zu 04.440 Parlamentarische Initiative Robbiani Bundesgesetz über die Anpassung von Bestimmungen im Bereich der Quellenbesteuerung von Vorsorgeleistungen Bericht vom 28. November 2006 der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates Stellungnahme des Bundesrates vom 31. Januar 2007

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht vom 28. November 2006 der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates über die parlamentarische Initiative Robbiani betreffend Anpassung von Erlassen zur Quellenbesteuerung der Vorsorgeleistungen nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

31. Januar 2007

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Micheline Calmy-Rey Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2007-0048

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Werden Vorsorgeleistungen an im Ausland wohnhafte Personen (z.B. pensionierte Grenzgänger) ausgerichtet, so erhebt die Vorsorgeeinrichtung in der Regel eine Quellensteuer. Die Quellensteuereinnahmen sind demjenigen Kanton zu überweisen, in welchem die Vorsorgeeinrichtung ihren Sitz hat. Diese Regelung führt dazu, dass die Quellensteuererträge aus Vorsorgeleistungen an im Ausland lebende Personen vor allem in Kantonen mit grossen Sammelstiftungen anfallen.

Nationalrat Meinrado Robbiani verlangt in seiner am 18. Juni 2004 eingereichten parlamentarischen Initiative, dass die Quellensteuereinnahmen aus Vorsorgeleistungen an im Ausland wohnhafte Personen dem Kanton (nachstehend bezugsberechtigter Kanton) zustehen soll, in dem die vorsorgeberechtigte Person gearbeitet hat und nicht mehr demjenigen Kanton, in dem die Vorsorgeeinrichtung ihren Sitz hat. Der Initiativtext lässt es jedoch offen, ob dies der Kanton des letzten Arbeitsorts ist oder ob alle Kantone, in denen die betreffende Person gearbeitet hat, einen Anteil an der Quellensteuer erhalten sollen.

Die vorberatenden Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) und des Ständerates (WAK-S) haben der parlamentarischen Initiative am 10. Mai 2005 beziehungsweise am 16. August 2005 Folge gegeben. Die parlamentarische Initiative wurde der WAK-N zur Ausarbeitung einer Vorlage zugewiesen.

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Stellungnahme des Bundesrates

Die mit der parlamentarischen Initiative verlangte Neuregelung der Besteuerungsbefugnis erscheint sachlich nachvollziehbar. Mit der heutigen Besteuerung durch den Sitzkanton der Vorsorgeeinrichtung fliesst der Quellensteuerertrag aus Vorsorgeleistungen in die Kantone, in denen grosse Sammelstiftungen domiziliert sind.

Dadurch haben vorab an Sammeleinrichtungen arme Kantone das Nachsehen. Wegen ihrer geografischen Lage weisen Grenzkantone eine Vielzahl von erwerbstätigen Grenzgängern auf, kommen auf Grund des geltenden Rechts jedoch nicht in den Genuss der auf Vorsorgeleistungen an im Ausland wohnhaften Personen abgezogenen Quellensteuer, sofern die Vorsorgeeinrichtung des Grenzgängers ihren Sitz in einem andern Kanton hat. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass der Grenzkanton die Abzüge für die berufliche Vorsorge während der Zeit der Erwerbstätigkeit gewähren muss. Insofern erscheint der im Bericht der WAK-N vorgeschlagene Grundsatz als vertretbar, dass die Quellensteuereinnahmen aus Vorsorgeleistungen an im Ausland wohnhafte Personen dem Kanton zustehen sollen, in dem die begünstigte Person ihr letztes Erwerbseinkommen versteuert hat.

Es bleibt allerdings festzuhalten, dass auch diese Regelung unbefriedigend sein kann ­ dann nämlich, wenn im bezugsberechtigten Kanton das letzte Erwerbseinkommen nur ein paar Monate besteuert worden ist. Eine Regelung solcher Einzelfälle würde jedoch in der Praxis zu einem unverhältnismässigen Aufwand führen.

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Nach Auffassung des Bundesrates verursachen die im Bericht dargelegten Gesetzesänderungen zudem administrativen Mehraufwand. Die Erhebung der Quellensteuer hat zwar auch unter einem neuen Besteuerungsregime durch die Vorsorgeeinrichtung zu erfolgen. Diese leitet den abgezogenen Betrag dem bezugsberechtigten Kanton weiter. Neu ist jedoch nicht mehr der Steuertarif des Sitzkantons der Vorsorgeeinrichtung massgebend, sondern derjenige des bezugsberechtigten Kantons.

Für den Schuldner der steuerbaren Leistung (Vorsorgeeinrichtung) erhöht sich somit der Aufwand. Zur korrekten Erhebung der Quellensteuer hat die Vorsorgeeinrichtung festzustellen, welches der zuständige Kanton ist. Zu dieser Kenntnis kann er kommen auf Grund der Akten oder durch direkte Anfrage bei der Vorsorgeempfängerin bzw. beim Vorsorgeempfänger oder beim letzten Arbeitgeber. Zusätzlicher administrativer Mehraufwand ergibt sich auch aus der QuellensteuerÜberweisung an den bezugsberechtigten Kanton. Entgegen dem geltenden Recht kann sich die Vorsorgeeinrichtung für die korrekte tarifäre Anwendung nicht mehr bloss auf den Steuertarif des Sitzkantons abstützen, sondern er hat je nach spezifischer Situation andere kantonale Steuertarife anzuwenden. Statt wie bisher den Steuertarif des Sitzkantons anzuwenden, hat eine Vorsorgeeinrichtung nach der neuen Regelung somit bis zu 26 verschiedene Steuertarife zu berücksichtigen.

Weil nicht alle berechtigten Vorsorgeempfänger ein Rückerstattungsgesuch stellen oder weil in gewissen Fällen mangels Doppelbesteuerungsabkommen kein Rückerstattungsgesuch gestellt werden kann, verbleibt heute denjenigen Kantonen, in denen viele Vorsorgeeinrichtungen domiziliert sind, ein Nettoertrag. Mit der Neuregelung der Besteuerungszuständigkeit dürfte sich daher eine gewisse Einnahmenverschiebung vorwiegend in Richtung Grenzkantone ergeben. Gemessen am gesamten Steueraufkommen erweisen sich die verbleibenden Quellensteuereinnahmen aus Vorsorgeleistungen an im Ausland wohnhafte Personen mit ca. 90 Millionen Franken bei Bund, Kantonen und Gemeinden insgesamt als eher bescheidener Betrag.

Obwohl es grundsätzlich einsichtig ist, dass aus Gerechtigkeitsüberlegungen den Kantonen, die während der Erwerbsperiode die Abzüge der Vorsorge haben zulassen müssen, auch der Quellensteuerbezug auf Vorsorgeleistungen an im Ausland
wohnhafte Personen zustehen soll, kommt der Bundesrat zu einer negativen Gesamtbeurteilung des Gesetzesvorhabens.

Erstens schlagen die oben genannten bürokratischen Zusatzlasten negativ zu Buche.

Zweitens brächte die Neuregelung der Besteuerungsbefugnis keine Vereinfachung, sondern sie wäre komplizierter als die heutige Regelung. Drittens ist die geltende Rechtsordnung auch aus steuersystematischen Gründen vorzuziehen, die sich in der Praxis bewährt hat. Denn zum Zeitpunkt der Ausrichtung der auszuschüttenden Vorsorgeleistungen liegt der einzige aktuelle wirtschaftliche Anknüpfungspunkt des Vorsorgenehmers bzw. der Vorsorgenehmerin im Kanton, in welchem die Vorsorgeeinrichtung ihren Sitz hat. Für die Beibehaltung des geltenden Rechts spricht unter dem Strich das Verhältnis zwischen Umverteilungsnutzen (d.h. dem auf Bund, Kantone und Gemeinden entfallenden Anteil am Einnahmentotal von ca. 90 Millionen Franken, welcher zum Teil anderen Kantonen zukommen würde) einerseits und zusätzlichem administrativem Aufwand für die Vorsorgeeinrichtungen sowie Verkomplizierung des Steuerrechts andererseits.

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