Parlamentarische Initiative Limitierte Anzahl Sonntagsverkäufe ohne Restriktionen Bericht vom 24. April 2007 der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates Stellungnahme des Bundesrates vom 30. Mai 2007

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht vom 24. April 2007 der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates betreffend limitierte Anzahl Sonntagsverkäufe ohne Restriktionen nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

30. Mai 2007

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Micheline Calmy-Rey Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2007-1171

4269

Stellungnahme 1

Ausgangslage

Der Nationalrat Kurt Wasserfallen reichte am 17. Dezember 2003 eine parlamentarische Initiative ein mit dem Ziel, im Arbeitsgesetz (ArG) vorübergehende Sonntagsarbeit für bis zu vier Sonntagsverkäufe, insbesondere sogenannte Weihnachtsverkäufe, ohne Bedürfnisnachweis zuzulassen. Die Kantone sollen in diesem Rahmen die Anzahl Sonntage pro Jahr bestimmen. Die Auflagen des Lohnzuschlages sowie das Einverständnis der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen jedoch weiterhin gelten.

Das Bundesgericht führte in seinem Urteil 2A.542/2001/dxc zu einer Beschwerde der Globalbewilligungspraxis für Sonntagsverkäufe im Kanton Bern vom 1. Oktober 2002 aus, dass ein dringendes Bedürfnis für Sonntagsarbeit als gegeben erachtet werden könne, wenn die Öffnung von Verkaufsgeschäften in engem Zusammenhang mit einem Weihnachtsmarkt stehe oder wenn der Sonntagsverkauf einer langen Tradition entspreche. Ferner könne, wie dies im Kanton Tessin der Fall sei, die ausländische Konkurrenz das dringende Bedürfnis aus wirtschaftlichen Gründen rechtfertigen. Im Kanton Bern könne weder eine für den ganzen Kanton geltende Tradition noch die Auslandkonkurrenz eine generelle Bewilligung für Sonntagsarbeit rechtfertigen. Der erwähnte Zusammenhang mit einem Weihnachtsmarkt müsse ebenfalls konkret und im Einzelfall geprüft werden.

Mit der vorgeschlagenen Revision soll diese Einzelfallprüfung wegfallen und den Kantonen generell die Möglichkeit eröffnet werden, vier Sonntage zu bestimmen, an denen Verkaufsgeschäfte Personal beschäftigen können.

Die Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) und des Ständerates (WAK-S) haben an ihren Sitzungen vom 18. November 2004 bzw.

von 28. November 2006 die Initiative vorgeprüft und angenommen. Die WAK-N hat unter Beizug des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) am 24. April 2007 dem vorliegenden Erlassentwurf zugestimmt. Eine Minderheit lehnt die Revision ab und beantragt Nichteintreten.

2

Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat unterstützt die von der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates vorgeschlagene Gesetzesänderung.

Die beschränkte Zulassung von Sonntagsarbeit ohne Bedürfnisnachweis wird eine rechtsgleiche Anwendung ermöglichen und für die Kantone die Umsetzung vereinfachen. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die verlangte Revision einem allgemeinen Bedürfnis entspricht, da von der Möglichkeit, am Sonntag einzukaufen, von den Konsumentinnen und Konsumenten vornehmlich in der Adventszeit rege Gebrauch gemacht wird; so kennen bereits heute 19 Kantone Sonntagsverkäufe in der Adventszeit. Einige Kantone der Westschweiz führen keine Weihnachtsverkäufe durch. Dies wird auch in Zukunft weiterhin möglich sein, da die kantonale Kompetenz zum Erlass von Vorschriften über die Sonntagsruhe und die Öffnungszeiten der Betriebe des Detailhandels unangetastet bleibt. Diese Vorschriften sind nämlich 4270

aufgrund von Artikel 71 Buchstabe c des Arbeitsgesetzes vorbehalten. Somit werden die kantonalen oder kommunalen Ladenöffnungsreglemente auch nach Inkrafttreten der vorliegenden Revision bestimmen, ob ein Geschäft am Sonntag offen sein kann.

Das Arbeitsgesetz regelt einzig die Beschäftigung von Personal.

Nach dem oben erwähnten Bundesgerichtentscheid hat das SECO im März 2004 eine Weisung an die Kantone erlassen, worin die Beschäftigung von Personal in Verkaufsgeschäften während der Adventszeit geregelt wird. Diese Weisung wird von den Kantonen unterschiedlich umgesetzt, sodass eine gewisse Rechtsunsicherheit bezüglich Bewilligungspraxis von Sonntagsarbeit in Verkaufsgeschäften herrscht. Die vorgeschlagene Regelung, wonach an vier Sonntagen pro Jahr ohne Bedürfnisnachweis Personal beschäftigt werden kann, würde die erwähnte Rechtsunsicherheit beheben.

Die eidgenössischen und die kantonalen Vollzugsbehörden sind, um ihre Aufgaben optimal wahrzunehmen, auf eine transparente Regelung und eine schweizweit einheitliche Regelung angewiesen. Gerade im Rahmen der Beschäftigung von Personal am Sonntag in Verkaufsgeschäften ist bis heute beides nicht verwirklicht. Die Annahme des vorliegenden Revisionsentwurfs würde zu einer Lösung dieser Probleme beitragen.

Was die Bedenken der Minderheit bezüglich Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angeht, vertritt der Bundesrat die Meinung, dass die bereits geltenden Regeln des ArG, wie der bei vorübergehender Sonntagsarbeit (bis 6 Sonntage pro Jahr) geschuldete Lohnzuschlag von 50 Prozent, das Einverständnis der Angestellten, die Regel des Ersatzruhetages usw. genügen.

Es ist unbestritten, dass sich das Volk 2005 nur sehr knapp (50,6 %) für eine Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten in grossen Bahnhöfen und Flughäfen ausgesprochen hat. Wie bereits erwähnt, kennen aber 19 Kantone Sonntagsverkäufe während der Adventszeit. Sowohl diese Möglichkeit als auch die Möglichkeit, in grossen Bahnhöfen einzukaufen, wird von den Konsumenten und Konsumentinnen rege benützt. Der Bundesrat schliesst deshalb aus dem Ergebnis der Abstimmung vom 27. November 2005, dass das Stimmvolk zwar keine generelle Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten wünscht, die Möglichkeit jedoch schätzt, vereinzelt in Bahnhöfen oder während der Adventszeit am Sonntag einzukaufen.

Der Bundesrat
ist zudem der Überzeugung, dass die Annahme der Vorlage eine grosse Entspannung in der Diskussion über die Sonntagsverkäufe herbeiführen würde. Die Betriebe des Detailhandels hätten klare Vorgaben bezüglich Sonntagsverkauf, und die kantonalen Vollzugsbehörden sähen sich nicht mehr mit einzelnen Gesuchen konfrontiert.

4271

4272