll in Zukunft entschieden werden, in welchem Umfang ein Land zinsverbilligte Kredite bzw.

Zuschüsse erhalten soll. Die Schweiz unterstützt das neue Rahmenwerk für die Beurteilung der Schuldennachhaltigkeit, da es einen vorwärtsgerichteten Ansatz zur Beurteilung der Aussenverschuldung verfolgt und damit die Voraussetzungen schafft, um ein erneutes Abgleiten in die Überschuldung zu vermeiden.

5.1.1.2

Zusammenarbeit im Finanzsektor

Im Finanzsektor wurden im Berichtsjahr Verhandlungen zur zweiten Phase der von der Schweiz, der Weltbank, dem IWF, Grossbritannien, den Niederlanden, Kanada und Schweden gemeinsam getragenen Financial Reform and Strengthening Initiative (www.firstinitiative.org) geführt. Mit dem Programm werden technische Unterstützungsmassnahmen im Finanzsektorbereich, z.B. zur Stärkung der Banken- und Finanzinfrastrukturüberwachung, oder der Regulierung im Versicherungsbereich realisiert. Die Struktur der Initiative ermöglicht es den Empfängerländern, mittels technischer Hilfe die Empfehlungen von Weltbank und IWF im Rahmen der Financial Sector Assessment Programs rasch umzusetzen. Diese Projekte tragen dazu bei, dass international anerkannte Standards implementiert und somit die Berechenbarkeit und Transparenz der Finanzmarktrahmenbedingungen in Entwicklungs- und Transitionsländern erhöht wird. Auf bilateraler Ebene hat die Schweiz ihr Engagement zur Stärkung der Kapazitäten im Finanzsektor mittels Ausbildungsprogrammen im Bank- und Kapitalmarktbereich ausgebaut. Die technische Unterstützung zugunsten der Zentralbanken von Vietnam, Tansania und Aserbaidschan wurde weitergeführt bzw. mit Peru neu aufgenommen.

970

5.1.1.3

Handelsrelevante Entwicklungszusammenarbeit

In Bezug auf die handelsrelevante Entwicklungszusammenarbeit standen im Berichtsjahr die Schaffung einer neuen Rechtsgrundlage für das Allgemeine Präferenzenschema und auf internationaler Ebene die Verhandlungen für ein WTOEntwicklungspaket, Aid for Trade, im Vordergrund. Der Bundesbeschluss über die Gewährung von Zollpräferenzen zugunsten der Entwicklungsländer (Zollpräferenzenbeschluss) ist bis zum 28. Februar 2007 befristet (AS 1997 374). Zur Weiterführung der Zollpräferenzen unterbreitete der Bundesrat am 1. März 2006 eine Botschaft über ein Bundesgesetz zur Änderung des Bundesbeschlusses über die Gewährung von Zollpräferenzen zugunsten der Entwicklungsländer (BBl 2006 2963). Die Räte stimmten am 6. Oktober dem Zollpräferenzengesetz zu. Es wird zusammen mit einer neuen Zollpräferenzenverordnung am 1. März 2007 in Kraft treten. Die in der Verordnung festgelegten Zollkonzessionen verschaffen den am wenigsten fortgeschrittenen Entwicklungsländern einen zoll- und kontingentsfreien Zugang für ihre Produkte zum Schweizer Markt.

Die von Generaldirektor Lamy an der 6. WTO-Ministerkonferenz in Hong Kong im Dezember 2005 lancierte Aid for Trade-Initiative zielt auf die Bereitstellung zusätzlicher Mittel für die handelsrelevante Entwicklungszusammenarbeit ab. Vor allem die ärmeren Entwicklungsländer sollen in ihren Bestrebungen unterstützt werden, aktiver an den WTO-Verhandlungen teilzunehmen, ihre Exportkapazitäten zu erhöhen und für den Handel bessere Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Schweiz beteiligt sich an dieser Initiative, weil diese die Entwicklungsländer und das WTORegelwerk stärkt, komplementär zu den SECO-Massnahmen im Bereich der handelsrelevanten Entwicklungszusammenarbeit ist und die Koordination der Geberländer verbessert. Die Schweiz lehnt jedoch die Schaffung eines zusätzlichen internationalen Fonds für die handelspolitische Unterstützung ab.

Ergänzend zur Förderung von Nischenproduktionen aus Entwicklungsländern (Fairer Handel, Bio-Produkte) engagiert sich die Schweiz vermehrt in Projekten, welche die Nachhaltigkeit bei der allgemeinen Produktionsweise fördern (Mainstreaming).

Nur die Einhaltung von grundlegenden Qualitäts-, Sozial- und Umweltstandards sichert längerfristig den Marktzugang in Hochpreismärkte. Die Mindestkriterien werden gemeinsam mit Vertretern der verschiedenen
Interessengruppen der gesamten Wertschöpfungskette ­ Produzenten aus Entwicklungsländern, Vertreter des Gross- und des Detailhandels und der Nahrungsmittelindustrie ­ sowie Nichtregierungsorganisationen erarbeitet. Die Schweiz unterstützt mehrere solcher globaler Initiativen, so beispielsweise die Erarbeitung eines globalen Nachhaltigkeitskodexes im Kaffeebereich (Common Code for the Coffee Community).

5.1.1.4

Investitionsförderung

Im Bereich der Investitionsförderung wurden über die Swiss Organisation for Facilitating Investments (SOFI) Investitionsprojekte von Schweizer Firmen und solchen aus dem OECD-Raum in den Partnerländern durch gezielte Informations- und Kontaktvermittlung sowie Beratungsdienstleistungen unterstützt. SOFI leistet Beratungsdienste für rund 300 Projekte pro Jahr mit einem Investitionsvolumen von ca.

100 Millionen Franken. Zur Hauptsache sind die SECO-Aktivitäten jedoch auf die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen und die Förderung von 971

KMU in den Partnerländern ausgerichtet. Ein Schwerpunkt bildet dabei die Unternehmensfinanzierung über Finanzintermediäre, die von der Entwicklungsfinanzierungsgesellschaft Sifem AG (Swiss Investment Fund for Emerging Markets) im Auftrag des SECO abgewickelt wird. Im Berichtsjahr wurden sechs Beteiligungen im Umfang von 43 Millionen Franken bewilligt und damit das Engagement des SECO bei der Mobilisierung von Privatinvestitionen in Afrika, Asien und Lateinamerika weiter verstärkt. Gleichzeitig wurden im Rahmen der strategischen Partnerschaft mit der International Finance Corporation (IFC) mehrere Projekte lanciert, die auf die Verbesserung des Geschäftsumfelds und der Stärkung der lokalen Finanzmärkte in Afrika sowie der erleichterten Unternehmensgründung und -registrierung in Lateinamerika abzielen.

5.1.1.5

Infrastrukturfinanzierung

In der Infrastrukturfinanzierung stand der Ausbau des Programms für ärmere Entwicklungsländer im Vordergrund, dies als Ergänzung des weiter reduzierten Mischfinanzierungsprogramms. Es wurden neue Wasserprojekte in Tansania und Nicaragua ausgewählt, die zusammen mit multilateralen Partnern durchgeführt werden. So soll z.B. in Nicaragua mit der Instandstellung der städtischen Trinkwasser- und Abwassernetze und der Unterstützung der Sanierung und Reorganisation der Wassergesellschaft eine nachhaltige Verbesserung der Versorgung erreicht werden. Im Rahmen des Wasserprojekts in El Alto, das in Form einer öffentlich-privaten Partnerschaft durchgeführt wird, konnte eine erste Phase mit der Erstellung von Trinkwasser-Standleitungen beendet werden. Die Weiterführung des Projekts bleibt unklar, da die Stadt die notwendigen Grundstücke noch nicht bereit stellen konnte und noch keine Klarheit über die Zukunft der privatisierten Wassergesellschaft besteht.

Aktive Mischfinanzierungslinien bestehen nur noch mit einigen wenigen wirtschaftlich fortgeschritteneren Ländern wie Ägypten, Jordanien, Tunesien und Vietnam. In China und Guatemala wird die Beendigung der letzten Projekte vorangetrieben.

Finanziert werden lediglich nicht-kommerzielle Projekte in den Bereichen Gesundheit und Umwelt. Im Berichtsjahr wurden insbesondere Eisenbahn- (Vietnam, Tunesien) und Abwasserprojekte (Vietnam, China) initiiert. Beim Eisenbahnprojekt in Vietnam geht es darum, das Leitsystem zu modernisieren und damit die Produktivität und Kapazität von mehreren Stationen entlang der wichtigsten Eisenbahnlinie des Landes zu erhöhen und die Verkehrssicherheit zu verbessern.

5.1.2

Osteuropa und die GUS

5.1.2.1

Infrastrukturfinanzierung

Das wichtigste Instrument der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Osteuropa und der GUS ist die Infrastrukturfinanzierung. Mit der Instandstellung und Modernisierung der Basisinfrastruktur wird ein Beitrag an die Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung sowie an die Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Entwicklung und Wachstum geleistet.

972

Das Unterstützungsprogramm konzentriert sich in erster Linie auf die Sektoren Energie und Wasser, enthält aber je nach Entwicklungsstand und nationalen Prioritäten auch Projekte im Abfall- und Transportbereich. Die Projekte im Energiesektor ­ sowohl Elektrizität als auch Fernwärme ­ sind mehrheitlich auf Verbesserung der Energieeffizienz ausgerichtet und leisten einen wesentlichen Beitrag zur Nachhaltigkeit der Energieversorgung in diesen Ländern. Im Wassersektor werden neben den Investitionen in die Versorgungs- und Entsorgungsnetze auch Aktivitäten zur Verbesserung des Wasserressourcenmanagements finanziert. Grundsätzlich werden technische und bauliche Massnahmen an den Infrastrukturanlagen ergänzt durch finanziell-organisatorische Unterstützung auf der Ebene der Versorgungsbetriebe sowie durch sektorpolitische Beratung. Um eine grössere Wirkung zu erreichen und Synergien optimal zu nutzen, werden die Projekte eng mit den Partnerregierungen abgestimmt und in vielen Fällen gemeinsam mit anderen Gebern durchgeführt. So wurde beispielsweise ein neues Energieprojekt mit der Weltbank in Tadschikistan gestartet. Es zielt auf die Verbesserung der Energieeffizienz und die Erreichung eines kostendeckenden Betriebes der staatlichen Energiegesellschaft ab. Damit wird das laufende mit der Asiatischen Entwicklungsbank kofinanzierte Projekt sinnvoll ergänzt und die Voraussetzungen für spätere private Investitionen in diese Sektoren geschaffen. In Rumänien wurde ­ als Abschluss der Zusammenarbeit mit diesem Land ­ mit der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) ein Fernwärmeprojekt mit einer bereits integrierten Komponente zur Einführung moderner Managementstrukturen lanciert. In Kosovo wurde ein Projekt zur Entwicklung der Wasserressourcen in der Region Gjilan gestartet, welches auch zur Bewirtschaftung der Wasserressourcen in ganz Kosovo beiträgt und damit eine wichtige Grundlage für eine nachhaltige Nutzung der Ressourcen schafft. In allen diesen Projekten kommen grundsätzlich schweizerische Unternehmen und schweizerische Produkte zum Zug.

5.1.2.2

Makroökonomische Unterstützung

Im Bereich der makroökonomischen Unterstützung wurden im Berichtsjahr die Projekte zum Aufbau einer verbesserten Geldpolitik in Aserbaidschan fortgeführt.

Zur Stärkung der Zahlungsverkehrssysteme ist ein weiteres Projekt geplant. Drei Länder der Schweizer Stimmrechtsgruppe bei der Weltbank und dem IWF ­ Aserbaidschan, die kirgisische Republik und Tadschikistan ­ erhalten Unterstützung für die Bewirtschaftung der Schulden. Damit verbessern sich die Rahmenbedingungen zur Kapitalaufnahme im Rahmen eines vom IWF geleiteten Projekts.

5.1.2.3

Handelsrelevante Zusammenarbeit

Einzelne Länder der Schweizer Stimmrechtsgruppe bei den Bretton Woods-Institutionen ­ Aserbeidschan, Montenegro, Serbien und Tadschikistan ­ werden weiterhin im Rahmen des WTO-Beitrittprozesses unterstützt. Dabei hilft die Schweiz den Partnerländern bei der Analyse der Auswirkungen eines Beitritts zur WTO auf einzelne Wirtschaftssektoren und verschafft damit diesen Ländern bessere Voraussetzungen für die WTO-Beitrittsverhandlungen. Die Zusammenarbeit bindet Verantwortungsträger aus Regierung und Privatsektor, Parlamentarier und Wissenschaf-

973

ter sowie Vertreter von Nichtregierungsorganisationen und der Zivilgesellschaft in den Beitrittsprozess ein.

5.1.2.4

Investitionsförderung

Das Engagement bei der Mobilisierung von langfristigem Kapital für KMU wurde durch Beteiligungen im Umfang von 19 Millionen Franken an zwei regionalen Risikokapitalfonds für den Balkan weiter verstärkt. Diese Investitionen wurden durch die Sifem AG im Auftrag des SECO getätigt. Schliesslich wurden im Rahmen der strategischen Partnerschaft mit der International Finance Corporation (IFC) in Zentralasien zwei Projekte bewilligt, welche die Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Privatsektor zum Ziel haben.

5.2

Multilaterale Finanzierungsinstitutionen

Die multilateralen Finanzierungsinsitutionen spielen im Kampf gegen die Armut eine zentrale Rolle. Die Stärke der multilateralen Institutionen liegt darin, dass sie weltweit gültige Normen und Standards setzen, eine Vielzahl von Akteuren koordinieren und komplexe internationale Probleme angehen und bewältigen können. Die Schweiz ist als Mitgliedstaat sowie über ihre finanziellen Beiträge direkt an diesen Institutionen beteiligt und bringt ihre entwicklungspolitischen Positionen wirksam im multilateralen System ein28.

5.2.1

Weltbankgruppe

Die Weltbankgruppe besteht aus der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD), der Internationalen Entwicklungsagentur (IDA), der Internationalen Finanzgesellschaft (IFC) und der Multilateralen Investitionsgarantieagentur (MIGA). Der Beginn der Umsetzung der multilateralen Entschuldungsinitiative nahm im Berichtsjahr einen zentralen Stellenwert ein. Neben den Aktivitäten zur Förderung der Investitionen im Bereich der sauberen Energie standen die Arbeiten zur Stärkung der guten Regierungsführung und Korruptionsbekämpfung im Vordergrund.

Mit Michel Mordasini, zuvor stellvertretender Leiter des Leistungsbereichs Wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit im SECO, hat am 1. November ein neuer Exekutivdirektor den Schweizer Vorsitz der Stimmrechtsgruppe bei der Weltbankgruppe übernommen. Der scheidende Exekutivdirektor Pietro Veglio hatte dieses Amt seit 1. April 2002 ausgeübt.

28

974

Eine Aufstellung des finanziellen Engagements der Schweiz in den multilateralen Entwicklungsbanken findet sich in der Beilage, Ziff. 8.1.1.

5.2.1.1

Gute Regierungsführung und Korruptionsbekämpfung

Gute Regierungsführung und Korruptionsbekämpfung bildeten die Hauptthemen der Jahresversammlung der Institutionen von Bretton Woods, die im September in Singapur stattfand. Die Weltbank präsentierte bei dieser Gelegenheit eine neue Strategie für eine bessere Integrierung dieser Themen in ihre Hilfsprogramme. Gute Regierungsführung und Korruptionsbekämpfung sollen in den Länderstrategien stärker berücksichtigt und die Instrumente der Zusammenarbeit sowie die Kreditvolumen sollen, wo angezeigt, entsprechend angepasst werden. Die Umsetzung der Strategie wird auf die Tätigkeiten anderer bilateraler und multilateraler Partner abgestimmt und erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft.

Die Schweiz begrüsste die wegweisende Rolle der Weltbank auf diesem Gebiet und unterstützte den neuen strategischen Ansatz. Die Strategie müsse noch verfeinert und von Richtlinien begleitet werden. Es sei wichtig, dass die Entscheide der Weltbank auf klaren und transparenten Kriterien beruhten und dass eine gleichwertige und kohärente Behandlung aller Länder gewährleistet sei. Die Weltbank wird an der Früjahrstagung 2007 einen Bericht über die erzielten Fortschritte vorlegen.

5.2.1.2

Aktivitäten im Bereich Klimawandel und saubere Energie

Anlässlich des G8-Gipfels im Juli 2005 wurde die Weltbank aufgerufen, ein Rahmenwerk zur Förderung der Investitionen im Bereich der sauberen Energie und Energieeffizienz zu entwickeln. Die Weltgemeinschaft steht vor der grossen Herausforderung, der wachsenden Energienachfrage in den Entwicklungsländern gerecht zu werden und gleichzeitig erneuerbare Energien zu fördern. Dabei ist zu bedenken, dass die Auswirkungen des Klimawandels (Überschwemmungen, Trockenheit usw.)

namentlich die Entwicklungsländer mit zusätzlichen und neuen Problemen konfrontiert. An der Frühjahrstagung der Weltbank im April wurde ein erster Bericht zu diesem Vorhaben diskutiert. Die Weltbank wurde aufgefordert, bestehende Finanzierungsinstrumente zu überprüfen und falls notwendig neue Instrumente zu entwickeln, um Investitionen in diesem Bereich anzukurbeln. Man ist sich allerdings bewusst, dass der Investitionsbedarf zum Ausbau und zur Erneuerung der gesamten Energieinfrastruktur in den Entwicklungsländern überaus gross ist und die Möglichkeiten der multilateralen Finanzierungsinstitutionen bei weitem übersteigt. Vor diesem Hintergrund wurden auch die Entwicklungsländer aufgerufen, die notwendigen institutionellen und regulatorischen Reformen vorzunehmen, um ein günstiges Klima für internationale und nationale Investitionen zu schaffen. Auch die regionalen Entwicklungsbanken haben dieses Thema zur Priorität erklärt und Initiativen lanciert.

Die Schweiz bejaht die von der Weltbank vorgeschlagenen Massnahmen, tritt aber dafür ein, dass bereits bestehende Instrumente (wie der Globale Umweltfonds ­ GEF) ebenfalls miteinbezogen werden müssen. Aus Sicht der Schweiz sollte sich die Weltbank auf Bereiche konzentrieren, in denen sie einen komparativen Vorteil aufweist, wie z.B. die Förderung von Pilotprojekten im Bereich der erneuerbaren Energien.

975

5.2.1.3

Umsetzung der multilateralen Entschuldungsinitiative

Am 1. Juli ist mit der Durchführung der multilateralen Entschuldungsinitiative begonnen worden. Mit dieser soll den ärmsten Entwicklungsländern einen Erlass ihrer Schulden gegenüber der Internationalen Entwicklungsagentur (IDA), dem Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) gewährt werden. Die Gesamtkosten der Entschuldungsinitiative, welche sich über die nächsten 40­50 Jahre erstrecken wird, betragen für die IDA rund 37 Milliarden Dollar und für den ADF rund 9,1 Milliarden Dollar. Diese Zahlen beruhen auf der Annahme, dass alle 40 für den Schuldenerlass in Frage kommenden Länder die Voraussetzungen für die Initiative erfüllen. Bezüglich der Modalitäten der Initiative war aus Sicht der Mitgliedstaaten entscheidend, dass die finanzielle Kapazität der betroffenen internationalen Finanzierungsinstitutionen durch den Schuldenerlass nicht geschwächt wird. Es wurde daher beschlossen, die anfallenden Ausstände gegenüber IDA und ADF über zusätzliche Beitragsleistungen der Mitgliedstaaten laufend zu decken. Der Schuldenerlass wird begleitet von Massnahmen zur Stärkung des Budgetmanagements und zur Verbesserung der Kohärenz zwischen den nationalen Entwicklungsstrategien (PRS) und den staatlichen Budgets. Ziel ist es, durch eine nachhaltige Budget- und Finanzpolitik eine erneute Überschuldung in den begünstigten Ländern zu verhindern.

5.2.1.4

Privatsektoraktivitäten der Weltbankgruppe

Die Internationale Finanzgesellschaft (IFC), der Privatsektorarm der Weltbank, verzeichnete im Berichtsjahr erste Fortschritte bei der Umsetzung des ehrgeizigen Wachstumsplans, der im Vorjahr vom Verwaltungsrat verabschiedet worden war.

Der Plan sieht eine Ausweitung des Geschäftsvolumens um 50 Prozent über drei Jahre vor, wobei die quantitativen Ziele im Fiskaljahr 2005/06 bereits übertroffen wurden. Im Rahmen dieser Entwicklung bewilligte der Verwaltungsrat eine Budgeterhöhung um 11,7 Prozent für das laufende Fiskaljahr 2006/07 sowie eine Stärkung des Personal- und Risikomanagements. Des Weiteren hat die IFC Anstrengungen zu höherer Wirksamkeit und Nachhaltigkeit ihrer Projektarbeit unternommen. So arbeitet die IFC seit Februar auf der Grundlage revidierter Umwelt- und Sozialstandards, welche weltweit von über 40 Finanzinstitutionen im Rahmen ihrer Projektfinanzierungsgeschäfte übernommen wurden.

Die Multilaterale Investitionsgarantieagentur (MIGA) erreichte eine weitere Diversifikation des Portfolios in Bezug auf Länder, Sektoren und Kunden. Allerdings blieb der betriebliche Ertrag hinter den Erwartungen zurück. Die Frage, ob die Eigenständigkeit der Agentur weiterhin gerechtfertigt sei, bleibt aktuell.

5.2.2

Regionale Entwicklungsbanken

Die Afrikanische, die Asiatische und die Interamerikansiche Entwicklungsbank sind mehrheitlich im Besitz der Mitgliedstaaten aus der jeweiligen Region und weisen daher einen spezifisch regionalen Charakter auf. Sie spielen eine zentrale Rolle in der regionalen Zusammenarbeit und sind für viele Staaten einer der wichtigsten Kreditgeber. Bei allen drei Institutionen haben die neuen Präsidenten im Berichts976

jahr eine umfassende organisatorische und strategische Neuorientierung in die Wege geleitet.

5.2.2.1

Afrikanische Entwicklungsbank

Das Berichtsjahr war von einem umfassenden Wechsel an der Spitze der Bank geprägt. Präsident Donald Kaberuka (Ruanda) ersetzte in seinem ersten Amtsjahr beinahe das gesamte obere Management. Dieser Schritt war einschneidend und hatte Folgen für die Aktivitäten und das Kreditvolumen der Bank, wurde jedoch von den meisten Mitgliedstaaten als notwendig erachtet und begrüsst. Der neue Präsident bemühte sich, den unter seinem Vorgänger eingeleiteten Reformprozess zu konsolidieren. Nachdem in der Vergangenheit die finanzielle Sanierung der Bank im Vordergrund gestanden hatte, konzentrierte er sich auf eine Reorganisation der internen Strukturen der Bank mit dem Ziel, den Länderfokus und die Dezentralisierung zu verstärken und die Projektumsetzung zu verbessern.

Die Afrikanische Entwicklungsbank beteiligt sich an der Multilateralen Entschuldungsinitiative. Im April des Berichtsjahres wurde beschlossen, die Schulden von 33 Staaten beim Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF) in der Höhe von ungefähr 9,1 Milliarden Dollar zu erlassen. Die Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, die Kosten für diesen Schuldenerlass zu übernehmen, um die finanzielle Stabilität des ADF zu erhalten.

5.2.2.2

Asiatische Entwicklungsbank

Es war das erklärte Ziel von Bankpräsident Haruhiko Kuroda (Japan) bei seinem Amtsantritt im Februar 2005, die Asiatische Entwicklungsbank strategisch neu auszurichten und an die rasanten Veränderungen in der Region anzupassen. Nach längeren Diskussionen wurde im Mai ein neuer mittelfristiger Strategierahmen für die Jahre 2006­2008 verabschiedet. Darin werden fünf Prioritäten für die Aktivitäten der Bank in den kommenden Jahren festlegt. Im Vordergrund stehen die Privatsektorentwicklung sowie die Förderung der regionalen Zusammenarbeit und Integration. Weiter wird ein Wirtschaftswachstum angestrebt, das alle Bevölkerungsschichten einschliesst. Sodann sollen die Bemühungen im Bereich der guten Regierungsführung und Korruptionsbekämpfung verstärkt und insbesondere bei Energieprojekten eine nachhaltige und umweltverträgliche Entwicklung erreicht werden. Ende 2008 wird überprüft, ob die Zielvorgaben erreicht worden sind.

5.2.2.3

Interamerikanische Entwicklungsbank

Anlässlich der Jahresversammlung der Interamerikanische Entwicklungsbank (IDB) im April wurde ein Gouverneursausschuss beauftragt, Verhandlungen über einen Schuldenerlass zu Gunsten der vier HIPC-Länder in Lateinamerika und der Karibik (Bolivien, Guyana, Honduras, Nicaragua) und Haiti aufzunehmen. Gleichzeitig wurde die Bank eingeladen Vorschläge zu unterbreiten, wie sie diesen Ländern ohne Gefährdung ihrer finanziellen Stabilität die Schulden von ca. 3,5 Milliarden Dollar erlassen könnte. Bei den ersten zwei Treffen des Ausschusses konnten die Mit977

gliedsstaaten noch keinen Konsens erreichen, da in Bezug auf die verschiedenen Finanzierungsszenarien unterschiedliche Standpunkte vertreten wurden.

Im Oktober hat der Präsident der IDB einen ersten umfassenden Vorschlag zur Reorganisation der Bank unterbreitet. Grundlegende Ziele der Reorganisation sind die Steigerung der Effizienz sowie der Entwicklungswirksamkeit der Bank. Diese Ziele sollen insbesondere durch eine gestraffte Führungsstruktur, ein ergebnisorientiertes Management und die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen an die Büros in der Region erreicht werden.

5.2.3

Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD)

Der Gouverneursrat der EBRD verabschiedete anlässlich der Jahresversammlung die strategische Ausrichtung der Bank für die nächsten fünf Jahre. Der Strategieplan sieht einen Ausbau der Aktivitäten der Bank im Balkan und in den Staaten der GUS sowie den Rückzug aus Zentraleuropa vor. Der Verabschiedung des Strategiepapiers waren mehrmonatige, intensive Diskussionen im 23-köpfigen Direktorium der Bank vorausgegangen, wobei der Fahrplan für den Rückzug aus den neuen EU-Staaten im Mittelpunkt stand. Im erzielten Konsens geht man davon aus, dass die neuen EU-Mitgliedsländer über die nächste Planungsperiode ihren Status als Empfängerland aufgeben werden und der Anteil aller zentraleuropäischer Staaten am Geschäftsvolumen der Bank von 41 Prozent in (2005) auf rund 6 Prozent in 2010 zurückgehen wird. Die Schweiz begrüsste die Neuausrichtung der Bank auf die ärmeren Transitionsländer. Sie wertete die Ankündigungen von Estland, Slowenien, der Tschechischen Republik und Ungarn, bis im Jahre 2010 zu graduieren, als Zeichen des Erfolgs. Die Umsetzung der Neuausrichtung wird Anpassungen am Geschäftsmodell der Bank erfoderlich machen, wobei sie sich auf eine starke finanzielle Position stützen kann.

Die Schweiz beteiligt sich im Bereich der nuklearen Sicherheit an fünf Fonds, die von der EBRD verwaltet werden: dem Nuclear Safety Fonds (NSA), dem Chernobyl Shelter Fonds (CSF) und drei Decommissioning Fonds (IDSF). Bisher hat die Schweiz insgesamt 41,5 Millionen Franken einbezahlt. Unter den IDSF werden Projekte zur Stilllegung der Kernkraftwerke in Kozloduy (Bulgarien), Iglania (Litauen) und Bohunice (Slowakei) durchgeführt. Diese Arbeiten verlaufen planmässig. In Projekten des NSA für die Verbesserung der Sicherheit von Kernkraftwerken in Osteuropa und Russland führten technische Probleme beim Bau von Zwischenlagern für radioaktive (flüssige und feste) Abfälle zu weiteren Verzögerungen. Im Zentrum der Arbeiten unter dem CSF steht die Erstellung einer neuen Schutzhülle über den 1986 zerstörten Reaktor 4 des Atomkraftwerkes in Tschernobyl. Mit dem Bau der Schutzhülle kann voraussichtlich im Jahr 2007 begonnen werden.

978

6

Bilaterale Beziehungen Schweizerische Wirtschaftsmissionen nach Ägypten, Indien, Jordanien, Kuwait, Litauen, Malaysia, Polen, Saudi-Arabien, Spanien, Thailand und Vietnam dienten dazu, die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zu stärken und die Anliegen der Wirtschaft zur Geltung zu bringen. Im Mai wurde zwischen der Schweiz und den USA ein Kooperationsforum für Handel und Investitionen geschaffen. Mit Aserbaidschan, Kenia und Kolumbien wurden Investitionsschutzabkommen abgeschlossen.

6.1

Westeuropa

Als Nichtmitglied der EU ist es für die Schweiz besonders wichtig, in bilateralen Kontakten auf Regierungsebene die schweizerische Politik im europäischen Integrationsprozess darzulegen, bilaterale Wirtschaftsprobleme zu erörtern und die Position in multilateralen Foren, namentlich der WTO, zu besprechen.

Im Januar 2006 traf der Vorsteher des EVD in Berlin den deutschen Wirtschaftsminister Michael Glos. Im Februar empfing er den liechtensteinischen Wirtschaftsminister Klaus Tschütscher in Bern. Die französische Aussenhandelsministerin Christine Lagarde weilte im März zu einem Besuch in der Schweiz. Im Mai besprach sich der Vorsteher des EVD in Wien mit Wirtschaftsminister Bartenstein und Landwirtschaftsminister Pröll.

Die neue, seit 1. August amtierende Vorsteherin des EVD führte im September in Paris Gespräche mit dem französischen Landwirtschaftsminister Dominique Bussereau und der Aussenhandelsministerin Christine Lagarde. Anlässlich ihres Antrittsbesuches im Oktober in Vaduz traf sie Wirtschaftsminister Tschütscher, Landwirtschaftsminister Quaderer und Aussenministerin Kieber-Beck sowie ebenfalls im Oktober in Berlin den deutschen Wirtschaftsminister Glos. Zuvor hatte der Staatssekretär für Wirtschaft im September den deutschen Staatssekretär Pfaffenbach in Bern empfangen. Ausserdem fand im Oktober der Regierungsausschuss Schweiz­Deutschland in Luzern statt. Die Vorsteherin des EVD nahm im gleichen Monat an der regionalen Wirtschaftskonferenz «Genova 06 ­ The Meeting» teil, die der Entwicklung der schweizerisch-italienischen Wirtschaftsbeziehungen gewidmet war. Bei dieser Gelegenheit führte sie eine Unterredung mit Emma Bonino, italienische Ministerin für Aussenwirtschaft und Europaangelegenheiten.

Eine grosse Delegation mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung unternahm unter der Leitung des Staatssekretärs für Wirtschaft, des Staatssekretärs für Bildung und Forschung und der Direktorin des Bundesamtes für Bildung und Technologie im November eine Mission nach Spanien mit dem Ziel, in den Bereichen der Nanotechnologie und der neuen Materialien mögliche Gebiete der Zusammenarbeit zu eruieren.

979

6.2

Mitteleuropa und die GUS

Auch mit den 2004 der EU beigetretenen mitteleuropäischen Staaten wurde ein intensiver Dialog geführt. Der Wirtschaftsverkehr mit dieser Ländergruppe hat sich sehr dynamisch entwickelt.

Im Februar besuchte der ungarische Wirtschaftsminister János Kóka die Schweiz.

Im März reiste der Vorsteher des EVD in Begleitung einer Wirtschaftsdelegation nach Polen und Litauen. Während des offiziellen Besuchs des litauischen Staatspräsidenten Valdas Adamkus im November in der Schweiz fanden auch Treffen mit Schweizer Wirtschaftsvertretern statt. Im Dezember weilte Edgar Savisaar, Wirtschaftsminister Estlands, zu einem Besuch in Bern.

Im Rahmen eines russischen Finanz- und Wirtschaftsforums in Zürich traf der Vorsteher des EVD Mitte März mit dem russischen Vize-Premierminister Aleksander Schukow zusammen. Damit wurde der anlässlich des Besuches des Departementschefs im Oktober 2005 in Moskau vereinbarte Dialog zwischen Regierungsmitgliedern der beiden Länder fortgesetzt.

Tagungen der bilateralen Wirtschaftskommissionen fanden in Bern mit Aserbaidschan (März) und Kasachstan (November) und in Kiev mit der Ukraine (Juni) statt.

Mit Aserbaidschan wurde im Februar ein Investitionsschutzabkommen, ein Doppelbesteuerungsabkommen, ein Rahmenabkommen für die technische, humanitäre und finanzielle Zusammenarbeit sowie im Juni mit Armenien ein Doppelbesteuerungsabkommen unterzeichnet.

6.3

Südosteuropa

Bulgarien und Rumänien haben grosse Anstrengungen unternommen, um sich für den 2007 geplanten EU-Beitritt zu qualifizieren. Kroatien führte die EU-Beitrittsverhandlungen zielstrebig fort. Sein Wirtschaftsminister, Branko Vukelic, weilte im Mai zu einem Arbeitsbesuch in der Schweiz. Wirtschaftlich haben sämtliche Länder der Region Fortschritte erzielt, wenn auch Albanien, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Montenegro sowie Serbien noch für längere Zeit auf internationale Unterstützung angewiesen sein dürften. Sie bleiben auch Schwerpunktländer des Swiss Import Promotion Program (SIPPO) und der Swiss Organisation for Facilitating Investments (SOFI).

Die Festigung der gutnachbarlichen Zusammenarbeit zwischen den Ländern Südosteuropas wird im Rahmen des «Stabilitätspaktes für Südosteuropa» international unterstützt. Das Staatssekretariat für Wirtschaft war massgeblich am Projekt des Investment Compact zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen beteiligt. Ferner unterstützt es aktiv die Aushandlung eines regionalen Freihandelsabkommens, welches die rund 30 bestehenden Freihandelsabkommen Südosteuropas ersetzen soll.

Der Aufbau von bilateralen vertraglichen Beziehungen zwischen der Schweiz und den Ländern der Region wird unter Berücksichtigung neuer politischer Gegebenheiten weitergeführt. Das am 7. Dezember 2005 unterzeichnete Investitionsschutzabkommen mit Serbien und Montenegro (vgl. Botschaft vom 22. Sept. 2006, BBl 2006 8455) wurde im Mai vom Parlament des inzwischen aufgelösten Staatenbundes ratifiziert. Montenegro ist im Juni unabhängig geworden und hat der Schweiz 980

offiziell mitgeteilt, alle vom früheren Staatenbund unterzeichneten Abkommen respektieren zu wollen. Was Serbien betrifft, sind die internationalen Verpflichtungen des Staatenbundes im Anschluss an die Unabhängigkeitserklärung Montenegros von Rechts wegen auf diesen Staat übergegangen.

6.4

Nordamerika

Im Januar 2006 hat der Bundesrat von den Ergebnissen der mit den USA geführten Sondierungsgespräche über ein mögliches Freihandelsabkommen Kenntnis genommen und ist zum Schluss gekommen, dass die Bedingungen für die Aufnahme formeller Verhandlungen nicht erfüllt seien (vgl. Ziff. 3.3.3).

Angesichts der engen bilateralen Wirtschaftsbeziehungen ­ diese waren im Berichtsjahr besonders intensiv ­ und aufgrund der in Sondierungsgesprächen identifizierten gemeinsamen Interessen haben die Schweiz und die USA im Mai 2006 ein Abkommen unterzeichnet, mit dem ein Kooperationsforum für Handel und Investitionen geschaffen worden ist mit dem Ziel, die wirtschaftliche Bindung zwischen beiden Ländern zu festigen. Im Rahmen dieses Forums haben bereits Gespräche namentlich in den Bereichen geistiges Eigentum und E-Commerce sowie über den Handel mit Rindfleisch, Wein und Bioprodukten stattgefunden.

Ebenfalls im Mai wurde durch eine schweizerischerseits vom Staatssekretär des EDA unterzeichnete Vereinbarung der Rahmen für eine intensivierte Zusammenarbeit mit den USA gelegt («Memorandum of Understanding Establishing a Framework for Intensified Cooperation» ­ MoU). Das Memorandum deckt die ganze Bandbreite der Beziehungen mit den USA ab und sieht einen regelmässigen politischen Dialog über aktuelle Fragen von gegenseitigem Interesse vor. Der Dialog wurde im September in Bern lanciert und wird im ersten Halbjahr 2007 seine Fortsetzung finden.

Im Juni hat die bilaterale Wirtschaftskommission (Joint Economic Commission) in Washington ihre fünfte Sitzung abgehalten. Zur Diskussionen standen vor allem die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung, die Korruption, die Proliferation von Massenvernichtungswaffen, die Notwendigkeit einer Intensivierung der Wirtschaftszusammenarbeit mit Zentralasien sowie Fragen im Zusammenhang mit der Energiesicherheit.

Die bilaterale Zusammenarbeit soll auch auf dem Gebiet der Wissenschaft und Technologie sowie bei der Amtshilfe im Zollbereich verstärkt werden, wo diesbezügliche Abkommen vor dem Abschluss stehen. Bei der Einreise von Schweizern in die USA ist zu beachten, dass die visumsfreie Einreise (Visa Waiver Program) weiterhin für Inhaber elektronisch lesbarer Schweizer Reisepässe gilt, die bis am 25. Oktober 2006 ausgestellt worden sind. Nach diesem Datum ausgestellte Pässe müssen
zusätzlich biometrische Daten enthalten.

Mit Kanada konnten die Verhandlungen über ein EFTA-Freihandelsabkommen im November wieder aufgenommen werden (vgl. Ziff. 3.2.3).

981

6.5

Zentral- und Südamerika

Zum drittenmal in Folge verzeichnete Lateinamerika 2006 ein insgesamt erfreuliches Wirtschaftswachstum. Länder wie Argentinien, Venezuela, Peru und Chile wiesen Wachstumsraten zwischen 5,5 und 8 Prozent auf, während Brasilien mit einem Wachstum von 3,5 Prozent einmal mehr unter den Erwartungen blieb.

Die Schweizer Exporte nach Zentral- und Südamerika, die im Vorjahr stagniert hatten, nahmen 2006 wieder zu. Mit Kolumbien wurde am 17. Mai ein Investitionsschutzabkommen (vgl. Botschaft vom 22. Sept. 2006, BBl 2006 8455) unterzeichnet, womit die Rahmenbedingungen für Investitionen aus der Schweiz in diesem Land, dem viertwichtigsten Handelspartner in Lateinamerika, verbessert wurden.

Mit Argentinien wurde ein Protokoll zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens unterzeichnet. Damit sollte der Weg zur Ratifikation des seit 2001 provisorisch angewendeten Abkommens durch Argentinien geebnet sein. Ein Doppelbesteuerungsabkommen konnte im Berichtsjahr auch mit Costa Rica paraphiert werden, während diesbezügliche Verhandlungen mit Chile weitergeführt und mit Kolumbien neu aufgenommen wurden.

Im Rahmen der EFTA wurden Zusammenarbeitserklärungen mit Kolumbien und Peru unterzeichnet (vgl. Ziff. 3.2.3).

6.6

Asien/Ozeanien

«Emerging Asia» (Asien ohne Japan, Australien und Neuseeland), das 2004 und 2005 ein Wirtschaftswachstum von durchschnittlich rund 8,5 Prozent aufwies, zählt mit einer Zunahme um rund 8 Prozent auch im Berichtsjahr zu den weltweit dynamischsten Regionen. Dabei spielen die beiden aufstrebenden Wirtschaftsmächte und bevölkerungsreichsten Länder, China und Indien, als Wachstumsmotor eine zentrale Rolle. Positiv ist zudem die wirtschaftliche Erholung Japans.

Mitte Januar unternahm der Vorsteher des EVD an der Spitze einer Geschäftsdelegation eine Wirtschaftsmission nach Indien, mit Etappen in Neu Delhi, Kalkutta und Bangalore. Dabei traf er den Industrie- und Handelsminister und wurde vom Präsidenten zu einem Höflichkeitsbesuch empfangen. Im Mittelpunkt dieses offiziellen Arbeitsbesuches standen neben der Vertiefung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen die Förderung des Wirtschaftsstandortes Schweiz in Indien sowie das Kooperationspotenzial zwischen schweizerischen und indischen Firmen in verschiedenen Sektoren. Ebenfalls im Januar traf der Vorsteher des EVD den neuseeländischen Handelsminister anlässlich des World Economic Forum 2006 in Davos zu einem Gespräch.

Die 2005 gebildete «Joint Governmental Study Group for strengthening economic relations between Switzerland and Japan» diskutierte im Berichtsjahr bei vier Treffen Elemente eines möglichen Freihandelsabkommens sowie weitere Massnahmen zur Vertiefung der bilateralen Zusammenarbeit (vgl. Ziff. 3.3.3). Erörtert wurde dieses Thema auch im Zusammenhang mit dem Besuch einer Delegation des japanischen Unternehmerverbandes Keidanren in der Schweiz im Juni sowie anlässlich weiterer bilateraler Besuche auf Minister- und Vizeminister-Ebene.

Im Juli besuchte der Vorsteher des EVD in Begleitung einer gemischten Delegation aus Firmen- und Verbandsvertretern Malaysia. Es war seit 1998 der erste offizielle 982

Besuch eines Bundesrates in diesem südostasiatischen Land. Ziel der Wirtschaftsmission war es, den Dialog mit den malaysischen Behörden zu vertiefen und die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen mit einem der wichtigsten Partner der Schweiz in der dynamischen ASEAN-Region zu stärken. Im Rahmen der Regierungsgespräche in Kuala Lumpur traf der Vorsteher des EVD mit der Handels- und Industrieministerin sowie dem Wissenschafts-, Technologie- und Innovationsminister zusammen und stattete ausserdem dem Vize-Premierminister einen Höflichkeitsbesuch ab.

Im September führte das SECO in Zusammenarbeit mit der «Swiss -Asian Chamber of Commerce for ASEAN (SACC)» und mit SOFI in Vietnam und Thailand eine Wirtschaftsmission durch. In Vietnam fiel die Mission mit dem Besuch einer parlamentarischen Delegation aus der Schweiz unter der Leitung der Vizepräsidentin des Nationalrats zusammen, welcher im Rahmen der Feierlichkeiten des 35-jährigen Bestehens der schweizerisch-vietnamesischen Beziehungen stattfand. Dieser offizielle Besuch erlaubte zahlreiche Treffen mit hochrangigen Vertretern der Regierung ­ dies zu einem im Hinblick auf den WTO-Beitritt Vietnams wichtigen Zeitpunkt.

Dabei hat sich gezeigt, dass die Schweiz dank ihren Wirtschaftsbeziehungen, die sich in den letzten 15 Jahren sehr positiv entwickelt haben, in Vietnam einen ausgezeichneten Ruf geniesst.

Im Dezember begab sich der Staatssekretär für Wirtschaft zu einem bilateralen Besuch nach China und Japan, der Gelegenheit bot, eine Reihe von aktuellen bilateralen Fragen zu thematisieren. Mit China stehen die Chancen einer Vertiefung des bilateralen Dialogs im Bereich des geistigen Eigentums gut. Mit Japan wurden die weiteren Schritte in Bezug auf ein mögliches «Wirtschafts-Partnerschaftsabkommen» diskutiert.

Zunehmend besuchen chinesische Wirtschaftsdelegationen die Schweiz. Besonders zu erwähnen ist derjenige des Gouverneurs von Guangdong bei der neuen Vorsteherin des EVD im November.

6.7

Mittlerer Osten

Der Mittlere Osten war im Berichtsjahr von drei wichtigen politischen Ereignissen bzw. Entwicklungen geprägt. Im Irak wurden im Januar erfolgreich Parlamentswahlen abgehalten und eine neue Regierung gebildet, ohne dass dies zu einer wesentlichen Verbesserung der prekären Sicherheits- und Wirtschaftslage im Land geführt hätte. Im Juli kam es zu heftigen kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Israel und der schiitischen Hizbullah-Miliz im Südlibanon, was neben zahlreichen Todesopfern bedeutende Wirtschaftsschäden zur Folge hatte, die den seit dem Bürgerkrieg weit fortgeschrittenen Wiederaufbau Libanons weit zurückgeworden haben. Trotz hoher Kriegskosten wurde hingegen das Wachstum der israelischen Wirtschaft nur wenig verlangsamt. Der Iran hielt ungeachtet der Sanktionsdrohungen des UN-Sicherheitsrates an seinem Urananreicherungs-programm fest, was von der internationalen Gemeinschaft als erheblicher Instabilitätsfaktor in der Golfregion angesehen wird und schweizerische Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen in den Iran stark verunsichert.

Anfang April besuchte der Vorsteher des EVD in Begleitung einer grossen Wirtschaftsdelegation Saudi-Arabien und Kuwait. Beide Länder verzeichnen dank des weltweiten Höhenflugs der Erdölpreise Rekordeinnahmen und sind ernsthaft 983

bestrebt, diese in die Diversifizierung ihrer Wirtschaft zu investieren. Dafür benötigen sie ausländische Direktinvestitionen und technisches Know-how, was auch für Schweizer Firmen lukrative Geschäftsmöglichkeiten eröffnet. In Saudi-Arabien wurden bei dieser Gelegenheit ein bilaterales Investitionsschutzabkommen unterzeichnet und ein Swiss Saudi Business Council ins Leben gerufen ­ beides Instrumente, um die Geschäftsbeziehungen zwischen schweizerischen und saudischen Firmen zu fördern. Der Zeitpunkt für die Mission war angesichts des WTO-Beitritts des saudischen Königreichs im Dezember 2005 besonders günstig. Der Besuch in Kuwait war der erste eines Vertreters des Bundesrates überhaupt seit der Unabhängigkeit dieses Landes im Jahr 1961. Beide Missionen boten die Möglichkeit, die zuständigen Fachminister für einen raschen Verlauf der Freihandelsverhandlungen zwischen der EFTA und dem Golfkooperationsrat (GCC), dem Saudi-Arabien und Kuwait angehören, zu sensibilisieren.

Im Mai 2006 reiste der Staatssekretär für Wirtschaft mit Vertretern des schweizerischen Privatsektors nach Ägypten und Jordanien. Dabei erhielten die stockenden Verhandlungen zwischen der EFTA und Ägypten über ein Freihandelsabkommen neuen Auftrieb. In Amman eröffnete er zusammen mit dem jordanischen Industrieund Handelsminister den Swiss Jordanian Business Club. In beiden Ländern bildete die Verbesserung des Schutzes des geistigen Eigentums ein wichtiges Gesprächsthema.

Im Juni stattete der libanesische Premierminister Fouad Siniora der Schweiz einen offiziellen Arbeitsbesuch ab. Bei dieser Gelegenheit traf er auch Repräsentanten der schweizerischen Geschäftswelt, um sie über Investitionsmöglichkeiten im Libanon zu informieren.

6.8

Afrika

Trotz einem guten Wirtschaftswachstum von 5,4 Prozent blieb Afrika ein politisch und wirtschaftlich schwieriges Terrain. Der brutale Bürgerkrieg in der sudanesischen Region Darfur fand trotz einem im Mai erzielten Friedensabkommen zwischen der Regierung in Khartum und Teilen der Rebellenarmee kein Ende. Ebenso blieb die politische Krise in Côte d'Ivoire ungelöst. Der wirtschaftliche Niedergang von Simbabwe setzte sich fort. Nigeria, Afrikas grösster Erdölförderer, wurde durch Unruhen im ölreichen Niger-Delta erschüttert, was negative Folgen für den internationalen Erdölpreis zeitigte. Ostafrika litt zeitweise unter einer grossen Dürre. Ob die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in der kriegsversehrten Demokratischen Republik Kongo die Hoffnungen auf eine friedlichere Zukunft erfüllen werden, ist ungewiss. Ein Zwischenbericht über den Stand der Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen, dank denen bis 2015 die weltweite Armut um die Hälfte reduziert werden soll, lässt befürchten, dass ohne zusätzliche Kraftanstrengung ausser den nordafrikanischen Staaten und Mauritius kein afrikanisches Land die Entwicklungsziele erreichen wird. China und Indien manifestieren ein zunehmendes wirtschaftliches Engagement auf dem afrikanischen Kontinent, um Beschaffungsmärkte für Erdöl und mineralische Erze zu sichern.

Am 13. April stattete der nigerianische Präsident Olusegun Obasanjo der Schweiz einen offiziellen Besuch ab. Bei dieser Gelegenheit traf er auch mit Vertretern des schweizerischen Privatsektors zusammen, um sie vor dem Hintergrund des Wirtschaftspotenzials Nigerias für Investitionsprojekte zu gewinnen.

984

Die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und der Südafrikanischen Zollunion (SACU) im Juli stellt für die Schweiz ein bedeutendes Ereignis in den bilateralen Wirtschaftsbeziehungen mit dem südlichen Afrika dar (vgl. Ziff. 3.3). Im November wurde in Nairobi ein Investitionsschutzabkommen zwischen der Schweiz und Kenia unterzeichnet. Mit Algerien konnte im Juni ein bilaterales Doppelbesteuerungsabkommen unterzeichnet werden. Einen Monat später schlossen die Schweiz und Algerien ein Abkommen über die vorzeitige Rückzahlung der algerischen Schulden von 82 Millionen Franken ab (vgl. Ziff. 7.2.4).

7

Autonome Aussenwirtschaftspolitik Auf dem Gebiet der Nonproliferation standen die Entwicklungen im Nuklearbereich im Iran und in Nordkorea im Zentrum des Interesses. Gegen Belarus, Nordkorea und Usbekistan wurden Wirtschaftssanktionen verhängt. Zwei weitere Embargomassnahmen richteten sich gegen bewaffnete Milizen Libanons sowie gegen Personen, die mit dem Attentat auf den ehemaligen libanesischen Premierminister Hariri im Zusammenhang stehen.

Im Rahmen der Exportrisikogarantie wurden Neugarantien für Exportaufträge im Gesamtbetrag von 2,7 Milliarden Franken erteilt. Am 1. Januar 2007 hat die Schweizerische Exportrisikoversicherung (SERV) ihre Tätigkeit aufgenommen; sie löst den bisherigen ERG-Fonds ab.

7.1

Exportkontroll- und Embargomassnahmen

7.1.1

Massnahmen zur Nichtweiterverbreitung von Gütern zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen und deren Trägersystemen sowie von konventionellen Waffen

Auf dem Gebiet der Nonproliferation standen die Entwicklungen im Nuklearbereich im Iran und in Nordkorea im Zentrum des Interesses.

Nachdem der Iran nicht auf ein Verhandlungsangebot der 5+1 (die 5 Nuklearmächte China, Frankreich, Grossbritannien, Russland und USA sowie Deutschland) eingehen wollte und auch einer durch die UNO-Sicherheitsratsresolution 1696 vom 31. Juli festgesetzten Frist zur Aussetzung aller mit der Urananreicherung zusammenhängenden Tätigkeiten und aller Wiederaufbereitungsaktivitäten nicht Folge leistete, ist die schweizerische Exportkontrollpolitik gegenüber diesem Land weiterhin von grosser Vorsicht geprägt.

Seit der Durchführung von Raketentests im Juli und eines ersten Kernwaffenversuchs im Oktober ist Nordkorea noch stärker in den Fokus der Exportkontrollpolitik gerückt. Die durch den UNO-Sicherheitsrat am 15. Juli bzw.

14. Oktober verabschiedeten Resolutionen 1695 und 1718 sehen unter anderem ein Verbot der Lieferung von Gütern nach Nordkorea vor, die zum Raketen- und

985

Nuklearwaffenprogramm oder zu anderen Massenvernichtungswaffenprogrammen beitragen könnten.

Die im Juli 2005 in einer Grundsatzerklärung beschlossene Zusammenarbeit zwischen den USA und Indien im zivilen Nuklearbereich stellt die Teilnehmerstaaten der Gruppe der Nuklearlieferländer (NSG) vor nach wie vor ungeklärte Fragen, vor allem zur Trennung der militärischen und der zivilen Nuklearanlagen in Indien, zum Inhalt des geplanten Safeguardsabkommens Indiens und der IAEA sowie zu den Auswirkungen, die eine Ausnahmeregelung für Indien auf das nukleare Nonproliferationsregime hätte.

7.1.1.1

Kontrolle von bewilligungspflichtigen Gütern

Bewilligungspflichtig sind Güter der Anhänge der Güterkontrollverordnung vom 25. Juni 1997 (GKV, SR 946.202.1), welche die Güterlisten der vier Exportkontrollregimes (Australiengruppe/AG, Gruppe der Nuklearlieferländer/NSG, Raketentechnologie-Kontrollregime/MTCR, Wassenaar-Vereinbarung/WA) enthalten, und der Chemikalienkontrollverordnung vom 3. September 1997 (ChKV, SR 946.202.21), die das Chemiewaffenübereinkommen (CWÜ) in der Schweiz umsetzt. Mit heute 180 Mitgliedern hat das CWÜ einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung Universalität getan.

Die im Rahmen der Exportkontrollregimes beschlossenen Nachführungen der Kontrolllisten werden regelmässig in die Anhänge der GKV übernommen. Die letzte Aktualisierung erfolgte im August.

Das Total der Güter, deren Export bewilligt wurde, liegt um ein Vielfaches über dem in der nachstehenden Tabelle (Ziff. 7.1.1.3) aufgeführten Betrag von 585 Millionen Franken, weil in dieser Summe Güter, die mit einer Ordentlichen Generalausfuhrbewilligung (OGB) in die 29 Staaten des Anhangs 4 der GKV exportiert wurden, nicht enthalten sind. Diese Staaten nehmen rund 80 Prozent der schweizerischen Gesamtexporte ab. In der Berichtsperiode wurden sieben Ausfuhrgesuche abgelehnt.

Betroffen waren insbesondere geplante Lieferungen in den Nahen und Mittleren Osten und nach Asien.

Im Rahmen der Umsetzung des CWÜ finden regelmässig Inspektionen von Industriebetrieben und des zum VBS gehörenden Labors Spiez durch Vertreter der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) statt. Im Berichtsjahr wurden bis Ende September fünf solche Inspektionen durchgeführt. Insgesamt unterliegen rund 50 Schweizer Firmen und das Labor Spiez den Inspektionen durch die OPCW und den Meldepflichten gemäss CWÜ bezüglich Produktion, Lagerung, Verarbeitung sowie Import und Export von kontrollierten Chemikalien.

7.1.1.2

Kontrolle von meldepflichtigen Gütern

Gemäss Güterkontrollverordnung ist ein Exporteur u.a. verpflichtet, die geplante Ausfuhr von nicht der Bewilligungspflicht unterstehenden Gütern dem SECO zu melden, wenn er weiss, dass diese für die Entwicklung, die Herstellung oder die Verwendung von Massenvernichtungswaffen oder deren Trägersystemen bestimmt 986

sind oder bestimmt sein könnten. Diese sog. «Catch all»-Klausel (Meldepflicht gemäss Art. 4 GKV) greift auch dann, wenn das SECO den Exporteur darauf hinweist, dass die Güter für die genannten Zwecke verwendet werden könnten. Die Anzahl Güter, die der Bewilligungsbehörde aufgrund dieser Bestimmung gemeldet wurden, hat in den letzten Jahren und auch im Berichtsjahr zugenommen, weil bei immer mehr betroffenen Gütern der Verwendungszweck der Endabnehmer unklar ist. Diese Entwicklung kann auch in Partnerstaaten beobachtet werden. Von insgesamt 41 solcher Meldungen im Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis 30. September 2006 hat das SECO zehn Ausfuhren abgelehnt, die für Abnehmer in Ländern des Nahen und Mittleren Ostens und Asiens bestimmt waren. Wie andere Partner in den verschiedenen Exportkontrollregimes lehnt auch die Schweiz inzwischen eine grössere Anzahl von Ausfuhren aufgrund der «Catch all»-Klausel ab als Ausfuhrgesuche für bewilligungspflichtige Güter. Offensichtlich weichen Beschaffungsstellen in den der Proliferation verdächtigten Ländern vermehrt auf solche Güter aus. Nur durch Information der betroffenen Wirtschaftskreise in der Schweiz und durch die enge Zusammenarbeit mit anderen Bundesbehörden, insbesondere der Zollverwaltung, gelingt es, dieser Entwicklung entgegenzuwirken.

Im Berichtsjahr verzeigte das SECO zwei schweizerische Firmen wegen Widerhandlungen gegen Bestimmungen der Güterkontrollgesetzgebung bei der Bundesanwaltschaft.

7.1.1.3

Eckdaten zu Ausfuhren im Rahmen des Güterkontrollgesetzes

Vom 1. Oktober 2005 bis 30. September 2006 wurden gestützt auf GKV und ChKV die nachfolgend aufgeführten Ausfuhrgesuche oder der Meldepflicht unterstellten Ausfuhren bewilligt bzw. abgelehnt: Bewilligungen1

Anzahl

Wert in Mio. CHF

­ Nuklearbereich (NSG): ­ eigentliche Nukleargüter ­ doppelt verwendbare Güter

99 318

5,5 130

­ doppelt verwendbare Güter im Chemie- und Biologiewaffenbereich (AG)

153

50,9

37

13,5

­ Bereich konventionelle Waffen (WA) ­ doppelt verwendbare Güter ­ besondere militärische Güter

437 232

243,8 134,1

­ Waffen (nach Anhang 5 GKV)2

115

2,9

32

2,9

13

1,7

1 436

585,3

­ doppelt verwendbare Güter im Raketenbereich (MTCR)

­ Sprengstoff (nach Anhang 5 ­ bewilligte Güter nach ChKV Total

GKV)3

987

Abgelehnte Ausfuhren

Anzahl

Wert in CHF

1 4 1 1 10

444 123 653 791 6 500 000 70 000 5 493 588

Total

17

13 161 502

Meldungen nach Art. 4 GKV («Catch all»)

41

­

­ ­ ­ ­ ­

im Rahmen der NSG im Rahmen der AG im Rahmen des MTCR im Rahmen des WA im Rahmen der «Catch all»-Regelung

Anzahl Generalausfuhrbewilligungen4 ­ Ordentliche Generalausfuhrbewilligungen (OGB nach GKV)

220

­ Ausserordentl. Generalausfuhrbewwilligungen (AGB nach GKV)

14

­ Generalausfuhrbewilligungen (nach ChKV)

17

Total 1

251

Gewisse Bewilligungen können doppelt aufgeführt sein, da sie von zwei Exportkontrollregimes erfasst werden.

Waffen, deren Ausfuhr nur national (Waffengesetz vom 20. Juni 1997, SR 514.54), aber nicht international kontrolliert ist.

Sprengstoff, dessen Ausfuhr nur national (Sprengstoffgesetz vom 25. März 1977, SR 941.41), aber nicht international kontrolliert ist.

Es handelt sich um sämtliche gültigen Generalausfuhrbewilligungen. Diese haben eine Gültigkeitsdauer von zwei Jahren.

2 3 4

7.1.2

Embargomassnahmen

In Umsetzung von Beschlüssen des UNO-Sicherheitsrates hat der Bundesrat Zwangsmassnahmen erlassen gegen Nordkorea, betreffend den Libanon (bewaffnete Milizen) sowie gegen bestimmte Personen, die der Beteiligung am Attentat auf den ehemaligen libanesischen Premierminister Rafik Hariri verdächtigt werden. In Anlehnung an Massnahmen der Europäischen Union verhängte der Bundesrat Zwangsmassnahmen gegen Usbekistan und Belarus und verschärfte die bestehenden Massnahmen gegen Myanmar. Die übrigen Sanktionsverordnungen wurden weitergeführt und wo notwendig angepasst.

988

7.1.2.1

Embargomassnahmen der UNO

Das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD) hat Anhang 2 der Verordnung über Massnahmen gegenüber Personen und Organisationen mit Verbindungen zu Usama bin Laden, der Gruppierung «Al-Qaïda» oder den Taliban (SR 946.203) in der Berichtsperiode viermal nachgeführt (AS 2005 5591, 2006 375 1995 4107).

Die rund 500 dort genannten Personen, Gruppen und Organisationen dürfen nicht mit Rüstungsgütern beliefert werden, und ihre Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen sind gesperrt. Den aufgelisteten natürlichen Personen ist die Ein- und Durchreise untersagt.

Der Bundesrat hat am 21. Dezember 2005 die Verordnung über Massnahmen gegenüber bestimmten Personen im Zusammenhang mit dem Attentat auf Rafik Hariri (SR 946.231.10; AS 2006 11) verabschiedet und damit die UNO-Sicherheitsratsresolution 1636 (2005) umgesetzt. Die Verordnung sieht die Sperrung von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen von Personen, Unternehmen und Organisationen sowie ein Ein- und Durchreiseverbot für natürliche Personen vor, die der Beteiligung am Attentat auf den ehemaligen Premierminister Libanons verdächtigt werden.

Das zuständige Sanktionskomitee des UNO-Sicherheitsrates hat bisher keine Adressaten der Finanz- und Reiserestriktionen bekannt gegeben.

Gemäss Vorgabe des für die Demokratische Republik Kongo verantwortlichen UNO-Sicherheitsratsausschusses hat das EVD am 24. Januar 2006 den Anhang der Verordnung über Massnahmen gegenüber der Demokratischen Republik Kongo (SR 946.231.12) mit Informationen zur besseren Identifikation einer gelisteten Person ergänzt (AS 2006 389). Im Anhang werden Personen aufgeführt, gegen die sich die Finanz- und Reiserestriktionen der Verordnung richten.

Ebenfalls am 24. Januar hat das EVD die beiden Anhänge der Verordnung über Massnahmen gegenüber Liberia (SR 946.231.16) mit den Namen von zwei natürlichen Personen sowie 20 Unternehmen und Organisationen ergänzt (AS 2006 395).

Die genannten Adressaten wurden damit der Sperrung von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen gemäss Verordnung unterworfen. Die beiden natürlichen Personen dürfen nicht mehr in die Schweiz einreisen. Am 11. April hat das EVD zusätzliche Daten zur besseren Identifikation von vier natürlichen Personen in die Anhänge eingetragen (AS 2006 1331). In Umsetzung der UNO-Sicherheitsratsresolutionen 1683 (2006) und 1689
(2006) hat der Bundesrat am 15. November eine Ausnahmebestimmung zum Rüstungsembargo erweitert und das Einfuhrverbot für Rundhölzer und Holzprodukte aus Liberia aufgehoben (AS 2006 4687).

Das EVD hat am 28. Februar die Namen von drei natürlichen Personen in den Anhang der Verordnung über Massnahmen gegenüber Côte d'Ivoire (SR 946.231.13) aufgenommen (AS 2006 805). Am 12. Juni hat das Departement zusätzliche Daten zu diesen Personen in den Anhang eingetragen und die bestehenden Angaben bereinigt (AS 2006 2367).

In Ausführung der UNO-Sicherheitsratsresolution 1672 (2006) hat das EVD am 10. Mai vier natürliche Personen den Finanz- und Reiserestriktionen der Verordnung über Massnahmen gegenüber Sudan (SR 946.231.18) unterworfen (AS 2006 2001).

Vorher waren noch keine Personen von den Beschränkungen betroffen gewesen.

Der Anhang der Verordnung über Wirtschaftsmassnahmen gegenüber der Republik Irak (SR 946.206) ist am 15. Juni nach Vorgabe des zuständigen UNO-Sicherheitsratskomitees um die Namen von zwei Unternehmen erweitert worden (AS 2006 989

2545). Der Verordnungsanhang listet die natürlichen Personen, Unternehmen und Körperschaften auf, deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen gesperrt sind. Im Zusammenhang mit dem im Herbst 2005 veröffentlichten Schlussbericht der Untersuchungskommission («Independent Inquiry Committee», IIC) zur Untersuchung des «Oil for Food»-Programms wurden im Berichtsjahr insbesondere durch die Bundesanwaltschaft, aber auch das SECO rund 30 Strafverfahren eröffnet.

Am 25. Oktober hat der Bundesrat Zwangsmassnahmen gegen Nordkorea beschlossen. Die Verordnung über Massnahmen gegenüber der Demokratischen Volksrepublik Korea (AS 2006 4237; SR 946.231.127.6) setzt Resolution 1718 (2006) um, die der UNO-Sicherheitsrat als Reaktion auf den nordkoreanischen Atomwaffentest vom 9. Oktober verabschiedet hatte. Die Verordnung sieht gegenüber Nordkorea ein Export- und Importverbot für schweres Kriegsgerät sowie für Güter und Technologien vor, die für Massenvernichtungswaffen- und Trägerraketenprogramme verwendet werden können. Die Verordnung untersagt die Lieferung von Luxusgütern nach Nordkorea und bestimmt, dass Gelder und wirtschaftliche Ressourcen von Personen, Unternehmen und Organisationen, die zur Entwicklung und zum Bau nordkoreanischer Massenvernichtungswaffen und Trägerraketen beitragen, gesperrt sind. Aufgelistete natürliche Personen dürfen nicht mehr in die Schweiz einreisen.

Die UNO hat bisher keine Listen von Personen veröffentlicht, die den Finanz- und Reisebeschränkungen unterworfen sind.

Der Bundesrat hat am 1. November Massnahmen betreffend Libanon verordnet (SR 946.231.148.9; AS 2006 4299) und damit die Sicherheitsratsresolution 1701 (2006) umgesetzt. Die Verordnung verbietet den Export von Rüstungsgütern und verwandtem Material. Die Gewährung von Dienstleistungen aller Art, einschliesslich Finanzierung, Vermittlung und technische Ausbildung, im Zusammenhang mit Rüstungsgütern ist ebenfalls untersagt. Das Embargo richtet sich in der Zielsetzung nicht gegen Libanon als Staat, sondern gegen bewaffnete Milizen wie die Hisbollah.

Reine Rüstungsgüterembargos können grundsätzlich mit der bestehenden Kriegsmaterial- und Güterkontrollgesetzgebung umgesetzt werden. Da die vom Sicherheitsrat erlassenen Massnahmen jedoch über ein reines Güterembargo hinausgehen, hat der Bundesrat entschieden, zur lückenlosen
Umsetzung von Resolution 1701 (2006) eine Verordnung gestützt auf das Embargogesetz zu erlassen.

Die Verordnung vom 8. Dezember 1997 über Massnahmen gegenüber Sierra Leone (SR 946.209) wurde unverändert weitergeführt.

7.1.2.2

Embargomassnahmen der EU

Der Bundesrat hat am 18. Januar die Verordnung über Massnahmen gegenüber Usbekistan (SR 946.231.17; AS 2006 189) beschlossen. Diese enthält ein Verbot der Lieferung von Rüstungsgütern und Gütern zur internen Repression sowie Reiserestriktionen. Zwölf Personen, die für die Niederschlagung von Protesten in Andischan im Mai 2005 verantwortlich gemacht werden, dürfen nicht mehr in die Schweiz einreisen.

Am 28. Juni hat der Bundesrat Zwangsmassnahmen gegen Belarus verhängt und eine entsprechende Verordnung erlassen (AS 2006 2749). Die Verordnung über Massnahmen gegenüber Belarus (SR 946.231.116.9) sieht die Sperrung der Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen von 36 Angehörigen der weissrussischen Regie990

rung und politischer Institutionen in Belarus vor. 37 Personen ist es verboten, in die Schweiz einzureisen. Die Massnahmen wurden in Anbetracht der Verletzung rechtsstaatlicher Prinzipien bei den Präsidentschaftswahlen vom 19. März verhängt.

Ebenfalls am 28. Juni hat der Bundesrat eine Totalrevision der Verordnung über Massnahmen gegenüber Myanmar (SR 946.231.157.5, vormals SR 946.208.2, AS 2006 2759) beschlossen. Die neue Verordnung erweitert das bestehende Embargo für Rüstungs- und Repressionsgüter um das Verbot der Gewährung von Dienstleistungen aller Art im Zusammenhang mit diesen Gütern und mit militärischen Aktivitäten in Myanmar. Die Sperrung von Geldern und des Zahlungsverkehrs wurde auf sämtliche Vermögenswerte sowie von 270 auf 392 Angehörige des burmesischen Regimes ausgedehnt. Diese Personen dürfen auch nicht in die Schweiz einreisen. Es ist überdies neu verboten, Beteiligungen an 39 staatlich kontrollierten burmesischen Unternehmen zu erwerben oder diesen Unternehmen Kredite zu gewähren.

Der Titel der Verordnung über Massnahmen gegenüber der Bundesrepublik Jugoslawien (SR 946.207) wurde am 30. August den aktuellen Verhältnissen angepasst (AS 2006 3727). Die Verordnung vom 19. März 2002 über Massnahmen gegenüber Simbabwe (SR 946.209.2) erfuhr im Berichtsjahr keine Änderung.

7.1.3

Massnahmen gegen Konfliktdiamanten

Die Massnahmen gemäss der Verordnung vom 29. November 2002 über den internationalen Handel mit Rohdiamanten (Diamantenverordnung, SR 946.231.11) wurden weitergeführt. Damit setzt die Schweiz das Zertifizierungssystem des sog. Kimberley-Prozesses um, mit dem verhindert werden soll, dass Konfliktdiamanten auf die internationalen Märkte gelangen. Die Ein- und Ausfuhr sowie die Ein- und Auslagerung in und aus Zolllagern von Rohdiamanten ist nur noch gestattet, wenn diese von einem Zertifikat eines Teilnehmers des Kimberley- Prozesses begleitet sind. Mit der Aufnahme von Neuseeland und Bangladesch nehmen nun 71 Staaten (einschliesslich der Mitgliedstaaten der EU) am Kimberley-Prozess teil.

Im Berichtsjahr wurde das per 1. Januar 2003 in Kraft gesetzte Zertifizierungssystem erstmals einer umfassenden Überprüfung unterzogen. Der anlässlich der Plenarversammlung Anfang November in Gaborone (Botswana) verabschiedete Evaluationsbericht kommt insgesamt zu einer sehr positiven Beurteilung. Der Erfolg des Kimberley-Prozesses ist zu einem grossen Teil auf die flexible und pragmatische Vorgehensweise sowie das Engagement der Teilnehmerstaaten, der Diamantenindustrie sowie der im Prozess vertretenen NGO zurückzuführen. Heute werden praktisch die gesamte weltweite Rohdiamantenproduktion und der Rohdiamantenhandel durch den Kimberley-Prozess kontrolliert. Der Evaluationsbericht enthält auch eine Reihe von Empfehlungen für Verbesserungen. Die Stärkung der internen Kontrollmechanismen der Teilnehmerstaaten wird dabei als vordringliche Massnahme erachtet.

Die Schweiz hat zwischen dem 1. Oktober 2005 und dem 30. September 2006 insgesamt 729 Zertifikate für Rohdiamanten ausgestellt. In derselben Periode wurden Rohdiamanten im Wert von 1,29 Milliarden Dollar (9,43 Mio. Karat) importiert bzw. in Zolllager eingelagert und solche im Wert von 1,59 Milliarden Dollar

991

(9,38 Mio. Karat) exportiert bzw. aus Zolllagern ausgelagert. Über 95 Prozent des Rohdiamantenhandels findet in der Schweiz über die Zolllager statt.

7.2

ERG, IRG, Exportfinanzierung, Umschuldung

Die Exportrisikogarantie (ERG) hat Neugarantien für Exportaufträge im Gesamtbetrag von rund 2,7 Milliarden Franken erteilt. 2006 führten dank zwei Grossprojekten Ungarn und Algerien die Rangliste der Zielländer an. Einmal mehr war auch die Nachfrage nach ERG-Garantien für Ausfuhren in die Türkei und den Iran bedeutend. Das Gesamtengagement erreichte per Ende 2006 rund 8,3 Milliarden Franken. Anfang 2007 wird die Schweizerische Exportrisikoversicherung (SERV) ihre Tätigkeit aufnehmen und die ERG ersetzen.

7.2.1

Exportrisikogarantie

Die Nachfrage nach Garantien hat sich im Vergleich zum Vorjahr erhöht. Insgesamt wurden Neugarantien für Exportaufträge von rund 2,7 Milliarden Franken (Vorjahr: 1,7 Mrd. Fr.) genehmigt. Die betragsmässig höchsten Garantien wurden für zwei Grossprojekte im Transportbereich mit Lieferungen nach Ungarn und Algerien gesprochen. Auf diese zwei Länder entfielen volumenmässig insgesamt etwa 35 Prozent aller Neugarantien. Fast schon traditionell ist die rege Nachfrage verschiedener Branchen nach Garantien für Exporte in die Türkei sowie in den Iran.

Die Neugarantien für Lieferungen nach Ungarn beliefen sich auf 502 Millionen Franken, nach Algerien auf 398 Millionen Franken, in die Türkei auf 281 Millionen Franken und in den Iran auf 272 Millionen Franken. Das Gesamtengagement hat sich gegenüber dem Vorjahr erhöht und erreicht insgesamt rund 8,3 Milliarden Franken brutto (Ende 2005: 7,8 Mrd. Fr.). Mehr als die Hälfte des Engagements entfällt auf die fünf Importländer Bahrain, Türkei, Iran, China und Mexiko.

Die ERG musste im Berichtsjahr schweizerischen Exporteuren und Banken Entschädigungen im Umfang von rund 20 Millionen Franken (Vorjahr: 25 Mio. Fr.) für Zahlungsausfälle in China, Pakistan und Simbabwe entrichten. Erfahrungsgemäss können ausbezahlte Schäden über spätere bilaterale Umschuldungsabkommen mit den betroffenen Staaten (vgl. Ziff. 7.2.4) oft wieder eingebracht werden.

Am 1. Januar 2007 treten das Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Schweizerische Exportrisikoversicherung (SERVG) (SR 946.10) und die Verordnung vom 25. Oktober 2006 über die Schweizerische Exportrisikoversicherung (AS 2006 4403) in Kraft. Die öffentlich-rechtliche Anstalt SERV, deren Verwaltungsrat vom Bundesrat im Berichtsjahr gewählt wurde, löst am 1. Januar 2007 den rechtlich unselbständigen ERG-Fonds ab. Neu wird auch das private Käuferrisiko versicherbar sein. Den Exporteuren steht damit ein Produkte-Angebot zur Verfügung, das mit demjenigen in den Konkurrenzländern vergleichbar ist.

992

7.2.2

Investitionsrisikogarantie

Im Berichtsjahr wurde keine neue Investitionsgarantie erteilt. Per Jahresende waren zwei Garantien im Gesamtwert von 12 Millionen Franken für Investitionen in Ghana und Indien ausstehend. Die nicht verwendeten Mittel der IRG betragen 31,9 Millionen Franken.

7.2.3

Exportfinanzierung

Die OECD-Exportkreditgruppe befasste sich u.a. mit der Überarbeitung der aus dem Jahre 2000 stammenden Antikorruptions-Erklärung. Die Verhandlungsergebnisse sehen vor, dass auf Verlangen der Exportkreditanstalt der Exporteur die Namen der Agenten und die ausbezahlten Kommissionsbeträge bekannt geben muss. Zudem werden die Exporteure verpflichtet, Verurteilungen wegen Bestechung sowie die Namen jener am Exportgeschäft beteiligten Akteure, die auf den Ausschlusslisten der internationalen Finanzierungsinstitutionen figurieren, offenzulegen. Diskutiert wurden auch Anliegen in Bezug auf Exportkredite, welche im Rahmen der Überprüfung der Umsetzung der OECD-Antikorruptions-Konvention an die verschiedenen Mitgliedsländer gerichtet worden waren. Die Exportkreditanstalten sind gehalten, die neuen Vorgaben bis Ende des Berichtsjahres umzusetzen. Angesichts der Bedeutung der Antikorruptions-Erklärung soll diese in eine förmliche Empfehlung des OECD-Rats umgewandelt werden.

In den Verhandlungen zur Überarbeitung der 2003 verabschiedeten Umweltrichtlinien wurden insbesondere die von Umweltspezialisten der Exportkreditanstalten ausgearbeiteten Empfehlungen herangezogen. Auch wurden die Meinungen von Nichtregierungsorganisationen und weiteren interessierten Kreisen eingeholt. Die Hauptdiskussionspunkte betrafen die von unabhängigen Stellen zu erarbeitenden Umweltverträglichkeitsprüfungen, die Berücksichtigung sämtlicher relevanter Standards der Weltbank als Bezugsnormen sowie die Präzisierung der Berichterstattung gegenüber verschiedenen Anspruchsgruppen.

Sowohl im Rahmen des Exportkreditarrangements als auch in der Exportkreditgruppe wurde der Informationsaustausch mit Nichtmitgliedern, die über staatliche Exportkreditprogramme verfügen, intensiviert. Ziel ist es, diese Länder für die Anliegen des Exportkreditarrangements und der Exportkreditgruppe zu sensibilisieren und möglichst einzubeziehen. Neben Brasilien, das bereits im Rahmen der Verhandlungen über ein Flugzeug-Sektorabkommen am Arrangement beteiligt ist, nahmen auf Einladung der Mitgliedsländer an den November-Sitzungen unter anderen Vertreter aus China, Indien und Rumänien als Beobachter teil.

7.2.4

Umschuldungen

Wie schon im Vorjahr nutzten mehrere Schuldnerländer die günstige Situation auf den Finanz- und Rohstoffmärkten, um alle ihre Schulden gegenüber den Gläubigern im Pariser Klub vorzeitig zurückzuzahlen. Die ERG und die Garantienehmer erhielten von Russland 340 Millionen, von Algerien 82 Millionen und von Brasilien 49 Millionen Franken vorzeitig ausbezahlt. Die drei Staaten sind nun im Pariser Klub schuldenfrei.

993

Die Schweiz ist an zwei der im Pariser Klub vereinbarten multilateralen Entschuldungen im Rahmen der HIPC-Initiative beteiligt: Kongo-Brazzaville wird teilentschuldet, und Kamerun kommt in den Genuss einer fast gänzlichen Entschuldung.

Die beiden Vereinbarungen sowie die Schuldenregelung des Pariser Klubs mit Honduras aus dem Vorjahr werden mit bilateralen Abkommen durch die Schweiz umgesetzt.

Schliesslich traf der Pariser Klub Schuldenvereinbarungen zugunsten von Malawi, Grenada, Haiti, Afghanistan und Moldawien. Daran ist die Schweiz allerdings mangels offener Forderungen nicht direkt beteiligt.

7.3

Exportförderung, Standortpromotion und Tourismus

Die Exportförderungsorganisation «Osec Business Network Switzerland», das Standortpromotionsinstrument «LOCATION Switzerland» und die Tourismusförderungsinstitution «Schweiz Tourismus» leisten einen wichtigen Beitrag zu einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum in der Schweiz.

7.3.1

Exportförderung

Osec Business Network Switzerland (Osec) unterstützt im Auftrag des SECO schweizerische und liechtensteinische Unternehmen, insbesondere KMU, bei der Wahrnehmung bestehender und beim Aufbau neuer Exporttätigkeiten im Ausland.

In Ergänzung zur privaten Initiative vermittelt Osec den Unternehmen dabei allgemeine Information über Märkte, Branchen und aussenwirtschaftlich relevante Themen und bietet Erstberatung bei Fragen rund um den Export sowie Marketingunterstützung im Ausland (Messebeteiligungen) an.

Grundlage für die staatliche Exportförderung ist das Exportförderungsgesetz vom 6. Oktober 2000 (SR 946.14). Nach Artikel 7 dieses Gesetzes legt das Parlament den Höchstbetrag fest, der jeweils für vier Jahre für die Exportförderung eingesetzt werden soll. Abweichend von dieser Vorschrift hat der Bundesrat 2004 dem Parlament die Finanzierung der Exportförderung für zwei Jahre beantragt. Damit konnte die Exportförderung weitergeführt werden, ohne künftige Formen der Landeswerbung oder der Aussenwirtschaftsförderung zu präjudizieren. Die damals antragsgemäss beschlossene Weiterfinanzierung der Exportförderung läuft Ende 2007 aus.

Die laufende Finanzierungsperiode steht im Zeichen der Fortsetzung und des Ausbaus des bereits 2004 vom SECO und der neuen Führung von Osec eingeschlagenen Wegs. Osec richtete ihre Arbeiten daher auch im Berichtsjahr konsequent auf die Erreichung weiterer Verbesserungen hinsichtlich des Kundennutzens der angebotenen Dienstleistungen, einer verstärkten Einbindung privater Partner im Sinn der Subsidiaritätsvorgabe sowie der Verstärkung der Netzwerkkoordination aus.

Hervorzuheben sind diesbezüglich die grundlegenden Anpassungen im Dienstleistungsangebot von Osec und den Swiss Business Hubs. Entsprechend den Resultaten einer breit abgestützten Kundenbedürfnisanalyse hat Osec im Berichtsjahr das 994

Dienstleistungsangebot der Swiss Business Hubs in Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich verringert. Diese Länder werden von Osec auch nicht mehr aktiv vermarktet. Es werden beispielsweise keine Firmenberatungstage mehr zu diesen Ländern angeboten. Die daduch frei werdenden personellen und finanziellen Ressourcen werden in den Ausbau der Swiss Business Hubs in den für die Kunden wichtigeren Wachstumsmärkten China, Indien und Dubai investiert. Ebenso wurde aufgrund der Kundenbedürfnisanalyse eine neue Kundensegmentierung vorgenommen nach Unternehmen, die erstmals im Export tätig werden wollen, solchen, die auf der Suche nach neuen, zusätzlichen Exportmärkten sind, und solchen, die Optimierungsmöglichkeiten für bestehende Exportaktivitäten benötigen. Das Produkteangebot von Osec und den Swiss Business Hubs wurde spezifisch auf diese drei Hauptkundensegmente abgestimmt. Damit können die schweizerischen KMU noch schneller und bedürfnisorientierter beraten werden.

7.3.2

Standortpromotion

LOCATION Switzerland, die Standortpromotion des Bundes, bietet für potenzielle Investoren Informationen über den Unternehmensstandort Schweiz an und dient als Plattform für kantonale und überkantonale Wirtschaftsförderer. LOCATION Switzerland beauftragt in Europa, Nordamerika sowie in Japan und China externe Dienstleister mit der Durchführung der Standortpromotion.

Im Berichtsjahr umfasste der Zahlungsrahmen für LOCATION Switzerland 4,9 Millionen Franken. Anhand des Marketingkonzepts 2006­2011 wurden die Aufbauarbeit in Europa und in Nordamerika weitergeführt und die Marktbearbeitung in Frankreich und in wichtigen Zukunftsmärkten in Asien verstärkt. Aufgrund der mit den Leistungsträgern vereinbarten Ziele wurden weltweit 41 Investorenanlässe, 10 Messe- und Konferenzbeteiligungen, zwei Journalistenreisen und Präsentationen in über 20 Städten durchgeführt. Die Koordination der kantonalen Wirtschaftsförderungen konnte durch Programmpartnerschaften verbessert werden. 2005 haben die Standortpromotionen insgesamt 510 Neuansiedlungen (526 im Vorjahr) und dadurch die Schaffung von 2470 neuen Stellen (2289) begleitet.

Die Gesetzesgrundlage von LOCATION Switzerland ist das Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 zur Förderung der Informationen über den Unternehmensstandort Schweiz (SR 194.2).

Die Finanzierung von LOCATION Switzerland basiert auf dem Bundesbeschluss vom 30. November 2005 zur Förderung der Information über den Unternehmensstandort Schweiz für die Jahre 2006­2007 (BBl 2006 3985). Ab 2008 will das Parlament die Landeswerbung neu ausrichten (vgl. parlamentarische Postulate 04.3199 WAK-S «Koordination der Landeswerbung»; 04.3434 WAK-N «Konzept für eine koordinierte Landeswerbung der Schweiz»). Der Bundesrat hat dazu im Oktober die Vernehmlassung eröffnet.

7.3.3

Tourismus

Der grenzüberschreitende Tourismus der Schweiz wuchs erstmals seit den Rückschlägen der 1990er Jahre im Gleichschritt mit dem Welttourismus. Zur Verbesserung der internationalen touristischen Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes trugen 995

vor allem die zurzeit günstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Schweiz bei. Sie ermöglichten einen erfolgreichen Einsatz der vom Bund zur Verfügung gestellten Finanzhilfen für das Destinationsmarketing. Schweiz Tourismus setzte überdurchschnittlich viele Werbemittel für die neuen strategischen Märkte ein (China, Golfstaaten, Indien, Korea, Russland), die allerdings trotz raschem Wachstum mit einem Anteil von lediglich 3,4 Prozent am Total der Übernachtungen noch wenig entwickelt sind. Der internationale Tourismus der Schweiz ist noch immer vorwiegend auf die Heim- und die Nahmärkte ausgerichtet. Rund 87 Prozent der Übernachtungen stammen übrigens aus dem OECD-Raum.

Die Schweiz verzichtet bewusst darauf, im vorwiegend privatwirtschaftlich organisierten Tourismus bilaterale Abkommen auszuhandeln. Sie setzt in diesem Bereich auf die multilaterale Zusammenarbeit. Da sich der internationale Tourismus der Schweiz vorwiegend zwischen den westlichen Industriestaaten mit ähnlichen Nachfragepräferenzen und Produkten abspielt, kommt dem Tourismusausschuss der OECD eine besondere Stellung zu. Die Zukunft dieses tourismuspolitischen Gremiums, das unter schweizerischem Vorsitz steht, konnte im Berichtsjahr gesichert werden. Seine Programmschwerpunkte, zu denen neben der Analyse der Wettbewerbsfähigkeit von Destinationen und der statistischen Erfassung der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Tourismus (über Satellitenkonten der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung) auch die Beitragsmöglichkeiten des Tourismus für die Standortförderung zählen, entsprechen voll und ganz den schweizerischen Bedürfnissen.

Die Schweiz arbeitete als Mitglied der strategischen Gruppe des Generalsekretärs an der Entwicklung der Weltorganisation für Tourismus mit. Diese seit 2005 dem UNO-System angeschlossene zwischenstaatliche Organisation liefert anerkannte statistische Daten und wirtschaftliche Analysen, die auch für die Schweiz von Bedeutung sind. Des Weiteren setzt sich die Organisation vor allem für die Anliegen der Internationalisierung des Tourismus in den Entwicklungsländern und für die Armutsbekämpfung ein.

996

8

Beilagen

8.1

Beilagen 8.1.1­8.1.2 Teil I:

Beilagen nach Artikel 10 Absatz 1 des Aussenwirtschaftsgesetzes (zur Kenntnisnahme)

997

8.1.1

Finanzielles Engagement der Schweiz 2006 gegenüber den multilateralen Entwicklungsbanken

Zahlungen der Schweiz an die Weltbank (in Millionen Franken)

Institutionelle Verpflichtungen IBRD-Kapitalanteil IFC-Kapitalanteil MIGA-Kapitalanteil IDA-Beiträge Spezielle Initiativen und Kofinanzierungen Global Environment Facility1 Global Fund for Aids, Tuberculosis and Malaria1 Highly Indebted Poor Countries Initiative2 Kofinanzierung anderer Programme2 Konsulentenfonds und Secondments2 IFC Partnerschaften2 Gesamtzahlungen der Schweiz 1 2

2005

2006

153,0 0,0 0,0 0,0 153,0

159,0 0,0 0,0 0,0 159,0

65,0 22,7 5,0 0,0 17,4 2,7 17,2

60,3 19,3 6,0 0,0 13,4 2,8 18,8

218,0

219,3

Fonds werden von der Weltbank verwaltet.

Quelle: Weltbank; Zahlen betreffen Fiskaljahr 2004/05 bzw. 2005/06.

Zahlungen der Schweiz an die Afrikanische Entwicklungsbank (in Millionen Franken)

Institutionelle Verpflichtungen AfDB Kapitalanteil AfDF Beiträge Spezielle Initiativen und Kofinanzierungen Partnerschaften und Kofinanzierungen Konsulentenfonds und Secondments Gesamtzahlungen der Schweiz

998

2005

2006

43,7 1,7 42,0

55,5 1,7 53,8

0,0 0,0 0,0

0,0 0,0 0,0

43,7

55,5

Zahlungen der Schweiz an die Asiatische Entwicklungsbank (in Millionen Franken)

Institutionelle Verpflichtungen ADB Kapitalanteil ADF Beiträge Spezielle Initiativen und Kofinanzierungen Partnerschaften und Kofinanzierungen Konsulentenfonds und Secondments Gesamtzahlungen der Schweiz

2005

2006

17,1 0,4 16,7

15,4 0,0 15,4

0,0 0,0 0,0

0,0 0,0 0,0

17,1

15,4

Zahlungen der Schweiz an die Interamerikanische Entwicklungsbank (in Millionen Franken) 2005

2006

Institutionelle Verpflichtungen IDB Kapitalanteil IIC Kapitalanteil FSO Beiträge

4,4 0,0 1,2 3,2

1,2 0,0 1,2 0,0

Spezielle Initiativen und Kofinanzierungen Beiträge an den MIF Partnerschaften und Kofinanzierungen Konsulentenfonds und Secondments

0,0 0,0 0,0 0,0

0,0 0,0 0,0 0,0

Gesamtzahlungen der Schweiz

4,4

1,2

Zahlungen der Schweiz an die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (in Millionen Franken) 2005

2006

9,9 9,9

4,8 4,8

Spezielle Initiativen und Kofinanzierungen Partnerschaften und Kofinanzierungen Konsulentenfonds und Secondments Chernobyl Shelter Fonds

15,7 14,7 1,0 0,0

6,8 4,4 0,8 1,6

Gesamtzahlungen der Schweiz

25,6

11,6

Institutionelle Verpflichtungen Kapitalanteil

999

8.1.2

Bewilligungen für Versandkontrollen im Auftrag ausländischer Staaten

Die im Zusammenhang mit dem WTO-Übereinkommen über Kontrollen vor dem Versand (SR 0.632.20, Anhang 1A.10) erlassene Verordnung vom 17. Mai 1995 über die Durchführung von Versandkontrollen (SR 946.202.8) regelt die Zulassung, Durchführung und Überwachung solcher Kontrollen (v.a. Überprüfung der Qualität, der Menge und des Preises) im Auftrag ausländischer Staaten durch spezialisierte Versandkontrollgesellschaften in der Schweiz. Solche Gesellschaften benötigen pro Auftragsland eine Bewilligung des EVD.

Nach Artikel 15 der Verordnung ist jährlich eine Liste zu veröffentlichen, in der die Versandkontrollstellen, die über eine Bewilligung zur Vornahme von Versandkontrollen in der Schweiz verfügen, sowie die Länder, auf die sich die Bewilligung bezieht, aufgeführt sind.

Zurzeit verfügen fünf Kontrollgesellschaften über solche Bewilligungen. Es sind dies die Société Générale de Surveillance S.A. in Genf (SGS), die Cotecna Inspection S.A. in Genf (Cotecna), das Bureau Véritas/BIVAC (Switzerland) AG in Weiningen (Véritas), die Inspectorate (Suisse) S.A. in Prilly (Inspectorate) sowie die Intertek Testing Services Switzerland Ltd in Attiswil (ITS). Die entsprechenden Bewilligungen beziehen sich auf 35 Staaten, von denen vier nicht der WTO angehören. Nachfolgend sind die betreffenden Staaten und Versandkontrollstellen in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet29; das Stichdatum ist der 1. Dezember 200630.

Land und WTO-Status (*) = Nichtmitglied

Kontrollstelle(n)

Bewilligung gültig seit:

Angola

Véritas Cotecna SGS ITS Véritas Inspectorate Cotecna SGS Véritas Cotecna SGS Cotecna Véritas ITS ITS

28.02.2002 25.10.2006 31.10.2006 07.06.2000 21.06.2000 01.09.1996 10.08.2004 01.09.1996 15.03.2000 15.08.1996 01.09.1996 01.09.1996 01.09.1996 27.03.2001 15.02.2001

Bangladesch Benin Bolivien Burkina Faso Burundi Côte d'Ivoire Djibouti Ecuador

Georgien 29 30

Auf der Liste können auch Bewilligungen aufgeführt sein für Kontrollmandate, die sistiert, aber nicht beendet sind, und somit wieder operabel werden können.

Diese Liste findet sich auch auf dem Internet: http://www.seco-admin.ch/imperia/md/content/aussenwirtschaft/grundlagen/ versandkontrolllisted311006.pdf

1000

Land und WTO-Status (*) = Nichtmitglied

Kontrollstelle(n)

Bewilligung gültig seit:

Haiti Indonesien Iran (*)

SGS SGS SGS Véritas ITS Véritas SGS Cotecna Cotecna Véritas Véritas SGS ITS Cotecna SGS SGS ITS Cotecna SGS ITS Cotecna Cotecna SGS Cotecna Véritas ITS ITS SGS Véritas

12.09.2003 09.04.2003 01.03.2000 06.03.2001 02.12.2002 22.05.2006 01.09.1996 15.08.1996 22.08.2006 24.03.2006 08.12.1997 16.04.2003 22.08.2003 03.10.2003 01.09.1996 02.11.2000 27.03.2001 08.12.1997 01.09.1999 02.12.2002 22.08.2001 18.02.1999 01.04.1999 01.09.1996 02.01.2004 27.03.2001 07.06.2000 10.04.2001 02.01.2004

Kambodscha Kamerun Komoren (*) Kongo (Brazzaville) Kongo (Kinshasa) Liberia (*) Madagaskar Malawi Mali Mauretanien Moldau Mosambik Niger Nigeria Rwanda Senegal Tansania (ohne Sansibar) Tansania (nur Sansibar) Togo Tschad Uganda Usbekistan (*) Zentralafrikanische Republik

1001

8.2

Beilagen 8.2.1­8.2.2 Teil II:

1002

Beilagen nach Artikel 10 Absätze 2 und 3 des Aussenwirtschaftsgesetzes (zur Genehmigung)