Bekanntmachung über die wettbewerbsrechtliche Behandlung vertikaler Abreden1 Beschluss der Wettbewerbskommission vom 2. Juli 2007 Die Wettbewerbskommission erlässt die folgende allgemeine Bekanntmachung in Erwägung nachstehender Gründe: I.

Gemäss Artikel 6 des Bundesgesetzes über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (KG; SR 251) kann die Wettbewerbskommission in allgemeinen Bekanntmachungen die Voraussetzungen umschreiben, unter denen einzelne Arten von Wettbewerbsabreden aus Gründen der wirtschaftlichen Effizienz im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 KG in der Regel als gerechtfertigt gelten. Wenn ein Bedürfnis nach mehr Rechtssicherheit es erfordert, kann sie in analoger Anwendung von Artikel 6 KG auch andere Grundsätze der Rechtsanwendung in allgemeinen Bekanntmachungen veröffentlichen.

II.

Vertikale Vereinbarungen können die volkswirtschaftliche Effizienz innerhalb einer Produktions- oder Vertriebskette erhöhen, weil sie eine bessere Koordinierung zwischen den beteiligten Unternehmen ermöglichen. Sie können insbesondere die Transaktions- und Distributionskosten der Beteiligten verringern und deren Umsätze und Investitionen optimieren.

III. Die Wahrscheinlichkeit, dass derartige effizienzsteigernde Wirkungen stärker ins Gewicht fallen als wettbewerbsschädliche Wirkungen, die von Beschränkungen in vertikalen Abreden verursacht werden, hängt abgesehen von bestimmten Arten schwerwiegender wettbewerbsschädigender Beschränkungen von der Marktmacht der beteiligten Unternehmen und somit vom Ausmass des Wettbewerbs zwischen Anbietern verschiedener Marken (Interbrand-Wettbewerb) ab.

IV. Im Rahmen der KG-Revision 2003 wurden mit dem Artikel 5 Absatz 4 KG neue Tatbestände eingeführt mit dem Ziel, Preisbindungen und Abschottungen des schweizerischen Marktes zu verhindern und den markeninternen Wettbewerb zu fördern. Gemäss Artikel 5 Absatz 4 KG wird die Beseitigung des Wettbewerbs bei der Festsetzung von Mindest- oder Festpreisen (Preisbindungen zweiter Hand) oder bei gebietsabschottenden Klauseln, die ein Verbot des Passivverkaufs an Händler oder Endkunden statuieren, vermutet.

Unter Artikel 5 Absatz 4 KG fallen auch als Preisempfehlungen gekennzeichnete Preisbindungen zweiter Hand (Ziff. 10 (1) sowie Ziff. 11).

V.

Mit der vorliegenden Bekanntmachung gibt die Wettbewerbskommission bekannt, nach welchen Kriterien sie die Vermutung der Beseitigung des wirksamen Wettbewerbs im Sinne von Artikel 5 Absatz 4 KG und die Erheblichkeit im Lichte von Artikel 5 Absatz 1 KG beurteilen wird.2

VI. Ziffer 10 (2) konkretisiert die Widerlegung der Vermutung gemäss Artikel 5 Absatz 4 KG wie folgt: Die Vermutung der Beseitigung des Wettbewerbs kann nicht durch den blossen Nachweis von Interbrand-Wettbewerb widerlegt werden. Die Gründe hierfür sind die Folgenden: Erstens entspricht diese 1 2

Massgebend ist der im Bundesblatt zu veröffentlichende Text.

Vgl. Prüfschema für die Beurteilung von vertikalen Abreden in Anhang 1.

2007-2525

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Regel dem in den parlamentarischen Beratungen ausgedrückten Willen des Gesetzgebers.3 Zweitens geht die Wettbewerbskommission bei den von Artikel 5 Absatz 4 KG erfassten Tatbeständen davon aus, dass die damit verbundenen wettbewerbsschädlichen Wirkungen die effizienzsteigernden Wirkungen überwiegen. Drittens entspricht dieser Ansatz der Praxis der europäischen Wettbewerbsbehörden, welche insbesondere Preisbindungen zweiter Hand und gebietsabschottende Klauseln grundsätzlich verbietet.

VII. Ziffer 12 zeigt auf, welche Abreden unabhängig vom Marktanteil der Beteiligten als erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung betrachtet werden. Nach Massgabe von Ziffer 14 muss die Erheblichkeit der Wettbewerbsbeeinträchtigung ­ mit Ausnahme von Abreden gemäss Ziffer 13 ­ bei allen anderen Abreden im Einzelfall überprüft werden.

VIII.Ziffer 13 macht deutlich, dass in der Regel keine erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung vorliegt, falls die Marktanteilsschwelle von 15 % nicht überschritten wird und sich die Abrede nicht kumulativ mit anderen Abreden auf den Markt auswirkt (Bagatellfälle). Wird die Marktanteilsschwelle von 15 % überschritten oder wirkt sich die Abrede kumulativ mit anderen Abreden auf den Markt aus, wird die Wettbewerbsbeeinträchtigung im Einzelfall geprüft.

IX. Kann die Vermutung der Beseitigung des wirksamen Wettbewerbs widerlegt werden und liegt eine den Wettbewerb erheblich beeinträchtigende Abrede vor, ist zu prüfen, ob die Wettbewerbsbeschränkung durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt werden kann. In Ziffer 15 werden die Voraussetzungen umschrieben, unter denen vertikale Wettbewerbsabreden aus Gründen der wirtschaftlichen Effizienz im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 KG in der Regel als gerechtfertigt gelten. Sind keine Effizienzgründe ersichtlich, ist die Abrede unzulässig. Wird der wirksame Wettbewerb gemäss Artikel 5 Absatz 4 KG beseitigt, können keine Effizienzgründe geltend gemacht werden.

X.

Ziffer 9 (2) bringt zum Ausdruck, dass Wettbewerbsabreden, an denen Kleinstunternehmen i.S. der Bekanntmachung betreffend Abreden mit beschränkter Marktwirkung vom 19. Dezember 2005 (KMU-Bekanntmachung4) beteiligt sind, den Wettbewerb nur bei Abreden nach Artikel 5 Absatz 4 KG erheblich beeinträchtigen.

XI. Die vorliegende Bekanntmachung lehnt sich an die Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 der Kommission vom 22. Dezember 1999 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen (ABl 1999 L 336/21) sowie die Mitteilung der Kommission betreffend Leitlinien für vertikale Beschränkungen (ABl 2000 C 291/1) an. Sie berücksichtigt die in der Schweiz herrschenden rechtlichen und wirtschaftlichen Bedingungen.

3

4

Vgl. Medienmitteilungen WAK-S und WAK-N vom 31. Januar 2003 bzw. 30. April 2003 betreffend vertikale Abreden gemäss Art. 5 Abs. 4 KG, abrufbar unter www.parlament.ch [2. Juli 2007].

Abrufbar unter www.weko.admin.ch.

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XII. Diese Bekanntmachung bindet die Zivilgerichte, das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesgericht nicht bei der Auslegung der kartellrechtlichen Bestimmungen.

A. Begriffe Ziffer 1

Vertikale Wettbewerbsabreden

Erzwingbare oder nicht erzwingbare Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen (vgl. Art. 4 Abs. 1 KG) von Unternehmen verschiedener Marktstufen, welche die Geschäftsbedingungen betreffen, zu denen die beteiligten Unternehmen bestimmte Waren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen können.

Ziffer 2

Aktiver Verkauf

Die aktive Ansprache einzelner Kunden (Endkunden oder Händler) in einem Gebiet oder einzelner Mitglieder einer Kundengruppe, das bzw. die der Lieferant sich selbst vorbehalten oder ausschliesslich einem anderen Händler zugewiesen hat.

Ziffer 3

Passiver Verkauf

Die Erfüllung unaufgeforderter Bestellungen einzelner Kunden (Endkunden oder Händler) aus einem Gebiet oder einzelner Mitglieder einer Kundengruppe, das bzw.

die der Lieferant sich selbst vorbehalten oder ausschliesslich einem anderen Händler zugewiesen hat, d.h. das Liefern von Waren an bzw. das Erbringen von Dienstleistungen für solche Kunden.

Ziffer 4

Selektive Vertriebssysteme

(1) Allgemein Vereinbarungen zwischen Lieferant und Händler, wonach i.

der Lieferant die Vertragswaren oder -dienstleistungen nur an Händler verkaufen darf, die aufgrund festgelegter Merkmale ausgewählt werden (zugelassene Händler) und

ii.

diese Händler die betreffenden Waren oder Dienstleistungen nicht an Händler weiter verkaufen dürfen, die nicht zum Vertrieb zugelassen sind.

(2) Rein qualitativer Selektivvertrieb Vertriebssystem, bei dem die Auswahl der Händler ausschliesslich nach objektiven qualitativen Kriterien erfolgt, die sich nach den Anforderungen des betreffenden Produkts ­ z.B. in Bezug auf die Verkäuferschulung, den in der Verkaufsstätte gebotenen Service oder ein bestimmtes Spektrum der angebotenen Produkte ­ richten.

Ziffer 5

Querlieferungen

Die gegenseitige Belieferung von Händlern gleicher oder unterschiedlicher Marktstufen innerhalb eines selektiven Vertriebssystems.

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Ziffer 6

Wettbewerbsverbote

Alle unmittelbaren oder mittelbaren Verpflichtungen, die den Käufer veranlassen, keine Waren oder Dienstleistungen herzustellen, zu beziehen, zu verkaufen oder weiterzuverkaufen, die mit den Vertragswaren oder -dienstleistungen im Wettbewerb stehen. Des Weiteren alle unmittelbaren oder mittelbaren Verpflichtungen des Käufers, mehr als 80 % seiner auf der Grundlage des Einkaufswertes des vorherigen Kalenderjahres berechneten gesamten Einkäufe von Vertragswaren oder -dienstleistungen sowie ihrer Substitute auf dem relevanten Markt vom Lieferanten oder einem anderen vom Lieferanten bezeichneten Unternehmen zu beziehen.

Ziffer 7

Know-how

Eine Gesamtheit nicht patentierter praktischer Kenntnisse, die der Lieferant durch Erfahrung und Erprobung gewonnen hat und die i.

geheim, d.h. nicht allgemein bekannt und nicht leicht zugänglich sind,

ii.

wesentlich, d.h. für die Verwendung, den Verkauf oder den Weiterverkauf der Vertragswaren oder -dienstleistungen unerlässlich sind, und

iii. identifiziert sind, d.h. umfassend genug beschrieben sind, so dass überprüft werden kann, ob die Merkmale «geheim» und «wesentlich» erfüllt sind.

B. Regeln Ziffer 8

Geltungsbereich

(1) Diese Bekanntmachung gilt für vertikale Wettbewerbsabreden.

(2) Die Anwendung der vorliegenden Bekanntmachung schliesst nicht aus, dass ein Sachverhalt ganz oder teilweise als horizontale Wettbewerbsabrede gemäss Artikel 5 Absatz 3 KG qualifiziert oder von Artikel 7 KG erfasst wird. Diesfalls ist der Sachverhalt unabhängig von der vorliegenden Bekanntmachung gemäss den einschlägigen Vorschriften des Kartellgesetzes zu beurteilen.

(3) Diese Bekanntmachung gilt nicht für vertikale Vereinbarungen, die Bestimmungen enthalten, welche die Übertragung von geistigen Eigentumsrechten auf den Käufer oder die Nutzung solcher Rechte durch den Käufer betreffen, sofern diese Bestimmungen Hauptgegenstand der Vereinbarung sind und sofern sie sich nicht unmittelbar auf die Nutzung, den Verkauf oder den Weiterverkauf von Waren oder Dienstleistungen durch den Käufer oder seine Kunden beziehen.

(4) Vereinbarungen, die einen rein qualitativen Selektivvertrieb zum Gegenstand haben, fallen mangels erheblicher Beeinträchtigung des Wettbewerbs grundsätzlich nicht unter diese Bekanntmachung, sofern kumulativ drei Voraussetzungen erfüllt sind: i.

7600

Die Beschaffenheit des fraglichen Produkts muss einen selektiven Vertrieb erfordern, d.h., ein solches Vertriebssystem muss ein Erfordernis zur Wahrung der Qualität und zur Gewährleistung des richtigen Gebrauchs des betreffenden Produkts sein;

ii.

Die Wiederverkäufer müssen aufgrund objektiver Kriterien qualitativer Art ausgewählt werden. Diese sind einheitlich festzulegen und unterschiedslos anzuwenden;

iii. Die aufgestellten Kriterien dürfen nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist.

Ziffer 9

Verhältnis zu anderen Bekanntmachungen

(1) Die Bekanntmachung über die wettbewerbsrechtliche Behandlung von vertikalen Abreden im Kraftfahrzeughandel vom 21. Oktober 2002 (Kfz-Bekanntmachung5) geht dieser Bekanntmachung vor. Soweit sich die Kfz-Bekanntmachung nicht äussert, sind die Vorschriften dieser Bekanntmachung anwendbar.

(2) Diese Bekanntmachung geht der KMU-Bekanntmachung grundsätzlich vor.

Davon ausgenommen ist Ziffer 5 Buchstabe b der KMU-Bekanntmachung betreffend Kleinstunternehmen.

Ziffer 10

Vermutungstatbestände

(1) Bei vertikalen Wettbewerbsabreden wird die Beseitigung des Wettbewerbs nach Artikel 5 Absatz 4 KG vermutet, wenn sie Folgendes zum Gegenstand haben: a.

Festsetzung von Mindest- oder Festpreisen. Als solche gelten auch in Empfehlungsform gekleidete Wettbewerbsabreden über die Einhaltung von Mindest- oder Festpreisen.

b.

Zuweisung von Gebieten, soweit Verkäufe in diese durch gebietsfremde Vertriebspartner ausgeschlossen werden (Verbot des Passivverkaufs an Händler oder Endkunden).

(2) Die Vermutung der Beseitigung des Wettbewerbs kann nicht durch den blossen Nachweis von Wettbewerb zwischen Anbietern verschiedener Marken (InterbrandWettbewerb) widerlegt werden.

(3) Auch wenn die Vermutung widerlegt wird, führen die in Ziffer 10 (1) genannten vertikalen Wettbewerbsabreden zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 KG.

Ziffer 11

Preisempfehlungen von Herstellern und Lieferanten

(1) Bei Preisempfehlungen von Herstellern oder Lieferanten an Weiterverkäufer oder Händler ist im Einzelfall zu prüfen, ob eine unzulässige Wettbewerbsabrede im Sinne von Artikel 5 KG vorliegt.

(2) Bei dieser Prüfung fallen insbesondere die nachstehenden Umstände ins Gewicht:

5

a.

der Umstand, dass Preisempfehlungen in nicht allgemein zugänglicher Weise abgegeben werden, sondern nur an die Weiterverkäufer oder Händler;

b.

der Umstand, dass die Preisempfehlungen mit der Ausübung von Druck oder der Gewährung spezifischer Anreize verbunden sind;

Abrufbar unter www.weko.admin.ch.

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c.

der Umstand, dass Preisempfehlungen, die von Herstellern oder Lieferanten in Schweizerfranken auf den Produkten, Verpackungen oder in Katalogen etc. angebracht werden, nicht ausdrücklich als unverbindlich bezeichnet sind;

d.

der Umstand, dass das Preisniveau der von den Preisempfehlungen betroffenen Produkte bei vergleichbarer Gegenleistung deutlich höher liegt als im benachbarten Ausland;

e.

der Umstand, dass die Preisempfehlungen tatsächlich von einem bedeutenden Teil der Weiterverkäufer oder Händler befolgt werden.

Ziffer 12

Erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung aufgrund des Gegenstandes

Vertikale Wettbewerbsabreden führen zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 KG, wenn sie Folgendes zum Gegenstand haben: a.

Direkte oder indirekte Festsetzung von Mindest- oder Festpreisen für den Weiterverkauf;

b.

Direkte oder indirekte Beschränkung des geografischen Absatzgebietes oder des Kundenkreises für den Weiterverkauf. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs aufgrund des Gegenstandes liegt jedoch nicht vor bei i. Beschränkungen des aktiven Verkaufs in Gebiete oder an Kundengruppen, die der Lieferant sich selbst vorbehalten oder ausschliesslich einem anderen Händler zugewiesen hat, vorausgesetzt dass Passivverkäufe uneingeschränkt möglich sind; ii. Beschränkungen des Direktverkaufs von Grossisten an Endverbraucher; iii. Beschränkungen, die Mitgliedern eines selektiven Vertriebssystems hinsichtlich des Verkaufs an nicht zugelassene Händler auferlegt werden; iv. Beschränkungen der Möglichkeit des Käufers, Bestandteile, die ihm der Lieferant zur Einfügung in andere Produkte liefert, an Dritte weiterzuverkaufen, welche diese Bestandteile zur Herstellung von Konkurrenzprodukten verwenden.

c.

Beschränkungen des aktiven oder passiven Verkaufs an Endverbraucher, sofern diese Beschränkungen Händlern innerhalb selektiver Vertriebssysteme auferlegt werden, welche auf der Einzelhandelsstufe tätig sind;

d.

Beschränkungen von Querlieferungen zwischen Händlern innerhalb eines selektiven Vertriebsystems, auch wenn diese auf unterschiedlichen Marktstufen tätig sind;

e.

Beschränkungen, die den Lieferanten hindern, Bestand- bzw. Ersatzteile an andere (Endverbraucher, Reparaturwerkstätten, etc.) als den an der Abrede beteiligten Händlern zu liefern;

f.

Wettbewerbsverbote, welche für eine unbestimmte Dauer oder für eine Dauer von mehr als fünf Jahren vereinbart werden. Die Begrenzung auf fünf Jahre gilt nicht, sofern der Käufer die Vertragswaren oder -dienstleistungen

7602

in den Räumlichkeiten und auf Grundstücken des Verkäufers (Eigentum oder Miete/Pacht) anbietet; g.

Wettbewerbsverbote, welche für mehr als ein Jahr nach Beendigung der vertikalen Wettbewerbsabrede vereinbart werden. Dies gilt nicht, wenn das Wettbewerbsverbot i. sich auf Waren oder Dienstleistungen bezieht, die mit den Vertragswaren oder -dienstleistungen im Wettbewerb stehen, ii. sich auf Räumlichkeiten und Gründstücke beschränkt, von denen aus der Käufer während der Vertragsdauer seine Geschäfte betrieben hat und es iii. unerlässlich ist, um ein dem Käufer vom Lieferanten übertragenes Know-how zu schützen.

Die Beschränkung der Nutzung und Offenlegung von nicht allgemein bekannt gewordenem Know-how bleibt zeitlich unbegrenzt möglich;

h.

Einschränkungen von Mehrmarkenvertrieb in selektiven Vertriebssystemen, welche sich gezielt auf Marken bestimmter konkurrierender Lieferanten beziehen.

Ziffer 13

Unerhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung aufgrund der Marktanteile

(1) Vertikale Wettbewerbsabreden, welche nicht unter Ziffer 10 (3) oder Ziffer 12 fallen, führen in der Regel nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs, wenn kein an einer vertikalen Wettbewerbsabrede beteiligtes Unternehmen auf einem von der Abrede betroffenen relevanten Markt einen Marktanteil von 15 % überschreitet.

(2) Wenn der Wettbewerb auf dem relevanten Markt durch die kumulativen Auswirkungen mehrerer gleichartiger, nebeneinander bestehender vertikaler Vertriebsnetze beschränkt wird, wird die in Ziffer 13 (1) genannte Marktanteilsschwelle auf 5 % herabgesetzt. In der Regel liegt kein kumulativer Abschottungseffekt vor, wenn weniger als 30 % des relevanten Marktes von gleichartigen, nebeneinander bestehenden vertikalen Vertriebsnetzen abgedeckt werden.

Ziffer 14

Verhältnis zu anderen Bekanntmachungen

Bei allen anderen Abreden sowie bei den in Ziffer 12 genannten Ausnahmen muss die Erheblichkeit der Wettbewerbsbeeinträchtigung im Einzelfall überprüft werden.

Dies gilt namentlich für selektive Vertriebsverträge, welche die Voraussetzungen von Ziffer 8 (4) nicht erfüllen.

Ziffer 15

Rechtfertigung

(1) Liegt eine den Wettbewerb erheblich beeinträchtigende Abrede vor, ist zu prüfen, ob diese gemäss Artikel 5 Absatz 2 KG gerechtfertigt ist. Sind keine Effizienzgründe ersichtlich, ist die Abrede unzulässig.

(2) Abreden gelten in der Regel ohne Einzelfallprüfung als gerechtfertigt, wenn der Anteil des Lieferanten am relevanten Markt, auf dem er die Vertragswaren oder -dienstleistungen verkauft, 30 % nicht überschreitet. Davon ausgenommen sind 7603

Abreden nach Ziffer 12 und Abreden, die sich mit anderen kumulativ auf den Markt auswirken und den Wettbewerb erheblich beeinträchtigen.

(3) Den Wettbewerb erheblich beeinträchtigende Abreden, die von Ziffer 15 (2) nicht erfasst werden, unterliegen einer Einzelfallprüfung. Ein Rechtfertigungsgrund liegt vor, wenn eine Abrede die wirtschaftliche Effizienz im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 KG erhöht ­ beispielsweise durch eine effizientere Vertriebsgestaltung im Sinne einer Verbesserung der Produkte oder Produktionsverfahren oder einer Senkung der Vertriebskosten ­ und die Wettbewerbsbeeinträchtigung dazu notwendig ist.

(4) Unternehmen können im Rahmen der in Artikel 5 Absatz 2 KG genannten Rechtfertigungsgründe namentlich Folgendes geltend machen: a.

Zeitlich begrenzter Schutz von Investitionen für die Erschliessung neuer räumlicher Märkte oder neuer Produktmärkte;

b.

Sicherung der Einheitlichkeit und Qualität der Vertragsprodukte;

c.

Schutz vertragsspezifischer Investitionen, die ausserhalb der Geschäftsbeziehung nicht oder nur mit hohem Verlust verwendet werden können (Hold-up Problem);

d.

Vermeidung von ineffizient tiefen Verkaufsförderungsmassnahmen (z.B.

Beratungsdienstleistungen), die resultieren können, wenn ein Hersteller oder Händler von den Verkaufsförderungsbemühungen eines anderen Herstellers oder Händlers profitieren kann (Trittbrettfahrerproblem);

e.

Vermeidung eines doppelten Preisaufschlags, der sich ergeben kann, wenn sowohl der Hersteller als auch der Händler über Marktmacht verfügen (Problem der doppelten Marginalisierung);

f.

Förderung der Übertragung von wesentlichem Know-how;

g.

Sicherung von finanziellen Engagements (z.B. Darlehen), die durch den Kapitalmarkt nicht zur Verfügung gestellt werden.

Ziffer 16

Publikation

Diese Bekanntmachung wird im Bundesblatt veröffentlicht (Art. 6 Abs. 3 KG).

Ziffer 17

Aufhebung der bisherigen Bekanntmachung

Mit dem Inkrafttreten dieser Bekanntmachung wird die Bekanntmachung über die wettbewerbsrechtliche Behandlung vertikaler Abreden vom 18. Februar 20026 aufgehoben.

Ziffer 18

Inkrafttreten

Diese Bekanntmachung tritt am 1. Januar 2008 in Kraft.

30. Oktober 2007

6

Abrufbar unter www.weko.admin.ch.

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Sekretariat der Wettbewerbskommission

Anhang 1: Prüf schem a f ür die Beurt eilung von vert ikalen Abreden Zif f er 10 (1): Liegt eine Verm ut ungst at best and nach Art . 5 Abs. 4 KG vor?

Art der Abrede

ja

nein

Zif f er 10 (2): Kann die Verm ut ung w iderlegt w erden?

(Nachw eis von Int erbrand-W et t bew erb reicht nicht aus) nein

ja

Zif f er 10 (3) und 12: Es liegt eine erhebliche Beeint rächt igung des W et t bew erbs auf grund des Gegenst andes vor.

Zif f er 12: Liegt eine erhebliche Beeint rächt igung des W et t bew erbs auf grund des Gegenst andes vor?

nein

ja

Zif f er 13 (1): M A 15% Zif f er 13 (2): M A 5% , < 30% kum uliert nein

ja

Erheblichkeit

Zif f er 14: Liegt eine erhebliche Beeint rächt igung des W et t bew erbs vor? (Einzelf allprüf ung) ja

nein

Zif f er 15 (2): M A 30% und keine kum ulat ive M arkt ausw irkung nein

ja

Ef f izienzprüf ung

Zif f er 15 (3) und 15 (4): Liegt ein Recht f ert igungsgrund vor?

(Einzelf allprüf ung) nein

Die Kooperat ion ist unzulässig und bei Abreden nach Art . 5. Abs. 4 KG sankt ionsbedroht .

ja

Die Kooperat ion ist zulässig.

M A: M arkt ant eil

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