07.090 Botschaft über ein Protokoll zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens mit Argentinien vom 14. November 2007

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit dem Antrag auf Zustimmung den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung des am 7. August 2006 unterzeichneten Protokolls zur Änderung des Abkommens vom 23. April 1997 mit Argentinien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

14. November 2007

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Micheline Calmy-Rey Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2006-1022

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Übersicht Am 7. August 2006 wurde ein Protokoll zur Änderung des Abkommens zwischen der Schweiz und Argentinien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen unterzeichnet.

Das 1997 unterzeichnete Abkommen wurde von den eidgenössischen Räten genehmigt, nicht aber durch das argentinische Parlament. Aus diesem Grunde konnte es noch nicht in Kraft treten. Eine im November 2000 bilateral beschlossene provisorische Anwendung ermöglichte jedoch, dass das Abkommen wirksam wurde. Auf Verlangen der zuständigen argentinischen Behörde musste eine Abkommensrevision vorgenommen werden, um das Inkrafttreten zu ermöglichen.

Das vorliegende Protokoll enthält für die Schweiz akzeptable Lösungen. Es erlaubt das Inkrafttreten des Abkommens, gewährt Rechtsicherheit und garantiert in Zukunft soliden Schutz gegen die Doppelbesteuerung.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben den Abschluss des Protokolls begrüsst.

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Botschaft 1

Grundzüge des Protokolls

1.1

Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Die Schweiz hat mit Argentinien am 23. April 1997 ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen unterzeichnet. Die Ratifikation dieses Abkommens wurde in der Schweiz im Jahr 1998 vollendet. Von argentinischer Seite hingegen wurde nach einer gewissen Zeit mitgeteilt, dass mit einer Ratifikation ohne Änderung der Bestimmung des Abkommens über die Besteuerung der aus der Rückversicherung stammenden Gewinne im Ansässigkeitsstaat (Art. 7 Abs. 7) nicht gerechnet werden kann.

Deshalb wurde ein neues Protokoll, das die begrenzte Besteuerung von Gewinnen aus der Rückversicherung im Quellenstaat (in Argentinien) erlaubt, am 23. November 2000 gleichzeitig mit einer Vereinbarung, welche die provisorische Anwendung des Abkommens und seines neuen Protokolls ab dem 1. Januar 2001 vorsah, unterzeichnet. Der Bundesrat genehmigte die provisorische Anwendung mit Beschluss vom 15. November 2000, dies in Erwartung einer raschen Ratifikation des Protokolls in Argentinien.

Diese ist aber auf Grund eines neuen, von argentinischer Seite vorgebrachten Einwandes immer noch nicht erfolgt. Ausgelöst wurden die Bedenken durch die im Abkommen in Bezug auf die Besteuerung der Lizenzgebühren getroffene Lösung (Nullsatz im Quellenstaat). Bedingt durch die von Argentinien mit anderen Staaten abgeschlossenen Meistbegünstigungsklauseln würde dieser Nullsatz, mit Inkrafttreten des mit der Schweiz abgeschlossenen Abkommens an Stelle der weniger vorteilhaften Sätze treten. Dieses Ergebnis wurde in Argentinien als nicht annehmbar beurteilt, sodass die Genehmigung der mit der Schweiz festgehaltenen Lösung durch die zuständige parlamentarische Kommission verweigert wurde.

In Anbetracht der oben beschriebenen Situation ist das Abkommen, obwohl provisorisch anwendbar, bis zum heutigen Tag nicht in Kraft getreten, wurde jedoch in der Systematischen Rechtssammlung unter der Nummer SR 0.672.915.41 publiziert und war Gegenstand der Botschaft vom 13. August 1997, die im Bundesblatt publiziert wurde (BBl 1997 IV 417 ff.). Unter den gegebenen Umständen konnte das im Jahr 2000 unterzeichnete Protokoll in der Schweiz noch nicht ratifiziert werden. Die Anfang 2001 vereinbarte provisorische Anwendung dauert an.

Im Frühling 2004 haben die zuständigen argentinischen Behörden den Wunsch geäussert,
möglichst rasch Revisionsverhandlungen über eine Anzahl nicht näher bezeichneter Bestimmungen des Abkommens durchzuführen. Die zu diesen Themen in Bern abgehaltenen Gespräche führten zur Schlussfolgerung, dass eine neue Revision für das Inkraftsetzen dieses Abkommens notwendig ist, um dessen Genehmigung durch das argentinische Parlament zu ermöglichen und die durch das argentinische Finanzministerium angedrohte Kündigung der provisorischen Anwendung des Abkommens zu verhindern. Am 16. August 2005 konnte der neue Protokollentwurf über die Änderung des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen paraphiert werden.

Das Protokoll wurde am 7. August 2006 in Buenos Aires unterzeichnet.

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1.2

Würdigung

Mit dem vorliegenden Protokoll werden die von Argentinien erwähnten Hindernisse betreffend die Ratifikation des im Jahre 1997 unterzeichneten Abkommens aufgehoben und das Inkrafttreten des Abkommens sowie seines Protokolls in naher Zukunft ermöglicht. Die durch das vorliegende Protokoll vorgenommenen Änderungen sind annehmbar und enthalten Regeln, die den schweizerischen Wirtschaftsinteressen wichtige Vorteile verschaffen. Das Protokoll gewährt für die Zukunft soliden Schutz gegen die Doppelbesteuerung. Einmal in Kraft getreten, werden dieses Abkommen und sein Protokoll den vorteilhaften Präzedenzfall in Südamerika darstellen. Insgesamt enthält das revidierte Abkommen vorteilhafte Lösungen für die Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen. Es wird dazu beitragen, Direktinvestitionen zu erhalten und zu fördern, was sich vorteilhaft auf die wirtschaftlichen Entwicklungen in beiden Staaten auswirkt.

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Protokolls

Die argentinischen Änderungsvorschläge zielten auf Abkommensbestimmungen, wovon einige von grosser und andere von geringer materieller Bedeutung sind oder einen formellem Charakter aufweisen. Die vereinbarten Lösungen sind vernünftig und werden nachfolgend kurz erläutert, soweit sie von materieller Tragweite sind.

Zur Vereinfachung wurde auch das am 23. November 2000 unterzeichnete Protokoll betreffend den Artikel 7 Absatz 7 (und die entsprechende Protokollbestimmung) in das Protokoll über die Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens integriert, um diese Änderungen in einem einzigen Vorgang und im gleichen Verfahren vorlegen zu können. Die Einfügung des neuen Artikels 14 bedingte eine Änderung in der Nummerierung der Abkommensbestimmungen.

Art. 3 Artikel 3 des Protokolls wiederholt die im November 2000 vereinbarte Änderung von Artikel 7 (Unternehmensgewinne). Diese weist das Besteuerungsrecht am Einkommen aus dem Rückversicherungsgeschäft ­ wie für Versicherungseinkünfte ­, unabhängig vom Bestehen einer Betriebstätte, jedoch beschränkt auf ein Besteuerungsrecht von 2,5 % der Bruttoprämien, dem Quellenstaat zu. Diese Lösung entspricht dem ursprünglich zwischen der Schweiz und Argentinien paraphierten Abkommenstext ebenso wie der neueren argentinischen Abkommenspolitik. Zudem vermag sie über das Protokoll zum Abkommen die Anwendung der Meistbegünstigungsklausel auszulösen. Eine Änderung des paraphierten Textes, der das Besteuerungsrecht der Rückversicherungsgewinne im Ansässigkeitsstaat zum Gegenstand hat, wurde auf Antrag von Argentinien im Hinblick auf die Unterzeichnung vorgenommen. Auf diesen Punkt musste Argentinien als Folge der mit anderen Staaten vereinbarten Meistbegünstigungsklauseln zurückkommen.

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Art. 5 Artikel 5 des Protokolls führt in Artikel 11 Absatz 3 Buchstabe e (Zinsen) auf argentinischen Antrag eine Präzisierung ein, mit der langfristige Entwicklungsdarlehen künftig zwischen unabhängigen Parteien vereinbart werden müssen. Diese Klarstellung wurde von der schweizerischen Delegation als annehmbar erachtet; im Gegenzug gelang es ihr, eine Senkung der minimalen Laufzeit der Darlehen von fünf auf drei Jahre zu vereinbaren.

Art. 6 Artikel 6 des Protokolls stellt auf argentinischen Antrag zum Artikel 12 Absatz 3 (Lizenzgebühren) klar, dass Zahlungen für die Benutzung oder das Recht auf Benutzung von Softwareprogrammen (computer software) als Lizenzgebühren gelten.

Absatz 2 Buchstabe c des gleichen Artikels wurde konsequenterweise ebenfalls angepasst. Diese Anpassung wird von beiden Seiten als einfache Klarstellung beurteilt.

In Bezug auf die Lizenzgebühren wurde die Bestimmung in Ziffer 5 Buchstabe a des Protokolls zu Artikel 12 des Abkommens geändert. Diese sah vor, dass Argentinien das durch Absatz 2 dieses Artikels beschränkte Besteuerungsrecht nicht ausüben darf, solange die Schweiz keine Quellensteuer auf Lizenzgebühren erhebt. Um einerseits das Inkrafttreten des Abkommens zu ermöglichen und anderseits die Kündigung der provisorischen Anwendung des noch nicht ratifizierten Abkommens zu vermeiden, wird die Schweiz nunmehr auf das alleinige Besteuerungsrecht an aus argentinischen Quellen stammenden Lizenzgebühren verzichten. Die Befreiung der Lizenzgebühren von der Quellensteuer bleibt jedoch grundsätzlich noch bis zum Inkrafttreten des geänderten Abkommens bestehen. Im Übrigen garantiert das Protokoll der Schweiz in Überseinstimmung mit der Regelung für Versicherungs- und Rückversicherungsgewinne die Meistbegünstigung für den Fall, dass Argentinien einem anderen OECD Mitgliedstaat günstigere Bedingungen gewährt.

Die neue Ziffer 5 Unterabsatz a des Protokolls zum Abkommen sieht vor, dass die in Artikel 12 Absatz 2 vorgesehenen Sätze im Fall von Verträgen über den Technologietransfer nur anwendbar sind, wenn es sich um nach argentinischem Landesecht registrierte oder bewilligte Verträge handelt. Im heutigen Zeitpunkt ist ein einziger Vertrag bei den zuständigen argentinischen Behörden eingetragen, der zur Beanspruchung der für Transferverträge vorgesehenen Reduktionen berechtigt. Diese
im argentinischen Landesrecht mit Ansprüchen im Bereich des Technologietransfers zusammenhängende Forderung wurde von der Schweizer Delegation als annehmbar erachtet. Die neue Ziffer 9 des Protokolls zum Abkommen bestätigt den Grundsatz von Artikel 23 Absatz 3 (Gleichbehandlung, gegenwärtig Art. 22), der hinsichtlich der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen, die einem Unternehmen eines Vertragsstaats im Verhältnis zu einem Unternehmen des anderes Vertragtsstaats entstehen, die Gleichbehandlung garantiert.

Art. 7 Artikel 7 des Protokolls fügt einen neuen Artikel 14 (selbständige Erwerbstätigkeit) ein. Dieser sieht die Besteuerung des Einkommens der selbständigen Erwerbstätigkeit im Ansässigkeitsstaat vor, es sei denn, die Erwerbstätigkeit werde im anderen Staat durch eine feste Einrichtung ausgeübt. Fehlt eine feste Einrichtung im anderen 8475

Staat, bleibt das Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats auf höchstens 10 % des Bruttobetrags beschränkt. Diese Bestimmung entspricht dem Grundsatz des geltenden Artikels 14 des Abkommens (der die Art. 14 und 15 des OECD-Musterabkommens zusammenfasst) in Verbindung mit dem Vorteil, eines dem Quellenstaat verbleibenden, jedoch auf 10 % beschränkten Besteuerungsrechts. Diese Lösung wurde von der Schweizer Delegation ebenfalls als annehmbar erachtet.

Art. 16

Inkrafttreten

Das Protokoll tritt am gleichen Tag wie das geänderte Abkommen vom 23. April 1997 in Kraft und seine Bestimmungen finden vom gleichen Tag an Anwendung wie die Bestimmungen des Abkommens.

3

Finanzielle Auswirkungen

In einem Doppelbesteuerungsabkommen verzichten beide Vertragsstaaten auf gewisse Steuereinnahmen. Für die Schweiz sollte die Befreiung von Zinsen für langfristige Darlehen mit einer Laufzeit von mehr als 3 Jahren gegenüber den gegenwärtig vereinbarten 5 Jahren, eine Verringerung der Fälle nach sich ziehen, in denen der Schweizer Fiskus eine pauschale Steueranrechnung gewähren muss. Die sich aus dieser Änderung ergebenden Verluste stammen insbesondere aus der Verpflichtung, künftig eine pauschale Steueranrechnung für Lizenzgebühren, die bisher in Argentinien von der Quellenbesteuerung ausgenommen waren, zu gewähren.

Diese mangels geeigneter Unterlagen hier nicht bezifferbaren Einbussen werden teilweise aufgewogen durch das vorerwähnte neue Regime für die langfristigen Zinsen wie auch durch die erhöhte Attraktivität der Schweiz, die das Inkrafttreten des Abkommens nach sich ziehen wird. Mit dem Inkrafttreten ist auch die Gefahr der angedrohten Kündigung der provisorischen Anwendung des Abkommens beseitigt, was sich in Form zusätzlicher Einnahmen aus der direkten Steuer auswirken dürfte.

Das revidierte Abkommen wird zur Förderung schweizerischer Direktinvestitionen in Argentinien beitragen. Die Kantone und die interessierten Wirtschafskreise haben seinen Abschluss begrüsst. Im übrigen, ist daran zu erinnern, dass Doppelbesteuerungsabkommen in erster Linie im Interesse der Steuerpflichtigen abgeschlossen werden und dass sie ganz allgemein zur Förderung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beitragen, was einem Hauptanliegen der schweizerischen Aussenwirtschaftspolitik entspricht.

4

Verfassungsmässigkeit

Verfassungsgrundlage des Protokolls, welches das Abkommen von 1997 revidiert, ist Artikel 54 der Bundesverfassung, der die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten dem Bund zuweist. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 der Bundesverfassung zuständig für die Genehmigung des Protokolls.

Dieses wird einen integrierenden Bestandteil des Abkommens von 1997 bilden. Es ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber jederzeit unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten auf das Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden. Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Dem fakultativen 8476

Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 der Bundesverfassung unterstehen seit dem 1. August 2003 Abkommen, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. In Anlehnung an Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes gilt eine Bestimmung eines Staatsvertrages dann als rechtsetzend, wenn sie auf unmittelbar verbindliche und generell-abstrakte Weise Pflichten auferlegt, Rechte verleiht oder Zuständigkeiten festlegt.

Im Sinne der Entwicklung einer gangbaren Praxis zur neuen Ziffer 3 von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV und um die wiederholte Unterstellung gleichartiger Abkommen unter das Referendum zu vermeiden, hat der Bundesrat in seiner Botschaft vom 19. September 2003 zum Doppelbesteuerungsabkommen mit Israel festgehalten, dass er dem Parlement Staatsverträge, die im Vergleich zu früher abgeschlossenen Abkommen keine zusätzlichen wichtigen Verpflichtungen für die Schweiz beinhalten, auch in Zukunft mit dem Vorschlag unterbreiten werde, diese dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nicht zu unterstellen.

Das Protokoll enthält Bestimmungen, die der Schweizer Abkommenspolitik entsprechen. Es enthält gegenüber den bereits mit anderen Staaten geschlossenen Abkommen keine zusätzlichen wichtigen Verpflichtungen, im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 der Bundesverfassung. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Revisionsprotokolls mit Argentinien unterliegt daher nicht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 der Bundesverfassung.

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