07.004 Jahresbericht 2006 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 19. Januar 2007

«... wir, die Vertreter des Souveräns, vor denen sämtliche Gewalten ausser Kraft gesetzt sind, selbst jene des Staatsoberhauptes (...), wir beabsichtigen nicht, kraft unserer Dekrete Minister einzusetzen oder abzusetzen, sondern nur, die Meinung unserer Wähler zu diesem oder jenem Minister kundzutun.» Honoré Gabriel Riqueti, Comte de Mirabeau Sitzung vom 16. Juli 1789 der verfassungsgebenden Nationalversammlung Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir beehren uns, Ihnen gestützt auf Artikel 55 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG; SR 171.10) den Bericht über die Tätigkeit der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation im Jahr 2006 zu unterbreiten und bitten Sie, davon Kenntnis zu nehmen.

Dieser Bericht gibt Auskunft über die wichtigsten während des Berichtsjahrs vorgenommenen Kontrollen sowie über ihre Ergebnisse und die daraus zu ziehenden Lehren. Ein besonderes Augenmerk gilt auch den Folgen, die den Empfehlungen der Kommissionen und der Delegation gegeben wurden. Dabei wird ebenfalls versucht, deren Wirkung zu beurteilen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

19. Januar 2007

Im Namen der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Die Präsidenten: Hansruedi Stadler, Ständerat Jean-Paul Glasson, Nationalrat

2007-0174

3055

Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

3059

1 Einleitung

3064

2 Auftrag und Organisation 2.1 Auftrag, Instrumente und Aufsichtsbereich der GPKs 2.2 Organisation der GPKs 2.3 Präsident der GPK-N im Amt verstorben 2.4 Informationsrechte und Vertraulichkeit der Arbeiten 2.5 Zusammenarbeit der GPKs mit anderen parlamentarischen Kommissionen

3066 3066 3068 3072 3072

3 Ausgewählte Themen 3.1 Wirtschafts- und Finanzpolitik 3.1.1 Konsumentenschutz im elektronischen Geschäftsverkehr 3.1.2 Einfluss der KMU-Tests auf die Gesetz- und Verordnungsgebung des Bundes 3.1.3 Verwendung der überschüssigen Goldreserven der Nationalbank 3.1.4 Zugriff der amerikanischen Behörden auf die Daten der internationalen Finanztransaktionen der Swift 3.1.5 Wirksamkeit der Kurzarbeitsentschädigung 3.2 Soziale Sicherheit und Gesundheit 3.2.1 Rentenwachstum und Rolle des Bundes in der Invalidenversicherung 3.2.2 Abklärungen im Zusammenhang mit dem Entscheid des EDI vom Juni 2005 in Sachen Komplementärmedizin 3.2.3 Verstärkung und Neustrukturierung der Aufsicht in der beruflichen Vorsorge 3.2.4 Jahresberichte über die Sozialversicherungen gemäss Artikel 76 ATSG 3.2.5 Kostendämpfende Massnahmen im Bereich des KVG 3.2.6 Lebensmittelsicherheit in der Schweiz 3.2.7 Transparenz bei der Prämienfestsetzung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung 3.2.8 Die Zulassung von Medikamenten gemäss Heilmittelgesetz 3.3 Forschung, Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft 3.3.1 Eidgenössische Stiftungsaufsicht am Beispiel der Stiftungen von Dr. Rau 3.3.2 Steuerung der Ressortforschung des Bundes 3.3.3 Abklärungen im Zusammenhang mit dem Schweizerischen Landesmuseum 3.3.4 Strategie für eine Informationsgesellschaft in der Schweiz 3.4 Umwelt, Verkehr und Infrastruktur 3.4.1 Konzeption und Umsetzung von RUMBA 3.4.2 Umgang des Bundes mit Naturgefahren 3.4.3 Wirkungen des Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung

3075 3075 3075

3056

3074

3077 3078 3080 3081 3082 3082 3083 3086 3087 3089 3090 3092 3093 3094 3094 3096 3098 3100 3101 3101 3102 3103

3.5

3.6

3.7

3.8

3.4.4 Zusatzkredit für den Transfer der Informatik- und Kommunikationssysteme der Luftwaffe 3.4.5 Sicherheit in der Zivilluftfahrt 3.4.6 Projekt von Skyguide zur Zusammenführung des oberen Luftraums (UAC-CH) 3.4.7 Die Lehren aus der Swissair-Krise 3.4.8 Qualitätsreport Grundversorgung Internationale Beziehungen und Aussenhandel 3.5.1 Kohärenz und strategische Führung der Aktivitäten der DEZA 3.5.2 Visumerteilung durch die schweizerischen Vertretungen im Ausland 3.5.3 Vollzug der Kriegsmaterialgesetzgebung 3.5.4 Protokolldienst Staat und Verwaltung 3.6.1 Personalpolitik des Bundes 3.6.2 Nebenbeschäftigungen von Bundesbediensteten 3.6.3 Verwaltungsreform 3.6.4 Entschädigung für Mitglieder der ausserparlamentarischen Kommissionen 3.6.5 Personalsituation im Bundesamt für Berufsbildung und Technologie 3.6.6 Personalpolitik im Bundesamt für Migration 3.6.7 Beizug von externen Experten in der Bundesverwaltung 3.6.8 Entscheide des Bundesrats vom 23. November 2005 betreffend das Unternehmen Swisscom AG 3.6.9 Massnahmen zur Bekämpfung des Rinderwahnsinns 3.6.10 Immobilienmanagement des Bundes im zivilen Bereich 3.6.11 Abklärungen im Zusammenhang mit den Immobilienverkäufen der Suva 3.6.12 «Geschäftsprüfungsaudit» im Bundesamt für Sport 3.6.13 Umfeldanalyse des BAG im Zusammenhang mit der Volksinitiative «Ja zur Komplementärmedizin» Justizwesen 3.7.1 Untersuchung von öffentlichen Aussagen des Vorstehers des EJPD zu Gerichtsurteilen (Albisgüetli-Rede) 3.7.2 Umsetzung der Effizienzvorlage und ausserordentliche Untersuchungen in der BA 3.7.3 Anwendung und Wirkung der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht 3.7.4 Kinderschutz im Rahmen der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht 3.7.5 Probleme der internationalen Rechtshilfe an Russland 3.7.6 Errichtung eines Controllingverfahrens am Bundesgericht 3.7.7 Reglement des Bundesgerichts betreffend die Aufsicht über die erstinstanzlichen Gerichte Sicherheit 3.8.1 Interner Bericht des Inspektorats des VBS 3.8.2 Umsetzung der Armee XXI im Bereich der Ausbildung

3104 3105 3107 3109 3110 3111 3111 3113 3114 3117 3119 3119 3120 3121 3122 3124 3126 3126 3129 3131 3132 3133 3134 3135 3136 3136 3138 3140 3141 3144 3145 3146 3147 3147 3148 3057

3.8.3 Verteidigungsattachés 3.8.4 Rüstungsbeschaffung im VBS 3.9 Staatsschutz und Nachrichtendienste 3.9.1 Auftrag und Organisation der GPDel 3.9.2 Einführung in die Tätigkeiten der Delegation 3.9.3 Zusammenarbeit zwischen der GPDel und der FinDel bei der Aufsicht über geheime Projekte 3.9.4 Sicherheitspolitische Führung des Bundesrats und Aufbau der Auswerteplattformen zwischen den Nachrichtendiensten 3.9.5 Satellitenaufklärungssystem des VBS (Projekt «Onyx») 3.9.6 Benutzung der Schweiz und ihres Luftraums für aussergerichtliche Gefangenentransporte 3.9.7 Zusammenarbeit der BA und der Bundeskriminalpolizei mit dem FBI 3.9.8 Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Deutschland im Bereich der Sicherheit der Fussballweltmeisterschaft 2006 3.9.9 Ausweisungsbeschluss gegen K.

3.9.10 «Rote Liste» an der Feier zum 1. August 2006 auf dem Rütli 3.9.11 Fall Covassi 3.9.12 Quellenführung durch den Dienst für Analyse und Prävention 3.9.13 Fall Padilla 3.9.14 Das schweizerische Sicherheitsdispositiv und der Fall Mohamed Achraf 4 Geschäftsberichte 2005 und weitere Berichte 4.1 Geschäftsbericht 2005 des Bundesrats 4.2 Geschäftsbericht 2005 des Bundesgerichts 4.3 Geschäftsbericht 2005 des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 4.4 Geschäftsbericht 2005 des Bundesstrafgerichts 4.5 Weitere von den GPKs behandelte Berichte Anhänge 1 Jahresbericht 2006 der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle 2 Einige Zahlen und Angaben zur allgemeinen Prüfungstätigkeit der Geschäftsprüfungskommissionen 3 Tabellen der Parlamentarischen Vorstösse der GPKs

3058

3149 3151 3152 3152 3153 3154 3155 3158 3159 3162 3163 3163 3165 3165 3166 3167 3169 3170 3170 3173 3174 3175 3176

3178 3215 3217

Abkürzungsverzeichnis AB AHV ANAG APK-S Aramis

ARK Art.

AS ATSG BA BAFU BAG BAK BAKOM BASPO BAV BAZL BBl BBL BBT BFM BFU BGG BJ BK BKP BLN BLW BPG BPV BPV BSE BStG

Amtsblatt Alters- und Hinterlassenenversicherung Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer vom 23.3.1931 (SR 142.20) Ausserpolitische Kommission des Ständerats Administration Research Action Management Information System; Aramis ist ein elektronisches Informationssystem, in welchem alle Forschungs- und Entwicklungsprojekte erfasst werden, die ganz oder teilweise vom Bund finanziert oder durchgeführt werden Schweizerische Asylrekurskommission Artikel Amtliche Sammlung Bundesgesetz vom 6.10.2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (SR 830.1) Bundesanwaltschaft Bundesamt für Umwelt Bundesamt für Gesundheit Bundesamt für Kultur Bundesamt für Kommunikation Bundesamt für Sport Bundesamt für Verkehr Bundesamt für Zivilluftfahrt Bundesblatt Bundesamt für Bauten und Logistik Bundesamts für Berufsbildung und Technologie Bundesamt für Migration Büro für Flugunfalluntersuchungen Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17.6.2005 (Bundesgerichtsgesetz, BBl 2005 4045).

Bundesamt für Justiz Bundeskanzlei Bundeskriminalpolizei Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung Bundesamt für Landwirtschaft Bundespersonalgesetz vom 24.3.2000 (SR 172.220.1) Bundesamt für Privatversicherungen Bundespersonalverordnung vom 3.7.2001 (SR 172.220.111.3) Bovine Spongiforme Enzephalopathie (Rinderwahnsinn) Bundesstrafgericht

3059

BStP BSV BV BVET BVG BWIS BWL bzw.

CIG DAP DEZA DRA DSG DSP EBK EDA EDI EFD EffVor EFK EJPD EMRK EPA ESARR ETH EU EVD EVG EZV FBI Fedpol ff.

FinDel FIS FKs FLAG 3060

Bundesgesetz über die Bundesstrafrechtspflege vom 15.6.1934 (SR 312,0).

Bundesamt für Sozialversicherung Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18.4.1999 (SR 101) Bundesamt für Veterinärwesen Bundesgesetz vom 25.6.1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (SR 831.40) Bundesgesetz vom 21.3.1997 über die Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (SR 120) Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung beziehungsweise Centre Islamique in Genf Dienst für Analyse und Prävention Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit Direktion für Ressourcen und Aussennetz Bundesgesetz vom 19.6.1992 über den Datenschutz (SR 235.1) Direktion für Sicherheitspolitik Eidgenössische Bankenkommission Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Eidgenössisches Departement des Innern Eidgenössisches Finanzdepartement Effizienzvorlage Eidgenössische Finanzkontrolle Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (Europäische Menschenrechtskonvention; SR 0.101) Eidgenössisches Personalamt Eurocontrol Safety Regulatory Requirements; europaweit geltende Sicherheitsanforderungen, die von allen EurocontrolMitgliedstaaten umgesetzt werden müssen Eidgenössische Technische Hochschule Europäische Union Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement Eidgenössisches Versicherungsgericht Eidgenössische Zollverwaltung Federal Bureau of Investigation Bundesamt für Polizei fortfolgende Finanzdelegation der eidgenössischen Räte Islamische Heilsfront Finanzkommissionen Führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget

FMG GPDel GPK-N GPKs GPK-S GRN GRS GUS HMG HR IDA IGE IKS ISIS IV KIG KKJPD KKPKS KMG KMU KMV KOF KPA KRK KTI KVF-N KVFs KVG LFG LGV MSG NAD NBG NEAT

Fernmeldegesetz vom 30.4.1997 (SR 784.10) Geschäftsprüfungsdelegation Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats Geschäftsprüfungskommissionen Geschäftsprüfungskommission des Ständerats Geschäftsreglement des Nationalrats vom 3.10.2003 (SR 171.13) Geschäftsreglement des Ständerats vom 20.6.2003 (SR 171.14) Gemeinschaft Unabhängiger Staaten Bundesgesetz vom 15.12.2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte (SR 812.21) Human Ressource Interdepartementalen Arbeitsgruppe Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum Interkantonale Kontrollstelle für Heilmittel Informatisiertes Staatsschutz-Informationssystem Invalidenversicherung Bundesgesetz vom 5.10.1990 über die Information der Konsumentinnen und Konsumenten (SR 944.0) Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten der Schweiz Bundesgesetz vom 13.12.1996 über das Kriegsmaterial (SR 514.51) Kleine und mittlere Unternehmen Verordnung vom 25.2.1998 über das Kriegsmaterial (Kriegsmaterialverordnung; SR 514.511) Konjunkturforschungsstelle der ETH Konferenz der Präsidien der Aufsichtskommissionen und -delegationen Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20.11.1989 (Kinderrechtskonvention, SR. 0.107).

Förderagentur für Innovation des Bundes Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen der eidg. Räte Bundesgesetz vom 18.3.1994 über die Krankenversicherung (SR 832.10) Bundesgesetz vom 21.12.1948 über die Luftfahrt (SR 748.0) Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung vom 23.11.2005 (SR 817.02).

Musée Suisse Gruppe NEAT-Aufsichtsdelegation Bundesgesetz vom 3.10.2003 über die Schweizerische Nationalbank (Nationalbankgesetz; SR 951.11) Neue Eisenbahn-Alpentransversale 3061

NGO NLR OECD Onyx OR ParlG PUK PVK RIPOL RK-N RK-S RUMBA RVOG Safir SECO SES SGG SGK-N SiA SiK-N SiK-S SNB SND SP SPFA SPK-N SR StGB Stv.

Suva SVP Swift Swissmedic Tarmed

3062

Nichtregierungsorganisationen «Stichting Nationaal Lucht- en Ruimtevaartlaboratorium», d.h.

niederländisches Luft- und Raumfahrtinstitut Organisation für Wirtschaftszusammenarbeit und Entwicklung Satellitenaufklärungssystem des VBS Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht; SR 220) Bundesgesetz vom 13.12.2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz; SR 171.10) Parlamentarische Untersuchungskommission Parlamentarische Verwaltungskontrolle Automatisiertes Fahndungsregister der Polizei Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats Kommission für Rechtsfragen des Ständerats Ressourcen- und Umweltmanagement in der Bundesverwaltung Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21.3.1997 (SR 172.010).

Projekt «Safety First» zur Verbesserung der Luftfahrtsicherheit Staatssekretariat für Wirtschaft Single European Sky; ein von der Europäischen Kommission ausgearbeitetes Projekt der Neustrukturierung des europäischen Luftraums für grössere Sicherheit und Effizienz im Luftverkehr Bundesgesetz vom 4.10.2002 über das BStG (SR 173.71).

Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats Sicherheitsausschuss des Bundesrats Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats Sicherheitspolitische Kommission des Ständerats Schweizerische Nationalbank Strategischer Nachrichtendienst Sozialdemokratische Partei der Schweiz Sekretariat der parlamentarischen Aufsicht über Finanzen und Alptransit Staatspolitische Kommission des Nationalrats Systematische Rechtssammlung Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21.12.1937 (SR 311.0) Stellvertretende/r Schweizerische Unfallversicherungsanstalt Schweizerische Volkspartei Socitey für Worldwide Interbank Financial Telecommunication Schweizerisches Heilmittelinstitut Einzelleistungstarif, der für sämtliche in der Schweiz erbrachten ambulanten ärztlichen Leistungen im Spital und in der freien Praxis Gültigkeit hat

TUG u.a.

UAC-CH UKI UNO URA US UVEK UVG UWG VAE VBPV VBS VEKF VFSD VGG VND VWIS WBK-N WBKs ZBSA

Bundesgesetz vom 30.4.1997 über die Organisation der Telekommunikationsunternehmung des Bundes (Telekommunikationsunternehmensgesetz; SR 784.11) unter anderem Upper Area Control Center Switzerland; Projekt von Skyguide zur Zusammenführung des oberen Luftraums Unabhängige Kontrollinstanz Vereinte Nationen Eidgenössisches Untersuchungsrichteramt United States (Vereinigte Staaten) Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Bundesgesetz vom 20.3.1981 über die Unfallversicherung (SR 832.20) Bundesgesetz vom 19.12.1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (SR 241).

Vereinigte Arabische Emirate Verordnung vom 6.12.2001 des EFD zur Bundespersonalverordnung (SR 172.220.111.31) Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Verordnung vom 15.10.2003 über die elektronische Kriegführung (SR 510.292) Verordnung vom 18.12.1995 über den Flugsicherungsdienst (SR 748.132.1) Bundesgesetz vom 17.6.2005 über das Bundesverwaltungsgericht (SR 173.32).

Verordnung vom 26.9.2003 über die Nachrichtendienste im Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (Nachrichtendienstverordnung VBS; SR 510.291) Verordnung über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit vom 27.6.2001 (SR 120.2) Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats Kommissionen für Wissenschaft, Bildung und Kultur Zentralschweizer BVG- und Stiftungsaufsicht

3063

Bericht 1

Einleitung

Die Information spielt in unserer modernen demokratischen Gesellschaft eine Schlüsselrolle und ist aus der Tätigkeit der Geschäftsprüfungskommissionen (GPKs) nicht mehr wegzudenken. Mit der Kommunikation über die Ergebnisse ihrer Arbeit zeigen die GPKs zunächst, dass ihnen daran liegt, einen Beitrag an die politische Debatte und die Meinungsbildung der Bürgerinnen und Bürger zu leisten. Ausserdem engagieren sie sich so für mehr Transparenz im Handeln des Staates und fördern das Vertrauen in die Institutionen. Daneben verleiht das Echo der Öffentlichkeit den Empfehlungen der GPKs gegenüber der Regierung grösseres Gewicht.

Damit spielen die Medien eine zentrale Rolle für die Wirksamkeit der parlamentarischen Oberaufsicht.

Allerdings steht die Arbeit der Kommissionen häufig im Konflikt zu den Forderungen nach Information und den Ansprüchen der Medien. Die GPKs leisten eine vielschichtige, bedächtige, ausdauernde und wenig spektakuläre Arbeit, während die Medien ihre Aufmerksamkeit auf das unmittelbare Tagesgeschehen und auf Ereignisse ausrichten. Zudem befassen sich die GPKs häufig mit politisch heiklen Themen, die Diskretion und Vertraulichkeit erfordern. Indiskretionen und vorschnelle, auf vereinzelten Wissensbruchstücken beruhende Urteile erschweren, ja gefährden den harmonischen Ablauf der parlamentarischen Kontrollarbeit.

Vor diesem Hintergrund bildet die Informationsarbeit der GPKs eine Gratwanderung: Sie muss der Nachfrage der Öffentlichkeit und der Medien gerecht werden und gleichzeitig genügend Zeit und Sachlichkeit bewahren, damit die Kommissionen die angefangenen Arbeiten abschliessen können. Angesichts dieser Schwierigkeiten machten sich die GPKs im Jahre 2006 Gedanken über die Orientierung ihrer Informationspolitik. Diese Überlegungen rechtfertigen sich vor allem deshalb, weil die GPKs regelmässig an die Behörden appellieren, die Informationspolitik besser in den Griff zu bekommen: Grund genug für die GPKs, diese Forderung auch selbst zu beherzigen.

Anlässlich des jährlichen Seminars forderten die Kommissionen mehrere Informationsfachleute auf, die aktuelle Praxis der GPKs zu evaluieren. Ein Experte vertrat die Auffassung, die GPKs sollten «die Lust am Schweigen» neu für sich entdecken und sich nur dann vor den Medien äussern, «wenn sie etwas zu sagen haben»; ein zweiter kommentierte,
die Information der GPKs sei zu langsam und treffe nie «rechtzeitig» ein. Die teilweise widersprüchlichen Anmahnungen verdeutlichen die uneinheitlichen Erwartungen, die an die Informationspolitik der GPKs gerichtet werden.

Nach Abschluss dieser Überlegungen verabschiedeten die GPKs neue Leitlinien über ihre Information und Kommunikation1. Im Wesentlichen gilt für die GPKs der Grundsatz, bis auf Ausnahmefälle erst nach Abschluss einer Untersuchung zu informieren, wenn sie in der Lage sind, ihre Feststellungen und Würdigungen vollständig, rasch und transparent mitzuteilen. Die Kommissionen bemühen sich, die 1

S. Leitlinien über die Information und Kommunikation der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte vom 22.5.2006, www.parlament.ch.

3064

Information so zu antizipieren und einzuplanen, dass die Schlussfolgerungen rasch veröffentlicht werden.

In bestimmten Fällen hielten die GPKs es für sinnvoll, die Öffentlichkeit über eine laufende Untersuchung zu informieren. In diesen Fällen verfolgten die Kommissionen vor allem das Ziel, einen Beitrag an einen laufenden Gesetzgebungsprozess zu leisten, ihre Bereitschaft zu zeigen, eine in der Öffentlichkeit bekannt gewordene Angelegenheit zu klären, auf die Besorgnis der Öffentlichkeit einzugehen, Spekulationen auszuräumen oder aber in wesentlichen Punkten unrichtige oder irreführende Informationen zu verhindern bzw. zu korrigieren. Eine wenn auch nur knappe aktive Informationspolitik kann die betroffenen Personen besser schützen und ermöglicht es, später in Ruhe eine Untersuchung durchzuführen, während absolutes Stillschweigen der GPKs Gerüchte aufbringen könnte.

Die Informationspolitik der GPKs soll ausserdem dazu beitragen, in der Öffentlichkeit und bei den kontrollierten Behörden eine starke, glaubwürdige und wirksame parlamentarische Oberaufsicht zu schaffen, die mit klaren und schlüssigen Botschaften überzeugt. Die GPKs waren diesbezüglich im Jahr 2006 mit einem Problem im Zusammenhang mit dem Beschlussfassungsmechanismus konfrontiert: Im konkreten Fall musste die Möglichkeit geprüft werden, ob eine Kommissionsminderheit in einem Bericht der Kommission ihre unterschiedliche Meinung äussern kann.

Die GPKs stellten fest, dass jedes Parlamentsmitglied juristisch gesehen das Recht hat, Minderheitsanträge zu unterbreiten, dass es aber nicht zweckmässig sei, diese in den Kommissionsberichten zu veröffentlichen. Anders als die Legislativkommissionen haben die GPKs nämlich nicht die Aufgabe, durch eine Gegenüberstellung politische Meinungen herauszuschälen, sondern sind beauftragt, das gesamte Parlament in seiner Oberaufsichtsfunktion gegenüber der Regierung zu vertreten. Deshalb bemühen sich die Kommissionen, unter allen Umständen einen gemeinsamen Standpunkt zu erzielen.

Der Konsensgrundsatz schliesst die Äusserung von unterschiedlichen Meinungen nicht aus. Meinungsunterschiede, Zweifel und Kritik erlauben es, etwaige Schwächen der Untersuchungen aufzudecken und der Sache auf den Grund zu gehen.

Insofern garantieren sie die Qualität der Schlussfolgerungen und der demokratischen Funktionsweise
der GPKs. Obwohl jedes einzelne Mitglied Recht auf eine eigene Meinung hat, bemühen sich die GPKs, über den Tellerrand hinauszuschauen und gegenüber den Medien und politischen Vorurteilen unabhängig zu bleiben. Da den GPKs keine Zwangsmittel gegen die von ihnen kontrollierten Organe zur Verfügung stehen, müssen sie allein auf die Überzeugungskraft ihrer Argumente bauen. Vor diesem Hintergrund können die Kommissionen ihre Kontrollarbeit gegenüber Regierung und Verwaltung wirksamer durchsetzen, wenn sie mit einer Stimme sprechen.

Die Berichtsperiode war für die GPKs ein an Publikationen aller Art reiches Jahr.

Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats (GPK-N) unterbreitete im Februar ihren Bericht über die Verwendung der überschüssigen Goldreserven der Schweizerischen Nationalbank (SNB) (s. Ziff. 3.1.3) und im März den Bericht über die Entscheide des Bundesrats betreffend das Unternehmen Swisscom (s. Ziff.

3.6.8). Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats (GPK-S) veröffentlichte im April die Schlussfolgerungen über Aspekte der Stiftungsaufsicht (s. Ziff. 3.3.1); auf diese Arbeiten folgte im Mai die Veröffentlichung des Berichts der GPK-N über das Netz der Verteidigungsattachés (s. Ziff. 3.8.3). Im Juli publizierte die GPK-S den Bericht über die öffentlichen Aussagen des Vorstehers des EJPD zu Gerichts3065

urteilen (s. Ziff. 3.7.1). Nach der Sommerpause erschienen die Schlussfolgerungen der GPK-N über die Steuerung der Ressortforschung des Bundes (s. Ziff. 3.3.2) sowie ein Bericht über die Umsetzung der Armee XXI im Bereich der Ausbildung (s. Ziff. 3.8.2). Im Oktober 2006 publizierte die GPK-S eine Untersuchung über den Expertenbeizug in der Bundesverwaltung (s. Ziff. 3.6.7). Im November folgten zwei Berichte der GPK-N über den Vollzug der Kriegsmaterialgesetzgebung bzw. über den Kinderschutz im Rahmen der Zwangsmassnahmen (s. Ziff. 3.5.3 und. 3.7.4). Zu Jahresende wurden die Ergebnisse der Evaluation der GPK-S über die Kohärenz der Tätigkeiten der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) veröffentlicht (s. Ziff. 3.5.1).

Diese Publikationsliste vermittelt einen Einblick in den Umfang und die Vielseitigkeit der Themenbereiche, mit denen sich die GPKs beschäftigen ­ von Sicherheitsfragen über die Aussenpolitik und institutionelle Belange bis zu wirtschaftlichen Themen.

Der vorliegende Jahresbericht vermittelt keinen vollständigen Überblick über alle Kontrolltätigkeiten der GPKs während des Berichtsjahres, sondern behandelt eine Auswahl von Themen, welche die GPKs als repräsentativ für die Funktionsweise des Verwaltungsapparats des Bundes ansehen. Allerdings darf bei der Beschreibung der Bundesverwaltung der Blick nicht auf die wenigen im Bericht beschriebenen Missstände verengt werden. Die GPKs betonen deshalb an dieser Stelle, dass der Bundesrat, die Bundesgerichte und die Bundesverwaltung während des ganzen Jahres hervorragende Arbeit geleistet haben. Dafür sei ihnen herzlich gedankt.

Die GPKs möchten auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sekretariats der GPKs und der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) für die ständige und loyale Unterstützung ihren Dank aussprechen.

Die GPKs haben den vorliegenden Bericht an der Plenarsitzung vom 19. Januar 2007 einstimmig gutgeheissen und seine Veröffentlichung beschlossen. Der Berichtsentwurf wurde gemäss Artikel 157 des Parlamentsgesetzes den betroffenen Behörden zur Stellungnahme unterbreitet. Die abgegebenen Stellungnahmen wurden berücksichtigt.

2

Auftrag und Organisation

2.1

Auftrag, Instrumente und Aufsichtsbereich der GPKs

Die GPKs nehmen im Auftrag der eidgenössischen Räte die parlamentarische Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrats und der Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte sowie der anderen Träger von Aufgaben des Bundes wahr.

Diese Zuständigkeit ist in Artikel 169 der Bundesverfassung2 und in Artikel 52 ParlG festgelegt.

2

Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18.4.1999 (BV; SR 101).

3066

Die GPKs halten sich bei der Ausübung ihres Auftrags an die Grundsätze, die sie selbst erlassen haben3. Die Kommissionen überprüfen hauptsächlich, ­

dass die Bundesbehörden im Sinne der Verfassung und der Gesetze handeln und dass die vom Gesetzgeber übertragenen Aufgaben erfüllt und die Ziele erreicht worden sind (Überprüfung der Rechtmässigkeit);

­

dass die vom Staat getroffenen Massnahmen sinnvoll sind und der Bundesrat seinen Entscheidungsspielraum richtig nutzt (Überprüfung der Zweckmässigkeit);

­

dass die vom Staat getroffenen Massnahmen die gewünschte Wirkung haben (Überprüfung der Wirksamkeit).

Die GPKs erfüllen ihre Aufgaben, indem sie ­

Inspektionen durchführen, d.h. vertiefte Abklärungen, welche die Kommissionen selber mit der Unterstützung des Sekretariats realisieren;

­

die den GPKs direkt unterstellte PVK mit Evaluationen und Expertisen beauftragen4;

­

den Geschäftsbericht des Bundesrats und die Tätigkeitsberichte der Eidgenössischen Gerichte prüfen sowie die Jahresberichte anderer Organe des Bundes (Eidgenössische Bankenkommission [EBK], Eidgenössische Technische Hochschulen [ETH], SNB usw.);

­

gewisse Berichte behandeln, welche der Bundesrat, die Departemente und weitere Stellen in Anwendung verschiedener Rechtserlasse5 den GPKs vorlegen müssen;

­

Behörden und Dienststellen des Bundes besuchen;

­

von Dritten eingereichte Aufsichtseingaben behandeln;

­

die Umsetzung ihrer Empfehlungen an den Bundesrat und an die Eidgenössischen Gerichte prüfen;

­

den eidgenössischen Räten Bericht erstatten (Art. 55 ParlG) und parlamentarische Vorstösse oder parlamentarische Initiativen einreichen.

Der Aufsichtsbereich der GPKs ist sehr umfangreich: Er umfasst alle Tätigkeiten des Bundesrats und der Dienste der Bundesverwaltung sowie der eidgenössischen Gerichte, wobei deren Rechtsprechung von der Aufsicht ausgenommen ist (Art. 30 Abs. 1 und Art. 191 BV, Art. 26 Abs. 4 ParlG).

3

4 5

Die Handlungsgrundsätze der GPKs vom 29.8.2003 und 4.9.2003 wurden in Anhang 2 des Jahresberichts 2002/2003 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 23.1.2004 veröffentlicht (BBl 2004 1673 ff.)

S. Jahresbericht 2006 der PVK im Anhang 1 des vorliegenden Berichts.

S. z.B. Art. 32 des Bundesgesetzes vom 13.12.1996 über das Kriegsmaterial (KMG; SR 514.51), Art. 5 Abs. 1 des Bundespersonalgesetzes vom 24.3.2000 (BPG; SR 172.220.1), Art. 8 Abs. 1 der Verordnung vom 10.6.2004 über die Stellen- und Personalbewirtschaftung im Rahmen von Entlastungsprogrammen und Reorganisation (SR 172.220.111.5), Art. 20 des Bundesbeschlusses vom 4. 10.1991 über den Bau der schweizerischen Eisenbahn- und Alpentransversale (Alpentransit-Beschluss; SR 742.104) oder Art. 10 des Bundesgesetzes vom 18.3.2005 über den Anschluss der Ost- und der Westschweiz an das europäische Eisenbahn-Hochleistungsnetz (HGV-Anschluss-Gesetz, HGVAnG; SR 742.140.3).

3067

Auch alle öffentlich-rechtlichen und privaten Körperschaften ­ wie die Post, SBB AG, RUAG, Skyguide AG oder die Stiftung Pro Helvetia ­ sind der etwas weniger direkten parlamentarischen Oberaufsicht unterstellt, ebenso die Kantone, wenn sie mit der Umsetzung von Bundesrecht beauftragt sind (Art. 46 Abs. 1 und Art. 49 Abs. 2 BV).

Neben den Geschäften, die die GPKs von Gesetzes wegen prüfen müssen, können sie die Gegenstände ihrer Untersuchungen frei bestimmen (Selbstbefassung). Zu diesem Zweck erstellen die GPKs jedes Jahr ein Programm zur Festlegung der Prioritäten für die Aufsicht in jedem Verwaltungsbereich. Es kommt auch vor, dass die Kommissionen Mandate von den eidgenössischen Räten oder von den parlamentarischen Kommissionen erhalten. Die Arbeitsplanung wird regelmässig aktualisiert, um im Laufe des Jahres unvorhergesehene Bedürfnisse ab zu decken.

2.2

Organisation der GPKs

Die GPK-N setzt sich aus 25 Mitgliedern des Nationalrats zusammen, die GPK-S aus 13 Mitgliedern des Ständerats. Die Kommissionen sind jeweils in ständige Subkommissionen unterteilt (Art. 45 Abs. 2 ParlG; Art. 14 Abs. 3 GRN6 und Art. 11 Abs. 1 GRS7), welchen die sieben Eidgenössischen Departemente, die Bundeskanzlei und die Eidgenössischen Gerichte als Aufsichtsbereiche zugeteilt sind.

Die Bereiche werden wie folgt zugewiesen: Subkommission EDA/VBS:

Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport

Subkommission EJPD/BK:

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Bundeskanzlei

Subkommission EFD/EVD:

Eidgenössisches Finanzdepartement Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement

Subkommission EDI/UVEK:

Eidgenössisches Departement des Innern Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

Subkommission Gerichte:

Bundesgericht Eidgenössisches Versicherungsgericht Militärkassationsgericht Bundesstrafgericht Eidgenössisches Verwaltungsgericht Eidgenössische Rekurskommissionen

Die Subkommissionen der GPK-N und der GPK-S haben die gleichen Aufgabenbereiche.

6 7

Geschäftsreglement des Nationalrats vom 3.10.2003 (GRN; SR 171.13).

Geschäftsreglement des Ständerats vom 20.6.2003 (GRS; SR 171.14).

3068

Die Subkommissionen verfolgen im Auftrag der GPKs die Arbeit der ihnen zugeteilten Behörden. Sie leisten die eigentliche Untersuchungsarbeit (z.B. Anhörungen, Expertisen, Anfordern von Unterlagen) und erstatten der Plenarkommission, dem Entscheidungsgremium, Bericht. Die Plenarkommissionen haben die Aufgabe, die Berichte zu verabschieden und den verantwortlichen politischen Behörden Empfehlungen zu unterbreiten (Art. 158 ParlG).

Jede Kommission bestimmt ausserdem drei Mitglieder, welche die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) bilden. Diese befasst sich mit der Überwachung der Tätigkeiten im Bereich des Staatsschutzes und der zivilen und militärischen Nachrichtendienste (Art. 53 Abs. 2 ParlG). Die Delegation konstituiert sich selbst (Art. 53 Abs. 1 ParlG). Sie verfügt über besonders weitreichende Informationsrechte, die in Artikel 154 und 155 ParlG festgelegt sind.

Jede Kommission wählt aus ihrer Mitte zwei Mitglieder der NEAT-Aufsichtsdelegation (NAD), die die parlamentarische Oberaufsicht über die Durchführung der neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) ausübt. Die NAD umfasst ausserdem vier Mitglieder aus den Finanzkommissionen (FKs) sowie vier Vertreter der Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen (KVFs).

Die GPKs können auch Arbeitsgruppen oder ad hoc-Subkommissionen einsetzen, um Themen zu untersuchen, die spezifische Fachkenntnisse erfordern. Im Jahr 2006 bildeten die GPKs die gemeinsame Arbeitsgruppe «Controlling BGer», die den Auftrag hat, die Einführung der in Artikel 2 der Verordnung der Bundesversammlung über die Richterstellen am Bundesgericht8 vorgesehenen Kontrollverfahren durch das Bundesgericht (BGer) zu prüfen. Die im Jahr 2005 eingesetzte ad hocSubkommission Swisscom, die die Rolle des Bundesrats im Zusammenhang mit der Unternehmung Swisscom prüfen sollte, wurde nach Abschluss ihrer Arbeiten aufgelöst (s. Ziff. 3.6.8).

Während des Berichtsjahres kam es zu einigen Änderungen in der Zusammensetzung der GPK-N: Nationalrätin Christine Goll ersetzte Nationalrat Fabio Pedrina, Nationalrat Urs Schweizer löste Nationalrat Ruedi Noser ab, während Nationalrätin Ida Glanzmann-Hunkeler und Nationalrat Urs Hany auf die Nationalrätinnen Brigitte Häberli-Koller und Kathy Riklin folgten.

In der GPK-S gab es keine Änderungen.

Die namentliche Zusammensetzung der GPKs, der Subkommissionen und der Delegation (Stand am 19.1.2007) ist aus der Abbildung 1 zu ersehen.

8

Verordnung der Bundesversammlung vom 23.6.2006 über die Richterstellen am Bundesgericht (AS 2006 2739).

3069

Abbildung 1 Zusammensetzung der GPKs, der Subkommissionen, der Arbeitsgruppen und der Delegation (Stand am 19.1.2007) GPK-N (Plenarkommission) Glasson Jean-Paul (Präsident), Veillon Pierre-François (Vizepräsident), Beck Serge, Binder Max, Brunner Toni, Cathomas Sep, Fasel Hugo, Daguet André, Gadient Brigitta M., Glanzmann-Hunkeler Ida, Glur Walter, Goll Christine, Graf-Litscher Edith, Gyr-Steiner Josy, Hany Urs, Janiak Claude, Mathys Hans Ulrich, Meier-Schatz Lucrezia, Müller Geri, Oehrli Fritz Abraham, Rossini Stéphane, Roth-Bernasconi Maria, Schweizer Urs, Waber Christian, 1 vakanter Sitz (FDP)

GPK-S (Plenarkommission) Stadler Hansruedi (Präsident), Hess Hans (Vizepräsident), Amgwerd Madeleine, Béguelin Michel, Bonhôte Pierre, Briner Peter, Escher Rolf, Hofmann Hans, Kuprecht Alex, Leumann-Würsch Helen, Ory Gisèle, Saudan Françoise, Wicki Franz

Subkommission EDA/VBS Beck Serge (Präsident), Daguet André, Gyr-Steiner Josy, Mathys Hans Ulrich, Meier-Schatz Lucrezia, Müller Geri, Oehrli Fritz Abraham, Rossini Stéphane, Schweizer Urs, Veillon PierreFrançois, Waber Christian

Béguelin Michel (Präsident), Amgwerd Madeleine, Briner Peter, Escher Rolf, Kuprecht Alex, Ory Gisèle

Subkommission EJPD/BK Meier-Schatz Lucrezia (Präsidentin), Binder Max, Brunner Toni, Daguet André, Glanzmann-Hunkeler Ida, Glasson Jean-Paul, Glur Walter, Gyr-Steiner Josy, Janiak Claude, Müller Geri, 1 vakanter Sitz (FDP)

Hess Hans (Präsident), Amgwerd Madeleine, Bonhôte Pierre, Escher Rolf, Leumann-Würsch Helen, Ory Gisèle

Subkommission EFD/EVD Gadient Brigitta M. (Präsidentin), Fasel Hugo, Glasson Jean-Paul, Glur Walter, Goll Christine, Graf-Litscher Edith, Hany Urs, Oehrli Fritz Abraham, Roth-Bernasconi Maria, Schweizer Urs, Waber Christian

3070

Briner Peter (Präsident), Amgwerd Madeleine, Béguelin Michel, Bonhôte Pierre, Kuprecht Alex, Saudan Françoise

Subkommission EDI/UVEK Binder Max (Präsident), Beck Serge, Fasel Hugo, GlanzmannHunkeler Ida, Graf-Litscher Edith, Hany Urs, Mathys Hans Ulrich, Rossini Stéphane, Roth-Bernasconi Maria, Veillon Pierre-François, Waber Christian, 1 vakanter Sitz (FDP)

Kuprecht Alex (Präsident), Béguelin Michel, Escher Rolf, Hofmann Hans, Saudan Françoise, Stadler Hansruedi

Subkommission Gerichte Janiak Claude (Präsident), Brunner Toni, Cathomas Sep, Daguet André, Gadient Brigitta M., Glasson Jean-Paul, Gyr-Steiner Josy, Mathys Hans Ulrich, Müller Geri

Wicki Franz (Präsident), Bonhôte Pierre, Briner Peter, Hess Hans, Ory Gisèle

GPDel Hofmann Hans (Präsident), Fasel Hugo (Vizepräsident), Glasson Jean-Paul, Janiak Claude, Leumann-Würsch Helen, Wicki Franz NAD (nur GPK-Mitglieder) Stadler Hansruedi (Präsident), Binder Max, Cathomas Sep, Hofmann Hans Arbeitsgruppe «BVG-Überschussverteilung» Fasel Hugo (Präsident), Beck Serge, Glur Walter, Goll Christine, Gyr-Steiner Josi, Hany Urs, Mathys Hans Ulrich, Rossini Stéphane Arbeitsgruppe «Controlling BGer» Gadient Brigitta M. (Präsidentin), Glasson Jean-Paul, Hess Hans, Janiak Claude, Wicki Franz Im Jahr 2006 sind die GPKs, die GPDel, die Subkommissionen und die anderen Arbeitsgruppen 116 Mal zu Sitzungen zusammen getreten, die zwischen einem halben Tag und zwei ganzen Tagen dauerten.9

9

Statistische Darstellung s. Anhang 2.

3071

2.3

Präsident der GPK-N im Amt verstorben

Das Berichtsjahr war überschattet vom Hinschied von Nationalrat Kurt Wasserfallen, Präsident der GPK-N.

Kurt Wasserfallen starb am 2. Dezember 2006 im Alter von 59 Jahren. Er war verheiratet und Vater von zwei Kindern. 1985 stieg er in die Politik ein und wurde in der Stadt Bern, die er liebte und wo er lebte, dank seiner Qualitäten, schnell als Politiker erster Güte anerkannt. Von 1985 bis 1990 sass er im Berner Stadtparlament, von 1990 bis 1999 war er Mitglied des Berner Grossrats. Seit 1993 gehörte er zunächst als Polizeidirektor und danach als Finanzdirektor zur Berner Stadtregierung. Ab 1999 war Kurt Wasserfallen auch FDP-Nationalrat und Mitglied der GPKN. 2004 und 2005 amtierte er als Vizepräsident der GPK-N, am 1. Januar 2006 übernahm er die Präsidentschaft. Zudem war er Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission (SPK).

Kurt Wasserfallen kämpfte seit mehreren Jahren gegen ein Krebsleiden. Er begegnete der Krankheit mit Mut und Zuversicht und setzte sein politisches Engagement unermüdlich fort. Noch eine Woche vor seinem Tod leitete er die Geschäfte der GPK-N.

Kurt Wasserfallen wird als starke Persönlichkeit und als geradliniger, aufrichtiger und freimütiger Politiker beschrieben. Er wich Auseinandersetzungen nie aus und vertrat seine Standpunkte mit hoher Überzeugung. Seinen politischen Gegnern begegnete er in Erfolgen und Niederlagen mit Respekt und verlor nie den Humor.

Mit Kurt Wasserfallen verlieren die Mitglieder der GPK-N einen Kollegen, den sie während zwei Legislaturen schätzen lernten, und einen Menschen, der Optimismus und Lebenswillen ausstrahlte.

Das Büro des Nationalrats hat auf Vorschlag der freisinnig-demokratischen Fraktion Nationalrat Jean-Paul Glasson zum Nachfolger von Kurt Wasserfallen an die Spitze der GPK-N gewählt.

2.4

Informationsrechte und Vertraulichkeit der Arbeiten

Für die Wahrnehmung ihrer Oberaufsichtsaufgabe verfügen die GPKs über weitreichende Auskunftsrechte (Art. 150 und Art. 153 ParlG). Die Kommissionen haben insbesondere das Recht, alle Behörden, Dienststellen und übrigen Träger von Bundesaufgaben direkt zu befragen und können von diesen alle zweckdienlichen Auskünfte verlangen. Die Kommissionen bestimmen selbst, welche Personen sie anhören wollen, mit der einzigen Auflage, die politische vorgesetzte Behörde (Bundesrat, Eidgenössische Gerichte) vorgängig darüber zu informieren. Letztere kann verlangen, sich vor der Anhörung eines ihrer Unterstellten gegenüber den GPKs äussern zu können (Art. 153 Abs. 3 ParlG und Art. 162 Abs. 1 Bst. c ParlG). Bedienstete, die von den GPKs befragt werden, sind von ihrem Amtsgeheimnis entbunden. Die GPKs sind ausserdem berechtigt, sämtliche Dienststellen des Bundes mit oder ohne Vorankündigung zu besuchen. Ausserdem können sie alle sachdienlichen Akten verlangen und Experten beauftragen.

Es gibt zwei Ausnahmen hinsichtlich der Informationsrechte der GPKs. Erstens haben die GPKs keinen Anspruch auf Unterlagen, die der Entscheidungsfindung des Bundesratskollegiums dienen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Dokumente 3072

zu unmittelbar bevorstehenden Entscheidungen, mit denen sich der Bundesrat noch befasst. Dies betrifft in erster Linie die Dokumente des Mitberichtsverfahrens (Art. 15 RVOG10). Zweitens sind die GPKs nicht berechtigt, Informationen zu verlangen, die im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrichtendienste geheim zu halten sind (Art. 150 Abs. 2 ParlG).

Diese beiden Vorbehalte gelten nicht für die GPDel. Letztere verfügt gemäss Artikel 169 Absatz 2 BV und Artikel 154 ParlG über uneingeschränkte Informationsrechte gegenüber den ihrer Aufsicht unterworfenen Behörden und Organen. Sie kann nicht nur alle für die Ausübung ihrer Aufgaben notwendigen Informationen verlangen, sondern auch förmliche Zeugeneinvernahmen anordnen (Art. 155 ParlG), und zwar ohne Rücksicht auf das Amts- und Militärgeheimnis.

Die weitgehenden Auskunftsrechte des GPKs und der GPDel erfordern im Gegenzug eine Vertraulichkeitspflicht. Deshalb verfügen diese Organe über genaue Organisations- und Verfahrensregeln zur Gewährleistung des Geheimnisschutzes (Art.

150 Abs. 3 ParlG). Die Mitglieder der GPKs sind ihrerseits hinsichtlich aller Tatsachen, von denen sie im Rahmen ihres Mandats Kenntnis erhalten, an das Amtsgeheimnis gebunden (Art. 8 ParlG). Verletzungen des Amtsgeheimnisses können mit Disziplinarmassnahmen bestraft (Art. 13 Abs. 2 ParlG) oder strafrechtlich verfolgt werden (Art. 320 StGB 11).

In Fällen, in denen die GPKs beschliessen, Informationen über Missstände oder Mängel in der Geschäftsführung zu veröffentlichen, erteilt das Gesetz den betroffenen Behörden eine Gelegenheit zum rechtlichen Gehör (Art. 157 ParlG). In der Praxis werden die Feststellungen der Kommissionen den betroffenen Behörden in Form eines vorläufigen Berichts unterbreitet. Diese beziehen generell schriftlich Stellung; die Behörden können indessen um eine Gelegenheit zur Anhörung vor dem jeweils zuständigen Gremium der GPKs bitten. Die betroffenen Behörden können in ihrer Stellungnahme ihre eigenen Argumente ins Feld führen, die Beschreibung der Sachlage korrigieren oder neue Angaben hinzufügen. Die Stellungnahmen werden im Schlussbericht in geeignetem Ausmass berücksichtigt. Er wird in der Regel veröffentlicht, sofern keine schutzwürdigen Interessen entgegenstehen (Art. 158 Abs. 3 ParlG). Im Jahr 2006 kam dies nicht vor; alle Berichte der GPKs
wurden veröffentlicht.

In ihrem letzten Jahresbericht erwähnten die GPKs die Streitigkeit mit einem kantonalen Untersuchungsrichter12. Dieser hatte um die Offenlegung der Anhörungsprotokolle der GPKs ersucht. Die Präsidenten lehnten dieses Gesuch ab. Das mit einer Klage des Untersuchungsrichters befasste Bundesstrafgericht (BStG) wies das Begehren letztinstanzlich zurück und stellt fest, dass die Verweigerung der GPKs im vorliegenden Fall begründet sei.

Im Jahr 2006 hatte das BStG Gelegenheit, seinen Standpunkt in der gleichen Angelegenheit zu bestätigen. Im Entscheid vom 4. Mai 200613 lehnte das BStG es erneut ab, dass die Anhörungsprotokolle der GPKs dem Untersuchungsrichter offengelegt würden. Das Gericht wies die Forderungen des Richters mit der Begründung zurück, dieser habe im Rahmen des Strafverfahrens die Möglichkeit, die von den GPKs 10 11 12 13

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21.3.1997 (RVOG; SR 172.010).

Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21.12.1937 (SR 311.0).

Siehe Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 20.1.2006 (BBl 2006 4312).

Entscheid der Beschwerdekammer des BStG vom 4.5.2006 (BB.2006.18).

3073

angehörten Personen selbst zu befragen. Angesichts der besonderen Umstände des Falls anerkannte das BStG, dass die Weigerung der GPKs offensichtlich begründet war und dass es nicht legitim sei, dem Begehren des Untersuchungsrichters stattzugeben. Dieser Entscheid ist nicht beschwerdefähig.

2.5

Zusammenarbeit der GPKs mit anderen parlamentarischen Kommissionen

Im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit messen die GPKs und die GPDel der engen Zusammenarbeit mit den FKs und mit der Finanzdelegation (FinDel) grosse Bedeutung bei. Dazu werden insbesondere gemeinsame Sitzungen organisiert, auf denen die Subkommissionen der GPKs und der FKs verschiedene Themen zusammen behandeln. Das ist z.B. der Fall für die Prüfung des Geschäftsberichts und der Jahresrechnung der RUAG, der Post, der SBB AG, der Swisscom AG, von Skyguide sowie des ETH-Rats; ausserdem wurde der Voranschlag des ETH-Rats gemeinsam geprüft. Im Berichtsjahr traf die sich GPDel zweimal mit der FinDel, um über die parlamentarische Behandlung von geheimen Bereichen zu diskutieren. Die Delegationen beschlossen, die Zusammenarbeit zu vertiefen, und verabschiedeten eine Vereinbarung, die 2007 in Kraft treten soll (weitere Einzelheiten s. Ziff. 3.9.3).

Die GPKs und die FKs arbeiten auch in der Konferenz der Präsidien der Aufsichtskommissionen und -delegationen (KPA) zusammen. Diese Konferenz stellt die materielle Koordination der Prüfungsprogramme sicher und entscheidet über Anträge der Kommissionen, die darauf abzielen, die Wirksamkeit von Erlassen des Bundes durch die PVK oder durch die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) überprüfen zu lassen (Art. 54 ParlG). Die KPA hat im Berichtsjahr zwei Sitzungen abgehalten. Im Juni hat sie eine Vereinbarung zwischen den Aufsichtskommissionen und dem Bundesrat angenommen. Gegenstand ist der Inhalt der Berichte über die Personalpolitik, welche der Bundesrat in Anwendung von Artikel 5 Absatz 1 Bundespersonalgesetz erstattet (weitere Einzelheiten s. Ziff. 3.6.1). Anlässlich dieser Sitzung nahm die KPA eine Machbarkeitsstudie der EFK zu einer Evaluation der Kompensationsgeschäfte im Bereich des Rüstungsmaterials zur Kenntnis. Die KPA stimmte der Durchführung der Evaluation zu und bat die sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats (SiK-N), von der die Initiative ausging, die Arbeit der EFK zu begleiten. Die EFK wurde zudem beauftragt, die GPKs und die FKs über die Ergebnisse der Evaluation zu informieren. Anlässlich der Dezembersitzung nahm die KPA die Prüfungsprogramme 2007 der GPKs, der FinDel, der PVK und der EFK zur Kenntnis und stimmte sie aufeinander ab.

Daneben unterhielten die GPKs auch zahlreiche Kontakte mit der NAD. Die Vertreter der GPKs in der NAD
erstatten an jeder Plenarversammlung Bericht über die Arbeiten. Bei Bedarf können die GPKs der NAD besondere Aufträge erteilen. Die GPKs prüfen ausserdem zweimal jährlich die Standberichte des Bundesamts für Verkehr (BAV) und den Tätigkeitsbericht der NAD. Anschliessend wird dieser Bericht den eidgenössischen Räten wechselweise von den GPKs und von den FKs unterbreitet.

Die operationelle Zusammenarbeit zwischen den GPKs und der GPDel einerseits und den FKs, der FinDel und der NAD andererseits wird durch das Sekretariat der GPKs und das Sekretariat der parlamentarischen Aufsicht über Finanzen und Alptransit (SPFA) gewährleistet. Die Mitarbeiter treffen sich alle zwei Monate zu 3074

Koordinationssitzungen, um die Arbeiten zu planen und Informationen über laufende Dossiers auszutauschen.

Die GPKs stehen ausserdem in regem Dialog mit den parlamentarischen Legislativkommissionen. Im Berichtsjahr wurde die GPDel von der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats (RK-N) um eine Einschätzung des Abkommens zwischen den schweizerischen Strafverfolgungsbehörden und den Vereinigten Staaten nach den terroristischen Anschlägen vom 11. September 2001 gebeten. Die GPK-N unterbreitete der sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats (SiK-S) den Bericht über die Umsetzung der Armee XXI im Bereich der Ausbildung. Die SiK-S soll im Rahmen des Entwicklungsschritts 2008/2011 der Armee darüber beraten.

Ausserdem legte die GPK-N den Kommissionen für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBKs) den Bericht über die Ressortforschung vor, und zwar mit Blick auf die Prüfung der Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation in den Jahren 2008 bis 2011 (Botschaft BFI 2008­2011). Die GPK-N unterhielt auch Kontakte mit der aussenpolitischen Kommission des Ständerats (APK-S). Ziel war die Abstimmung der Arbeiten der beiden Kommissionen im Anschluss an VisaProbleme in bestimmten schweizerischen Vertretungen im Ausland. Dabei wurde vereinbart, dass sich die APK-S mit den aussenpolitischen Aspekten befassen und die GPK-N die Visumerteilungsverfahren prüfen sollte.

Die GPKs stellen fest, dass sich die Zusammenarbeit unter den parlamentarischen Kommissionen im Berichtsjahr vor allem dank der Gewandtheit der Kommissionssekretäre deutlich verbessert hat. Die reichen und vielseitigen Kontakte zwischen den Sekretären bedeuten eine wertvolle Quelle an Erfahrungen für die Verbesserung der Funktionsweise und der Effizienz der parlamentarischen Gremien.

3

Ausgewählte Themen

3.1

Wirtschafts- und Finanzpolitik

3.1.1

Konsumentenschutz im elektronischen Geschäftsverkehr

Die GPK-N ging im Rahmen einer Inspektion zum Konsumentenschutz im elektronischen Geschäftsverkehr im Jahr 2004 unter anderem der Frage nach, ob die technologieneutrale Gesetzgebung im Bereich des Vertragsrechts beim elektronischen Geschäftsverkehr (Handel zwischen einem Konsumenten und einem InternetAnbieter) ein im Vergleich zu traditionellen Handelsformen gleichwertiges Konsumentenschutzniveau gewährleistet.

Die Ergebnisse einer Evaluation der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle14 zeigten der GPK-N klar auf, dass die Eigenheiten des elektronischen Geschäftsverkehrs in der Praxis einem gleichwertigen Konsumentenschutz entgegenstehen. Diese Feststellung ist nicht nur für den Konsumentenschutz von zentraler Bedeutung, sondern auch für die Entwicklung dieser Geschäftsform in der Schweiz. Die wirtschaftlich wichtige Entwicklung des elektronischen Geschäftsverkehrs ist wesentlich vom Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten in diese Geschäftsform abhängig. Ein vertrauensbildender Konsumentenschutz kann deshalb einen substan14

S. Evaluation der PVK über den E-Commerce: Evaluation des Konsumentenschutzes in der Schweiz. Schlussbericht der PVK vom 13.5.2004 (BBl 2005 4987).

3075

tiellen Beitrag zum Ausbau dieser Geschäftsform leisten. Der elektronische Geschäftsverkehr bietet gerade auch für die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), besonders in Randregionen, neue Chancen.

Die GPK-N schloss am 9. November 2004 ihre Inspektion mit einem Schlussbericht ab15 und richtete entsprechende Empfehlungen an den Bundesrat. Verschiedene Feststellungen und Schlussfolgerungen der GPK-N waren zu diesem Zeitpunkt in den Revisionsarbeiten des Bundesrats zum Obligationenrecht16, zum Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb17, zum Bundesgesetz über den Datenschutz18 und zum Bundesgesetz über die Information und den Schutz der Konsumenten19 berücksichtigt. Am 9. November 2005 beschloss der Bundesrat diese Vorarbeiten, die in der Vernehmlassung kontrovers aufgenommen worden waren, zu beenden und keine Massnahmen in diesem Bereich vorzuschlagen. Er erachtet das geltende Recht als genügend.

Die GPK-N setzte sich Anfang des Jahres 2006 mit der entsprechenden Stellungnahme des Bundesrats auseinander. Sie konnte sich jedoch der Sichtweise des Bundesrats nicht anschliessen. Sie ist nach wie vor der Ansicht, dass die heutige Gesetzgebung keinen ausreichenden Konsumentenschutz gewährleistet. Aufgrund der Eigenheiten des elektronischen Geschäftsverkehrs führt die technologieneutrale Ausgestaltung der gesetzlichen Regelungen in der Praxis zu einem tieferen Konsumentenschutzniveau als bei traditionellen Geschäftsformen. Es besteht deshalb Handlungsbedarf seitens des Gesetzgebers. Die GPK-N reichte in der Folge eine Parlamentarische Initiative ein20. Sie fordert darin, die schweizerische Rechtsordnung sei so anzupassen, dass sie im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs nachstehende Punkte gewährleiste:

15 16 17 18 19 20

1.

Eine Identifikationspflicht für inländische Internetanbieter,

2.

ein nicht wegbedingbares Nachbesserungsrecht oder ein nicht wegbedingbares Recht auf Ersatzleistung bei Lieferung mangelhafter Ware,

3.

spezifische Vorschriften für den Vertragsabschluss, die Artikel 1 ff. Obligationenrecht unter Berücksichtigung der Eigenheiten des elektronischen Geschäftsverkehrs konkretisieren,

4.

ein der EU-Gesetzgebung entsprechendes Widerrufsrecht.

S. Bericht der GPK-N über den Konsumentenschutz im elektronischen Geschäftsverkehr: Vertragliche Aspekte und Datenschutz vom 9.11.2004 (BBl 2005 4967).

Bundesgesetz vom 30.3.1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (fünfter Teil: Obligationenrecht) (OR; SR 220).

Bundesgesetz vom 19.12.1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG; SR 241).

Bundesgesetz vom 19.6.1992 über den Datenschutz (DSG; SR 235.1).

Bundesgesetz vom 5.10.1990 über die Information der Konsumentinnen und Konsumenten (KIG; SR 944.0).

S. Pa.Iv.06.457 «Verbesserung des Konsumentenschutzes im elektronischen Geschäftsverkehr» vom 18.9.2006.

3076

3.1.2

Einfluss der KMU-Tests auf die Gesetz- und Verordnungsgebung des Bundes

Die GPK-N hatte im Rahmen einer Inspektion auf der Grundlage einer Evaluation der PVK21 im Jahr 2005 festgestellt, dass die beim Bund zur Anwendung gelangenden KMU-Tests einen geringen Bekanntheitsgrad, eine beschränkte Nutzung und einen kleinen Einfluss auf den politischen Entscheidungsprozess aufweisen22. Diese Instrumente ­ es handelt sich um die Regulierungsfolgenabschätzung, den KMU-Verträglichkeitstest und das KMU-Forum ­ sollten gewährleisten, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen von Regulierungsprojekten insbesondere auf die KMU offen gelegt und im politischen Entscheidungsprozess berücksichtigt werden. Aufgrund dieses wichtigen Ziels richtete die GPK-N sechs Empfehlungen an den Bundesrat.

Der Bundesrat nahm Stellung zu den Feststellungen und Empfehlungen der GPK-N und zwar im Rahmen seines Berichts vom 18. Januar 2006 betreffend «Vereinfachung des unternehmerischen Alltags: Massnahmen zur administrativen Entlastung und Erleichterung der Regulierung» (Ziff. 5.1)23. Die Kommission nahm mit Befriedigung zur Kenntnis, dass der Bundesrat die Einschätzung der GPK-N teilt und Massnahmen im Sinne der Empfehlungen ergriffen hat.

So weitete das EVD das Mandat des Forums KMU auch auf die Information des Parlaments aus. Dadurch erhalten die jeweils zuständigen parlamentarischen Kommissionen systematisch Kopien der Stellungnahmen des Forums KMU, und die Mitglieder des Forums können durch die Kommissionen angehört werden. Auch der Bundesrat will in seinem Entscheidungsprozess die KMU-Tests besser einbeziehen.

Im Weiteren soll jedes Jahr eine Liste mit maximal zehn wichtigen Regulierungsfolgenabschätzungen in den Zielen des Bundesrats integriert werden. Bei diesen bedeutenden Projekten wird zu einem frühen Zeitpunkt eine ausführliche Regulierungsfolgenabschätzung oder eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt. Danach erfolgt während des Vernehmlassungsverfahrens ein KMU-Verträglichkeitstest, und das Forum KMU kann zu den Resultaten des Tests Stellung nehmen. In der Folge wird die erste Regulierungsfolgenabschätzung angepasst und das Resultat des KMUVerträglichkeitstests berücksichtigt. Dieses findet dann Eingang in die Botschaft des Bundesrats. Bei der Erarbeitung der Tests sind sowohl das SECO als auch das zuständige Amt involviert. Damit wird die entsprechende Empfehlung der GPK-N unter Berücksichtigung
der beschränkten Ressourcen umgesetzt.

Die GPK-N forderte den Bundesrat ebenfalls auf, eine bessere Koordination der KMU-Tests innerhalb eines Regulierungsprojekts zu gewährleisten, um deren Wirkung zu optimieren. Da die Vernehmlassungsfrist bei Regulierungsprojekten vorgegeben ist und diese einen wichtigen Einfluss auf die KMU-Tests hat, beschloss der Bundesrat, die personellen Ressourcen für die Durchführung der KMU-Verträglichkeitstests und für das Sekretariat des Forums KMU im SECO zu erhöhen. Die Resultate des KMU-Verträglichkeitstests werden in Zukunft in den bundesrätlichen Botschaften in Ziffer über die wirtschaftlichen Auswirkungen, die Stellungnahmen des KMU-Forums im Teil über die Vernehmlassungsergebnisse behandelt.

21 22 23

S. Evaluation der PVK über die drei «KMU-Tests» des Bundes: bekannt? genutzt?

wirkungsvoll? vom 23.2.2005 (BBl 2006 3229).

S. Bericht der GPK-N über die KMU-Tests des Bundes und ihr Einfluss auf die Gesetzund Verordnungsgebung vom 20.5.2005 (BBl 2006 3217).

S. Stellungnahme des Bundesrats vom 18.1.2006 (BBl 2006 3311).

3077

Die Empfehlungen der GPK-N, fachliche Synergien bei der Erstellung von Verträglichkeitstests departementsübergreifend zu nutzen, die Ämter für die KMU-Tests vermehrt zu sensibilisieren und die systematische Durchführung der Regulierungsfolgenabschätzung federführend beim SECO anzusiedeln oder durch Spezialisten auf Stufe der Generalsekretariate zu prüfen, will der Bundesrat folgendermassen umsetzen: Das SECO soll bei der Durchführung und Betreuung der Regulierungsfolgenabschätzung stärker involviert werden, um so mehr Informationen für die Verträglichkeitstests zu erhalten und die Kontakte mit den Ämtern zu intensivieren.

Die beiden betroffenen Dienststellen des SECO sollen in Zukunft noch enger zusammenarbeiten. Die GPK-N geht mit dem Bundesrat einig, dass so die Qualität der KMU-Tests weiter verbessert werden kann.

3.1.3

Verwendung der überschüssigen Goldreserven der Nationalbank

Die GPK-N hat Anfang Februar 2006 ihren Bericht zur Verteilung des Erlöses aus den überschüssigen Goldreserven der SNB an Bund und Kantone verabschiedet und veröffentlicht24. In ihrer durch die Aufsichtseingabe der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz ausgelösten Untersuchung ging sie der Frage nach, ob der Entscheid des Bundesrats vom 2. Februar 2005 rechtmässig war, der zur Auszahlung des Erlöses aus den für die Währungsreserven nicht mehr benötigten Goldreserven zu einem Drittel an den Bund und zu zwei Dritteln an die Kantone führte.

Die Kommission gelangte zum Schluss, dass es sich bei diesem Erlös um kumulierte Aufwertungsgewinne der Goldreserven handle und der Bundesrat mit seinem Beschluss keine Rechtsverletzung begangen, sondern nur das geltende Recht gemäss Artikel 99 BV25 und Artikel 31 Nationalbankgesetz26 angewendet habe. Sie stützte sich dabei insbesondere auf ein bei Professor Paul Richli in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten.

Aus Sicht der Kommission lag es im Ermessen des Bundesrats, das geltende Recht anzuwenden, nachdem der Ständerat am 16. Dezember 2004 durch seinen zweiten Nicht-Eintretens-Entscheid den letzten Vorschlag des Bundesrats für eine andere Mittelverwendung abgelehnt hatte. Der Bundesrat sah in der Folge davon ab, einen neuen Vorschlag für die Mittelverwendung auszuarbeiten, da er dafür keine politische Mehrheit im Parlament sah. Im Weiteren forderten auch die Kantone als vom geltenden Recht vorgesehene hauptsächliche Empfänger des Erlöses Anfang 2005 dessen Ausschüttung.

Die Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP) kritisiert in ihrer Aufsichtseingabe das Vorgehen bei der Ausschüttung des Erlöses aus den überschüssigen Goldreserven. Obwohl Artikel 31 Absatz 2 Nationalbankgesetz die Verstetigung der Gewinnauszahlung vorsieht, erfolgte die Auszahlung der 21,1 Milliarden Franken im zweiten Quartal 2005 innerhalb kürzester Zeit. Die Verstetigungsregel bezweckt, Sicherheit für die Budgetierung und Rechnung der Kantone und des Bundes zu 24

25 26

S. Bericht der GPK-N über die Verwendung der überschüssigen Goldreserven der Schweizerischen Nationalbank: Rechtliche und politische Feststellungen aus der Perspektive der Oberaufsicht vom 7.2.2006 (BBl 2006 6251).

Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18.4.1999 (BV; SR 101).

Bundesgesetz vom 3.10.2003 über die Schweizerische Nationalbank (Nationalbankgesetz, NBG; SR 951.11)

3078

schaffen. Eine verstetigte Auszahlung der 21,1 Milliarden Franken hätte allerdings keinen Beitrag dazu geleistet, da die Höhe dieses Aufwertungsgewinns schon seit längerem in etwa bekannt war und gerade auch die Kantone mit ihrem Anteil rechneten. Die Mehrheit der GPK-N erachtete in diesem Fall die Verstetigungsvorschrift als verletzt. Eine Minderheit der Kommission hielt die vollständige Auszahlung in einer kurzen Zeitspanne für rechtmässig. Um die Situation für zukünftige Fälle zu klären, hat die GPK-N eine Motion eingereicht27, die den Bundesrat beauftragt, Artikel 31 Absatz 2 des Nationalbankgesetzes dahingehend zu ergänzen, dass das Parlament im Falle eines ausserordentlichen Goldverkaufs über die Ausschüttung unter Einhaltung des verfassungsmässigen Schlüssels ( des Erlöses an den Bund und an die Kantone) entscheidet.

Die SP kritisierte in ihrer Eingabe im Weiteren, dass der Erlös aus den überschüssigen Goldreserven im Rahmen der Jahresrechnung 2004 der SNB von den so genannten freien Aktiven in den Gewinn überführt wurde, obwohl die im Januar 2005 publizierten Eckwerte der SNB die 21,1 Milliarden Franken noch nicht als Gewinn ausgewiesen hatten und auch der Bundesrat Anfang Februar 2005 eine Auszahlung im Rahmen der Jahresrechnung 2005 der SNB annahm. Die Abklärungen der GPK-N ergaben, dass dieses Vorgehen rechtskonform war und den geltenden Rechnungslegungsvorschriften entsprach. Der zweite Nicht-Eintretens-Entscheid des Ständerats am 16. Dezember 2004 auf die Vorlage des Bundesrats war gemäss dieser Beurteilung das für die Jahresrechnung 2004 der SNB relevante Ereignis. Die GPK-N ist jedoch der Ansicht, dass sich der Bundesrat und auch die SNB ­ zumindest bis zum Beschluss der Generalversammlung der SNB über die Jahresrechnung 2004 ­ aus rechtlicher Sicht mit guten Gründen auch auf den Zeitpunkt des Bundesratsentscheids vom 2. Februar 2005 hätten abstützen können. Dann wäre der Erlös in der Jahresrechnung 2005 der SNB als Gewinn ausgewiesen und 2006 ausbezahlt worden. Hier besteht aus Sicht der GPK-N noch Klärungsbedarf. Sie forderte dementsprechend den Bundesrat auf, die Beweggründe für seinen plötzlichen Meinungsumschwung, der zu einer Auszahlung des Erlöses aus den überschüssigen Goldreserven im Jahr 2005, und nicht wie zuerst angekündigt im Jahr 2006, geführt hatte, umfassend darzulegen.
Betreffend die bundesrätliche Kommunikation zum Gold-Dossier richtete die GPK-N ebenfalls eine Empfehlung an den Bundesrat. Sie musste im Verlauf ihrer Untersuchung feststellen, dass der Bundesrat in seinen Ausführungen insbesondere zu den verschiedenen Vorlagen, welche die Verwendung des Erlöses aus den überschüssigen Goldreserven betrafen, sowohl in der Öffentlichkeit als auch in den vorberatenden Kommissionen zu wenig klar zwischen den rechtlichen Vorgaben und dem politisch Gewünschten unterschieden hatte. Deshalb entstand der Eindruck, dass Parlament und Stimmvolk auf jeden Fall über die Verwendung des Erlöses mitbestimmen könnten. Die GPK ist aus diesem Grunde der Auffassung, dass der Bundesrat in Zukunft solche Unterschiede klar darzulegen hat.

Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme vom 28. Juni 200628 mit Befriedigung zur Kenntnis genommen, dass die Ausschüttung der 21,1 Milliarden Franken Golderlös an Bund und Kantone aus Sicht der GPK-N rechtmässig war. Hingegen teilte er die Beurteilung der Kommissionsmehrheit nicht, wonach die Ausschüttung verstetigt über einen längeren Zeitraum hätte erfolgen müssen. Dementsprechend 27 28

S. Mo. 06.3010 «Zukünftige Ausschüttungen aus ausserordentlichen Goldverkäufen» vom 7.2.2006.

S. Stellungnahme des Bundesrats vom 28.6.2006 (BBl 2006 6293).

3079

bekämpft er auch die von der GPK-N eingereichte Motion. Im Weiteren wies er die Vorwürfe zurück, Parlament und Volk hätten sich nicht über die Ausschüttung der 21,1 Milliarden Franken äussern können und er habe in seinen Stellungnahmen nicht klar zwischen politischer und rechtlicher Beurteilung unterschieden.

3.1.4

Zugriff der amerikanischen Behörden auf die Daten der internationalen Finanztransaktionen der Swift

Am 23. Juni 2006 machte die New York Times publik, dass sich amerikanische Behörden im Rahmen eines geheimen Programms Zugriff auf Daten der Gesellschaft «Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication» (Swift) verschafft haben. Bei der Swift handelt es sich um eine in Belgien angesiedelte Genossenschaft, die ein Telekommunikationsnetz für den Nachrichtenaustausch zwischen den Geldinstituten, die ihr angehören, unterhält. Diese Genossenschaft leitet die für die Finanztransaktionen notwendigen Informationen zwischen Banken, Brokerhäusern, Börsen und anderen Finanzinstituten weiter. Täglich werden elf Millionen Nachrichten über dieses Netz ausgetauscht. Auch ein grosser Teil der schweizerischen Finanzinstitute sind an Swift angeschlossen. Die SNB wie auch weitere schweizerische Finanzinstitute sind am Genossenschaftskapital der Swift beteiligt.

Der US-Präsident hatte im September 2001 dem amerikanischen Finanzministerium den Auftrag erteilt, geeignete Massnahmen zu ergreifen, um Informationen über Zahlungen zur Terrorfinanzierung zu erhalten. Das Finanzministerium entwickelte daraufhin ein geheimes Programm mit Namen «Terrorist Finance Tracking Program». Im Rahmen dieses Programms verlangte das amerikanische Finanzministerium von der amerikanischen Tochtergesellschaft der Swift Zugang zu den für die Terrorismusermittlung relevanten Daten, was ihm in der Folge auch gewährt wurde.

Nachdem der GPK-N Informationen vorlagen, dass auch die Schweiz durch dieses Programm betroffen sei und gewisse Dienststellen der Bundesverwaltung frühzeitig informiert gewesen sein sollen, beschloss die sie, die Thematik im Rahmen der durch sie ausgeübten parlamentarischen Oberaufsicht aufzugreifen. Sie verlangte vom Bundesrat eine erste Stellungnahme und führte Anhörungen mit Vertretern der SNB und der EBK sowie dem Eidgenössischen Datenschützer und einem Bankexperten durch.

Im Vordergrund der Untersuchung steht die Frage, ob das Verhalten der schweizerischen Behörden rechtmässig und zweckmässig war. Die Kommission interessiert sich jedoch auch für die Auswirkungen dieser Datenweitergabe auf das Bankgeheimnis und auf den Ruf des Finanzplatzes Schweiz.

Die Untersuchung ist noch im Gang und sollte im ersten Halbjahr 2007 abgeschlossen werden können.

3080

3.1.5

Wirksamkeit der Kurzarbeitsentschädigung

Im Rahmen der im Jahr 2005 initiierten Nachkontrolle zur Inspektion «Wirksamkeit der Kurzarbeitsentschädigung» der GPK-N29, befasste sich die Kommission mit der im Dezember 2005 erschienenen Studie «Wirksamkeit der Kurzarbeitsregelung in der Rezession 2001­2003» der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF).

Die Studie kam auf der Basis der beigezogenen Daten zum Schluss, dass von den untersuchten Firmen diejenigen mit Kurzarbeit ihre Beschäftigung im Verhältnis zu einem Rückgang des Auftragseingangs stärker abgebaut hatten als solche ohne Kurzarbeit. Daraus schlossen die Autoren, dass die Kurzarbeitsregelung ihr Ziel, Arbeitsplätze dauerhaft zu sichern und Entlassungen zu vermeiden, zu verfehlen scheint. Im Weiteren stellte die Studie fest, dass die Kurzarbeit in Rezessionszeiten nur einen sehr kleinen Teil der Beschäftigten betrifft. Dies deute auf eine geringe Effektivität dieses Instruments hin. Die Studie verneinte allerdings einen strukturerhaltenden Effekt der Kurzarbeitsentschädigung (also die Verhinderung notwendiger Bereinigungen der Wirtschaftsstruktur).

Die GPK-N erachtete verschiedene Feststellungen der KOF-Studie als wichtig. So stellten die Autoren beispielsweise fest, dass die Firmen, die Kurzarbeitsentschädigungen bezogen, ihre Beschäftigung innerhalb der Rezessionsphase überdurchschnittlich abbauten und die Kurzarbeitsentschädigung offenbar ihr Ziel verfehle. In seiner Stellungnahme zu den Fragen der GPK-N führte der Vorsteher des EVD aus, das durch die Studie festgestellte Phänomen könne durch die Erfahrungen in der Vollzugspraxis erklärt werden. Die betroffenen Arbeitgeber gingen zuerst von einem vorübergehenden Auftragsrückgang aus und beantragten in der Folge Kurzarbeitsentschädigung. Nach einer gewissen Zeit würden sie feststellen, dass der Nachfragerückgang anhält und deshalb Angestellte entlassen werden müssen. Die dadurch resultierende Verzögerung des Arbeitsplatzabbaus sei zu begrüssen. In seiner Stellungnahme ist das EVD der Ansicht, man könne nicht davon ausgehen, dass die Kurzarbeitsentschädigung den gesetzlichen Zweck grundsätzlich nicht erfülle oder gar zu einer Beschleunigung des Strukturwandels führe. Das Departement wies die Kommission darauf hin, dass das Instrument der Kurzarbeitsentschädigung mit allen anderen Instituten der Arbeitslosenversicherung
durch das SECO und eine Expertenkommission überprüft und darüber Bericht erstattet werde.

Die Stellungnahme des EVD liess aus Sicht der Kommission einige der in der KOF-Studie aufgeworfenen Fragen offen. Insbesondere die Frage, ob bei einer Gesamtbetrachtung die positiven Effekte der Kurzarbeitsentschädigung deren Kosten aufwiegen, blieb unbeantwortet. So kann beispielsweise ein durch die Kurzarbeitsentschädigung verzögerter Arbeitsplatzabbau sowohl für die Arbeitnehmenden wie auch für die Unternehmen von Interesse sein. Gemäss SECO kann auch eine günstigere Kostensituation für die Arbeitslosenversicherung resultieren, wenn die Stellensuche während der Kurzarbeitsphase erleichtert wird. Die Kommission lud deshalb das EVD ein, eine solche Gesamtbetrachtung im Rahmen der laufenden Überprüfung der Institute der Arbeitslosenversicherung durchführen zu lassen und deren Resultate im Schlussbericht aufzunehmen. Der Bericht der Expertenkommis-

29

S. Bericht der GPK-N über die Wirksamkeit der Kurzarbeitsentschädigung vom 23.10.1998 (BBl 1999 II 1911).

3081

sion wurde am 22. November 2006 durch den Bundesrat zur Kenntnis genommen30.

Er konnte von der GPK-N jedoch nicht mehr im Berichtsjahr behandelt werden.

3.2

Soziale Sicherheit und Gesundheit

3.2.1

Rentenwachstum und Rolle des Bundes in der Invalidenversicherung

Im vergangenen Jahresbericht hat die GPK-S über die Ergebnisse ihrer Untersuchung betreffend den Vollzug der Invalidenversicherung (IV) orientiert.31 In ihrem Bericht vom 19. August 200532 rügte die GPK-S vor allem den uneinheitlichen Versicherungsvollzug, Schwachstellen der Bundesaufsicht, die ungenügende Wahrnehmung der Aufgaben der Gesetzgebungsentwicklung und die noch unzureichende Ausschöpfung der verschiedenen Ressourcen (insbesondere im Bereich der Forschung). Ebenso kritisierte die GPK-S die Intransparenz und ungenügende Datenqualität hinsichtlich der IV-Situation beim Bund.

Die GPK-S hat im Februar 2006 von der zu ihrem Bericht erstellten Stellungnahme des Bundesrats33 Kenntnis genommen. Die GPK-S konnte feststellen, dass der Bundesrat in den meisten Bereichen die Umsetzung der verschiedenen Forderungen der Kommission an die Hand nehmen will. Insbesondere begrüsste die GPK-S, dass bereits Einiges in Gang ist, um die Aufsicht im Bereich der IV zu systematisieren und zu professionalisieren.

Vorbehalte brachte der Bundesrat bei der Frage der Neustrukturierung der eidgenössischen AHV/IV-Kommission zu einer je eigenen AHV- und IV-Kommission an.

Eine Aufteilung würde gemäss Bundesrat unnötige Schnittstellen schaffen und die Gesamtschau, welche in der heutigen AHV/IV-Kommission möglich ist, ginge verloren. Hingegen begrüsse der Bundesrat eine vermehrte strategische Ausrichtung dieser Kommission. Die GPK-S hielt an ihrer Auffassung fest, dass die strategische Neuausrichtung ein wichtiges Instrument zur Beeinflussung des Rentenwachstums in der IV darstellt. Sie regte deshalb an, dass der Bundesrat die Neustrukturierung der Kommission anlässlich der Trennung des AHV- und IV-Fonds prüfen sollte.

Ausserdem erachtete es der Bundesrat als nicht notwendig, eine strikte organisatorische Entflechtung der IV von der AHV im Sinne der GPK-S anzustreben. Entscheidend sei, dass die Vollzugsstellen gesetzeskonform, effizient und effektiv arbeiten. Hierzu stehe die Stärkung der Aufsicht des Bundes im Vordergrund. Die GPK-S begnügte sich vorerst mit dieser Auffassung des Bundesrats. Es wird im Rahmen der 5. IV-Revision und späterer Vollzugskontrollen zu prüfen sein, ob das Ziel mit einer verstärkten Aufsicht erreicht werden kann.

30

31 32

33

S. Bericht der Expertenkommission über die Neuregelung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes für die längerfristige Finanzierung der Arbeitslosenversicherung vom 10.10.2006 (http://www.news.admin.ch/dokumentation/00002/00015/ index.html?lang=de&msg-id=8464).

S. Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 20.1.2006 (BBl 2006 4342).

Bericht der GPK-S über das Rentenwachstum in der Invalidenversicherung: Überblick über die Faktoren des Rentenwachstums und die Rolle des Bundes vom 19.8.2005 (BBl 2006 2245).

Stellungnahme des Bundesrats vom 21.12.2005 (BBl 2006 2401).

3082

Die GPK-S verdeutlichte schliesslich gegenüber dem Bundesrat, dass ihr an der Herstellung von Transparenz hinsichtlich der Auswirkungen der IV auf die berufliche Vorsorge sehr gelegen ist. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) war diesbezüglich noch in Abklärung, wie der Regelungsbedarf und die Zunahme der invaliditätsbedingten Kosten in der beruflichen Vorsorge untersucht werden soll.

Die GPK-S erwartet im Rahmen einer Nachkontrolle konkrete Ergebnisse.

Die GPK-S bat den Bundesrat, ihren in der Replik auf die Stellungnahme des Bundesrats formulierten Bemerkungen Rechnung zu tragen. Wie üblich wird die GPK-S in ca. zwei Jahren die Umsetzung ihrer Forderungen und der vom Bundesrat getroffenen Massnahmen zum Gegenstand einer Nachkontrolle machen.

Es ist daran zu erinnern, dass die GPK-S in ihrem Bericht auch verschiedene Schlussfolgerungen hinsichtlich der in den eidgenössischen Räten hängigen Vorlage zur 5. IV-Revision formulierte. Die GPK-S informierte sich im Februar 2006 deshalb auch über die Umsetzung ihrer Vorschläge und Empfehlungen im Gesetzgebungsprozess. So war es erfreulich festzustellen, dass der Nationalrat in der Frühjahrssession 2006 die Bedenken der GPK-S hinsichtlich der Schaffung einer neuen Aufsichtskommission teilte und diese ebenfalls ablehnte. In der Sommersession 2006 folgte der Ständerat diesbezüglich dem nationalrätlichen Beschluss. Nach Ansicht der GPK-S wären Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen der Aufsichtskommission und den Aufsichtsaufgaben des BSV vorprogrammiert gewesen, was wiederum zu Aufsichtslücken hätte führen können. Ebenfalls haben die von der GPK-S aufgezeigten kantonalen Unterschiede bei der Zusprechung von Renten sowie die Frage von Anreizmodellen für die Arbeitgebenden zur Beschäftigung invalider Personen in die Gesetzesberatung der 5. IV-Revision Eingang gefunden.

Besonders zu erwähnen ist, dass die GPK-S mit dem Abschluss dieser Untersuchung zwei Motionen34 eingereicht hat. Die eidg. Räte haben die Motion 05.3468 bereits behandelt und angenommen. Die zweite Motion 05.3469 hat der Ständerat bereits angenommen. Sie ist zurzeit im Nationalrat hängig. Mit der Annahme dieser Motionen werden die zentralen Anliegen einer verstärkten Bundesaufsicht über den IV-Vollzug und die Herstellung von Transparenz über die IV-Situation beim Bund als Arbeitgeber umgesetzt.

3.2.2

Abklärungen im Zusammenhang mit dem Entscheid des EDI vom Juni 2005 in Sachen Komplementärmedizin

Die GPK-S orientierte bereits im vergangenen Jahresbericht über die Einleitung von Vorabklärungen im Zusammenhang mit dem Entscheid des EDI vom 2. Juni 2005 in Sachen Komplementärmedizin35.

Das EDI beschloss am 2. Juni 2005, die Leistungspflicht der Krankenversicherer für fünf komplementärmedizinische Methoden auf den 1. Juli 2005 aufzuheben. Das EDI hat seinen Entscheid am 3. Juni 2005 kommuniziert. Bereits am 6. Juni 2005 34

35

Mo. 05.3468 «Festlegung einer Gesamtstrategie für eine verstärkte Aufsicht des Bundes über den IV-Vollzug» vom 19.8.2005. Mo. 05.3469 «Schaffung von Transparenz bezüglich der IV-Entwicklung beim Bundespersonal» vom 19.8.2005.

S. Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 20.1.2006 (BBl 2006 4347).

3083

gab der Krankenversicherer «Groupe Mutuel, Association d'assureurs» (in der Folge als Groupe Mutuel bezeichnet) eine neue Zusatzversicherung bekannt. Dieser Ankündigung folgte ab 9. Juni 2005 eine nationale Werbekampagne der Groupe Mutuel zu deren neuen Produkt.

Diese Aktion wurde in der Öffentlichkeit kritisiert. Insbesondere wurden Vermutungen geäussert, dass Groupe Mutuel über den Entscheid des EDI vom 2. Juni 2005 vorinformiert war. In der Folge wurden die Nähe des Vorstehers des EDI zur Groupe Mutuel und deren mögliche Einflussnahme auf gesundheitspolitische Entscheide in den Medien und in politischen Kreisen thematisiert.

Die GPK-S stellte fest, dass sich die im Anschluss an den Entscheid des EDI vom 2. Juni 2005 in Sachen Komplementärmedizin geäusserten Vermutungen einer privilegierten Behandlung der Groupe Mutuel in den gründlichen Abklärungen der GPK-S nicht bestätigt haben. Die GPK-S hat ihre diesbezüglichen Arbeiten im März 2006 deshalb abgeschlossen.

Anlässlich dieser Abklärungen gelangte die GPK-S allerdings zu weiteren Feststellungen und Schlüssen, die sich wie folgt beschreiben lassen: ­

Die GPK-S gelangte zur Ansicht, dass das EDI den Entscheid vom 2. Juni 2005 hinsichtlich seiner Auswirkungen (auch auf andere Departemente) ungenügend vorbereitet hat.

Der Entscheid, die fünf Methoden der Komplementärmedizin aus der Grundversicherung auszuschliessen, entfaltete unmittelbare Wirkung auf den 1. Juli 2005. Zwar kündigte das EDI gleichzeitig mit seinem Entscheid an, dass die Versicherer für die aus der Grundversicherung fallenden Leistungen Zusatzversicherungen anbieten dürften, die allen Versicherten zugänglich sein werden. Diese Äusserung des EDI vermochte die Verunsicherung unter den betroffenen Versicherten allerdings nicht zu beseitigen.

Erst am 13. Juni 2005 gab das EDI eine Empfehlung an alle Krankenversicherer ab, «komplementärmedizinische Therapien, die bis spätestens 30. Juni 2005 begonnen haben, noch während drei Monaten (bis Ende September 2005) zu vergüten». Diese späte, nicht offiziell kommunizierte und auch nicht verbindliche Empfehlung vermochte die Fragen nicht zu beantworten und sorgte eher noch für Verwirrung. Die Konstellation, dass Leistungen in der Grundversicherung gekappt werden, ohne dass sie eine entsprechende Prämienreduktion zur Folge haben, brauchten Krankenversicherer indirekt als Argumentarium, um die Produkte im Zusatzversicherungsbereich zum Nullpreis (Stichwort Gratisprämie) anbieten zu wollen.

Einige Versicherer versuchten zudem, eine Versicherungsdeckung durch stillschweigenden Vertragsabschluss (Stichwort Zuteilungsverfahren) herbeizuführen. Solche Bestrebungen konnten vom Bundesamt für Privatversicherungen (BPV) nicht gutgeheissen werden.

Vor dem Hintergrund der Ereignisse musste die GPK-S das Fehlen einer rechtzeitigen und korrekten Übergangsregelung beanstanden. Das EDI hätte mit einer entsprechenden Übergangsregelung (nach Konsultation des BPV) einen grossen Teil der Aufregung und Verunsicherung vermeiden können und müssen. Die Kommission war der Ansicht, dass das EDI auch sich selbst durch ein proaktiveres und transparenteres Vorgehen mehr Handlungsspielraum hätte verschaffen können.

3084

Die GPK-S bat den Vorsteher des EDI, in künftigen Fällen den Überlegungen der Kommission Rechnung zu tragen.

­

Die GPK-S stellte im Zusammenhang mit dem Entscheid des EDI vom 2. Juni 2005 einen fehlenden Einbezug des BPV durch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) fest. Zu beanstanden war, dass das BAG das BPV in keiner Weise über den anstehenden Entscheid vororientierte, noch das für die Prämienfestsetzung zuständige BPV einbezog. Nach Ansicht der Kommission wäre eine Orientierung durch das BAG von der Sache her notwendig gewesen. Das BPV war als Tarifbewilligungsbehörde vom Entscheid des EDI unmittelbar betroffen. Die sonst in einer ständigen Arbeitsgruppe institutionalisierte Zusammenarbeit und Informationsplattform der beiden Ämter funktionierte in diesem Fall nicht.

Die GPK-S forderte die Vorsteher des EDI und des EFD auf, der Zusammenarbeit zwischen den beiden Ämtern grössere Aufmerksamkeit zu schenken und Massnahmen zur Verbesserung der Kooperation und gegenseitigen Information zu treffen. Eine intensive Zusammenarbeit ist umso wichtiger als sich die beiden Ämter die Aufsicht im Bereich der Krankenversicherung teilen.

­

Die Praxis des BPV lässt es zu, dass Versicherer für noch nicht genehmigte Produkte Werbung machen. Hingegen darf ein Produkt vor dessen Genehmigung durch das BPV nicht kommerzialisiert werden. Eine Kommerzialisierung liegt gemäss Praxis des BPV dann vor, wenn ein Vertrag über ein Versicherungsprodukt abgeschlossen wird. Die GPK-S forderte das EFD auf, die diesbezügliche Praxis des BPV kritisch und im Allgemeinen zu überprüfen. Neben den Interessen der Versicherer an einer möglichst raschen Publizität und Markteinführung neuer Produkte stehen auch Interessen des Konsumentenschutzes sowie Treu und Glauben im Geschäftsverkehr zur Diskussion. Es gilt auch, wettbewerbsrechtliche Grundsätze einzuhalten.

Eine Überprüfung der Praxis hielt die GPK-S auch deshalb für angezeigt, weil sich die Praxis des BPV nicht direkt auf eine gesetzliche Bestimmung abstützten lässt.

­

Schliesslich musste die GPK-S feststellen, dass das BPV im fraglichen Zeitpunkt, als die Gesuche für Zusatzversicherungen eingereicht wurden, unter enormem Arbeitsdruck stand. Der mit lediglich sieben Vollzeitstellen ausgestattete Krankenversicherungsbereich beim BPV ist mit rund 1000 präventiv zu bewilligenden Produkten pro Jahr im Allgemeinen mehr als ausgelastet. Die Ressourcen des BPV in diesem Bereich stehen in einem offensichtlich ungünstigen Verhältnis zu den Aufgaben und Verantwortungen. Die GPK-S forderte das EFD auf, die personellen Kapazitäten in diesem Bereich kritisch zu prüfen und gegebenenfalls intern Massnahmen zur Behebung von Personalengpässen zu treffen bzw. zuhanden des Bundesrats und Parlaments vorzuschlagen.

3085

3.2.3

Verstärkung und Neustrukturierung der Aufsicht in der beruflichen Vorsorge

Wie bereits im vergangenen Jahresbericht36 dargelegt, hat die GPK-N auch im Berichtsjahr die Entwicklungen im Bereich der Aufsicht in der beruflichen Vorsorge aufmerksam verfolgt. Diese Arbeiten stehen im Zusammenhang mit der Untersuchung der GPK-N zur Problematik der Überschussverteilung in der beruflichen Vorsorge37.

Thematisch vertiefte sich die GPK-N in der ersten Hälfte des Berichtsjahrs vor allem in die derzeit stattfindende Strukturreform in der beruflichen Vorsorge. Die zuständige Arbeitsgruppe führte hiezu Gespräche mit dem Präsidenten der Expertenkommission «Strukturreform in der beruflichen Vorsorge» sowie mit dem Geschäftsleiter der Zentralschweizer BVG- und Stiftungsaufsicht (ZBSA).

Ziel der Strukturreform in der beruflichen Vorsorge ist die Verstärkung der Aufsicht. Dabei soll sowohl die direkte Aufsicht optimiert als auch die Oberaufsicht griffiger ausgestaltet werden.

Der Bundesrat hat im Juli 2006 ein Modell für eine Strukturreform in der beruflichen Vorsorge in die Vernehmlassung geschickt (mit Vernehmlassungsfrist bis 31.10.2006). Mit verschiedenen Massnahmen soll eine Optimierung und Verstärkung der Aufsicht erreicht werden. Der Bundesrat schlägt vor, die bisher vom Bund und den Kantonen ausgeübte Direktaufsicht über die Vorsorgeeinrichtungen zur kantonalisieren bzw. regionalisieren. Die Kantone sollen sich nach Möglichkeit zu Aufsichtsregionen zusammenschliessen, wie dies bereits seit 2006 in der Zentralschweiz der Fall und für 2008 auch für die Ostschweiz geplant ist. Durch die Regionalisierung soll neben der vorsorgerechtlichen vor allem die betriebswirtschaftliche Komponente der Aufsicht verstärkt werden.

Die Oberaufsicht soll die Koordination und Vereinheitlichung der Aufsichtsprinzipien durch die Erarbeitung von Standards und Weisungen sicherstellen. Die Oberaufsicht soll künftig nicht mehr vom Bundesrat, sondern von einer Oberaufsichtskommission wahrgenommen werden, deren Sekretariat administrativ dem BSV angegliedert ist.

Nach Ansicht der GPK-N ist es höchste Zeit für die Umsetzung konkreter Massnahmen zur Neustrukturierung der Aufsicht in der beruflichen Vorsorge. Auf Bundesebene wurde bereits in den achtziger Jahren Handlungsbedarf signalisiert. Die Direktaufsicht und Oberaufsicht müssen entflochten und klarer strukturiert werden.

Eine funktionierende Oberaufsicht
muss vermehrt ihren Koordinationsauftrag wahrnehmen und diesen mit Weisungen umsetzen. Ebenso muss sie verstärkt systemstabilisierende und ­überwachende Aktivitäten ausüben. Nach Ansicht der GPK-N bedürfen die Fragen der Finanzierung und der Haftung, die sich aus der Neustrukturierung ergeben werden, noch einer vertieften Betrachtung.

36 37

S. Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 20.1.2006 (BBl 2006 4339).

S. Jahresbericht 2004 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 21.1.2005 (BBl 2005 1933).

3086

Für das Jahr 2007 plant die GPK-N eine Nachkontrolle, bei welcher der Bundesrat Rechenschaft über die Umsetzung der Massnahmen in Folge der Untersuchung der GPK-N über die Überschussverteilung in der beruflichen Vorsorge aus dem Jahr 200438 ablegen muss.

3.2.4

Jahresberichte über die Sozialversicherungen gemäss Artikel 76 ATSG

Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts39 in Kraft getreten. Gemäss Artikel 76 Absatz 1 ATSG überwacht der Bundesrat die Durchführung der Sozialversicherungen und erstattet hierüber regelmässig Bericht.

Die GPKs haben die seit dem gesetzlichen Auftrag erstellten zwei Jahresberichte 2003 sowie 2004 behandelt. Bereits im vergangenen Jahresbericht haben die GPKs auf Mängel dieser Berichterstattung aufmerksam gemacht40.

Es war die GPK-N, welche sich im April des Berichtsjahrs anlässlich des Jahresberichts 2004 gemäss ATSG vertieft mit der Frage der Qualität und Notwendigkeit der entsprechenden Berichterstattung befasste. Sie führte eine Aussprache mit Vertretern des BSV zu diesem Fragenkreis durch.

Die GPKs haben zwar bereits anlässlich des ersten Jahresberichts 2003 festgestellt, dass die Berichterstattung erlaubt, sich rasch einen Überblick über einige allgemeine Entwicklungen in verschiedenen Sozialversicherungsbereichen zu verschaffen.

Beanstandet werden musste hingegen von Anfang an die Aktualität des Berichts.

Der Bericht erscheint mit einem Jahr Verspätung (der Jahresbericht 2003 erschien Ende 2004, der Jahresbericht 2004 Ende 2005). Mangelnde Aktualität weisen insbesondere auch die statistischen Daten auf. Der Vorsteher des EDI teilte im Schreiben vom 8. Juni 2005 die Auffassung der Kommissionen, dass die späte Berichterstattung nicht befriedigend sei. Er verwies auf die Problematik der dezentralen Organisation der Sozialversicherungen und den Zeitbedarf für die Datenerhebung. Gleichzeitig kündigte er bereits an, dass der Bundesrat beschlossen habe, die Aufhebung der Berichterstattungspflicht im Rahmen der 11. AHV-Revision zu beantragen.

Mangels Aktualität sind die Bedeutung und der Beachtungsgrad der Berichterstattung gemäss Artikel 76 ATSG tatsächlich nicht sehr gross. Aufgrund der vertieften Analyse des Jahresberichts 2004 kam die GPK-N zum Schluss, dass die Berichterstattung immer noch ungenügend sei und im Vergleich zu anderen Publikationen (z.B. Sozialversicherungsstatistiken, Bericht über die Entwicklung der Sozialversicherungen bis 2030 in Erfüllung des Po. 00.3743, Spezialberichte einzelner Vollzugsstellen im Sozialversicherungsbereich) keinen Informationsmehrwert darstelle.

Auch wenn die Berichterstattung, wie sie der
Bundesrat heute in Vollzug von Artikel 76 ATSG leistet, nicht zu überzeugen vermag, ist gegen das vorgesehene Instrument der Berichterstattung an sich nichts einzuwenden. Die GPK-N stellt fest, 38 39 40

Bericht der GPK-N über die Problematik der Überschussverteilung in der beruflichen Vorsorge vom 22.6.2004 (BBl 2005 609).

Bundesgesetz vom 6.10.2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1).

S. Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 20.1.2006 (BBl 2006 4348).

3087

dass aktuelle Informationen, statistische Daten und globale Übersichten im zunehmend komplexeren Sozialversicherungsbereich an Bedeutung gewinnen. Sie sind für eine Steuerung und Koordination der Sozialversicherungen unerlässlich. Sie werden auch vom Parlament für den politischen Entscheidungsprozess vermehrt benötigt und gefordert. Auch die in den vergangenen Jahren realisierten Untersuchungen der GPKs in den Bereichen der Gesundheits- und Sozialpolitik belegen, dass für eine wirksame Aufsicht und Steuerung entsprechende Informationen und Statistiken oft fehlen oder ungenügend sind. Aufgrund dieser Überlegungen vermochte es die GPK-N nicht zu überzeugen, dass der Bundesrat die Berichterstattungspflicht gemäss Artikel 76 ATSG tel quel aufheben will und sich damit begnügt, auf jährliche Einsparungen von rund 73 000 Franken zu verweisen.

Die GPK-N sieht eine adäquate Berichterstattung darin, dass Querbezüge, Schnittstellen und Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Sozialversicherungen aufgezeigt werden. Solche Informationen werden teilweise im Rahmen von Gesetzgebungsprojekten (z.B. 5. IV-Revision) oder einzelnen Aufträgen des Parlaments erstellt. Eine systematische und übergeordnete Betrachtungsweise fehlt hingegen.

Weitere wesentliche Aspekte einer Berichterstattung im Bereich der Sozialversicherungen sind nach Ansicht der GPK-N: das Aufzeigen von Strategien und Perspektiven, der Einbezug der politischen Diskussionen und Ideen seitens des Parlaments, die Zusammenfassung der Entwicklungen in der Rechtsprechung oder auch die übersichtliche Zusammenstellung wichtiger wissenschaftlicher Beiträge. Solche Informationen gehen bereits heute aus verschiedenen Publikationen hervor. Hingegen fehlt eine Darstellung im Rahmen von globalen Gesamtübersichten in gebündelter Form.

Die GPK-N hat ihre Beurteilung und Eindrücke zum bisherigen Vollzug von Artikel 76 ATSG am 23. Mai 2006 der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) mitgeteilt. Zum damaligen Zeitpunkt befand sich die SGK-N in Vorberatung der 11. AHV-Revision, anlässlich deren der Bundesrat die Aufhebung des genannten Artikels beantragt. Nach Ansicht der GPK-N ist die Berichterstattung in der aktuellen Form nicht weiterzuführen. Sie erbringt keinen Informationsmehrwert.

Das Instrument der Berichterstattungspflicht
gemäss Artikel 76 ATSG ist als solches entgegen dem Antrag des Bundesrats nicht aufzuheben. Bei der Umsetzung der entsprechenden Bestimmung ist vom Bundesrat eine geeignete Form zu finden, die im Sinne einer Gesamtübersicht aktuelle Informationen zu den Sozialversicherungen bündelt und auch Querbezüge zwischen den Sozialversicherungen darstellt. Diese Berichterstattung ist weniger auf statistische Daten (diese sind bereits heute Gegenstand spezifischer Publikationen) als vielmehr auf strategische Fragen im Bereich der Sozialversicherungen auszurichten. Nach Auffassung der GPK-N kann im Gesetz offen gelassen werden, ob der Bundesrat Artikel 76 ATSG mit einem Sonderbericht vollzieht oder ob er entsprechende Informationen in seinen jährlichen Geschäftsbericht und den Bericht zur Legislaturplanung einbezieht.

Schliesslich ist nach Ansicht der GPK-N vordringlich, die Organisation der statistischen Grundlagen im Sozialversicherungsbereich und deren Auswertung weiterhin zu verbessern.

3088

3.2.5

Kostendämpfende Massnahmen im Bereich des KVG

Vor dem Hintergrund der Entwicklung der Kosten im Gesundheitswesen hatte die GPK-S im Jahr 2002 untersucht, über welche Handlungsspielräume der Bund bei der Verfolgung des Ziels der Kosteneindämmung im Bereich des Krankenversicherungsgesetzes41 verfügt und wie er diese in ausgewählten Bereichen (Spitalplanung und Tarmed) genutzt hat42.

In den Schlussfolgerungen aus der Analyse betonte die GPK-S die Wichtigkeit von Wirkungsanalysen, um die Funktionsweise von Kosten eindämmenden Massnahmen zu erforschen. Zudem hob die GPK-S die Bedeutung einer intensiveren Zusammenarbeit zwischen den Behörden hervor, um die Handlungsspielräume der verschiedenen Akteure konsequent im Dienste der Kosteneindämmung zu nutzen. Bei der Umsetzung von Tarmed empfahl die Kommission dem Bundesrat damals, die Umsetzung der Kostenneutralität zu konkretisieren und die Rechtssicherheit bei den Tarifpartnern und Kantonen zu verbessern.

Zu Beginn des Jahres 2006 führte die GPK-S eine Nachkontrolle durch, um sich über den Stand der Umsetzung der vom Bundesrat eingeleiteten Massnahmen zu orientieren. Ihr lag dazu ein detaillierter Bericht des Bundesrats vom 14. September 2005 vor.

Die GPK-S nahm zur Kenntnis, dass der Bundesrat vermehrt wissenschaftliche Wirkungsanalysen als Entscheidgrundlagen nutzt. Solche Grundlagen liess er für die Gesetzesänderung im Bereich der Kostenbeteiligung, der Vertragsfreiheit, der Pflegefinanzierung und zum Thema der monistischen Spitalfinanzierung sowie zu Möglichkeiten der Förderung von Managed Care erarbeiten. Damit trug der Bundesrat der Forderung der GPK-S Rechnung, vermehrt prospektive Evaluationen einzusetzen. Dies soll eine Weiterentwicklung des Krankenversicherungssystems ermöglichen, unter Betrachtung der Auswirkungen auf andere Systemelemente und das gesamte Krankenversicherungs- und allenfalls Gesundheitssystem.

Der Bundesrat verwies auch auf seine Bemühungen, den eigentlichen Vollzugsnotstand in der Gesundheitsstatistik zu beheben. Zu diesem Thema haben sich die GPKs bereits im vergangenen Jahresbericht ausführlich geäussert43.

Der Bundesrat verwies im Rahmen der Nachkontrolle auf verschiedene Plattformen, durch welche die Zusammenarbeit unter den Behörden und Institutionen im Gesundheitswesen intensiviert wurden. Erwähnt seien etwa der seit 2004 institutionalisierte gesundheitspolitische
Dialog zwischen den Kantonen und dem Bund, Arbeitstagungen oder das tripartite Kostenneutralitätsbüro im Zusammenhang mit der Einführung der neu vereinbarten Tarifstruktur Tarmed.

Der Bundesrat ist auch im Bereich der Spitalplanung und Leistungsfinanzierung auf die Empfehlungen und Prüfungsaufträge der GPK-S eingegangen. Zahlreiche Aspekte und Themen dieses Bereichs befinden sich allerdings noch in parlamentarischer Beratung.

41 42 43

Bundesgesetz vom 18.3.1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10).

S. Bericht der GPK-S über die Einflussnahme des Bundes auf die Kostendämpfung im Bereich des Krankenversicherungsgesetzes vom 5.4.2002 (BBl 2003 345).

S. Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 20.1.2006 (BBl 2006 4341).

3089

Die von der GPK-S gewünschte Wirkungsanalyse der kantonalen Spitalplanungen konnte der Bundesrat im März 2005 abschliessen. Im Bereich Tarmed hat der Bundesrat Empfehlungen zur Umsetzung der bilateralen Rahmenverträge zur Einführung der Tarifstruktur formuliert. Damit dürfte sich die Erwartungssicherheit der Tarifpartner erhöht haben. Eingeleitet hat der Bundesrat bereits erste Massnahmen, um die Wirkungen des Tarmed zu überprüfen. Mit Ergebnissen aus der Evaluation ist frühestens im Jahr 2007 zu rechnen.

Insgesamt konnte die GPK-S feststellen, dass der Bundesrat den Empfehlungen und Aufträgen der GPK-S aus dem Jahre 2002 im Grossen und Ganzen Rechnung getragen hat. Die Kommission erklärte sich im Brief vom 17. Februar 2006 gegenüber dem Bundesrat zufrieden mit dem Umsetzungsstand und schloss ihre Arbeiten ab.

Die Umsetzung vieler Massnahmen hängt von den mehrheitlich im Parlament noch hängigen Gesetzesvorlagen und deren späteren Vollzug ab. Gewisse Themen im Zusammenhang mit den Kostenentwicklungen im Bereich des KVG wird die GPK-S laufend im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht weiterverfolgen.

3.2.6

Lebensmittelsicherheit in der Schweiz

Die GPK-N schloss am 17. Oktober 2003 ihre Inspektion zur Lebensmittelsicherheit, welche sie auf der Basis einer Evaluation der PVK44 durchgeführt hatte, ab und teilte dem Bundesrat ihre Feststellungen und Empfehlungen mit45. Im Rahmen der regulären Nachkontrolle forderte die GPK-N Ende 2005 den Bundesrat auf, die Kommission über den Stand der Umsetzung ihrer Empfehlungen zu informieren.

Die Inspektion hatte zum Ziel, den Vollzug im Bereich der Lebensmittelsicherheit zu überprüfen und allfällige Mängel, welche die Sicherheit der Konsumentinnen und Konsumenten beeinträchtigen, zu identifizieren. Aufgrund des föderalistischen Aufbaus der Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit behandelte sie auch die Zusammenarbeit der Bundesorgane mit den kantonalen Vollzugsstellen. Sowohl die PVK wie auch die GPK-N liessen sich bei der Inspektion vom Grundsatz leiten, dass die Lebensmittelsicherheit in allen Phasen der Produktion, des Vertriebs und des Verkaufs sichergestellt werden muss. Die GPK-N stellte grundsätzlich fest, dass die Lebensmittelsicherheit in der Schweiz gewährleistet ist und das Prinzip der Selbstkontrolle einen zentralen Beitrag dazu leistet. Die GPK-N hatte in ihrem Schreiben an den Bundesrat vom 17. Oktober 2003 aber auch sieben Empfehlungen formuliert, die gewisse Verbesserungen forderten:

44

45

1.

Prüfung der Einführung von Minimalanforderungen an die Selbstkontrolle für kleine Betriebe;

2.

Erstellen eines Gesamtkonzepts für den Bereich der Lebensmittelsicherheit und Definition von Verfahren zur Lösung von Interessenkonflikten zwischen Lebensmittelgesetz und Erlassen im Bereich der Agrarpolitik;

3.

Unterstützung der organisatorischen Überprüfung der Kompetenzverteilung im Bereich Lebensmittelsicherheit auf Stufe Bund;

Bericht der PVK vom 26.6.2003, «Lebensmittelsicherheit: Evaluation des Vollzugs in der Schweiz», http://www.parlament.ch/homepage/ko-kommissionen/ko-au-pvk/ko-au-pvkherunterladen-1995-2005.htm.

S. Jahresbericht 2002/2003 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 23.1.2004 (BBl 2004 1734).

3090

4.

Förderung eines kohärenten Auftretens der Bundesbehörden gegenüber den vollziehenden kantonalen Behörden;

5.

Prüfung verpflichtender Vorgaben des BAG gegenüber den kantonalen Vollzugsbehörden (Vereinheitlichung und Anwendung von Minimalstandards im Kontrollvollzug);

6.

besonderes Augenmerk auf die Kontrolle importierter Lebensmittel;

7.

Überprüfung der Aufgabenteilung zwischen den EZV und dem Grenzveterinärdienst (Synergien).

Der Bundesrat nahm im Mai 2004 ein erstes Mal dazu Stellung46. Eine Aktualisierung erfolgte in der Stellungnahme des EDI und des EVD vom 13. März 2006 im Rahmen der Nachkontrolle. Die GPK-N konnte daraus entnehmen, dass der Bundesrat die Selbstkontrolle in der Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung (LGV)47 konkretisiert hat. Diese ist seit dem 1. Januar 2006 in Kraft. Die erste Empfehlung kann deshalb als erfüllt betrachtet werden. Auch die zweite Empfehlung wurde durch den Bundesrat aufgenommen, in dem er in Form der LGV ein Konzept im Bereich der Lebensmittelsicherheit geschaffen hat. Allerdings wird sich erst weisen müssen, inwieweit dadurch die im Rahmen der Inspektion vorgebrachten Interessenkonflikte zwischen dem BAG, dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und dem Bundesamt für Veterinärwesen (BVET) vermieden werden können. Im Bereich der dritten Empfehlung hat der Bundesrat die strukturellen Fragen auf Bundesebene bisher ausgeklammert. Sie sollen im Rahmen der Verwaltungsreform geprüft werden. Die GPK-N nahm davon Kenntnis und übergab die Begleitung dieser Empfehlung der GPK-S, welche seitens der GPKs für die Verwaltungsreform federführend ist. Erste Ergebnisse lieferte der Bericht des Bundesrats vom Juni 2006, den er in Erfüllung der Motion 05.3228: «Zusammenführung von BWL, BLW, BVET und Eidgenössischen Forstdirektion» erstellte48.

Zur Kritik der GPK im Zusammenhang mit der Empfehlung 4, dass die Kommunikation zwischen den Amtsspitzen und den kantonalen Vollzugsorganen nicht die gleiche sei wie die Kommunikation der untergeordneten Verwaltungseinheiten mit den kantonalen Vollzugsorganen und der Informationsfluss deshalb verbessert werden müsse, erfolgte keine Stellungnahme.

Zum Umsetzungsstand der Empfehlung 5 verwiesen das EDI und das EVD auf den seit 1. Januar 2006 geltenden Artikel 64 LGV, der einen mehrjährigen nationalen Kontrollplan vorsieht, der vom BLW, dem BAG und dem BVET nach Anhören der kantonalen Vollzugsorgane erstellt wird. Im Weiteren soll in Zukunft die heutige BSE-Einheit des BVET Koordinations- und Oberaufsichtsfunktionen im Bereich der Lebensmittelsicherheit übernehmen. Die Kommission begrüsst, dass die rechtlichen Grundlagen für die Umsetzung der Empfehlung geschaffen wurden. Auch die Umsetzung der Empfehlung 6 ist auf gutem Weg, da die Äquivalenz von EUProdukten zu schweizerischen Lebensmitteln gemäss Aussage des Bundesrats ermöglicht, die Importe aus Drittländern in Zukunft verstärkt zu kontrollieren.

46 47 48

S. Jahresbericht 2004 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 21.1.2005 (BBl 2005 1940 f.).

Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung vom 23.11.2005 (LGV; SR 817.02).

Bericht des Bundesrats über die Prüfung von Reorganisationsvarianten im Bereich BLW, BVET, BWL und Eidgenössischer Forstdirektion vom Juni 2006; in Erfüllung der Mo. 05.3228 der Kommission 04.080-NR vom 21.4.2005 (KEP-Mo.).

3091

Im Hinblick auf die Umsetzung der Empfehlung 7 führten die beiden stellungnehmenden Departemente aus, dass die eidgenössische Zollverwaltung (EZV) und der grenztierärztliche Dienst einen neuen Auftrag erhalten werden. Hier scheint es der GPK-N wichtig, dass auch die von der GPK-N geforderte Nutzung vorhandener Synergien erfolgt.

Angesichts der erhaltenen Informationen hat die GPK-N die Nachkontrolle abgeschlossen. Sie wird jedoch die Massnahmen im Bereich der strukturellen Fragen weiter verfolgen.

3.2.7

Transparenz bei der Prämienfestsetzung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung

Bei der Verabschiedung des Jahresprogramms 2006 haben die GPKs beschlossen, die PVK mit einer Evaluation der Transparenz bei der Prämienfestsetzung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zu beauftragen. Dieser Beschluss berücksichtigte eine Anregung der SGK-N, welche im November 2005 in diesem Bereich eine vertiefte Untersuchung vorgeschlagen hatte.

Ungefähr zeitgleich mit dieser Jahresplanung nahm der Nationalrat ein Postulat49 an, das in eine sehr ähnliche Richtung wie die geplante Evaluation der PVK zielte.

Gestützt auf das Postulat erarbeitete das BAG einen ausführlichen Bericht, der vom Bundesrat am 22. September 2006 verabschiedet wurde.

Vor diesem Hintergrund hat die GPK-S in der ersten Hälfte 2006 beschlossen, auf eine eigene, parallel zum BAG verlaufende Studie der PVK zu verzichten. Es schien der Kommission wichtig und möglich, Doppelspurigkeiten zu vermeiden. Sie hat allerdings den Vorsteher des EDI gebeten, zusätzlichen Fragen seitens der GPK-S Rechnung zu tragen.

In seinem Bericht vom September 2006 legte der Bundesrat das Funktionieren der Prämiengenehmigung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung detailliert dar. Der Bundesrat erachtet die Prämiengenehmigung durch die Aufsichtsbehörde in Bezug auf die zu Grunde liegenden Daten und deren Prüfung als transparent und zweckmässig. Die Prämienkontroll- und Genehmigungspraxis der Aufsichtsbehörde wurde seit Einführung des KVG im Jahr 1996 von externen Experten mehrfach überprüft und gestützt auf die entsprechenden Studien weiterentwickelt. Aufgrund des wirksamen und pragmatischen Verfahrens sieht der Bundesrat keinen Handlungsbedarf bezüglich der zu Grunde liegenden gesetzlichen Bestimmungen. Auch die Transparenz der Finanzierung, der Prämienfestsetzung und der Prämienentwicklung hält der Bundesrat durch die Publikationen des BAG und der Versicherer als ausreichend. Aus diesen Gründen sieht der Bundesrat keinen Handlungsbedarf bezüglich der Information der Versicherten und schlägt keine organisatorischen oder gesetzgeberischen Massnahmen vor.

Die GPK-S wird den Bericht des Bundesrats vom September 2006 im Detail prüfen und auf dieser Grundlage beschliessen, ob gegebenenfalls weitere Abklärungen nötig sind.

49

Po. 05.3625 «Für eine verbesserte Information der Krankenversicherten» vom 6.10.2005.

3092

3.2.8

Die Zulassung von Medikamenten gemäss Heilmittelgesetz

Zu Beginn des Jahres 2006 sah sich Swissmedic, das Heilmittelinstitut, mit verschiedenen Vorwürfen konfrontiert, welche auf die Verantwortung von Swissmedic für drohende Versorgungsengpässe bezüglich wichtiger Arzneimittel hinwiesen. Vor allem Spitäler und pharmazeutische Unternehmen beklagten sich über eine zu restriktive Auslegung des Heilmittelrechts und zu hohe Zulassungsanforderungen von Swissmedic.

Diese Vorwürfe führten im Laufe des Jahres 2006 zu verschiedenen Interventionen parlamentarischer Organe und zu entsprechenden Stellungnahmen von Swissmedic.

Die GPK-S hat sich bereits im Januar des Berichtsjahres dieses Themas angenommen und im Februar erste Gespräche mit dem Direktor von Swissmedic geführt. Sie verlangte von Swissmedic einen ausführlichen Bericht, der die Problematik drohender Versorgungslücken bei medizinisch wichtigen Arzneimitteln und die Zulassungspraxis von Swissmedic im Detail beschrieb. Der Bericht lag der Kommission bereits Mitte März 2006 vor. Am 22. März 2006 reichte Nationalrat Günter eine parlamentarische Initiative50 ein, welche eine Änderung des Heilmittelgesetzes51 forderte, um die Versorgung der Spitäler mit ­ vor allem lebensnotwendigen ­ Arzneimitteln sicherzustellen. Im Juli 2006 nahm sich schliesslich auch die SGK-N des Themas an und reichte eine Motion52 und ein Postulat53 ein. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK-N) zielt mit diesen Vorstössen darauf ab, den drohenden Versorgungsproblemen der Spitäler mit Arzneimitteln durch Änderungen der entsprechenden Verordnungen und einer Teilrevision des HMG zu begegnen.

Ausserdem wurde der Bundesrat darin aufgefordert, bis Ende 2006 über die Verbesserungen in den Abläufen von Swissmedic Bericht zu erstatten.

Die Abklärungen der GPK-S ergaben, dass die Versorgungslücken bei wichtigen Arzneimitteln weniger eine Frage der Zulassungspraxis als vielmehr der geänderten Gesetzgebung und der Gesundheitspolitik sind. Das HMG führte eine generelle Zulassungspflicht ein und verlangt somit, dass sämtliche verwendungsfertigen Arzneimittel zugelassen werden müssen, bevor sie auf den Markt gelangen dürfen.

Dies führte zu einem Anpassungsbedarf bei jenen Herstellern von Arzneimitteln, die früher Arzneimittel vertrieben, welche von der Interkantonalen Kontrollstelle für Heilmittel (IKS) nicht registriert und
somit nicht zugelassen waren. Diesen Herstellern wurde in Artikel 95 HMG allerdings eine relativ grosszügig bemessene Übergangsfrist eingeräumt.

Swissmedic hat verschieden Massnahmen getroffen, um Versorgungsengpässe bei medizinisch essentiellen, aber nicht zugelassenen Präparaten bei der Umsetzung des HMG zu vermeiden. Bereits vor Einführung des HMG ermittelte das Institut im Sommer 2002 wichtige Arzneimittel, für die noch keine Zulassung bestand. Ebenso orientierte Swissmedic die Hersteller, Vertreiber und Grosshändler von Arzneimitteln über die erwähnte neue Gesetzeslage und forderte die Firmen auf, betroffene Arzneimittel zu melden bzw. bis zum 31. Dezember 2002 ein Zulassungsgesuch einzureichen. Bei besonderen Arzneimitteln für seltene Krankheiten gewährte das 50 51 52 53

Pa.Iv.06.409 «Versorgungsprobleme mit Spitalmedikamenten beheben» vom 22.3.2006.

Bundesgesetz vom 15.12.2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte (HMG; SR 812.21).

Mo. 06.3413 «Zulassungspraxis Swissmedic» vom 6.7.2006.

Po. 06.3414 «Zulassungspraxis Swissmedic» vom 6.7.2006.

3093

Institut zudem einen Gebührenerlass für das Zulassungsverfahren. Trotz diesen Massnahmen wurden leider nur wenige Zulassungsdossiers für die essentiellen Präparate eingereicht.

Neben diesen und weiteren Massnahmen wies Swissmedic auch die zuständigen politischen Stellen (kantonale Gesundheitsdirektorenkonferenz und BAG) bereits in den Jahren 2004 und 2005 darauf hin, dass die Verfügbarkeit von selten gebrauchten, aber wichtigen Arzneimitteln in der Schweiz nicht vollumfänglich gewährleistet sei und dass hier grosser Handlungsbedarf im Bereich der Gesundheitspolitik besteht.

Versorgungsschwierigkeiten gibt es vor allem auch bei Arzneimitteln, für die das Marktvolumen in der Schweiz zu klein ist und somit ein kommerzielles Interesse fehlt. Eine gesetzliche Grundlage, welche die Marktversorgung oder Bevorratung mit wichtigen Arzneimitteln zur Aufgabe von Swissmedic machen würde, fehlt.

Ebensowenig findet offenbar eine kantonsübergreifende Koordination unter Ausnutzung der im Heilmittelgesetz vorgegebenen Möglichkeiten statt.

Trotz diesen Befunden der GPK-S, welche die an Swissmedic gerichteten Vorwürfe relativieren, besteht nach Ansicht der Kommission ein Bedarf, dass Swissmedic seine Strukturen überprüft und sowohl das Zulassungsverfahren als auch die Marktüberwachung effizienter gestaltet. Die GPK-S begrüsst deshalb die vom Institutsrat eingeleiteten Prozessanpassungen. Ziel ist es, die Verfahren und Strukturen zu vereinheitlichen sowie die Aufbauorganisation zu straffen. Nach Ansicht der GPK-S gilt es nun, die auf verschiedenen Ebenen eingeleiteten Massnahmen (Reorganisationsprozess von Swissmedic, Überprüfung des HMG und diverser Verordnungen, Optimierung der Koordination zwischen Kantonen und Spitälern usw.) aufmerksam zu begleiten und in einem gesamtheitlichen Prozess zusammenzuführen. Die GPK-S wird sich zu gegebener Zeit wieder über den Stand der Dinge informieren.

3.3

Forschung, Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft

3.3.1

Eidgenössische Stiftungsaufsicht am Beispiel der Stiftungen von Dr. Rau

Nach mehrjährigen Arbeiten beendete die GPK-S ihre Untersuchung über die eidgenössische Stiftungsaufsicht. Die GPKs haben mehrmals über Gegenstand und Inhalt der Ermittlungen Bericht erstattet54. Es sei daran erinnert, dass die Untersuchung vor allem das Ziel verfolgte, die Rolle des Bundes, genauer gesagt des EDI, im Fall der drei gemeinnützigen Stiftungen des berühmten deutschen Kunstsammlers Dr. Gustav Rau zu prüfen.

Der von der GPK-S im April 200655 angenommene Bericht untersucht die kontroversesten Punkte des Falls und bewertet die Tätigkeit des EDI und der eidgenössischen Stiftungsaufsicht unter dem Gesichtspunkt der parlamentarischen Oberaufsicht. Die Kommission widmete den Rau'schen Stiftungen besondere Auf54

55

S. Jahresbericht 2001/2002 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 17.5.2002 (BBl 2002 5965 f.), Jahresbericht 2002/2003 vom 23.1.2004 (BBl 2004 1717 f.) und Jahresbericht 2005 vom 20.1.2006 (BBl 2006 4386 f.).

S. Bericht der GPK-S über die Aspekte der Stiftungsaufsicht am Beispiel der Stiftungen von Dr. Gustav Rau, Bericht der GPK-S vom 7.4.2006, BBl 2006 7707.

3094

merksamkeit, weil die Feststellungen zu diesem Fall auf ein allgemeines Problem verweisen und zu Schlüssen führen, die für die Ausübung der eidgenössischen Stiftungsaufsicht allgemein gelten.

Die GPK-S stellte zunächst fest, dass in diesem Dossier gegen die Entscheide des EDI oder der kantonalen Behörden praktisch immer eine Beschwerde vor der nächsthöheren Instanz eingelegt wurde und dass die Urteile mit wenigen Ausnahmen jeweils den Standpunkt des EDI respektive der eidgenössischen Stiftungsaufsicht bestätigten. Daher hat letztere im Allgemeinen ihre Aufgaben gesetzmässig erfüllt.

Am Anfang der Ereignisse unternahm die Aufsichtsbehörde jedoch zuweilen allzu viel und beanspruchte ihre Kompetenzen sehr weit. Das EDI traf den ersten Entscheid überhastest und unkritisch, ohne alle notwendigen Elemente für die Entscheidungsfindung zu klären. Die Übereile des Departements erklärt sich zweifellos auch aus verschiedenen Interventionen politischer Instanzen und daraus, dass der Fall rasch von den Medien aufgegriffen wurde. Die Aufsichtsbehörde hat ihre aufsichtsrechtlichen Kompetenzen in verschiedenen Situationen überschritten, z.B. als sie unter Strafandrohung untersagte, die Rückführung der für eine Ausstellung in Japan ausgeliehenen Objekte in die Schweiz zu behindern, oder als sie die Anwartschaften der Stiftungen geltend machte, um Sicherungsmassnahmen über die Collection Rau anzuordnen.

Besonders umstritten sind die Entscheidungen des EDI von Dezember 2000 nach dem Urteil des Amtsgerichts von Baden-Baden (Deutschland). Die GPK-S einigte sich nach Abschluss ihrer Arbeiten darauf, den Schlussfolgerungen, die das EDI aus dem Urteil von Baden-Baden zieht, zuzustimmen; allerdings ist festzuhalten, dass sie nicht eindeutig rekonstruieren konnte, wie das EDI zu diesen Entscheidungen gelangte. Nach Ansicht der GPK-S fehlte es der Aufsichtsbehörde bei ihren Entscheidungsprozessen im Anschluss an das Urteil von Baden-Baden an Kohärenz und Transparenz. Die GPK-S bedauerte sehr, dass nicht alle ihre Fragen beantwortet wurden und dass sie sich deshalb nicht davon überzeugen konnte, dass das EDI immer mit der erforderlichen Unabhängigkeit handelte.

Die GPK-S stellte während ihrer Arbeiten fest, dass die Rechtsvertreter von Dr. Rau bei der Abfassung von Verfügungen im Dezember 2000 eng mit der Aufsichtsbehörde
zusammen gearbeitet hatten. Das EDI rechtfertigte dies mit der Dringlichkeit der Lage. Die GPK-S räumte zwar ein, dass dringender Handlungsbedarf bestand, beurteilte aber die Zusammenarbeit mit den Anwälten Raus trotzdem als unangebracht und problematisch ­ dies um so mehr, als es sich zumindest bei einer der Verfügungen um einen zentralen Entscheid in dieser Angelegenheit handelte. Nach Auffassung der GPK-S muss die Aufsichtsbehörde in der Lage sein, ihre Verfügungen selbständig zu verfassen, sonst steht die Glaubwürdigkeit der Entscheide der Aufsichtsbehörde und das Vertrauen der Öffentlichkeit in ein einwandfreies Verwaltungsverfahren auf dem Spiel. Aus diesem Grund forderte die GPK-S das EDI auf zu prüfen, welche Verhaltens- und Verfahrensregeln die eidgenössische Stiftungsaufsicht bei ihren Kontakten mit den in ein Dossier involvierten Parteien befolgen muss.

Die GPK-S konnte sich bei ihren Untersuchungen generell des Eindrucks nicht erwehren, dass die Aufsichtsbehörde wiederholt über gewisse Anforderungen hinausging. So entstand der Eindruck, dass die Aufsichtsbehörde sich bisweilen in einem Loyalitätskonflikt zwischen dem politischen Willen, die Collection Rau in der 3095

Schweiz zu schützen, und dem Respekt der Autonomie der Stiftungen und des Stifters befand. Auch die Tatsache, dass die Aufsichtsbehörde direkt der Leitung des mit Kulturfragen betrauten Departements unterstellt ist, hat womöglich bei der Gewichtung der Interessen eine gewisse Rolle gespielt. Zahlreiche Tätigkeitsbereiche des EDI sind zugleich klassische Wirkungsgebiete gemeinnütziger Stiftungen: Forschung und Ausbildung, Kulturförderung, soziale Solidarität, Gesundheitswesen usw.

Damit die Aufsichtsbehörde ihre Aufgaben möglichst unabhängig erfüllen kann, beauftragte die GPK-S den Bundesrat in einer Motion56, die Stiftungsaufsicht unverzüglich einer Verwaltungseinheit anzugliedern, deren Aufgabenbereich nicht mit den üblichen Tätigkeiten der gemeinnützigen Stiftungen verknüpft ist, z.B. dem BJ.

Die GPKs hatten die gleiche Empfehlung bereits 1995 in einem Bericht über die Rolle und die Funktion der Generalsekretariate formuliert57. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion, doch der Ständerat nahm sie in der Herbstsession 2006 mit 27 gegen 8 Stimmen an58. Der Nationalrat wird die Motion im Laufe des Jahres 2007 prüfen.

Die GPK-S ist überzeugt, dass die eidgenössische Stiftungsaufsicht mit dem gegenwärtigen Aufsichtssystem nicht in der Lage wäre, einen ähnlich komplexen Fall wie jener der Rau'schen Stiftungen ordentlich zu beaufsichtigen. Deshalb empfahl sie dem Bundesrat, das heutige System der Stiftungsaufsicht einer gründlichen Prüfung zu unterziehen. Die GPK-S stellte auch die Frage, ob die Aufsichtsbehörde nicht berechtigt sein sollte, sich bei erwiesener Misswirtschaft der Stiftungsorgane einzuschalten. Des Weiteren sollte der Bundesrat verschiedene mögliche Organisationsformen der eidgenössischen Stiftungsaufsicht prüfen. Nachdem die Anzahl der Stiftungen und das verwaltete Stiftungskapital in den letzten Jahren stark angestiegen sind, forderte die GPK-S den Bundesrat auf, die Finanz- und Personalressourcen der eidgenössischen Stiftungsaufsicht sowie die zur Aufgabenerfüllung notwendigen Kompetenzen kritisch zu prüfen.

Der Bundesrat hat am 23. August 2006 zum Bericht der GPK-S Position bezogen.

Die Kommission wird Anfang 2007 davon Kenntnis nehmen.

3.3.2

Steuerung der Ressortforschung des Bundes

Im vergangenen Jahresbericht59 ist nachzulesen, dass die GPK-N eine Evaluation zur Ressortforschung des Bundes in Auftrag gegeben hat. Ziel war, wichtige Reformziele in der Ressortforschung einer Bilanz zu unterziehen. Die Kommission legte den Fokus der Untersuchung auf die Rolle der verschiedenen Akteure und auf die Ressortforschungskonzepte. Sie ging hauptsächlich der Frage nach, inwieweit die Kompetenzverteilung und Ressourcenausstattung der involvierten Behörden sowie das Instrument der Forschungskonzepte sich eignen, die Ressortforschung effektiv und effizient zu steuern.

56 57

58 59

S. Mo. 06.3177 «Verlegung der Stiftungsaufsicht» vom 7.4.2006.

S. Bericht der GPKs der eidgenössischen Räte zu Handen des Bundesrats zur Inspektion über die Rolle und Funktion der Generalsekretariate vom 22.5.1995 (BBl 1995 IV 1136 f.).

AB 2006 S 728 f.

S. Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 20.1.2006 (BBl 2006 4387).

3096

Die Ergebnisse der verwaltungsextern durchgeführten Evaluation eines Zürcher Forschungs- und Beratungsunternehmens lagen im April 2006 vor. Gestützt auf diese Ergebnisse zog die GPK-N am 23. August 2006 die politischen Schlussfolgerungen und veröffentlichte einen Bericht60.

Die GPK-N gelangte in ihrer Untersuchung zum Schluss, dass die Ressortforschung rechtlich noch ungenügend verankert ist. Sie basiert zwar auf der Forschungsgesetzgebung und wird auch in Spezialgesetzen erwähnt, ist dort aber nur sehr allgemein umrissen und zu unspezifisch geregelt. Die GPK-N vermisst insbesondere eine klare Definition der Ressortforschung. Die Ressortforschung ist heute ein Gefäss für viele unterschiedliche Tätigkeiten der Verwaltung. In Gegenstand, Umfang, Ressourcen und Bedeutung sowie genauerer Ausprägung existieren höchst unterschiedliche und heterogene Formen der Ressortforschung. Die entsprechenden Tätigkeiten gehen von einfacher Entwicklung bis zu komplexen Formen der Forschung und Evaluation. Die GPK-N forderte deshalb den Bundesrat auf, die rechtliche Verankerung der Ressortforschung zu optimieren und die Ressortforschung klar zu definieren.

Die Untersuchung der GPK-N zeigte sodann, dass die departementsübergreifende Steuerung von Inhalten und Ressourcen in der Ressortforschung nach wie vor mangelhaft ist. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass das vom Bundesrat im Jahre 1998 geschaffene zentrale Steuerungsorgan, nämlich der Steuerungsausschuss, kaum mit Steuerungskompetenzen ausgestattet ist. Die GPK-N ist der Auffassung, dass der Steuerungsausschuss sowohl bei der Konzeption als auch bei der Umsetzung der Ressortforschung eine den Ämtern übergeordnete Steuerung wahrnehmen kann und muss. Die Kommission forderte den Bundesrat deshalb auf zu prüfen, mit welchen weitergehenden Kompetenzen der Steuerungsausschuss auszustatten ist. Bei der Klärung der Rolle und Kompetenzen des Steuerungsausschusses soll der Bundesrat auch dessen formal rechtliche Abstützung prüfen.

Die Forschungskonzepte müssen die vom Bundesrat festgelegten Politikbereiche abdecken. Die Untersuchung ergab nun, dass bereits bei der Erstellung der Konzepte und deren Implementation der Fokus mehr und mehr auf die Tätigkeit des jeweils federführenden Amts gerichtet wird. Trotz den Bestrebungen, die Konzepte nach Politikbereichen zu verfassen,
scheint es schwierig zu sein, die Ämterperspektiven zu überwinden. Hinzu kommt, dass drei der vorgesehenen zwölf Konzepte für die Periode 2004­2007 aus unterschiedlichen Gründen nicht zustande kamen (soziale Sicherheit, Berufsbildung, Kultur). Angesichts solcher Feststellungen kam die GPK-N zum Schluss, dass die Erwartungen an die Ressortforschungskonzepte und der bundesrätliche Wunsch nach einer Gesamtübersicht vorerst nicht eingelöst wurden. Die Forschungskonzepte in bestehender Form sind uneinheitlich und genügen dem Anspruch, Transparenz herzustellen, nicht vollumfänglich. Die GPK-N forderte den Bundesrat entsprechend auf, die Ressortforschungskonzepte konsequent auf die ämter- und departementsübergreifenden Politikbereiche auszurichten und unter dieser übergeordneten Sicht umzusetzen. Der Bundesrat soll dem strategischen Charakter und einer aussagekräftigen Ressourcenplanung bei den Ressortforschungskonzepten vermehrt Beachtung schenken. Forschungslücken in zentralen Bereichen, wie sie in der Periode 2004­2007 in der Sozialversicherung und der Berufsbildung vorkamen, müssen unbedingt vermieden werden.

60

Bericht der GPK-N über die Steuerung der Ressortforschung des Bundes vom 23.8.2006 (BBl 2007 771).

3097

Die GPK-N nahm im Weiteren mit Befriedigung zur Kenntnis, dass der Absicht, die Ressortforschung einer effizienten Qualitätskontrolle zu unterstellen, nun auch Taten gefolgt sind. Das Präsidium des Steuerungsausschusses ist einem Auftrag des Bundesrats aus dem Jahre 2002 nachgekommen und hat am 9. November 2005 Richtlinien über die Grundsätze und Standards zur Qualitätssicherung in der Ressortforschung verabschiedet. Es ist im heutigen Zeitpunkt noch zu früh, um konkrete Aussagen zur Qualität in der Ressortforschung zu machen. Die Kommission erachtet es als sinnvoll, dass die Umsetzung der in den Richtlinien festgehaltenen Qualitätssicherung in zwei bis drei Jahren evaluiert wird.

Schliesslich gelangte die GPK-N zur Auffassung, dass das elektronische Informationssystem Aramis (Administration Research Action Management Information System) sein Ziel der Planung und Steuerung auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung noch nicht erreicht hat. Die Kommission hält es für wichtig, dass die Qualität der Datenerfassung in Aramis weiterhin verbessert und von allen Betroffenen noch verbindlicher gehandhabt wird. Die Kommission forderte den Bundesrat auf, das Informationssystem Aramis auf seine Zielsetzung zu überprüfen. Auf dieser Grundlage ist zu entscheiden, inwiefern Aramis zu stärken und zu einem tauglichen Instrument des Ressortforschungsmonitorings entwickelt werden kann.

Die GPK-N überwies ihren Bericht samt Empfehlungen dem Bundesrat mit der Bitte, bis Ende Dezember 2006 dazu Stellung zu nehmen. Zusätzlich wies die GPK-N die WBKs auf ihre Ergebnisse hin. Diese Kommissionen werden die Botschaft des Bundesrats über die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation für die Jahre 2008­2011 vorberaten.

3.3.3

Abklärungen im Zusammenhang mit dem Schweizerischen Landesmuseum

Die GPK-N befasste sich letztmals im Jahr 2003 vertieft mit der Führung des Landesmuseums. Die GPK-N gab damals dem Vorsteher des EDI verschiedene Empfehlungen zur Optimierung der Organisation und Struktur des Landesmuseums und seiner Zweigstellen ab. Vor allem betroffen war seinerzeit das Verhältnis vom Hauptsitz Zürich zur Zweigniederlassung des Landesmuseums in Prangins. Die GPK-N orientierte in ihren vergangenen Jahresberichten61 über diese Abklärungen.

Die Umsetzung der damaligen Empfehlungen war im Berichtsjahr Gegenstand einer Nachkontrolle. Diese Nachkontrolle nutzte die zuständige Subkommission darüber hinaus, um dem Landesmuseum in Zürich einen Dienststellenbesuch abzustatten.

Seit den Abklärungen im Jahr 2003 haben wesentliche neue Entwicklungen stattgefunden. So hat das Parlament mit Entscheiden vom 15. Dezember 2005 (Ständerat) bzw. 14. März 2006 (Nationalrat) die Botschaft zum Bundesgesetz über die Stiftung Schweizerisches Landesmuseum an den Bundesrat zurückgewiesen. Diese Entwicklungen beeinflussen auch die Umsetzung der Empfehlungen der GPK-N aus dem Jahr 2003.

61

S. Jahresbericht 2002/2003 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 23.1.2004 (BBl 2004 1751) sowie Jahresbericht 2004 vom 21.1.2005 (BBl 2005 1964).

3098

Der damaligen Aufforderung der GPK-N nach einer besseren Einbindung und Verankerung der Zweigstelle Prangins in die Leitung der Musée Suisse Gruppe (MSG) konnte Rechnung getragen werden. Seit dem 1. Januar 2004 ist die Leitung der Zweigstelle Prangins in der Geschäftsleitung der MSG vertreten. Ebenso unbestritten ist der von der GPK-N geforderte Autonomiebedarf der einzelnen Museen der MSG. Der Bundesrat will der Autonomie in der bis Mitte 2007 zu erarbeitenden Botschaft zu einem Bundesgesetz über die Bundesmuseen Rechnung tragen. Wie die Autonomie der einzelnen Museen im Einzelnen gewährleistet werden soll, wird derzeit geprüft. Es wird eine Lösung im 3. Kreis der Verwaltungsführung angestrebt.

Die von der GPK-N geforderte Strategie für Schloss Prangins konnte von der Geschäftsleitung im Mai 2004 verabschiedet werden. Die Schwerpunkte der Strategie sind: Erhöhung der Ausstrahlung und des Bekanntheitsgrades; Verstärkung der Stellung innerhalb der Museumsgruppe und Verbesserung der Eigenfinanzierung.

Im Rahmen der erwähnten Botschaft zu einem Bundesgesetz über die Bundesmuseen wird die Strategie der gesamten Museumsgruppe sowie der einzelnen Museen zu überprüfen und möglicherweise anzupassen sein.

Im Rahmen der Nachkontrolle hat das EDI der GPK-N sodann dargelegt, dass der Sammlungsauftrag der MSG eine wichtige Aufgabe darstellt und der Bundesrat diesen Auftrag in der erwähnten Botschaft präzisieren wird.

Anlässlich des Dienststellenbesuchs im August 2006 am Hauptsitz in Zürich thematisierte die GPK-N vor allem die strategische und operationelle Führung sowie die Ausstellungspolitik, wie sie der neue Direktor in seiner Interimszeit sieht. Schwerpunkt bildeten auch die verschiedenen Bautätigkeiten im Rahmen des Projekts «Neues Landesmuseum».

Neben diesen laufenden Arbeiten der GPK-N befasste sich die Kommission auch mit einem Antrag der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats (WBK-N), welche eine Abklärung zu den Hintergründen des Zerwürfnisses der Direktoren des Bundesamts für Kultur (BAK) sowie des Schweizerischen Landesmuseums wünschte. Die GPK-N wies die WBK-N im Mai 2006 auf die laufenden Tätigkeiten und den geplanten Dienststellenbesuch beim Landesmuseum in Zürich hin. Die GPK-N hielt aber auch fest, dass sie den Vorsteher des EDI für die aktive Bearbeitung und
Lösung der personellen Konflikte als zuständig erachtet.

Der Dienststellenbesuch bot denn auch Anlass, nochmals zurückzuschauen und das Verhältnis zwischen dem Landesmuseum und dem BAK zu thematisieren. Die diesbezüglichen Ausführungen waren für die GPK-N zufrieden stellend. Die Kommission plant deshalb im Moment keine weiteren Aktivitäten in diesem Bereich.

Was die Ausrichtung der Museumspolitik und die neue Rechtsform der Museengruppe angeht, werden sich die Kommissionen für Wissenschaft, Bildung und Kultur vertieft damit befassen. Für die GPK-N sind diese Diskussionen zur Rechtsform und Museumspolitik neben der neuen Museumsleitung wichtige Elemente, um die Führungsproblematik der Museumsgruppe einer langfristigen Lösung zuzuführen.

3099

3.3.4

Strategie für eine Informationsgesellschaft in der Schweiz

Die GPK-N hat sich im Nachgang zu einem Dienststellenbesuch beim Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) näher mit der Frage der Grundlagenentwicklung (Forschung und Entscheidvorbereitung) im Bereich der Informationsgesellschaft befasst.

Die sehr raschen und dynamischen Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnologien werden heute kaum systematisch antizipiert, nachvollzogen und verarbeitet. Auch wenn im BAKOM informelle Plattformen bestehen, um diese Entwicklungen frühzeitig erkennen und bearbeiten zu können, so fehlt dennoch eine Bündelung in einem zentralen Kompetenzzentrum, welches über einen entsprechenden Auftrag und die dazugehörenden Mittel verfügt. Die GPK-N gelangte zur Auffassung, dass organisatorische Massnahmen insbesondere deshalb angezeigt sind, um die politische Entscheidfindung in dem sich oft rasch verändernden Umfeld zu beschleunigen und auf eine klare Strategie auszurichten.

Die GPK-N machte den Bundesrat Ende 2005 auf diese Problematik aufmerksam.

Zu jenem Zeitpunkt überarbeitete der Bundesrat die bestehende Strategie für eine Informationsgesellschaft in der Schweiz, die auf das Jahr 1998 zurückging. Die GPK-N war der Auffassung, dass der Bundesrat der umschriebenen Problematik im Rahmen der Aktualisierung der Strategie Rechnung tragen sollte.

Nachdem der Bundesrat am 18. Januar 2006 seine revidierte Strategie verabschiedet hatte, musste die GPK-N feststellen, dass sie mit ihrem Anliegen beim Bundesrat nicht durchgedrungen ist. Die GPK-N war zudem erstaunt, dass der Bundesrat sich für eine äusserst moderate Anpassung seiner Strategie aus dem Jahre 1998 entschied, obschon der technologische Wandel und die damit einhergehenden Herausforderungen für die Informationsgesellschaft beträchtlich sind. Der Bundesrat beschränkte sich auf drei konkrete Massnahmen: unter der Federführung des EDI soll eine nationale koordinierte Strategie zum Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien im Gesundheitswesen (eHealth) erarbeitet werden. Das EDI ist im Weiteren beauftragt, ein Konzept und einen Aktionsplan für den standardisierten Umgang mit elektronischen Daten und Dokumenten von ihrer Entstehung bis zur Archivierung innerhalb der Bundesverwaltung zu erstellen. Schliesslich wird das EFD in Abstimmung mit den Kantonen eine schweizerische Strategie für den elektronischen
Behördenverkehr (eGovernment) verfassen.

Betreffend der von der GPK-N angeregten Technologiebeobachtung verwies der Bundesrat auf die anhaltenden Sparverpflichtungen der Bundesverwaltung und der damit verbundenen Prioritätensetzung. Um dem berechtigten Anliegen mindestens teilweise Rechnung zu tragen, hat der Bundesrat beschlossen, die vielfältig und dezentral vorhandenen Fachressourcen besser zu vernetzen.

Die GPK-N ist nach wie vor der Meinung, dass der Bundesrat das Thema und die Herausforderungen der Informationsgesellschaft für den Bund zu wenig ernst nimmt.

3100

3.4

Umwelt, Verkehr und Infrastruktur

3.4.1

Konzeption und Umsetzung von RUMBA

Die GPK-S zog in ihrer am 8. November 2005 abgeschlossenen Inspektion eine positive Zwischenbilanz des Ressourcen- und Umweltmanagements in der Bundesverwaltung (RUMBA)62. Die Konzeption wie auch die Umsetzung von RUMBA wurden im Bericht der GPK-S aufgrund einer in Auftrag gegebenen Evaluation für zweckmässig befunden. Bis Ende 2005 sollte die Mehrheit der Dienststellen des ersten und zweiten Kreises der Bundesverwaltung RUMBA einführen oder eingeführt haben. Da sich viele Dienststellen zum Zeitpunkt der Inspektion noch in der Einführungsphase befanden, betonte die GPK-S gegenüber dem Bundesrat, dass der konsequenten Umsetzung des Programms grosse Bedeutung beizumessen sei und richtete mehrere Empfehlungen an den Bundesrat.

Der Bundesrat nahm am 17. Mai 2006 Stellung zu den Befunden und Empfehlungen der GPK-S63. Er wertet darin die grundsätzlich positive Einschätzung des Programms RUMBA durch die Kommission als Bestätigung dafür, dass der eingeschlagene Kurs richtig war. Er bringt auch zum Ausdruck, dass er RUMBA auf Kurs halten und dessen Nachhaltigkeit sichern will.

Ab dem Jahr 2007 will der Bundesrat die bisherigen quantitativen Ziele von RUMBA durch präzisere Zielsetzungen für eine Vierjahresperiode verstärken (Empfehlung 1 der GPK-S). Hingegen will der Bundesrat die Empfehlung 2 (Vertreter der Geschäftsleitung als Mitglieder des jeweiligen RUMBA-Teams) vorläufig nicht umsetzen. Er verspricht sich von den Controlling-Instrumenten einen gewissen Druck auf die Verwaltungseinheit und behält sich vor, bei Nichterfüllung der Programmvorgaben die Umsetzung der Empfehlung zu prüfen. Zur Empfehlung 3 der Kommission (Investitions- und Betriebskosten: Langfristige Betrachtungsweise bei Gebäudeentscheiden) antwortete der Bundesrat, dass bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Umweltmassnahmen von den Gesamtkosten über die Lebensdauer eines Gebäudes ausgegangen werde. Diese langfristigen Beurteilungsgrundsätze seien bereits gängige Praxis im Baubereich von Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL), VBS und ETH und sollen auch beibehalten werden. Allerdings führe die Knappheit der finanziellen Mittel manchmal bei grösseren Projekten dazu, dass der Minergie-Standard zwar in Betracht gezogen, jedoch aus Kostengründen nicht realisiert werde. Im Bereich der Empfehlung 4 (Stärkung der überdepartementalen
Steuerung) bezeichnete der Bundesrat die Einführungsphase als praktisch abgeschlossen. Daraus leitete er ab, dass in Zukunft eine breitere Wirkung der Instrumente des Programms zu erwarten sei und die interdepartementale Koordinationsund Steuerungsorgane ihre Aufgaben wahrnehmen könnten. Wiederum führte er auch die quantitativen Ziele und die Reportingpflicht auf, die eine allgemeine Bewusstseinsbildung wie die Zusammenarbeit fördern sollen. Er erachtete deshalb weitere Massnahmen als verfrüht. Auch bei Empfehlung 5 (Begründungspflicht bei Entscheiden, die mit RUMBA nicht im Einklang stehen) argumentierte der Bundesrat mit der vermehrten quantitativen Zielsetzung und der damit verbundenen Reportingpflicht, welche zu einer erhöhten Sensibilisierung der Entscheidträger für die Anliegen von RUMBA führen werde. In diesem Sinne könne die Umsetzung der 62 63

S. Bericht der GPK-S über die Konzeption und Umsetzung von RUMBA: Eine Zwischenbilanz vom 8.11.2005 (BBl 2006 4731).

S. Stellungnahme des Bundesrats vom 17.5.2006 (BBl 2006 4745).

3101

Empfehlung gewährleistet werden. Auf die Aufforderung der GPK-S, bei der Umsetzung des Neuen Rechnungsmodells des Bundes dafür zu sorgen, dass der jeweilige Ressourcenverbrauch der Dienststellen einzeln ausgewiesen und ihnen auch verrechnet werde (Empfehlung 6), erwiderte der Bundesrat, dass ab Januar 2007 die betrieblichen Ressourcenkosten für Energie, Wasser und Entsorgung über sechs Raumkategorien pauschal je m2 Nutzfläche kreditwirksam verrechnet würden.

Die GPK-S war mit der Stossrichtung der Stellungnahme des Bundesrats einverstanden. Sie stellte fest, dass verschiedene der durch die Inspektion betroffenen Themen Teil der Führungsverantwortung des Bundesrats sind und ihm in der Wahl seiner Mittel auch Vertrauen entgegengebracht werden muss. Die GPK-S kündigte dem Bundesrat an, dass sie sich wie üblich in etwa zwei Jahren im Rahmen einer Nachkontrolle über den Umsetzungsstand informieren werde.

3.4.2

Umgang des Bundes mit Naturgefahren

Die GPK-N beschloss im Rahmen ihrer Jahresplanung 2006, eine Untersuchung im Bereich des Schutzes vor Naturgefahren durchzuführen.

Naturereignisse sind ­ wie sich nicht erst mit dem Felssturz von Gurtnellen am 31. Mai 2006 oder im August 2005 mit den massiven Überschwemmungen erwiesen hat ­ eine Ernst zu nehmende Bedrohung für den schweizerischen Siedlungs- und Lebensraum. Wesentliche Aufgaben im Bereich Naturgefahren sind den Kantonen übertragen, wobei der Bund die Wahrnehmung dieser Aufgaben u. a. mit Abgeltungen und Finanzhilfen unterstützt.

Aufgrund der Vielfalt der Akteure, aber auch wegen der Vielzahl der Finanzierungsinstrumente sprechen Experten von einer Intransparenz im Bereich des Schutzes vor Naturgefahren. Die heutige Subventionspraxis ist nur bedingt nachvollziehbar, wie auch einem vom Bundesrat im Mai 2005 zur Kenntnis genommenen Bericht «Strategie Naturgefahren Schweiz» entnommen werden kann64.

Vor diesem Hintergrund beauftragte die GPK-N die PVK am 3. Juli 2006 mit der Durchführung einer Evaluation zum Umgang des Bundes mit Naturgefahren, die Fragen zur Konzeption, Transparenz, Rechtmässigkeit, Aufsichtstätigkeit sowie zur Wirksamkeit umfasst.

Ziel der GPK-N ist es, einerseits eine Übersicht über die Politik des Bundes im Umgang mit Naturgefahren zu erstellen und diese bezüglich ihrer Zweckmässigkeit für ein integriertes Risikomanagement zu beurteilen. Dabei stehen Fragen zu Konzeption, Steuerung und Vollzug im Vordergrund. Andererseits hat die Untersuchung das Ziel, die bisherige Subventionspraxis der Bundesstellen zu klären und allfällige Doppelspurigkeiten und Lücken zu identifizieren. Die Frage der Subventionspraxis des Bundes im Umgang mit Naturgefahren soll mittels einer oder mehreren regionalen Fallstudien anhand von subventionierten Massnahmen untersucht werden.

Die GPK-N erwartet die Ergebnisse der Evaluation der PVK auf Mitte 2007.

64

PLANAT (2004): Strategie Naturgefahren Schweiz. Synthesebericht in Erfüllung des Auftrags des Bundesrates vom 20.8.2003.

http://www.naturgefahren.ch/ressources/planat_product_de_543.pdf.

3102

3.4.3

Wirkungen des Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung

Im Jahr 2003 untersuchte die GPK-N die Wirkungen des Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN)65. Im Berichtsjahr überprüfte die Kommission im Rahmen einer Nachkontrolle den Stand der Umsetzung der vom Bundesrat eingeleiteten Massnahmen. Der Bundesrat legte der GPK-N in seinem Bericht vom 11. August 2006 Rechenschaft darüber ab.

Die GPK-N präsentierte in ihrem Bericht vom 3. September 2003 Vorschläge, um das Instrument des BLN auf Bundesebene zu optimieren, wobei der föderalistischen Ausrichtung des Natur- und Heimatschutzes Rechnung zu tragen sei. Der Vollzug des BLN sollte in erster Linie durch eine Überprüfung und Präzisierung der gebietsspezifischen Schutzziele erleichtert werden. Um Akzeptanz bei den Vollzugsbehörden zu schaffen, müssen die Kantone und Gemeinden sich am Prozess der Zielfestlegung und ­präzisierung ausreichend beteiligen können. Die GPK-N forderte auch, dass das BLN besser in die übrigen raumwirksamen Politikbereiche eingebunden werde. Dies bedingt eine verstärkte Koordination der Instrumente sowie eine intensivere Zusammenarbeit der zuständigen Vollzugsbehörden. Schliesslich schien es der GPK-N zweckmässig, die Integration des BLN durch eine adäquate Information und Öffentlichkeitsarbeit zu fördern. Noch vermehrt sei auf die Bedeutung des BLN für die regionale Raumentwicklung, die lokale Wirtschaft und den naturnahen Tourismus hinzuweisen.

Der Bericht des Bundesrats vom 11. August 2006 zeigt, dass die Empfehlungen der GPK-N innerhalb der nächsten sechs bis acht Jahre umgesetzt werden. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) rief bereits im Frühjahr 2004 ein Projekt zur Aufwertung des BLN ins Leben. Dieses Projekt sieht verschiedene Massnahmen zur Erhöhung der Akzeptanz des BLN, der Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit sowie der Raum- und Umweltinformationssysteme, der Präzisierung der BLN-Objekte und deren Verankerung in raumwirksame Politikbereiche vor. Die Arbeiten im Rahmen der ersten Projektphase schreiten planmässig voran und sollten im 2007 abgeschlossen werden können. Die zweite Phase (bis 2011) sieht vor, die provisorischen Objektbeschriebe mit den Kantonen zu bereinigen und zu konsolidieren. Im Interesse der Akzeptanz werden in dieser zweiten Phase die direkt Betroffenen eng einbezogen. Ob die vorgesehenen Arbeiten in diesem Bereich
planmässig vorankommen werden, hängt deshalb wesentlich von der Bereitschaft der Kantone und der direkt Betroffenen ab, am partizipativen Prozess mitzuwirken.

Die GPK-N ist zuversichtlich, dass auch bei den kantonalen und lokalen Behörden sowie der Bevölkerung der Wille vorhanden ist, die Ziele des BLN mitzutragen und dessen Wirkung zu verbessern. Die Kommission hat ihre Arbeiten im Zusammenhang mit der Untersuchung aus dem Jahre 2003 grundsätzlich abgeschlossen. Sie plant, sich im Jahr 2012 über den Stand des Projekts zu informieren.

65

Bericht der GPK-N über die Wirkungen des Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung vom 3.9.2003 (BBl 2004 777); s. auch Beiträge in: Jahresbericht 2002/2003 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 23.1.2004 (BBl 2004 1752) sowie Jahresbericht 2004 vom 21.1.2005 (BBl 2005 1965).

3103

3.4.4

Zusatzkredit für den Transfer der Informatik- und Kommunikationssysteme der Luftwaffe

Die Flugkontrollgesellschaft Skyguide entstand am 1. Januar 2001 aus der Fusion des militärischen (der Luftwaffe angegliederten) und des zivilen (privatrechtliches Unternehmen Swisscontrol) Flugsicherungsdienstes. Das Fusionsprojekt umfasst einen Neubau für die Unterbringung der Informatik- und Kommunikationssysteme von Skyguide auf dem Militärflugplatz Dübendorf.

Der Beitrag der Luftwaffe an das neue Betriebsgebäude (28 Mio. CHF) wird aus dem Verpflichtungskredit finanziert, den das Parlament Ende 2002 im Rahmen des Projekts Militärimmobilien angenommen hatte.66 Ein weiterer Verpflichtungskredit (10 Mio. CHF.) sollte den Transfer der EDV und der Kommunikationssysteme der Luftwaffe in das neue Gebäude finanzieren. Ende Mai 2005 beantragte der Bundesrat indessen einen Zusatzkredit von 11,5 Millionen Franken. Damit stiegen die Gesamtkosten des Transfers der Systeme der Luftwaffe von 10 auf 21,5 Millionen Franken an.

Die SiK-N, die mit der vorgängigen Prüfung der Botschaft über Immobilien VBS 2006 beauftragt war67, beurteilte die Verdoppelung der budgetierten Kosten als nicht vertretbar. Trotzdem genehmigte die Mehrheit der SiK-N den Zusatzkredit; sie hielt den Umzug der Systeme der Luftwaffe für erforderlich und machte geltend, dass Verzögerungen in den Arbeiten nur Mehrkosten verursachen würden. Nichtsdestotrotz forderte die SiK-N die GPK-N auf, das Projekt der Verlegung der Systeme der militärischen Luftsicherung gründlich zu prüfen und Lektionen für die Zukunft zu ziehen, damit sich solche Fälle nicht wiederholen. Die GPK-N beschloss am 18. November 2005, dem Vorschlag der SiK-N positiv Folge zu geben.

Nach der Untersuchung der vorliegenden Elemente stellte die GPK-N fest, dass die Vertreter des VBS mehrere Unzulänglichkeiten in der Angelegenheit eingeräumt hatten. Der VBS-Vorsteher gestand selbst ein, dass das erste Gesuch um einen Verpflichtungskredit für 10 Millionen Franken nicht gründlich evaluiert worden war68. Ausserdem gab er in den Beratungen im Nationalrat zu, dass die Erklärungen zum Projekt in der Botschaft über militärische Immobilien 2003 nicht ausreichten69.

Nach diesen Erklärungen und angesichts der Tatsache, dass die Bundesversammlung am 28. November 2005 den Zusatzkredit über 11,5 Millionen Franken genehmigte, verzichtete die GPK-N auf eine eingehende Untersuchung der
Angelegenheit. Dagegen wollte sie sich vergewissern, dass die Projektkosten nunmehr unter Kontrolle sind und dass das VBS die Lektionen aus der Angelegenheit gezogen hat.

Das VBS hat zweimal ­ am 28. März und am 15. Juni 2006 ­ schriftlich Position bezogen. In den Stellungnahmen war zu lesen, dass das VBS aufgrund der dargestellten klaren Faktenlage auf eine interne Untersuchung verzichtete. Daneben bestätigte das VBS, dass das Projekt der Systemverlegung derzeit keine aussergewöhnlichen Risiken mehr aufweise und dass weitere Budgetüberschreitungen und Mehrkosten künftig ausgeschlossen werden könnten.

66 67 68 69

S. Botschaft des Bundesrats über militärische Immobilien 2003 vom 29.5.2002 (BBl 2002 5149).

S. Botschaft des Bundesrats über Immobilien VBS vom 25.5.2005 (BBl 2005 3635).

AB 2005 S 673.

AB 2005 N 1558.

3104

Das VBS bestätigte auch, die Lehren aus dem Fall gezogen zu haben. Selbst unter hohem zeitlichem und politischem Druck seien dem Parlament ausnahmslos nur geklärte, normgerecht berechnete Verpflichtungskredite vorzulegen. Teile eines Vorhabens, die noch nicht genau berechnet werden können, seien als weitere Etappen ­ mit der zum Eingabezeitpunkt bekannten Ausgabenschätzung und deren Basis ­ gemäss dem üblichen Verfahren anzukündigen. Im Fall des Neubaus von Skyguide wurde ausnahmsweise darauf verzichtet, in der Absicht, dem Parlament eine Gesamtkreditvorlage zum Entscheid vorzulegen. Im Nachhinein stellte das VBS fest, dass diese Vorgehensweise falsch war. Wenn die ersten Etappen eines Vorhabens nicht die Grenze von 20 Millionen Franken erreichen, diese Limite jedoch in den Folgeetappen wahrscheinlich überschritten wird, sind dem Parlament die ersten Etappen als der Ausgabenbremse unterstellte Vorhaben zu unterbreiten.

Die GPK-N wurde überdies über die folgenden Projektetappen informiert. Die Kommission nahm die Tatsache zur Kenntnis, dass das VBS die Möglichkeit von Mehrkosten ausschloss. Die GPK-N forderte die SiK-N auf, den Vorsteher des VBS gegebenenfalls an seine Verpflichtung zu erinnern.

Die Kommission hofft, dass ihr Eingreifen und die Lektionen, die das VBS für die Zukunft beherzigt, künftig ähnliche Vorkommnisse vermeiden helfen.

3.4.5

Sicherheit in der Zivilluftfahrt

Bereits seit mehreren Jahren begleitet die GPK-S die Umsetzung der Massnahmen zur Verbesserung der Sicherheit in der Zivilluftfahrt70. Ziel der verschiedenen Massnahmen und Projekte ist der Aufbau eines umfassenden Sicherheitsmanagements sowie einer eigentlichen Sicherheitskultur.

Die begleitende Kontrolle der GPK-S wird u.a. auf der Grundlage von halbjährlichen Standberichten des UVEK ausgeübt. Im Berichtsjahr konnte die GPK-S den fünften und sechsten Standbericht zur Umsetzung der Massnahmen zur Verbesserung der Sicherheitsorganisation in der Zivilluftfahrt zur Kenntnis nehmen. Ausserdem führte die zuständige Subkommission am 16. November 2006 einen Dienststellenbesuch beim Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) durch und thematisierte als Schwerpunkte die Sicherheit in der Zivilluftfahrt sowie die Reorganisation des BAZL. Die GPK-S prüft auch jeweils die Entwicklungen bei Skyguide sehr genau (vgl. Ziff. 3.4.6). Skyguide ist ein zentraler Akteur bei der Gewährleistung der Luftverkehrssicherheit.

Die GPK-S konnte wiederum feststellen, dass alle beteiligten Kreise erhebliche Anstrengungen unternommen haben, um die Empfehlungen des niederländischen Luft- und Raumfahrtinstituts NLR vom Juni 2003 umzusetzen und die Ziele des Projekts Safir (Safety first) zu erreichen.

Wesentliche Entwicklungen während dem Jahr 2006 sind: ­

70

Die nationale Flugverkehrs-Sicherheitspolitik wurde als Bestandteil des Berichts über die Luftfahrtpolitik der Schweiz 2004 von den eidgenössischen Räten am 30. und 31. Mai 2005 zur Kenntnis genommen. Gestützt S. Jahresbericht 2002/2003 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 23.1.2004 (BBl 2004 1748); Jahresbericht 2004 vom 21.1.2005 (BBl 2005 1962) sowie Jahresbericht 2005 vom 20.1.2006 (BBl 2006 4380).

3105

darauf hat das BAZL eine vom UVEK genehmigte Sicherheitspolitik auf Amtsstufe verabschiedet. Zentraler Bestandteil dieser Politik ist das Betreiben eines ausgebauten Safety- und Risikomanagements. Die gesammelte Datenmenge erlaubt ein verfeinertes und aussagekräftiges Reporting. Das monatliche Safetyreporting an die Amtsleitung des BAZL ermöglicht ein umfassendes Gesamtbild über den Sicherheitszustand der schweizerischen Zivilluftfahrt. Es erlaubt auch, laufend Auswertungen vorzunehmen und die nötigen Massnahmen vorzuschlagen.

71

­

Am 30. Juni 2006 schloss das BAZL seine umfassende Reorganisation ab.

Die zusätzlichen 60 Stellen konnten besetzt werden. Die neuen Prozesse erhöhten den Wirkungsgrad des Amts als Aufsichtsbehörde. Damit konnten auch intensivere Kontrollen und Audits durchgeführt werden.

­

Bezüglich der nachhaltigen Lösung der strukturellen Finanzierungslücken ist zu erwähnen, dass sich die Schweiz und Deutschland über die Regelung der Flugsicherungsdienste über Süddeutschland durch die Skyguide grundsätzlich einigen konnten. Gegenstand der weiteren Verhandlungen auf Fachstufe sind die Fragen der Finanzierung sowie der Modalitäten der Beauftragung an Skyguide. In Bezug auf die Flugsicherungsverhandlungen mit Österreich und Italien wurden die Gespräche auf Fachebene fortgesetzt. Bezüglich der Quersubventionierung der Flugsicherungsdienste hat das BAZL von der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats (KVF-N) den Auftrag erhalten, bis Ende 2006 einen umfassenden Bericht über die Finanzierung der Flugsicherung in der Schweiz auszuarbeiten. Ende September 2006 gab das BAZL ein Konzept zur Finanzierung der Flugsicherung bei den tangierten Luftfahrtkreisen und den Standortkantonen der involvierten Flugplätze in die Anhörung. Das Konzept enthält fünf mögliche Varianten für eine künftige Ausgestaltung der Finanzierung des Flugsicherungswesens. Die Vor- und Nachteile werden in einem Bericht analysiert, der am 11. Dezember 2006 an die KVF-N zugestellt wurde.

­

Mit der Änderung von Artikel 20 Luftfahrtgesetz71 konnte eine Gesetzesgrundlage geschaffen werden, die verhindert, dass Personen, die sicherheitsrelevante Vorfälle melden, straf- bzw. disziplinarrechtlich verfolgt werden.

Artikel 20 Absatz 3 LFG ermächtigt den Bundesrat, Bestimmungen zu erlassen, gemäss welchen in bestimmten Fällen auf die Einleitung eines Strafverfahrens gegenüber dem Urheber der Meldung zu verzichten ist. Ein Strafverzicht ist allerdings nur möglich, wenn die Behörde ausschliesslich gestützt auf die freiwillige Meldung Kenntnis von einem bestimmten Ereignis erhalten hat und der gemeldete Vorfall weder grobfahrlässig noch vorsätzlich herbeigeführt wurde. Auf Verordnungsstufe werden die Modalitäten der Umsetzung zu regeln sein.

­

Die Überprüfung des Safety Management Systems bei den Landesflughäfen erfolgt im Rahmen der ICAO-Zertifizierung durch das BAZL. Auf dem Flughafen Zürich konnte der Zertifizierungsprozess im Rahmen eines Audits sowie eines Nachaudits abgeschlossen werden. Die Erteilung des Zertifikats erfolgte am 6. Juni 2006. Auf den Flughäfen Genf und Bern fanden die

Bundesgesetz vom 21.12.1948 über die Luftfahrt (LFG; SR 748.0).

3106

Audits des BAZL im Mai bzw. Juni statt. Das Audit auf dem Flugplatz St. Gallen-Altenrhein wurde im November durchgeführt.

­

Im Bereich der Skyguide AG wurden weitere Massnahmen getroffen mit dem Ziel, die Sicherheitskultur in der gesamten Unternehmung laufend zu verbessern und das Risikomanagement weiter auszubauen (z.B. Sensibilisierungsprogramme, Skyguide-internes Vorfall-Reporting, Lizenzierung der Unterhaltsprozesse und des technischen Personals). Im Bereich Safety wurden personelle und organisatorische Änderungen vorgenommen.

­

Die raschere Umsetzung der Sicherheitsempfehlungen erfolgt unter der Leitung des Luftfahrtsicherheitsbeauftragten im Generalsekretariat des UVEK nach einem neu etablierten Prozess. Diese intensive Bearbeitung der Sicherheitsempfehlungen ist in Berichten an die Schweizerische Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) dokumentiert.

Das Projekt Safir befindet sich in der Abschlussphase. Von den ursprünglich 28 Empfehlungen sind deren vier noch offen. Es versteht sich von selbst, dass die Bemühungen zur Gewährleistung der Sicherheit im Sinne einer herausfordernden Daueraufgabe kontinuierlich fortgeführt und stets optimiert werden müssen. Die durch die Strukturen und Abläufe geschaffene Sicherheitspolitik muss nun vollständig in die Linie übergehen können.

Das vom UVEK geplante Nachaudit für die Umsetzungskontrolle der NLREmpfehlungen ist im Juni 2006 angelaufen. Das Audit wird Aufschluss über die Wirksamkeit und Kohärenz der getroffenen Massnahmen liefern. Die GPK-S wird die Ergebnisse des Audits Anfang 2007 zur Kenntnis nehmen. Nach einer anschliessenden Analyse und Gesprächen mit Vertretern des UVEK, plant die GPK-S einen Abschluss ihrer mehrjährigen begleitenden Kontrolle.

3.4.6

Projekt von Skyguide zur Zusammenführung des oberen Luftraums (UAC-CH)

Wie bereits oben dargelegt (vgl. Ziff. 3.4.5) begleitet die GPK-S auch die Entwicklungen bei Skyguide im Rahmen der Umsetzung des Projekts Safir.

Das Unternehmen Skyguide leitet und überwacht den zivilen und militärischen Flugverkehr im Schweizer sowie in dem vom Ausland delegierten Luftraum. Dabei erfüllt es einen gesetzlichen Auftrag gemäss Artikel 40 LFG sowie Artikel 2 Flugsicherungsdienstverordnung72. Der Bundesrat führt Skyguide durch die Vorgabe von strategischen Zielen, deren Erreichung im Rahmen eines Controllings geprüft wird.

Die strategischen Ziele werden für jeweils drei Jahre festgelegt.

Im Berichtsjahr befasste sich die GPK-S neben der begleitenden Kontrolle der Umsetzung des Projekts Safir auch mit den Abläufen und Schwierigkeiten bei einem Projekt, welches die Zusammenführung der Kontrolle des oberen Luftraums in Genf anstrebt. Das so genannte Projekt UAC-CH (Upper Area Control Center Switzerland) sah ursprünglich vor, den gesamten von Skyguide verwalteten oberen Luftraum ab 2006 von Genf aus zu kontrollieren. Während sieben Projektschritte vom BAZL unter teilweisen Auflagen genehmigt wurden, hat das BAZL am 27. März 72

Verordnung vom 18.12.1995 über den Flugsicherungsdienst (VFSD; SR 748.132.1).

3107

2006 entschieden, den letzten Projektschritt nicht freizugeben. Der Projektabschluss musste aufgrund dieses Entscheids hinausgeschoben werden.

Verschiedene parlamentarische Kommissionen liessen sich über die Hintergründe dieses Entscheids des BAZL orientieren. Neben den KVFs interessierten sich auch die zuständigen Subkommissionen von GPKs und FKs anlässlich der jährlichen Überprüfung der Erreichung der strategischen Ziele durch Skyguide für dieses Thema.

Die GPK-S informierte sich Ende Juni 2006 auf Wunsch der verschiedenen Kommissionen erneut über die Hintergründe des BAZL-Entscheids und den Stand des Projekts.

Die GPK-S konnte feststellen, dass für den Entscheid des BAZL Sicherheitsüberlegungen ausschlaggebend waren. Das BAZL konnte die Sicherheitsdokumente zum Paket 8 nicht freigeben, weil Skyguide den Sicherheitsnachweis für das technische System nicht erbringen konnte. Ebenso wenig konnte Skyguide einen ausreichenden Ausbildungsstand für eine sichere Inbetriebnahme der Systeme nachweisen. Ausschlaggebend war sodann, dass die Konsistenz der Skyguide-internen Sicherheitsüberprüfung und Risikominderungs-Massnahmen nicht gegeben waren. Das Projekt UAC-CH stand von Beginn weg unter einem hohen Zeitdruck. Gewonnene Erkenntnisse aus dem Sicherheitsmanagement wurden nicht mit genügender Anpassung der Planung berücksichtigt. Eine übergeordnete Eventualplanung bei Scheitern oder Verzögerungen des Projekts fehlte. Der Erfolgsdruck für das Management erhöhte sich dadurch zusätzlich.

Trotz diesen kritischen Befunden des BAZL war die Sicherheit des durch Skyguide kontrollierten Luftraums stets gewährleistet. Folgen der mangelhaften Projektführung waren hingegen ein Rückschlag in einem technisch anspruchsvollen Projekt und die teilweise bereits erfolgte Verschiebung von Arbeitsplätzen von Zürich nach Genf.

Nach entsprechenden Lageanalysen von BAZL und Skyguide stand Ende Juni 2006 fest, dass der Standort der oberen Luftraumkontrolle wie vorgesehen in Genf bleibt.

Hingegen hat Skyguide die Termin- und Projektplanung einer neuen Prioritätensetzung entsprechend angepasst. Das Projekt UAC-CH soll neu erst ab 2008 realisiert werden. Vorrang wird der Implementierung der neuen internationalen Sicherheitsund Qualitätsanforderungen ESARR (Eurocontrol Safety Regulatory Requirements) gegeben. Die Zusammenführung
des oberen Luftraums soll nach den ESARRKriterien erfolgen. Bis dann wird der obere Luftraum weiterhin von Genf und Zürich aus kontrolliert.

Bei der Anpassung der Gesamtprojektplanung erhielten neben der Umsetzung der ESARR auch die Zertifizierung für den Single European Sky (SES), die Modernisierung der technischen Systeme in Zürich und der Instrumentelandesystem-Anflug auf Piste 28 in Zürich gegenüber der Zusammenführung des oberen Luftraums Vorrang.

Neben diesen organisatorischen Massnahmen hat Skyguide auch personelle Massnahmen im Bereich Safety getroffen.

Die GPK-S begrüsst die Reduktion des Zeitdrucks auf die Vielzahl der Projekte und Herausforderungen bei Skyguide. Die teilweise im Anschluss an den Entscheid des BAZL vom März 2006 geäusserte Kritik an demselben Amt ist nach Ansicht der GPK-S nicht angebracht. Das BAZL hat korrekterweise Sicherheitsüberlegungen den Vorrang gegeben. Im Rahmen seiner Analyse ist auch Skyguide Ende Juni 2006 3108

zur Erkenntnis gelangt, dass sie die Auswirkungen der ESARR, die derzeit europaweit implementiert werden, auf die Zusammenführung des oberen Luftraums unterschätzt hatte. Die GPK-S ist zuversichtlich, dass das BAZL auch weiterhin in der Lage sein wird, den Grundsatz «Safety first» in der Aufsichtspraxis konsequent umzusetzen.

3.4.7

Lehren aus der Swissair-Krise

Im Nachgang zur Krise der Swissair im Oktober 2001, die zur vorübergehenden Stilllegung des Flugbetriebs und in die Liquidation des Unternehmens führte, publizierte die GPK-S einen umfangreichen Untersuchungsbericht73. Die Kommission kam zum Schluss, dass die Bundesbehörden keine Verantwortung für den Verlauf und den dramatischen Ausgang der Swissair-Krise trifft. Mit zehn Empfehlungen, einer Motion und sechs Postulaten forderte die GPK-S den Bundesrat jedoch auf, Lehren aus der Swissair-Krise zu ziehen. Diese Vorstösse bezogen sich hauptsächlich auf die Früherkennung von wirtschaftlichen Risiken und die Aufsicht des Bundes über die Luftfahrtunternehmungen.

Im Rahmen einer Nachkontrolle prüfte die GPK-S im Berichtsjahr den Stand der Umsetzung der Vorstösse und der verschiedenen vom Bundesrat eingeleiteten Massnahmen. Der GPK-S lag hiezu ein Bericht des Bundesrats vom 30. September 2005 vor.

Die GPK-S konnte feststellen, dass wichtige Schritte unternommen wurden, um die Lehren aus der Swissair-Krise zu ziehen. Nachfolgend seien nur einige davon erwähnt: Im Bereich der Aufsicht über die Luftfahrt ist die Reorganisation des BAZL zu erwähnen. Die Bereiche Sicherheit und Luftfahrtentwicklung wurden organisatorisch getrennt. Das BAZL wurde personell verstärkt. Gemäss dem Grundsatz «Safety first» hat das BAZL seine Kontrollen intensiviert. Auf Anfang 2005 wurde im BAZL die Sektion Wirtschaftsfragen geschaffen und somit auch die Aufsicht über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Fluggesellschaften, Flughäfen und der Flugsicherung verstärkt. Mit dem «Civil Aviation Safety Officer» schuf das UVEK zudem eine Stelle, um die für die Sicherheit relevante Aufsicht über das BAZL professionell wahrnehmen zu können. Die Aufsichtspraxis des Bundes wird ausserdem auch von externer Seite begutachtet. So läuft zurzeit ein Nachaudit des holländischen Instituts NLR, welches bereits im Nachgang zu schweren Flugunfällen bei Nassenwil, Bassersdorf und Überlingen die gesamte Sicherheitsorganisation überprüfte.

Die GPK-S forderte den Bundesrat damals auf, die Luftverkehrspolitik der Schweiz neu zu formulieren. Ende Mai 2005 nahm das Parlament Kenntnis von einem entsprechenden Bericht des Bundesrats. Die Vorbereitung der sich daraus ergebenden Gesetzes- und Verordnungsänderungen sind in Gang und teilweise bereits abgeschlossen.

73

Bericht der GPK-N über die Rolle von Bundesrat und Bundesverwaltung im Zusammenhang mit der Swissair-Krise vom 19.9.2002 (BBl 2003 5403).

3109

Was die Beteiligung des Bundes an privatwirtschaftlichen Unternehmen betrifft, so hat der Bund seinen Aktienanteil an der Swiss Air Lines AG abgetreten und sich aus dem Swiss-Verwaltungsrat zurückgezogen. Der Forderung nach einer generellen Evaluation des Eignerinstrumentariums bei Bundesbetrieben trug der Bundesrat durch das Projekt «Eignerpolitik des Bundes» Rechnung. Im September 2006 verabschiedete der Bundesrat einen Bericht zur Auslagerung und Steuerung von Bundesaufgaben (Corporate-Governance-Bericht)74. Darin legte er zum einen einheitliche Grundsätze für die Auslagerung von Aufgaben fest und formulierte zum anderen Leitsätze für die Steuerung von Organisationen, die im Eigentum des Bundes stehen bzw. an denen er eine Haupt- oder Mehrheitsbeteiligung hat. Bis Mitte 2007 erarbeiten die Departemente und die Bundeskanzlei Vorschläge, wie der Bericht im Einzelnen umzusetzen ist.

Im Bereich der Früherkennung von nachteiligen Entwicklungen in volkswirtschaftlich bedeutenden Unternehmen ist die grosse Zurückhaltung des Bundesrats nach wie vor spürbar. Der Bundesrat spricht die privatwirtschaftliche Verantwortung an und beschränkt die Verantwortung des Bundes auf Unternehmen, die der bundesstaatlichen Aufsicht unterliegen. Die GPK-S ist nach wie vor überzeugt, dass der Bund bei Unternehmen, die für die Volkswirtschaft des Lands von systemrelevanter Bedeutung sind, im Bereich der Früherkennung eine gewisse Rolle spielen muss.

Ansonsten konnte aber die GPK-S feststellen, dass alle Empfehlungen und Vorstösse auf Stufe Bundesrat umgesetzt oder in der Endphase der Umsetzung begriffen sind. Die Kommission konnte mit Befriedigung zur Kenntnis nehmen, dass die Aufarbeitung der Swissair-Krise durch den Bundesrat sehr breitflächig an die Hand genommen wurde und eine departementsübergreifende Umsetzung stattfand. Verschiedene Arbeiten haben einen engen Konnex zur Umsetzung der Massnahmen zur Verbesserung der Sicherheit in der Zivilluftfahrt (vgl. Ziff. 3.4.5). Diese Arbeiten werden von der GPK-S weiter begleitet. Die übrigen Aspekte im Zusammenhang mit der Swissair-Krise hat die GPK-S definitiv bereinigt und ihre diesbezüglichen Untersuchungstätigkeiten abgeschlossen.

3.4.8

Qualitätsreport Grundversorgung

Die GPK-N interessierte sich für die Qualität der Grundversorgung im Fernmeldebereich, über welche die Swisscom Fixnet in einem Bericht zuhanden des BAKOM Rechenschaft ablegt. Der GPK-N lagen die Zwischenberichte für die Jahre 2004 und 2005 vor. Das BAKOM beurteilt jährlich die Qualität der Dienste der Grundversorgung. Swisscom Fixnet ist als Inhaberin der Grundversorgungskonzession 2003­2007 verpflichtet, sämtliche Dienste der Grundversorgung im gesamten Konzessionsgebiet nach den definierten Qualitätskriterien bereitzustellen.

In diesem Zusammenhang ist auch auf den von den eidg. Räten im März 2006 verabschiedeten Artikel 12a Absatz 2 des Fernmeldegesetzes75 hinzuweisen.

Gemäss dieser Bestimmung kann der Bundesrat in Zukunft Anbieterinnen von Fernmeldediensten verpflichten, Informationen über die Qualität der von ihnen angebotenen Fernmeldediensten zu veröffentlichen. Die GPK-N fragte den Bundes74 75

Bericht des Bundesrats zur Auslagerung und Steuerung von Bundesaufgaben (CorporateGovernance-Bericht) vom 13.9.2006 (BBl 2006 8233).

Fernmeldegesetz vom 30.4.1997 (FMG; SR 784.10).

3110

rat an, wie er diese Bestimmung umzusetzen gedenkt. Der Bundesrat legte dar, dass im Rahmen der laufenden Anhörung der interessierten Kreise zu den Verordnungsänderungen vorerst keine Bestimmung enthalten ist, mit der der Bundesrat von der oben beschriebenen Möglichkeit Gebrauch macht. Je nach Ergebnis der Anhörung wird der Bundesrat darauf zurückkommen bzw. zuerst weitere Erfahrungen mit dem neuen Fernmeldegesetz im Markt abwarten. Angesichts der Kompetenz des Bundesrats in der Frage der Veröffentlichung von Informationen bezüglich der Qualität der Grundversorgung hat die GPK-N in diesem Bereich keine weiteren Massnahmen geplant.

3.5

Internationale Beziehungen und Aussenhandel

3.5.1

Kohärenz und strategische Führung der Aktivitäten der DEZA

Die DEZA ist der wichtigste Akteur der staatlichen Entwicklungshilfe der Schweiz.

Sie verfügt über einen Jahreshaushalt von 1,3 Milliarden Franken (2005), d.h. knapp 66 % des Budgets des EDA. Die DEZA ist in drei Bereichen der internationalen Zusammenarbeit aktiv: bilaterale und multilaterale Entwicklungszusammenarbeit, Zusammenarbeit mit den osteuropäischen Staaten, humanitäre Hilfe. Die humanitäre Hilfe gehört zur ausschliesslichen Zuständigkeit der DEZA, während die Entwicklungszusammenarbeit und die Zusammenarbeit mit Osteuropa gemeinsam mit dem SECO durchgeführt werden.

Die Qualität der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz geniesst generell grosse Anerkennung. In den letzten Jahren wurden jedoch der thematische und geografische Umfang und die fehlende strategische Orientierung der DEZAAktivitäten von vielen Kreisen kritisiert. Angesichts dieser Kritiken beschloss die GPK-S, eine Untersuchung über die Kohärenz und die strategische Führung der Tätigkeiten der DEZA durchzuführen. Dabei stützte sich die Kommission auf eine Evaluation, die bei der PVK in Auftrag gegeben wurde76, und auf eine Studie der Organisation für Wirtschaftszusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aus 200577.

Ausserdem unterhielt sich die GPK-S mit der Vorsteherin des EDA, mit dem ehemaligen Vorsteher des EVD, mit dem Direktor der DEZA und mit dem Chef des zuständigen Leistungsbereichs des SECO.

Die GPK-S konnte nach Abschluss ihrer Arbeiten die Kritik, wonach die Tätigkeiten der DEZA nicht den von Bundesrat und Parlament festgelegten Zielen und Prioritäten genügten, zurückweisen. Die DEZA ist zwar tatsächlich in einer Vielzahl von Sektoren und Regionen tätig, aber dies entspricht ihrem Auftrag. Die Kooperationsstrategien, die lokalen Projekte und die DEZA-Strategie 2010 stimmen materiell mit den Botschaften des Bundesrats überein. So werden z.B. die geografischen Schwerpunkte, die in der letzten Botschaft über die Entwicklungszusammenarbeit angegeben sind, grosso modo eingehalten. Nur einige Projekte scheinen nicht gänzlich dem Aufgabenbereich der DEZA zu entsprechen.

76 77

S. Jahresbericht 2006 der PVK, Ziff. 2.1.2, veröffentlicht im Anhang 1 des vorliegenden Berichts.

S. OECD, «DAC Peer Review of Switzerland», 2005.

3111

Nach Auffassung der GPK-S gehen die Probleme nicht auf die Kohärenz der DEZATätigkeiten mit den politischen Vorgaben, sondern auf einige Lücken in der strategischen Führung und auf die mangelnde thematische und geografische Fokussierung der Entwicklungszusammenarbeit zurück. Tatsächlich fehlt der DEZA global gesehen eine thematische Spezialisierung; die DEZA-Projekte betreffen 42 verschiedene Sektoren mit jeweils relativ bescheidenen Budgets. De facto deckt die DEZA die gesamte Palette der Entwicklungszusammenarbeit ab. Die Vorgabe gemäss der Botschaft über die Entwicklungszusammenarbeit ­ Fokussierung auf zwei bis vier Themen pro Region ­ wird nicht streng eingehalten bzw. ist in einigen Fällen keineswegs offensichtlich. Zudem ist die Liste der Schwerpunktländer der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit verglichen mit dem Umfang der bilateralen Programme relativ lang.

Nach Dafürhalten der GPK-S verursacht die starke geografische und thematische Verzettelung der Entwicklungszusammenarbeit hohe Transaktionskosten und beeinträchtigt die Kohärenz und die Effizienz der internationalen Zusammenarbeit. Die DEZA verfügt über beschränkte Mittel, mit denen sich nicht alle Bedürfnisse decken lassen; deshalb ersuchte die GPK-S den Bundesrat, die Interventionen der DEZA und des SECO auf die Bereiche bzw. Regionen zu konzentrieren, in denen die Schweiz komparative Vorteile besitzt. Ausserdem forderte die Kommission, die Finanzmittel gezielter auf die Prioritätsprogramme, besonders zu Gunsten der ärmsten Länder und Afrikas, auszurichten.

In Sachen interne Führung der DEZA vertritt die GPK-S die Auffassung, dass die Vereinfachung des strategischen Gerüsts und die Verbesserung der Effizienz der strategischen Referenzdokumente dazu beitragen würden, die Tätigkeiten der DEZA transparenter und zielstrebender zu gestalten. Die Definitionsprozesse im Rahmen der Strategie 2010 und der Kooperationsprogramme setzen generell grosse Investitionen voraus, die nicht immer in einem angemessenen Verhältnis zum operationellen Nutzen stehen.

Allgemein vertritt die Kommission die Meinung, dass der Bundesrat die Gesetzesgrundlagen und alle strategischen Führungsinstrumente einer kritischen Prüfung unterziehen muss. Das Gesetz über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe, das seit der Verabschiedung
im Jahr 1976 nicht revidiert wurde, sollte aktualisiert werden; das System der unterschiedlichen Rahmenkredite der internationalen Zusammenarbeit sollte verständlicher gemacht werden; die Führung der DEZA müsste auf der Basis eines Systems strategischer Ziele neu definiert werden.

Im Zusammenhang mit den Führungsinstrumenten des Bundesrats misst die GPK-S der Transparenz der Botschaften über die Rahmenkredite besondere Bedeutung bei.

Die Kommission fordert den Bundesrat auf, genauer zu beschreiben, wie er die Mittel, die nicht den Schwerpunktländern oder den Sonderprogrammen der Entwicklungszusammenarbeit zugewiesen werden, zu verwenden gedenkt. Wie die Arbeiten der Kommission zeigten, handelt es sich dabei um einen wesentlichen Anteil, ja sogar um das Gros der bilateralen Hilfe der Schweiz.

Die GPK-S untersuchte zudem das institutionelle Arrangement der internationalen Zusammenarbeit, genauer gesagt die Kompetenzverteilung zwischen der DEZA und dem SECO. Die Kommission stellte fest, dass erhebliche Anstrengungen zur Verbesserung der Koordination geleistet und auch einige Erfolge verbucht wurden. In der Entwicklungszusammenarbeit vor Ort werden die besten Resultate mit den 3112

jüngsten Programmen erzielt, deren Strategien von Anfang an koordiniert wurden.

Das Synergiepotenzial ist allerdings nach Auffassung der GPK-S noch nicht ausgeschöpft. Besonders in den Bereichen, in denen das SECO und die DEZA gemeinsam zuständig sind, bietet die komplexe Kompetenzverteilung grosse Reibungsflächen.

Die Kommission hat davon abgesehen, die Unterstellung der gesamten internationalen Zusammenarbeit unter ein Departement zu empfehlen: Nach ihrer Auffassung ergänzen sich die Aufgaben der beiden Ämter, sofern das heutige Arrangement optimiert und die Führung beim Bundesrat gestärkt wird. Die GPK-S forderte deshalb den Bundesrat auf, die Kompetenzverteilung zu klären und gegebenenfalls seine Autorität in die Waagschale zu werfen, um effiziente Lösungen durchzusetzen.

Daneben ersuchte die Kommission den Bundesrat, eine einheitliche Strategie mit einer Orientierung und gemeinsamen mittelfristigen Zielen zu definieren.

Die GPK-S erwartet bis Mitte März 2007 eine Stellungnahme des Bundesrats zu ihren Schlussfolgerungen und Empfehlungen.

3.5.2

Visumerteilung durch die schweizerischen Vertretungen im Ausland

Die GPK-N hat im Anschluss an die Arbeiten von 200578 die Untersuchung zur Visumerteilung in den schweizerischen Vertretungen im Ausland fortgesetzt.

Zunächst liess sich die Kommission von der Vorsteherin des EDA im Detail über die Umstände der Angelegenheit ­ missbräuchliche Visumerteilung in der Schweizer Botschaft in Islamabad ­ informieren. Als Rückblick: Das EDA hatte Anfang 2006 einen Verdacht auf einen Korruptionsfall gemeldet und die BA (BA) hatte eine Ermittlung eröffnet. Die zuständige Subkommission der GPK-N nahm den Bericht zu der von der Departementsvorsteherin angeordneten Administrativuntersuchung zur Kenntnis und führte ein Gespräch mit dem Verfasser. Sie stellte fest, dass die Untersuchung sorgfältig durchgeführt worden war und dass sich das EDA gemeinsam mit den pakistanischen Behörden bemüht hatte, die Angelegenheit auszuleuchten.

Neben den Folgearbeiten zu den aktuellen Fällen führte die Subkommission Besuche bei verschiedenen Dienststellen des EDA durch, die mit den konsularischen Tätigkeiten zu tun haben, und forderte vertiefte Berichte an. So besuchte die Subkommission die Direktion für Ressourcen und Aussennetz (DRA) und erkundigte sich dort insbesondere nach der Umsetzung der verschiedenen Massnahmen, die das EDA angekündigt hatte, und nach den Gepflogenheiten anderer europäischer Länder in der Visumerteilung. Die Subkommission stellte fest, dass die Schweiz in der Regel die gleiche Praxis befolgt wie die anderen geprüften Länder.

Daneben stattete die Subkommission auch dem EDA-Inspektorat einen Besuch ab und liess sich über dessen Aufgaben, die Organisation und über die Ressourcen des künftigen Visainspektorats informieren. Schliesslich führte die Subkommission eine Reihe von Anhörungen mit einem ehemaligen Missionschef, einem ehemaligen Kanzleichef des EDA und mit dem Direktor des Bundesamts für Migration (BFM) durch.

78

S. Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte, 20.1.2006 (BBl 2006 4335 f.).

3113

Die GPK-N begrüsst es generell, dass das EDA Transparenz und den Willen beweist, die Visumerteilungsverfahren und die Kontrolle zu verbessern. Das Departement hat bereits Massnahmen ergriffen, die in die richtige Richtung zielen.

Die GPK-N wird ihre Feststellungen und Empfehlungen im ersten Halbjahr 2007 in Form eines Berichts veröffentlichen.

3.5.3

Vollzug der Kriegsmaterialgesetzgebung

Nachdem der Bundesrat am 29. Juni 2005 vier Beschlüsse in Bezug auf Kriegsmaterialexporte in den Irak und nach Indien, Pakistan und Südkorea gefasst hatte79, wandte sich Nationalrat Josef Lang mit einer Aufsichtseingabe an die GPK-N.

In seiner Eingabe vom 1. Juli 2005 bezweifelte er die Rechtmässigkeit dieser Entscheide und forderte die GPK-N auf, diese zu überprüfen. Mit Schreiben vom 2. September 2005 erweiterte er seine Eingabe auf die Klärung der Ereignisse zur mutmasslichen Lieferung von 40 ursprünglich durch die Schweiz an die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) verkauften Panzerhaubitzen M-109 an Marokko, die gemäss einer durch die VAE unterschriebenen Nichtwiederausfuhrerklärung nicht hätten weitergegeben werden dürfen.

Sowohl bei den erwähnten Bewilligungen des Bundesrats wie auch bei der Weitergabe der Panzerhaubitzen M-109 durch die VAE an Marokko handelt es sich um Vollzugsfragen im Bereich der Kriegsmaterialgesetzgebung, die in den Kompetenzbereich der GPKs fallen. Die GPK-N trat dementsprechend am 24. August 2005 auf die Aufsichtseingabe von Nationalrat Josef Lang ein.

Die GPK-N konnte ihre Untersuchung am 7. November 2006 mit einem veröffentlichten Untersuchungsbericht abschliessen80. Darin richtet sie fünf Empfehlungen an den Bundesrat. Grundsätzlich stellte sie fest, dass die schweizerische Kriegsmaterialgesetzgebung unterschiedliche Ziele verfolgt, die im konkreten Einzelfall in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen können. Die Gesetzgebung erlaubt deshalb bewusst, flexibel auf Anfragen zur Bewilligung von Kriegsmaterialexporten reagieren zu können. Das Kriegsmaterialgesetz81 räumt dem Bundesrat und der Bundesverwaltung bei der Beurteilung von Kriegsmaterialausfuhrgesuchen einen grossen Ermessensspielraum ein. Der Bundesrat hat in seiner Kriegsmaterialverordnung82 die bei der Prüfung von Ausfuhrgesuchen zur Anwendung gelangenden Beurteilungselemente konkretisiert und auch Verfahren festgelegt, die sicherstellen sollen, dass alle betroffenen Behörden der Bundesverwaltung im Rahmen des Bewilligungsverfahrens konsultiert werden und dass bei Uneinigkeit oder bei Gesuchen mit erheblicher aussen- oder sicherheitspolitischer Tragweite der Bundesrat entscheidet.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund gelangte die GPK-N zum Schluss, dass der Bundesrat mit seinen Entscheiden zu den
Gesuchen und Voranfragen grundsätzlich kein Recht verletzt hat. Eine allfällige bindende Einengung des Ermessensspielraums des Bundesrats und der zuständigen Verwaltungseinheiten hätte auf Gesetzes79 80

81 82

Vgl. Medienmitteilung des Bundesrats vom 29.6.2005.

Bericht der GPK-N über den Vollzug der Kriegsmaterialgesetzgebung: Entscheide des Bundesrats vom 29.6.2005 sowie die Wiederausfuhr von Panzerhaubitzen nach Marokko vom 7.11.2006 (www.parlament.ch).

Bundesgesetz vom 13.12.1996 über das Kriegsmaterial (KMG; SR 514.51).

Verordnung vom 25.2.1998 über das Kriegsmaterial (KMV; SR 514.511).

3114

stufe zu erfolgen. Unter dem Aspekt der Zweckmässigkeit sah sich die GPK-N jedoch zu folgenden Feststellungen veranlasst: Die GPK-N stellte allgemein fest, dass die bei der Prüfung der Ausfuhrgesuche zur Anwendung gelangende Differenzierung zwischen «systematischen» und «regelmässigen» Menschenrechtsverletzungen in einer potentiellen Exportdestination nicht nachvollziehbar ist. Auch die in der Praxis gehandhabte Unterscheidung zwischen einzelnen Behörden eines Landes als Empfänger des Kriegsmaterials ist nach Ansicht der GPK-N problematisch. Sie forderte deshalb den Bundesrat in ihrer ersten Empfehlung auf, auf diese Unterscheidungen zu verzichten und dem Kriterium der Menschenrechtslage im Exportland ein grösseres Gewicht beizumessen.

Bezüglich des Entscheids des Bundesrats, die Ausfuhr von 180 Schützenpanzer M-113 an die VAE mit der Enddestination Irak zu bewilligen, gelangte die GPK-N zum Schluss, dass der Entscheid zwar im Ermessen des Bundesrats lag, das Gesuch jedoch trotzdem nicht hätte bewilligen sollen. Die Situation im Hinblick auf den demokratischen Neuaufbau der staatlichen Strukturen, die Kontrollmöglichkeiten der irakischen Behörden gegenüber ihren Sicherheitsdiensten, das menschenrechtskonforme Verhalten der Sicherheitskräfte, aber auch die gewährten Sicherheiten standen aus Sicht der GPK-N zu diesem Zeitpunkt einer Bewilligung im Weg.

Der Bundesrat hatte nach den Atombombenversuchen von Indien und Pakistan ein grundsätzliches Ausfuhrverbot für Kriegsmaterial in diese beiden Länder erlassen.

Mit seinem Entscheid von Ende Juni 2005 hob er dieses Verbot auf. Der Hauptgrund war, dass andere Länder zunehmend wieder Kriegsmaterial an Indien liefern und es deshalb keinen Sinn mache, wenn die Schweiz alleine am Ausfuhrverbot festhielte.

Obwohl das Verhalten anderer Ausfuhrländer ein in der KMV vorgesehenes Kriterium für die Beurteilung der Gesuche darstellt, ist aus Sicht der Kommission der Entscheid zu kritisieren. Die KMV sieht nämlich auch vor, dass bei der Beurteilung die Aufrechterhaltung des Friedens, der internationalen Sicherheit und der regionalen Stabilität sowie das Verhalten des Bestimmungslands gegenüber der Staatengemeinschaft zu berücksichtigen sind. Indien und Pakistan sind bis heute weder dem Kernwaffensperrvertrag83 noch dem Kernwaffenteststoppvertrag84 beigetreten.
Beim Gesuch von Indien handelte es sich um eine Voranfrage für Fliegerabwehrkanonen. Aus rechtlicher Sicht stand der positiven Beantwortung der Voranfrage nichts entgegen. Nichtsdestotrotz hält die Kommission den Entscheid des Bundesrats u.a. aufgrund der Menschenrechtslage in den Problemregionen für problematisch.

Beim zu beurteilenden Bundesratsentscheid zur Vermittlung von 736 Schützenpanzern M-113 und Lieferung von Ersatzteilen nach Pakistan ging es um Kriegsmaterial für UNO-Einsätze der pakistanischen Armee im Ausland. Angesichts der möglichen indirekten Stärkung der regulären Truppen und den mit der Zusicherung eines auf die UNO-Einsätze beschränkten Einsatzes verbundenen Problemen hätte der Bundesrat nach Meinung der GPK-N das Vermittlungsgesuch nicht bewilligen sollen.

Der Entscheid lag jedoch im Ermessensspielraum des Bundesrats, wie er von der Kriegsmaterialgesetzgebung vorgesehen ist.

83 84

Vertrag vom 1.7.1968 über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (SR 0.515.03) Der Kernwaffenteststopp-Vertrag (engl.: Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty, CTBT) ist ein noch nicht in Kraft getretener internationaler Vertrag über ein umfassendes Verbot von Nuklearversuchen. Er wurde von der Genfer Abrüstungskonferenz ausgearbeitet und am 14.9.1996 von der UNO-Generalversammlung angenommen.

3115

Ende Juni 2005 ermächtigte der Bundesrat das SECO schliesslich, auch eine Voranfrage betreffend die vorübergehende Ein- und anschliessende Wiederausfuhr von 50­100 Gefechtsköpfen zu Luft-Luft-Lenkwaffen des Typs «Sidewinder» von und nach Südkorea zu bewilligen. Nachdem der Bundesrat jahrelang aufgrund des formell nicht beendeten Kriegs zwischen Nord- und Südkorea Kriegsmaterialausfuhren ablehnte, nahm er mit dem erwähnten Entscheid eine Praxisänderung vor. Er führte dazu unter anderem an, dass zwischen den beiden Ländern keine bewaffneten Auseinandersetzungen mehr stattfänden. Aus Sicht der Kommission ging für den Bundesrat bei dieser Voranfrage das Interesse an der Aufrechterhaltung einer an die Bedürfnisse der Landesverteidigung angepassten industriellen Kapazität der Schweiz (Art. 1 KMG) den neutralitätspolitischen Bedenken ganz klar vor.

Auch hier stellte die GPK-N fest, dass der Bundesrat innerhalb des gesetzlich vorgesehenen Ermessensspielraums entschieden hat. Vor dem Hintergrund der aktiven und langjährigen Friedensbemühungen der Schweiz in der Region erachtet die GPK-N den Entscheid des Bundesrats jedoch als falsch. Diese Beurteilung findet in den Atombombentests von Nordkorea im Oktober 2006 ihre Bestätigung. Die GPK-N forderte deshalb den Bundesrat auf, seine Praxisänderung im Bereich der Bewilligungen für Kriegsmaterialexporte nach Südkorea vertieft zu begründen und klare Kriterien für die Berücksichtigung der Neutralitätspolitik bei den Bewilligungsentscheiden zu definieren.

Gewisse Aspekte der Ereignisse rund um die Lieferung der 40 Panzerhaubitzen M-109 an die VAE und deren Weitergabe an Marokko wurden durch die GPK-N im Rahmen ihrer Untersuchung zu den Verteidigungsattachés zu einem früheren Zeitpunkt abgeklärt85 und konnten erneut bestätigt werden. Nachdem das EVD der Kommission noch Ende 2005 bestätigte, dass die VAE die Panzerhaubitzen Marokko nur zu Trainingszwecken zur Verfügung gestellt hatten, kam in der ersten Jahreshälfte aus, dass die VAE Marokko die Panzerhaubitzen geschenkt hatten und gegenüber der Schweiz ein Missverständnis bei der Interpretation der Nichtwiederausfuhrerklärung geltend machten. Die Schenkung der Panzerhaubitzen durch die VAE an Marokko stellt aus Sicht der GPK-N eine Verletzung der Nichtwiederausfuhrerklärung durch die VAE dar. Angesichts der
Entschuldigung der VAE und der im März 2006 verschärften Massnahmen des Bundesrats ist die Kommission der Ansicht, dass solche Verletzungen der Nichtwiederausfuhrerklärungen nicht mehr vorkommen sollten. Allgemein lässt sich feststellen, dass der Bundesrat die Problematik erkannt und zu Recht beschlossen hat, in Zukunft die Nichtwiederausfuhrerklärungen präziser zu formulieren und auch die Vor-Ort-Kontrollen zu verstärken Die GPK-N forderte den Bundesrat jedoch auf, bei Verletzungen von Nichtwiederausfuhrerklärungen entsprechende Konsequenzen für die betreffenden Staaten vorzusehen.

Am 10. März 2006 beschloss der Bundesrat sodann aufgrund eines Berichts einer interdepartementalen Arbeitsgruppe86 die Praxis zur Verwendung des überschüssigen Kriegsmaterials zu verschärfen und in Zukunft das überschüssige Kriegsmaterial in erster Wahl wieder an das ursprüngliche Herkunftsland zu verkaufen oder es diesem kostenlos und ohne Auflagen zu überlassen. In zweiter Wahl und bei Vorlie85 86

S. Ziff. 3.6.3 und den Bericht der GPK-N über die Verteidigungsattachés vom 23.5.2006 (BBl 2006 8683).

S. Bericht der Interdepartementalen Arbeitsgruppe (IDA) über die Zuständigkeiten und Verfahren zur Behandlung von Kriegsmaterialexporten vom 22.12.2005 (http://www.seco-admin.ch/news/00735/index.html?lang=de).

3116

gen des Einverständnisses des Herkunftslands wird das Kriegsmaterial unter Beibringung einer Nichtwiederausfuhr-Erklärung an Staaten verkauft, die wie die Schweiz allen internationalen Exportkontrollregimes angehören. In letzter Wahl wird es in der Schweiz gelagert und allenfalls verwertet. In Zukunft sollen die Nichtwiederausfuhr-Erklärungen auch die Leihe und Schenkungen explizit ausschliessen. Im Weiteren hat der Bundesrat das EVD beauftragt, im Rahmen der geplanten Änderung der Kriegsmaterialverordnung auch eine Präzisierung der Kriterien für die Erteilung von Ausfuhrbewilligungen zu prüfen.

Die GPK-N begrüsst grundsätzlich diese Entscheide des Bundesrats für eine restriktivere Handhabung der Bewilligungspraxis. Die Problematik der Verwendung des überschüssigen Kriegsmaterials wird dadurch entschärft. Allerdings ist für die GPK-N die Rückführung von überschüssigem Kriegsmaterial in das Herkunftsland problematisch, da die Schweiz danach keine Kontrolle über die weitere Verwendung des Kriegsmaterials hat. Eine Präzisierung der Bewilligungskriterien erscheint der GPK-N darüber hinaus aber ebenfalls notwendig zu sein. Damit soll verhindert werden, dass Bewilligungen von Gesuchen im Bereich der Kriegsmaterialgesetzgebung das Ansehen der Schweiz im Ausland schädigen.

3.5.4

Protokolldienst

Anfang 2005 las die GPK-N in der Presse, dass der Protokolldienst des EDA gemessen an seinen Aufgaben unverhältnismässig gross sei. Die GPK-N beschloss Ende Februar 2005, sich über die Organisation des Dienstes zu informieren, und forderte beim EDA einen detaillierten Bericht an.

Das Protokoll ist für protokollarische Fragen und für das Zeremoniell im Rahmen der bilateralen staatlichen Beziehungen der Eidgenossenschaft mit anderen Staaten zuständig. Für Vertretungen, die bei den internationalen Organisationen in Genf akkreditiert sind, zeichnet die ständige Mission der Schweiz vor Ort verantwortlich.

Das Protokoll kümmert sich auch nicht um Dienstreisen ins Ausland.

In den meisten Fällen erfolgt der erste Kontakt zwischen einem ausländischen Gast und der offiziellen Schweiz über das Protokoll. Der Dienst ist gewissermassen eine «Visitenkarte» der Schweiz. Das Protokoll übernimmt die Vorbereitung und gewährleistet den ordentlichen Ablauf der offiziellen Besuche von Staats- und Regierungschefs in der Schweiz sowie verschiedener offizieller Zeremoniells (z.B.

Zeremonie der Überreichung von Beglaubigungsschreiben) oder kultureller und sozialer Veranstaltungen. Je nach Besuchsart (offizieller Besuch, offizieller Arbeitsbesuch, Höflichkeitsbesuch) fällt der Protokoll- und Organisationsrahmen mehr oder weniger komplex aus. Das Protokoll unterstützt ausserdem den künftigen Bundespräsidenten oder die zukünftige Bundespräsidentin mitsamt Ehepartner oder -partnerin bei der Vorbereitung des Präsidialjahrs und fungiert als Sekretariat des Bundespräsidenten für die Verfassung von protokollarischen Nachrichten (Dankesschreiben, Einladungen, Wünsche usw.).

Ausserdem befasst sich das Protokoll mit sämtlichen Fragen zum Aufenthalt der Mitglieder der diplomatischen und konsularischen Vertretungen mit Sonderstatus.

Dies betrifft quer durch alle Personalkategorien insgesamt rund 3500 Personen.

Diese Verwaltungsaufgaben umfassen die Bearbeitung der Identitätskarten, die Kontrolle der Nummernschilder, Regelungen für Angestellte im Privathaushalt und 3117

Fragen der diplomatischen Immunität. So ist es z.B. die Aufgabe des Protokolls, bei den Botschaften vorstellig zu werden, wenn ein Inhaber der diplomatischen Immunität gegen ein schweizerisches Gesetz verstösst. In der Praxis handelt es sich vor allem um Verletzungen der Strassenverkehrsvorschriften.

Im Gegensatz zu anderen Staaten, in denen es einen einheitlichen Protokolldienst für das ganze Land gibt, kennt die Schweiz das System der Delegation der protokollarischen Aufgaben auf Departementsstufe. Das Protokoll des EDA regelt nur die Protokoll- und Zeremoniellfragen des Bundesrats als Regierungskollegium, des Bundespräsidenten und der Vorsteherin des EDA. Angelegenheiten, die einen bestimmten Departementsvorsteher oder eine niedrigere Verwaltungsstufe betreffen, werden von Ad hoc-Dienststellen wie z.B. dem Militärprotokoll des VBS geregelt.

Dagegen spielt das Protokoll auf Bundesebene die Rolle eines Kompetenzzentrums und gewährleistet die Information und Koordination unter den Instanzen des Bundes, der Kantone und Gemeinden. Der Protokolldienst wird häufig gebeten, Vorträge zu halten oder Ratschläge zu sehr unterschiedlichen Bereichen ­ diplomatische Immunität, richtiges Aufziehen der Fahnen, Tischanordnung oder Briefgepflogenheiten ­ zu erteilen.

Der Protokolldienst ist direkt dem Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten unterstellt. Das Protokoll zählt insgesamt 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ­ eine im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sehr niedrige Zahl. Norwegen beschäftigt für einen ähnlichen Aufgabenumfang 24 Personen, Ungarn 19 und Frankreich 49. Der kleine Personalbestand erklärt sich gemäss dem EDA aus der dezentralisierten Aufgabenorganisation.

Die Ausgaben des Protokolls, vor allem im Bereich Zeremoniell und Besuche, werden aus der Rubrik Repräsentationsspesen des Budgets des Bundesrats bestritten.

Das Protokoll hat allerdings für die Beförderung ausländischer Besucher zwei Fahrer mit Dienstwagen zur Verfügung. Zudem wird es von den anderen Departementen logistisch unterstützt, z.B. betreffend die Sicherheit, Einrichtung von Örtlichkeiten oder die militärische Ehrenzeremonie.

Die GPK-N hat den Bericht des EDA vom Herbst 2005 zur Kenntnis genommen und die darin enthaltenen Informationen nachdrücklich begrüsst. Anschliessend hat sie die Ergebnisse einer internen
Evaluation zur Organisation des Protokolls der DRA von Anfang Januar 2006 zur Kenntnis genommen. Der Evaluationsbericht bestätigte die günstige Meinung, die sich die GPK-N bereits vom Protokolldienst gebildet hatte. Das Protokoll stellt eine im internationalen Vergleich relativ bescheidene Struktur dar und verfügt über eine klare, sinnvolle Aufgabenverteilung. Trotz der geringen Grösse leistet das Protokoll professionelle Arbeit für den Bundesrat, den Bundespräsidenten und die Vorsteherin des EDA.

Die Kommission hat ferner festgestellt, dass der Protokolldienst mit Blick auf die Pensionierung von drei Teammitgliedern neuen Herausforderungen gegenübersteht.

Die GPK-N weiss zwar, dass sich deren wertvolles Wissen nie völlig ersetzen lässt, hat aber mit Genugtuung bemerkt, dass die Probleme nach Möglichkeit im Voraus erkannt worden sind.

Angesichts der insgesamt positiven Feststellungen hat die GPK-N beschlossen, ihre Arbeiten über den Protokolldienst zu beenden.

3118

3.6

Staat und Verwaltung

3.6.1

Personalpolitik des Bundes

Die GPKs haben sich auch in diesem Berichtsjahr wieder mehrfach mit der Personalpolitik des Bundes auseinandergesetzt. Im Rahmen ihrer Prüfung des Personalreportings 2005 des Bundesrats mit Vertretern des eidgenössischen Personalamts (EPA), der HR-Dienststellen aller Departemente und der BK stellten sie fest, dass das Reporting weiter verbessert werden konnte. Neu enthält es Soll-Ist-Werte, was das Reporting als Führungsinstrument für Bundesrat und Verwaltung aufwertet und ebenfalls einer Forderung der GPKs nachkommt.

Die GPKs entnahmen dem Personalreporting, dass die Personalpolitik grundsätzlich auf Kurs ist. Verschiedene Bereiche bedürfen jedoch besonderer Aufmerksamkeit.

So müssen die Auswirkungen des Personalabbaus, der sich noch weiter fortsetzen wird, aufgrund der Entlastungsprogramme 2003 und 2004 sowie der Aufgabenverzichtsplanung genau verfolgt werden. Allgemein konnten die GPKs feststellen, dass die Massnahmen zur Begleitung des Personalabbaus greifen. Ein Grossteil der vom Stellenabbau betroffenen Personen fand aufgrund von Vermittlungsbemühungen eine neue Stelle. Bei einem Abbau von rund 1200 Stellen in den Jahren 2004 und 2005 kam es gerade einmal zu 26 Entlassungen.

Es ist hervorzuheben, dass der Anteil der Personalausgaben an den Gesamtausgaben des Bundes nur gut acht Prozent beträgt. Dieser Anteil wird oft überschätzt. Die GPKs liessen sich auch über die Lohnmassnahmen informieren. Hier ist die Politik des Bundes sehr zurückhaltend. So kompensiert er die Teuerung für das Jahr 2005 nur teilweise über eine einmalige und unversicherte Zulage. Dies könnte sich mittelfristig aber negativ auf die Attraktivität des Bundes auf dem Arbeitsmarkt auswirken. Dieser Befund wird durch den in den beiden Kommissionen ebenfalls behandelten Lohn- und Pensionskassenvergleich, der im Auftrag des EFD erstellt und Ende 2005 publiziert wurde, gestützt. Der Vergleich zeigte u.a., dass sich die Lohnschere zwischen Bund und Privatwirtschaft ab dem mittleren Kader (ab Lohnklasse 24) öffnet; bei höheren Kadern sowie Topkadern nehmen die Lohnunterschiede beträchtliche Ausmasse an.

Bezüglich der Anzahl Lehrstellen konnten Erfolge erzielt werden: Sie wurde in den vergangenen acht Jahren um 41 % erhöht. Obgleich die Lehrstellenquote des Bundes mit 3,4 % leicht über dem Durchschnitt der Grossbetriebe liegt,
hat sich der Bundesrat zum Ziel gesetzt, bis ins Jahr 2011 eine Quote von vier Prozent zu erreichen. Als wichtige Massnahme ­ insbesondere angesichts der erwähnten Nachteile im Vergleich zur Privatwirtschaft ­ erachten die GPKs die Weiterbildung und Personalschulung in der Bundesverwaltung. Hier besteht zwar ein gutes Konzept, doch die Mittel zur Umsetzung wurden in den letzten Jahren gekürzt. Dies könnte längerfristig negative Auswirkungen haben. Diesem Bereich sollte in Zukunft mehr Bedeutung beigemessen werden.

Gemäss Vertretern der HR-Dienststellen ist die Stimmung des Bundespersonals nicht gut. Die erwähnten Problempunkte wie auch die als gering eingestufte Wertschätzung des Bundespersonals durch Bundesrat und Parlament haben negative Auswirkungen auf die Motivation und führen ebenfalls dazu, dass der Bund als Arbeitgeber für die Bundesangestellten nicht mehr dieselbe Qualität aufweist wie noch vor ein paar Jahren. Diese Einschätzung wurde durch die Ursachen- und Massnahmenanalyse, die das EPA in Zusammenarbeit mit den Departementen und der 3119

BK in Folge der schlechten Ergebnisse der Personalumfrage 2005 durchgeführt hat, bestätigt. Die GPK-N diskutierte diese Analyse und beschloss insbesondere die Rolle des Bundesrats bei den weiteren Massnahmen vertiefter abzuklären.

Wie in Artikel 5 BPG vorgesehen, konnten die GPKs und die FKs mit dem Bundesrat im Jahr 2006 die Art und Weise der Berichterstattung des Bundesrats über die Bundespersonalpolitik in Form einer Vereinbarung regeln. Diese soll zwei Jahre nach ihrer ersten Anwendung überprüft werden.

In der zweiten Jahreshälfte setzte sich die GPK-N speziell mit der Reorganisation des EPA auseinander, die im Sommer 2006 eingeleitet wurde. Das EPA soll nur noch strategische Funktionen übernehmen, während andere Aufgaben im HRBereich dezentral in den Departementen wahrgenommen werden sollen. Diese Reorganisation ist Bestandteil des Querschnittsprojekts «Optimierung HR-Management, Personalstrategie und Personalprozesse» der Verwaltungsreform. Hier wird die GPK-S als federführende Kommission, welche die Verwaltungsreform begleitet, gefordert sein. Die GPK-N konnte ihre Arbeiten zur Reorganisation des EPA wie auch zur zugrunde liegenden Strategie noch nicht abschliessen und wird sich im Jahr 2007 weiter damit befassen. Der Kommission erscheint es wichtig, dass die Dezentralisierung nicht auf Kosten der Homogenität der Bundespersonalpolitik geht und auch mögliche Skaleneffekte genutzt werden.

Die GPKs sind sich bewusst, dass die Personalpolitik des Bundes von zentraler Bedeutung für die Aufgabenerfüllung des Bundes ist und haben deshalb diesen Bereich auch mit dem Vorsteher des EFD im Rahmen der Beratung des Geschäftsberichts 2005 des Bundesrats im Mai 2006 eingehend erörtert (vgl. Ziff. 4.1).

3.6.2

Nebenbeschäftigungen von Bundesbediensteten

Die GPK-N hatte den Bundesrat Ende 2004 im Rahmen ihrer Nachkontrolle zur Inspektion «Die Nebenbeschäftigungen von Beamten und die beruflichen Aktivitäten ehemaliger Beamter unter dem besonderen Blickwinkel der Interessenskonflikte» vom 12. März 199987 aufgefordert, die Praxis der Bewilligungen von Nebenbeschäftigungen in der Bundesverwaltung insbesondere unter den Aspekten der rechtlichen Gleichbehandlung und potenzieller Interessenkonflikte zu durchleuchten.

Mit Brief vom 12. April 2006 informierte der Bundesrat die GPK-N über die Resultate der Praxisevaluation zu den Bewilligungen von Nebenbeschäftigungen und die in diesem Bereich getroffenen Massnahmen.

Die Kommission begrüsste die im Sinne einer Übergangslösung erlassenen Richtlinien des EPA, welche gewisse Mindeststandards für die Bewilligung von Nebenbeschäftigungen gemäss Artikel 91 BPV88 festlegen. Dadurch stehen nun die wichtigsten Bewilligungsgrundsätze allen entscheidenden Stellen in komprimierter und einheitlicher Form zur Verfügung. Die Kommission nahm auch davon Kenntnis, dass die Richtlinien nach Abschluss zweier Querschnittsprojekte der Verwaltungsreform («Optimierung des HR-Management, Personalstrategie und Personalprozesse» «Abbau der Regelungsdichte in Personalangelegenheiten») überprüft werden sollen.

87

88

S. Bericht der GPK-N über die Nebenbeschäftigungen von Beamten und die beruflichen Aktivitäten ehemaliger Beamter unter dem besonderen Blickwinkel der Interessenkonflikte vom 12.3.1999 (BBl 1999 9734).

Bundespersonalverordnung vom 3.7.2001 (BPV; SR 172.220.111.3)

3120

Ende 2004 wies die GPK-N den Bundesrat auf die teilweise ungleiche Gewährung von Urlaubstagen für die Ausübung eines öffentlichen Amts hin. Die Kommission mass schon zu diesem Zeitpunkt der Bewilligungspraxis für öffentliche Ämter und der dabei einzuhaltenden Rechtsgleichheit eine grosse Bedeutung zu. Der Bundesrat kam in seinem Schreiben vom 12. April 2006 zum Schluss, dass die Gleichbehandlung in diesem Bereich nicht zu Sorgen Anlass gebe und keine Notwendigkeit bestehe, hier einheitliche Regeln zu erlassen. Die GPK-N teilt die Meinung des Bundesrats, dass dem Einzelfall gebührend Rechnung getragen werden muss und die Anzahl Urlaubstage nicht für jedes einzelne Amt im Voraus festgelegt werden kann.

Aus Sicht der GPK-N ist im Rahmen der Bewilligungspraxis jedoch grosser Wert darauf zu legen, dass die Bundesangestellten bei der Ausübung politischer Ämter unterstützt werden und für gleiche politische Ämter bei vergleichbaren Situationen der Gesuchstellenden an ihrem Arbeitsplatz in der Bundesverwaltung eine Gleichbehandlung gewährleistet wird. Die durch den Bundesrat in Auftrag gegebene zentrale Liste der bewilligten öffentlichen Ämter und Nebenbeschäftigungen wird durch die geschaffene Transparenz diesem Ziel dienlich sein und wurde deshalb von der GPK-N begrüsst. Die Kommission ist jedoch der Meinung, dass die Bundesangestellten bei der bewilligten Ausübung öffentlicher Ämter ein Anrecht auf die benötigten Urlaubstage haben sollten. Sie forderte deshalb den Bundesrat auf, die Bestimmung des Artikels 40 der Verordnung des EFD zur Bundespersonalverordnung89 in diesem Sinne zu revidieren.

Die GPK-N wird sich nach Abschluss der beiden erwähnten Querschnittsprojekte der Verwaltungsreform über die Resultate der Überprüfung der EPA-Richtlinien sowie über allfällige Änderungen im Bereich der Bewilligung von Nebenbeschäftigungen informieren und einen allfälligen Handlungsbedarf seitens der Oberaufsicht neu beurteilen.

3.6.3

Verwaltungsreform

Im Jahr 2005 hatte die GPK-S beschlossen, das Projekt der Verwaltungsreform von Anfang an eng zu begleiten. Ziel war es, ausreichenden politischen Druck auf die Regierung auszuüben, damit das Projekt zu Ergebnissen führt90.

Die Kommission setzte die Folgearbeiten im Jahr 2006 fort. Sie führte vier Gespräche mit Mitgliedern und Vertretern des Bundesrats über den Fortschritt des Projekts und forderte alle Zwischenberichte sowie alle bundesrätlichen Beschlussdispositive an.

Nach Dafürhalten der Kommission soll die Verwaltungsreform als zukunftsträchtiges und ambitiöses Projekt einen wesentlichen Beitrag zur ordentlichen Funktionsweise der Bundesbehörden leisten. Ursprünglich war die Verwaltungsreform als Alternative zur Reform der Staatsführung und als Reaktion auf das Mandat des Parlaments angelegt, welches den Bundesrat aufforderte, neue Vorschläge zur Stärkung der politischen Führung zu formulieren, den Bundesrat selbst von Verwaltungsaufgaben zu entlasten und die Effizienz der Verwaltung zu erhöhen.

89 90

Verordnung vom 6.12.2001 des EFD zur Bundespersonalverordnung (VBPV; SR 172.220.111.31).

S. Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte, 20.1.2006 (BBl 2006 4330 f.).

3121

Während der Arbeiten stellte die Kommission jedoch fest, dass die Erwartungen des Parlaments und die Vorstellungen des Bundesrats zur Verwaltungsreform stark auseinander gingen. Der Bundesrat beurteilt das Projekt nicht als strategisch, sondern betrachtet es eher als Routineübung. Die GPK-S hat Mühe, diese Auffassung mit der Personal- und Organisationsstruktur in Einklang zu bringen, die für die Durchführung der Reform aufgebaut wurde und zu welcher eine Delegation des Bundesrats sowie die Nominierung eines ­ mit beträchtlichen Finanz- und Personalressourcen ausgestatteten ­ Delegierten des Bundesrats gehören.

Bis auf die Beschlüsse zu den Abläufen im Personalbereich hat der Bundesrat nur Entscheidungen zu Themen von untergeordneter Bedeutung getroffen (Koordination der Bibliotheken der Verwaltung, Reduzierung der ausserparlamentarischen Kommissionen). Nach Dafürhalten der GPK-S muss der Bundesrat die ehrgeizigen Ziele der Verwaltungsreform erneut anvisieren und die Schlüsselvorhaben dieses Projekts verwirklichen. Die Kommission stellte insbesondere fest, dass das Projekt betreffend die Führung auf starken Widerstand stösst und dass einige Projekte zur Beseitigung von Doppelspurigkeiten (z.B. in der Entwicklungszusammenarbeit) gegenwärtig in einer Sackgasse stecken. Die GPK-S bedauerte dies äusserst und forderte den Bundesrat auf, Entschlossenheit zu beweisen und Lösungen für diese entscheidenden Fragen zu finden.

Neben der Verwaltungsreform führt der Bundesrat weitere Reformprogramme durch (z.B. Untersuchung der Aufgaben des Bundes, Neuorganisation der Departemente).

In diesem Rahmen stellte die GPK-S fest, dass der spezifische Beitrag der Verwaltungsreform nicht immer richtig verstanden wird. Die Häufung der Programme verursacht in der Verwaltung auch Unverständnis, Verwirrung und Verdrossenheit, was den Reformprozess behindert oder doch zumindest bremst. Deshalb hat die GPK-S an den Bundesrat appelliert, die Einzelprojekte besser zu koordinieren bzw.

sogar in einer einzigen Verwaltungsreform im breiten Sinn zusammenzuführen und dem Bundespersonal klare Perspektiven und eine motivierende Vision zu bieten.

Die Kommission vertritt die Auffassung, dass der Erfolg oder Misserfolg der Projekte ein verlässliches Indiz für das Vermögen des Regierungskollegiums bilden wird, wegweisende Entscheidungen
für die eigene Zukunft zu treffen. Das Parlament wird nach Massgabe dieser Resultate beurteilen, ob eine eigentliche Reform der Staatsführung notwendig ist oder nicht.

Die GPK-S wird das Parlament anlässlich der Frühjahrssession 2007 über ihre Schlussfolgerungen informieren.

3.6.4

Entschädigung für Mitglieder der ausserparlamentarischen Kommissionen

Ausserparlamentarische Kommissionen sind vom Bund eingesetzte Gremien, die öffentliche Aufgaben für die Regierung und die Verwaltung erfüllen. Sie werden für eine befristete oder unbefristete Dauer eingesetzt. Ausserparlamentarische Kommissionen können entweder auf einer Gesetzesgrundlage beruhen oder nur durch Erlass des Bundesrats, eines Departements oder der Bundeskanzlei eingesetzt werden.

3122

Die Entschädigung der Mitglieder der ausserparlamentarischen Kommissionen wird in Artikel 17 der Kommissionenverordnung91 und in der Verordnung über die Taggelder und Vergütungen der Mitglieder ausserparlamentarischer Kommissionen geregelt92. Gemäss diesen Verordnungen beträgt das Taggeld «in der Regel» für Konsultativ- und beratende Kommissionen 100 bis 150 Franken, für Kommissionen mit Entscheidungsbefugnissen 100 bis 200 Franken. Hinzu kommt gegebenenfalls die Rückerstattung von Reisekosten. Die Präsidenten der Kommissionen erhalten eventuell zusätzlich zum Taggeld eine jährliche Entschädigung. Mehrere Bestimmungen regeln schliesslich Sonderfälle, z.B. wenn eine Kommission einen besonderen Arbeitsaufwand bewältigt.

Der Nationalrat beauftragte den Bundesrat in einem im Juni 2001 angenommenen Postulat, die Liste aller Entschädigungen von Präsidentinnen, Präsidenten und Mitgliedern von ausserparlamentarischen Kommissionen im Internet zu veröffentlichen.

Ziel war es, bei der Festlegung der Entschädigungen grössere Transparenz zu haben.

Am 7. Juni 2004 verabschiedete der Bundesrat den entsprechenden Bericht93, welcher der SPK-N zur Prüfung unterbreitet wurde. Der Bundesrat lehnt darin die Veröffentlichung der Entschädigungen im Internet mit der Begründung ab, diese Informationen stellten Personendaten dar, und die Veröffentlichung setze eine ­ nicht vorhandene ­ Gesetzesgrundlage voraus. Der Bundesrat schlug vor, die erforderlichen Informationen nicht im Internet zu veröffentlichen, sondern stattdessen an die FinDel zu übermitteln.

Die SPK-N gelangte zur Auffassung, dass der Bericht des Bundesrats die materiellen Probleme der Entschädigung der ausserparlamentarischen Kommissionen nicht behandelte, und ersuchte das EFD um zusätzliche Informationen. So fragte sie, welche Kommissionen höhere als die gesetzlich vorgesehen Entschädigungen erhielten und welche Kriterien für die Bestimmung der Entschädigungsbeträge galten. Das EFD bezog in einem Bericht vom 10. Januar 2005 Stellung zu diesen Fragen.

Die SPK-N wollte sich mit dem Bericht des EFD nicht zufrieden geben. Sie ersuchte deshalb die GPK-N und die FinDel, die Entschädigung der ausserparlamentarischen Kommissionen im Rahmen ihrer Oberaufsichtsmandate zu prüfen. Die SPK-N stellte insbesondere die Frage, ob es notwendig sei, dass das Parlament
diesbezüglich ein Gesetz erlasse. Anfang April 2005 beschloss die GPK-N, dem Ersuchen der SPK-N zu entsprechen. Angesichts der Antwort der GPK-N verzichtete die FinDel auf eine Bearbeitung dieser Frage.

Das EFD erklärt in seinem Bericht vom Januar 2005, dass das Taggeld entsprechend der Bedeutung der Kommission (konsultative Kommission oder Kommission mit Entscheidungsbefugnis), nach Art der Tätigkeit in der Kommission sowie nach der Spezialisierung der Mitglieder bestimmt werde. Die Entschädigung des Präsidenten oder der Präsidentin ermittle sich nach der Wichtigkeit der Kommission, der Arbeitslast ausserhalb der Sitzungen sowie nach der Bedeutung der Aufgaben.

91 92 93

Verordnung vom 3.6.1996 über ausserparlamentarische Kommissionen sowie Leitungsorgane und Vertretungen des Bundes (Kommissionenverordnung; SR 172.31).

Verordnung des EFD vom 12.12.1996 über die Taggelder und Vergütungen der Mitglieder ausserparlamentarischer Kommissionen (SR 172.311).

S. Bericht des Bundesrats über die Ausserparlamentarische Kommissionen. Transparenz bei den Entschädigungen vom 7.6.2004 in Antwort auf das Po. Bühlmann vom 22.3.2001 (01.3143 NR).

3123

Der Anhang zum Bericht des EFD enthält eine Liste der Kommissionen, deren Mitglieder Taggelder von über 200 Franken (für Angestellte) bzw. über 400 Franken (für Selbständige) beziehen und/oder deren Präsidenten eine Pauschalentschädigung von über 10 000 Franken erhalten. Die Liste zeigt, dass die Gepflogenheiten betreffend die Entschädigungen der Mitglieder der ausserparlamentarischen Kommissionen und betreffend die Beträge stark variieren. So liegen die erfassten Entschädigungen der Präsidenten zwischen 12 500 und 250 000 Franken jährlich. Diese Summen stimmen nur teilweise mit den Gesetzesbestimmungen überein. Ausserdem sind die vom EFD vorgebrachten Kriterien für die Festlegung der Entschädigungen sehr allgemein gehalten. Da keine genaueren Informationen geliefert wurden, konnte die GPK-N nicht nachprüfen, ob die gewährten Entschädigungen mit den angegebenen Kriterien übereinstimmten.

Nach Auffassung der GPK-N lässt die derzeitige Situation an Transparenz und Kohärenz zu wünschen übrig. Die Gesetzesgrundlagen räumen einen breiten Ermessensspielraum für die Gewährung der Entschädigungen ein (Kann-Formulierung, ungenaue juristische Konzepte) und ermöglichen es nicht, die Entschädigungen und die Vergütungsart nach klaren und einheitlichen Standards festzulegen. Die Kommission beurteilt diese Sachlage mit Blick auf die Gleichbehandlung und die Rechtssicherheit als mangelhaft.

Angesichts dieser Feststellungen hat die GPK-N den Bundesrat ersucht, die Entschädigung und die Aufgaben der ausserparlamentarischen Kommissionen zu harmonisieren. In seiner Stellungnahme von Ende Mai 2006 war der Bundesrat noch nicht in der Lage, genau anzugeben, welche Massnahmen er ergreifen werde, um ein kohärentes System für die Entschädigung der ausserparlamentarischen Kommissionen einzuführen, aber er verpflichtete sich, im Rahmen der Verwaltungsreform Lösungen für die von der Kommission beanstandeten Mängel zu finden. Die Kommission ersuchte den Bundesrat, sie spätestens bei Abschluss der Verwaltungsreform über die Schlussfolgerungen und die entsprechenden Massnahmen zu informieren.

Daneben erstellte der Bundesrat eine vollständige Liste der ausserparlamentarischen Kommissionen. Die GPK-N begrüsste diese Massnahme als ersten Schritt hin zu grösserer Transparenz. Die Kommission nahm des Weiteren das Mandat des Bundesrats
vom 5. Juli 2006 an die Departemente zur Kenntnis, wonach die ausserparlamentarischen Kommissionen in einer kritischen Untersuchung auf ihre Notwendigkeit, Nützlichkeit und auf das Kosten-Nutzen-Verhältnis geprüft werden sollen.

Die Kommission wird die Ergebnisse der Evaluation mit Interesse weiter verfolgen.

3.6.5

Personalsituation im Bundesamt für Berufsbildung und Technologie

Aufgrund verschiedener Hinweise, die auf negative Entwicklungen im Personalbereich des Bundesamts für Berufsbildung und Technologie (BBT) hinwiesen, hatte sich die GPK-N Ende 2004 und im Verlauf des Jahres 2005 mit der Personalsituation im BBT näher befasst94. Obwohl Personalfragen grundsätzlich in die Führungskompetenz und -verantwortung des Bundesrats bzw. der Amtsleitungen fallen, kön94

S. Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 20.1.2006 (BBl 2006 4332 f.).

3124

nen sie auch für die Oberaufsicht relevant werden, falls sie ein bestimmtes Ausmass annehmen. Die Hinweise wurden aufgrund umfassender Anhörungen von Mitarbeitenden des BBT auf allen Hierarchiestufen, der einverlangten Resultate der Personalzufriedenheitsumfrage 2004 des BBT sowie eines Dienststellenbesuchs beim BBT im Jahr 2005 erhärtet. Die GPK-N stellte insbesondere Probleme in folgenden Bereichen fest: oberste Amtsführung, Verfügbarkeit der für die Aufgabenerfüllung notwendigen Informationen und Möglichkeiten zum Einsatz der Fähigkeiten und Kenntnisse sowie Übernahme von Verantwortung. Die Anhörungen brachten insbesondere Probleme im Verhältnis zwischen der obersten Amtsführung und vielen Mitarbeitenden, beim Informationsfluss von oben nach unten und bei der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Leistungsbereichen des Amts zum Vorschein.

Die GPK-N stellte auch fest, dass das BBT parallel zu ihrer Untersuchung erste Massnahmen ergriffen hatte, um die Probleme anzugehen. Die GPK-N sah ihre Funktion in einer Sensibilisierung der Verantwortlichen im Amt und im Departement und führte deshalb im Jahr 2005 Gespräche mit den jeweiligen Verantwortlichen.

Im letzten Quartal des Jahres 2005 sah sich die GPK-N gezwungen, sich mit dem Bundesratsentscheid vom 16. November 2005 betreffend die Neubesetzungen in der Amtsleitung des BBT auseinanderzusetzen. Gewisse Entscheide konnte die Kommission vor dem Hintergrund ihrer dem Departementsvorsteher des EVD mitgeteilten Untersuchungsergebnisse nicht nachvollziehen. Aus Sicht der Kommission waren diese Entscheide mit Risiken behaftet, welche einer Verbesserung der Situation im BBT im Wege stünden. Sie gelangte deshalb mit ihren Feststellungen an den Bundesrat, damit er für die Zukunft den identifizierten Problembereichen besondere Beachtung schenkt.

Anfang Dezember 2005 antwortete der Bundesrat auf den Brief der GPK-N und erörterte in seiner Antwort die Gründe, die zu seinen Entscheiden geführt hatten. Er führte darin auch aus, dass er die Sichtweise der GPK-N nicht teile und die Personalzufriedenheitsumfrage 2005 verbesserte Werte aufweise. Die Kommission behandelte diese Stellungnahme im Berichtsjahr. Sie sah aufgrund des Schreibens des Bundesrats keinen Anlass, ihre Untersuchungsergebnisse oder ihre Problemwahrnehmung zu korrigieren. Um nicht selbst noch
zusätzliche Unsicherheit im BBT zu schaffen, beschloss die GPK-N, sich zwar informiert zu halten, die Personalsituation aber erst im Jahr 2007 nochmals zu überprüfen. Letztlich liegt die Behebung der festgestellten Probleme in der Führungsverantwortung des Bundesrats, der Departementsvorsteherin sowie der Amtsleitung.

Auf Antrag eines Kommissionsmitglieds befasste sich die GPK-N ebenfalls mit der Auftragsvergabe des BBT an eine bestimmte Firmengruppe. Die Auftragsvergabe wurde gegenüber der Kommission transparent dargelegt, ohne dass die Kommission eine eigentliche Rechtmässigkeitsüberprüfung vornahm. Es wurde ihr seitens des Amts glaubhaft versichert, dass das Auftragsvolumen zugunsten dieser Firmengruppe kontinuierlich verringert und parallel dazu andere Anbieter aufgebaut wurden, um so die Abhängigkeit von dieser Gruppe zu vermindern und die Vielfalt der Anbieter zu erhöhen. Im Rahmen einer für die GPK-S durchgeführten Evaluation befasste sich auch die PVK mit der Auftragsvergabe im BBT. Sie stellte fest, dass im BBT wie auch in anderen Dienststellen der Bundesverwaltung der nicht ausreichend geklärte Geltungsbereich und die zahlreichen Ausnahmebestimmungen des

3125

Beschaffungsrechts dazu führen, dass viele Aufträge freihändig vergeben werden95.

Die GPK-S richtete eine entsprechende Empfehlung an den Bundesrat96. Die GPK-N sah deshalb keinen unmittelbaren Handlungsbedarf ihrerseits und regte an, dass die GPK-S anlässlich ihrer Nachkontrolle in ein bis zwei Jahren u.a. die Entwicklungen bei der Auftragsvergabe im BBT überprüft.

3.6.6

Personalpolitik im Bundesamt für Migration

Der Freiburger Ständerat Alain Berset moniert Mängel in der Personalführung beim BFM. Anfang Juni wandte er sich deshalb in einem Schreiben an die GPKs mit der Bitte, die von Mitarbeitern des BFM erhobenen Vorwürfe näher zu prüfen. Kritisiert wird, dass seit der Fusionierung des BFM der Bereich Asylverfahren ständigen Reorganisationen ausgesetzt sei, welche zu Demotivierung des Personals und Zerschlagung des Spezialistennetzes und Know-how führten. Darunter zu leiden hätten insbesondere weibliche Mitarbeiterinnen und Spezialisten. Die GPK-N hat das Geschäft zur Bearbeitung an ihre Subkommission EJPD/BK weitergeleitet. Diese hat umgehend eine Stellungnahme des BFM zu den aufgeworfenen Fragen eingeholt.

Die Subkommission nimmt zurzeit eine Auslegeordnung der Dokumente vor und prüft, ob es allenfalls Hinweise auf strukturelle Mängel in der Personalführung gibt.

Nach Abschluss einer ersten Analyse wird die Kommission über das weitere Vorgehen beraten und entscheiden, ob und in welcher Form der Aufsichtseingabe Folge gegeben wird.

3.6.7

Beizug von externen Experten in der Bundesverwaltung

Die GPKs beauftragten am 21. Januar 2005 die PVK mit der Durchführung einer Untersuchung zum Beizug externer Berater in der Bundesverwaltung. Anlass für eine vertiefte Untersuchung war für die GPKs, dass die zahlreichen Aufträge an externe Experten durch die Bundesverwaltung in der Politik und den Medien zunehmend kritisch wahrgenommen werden. Auf der Grundlage des Evaluationsberichtes der PVK vom 16. Juni 2006 (s. Bericht im Anhang, Ziff. 2.1.3) erarbeitete die GPK-S einen Bericht mit zehn Empfehlungen an den Bundesrat, den die Kom-

95

96

S. Bericht der PVK zuhanden der GPK-S über den Expertenbeizug in der Bundesverwaltung vom 16.6.2006 (http://www.parlament.ch/homepage/ed-berichte-parl-org/ ed-pa-berichte-parlament-aufsichtskommission/ed-pa-berichte-parlamentaufsichtskommission-2006.htm); s. auch Anhang I, Ziff. 2.1.3.

S. Bericht der GPK-S über Umfang, Wettbewerbsorientierung und Steuerung des Expertenbeizugs in der Bundesverwaltung vom 13.10.2006 (http://www.parlament.ch/ homepage/ed-berichte-parl-org/ed-pa-berichte-parlament-aufsichtskommission/ ed-pa-berichte-parlament-aufsichtskommission-2006.htm); s. auch Ziff. 3.6.7. Zusätzlich zur Untersuchung der GPK-S hat das EVD einen Bericht über die Mandatsvergabe im Leistungsbereich Innovationsförderung (KTI) bei der EFK in Auftrag gegeben. Gemäss EVD bestätige der Bericht teilweise die Erkenntnisse der GPK-S. Im BBT seien bereits entsprechende Massnahmen eingeleitet worden, um die Prozesse und Abläufe zu optimieren.

3126

mission am 13. Oktober 2006 verabschiedete und zusammen mit dem Evaluationsbericht zur Veröffentlichung freigab97.

Die Untersuchung der GPK-S zeigte, dass der Beizug von externen Experten des Bundes ein erhebliches Ausmass angenommen hat. Nach der Evaluation der PVK gab die Bundesverwaltung im Jahr 2004 für über 6100 Expertenmandate rund 490 Millionen Franken aus. Berücksichtigt man die bestehenden Lücken in der Erhebung, ergeben sich bei konservativer Schätzung Ausgaben der zentralen Bundesverwaltung (ohne FLAG-Ämter) von 600 bis 700 Millionen Franken für Expertenmandate.

Die GPK-S stellte fest, dass allein für Mandate im Bereich der politischen Beratung und Forschung 144 Millionen ausgegeben wurden. Die GPK-S stellt die von aussen beigezogene Politikberatung nicht an sich in Frage, da letztlich die Departemente und ihre Vorsteher/-innen die politische Verantwortung für die konkrete Umsetzung solcher Politikberatungen zu tragen haben. Ihrer Meinung nach kann sich jedoch eine gewisse Problematik dadurch ergeben, dass allfällige externe Politikberater, die regelmässig massgeblichen Einfluss auf die Politikgestaltung ausüben, im Gegensatz zu Amtsdirektoren und Bundesstellen weder einer parlamentarischen Kontrolle unterstehen, noch einer durch die Medien hergestellten Öffentlichkeit unterliegen.

Die GPK-S verlangte deshalb vom Bundesrat in einer Empfehlung, dass er über externe Politikberater, die direkten und massgeblichen Einfluss auf politische Entscheidungen und Ausrichtungen der Departemente und Ämter ausüben, sowie über ihre Mandate Transparenz herstellt.

Da der Beizug von externen Experten im Grunde ein Outsourcing bestimmter Arbeiten darstellt, stellte sich für die GPK-S die Frage nach dem Verhältnis des Expertenbeizugs zur Personalpolitik des Bundes. Das Verhältnis der Ausgaben für Expertenmandate zu den Personalaufwendungen beträgt insgesamt ca. 1 zu 7. Angesichts der grossen Bedeutung, die der Expertenbeizug erlangt hat, sollte nach Meinung der GPK-S die Entwicklung der Personalkosten nicht isoliert von den Ausgaben für externe Mandate betrachtet werden. Die GPK-S verlangte deshalb vom Bundesrat in einer Empfehlung, dass er künftig die Expertenmandate in seine Personalplanung und -politik mit einbezieht und sicherstellt, dass Expertenmandate nur dort vergeben werden, wo sie einen Mehrwert
gegenüber angestelltem Personal darstellen, sei es in finanzieller, organisatorischer oder qualitativer Hinsicht. Ausserdem soll nach Meinung der GPK-S das Wissen von verwaltungsinternen Fachpersonen und Experten besser genutzt und nach Möglichkeit anstelle von externen Beratungsmandaten eingesetzt werden.

Die Untersuchung konnte nachweisen, dass gegen Ende des Jahres Mandate lanciert werden, um Kreditreste auszuschöpfen. Das Phänomen ist unter dem Begriff «Dezemberfieber» bekannt. Wegen des im 1. Kreis der Bundesverwaltung für das Budget geltenden Jährlichkeitsprinzips können Kredite, die bis Ende Jahr nicht aufgebraucht werden, nicht auf das Folgejahr übertragen werden und verfallen. Die GPK-S forderte deshalb den Bundesrat in einer Empfehlung auf, dass er geeignete Massnahmen zur Bekämpfung des Phänomens «Dezemberfieber» trifft, hinter dem zumindest teilweise eine nicht sachgerechte bzw. nicht sparsame Verwendung von Bundesgeldern vermutet werden muss.

97

Bericht der GPK-S zu Umfang, Wettbewerbsorientierung und Steuerung des Expertenbeizugs in der Bundesverwaltung vom 13.10.2006 (BBl 2007 1661).

3127

Weiter führte die Untersuchung zum Ergebnis, dass bei der Vergabe von Berateraufträgen der vom öffentlichen Beschaffungsrecht angestrebte Wettbewerb häufig fehlt.

Zur Vergabepraxis der Bundesverwaltung und deren tatsächliche Wettbewerbsorientierung lagen bisher nur sehr partielle Informationen vor. Die vorliegende Untersuchung zeichnete nun ein wenig wettbewerbsfreundliches Gesamtbild im Hinblick auf die Vergabe von externen Expertenmandaten. Sechs von zehn Franken fliessen in Mandate, welche freihändig vergeben werden. Auch Mandate mit Auftragswerten über 50 000 Franken, welche grundsätzlich in einem Wettbewerbsverfahren zu vergeben sind, werden gemessen am Zahlungsvolumen zu mehr als der Hälfte in freihändigen Verfahren vergeben. Die Ergebnisse der Untersuchung waren nach Meinung der GPK-S ernüchternd. Sie wiesen darauf hin, dass das Ziel der Schaffung von Wettbewerb im Beschaffungsrecht im umfangmässig bedeutenden Bereich der Expertenmandate bisher nicht erreicht wurde. Aus der Sicht der GPK-S ist es deshalb dringend geboten, Massnahmen zur Stärkung des Wettbewerbs bei der Vergabe von externen Beratermandaten zu treffen. Im Weitern forderte die GPK-S den Bundesrat auf, in der laufenden Revision des Beschaffungsrechts dessen Geltungsbereich für die Expertenmandate zu klären und im Sinne von vermehrtem Wettbewerb zu konkretisieren. Zudem sei zu prüfen, inwiefern im Rahmen des Beschaffungsrechts den Besonderheiten von Beratermandaten gebührend Rechnung getragen werden kann. Zudem forderte die GPK-S den Bundesrat auf, Massnahmen zur Verbesserung der Information und Kommunikation in der Verwaltung und zur gezielten Ausbildung der Verantwortlichen für die Vergabe von Expertenmandaten zu treffen, mit dem Ziel, einen Mentalitätswandel im Hinblick auf eine verstärkte Wettbewerbsorientierung herbeizuführen.

Die Untersuchungsresultate wiesen im Weiteren darauf hin, dass es in der Bundesverwaltung so etwas wie ein eigentliches Hoflieferantentum geben könnte. Die Studie konnte zwar für diese Vermutung keinen Nachweis erbringen; dazu wäre eine gezielte Untersuchung über längere Zeit notwendig gewesen. Die Untersuchung zeigte jedoch auf, dass jeder sechste Expertenfranken in Folgeaufträge fliesst.

Nimmt man die weiteren Untersuchungsergebnisse hinzu, dass eine Wettbewerbsvergabe häufig fehlte und ausserdem
eine starke Konzentration der Mittel auf wenige Auftragnehmer festzustellen war, war für die GPK-S ein gewisser Verdacht nicht von der Hand zu weisen, dass häufig die einmal gewählten und bekannten Auftragnehmer unbesehen und automatisch weiter berücksichtigt werden. Die GPK-S verlangte deshalb vom Bundesrat, dass er dieser Frage vertieft nachgeht.

Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Departemente mit einer Ausnahme über eine ungenügende Steuerung des Expertenbeizugs verfügen. Einzelne Departemente halten sich sogar vollständig aus der Vergabepraxis ihrer Ämter heraus. Als Folge davon fehlt den Departementen eine Übersicht über die Vergabepraxis. Zudem fehlt es an einheitlichen Vorgaben für vergleichbare Beraterverträge sowie an einem einheitlichen Reporting. Die GPK-S gelangte zum Schluss, dass zur Erreichung einer stärkeren Wettbewerbsorientierung und einer einheitlichen Vergabepraxis im Bereich der Expertenmandate eine stärkere Steuerung durch die Departemente, einheitlichere Vorgaben, eine bessere Koordination unter den Beschaffungsstellen sowie ein standardisiertes Reporting und Controlling erforderlich sind. Zu prüfen wäre nach Meinung der GPK-S z.B. die Schaffung eines bundesweiten und einheitlichen Reportings, das Angaben pro Amt über die Vergabe von Mandaten, Folgeaufträge, Auftragnehmer, Auftragsvolumen, usw. umfassen sollte. Das Reporting würde den Departementen eine verstärkte Kontrolle und damit eine bessere Steuerung der 3128

Vergabe von Dienstleistungen ermöglichen. Die Departemente müssen nach Meinung der GPK-S sicherstellen, dass sie einen umfassenden Überblick über die in ihrem Bereich erteilten Beratermandate haben.

3.6.8

Entscheide des Bundesrats vom 23. November 2005 betreffend das Unternehmen Swisscom AG

An seiner Klausursitzung vom 23. November 2005 entschied der Bundesrat, unverzüglich eine Revision des Telekommunikationsunternehmungsgesetzes98 einzuleiten, um die rechtlichen Voraussetzungen für eine vollständige Abgabe der Beteiligung des Bundes an der Swisscom zu schaffen. Gleichzeitig wies er die Swisscom an, auf Investitionen bei ausländischen Telekommunikationsunternehmungen zu verzichten sowie die freien Eigenmittel für einen Aktienrückkauf bzw.

die Ausschüttung von Dividenden einzusetzen, um ein Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital von 60 zu 40 anzustreben.

Die GPK-N sah sich aufgrund der Kritik am Bundesratsentscheid und der chaotischen Kommunikation des Bundesrats veranlasst, die Abläufe in dieser Angelegenheit näher zu untersuchen. In ihrem Bericht vom 28. März 200699 kam die GPK-N zu folgenden Schlussfolgerungen: Der Bundesrat traf den Entscheid in Sachen Auslandengagements der Swisscom in einer Hektik, für die es keine nachvollziehbaren Gründe gab. Der Entscheid selbst war in Tat und Wahrheit höchst unklar, so dass ihn der Bundesrat in seiner Radikalität am 2. und 21. Dezember 2005 selbst relativieren musste. Ebenso unklar und nicht umsetzbar war die Anweisung, durch eine Ausschüttung der freien Mittel ein Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital von 60 zu 40 anzustreben.

Die Klausursitzung des Bundesrats war lediglich hinsichtlich der Frage der Abgabe der Mehrheitsbeteiligung vorbereitet. Die Entscheide zu Auslandinvestitionen und zur Ausschüttung der freien Mittel traf der Bundesrat ohne eigentliche Vorbereitung und ohne hinreichende Entscheidgrundlagen. Die entsprechenden Anträge sowie die Androhung einer Verantwortlichkeitsklage stammten aus einem äusserst kurz gehaltenen Mitbericht des Vorstehers des EJPD.

Die Untersuchung der GPK-N ergab, dass der Bundesrat mit seinem Entscheid zu Auslandengagements der Swisscom die von ihm selbst vorgegebenen Rahmenbedingungen und Verfahren missachtet hat: Zum einen setzte er sich über die damals für Swisscom geltenden strategischen Ziele 2002­2005 hinweg. Sowohl der absolute Entscheid mit der Anweisung auf einen generellen Verzicht auf Investitionen bei einer ausländischen Telekommunikationsunternehmung als auch die später konkretisierte Form des Verzichts auf Beteiligungen an Unternehmen mit Grundversorgungsauftrag widersprachen
den vom Bundesrat gesetzten Zielen und Erwartungen an Swisscom. Zudem war die radikale strategische Kehrtwende mit dem Telekommunikationsunternehmungsgesetz nicht vereinbar. Zum anderen überging der Bundesrat bezüglich seiner Instruktion, auf eine Beteiligung an Eircom zu verzichten, den sich in Gang befindlichen Controlling-Prozess zur Konformitätsbeurteilung 98 99

Bundesgesetz vom 30.4.1997 über die Organisation der Telekommunikationsunternehmung des Bundes (Telekommunikationsunternehmensgesetz, TUG; SR 784.11).

Bericht der GPK-N vom 28.3.2006 über die Untersuchung zu den Entscheiden des Bundesrats vom 23.11.2005 betreffend das Unternehmen Swisscom AG (BBl 2006 5173).

3129

dieser Auslandbeteiligung mit den strategischen Zielen. Der Bundesrat nahm somit ohne vertiefte Prüfung und ohne entsprechende Grundlagen eine Risikoeinschätzung zu Eircom vor.

Im Vergleich zum bislang praktizierten Steuerungsprozess zwischen Eigner und Swisscom musste sich der Bundesrat den Vorwurf des völlig abrupten Vorgehens und des Eingriffs in den Kompetenzbereich des Verwaltungsrats der Swisscom gefallen lassen. Er handelte entgegen der von ihm öffentlich wiederholt dargelegten Kompetenzabgrenzung, welche die klare Trennung von politischen und unternehmerischen Entscheiden hervorhob und betonte, dass Akquisitionen in der ausschliesslichen Zuständigkeit des Verwaltungsrats der Swisscom liegen. Vor diesem Hintergrund fällte der Bundesrat am 23. November 2005 einen ihm nicht zustehenden unternehmerischen Entscheid.

Widersprüchlich war auch, dass der Bundesrat die Auslandstrategie der Swisscom vor seinem Entscheid im November 2005 stets unterstützt hatte. Eine auf informeller Ebene im Bundesrat offenbar seit Sommer 2004, d.h. seit dem Übernahmeversuch von Telekom Austria, diskutierte Skepsis gegenüber Beteiligungen der Swisscom an ehemaligen ausländischen Monopolbetrieben ist in keine offiziellen Unterlagen oder Verlautbarungen des Bundesrats eingeflossen, auch nicht beim Übernahmeversuch von Cesky Telecom im Frühjahr 2005. Die Vorsteher des EFD und des UVEK beurteilten dieses Projekt aufgrund des ordentlichen Controlling-Prozesses als mit den strategischen Zielen vereinbar.

Die Art und Weise der strategischen Kehrtwende verunsicherte das Unternehmen, den Börsenmarkt und die Minderheitsaktionäre der Swisscom erheblich. Indem der Bundesrat seine Anweisung mit der Androhung einer Verantwortlichkeitsklage gegen die Mitglieder des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung von Swisscom verband, desavouierte er zudem die Unternehmensleitung. Die Kommission zeigte für diese Drohgebärde des Bundesrats absolut kein Verständnis.

Was die Vorgänge rund um die Information und Kommunikation betraf, kritisierte die GPK-N, dass ein ­ zumal in hohem Masse unklarer ­ Entscheid von verschiedenen Bundesräten unterschiedlich kommuniziert wurde, und zwar entgegen dem Entscheid vom 23. November 2005, wonach der Informationslead beim EFD hätte liegen sollen. Die Kommission beurteilte es als unhaltbar, wie einzelne
Bundesräte in der Öffentlichkeit ­ auch gegeneinander ­ auftraten und sich gegenseitig widersprachen. Durch eine derart unverantwortliche Kommunikation untergruben Mitglieder des Bundesrats die Glaubwürdigkeit der Regierung im In- und Ausland und nahmen in Kauf, dass Swisscom Schaden erleiden könnte.

Die GPK-N verlangte mit einer Motion100, dass der Bundesrat Massnahmen trifft, die seine Eignerrolle aufzeigen und die Verlässlichkeit der strategischen Führung hinsichtlich der Unternehmen des Bundes sicherstellen. Diese Motion wurde in den eidg. Räten angenommen. Mit drei Empfehlungen forderte die Kommission den Bundesrat ausserdem auf, die Instruktion als Instrument der Einflussnahme in den Kompetenzbereich des Verwaltungsrats der Swisscom zu überprüfen, sich vertieft der Steuerungsprozesse zur Umsetzung der strategischen Ziele anzunehmen und offene Fragen im Bereich der Kommunikation zu klären.

100

Mo. 06.3176 «Verlässlichkeit der strategischen Ziele des Bundes» vom 28.3.2006.

3130

Obschon der Bundesrat in seiner Stellungnahme101 in einigen Punkten die Kritik der GPK-N zurückwies, teilte er die Auffassung, dass Lehren für die Zukunft zu ziehen sind. Die in der Motion festgehaltenen Anliegen der Definition der Eignerrolle und der Verlässlichkeit der strategischen Führung will der Bundesrat vorbehaltlos umsetzen. Der Bundesrat ist auch bereit, die Instruktion als Instrument der Einflussnahme auf den Kompetenzbereich des Verwaltungsrats zu überprüfen. Erfreulich ist auch, dass der Bundesrat seiner Kommunikation vermehrt Beachtung schenken wird.

Insgesamt erschien der GPK-N die Stellungnahme des Bundesrats in sich widersprüchlich. Die Kommission bedauert, dass der Bundesrat nicht bereit ist, sich selbstkritischer mit den Abläufen rund um seine Entscheide vom 23. November 2005 auseinanderzusetzen. Die Haltung des Bundesrats erstaunt, zumal er der im Bericht der GPK-N vom März 2006 aufgearbeiteten Faktenlage nichts entgegenzusetzen hat. Es ist dennoch erfreulich, dass der Bundesrat die nötigen Lehren für die Zukunft ziehen will.

Die Kommission hat beschlossen, ihre Untersuchung mit der Kenntnisnahme der bundesrätlichen Stellungnahme abzuschliessen und die in der Motion sowie den Empfehlungen angesprochenen Themen gegebenenfalls im Rahmen der jährlichen Aussprachen zu den Unternehmen Swisscom, SBB, Post und Skyguide weiter zu verfolgen.

3.6.9

Massnahmen zur Bekämpfung des Rinderwahnsinns

Der damalige Nationalrat Fernand Cuche reichte im Jahr 2001 eine Parlamentarische Initiative «BSE-Krise. Einsetzung einer PUK» (01.427) ein. Die Initiative warf dem Bund und den betroffenen Dienststellen vor, für einen grossen Teil der Ausbreitung der BSE-Seuche verantwortlich zu sein, weil sie systematisch zu spät und nur punktuell eingegriffen hätten, und forderte die Einsetzung einer PUK. Nationalrat Fernand Cuche erklärte sich anlässlich einer Sitzung des Büros des Nationalrats mit der Sistierung der Behandlung der Parlamentarischen Initiative einverstanden, damit die GPK-N im Rahmen der Parlamentarischen Oberaufsicht die Vorwürfe untersuchen könne. Das entsprechende Gesuch des Büros wurde von den GPK Anfang 2002 grundsätzlich gutgeheissen und die Untersuchung in das Jahresprogramm der GPK-N aufgenommen.

Die GPK-N sah sich jedoch gezwungen, aufgrund eines laufenden Rechtsverfahrens einen Vorbehalt anzubringen: Im Jahre 1997 reichten 2206 Landwirte eine Staatshaftungsklage beim EFD ein. Darin wurden dieselben Vorwürfe gegen die Bundesverwaltung erhoben wie in der Parlamentarischen Initiative und darauf basierend eine Staatshaftung für die den Landwirten entstandenen Vermögensschäden geltend gemacht.

Da die Vorwürfe der Parlamentarischen Initiative Gegenstand eines laufenden Rechtsverfahrens waren und sie auch nicht losgelöst von der Staatshaftungsklage durch die GPK-N untersucht werden konnten, hatte die GPK-N beschlossen, den Abschluss des Rechtsverfahrens abzuwarten, um dann die Situation neu zu beurtei-

101

Stellungnahme des Bundesrats vom 3.5.2006 (BBl 2006 5221).

3131

len. Dieses Vorgehen entspricht der ständigen, auf dem Gewaltenteilungsprinzip basierenden Praxis der GPKs.

Die Parlamentarische Initiative musste in der Zwischenzeit aufgrund der Fristen behandelt werden. Der Nationalrat beschloss am 21. Juni 2002 ihr keine Folge zu geben.

Mit dem Entscheid des Bundesgerichts vom 11. April 2006 konnte auch das erwähnte Rechtsverfahren der Staatshaftungsklage abgeschlossen werden. Das Bundesgericht verneinte darin ein unrechtmässiges Handeln des Bundes und lehnte dementsprechend die Staatshaftungsklage ab. Im Laufe des Verfahrens äusserten sich verschiedene Instanzen auch zur Frage der Opportunität des Verwaltungshandelns bei der Bekämpfung von BSE.

Die GPK-N ist der Ansicht, dass auch aus der Perspektive der Oberaufsicht das Bundesgericht und die Vorinstanzen die relevanten Fragen untersucht und beurteilt haben. Aus Sicht der GPK-N besteht deshalb seitens der Oberaufsicht kein Handlungsbedarf. Die Kommission hat dieses Geschäft nun abgeschlossen.

3.6.10

Immobilienmanagement des Bundes im zivilen Bereich

Die beiden GPKs beschlossen am 20. Januar 2006 ihr Jahresprogramm 2006. Ein Schwerpunkt des Programms bildet die Inspektion zum Immobilienmanagement des Bundes im zivilen Bereich, das durch das BBL ausgeübt wird. Sie wurde der GPK-N zugewiesen. Diese beauftragte in der Folge die PVK mit der Ausarbeitung einer Projektskizze zur geplanten Evaluation dieses Bereichs102. Die Projektskizze wurde Ende März 2006 der Kommission unterbreitet. Sie wies drei verschiedene Evaluationsvarianten auf: 1.

Konzeption, Umsetzung und Steuerung einer modernen Immobilienstrategie,

2.

Kompetenzen und Koordination im Rahmen des Immobilienmanagements,

3.

Erreichen der strategischen und operativen Ziele, Benchmarking.

Die GPK-N entschied sich für die Variante 2, u.a. weil sie die Frage des Sparpotentials aufgreift, und beauftragte die PVK mit der Durchführung der Evaluation gemäss dieser Variante. Dabei soll ebenfalls aufgezeigt werden, welche Sparanreize für die verschiedenen Akteure bestehen. Hier besteht eine thematische Verbindung mit dem Neuen Rechnungsmodell des Bundes. Das BBL wird als erstes Amt seine Leistungen den anderen Bundesstellen verrechnen. Die Mieten werden dementsprechend verrechnet werden.

Die GPK-N erwartet die Evaluation der PVK im ersten Quartal 2007 und wird darauf basierend ihre Beurteilung vornehmen.

102

Vgl. auch Anhang 1, Ziff. 2.2.2.

3132

3.6.11

Abklärungen im Zusammenhang mit den Immobilienverkäufen der Suva

Im September 2005 wurde bekannt, dass die Tessiner Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften der Suva verschiedene Personen verhaftet hatte. Die strafrechtliche Untersuchung wurde am 4. Oktober 2005 von den Tessiner Behörden der BA übertragen.

Im Kontext der Immobilienaffäre der Suva hat der Bundesrat das EDI im Oktober 2005 beauftragt, einen Bericht zur Organisation, Abwicklung und Beaufsichtigung der Immobiliengeschäfte der Suva zu erstellen.

Auch die GPK-N hat den Handlungsbedarf für die parlamentarische Oberaufsicht analysiert. Vor dem Hintergrund der Abklärungen des EDI verzichtete die GPK-N damals auf eigene Abklärungen. Die GPK-N stellte fest, dass in erster Linie der Bundesrat als zuständige Behörde für die Oberaufsicht über die Suva (Art. 61 Abs. 3 Unfallversicherungsgesetz103) die entsprechenden Fragen zu prüfen hat. Mit Schreiben vom 18. November 2005 bat sie den Bundesrat allerdings, weitere Fragen in seine Untersuchung einzubeziehen. Sie forderte den Bundesrat insbesondere auf, in seinem Bericht auch Rechenschaft über seine bisherigen Aufsichtstätigkeiten bezüglich der Suva abzulegen. Dabei interessierten die GPK-N allgemeine Fragen der Organisation und der Instrumente der im UVG verankerten Oberaufsicht des Bundes ebenso wie die konkreten Aufsichtstätigkeiten der vergangenen Jahre und die wichtigen Feststellungen in der Aufsichtspraxis.

Im Juni 2006 nahm die GPK-N den Rechenschaftsbericht des EDI vom 12. April 2006 zur Kenntnis. Der Bericht des EDI kam zum Schluss, dass die Suva die Strukturen und Abläufe ihres Immobiliengeschäfts verbessern muss. Es konnte nicht von einem generellen Versagen der Suva bei ihren Immobilienanlagen gesprochen werden. Der Bericht zeigte allerdings auf, dass die Verantwortlichkeiten zwischen den Bundesbehörden und der Leitung der Suva nicht genügend klar definiert sind und auch die externe Aufsicht über die Geschäftsführung der Suva (Corporate Governance) angepasst werden muss. Es sollen deshalb im Rahmen der laufenden Revision des UVG die Anpassungen der internen und externen Aufsicht über die Geschäftsführung der Suva erfolgen. Was die Verbesserungen in der Organisation des Immobilienbereichs angeht, wird sich das EDI laufend und detailliert über die Fortschritte bei der Umsetzung der Massnahmen orientieren lassen. Das EDI wird die
Umsetzung der Massnahmen auf Stufe Suva bis hin zur Aufarbeitung sämtlicher festgestellter Schwächen eng begleiten.

Aufgrund der verschiedenen Untersuchungen und der engen Begleitung durch das EDI kam die GPK-N im Juni 2006 zum Schluss, dass sich weitere Abklärungen seitens der GPK-N erübrigen. Das Parlament wird sich im Rahmen der UVGRevision erneut zu zentralen Fragen rund um die Organisation und Aufsicht betreffend die Suva äussern.

103

Bundesgesetz vom 20.3.1981 über die Unfallversicherung (UVG; SR 832.20).

3133

3.6.12

«Geschäftsprüfungsaudit» im Bundesamt für Sport

Am Ende der letzten Legislatur hatten die GPKs eine kritische Bilanz zu ihren Tätigkeiten und Kontrollinstrumenten gezogen104. Dank dieser Analyse wurden die Schwachstellen bestimmter Werkzeuge sowie die Lücken im Instrumentarium, mit dem die GPKs arbeiten, offengelegt. So zeigte sich, dass die GPKs keine Instrumente für eine vertiefte Untersuchung der Verwaltungsdienste besitzen. Die Kommissionen führen zwar regelmässige Besuche bei bestimmten Dienststellen durch, aber diese eignen sich nicht für die Analyse von komplexen Fragen.

Die GPKs werden prüfen, ob es zweckmässig ist, ein neues Instrument einzuführen ­ das Geschäftsführungsaudit ­, um diese Lücke zu schliessen105. Die Arbeit der GPKs betrifft im Allgemeinen eine Politik oder Massnahme des Bundes, während das Audit die Funktionsweise einer Dienststelle der Bundesverwaltung (Aufgabe, strategische Ausrichtung, Struktur, Prozess, Transparenz und Effizienz der Mittelzuweisung) beleuchtet.

Dieses neue Instrument wird den GPKs ermöglichen, eine Bestandsaufnahme der Leistungen, Stärken und Schwächen einer Dienststelle vorzunehmen. Das Audit sollte dazu beitragen, vorbildliche Praktiken aufzuzeigen, aber auch Mängel ­ z.B.

eine unklare Strategie, eine unangemessene Führungsstruktur, eine lückenhafte Geschäftsführungskontrolle, überhöhte Gemeinkosten oder ein schlechtes Arbeitsklima ­ offenzulegen. Selbstverständlich werden die GPKs die Möglichkeit haben, auf der Basis des Auditberichts Empfehlungen zu formulieren.

Die GPKs haben keineswegs die Absicht, jede einzelne Handlung der operationellen Führung einer Dienststelle unter die Lupe zu nehmen, sondern möchten aus der für die parlamentarische Oberaufsicht unentbehrlichen Distanz einen Gesamtüberblick über die Führung der betroffenen Einheit erzielen. Schliesslich sollen die Audits den GPKs Anhaltspunkte für die Evaluation der Führung und Aufsicht des Bundesrats über die Bundesverwaltung vermitteln.

Die GPKs haben die PVK beauftragt, die Machbarkeit und den Nutzen eines Geschäftsführungsaudits in einem Pilotprojekt beim Bundesamt für Sport (BASPO) zu prüfen. Die GPKs hatten in der Tat selten Gelegenheit, sich mit dem staatlichen Handlungsfeld Sport zu befassen. Auch methodologische Argumente sprechen für das BASPO: Das Amt erfüllt die Aufgaben weitgehend selbständig, Grösse und Organisation
eignen sich sehr gut für ein Pilotprojekt und es gibt keine Überschneidungen mit ähnlichen Studien. Ausserdem haben die Verantwortlichen des BASPO Interesse an einer Zusammenarbeit bekundet.

Die PVK soll der GPK-S vor der Sommerpause 2007 Bericht erstatten. Anschliessend wird die Kommission ihre politischen Schlussfolgerungen zur Führung des BASPO ziehen und aus der Perspektive der parlamentarischen Oberaufsicht die Relevanz des Geschäftsführungsaudits evaluieren.

104

S. Jahresbericht 2002/2003 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte, 23.1.2004 (BBl 2004 1761 f.).

105 S. auch Ziff. 2.2.4 des Berichts der PVK, veröffentlicht im Anhang 1 des vorliegenden Berichts.

3134

3.6.13

Umfeldanalyse des BAG im Zusammenhang mit der Volksinitiative «Ja zur Komplementärmedizin»

Im Juni 2006 wurde aufgrund einer Indiskretion aus den Reihen des BAG publik, dass dieses Amt einen externen Auftrag vergeben hat, um sich ein Bild über die Ansprechsgruppen und Argumente im Zusammenhang mit der Volksinitiative «Ja zur Komplementärmedizin» zu machen. Aufgrund von zwei Aufsichtseingaben ging die GPK-S u.a. der Frage nach, ob es Aufgabe einer Behörde ist, vor Erstellung der Botschaft des Bundesrats das Umfeld der Initianten/innen analysieren zu lassen.

Der Bundesrat traf auf Antrag des EDI am 29. März 2006 einen Richtungsentscheid und beschloss, die Volksinitiative «Ja zur Komplementärmedizin» ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen. Das EDI wurde vom Bundesrat beauftragt, in diesem Sinne bis Ende August 2006 eine Botschaft auszuarbeiten. In der Regel werden Richtungsentscheide medial nicht kommuniziert, um spätere Entscheide des Bundesrats in einer Sache nicht zu präjudizieren. Eine Information erfolgt grundsätzlich erst bei bzw. nach Verabschiedung der Botschaft durch den Bundesrat. Für die Verwaltung sind solche Richtungsentscheide jedoch verbindlich und handlungsleitend.

Der Auftrag zur Erstellung einer Umfeldanalyse (Vertrag mit einer externen PRAgentur) erfolgte durch das BAG. Der Auftrag diente internen Zwecken und sollte eine Auseinandersetzung mit dem Argumentarium der Initiative ermöglichen. Insbesondere diente er der Umsetzung des Richtungsentscheids des Bundesrats.

Gemäss Vertrag wurden für die Zeit vom 1. April 2006 bis 30. August 2006 eine Reihe von Leistungen vereinbart, die aber nur zum Teil erbracht bzw. beansprucht worden sind. Die vorgesehenen Mittel von 300 000 Franken wurden entgegen der Planung im amtsinternen Dispositiv nicht bewilligt. Das Amt musste die Aufgaben mittels Umschichtung bestehender Finanz- bzw. Personalressourcen abdecken.

Genehmigt wurden die für externe Dienstleistungen im Bereich der Umfeldanalyse vorgesehenen 30 000 Franken. Insgesamt wurden an die Agentur Honorarzahlungen von rund 22 000 Franken geleistet. Das Kostendach wurde somit nicht voll ausgeschöpft. Ein Folgeauftrag, wie er ursprünglich vorgesehen war, ist nicht erteilt worden und wird auch nicht erteilt.

In seiner Stellungnahme betonte der Vorsteher des EDI, dass die öffentlichen Mittel lediglich für Grundlagenarbeiten im Hinblick auf die Vorbereitung der Botschaft des
Bundesrats verwendet wurden, nicht aber für aktive PR gegen die Initiative. Die Umfeldanalyse diente einzig verwaltungsinternen Zwecken. Aufgrund der Botschaft sei es möglich, dass sich das Parlament und die Öffentlichkeit unvoreingenommen und sachlich mit der Volksinitiative auseinandersetzen.

Die GPK-S gelangte zur Ansicht, dass eine Analyse, wie sie im vorliegenden Fall im Auftrag des BAG durchgeführt wurde, nützlich und sinnvoll sein kann. Ebensowenig will die GPK-S ausschliessen, dass externe Ressourcen für gewisse Aufträge beigezogen werden müssen.

Im konkreten Fall stellte die GPK-S jedoch die Notwendigkeit der Umfeldanalyse für die Vorbereitung der Botschaft des Bundesrats an sich in Frage. Ausserdem wäre es nach Ansicht der GPK-S zweckmässiger gewesen, die entsprechenden Aufgaben BAG-intern wahrzunehmen, zumal auch der externe Auftrag rein verwaltungsinterne Zwecke verfolgte. Die GPK-S stellte denn auch die Zuständigkeit für die amtsinterne Kreditauslösung solcher Aufträge, die in einem unmittelbaren politischen 3135

Kontext abgewickelt werden, in Frage. Selbst wenn das Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz entsprechende Spielräume gewährt, sollten in solchen Fällen gewisse minimale Entscheidzuständigkeiten und eine angemessene Führung auf Departementsebene gewährleistet sein. Angesichts der doch umfassenden Umfeldanalyse schien es der GPK-S nicht verständlich, dass das BAG die Initiantinnen und Initianten der Initiative nicht angehört hat. Diese Schlussfolgerungen teilte die GPK-S dem Vorsteher des EDI mit und bat ihn, denselben in künftigen Fällen Rechnung zu tragen.

Da die ursprünglich geplanten Folgeaufträge weder erteilt noch ausgeführt wurden, verfolgte die GPK-S die in den Eingaben aufgeworfenen Fragen im Zusammenhang mit der Behördeninformation im Vorfeld von Abstimmungen nicht weiter. Im Übrigen wäre die GPK-S angesichts der hängigen Beratung der Parlamentarischen Initiative 04.463 «Rolle des Bundesrates bei Volksabstimmungen» und der damit zusammenhängenden Vorstösse nicht der zuständige Ansprechpartner.

Zu der sich hinter diesem Fall stellenden grundsätzlichen Problematik der Expertenmandate in der Bundesverwaltung hat die GPK-S ebenfalls im Berichtsjahr eine Untersuchung abgeschlossen (vgl. Ziff. 3.6.7).

3.7

Justizwesen

3.7.1

Untersuchung von öffentlichen Aussagen des Vorstehers des EJPD zu Gerichtsurteilen (Albisgüetli-Rede)

Nach seiner Rede an der Albisgüetli-Tagung der SVP des Kantons Zürich vom 20. Januar 2006 wurden gegen den Vorsteher des EJPD Vorwürfe erhoben, er habe zwei Albaner, die von ihrem Herkunftsstaat schwerer Verbrechen beschuldigt werden, als «Kriminelle» bezeichnet und damit die Unschuldsvermutung verletzt.

Zudem habe er mit seiner Kritik an Urteilen der Asylrekurskommission (ARK), die den beiden Asyl in der Schweiz zusprach, und am Bundesgericht, das eine Auslieferung an Albanien untersagte, die Gewaltenteilung missachtet. Im Weiteren habe er den Grundsatz einer transparenten und umfassenden Information schwerwiegend verletzt.

Aufgrund der Untersuchung durch ihre zuständige Subkommission gelangte die GPK-S in ihrem Bericht106 zu folgenden Feststellungen und Schlussfolgerungen: Die Analyse des Falles der zwei albanischen Flüchtlinge zeigte, dass ihnen die ARK Asyl zusprach, weil sie aufgrund von umfangreichen Verfahrensakten aus dem viereinhalb Jahre dauernden erstinstanzlichen Strafprozess in Albanien zur Überzeugung gelangt war, dass zahlreiche Hinweise für einen politischen Hintergrund des eingeleiteten Strafverfahrens bestehen, dass die Albaner mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als Unschuldige angeklagt wurden und ihnen nun in asylrelevanter Weise Verfolgung drohen würde, wenn sie nach Albanien ausgewiesen würden.

Nach Feststellung der GPK-S traf es somit nicht zu, dass die ARK «Kriminellen» Asyl erteilt hatte. Die Untersuchung führte zum Schluss, dass aufgrund des Asylurteils die beiden Albaner für alle eidgenössischen und kantonalen Behörden als 106

Untersuchung von öffentlichen Aussagen des Vorstehers des EJPD zu Gerichtsurteilen, Bericht der GPK-S vom 10.7.2006, BBl 2006 9051.

3136

Flüchtlinge und als Unschuldige zu gelten haben. Dem ist insbesondere bei öffentlichen Verlautbarungen über diese Personen Rechnung zu tragen.

In der Folge erhob der Vorsteher EJPD den Vorwurf, die ARK habe mit ihrer voreiligen Asylgewährung den Entscheid des Bundesgerichts, die Auslieferung der beiden Albaner an ihren Heimatstaat zu bewilligen, unterlaufen. Die ARK hätte ergänzende Unterlagen aus Albanien im Auslieferungsverfahren abwarten müssen.

Die GPK-S zeigte in ihrem Bericht die Zusammenhänge und Hintergründe der Entscheide auf. Sie stellte fest, dass die ARK die ihr bekannten Liefertermine für die Unterlagen zwar abgewartet und erst zweieinhalb Wochen danach entschieden hat, doch hat sie es unterlassen, beim BJ zurückzufragen, ob die Unterlagen noch zu erwarten seien. Das BJ seinerseits hat zwar die Unterlagen erhalten, es jedoch unterlassen, sie an die ARK weiterzuleiten. Die GPK-S kam zum Schluss, dass es letztlich in Respektierung der Gewaltenteilung weder Sache des Vorstehers EJPD noch der GPK-S als Oberaufsichtsbehörde war zu beurteilen, ob es richtig oder falsch war, dass die ARK zum Schluss kam, der Fall sei auch ohne diese Unterlagen entscheidungsreif, da diese Frage zur Rechtsprechung gehört.

Zur Frage der Unschuldsvermutung stellte die GPK-S fest, dass aufgrund seiner mündlichen Albisgüetli-Rede der Zuhörer annehmen musste, dass der Vorsteher EJPD die zwei Albaner für schuldig hielt. Er brachte dies zum Ausdruck, indem er sie als «Kriminelle» bezeichnete und als solche, die «ermordet» haben. Auch bei der schriftlichen Fassung kann sich der Leser nicht des Eindrucks erwehren, dass es sich wahrscheinlich um Kriminelle handeln müsse, denn sonst wäre aus dem Zusammenhang nicht ersichtlich, worin der Misstand bestehen sollte, dass den Albanern in der Schweiz Asyl gewährt wurde.

Insgesamt kam die GPK-S zum Schluss, dass der Vorsteher EJPD mit seinen öffentlichen Verlautbarungen über die zwei betroffenen albanischen Flüchtlinge der Unschuldsvermutung nicht Rechnung getragen und zudem den Flüchtlingsstatus zweier in der Schweiz aufgenommener Personen missachtet hat. Die GPK-S stellte fest, dass der Justizminister aus politischen Gründen gehandelt hat, um ein aus seiner Sicht bestehendes Problem aufzuzeigen, dass er jedoch das Problem an einem falsch dargestellten Beispiel aufgezäumt
und dabei die Rechte von Betroffenen tangiert hat.

Nicht akzeptabel war nach Meinung der GPK-S, dass der Justizminister vor dem Ständerat im Zusammenhang mit dem Albaner-Fall die Unwahrheit gesagt hat, indem er behauptete, er habe sie ja nie als Kriminelle, sondern als Angeschuldigte bezeichnet; das sei etwas anderes.

Zur Frage der Kritik an Gerichtsurteilen kam die GPK-S zum Schluss, dass die öffentliche und infolge der Albisgüetli-Rede in den Medien wiederholte Kritik an den Asylurteilen der ARK im Fall der zwei Albaner einseitig war. Mit der sinngemässen Unterstellung, die ARK habe Schwerstkriminellen Asyl zugesprochen und die Auslieferung an Albanien durch das Bundesgericht verhindert, war sie geeignet, das Ansehen der ARK in Misskredit zu bringen und das Vertrauen in ihre Rechtsprechung in Frage zu stellen. Die GPK-S drückte ihre Erwartung gegenüber dem Justizminister aus, dass er in Bezug auf öffentliche Kritik an Einzelurteilen grosse Zurückhaltung übt und jede einseitige Darstellung vermeidet. Betreffend die Urteile des Bundesgerichts ging die GPK-S davon aus, dass der Vorsteher EJPD diese nicht kritisieren wollte.

3137

Die GPK-S stellte weiter fest, dass der Vorsteher EJPD öffentlich deutliche Kritik an der ARK als Behörde hinsichtlich der langen Verfahrensdauer im Fall einer RomaFamilie und auch bezüglich der seiner Meinung nach zu weit gehenden organisatorischen Unabhängigkeit der ARK geübt hat. Die GPK-S kam zum Schluss dass es richtig sei, dass sich der Vorsteher EJPD als Aufsichtsbehörde um Fragen der Geschäftsführung, der Geschäftslast und die Pendenzen der ARK kümmere. Die Interventionen der Aufsicht dürften jedoch nicht so weit gehen, dass sie in die richterliche Unabhängigkeit eingreifen.

Die GPK-S kam zum Schluss, dass die Kritik des Vorstehers EJPD an den Asylurteilen betreffend die zwei Albaner hinsichtlich der Wahrung der Unabhängigkeit der Justiz problematisch war. Als Justizminister habe er eine besondere Verpflichtung, die rechtsstaatlichen Grundsätze hochzuhalten und zur Unabhängigkeit der Justiz Sorge zu tragen.

In seiner Stellungnahme vom 25. Oktober 2006107 wies der Bundesrat darauf hin, dass es vorliegend um die Äusserungen eines Mitgliedes des Bundesrates gehe, welche sich auf Geschäfte aus dem Zuständigkeitsbereich des eigenen Departements beziehe. Den einzelnen Mitgliedern des Bundesrates komme bei solchen Voten in Wortwahl, Formulierung und politischer Gewichtung ein weites Ermessen zu, wofür sie denn auch die Verantwortung tragen würden. Eine öffentliche politische Kommentierung solcher Aussagen müsse der Bundesrat nicht vornehmen. Weiter hiess es in der Antwort: «Der Bundesrat bedauert, dass, wie die GPK-S festhält, sich eines seiner Mitglieder im untersuchten Fall in seinen öffentlichen Aussagen nicht um die gebotene Ausgewogenheit und Zurückhaltung bemüht hat und im Ständerat seine Äusserungen in der Albisgüetli-Rede anders darstellte, als sie im Albisgüetli vorgetragen wurden. Doch hat er keinen Anlass, der Würdigung Ihrer Kommission eine weitere beizufügen.» Die GPK-S nahm die Stellungnahme des Bundesrates zur Kenntnis.

3.7.2

Umsetzung der Effizienzvorlage und ausserordentliche Untersuchungen in der BA

Die GPK-N begleitet in Zusammenarbeit mit der FinDel die Arbeiten zur Umsetzung der so genannten «Effizienzvorlage» (EffVor) und prüft insbesondere die halbjährlichen Berichte der Projektleitung EffVor über den Stand des Projekts (s. Jahresberichte der GPKs108).

Die Effizienzvorlage geht zurück auf den Beschluss der eidgenössischen Räte vom 22. Dezember 1999. Mit einer Änderung des Strafgesetzbuchs (StGB) führte das Parlament in den Bereichen Organisierte Kriminalität, Geldwäscherei und Korruption für die komplexen Fälle von interkantonaler und internationaler Bedeutung eine zwingende Verfahrensleitung durch die eidgenössischen Behörden ein (Art. 340bis Abs. 1 StGB). In diesen Fällen von Schwerstkriminalität ist neu der Bund (anstelle der Kantone) zuständig. Bei Fällen von schwerer Wirtschaftskriminalität erhielt der Bund eine subsidiäre Ermittlungskompetenz (Art. 340bis Abs. 2 StGB). Die neuen Bestimmungen sind am 1. Januar 2002 in Kraft getreten.

107 108

Stellungnahme des Bundesrats vom 25.10.2006 (BBl 2006 9095).

S. z.B. Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 20.1.2006 (BBl 2006 4321 ff.).

3138

Die zuständige Subkommission der GPK-N hat im Berichtsjahr zur Prüfung des halbjährlichen Standberichts der Projektleitung EffVor vom 31. Dezember 2005 Vertreter der BA, des fedpol, der Bundeskriminalpolizei (BKP) sowie des eidgenössischen Untersuchungsrichteramts (URA) angehört. Sie stellte fest, dass die geltende Bundesstrafrechtspflege109 ein wesentliches Hindernis für eine effiziente Umsetzung der neuen Bundeskompetenzen in der Strafverfolgung darstellt. Mit Schreiben vom 28. März 2006 an die Kommission für Rechtsfragen des Ständerats (RK-S) und die RK-N, welche sich als vorberatende Kommissionen mit der Totalrevision der Schweizerischen Strafprozessordnung (Geschäft 05.092 Strafprozessrecht. Vereinheitlichung) befassen, erachtete die GPK-N deshalb den Handlungsbedarf zur Vereinfachung des Bundesstrafverfahrens als dringend. Ein rasches Vorgehen dränge sich umso mehr auf, als der planmässige Aufbau der Strafverfolgungsbehörden des Bundes aufgrund der verschiedenen Sparprogramme (Entlastungsprogramm 03, Aufbaustopp und Aufgabenverzichtsplanung) ins Stocken geraten sei und die Gefahr nicht unbegründet erscheine, dass einzelne Verfahren bis hin zur Verjährung verzögert werden könnten. Die GPK-N erachtete es deshalb als erforderlich, dass nach Wegen gesucht werden müsse, für den Bundesstrafprozess eine vorgezogene Lösung zu treffen.

Das Projekt EffVor aus dem Jahr 2000 sah einen stufenweisen Aufbau der Strafverfolgungsbehörden des Bundes in der BA, der BKP und dem URA mit insgesamt 942 Stellen und einem Jahresbudget von 142 Millionen Franken bis ca. 2006 vor. Bis 2003 erfolgte der Personalaufbau gemäss Projekt. Mit dem Entlastungsprogramm EP03 beschloss das Parlament einen Aufbaustopp. Nach einem «Marschhalt» bis Ende 2006 sollte das Projekt neu beurteilt und über die weitere Entwicklung von EffVor entschieden werden.

Im Februar 2006 setzte der Vorsteher des EJPD eine Projektorganisation zur Erarbeitung einer Situationsanalyse und konkreter Vorschläge für das weitere Vorgehen im Bereich EffVor nach Ablauf des Marschhaltes ab 2007 ein. Projektverantwortlicher war der Generalsekretär des EJPD. Die Projektorganisation umfasste einen Projektausschuss (mit externen und internen Mitgliedern) unter dem Vorsitz von Regierungsrat Hanspeter Uster (Zug) und drei Arbeitsgruppen. Die Situationsanalyse wurde
am 31. August 2006 zu Handen des EJPD verabschiedet und am 29. September 2006 vom EJPD veröffentlicht110.

Am 8. April 2006 leitete die Beschwerdekammer des BStG als fachliche Aufsichtsbehörde der BA eine weitere Untersuchung der Frage ein, weshalb von der BA bis Ende März 2006 nur wenige Anklagen beim BStG eingereicht wurden. Als Ergebnis dieser Abklärungen verabschiedete die Beschwerdekammer am 14. Juli 2006 einen Aufsichtszwischenbericht an das EJPD als administrative Aufsichtsbehörde der BA sowie an die GPKs als parlamentarische Oberaufsichtsbehörde.

Nachdem die Weltwoche am 1. Juni 2006 schwere Vorwürfe an den Bundesanwalt im Zusammenhang mit dem Einsatz des ehemaligen kolumbianischen Drogenhändlers und angeblichen Doppelspions «Ramos» als Vertrauensmann erhob, beschlossen der Vorsteher des EJPD und der Präsident der Beschwerdekammer des BStG am 5. Juni 2006 (Pfingstmontag), je in ihrem Aufsichtsbereich (administrative Aufsicht durch das EJPD, fachliche Aufsicht durch die Beschwerdekammer) eine ausseror109 110

Bundesgesetz über die Bundesstrafrechtspflege vom 15.6.1934 (BStP; SR 312.0).

Die Strafverfolgung auf Bundesebene. Situationsanalyse und Empfehlungen zum weiteren Vorgehen des Projektausschusses «Situationsanalyse EffVor» vom 31.8.2006.

3139

dentliche Untersuchung der Vorwürfe sowie allgemeine Fragen der Organisation und Effizienz der BA einzuleiten. Die vom EJPD in Auftrag gegebene Administrativuntersuchung durch einen externen Fürsprecher wurde dem EJPD am 15. September 2006 abgeliefert, welches den Bericht111 am 29. September 2006 veröffentlichte. Die Beschwerdekammer verabschiedete am 18. September 2006 ihren Aufsichtszwischenbericht «Ramos», der Aufgrund einer Untersuchung durch die Bundesstrafrichter Andreas J. Keller und Bernard Bertossa erstellt worden war, an das EJPD als administrative Aufsichtsbehörde der BA sowie an die GPKs als parlamentarische Oberaufsichtsbehörde.

Die GPK-N erteilte am 26. Juni 2006 ihrer Subkommission EJPD/BK den Auftrag, die verschiedenen eingeleiteten Untersuchungen eng zu begleiten, die Untersuchungsberichte nach deren Vorliegen zu behandeln und bei Bedarf eigene Abklärungen vorzunehmen. Die Subkommission hat von Ende August bis November 2006 Anhörungen aller betroffenen Behörden sowie der Autoren der Untersuchungsberichte durchgeführt und weitere Abklärungen zu den Umständen der Rücktrittsankündigung des Bundesanwalts vom 5. Juli 2006 sowie zu Fragen der Abgrenzung und Ausübung der Aufsicht durch das EJPD und durch die Beschwerdekammer über die BA getroffen. Sie wird ihre Feststellungen der GPK-N spätestens bis Mitte 2007 in Form eines Berichtsentwurfs unterbreiten.

3.7.3

Anwendung und Wirkung der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht

Die GPK-N hatte am 24. August 2005 einen Bericht zur Anwendung und Wirkung der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht verabschiedet112. Am 15. Februar 2006 nahm der Bundesrat zu den Schlussfolgerungen und Empfehlungen der GPK-N in diesem Bericht Stellung113.

In ihrem Bericht hatte die GPK-N festgestellt, dass die Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht in den Kantonen mit grossen Unterschieden angewendet werden und dass die föderalistische Vollzugspolitik der Kantone zu Koordinationsproblemen bei der Ausreiseorganisation und zu einem Kontrollverlust führt. Nach Meinung der GPK-N sollte im Bereich der Zwangsmassnahmen nach einer zehnjährigen Experimentierphase nun eine Harmonisierungsphase eintreten. Die GPK-N forderte deshalb den Bundesrat auf, zusammen mit den Kantonen die Institutionalisierung einer regelmässigen Koordination und Kooperation zwischen Bund und Kantonen bei der Rückführung von abgewiesenen Asylsuchenden und illegal anwesenden Ausländerinnen und Ausländern zu suchen (z.B. im Rahmen einer regelmässigen Asyl- und Migrationskonferenz). Die GPK-N stellte weiter fest, dass die Behörden und Politiker auf umfassendes und vergleichbares Datenmaterial aus den Kantonen angewiesen sind, um qualitative Schlüsse bezüglich der Wirksamkeit der angewandten Vollzugsinstrumente ziehen zu können. Die GPK-N forderte deshalb den Bundesrat auf, darauf hin zu wirken, dass die Kantone einheitliche und vergleichbare Daten erheben. In seiner Stellungnahme unterstützte der Bundesrat grundsätzlich die Stossrichtung dieser Forderungen und zeigte sich bereit, entsprechende Massnahmen 111 112

Lüthi Rolf, Administrativuntersuchung in der BA vom 15.9.2006.

Bericht der GPK-N über die Anwendung und Wirkung der Zwangsmassnahmen vom 24.8.2005 (BBl 2006 2579).

113 Stellungnahme des Bundesrats, vom 15.2.2006 (BBl 2006 2667).

3140

zu treffen. Weiter erklärte sich der Bundesrat bereit, die Empfehlungen der GPK-N betreffend die Vereinheitlichung der Ausschreibungspraxis der Kantone in automatisierten Fahndungsregistern (RIPOL/ZAR) entgegen zu nehmen.

Die GPK-N hatte in ihrem Bericht weiter festgestellt, dass die zum Teil hohe Anzahl von Vollzugspendenzen in einzelnen Kantonen ein Problem darstellt und zusammen mit den Kantonen angegangen werden sollte. Sie empfahl dem Bundesrat, dem Problem der Vollzugspendenzen und deren Ursachen nachzugehen und geeignete Massnahmen zu prüfen. In seiner Stellungnahme hielt der Bundesrat fest, dass er die Vollzugspendenzen in einzelnen Kantonen ebenfalls als prioritäres Problem betrachtet, an dessen Lösung er arbeiten will. Im Weiteren verlangte die GPK-N vom Bundesrat, seine Bemühungen zu verstärken, weitere Rückübernahmeabkommen zu schliessen bzw. bestehende Abkommen durchzusetzen, und adäquate Anreize zur Rückkehr von abgewiesenen Asylsuchenden und illegal Anwesenden zu prüfen.

Weiter forderte die GPK-N vom Bundesrat, sich bei den Kantonen für eine einheitliche Kostenerfassung im Bereich der Rückführungsmassnahmen einzusetzen. In seiner Stellungnahme hiess der Bundesrat die Stossrichtung der entsprechenden Empfehlungen gut und erklärte sich bereit, an deren Umsetzung zu arbeiten. Im Weiteren unterstützt der Bundesrat die Empfehlung der GPK-N, wonach der Informationsaustausch zwischen Bund und Kantonen über inhaftierte Personen verbessert werden muss.

Die im Auftrag der PVK durchgeführte Studie zur Delinquenz hat gezeigt, insbesondere die Ein- und Ausgrenzungen eine günstige Wirkung auf die Delinquenz von Asylsuchenden haben. Die im Vergleich zur Wohnbevölkerung hohe Delinquenz unter Asylsuchenden, insbesondere in den ersten 12 Monaten ihres Aufenthaltes in der Schweiz, lässt vermuten, dass es eine beträchtliche Anzahl mobiler Delinquierender gibt, die den Asylbewerberstatus dazu benutzen, während der Dauer des Asylverfahrens eine Aufenthaltsmöglichkeit zu erhalten, um delinquenten Tätigkeiten nachzugehen. Nach Meinung der GPK-N sollte nach Wegen gesucht werden, den Asylbewerberstatus für mobile Delinquente weniger attraktiv zu machen, ohne dass motivierte und schutzsuchende Asylsuchende benachteiligt werden. Die GPK-N schlug deshalb in ihrem Bericht dem Bundesrat vor, die Einführung von
beschränkten Ein- bzw. Ausgrenzungen für Asylsuchende während der ersten 3 bis 6 Monate des Asylverfahrens zu prüfen. In seiner Stellungnahme erklärte sich der Bundesrat bereit, diese Empfehlung entgegen zu nehmen und eine entsprechende gesetzliche Regelung zu prüfen. Zur Empfehlung der GPK-N, die Schaffung von geeigneten Beschäftigungsprogrammen für Asylsuchende während der ersten drei bis sechs Monate des Asylverfahrens zu prüfen, hielt der Bundesrat fest, dass er diese Massnahme zurzeit nicht als angebracht erachte.

Die GPK-N nahm von der Stellungnahme des Bundesrates Kenntnis und beschloss, in ca. zwei Jahren in einer Nachkontrolle den Stand der Umsetzung der Empfehlungen zu überprüfen.

3.7.4

Kinderschutz im Rahmen der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht

Die GPK-N hat auf der Grundlage einer Evaluation der PVK am 24. August 2005 einen Bericht zur Anwendung der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht verabschiedet (s. Ziff. 3.7.3). Die Untersuchung der PVK zeigte, dass teilweise auch 3141

Minderjährige in Ausschaffungshaft genommen werden. Die GPK-N beschloss deshalb, Zusatzabklärungen hinsichtlich des Kinderschutzes im Rahmen der Zwangsmassnahmen durchzuführen. Insbesondere sollte überprüft werden, ob beim Vollzug der Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft der Kinderrechtskonvention114, z.B. in Bezug auf die Haftbedingungen, gebührend Rechnung getragen wird.

Die GPK-N führte mittels Fragebogen eine Umfrage bei allen Kantonen zu ihrer Anwendung der Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft bei Minderjährigen durch.

Die Ergebnisse der Umfrage wurden von der PVK ausgewertet und zusammengefasst. Am 7. November 2006 verabschiedete die GPK-N mit 14 zu 5 Stimmen einen Bericht mit ihren Schlussfolgerungen und Empfehlungen an den Bundesrat115.

Im September 2007 wird die Schweiz ihren 2. und 3. Staatenbericht zur Umsetzung der Kinderrechtskonvention beim UNO-Ausschuss für die Rechte des Kindes einreichen. Die GPK-N forderte den Bundesrat auf, die im Bericht dargelegten Umfrageergebnisse sowie die Schlussfolgerungen der GPK-N in seinen Staatenbericht an den UNO-Ausschuss mit einzubeziehen.

Die Erhebung zeigte, dass in den Jahren 2002 bis 2004 insgesamt 355 Minderjährige oder vermutlich Minderjährige (es fehlten nur die Zahlen aus dem Kanton VS) in Vorbereitungs- oder Ausschaffungshaft genommen wurden. Die Kinderrechtskonvention verlangt von den Mitgliedstaaten, dass Festnahme, Freiheitsentziehung oder Freiheitsstrafe bei einem Kind nur als letztes Mittel und für die «kürzeste angemessene Zeit» angewendet werden darf (Art. 37 Bst. b KRK). Weiter verlangt die Kindeswohlmaxime der Kinderrechtskonvention, dass bei allen Massnahmen das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt sein soll, der vorrangig zu berücksichtigen ist (Art. 3 Abs. 1 KRK).

Die Umfrageauswertung sowie ein Vergleich mit den Gesamtzahlen der in Ausschaffungshaft Genommenen gemäss der Evaluation der PVK von 2005 hat gezeigt, dass fast 60 Prozent der betroffenen Minderjährigen über 4 Tage inhaftiert wurden und der Anteil derer, die länger als 3 Monate inhaftiert waren, bei den Minderjährigen je nach Erhebung zwischen 14 und 18 Prozent lag, bei der Gesamtheit der Ausschaffungshäftlingen jedoch lediglich bei 8 Prozent. Von langen Haftdauern zwischen 6 und 9 Monaten waren bei den Minderjährigen 4 bis 5 Prozent betroffen, während es bei der
Gesamtheit der Ausschaffungshäftlingen 2 Prozent waren. Selbst wenn man einbezieht, dass einige Ausschaffungshäftlinge als Minderjährige erfasst wurden, obwohl sie volljährig waren, erscheint die Zahl der längeren Haftdauern hoch. Aufgrund der Vorgabe der Kinderrechtskonvention würde man eine gegenläufige Tendenz erwarten.

Dieses Ergebnis warf nach Meinung der GPK-N einige Fragen auf. Die Kommission ersuchte deshalb den Bundesrat, insbesondere die Gründe abzuklären, die zu längeren Haftdauern bei Minderjährigen als bei Volljährigen führen, und gegebenenfalls Massnahmen zur Sicherstellung der Einhaltung der Kinderrechtskonvention zu treffen.

114

Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20.11.1989 (Kinderrechtskonvention KRK, SR 0.107).

115 Bericht der GPK-N zum Kinderschutz im Rahmen der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht vom 7.11.2006 (BBl 2007 2521).

3142

Im Weiteren stellte die GPK-N wie bereits in ihrem Bericht vom 24. August 2005 über die Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht fest, dass die grossen Unterschiede in der Praxis der Kantone zu stossenden Ungleichbehandlungen führen können.

Während einzelne Kantone gesetzliche oder verwaltungsrechtliche Bestimmungen kennen, die Ausschaffungshaft bei Minderjährigen überhaupt verbieten (obwohl das Bundesrecht vorsieht, dass Minderjährige ab dem 15. Altersjahr in Vorbereitungsoder Ausschaffungshaft genommen werden können, Art. 13c Abs. 3 ANAG), handhaben die meisten Kantone die Haftanordnung bei Minderjährigen nach den gleichen Massstäben wie bei erwachsenen Personen. Das hat zur Folge, dass ein Minderjähriger im einen Kanton bis zu 9 Monaten in Haft genommen wird, während er bei gleichem Verhalten in einem anderen Kanton nicht in Ausschaffungshaft genommen werden kann. Die GPK-N ersuchte deshalb den Bundesrat, bei den Kantonen darauf hinzuwirken, dass sie ihre Vollzugspraxis im Bereich der Ausschaffungshaft bei Minderjährigen harmonisieren und stossende Ungleichbehandlungen im Vergleich zwischen den Kantonen vermieden werden.

Die Kinderrechtskonvention verlangt von den Vertragsstaaten, dass jedes Kind, dem die Freiheit entzogen ist, unter Berücksichtigung der Bedürfnisse von Personen seines Alters behandelt wird und insbesondere von Erwachsenen zu trennen ist, sofern nicht ein anderes Vorgehen als dem Wohl des Kindes dienlich erachtet wird (Art. 37 Bst. c KRK). Die meisten Kantone geben an, für Minderjährige keine besonderen, d.h. ihrem Alter angepassten Haftbedingungen gegenüber Volljährigen zu gewähren, abgesehen von den allgemeinen erleichterten Bedingungen, die für die Ausschaffungshaft als Administrativhaft im Gegensatz zur Untersuchungs- und Strafhaft bestehen. Ein Kanton verweist auf einen Bundesgerichtsentscheid, wonach Minderjährige keinen Anspruch auf ein spezifisches Haftregime haben. Im Weiteren sind in fast allen Kantonen Minderjährige in Ausschaffungshaft nicht getrennt von Erwachsenen untergebracht. Zur Frage, ob sich aus der Kinderrechtskonvention ein weitergehendes Trennungsgebot ergibt oder besondere Haftbedingungen abzuleiten sind, hat sich die Rechtsprechung bisher nicht geäussert. Die GPK-N kam deshalb zum Schluss, dass in Bezug auf die Trennung Minderjähriger von Erwachsenen in der
Ausschaffungshaft rechtlicher Klärungsbedarf besteht. Sie empfahl deshalb dem Bundesrat, die Frage zu klären, ob sich aus der Kinderrechtskonvention besondere Haftbedingungen und insbesondere ein Trennungsgebot für Minderjährige von Erwachsenen in der Ausschaffungshaft ableiten lassen, und zusammen mit den Kantonen nach praktischen Lösungen für eine allfällige Umsetzung solcher Haftbedingungen zu suchen.

Nach der Kinderrechtskonvention müssen ihre Vertragsstaaten sicherstellen, dass jedes Kind, dem die Freiheit entzogen ist, das Recht auf umgehenden Zugang zu einem rechtskundigen oder anderen geeigneten Beistand hat (Art. 37 Bst. d KRK).

Die GPK-N ist der Meinung, dass dem besonderen Schutzbedürfnis von unbegleiteten Minderjährigen in der Ausschaffungshaft im Sinne der Kindeswohlmaxime der Kinderrechtskonvention in geeigneter Weise Rechnung zu tragen ist. Die unterschiedlichen rechtlichen Grundlagen (Asyl, ANAG) sowie die uneinheitliche Praxis in den Kantonen bergen die Gefahr, dass nicht allen betroffenen Minderjährigen der nötige Beistand zukommt. Die GPK-N empfahl deshalb dem Bundesrat, bei den Kantonen darauf hinzuwirken, dass sie eine aktive Rolle bei der Sicherstellung der Rechtsvertretung und allfälliger vormundschaftlicher Massnahmen (Errichtung einer Vormundschaft oder einer Beistandschaft) übernehmen.

3143

Die GPK-N erwartet vom Bundesrat eine Stellungnahme zu ihrem Bericht und zu den darin festgehaltenen Empfehlungen bis Ende März 2007.

3.7.5

Probleme der internationalen Rechtshilfe an Russland

Die Schweiz leistete in den letzten Jahren in zahlreichen, zum Teil spektakulären Fällen Rechtshilfe an Russland. Umstritten war dabei zum Teil das Vorgehen der BA bzw. des Bundesamtes für Justiz (BJ). Beispiele dafür sind die Fälle Borodin, Beresowski/Aeroflot/Forus, Chodorkowski/Yukos sowie der jüngste Fall Adamow.

Die internationale Rechtshilfe an Russland wurde in der Presse und zum Teil in der Lehre als zu unkritisch und als zu bereitwillig kritisiert. Die schweizerische Rechtshilfe in Strafsachen an Russland steht in einem Spannungsverhältnis: Einerseits hat die russische Föderation als Vertragsstaat der Übereinkommen des Europarates über Auslieferung, Rechtshilfe und Geldwäscherei einen völkerrechtlichen Anspruch darauf, von der Schweiz Rechtshilfe zu erhalten. Andererseits gilt Russland immer noch als Staat, in dem die Justiz unter dem Einfluss der Politik steht und deshalb nicht genügend unabhängig ist ­ eine Sichtweise, die durch den Fall Yukos und die Verurteilung Chodorkowskis und Lebedews Ende Mai 2005 neue Nahrung erhalten hat.

GPK-S interessierte sich deshalb für die Frage, ob die Schweiz mit ihrer Rechtshilfe allenfalls rechtsstaatlich nicht einwandfreies Vorgehen von russischen Behörden unterstützt haben könnte116. Die zuständige Subkommission der GPK-S führte 2005 Anhörungen zur derzeitigen Praxis der Bundesbehörden bei der internationalen Rechtshilfe an Russland durch. Der Vorsteher des EJPD hatte damals angekündigt, sein Departement überprüfe zurzeit, ob und wieweit es in Bezug auf den Vollzug, die Zusammenarbeit unter den betroffenen Behörden und allenfalls auf Gesetzesstufe einen Handlungsbedarf gebe. Die Subkommission verlangte deshalb per Mitte 2006 vom EJPD einen weiteren Zwischenbericht über die bis dahin durchgeführten Abklärungen und allenfalls getroffenen oder geplanten Massnahmen im Bereich der internationalen Rechtshilfe.

Am 6. Juni 2006 stellte der Vorsteher EJPD der Subkommission den Zwischenbericht seines Departements vom 31. Mai 2006 zu. Darin orientierte das Departement über den Stand der wichtigsten hängigen Rechtshilfeverfahren mit Russland und betonte, schweizerische Anliegen würden bei den Rechtshilfegesuchen in der Gegenrichtung im Vordergrund stehen. Konkret seien mehrere wichtige schweizerische Strafuntersuchungen wegen Wirtschaftskriminalität,
Geldwäscherei, Korruption und organisierter Kriminalität hängig, die unbedingt auf Beweiserhebungen in Russland angewiesen seien. Die Ermittlungen hätten vor allem die Bekämpfung der Präsenz russischer organisierter Kriminalität in der Schweiz und den Schutz der Schweiz vor dem Zufluss von kriminellen Geldern aus den Staaten der GUS zum Ziel. Dem Versuch, der russischen Justiz generell schwere Mängel zu unterstellen, widersprach das EJPD und stellte sich auf den Standpunkt, es werde zu Recht von der Schweiz nur fallweise die konkrete Situation geprüft, wofür in letzter Instanz das Bundesgericht zuständig ist. Im Weiteren wies das EJPD darauf hin, dass das Anse116

S. Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 20.1.2006 (BBl 2006 4320 f.).

3144

hen und das Vertrauen in die Entscheide des Bundesgerichts unbestritten seien und seine Urteile eine differenzierte Betrachtung und Abwägung der verschiedenen Argumente zeigten. Das EJPD betonte weiter, dass eine gute Zusammenarbeit mit Russland auch für die Schweiz von grossem Interesse sei.

Als eine der getroffenen Massnahmen hat das BJ seit Herbst 2005 alle wichtigen russischen Rechtshilfeersuchen der Direktion für Völkerrecht im EDA zur Stellungnahme unterbreitet. Daraus hätten sich allerdings nur generelle Vorbehalte ergeben.

Nach Ansicht des EDA gab es keine konkreten Anzeichen, die auf politisch motivierte Verfahren hindeuteten. Der Bericht des EJPD wies im Übrigen auf den geplanten Besuch des Vorstehers EJPD in Moskau im Herbst hin, bei welchem auch Fragen der Rechtshilfe und der Auslieferung zur Sprache kommen sollten. Weitere Massnahmen ­ insbesondere gesetzgeberische ­ seien nicht geplant.

Aufgrund des Berichts des EJPD sowie aufgrund einer Aufsichtseingabe zum Fall Chodorkowski/Yukos wird die Subkommission dieses Geschäft 2007 weiterverfolgen.

3.7.6

Errichtung eines Controllingverfahrens am Bundesgericht

Im Hinblick auf die Zusammenlegung des Bundesgerichts mit dem Eidgenössischen Versicherungsgericht (EVG) und die Inkraftsetzung des neuen Bundesgerichtsgesetzes117 auf den 1. Januar 2007 hat die Bundesversammlung in der Richterstellenverordnung118 die Richterzahl auf 38 ordentliche und 19 nebenamtliche Richterinnen und Richter festgesetzt (Art. 1 Richterstellenverordnung). Die Verordnung ist bis zum 31. Dezember 2011 befristet. Auf diesen Zeitpunkt muss die Bundesversammlung die Anzahl der Richterinnen und Richter erneut festlegen. Artikel 2 der Richterstellenverordnung bestimmt, dass das Bundesgericht ein Controllingverfahren einrichtet, das dem Parlament als Grundlage für die Oberaufsicht und für die Festlegung der Zahl der Richterinnen und Richter dient (Abs. 1), und dass das Bundesgericht sich in seinem Geschäftsbericht jeweils zur Entwicklung der Geschäftslast und in allgemeiner Weise zu den Ergebnissen des Controllings äussert (Abs. 2). Die RK-S hatte in ihrem Antrag an die eidgenössischen Räte119 in Absatz 2 ursprünglich konkrete Vorgaben für ein Controllingverfahren festgelegt120. Danach sollte das Controlling die Anzahl Dossiers erfassen, welche von den einzelnen Richtern bearbeitet und mitbearbeitet werden, die Funktion bezeichnen, welche die Richter bei der Bearbeitung der Dossiers wahrnehmen, die Zeit angeben, welche die Richter für die Bearbeitung eines Dossiers aufwenden sowie die Aufgaben benennen, welche den Gerichtsschreibern bei der Bearbeitung der jeweiligen Dossiers zugewiesen werden.

In ihrer Stellungnahme zum Antrag der RK-S hatte das 41er-Plenum des Bundesge-

117

Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17.6.2005 (Bundesgerichtsgesetz, BGG; BBl 2005 4045).

118 Verordnung der Bundesversammlung über die Richterstellen am Bundesgericht vom 23.6.2006 (BBl 2006 2739).

119 Pa.Iv. Anzahl Richter am Bundesgericht. Verordnung der Bundesversammlung. Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates vom 21.2.2006 (BBl 2006 3475).

120 BBl 2006 3501

3145

richts und des EVG121 geltend gemacht, die detaillierte Regelung des Controllings gemäss dem Entwurf greife in den Kernbereich der Verwaltungsautonomie des Gerichts ein. Nach seiner Auffassung müsse es genügen, ein Controlling und eine Berichterstattung in allgemeiner Weise vorzuschreiben. Die nähere Ausgestaltung müsse der vertrauensvollen Zusammenarbeit von GPKs und Bundesgericht überlassen werden. In der Folge verzichteten die beiden Räte auf eine detaillierte Regelung des Controllings, wobei in der Beratung im Ständerat wiederholt darauf verwiesen wurde, das Controlling sei in Absprache mit den GPKs zu erarbeiten.

An ihren Sitzungen vom 26. Juni 2006 und vom 30. Juni 2006 beschlossen die GPKs, eine gemeinsame Arbeitsgruppe «Controlling Bundesgericht» einzusetzen, die zusammen mit dem Bundesgericht ein Controllingverfahren erarbeiten soll, welches dem Parlament als Grundlage für die Oberaufsicht und für die Festlegung der Zahl der Richter und Richterinnen dient. Die Arbeitsgruppe besteht aus drei Mitgliedern der GPK-N und zwei Mitgliedern der GPK-S.

3.7.7

Reglement des Bundesgerichts betreffend die Aufsicht über die erstinstanzlichen Gerichte

Mit dem Inkrafttreten des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) auf den 1. Januar 2007 wird dem Bundesgericht die administrative Aufsicht über die Geschäftsführung der erstinstanzlichen Gerichte (BStG und neues Bundesverwaltungsgericht) übertragen (Art. 3 SGG122 und Art. 3 VGG123). Die Oberaufsicht wird weiterhin durch die GPKs wahrgenommen werden. Da zwischen der Aufsicht und der Oberaufsicht Berührungspunkte bestehen, haben die GPKs vom Bundesgericht verlangt, in Bezug auf das entsprechende Aufsichtsreglement des Bundesgerichts (Art. 151 i.V.m.

Art. 162 Abs. 1 Bst. c ParlG) konsultiert zu werden.

In ihrer Stellungnahme vom 29. März 2006 zum Entwurf des Bundesgerichts für ein Reglement betreffend die Aufsicht über das BStG und das Bundesverwaltungsgericht haben die Subkommissionen Gerichte der beiden GPKs die vom Bundesgericht formulierten Grundsätze begrüsst, wonach das Bundesgericht die Eigenständigkeit der erstinstanzlichen Gerichte des Bundes respektiert, die Aufsicht auf die Überwachung der Funktionsfähigkeit der Gerichte beschränkt und eine klare Abgrenzung zwischen Oberaufsicht und justizinterner Aufsicht vornimmt. Die Subkommissionen Gerichte haben das Bundesgericht dazu ermuntert, mit den erstinstanzlichen Gerichten nicht bloss Aussprachen im Sinne einer Oberaufsicht, sondern auch Kontrollen, z.B. in Form eines regelmässigen Reportingsystems, durchzuführen und eine aktive Aufsicht auszuüben. Die Subkommissionen hielten fest, dass sie es auch als zweckmässig erachteten, dass das Bundesgericht seine Aufsichtstätigkeit in Form von Weisungen konkretisiert, solange es dabei die Verwaltungsautonomie (Art. 13 SGG, Art. 14 VGG) und die Unabhängigkeit in der Rechtsprechung (Art. 2 SGG, Art. 2 VGG) der erstinstanzlichen Gerichte wahrt.

121

Pa.Iv. Anzahl Richter am Bundesgericht. Verordnung der Bundesversammlung.

Stellungnahme des Bundesgerichts und des Eidgenössischen Versicherungsgerichts (41er-Plenum) vom 9.3.2006 (BBl 2006 3511).

122 Bundesgesetz vom 4.10.2002 über das BStG (SGG; SR 173.71).

123 Bundesgesetz vom 17.6.2005 über das Bundesverwaltungsgericht (VGG; SR 173.32).

3146

Zur Abgrenzung zwischen der Oberaufsicht durch die GPKs und der administrativen Aufsicht des Bundesgerichts über die Geschäftsführung der erstinstanzlichen Gerichte hielten die Subkommissionen Gerichte fest, dass sie regelmässig vom Bundesgericht Auskunft über seine Aufsichtstätigkeit verlangen werden und auch Einsicht in Untersuchungsberichte des Bundesgerichts fordern können. Im Weiteren wiesen sie darauf hin, dass direkte Abklärungen, das Einholen von Auskünften und Berichten sowie Inspektionen durch die GPKs im Rahmen ihrer Oberaufsicht durch die Aufsicht des Bundesgerichts nicht ausgeschlossen werden (Art. 153 i.V.m.

Art. 162 Abs. 1 Bst. c ParlG).

Hinsichtlich des Geschäftsberichts, der von den erstinstanzlichen Gerichten jährlich dem Bundesgericht zuhanden der Bundesversammlung unterbreitet wird (Art. 3 Abs. 3 SGG, Art. 3 Abs. 3 VGG), nahmen die Subkommissionen Gerichte zur Kenntnis, dass das Bundesgericht beabsichtigt, den erstinstanzlichen Gerichten jährlich Vorgaben zu den Inhalten zu machen; sie behielten sich jedoch vor, gegebenenfalls ihrerseits Vorgaben für die Berichterstattung zu formulieren. Im Weiteren wünschten die Subkommissionen Gerichte, dass die Art der Berichterstattung aller Gerichte miteinander abgestimmt sein sollte und alle Geschäftsberichte der Gerichte der Bundesversammlung in einem einzigen Band zugestellt werden.

3.8

Sicherheit

3.8.1

Interner Bericht des Inspektorats des VBS

Während des Jahres 2005 hatte die GPK-S geprüft, unter welchen Bedingungen der interne Bericht des VBS-Inspektorats über die Leistungen des Departements in der Sicherheitspolitik entstanden war124. Die Kommission kam nach Abschluss der Arbeiten zur Auffassung, dass die Aufgabe des Inspektorats und seine Stellung im Generalsekretariat des Departements geklärt werden müssten, und formulierte mehrere diesbezügliche Empfehlungen. Zudem verlangte sie eine Verbesserung der Kompetenzen und Abläufe in der Auftragserteilung und ­erfüllung und legte nahe, ein Prüfungsgremium mit der Analyse der Arbeitsmethoden des Inspektorats zu beauftragen (peer review).

Die GPK-S teilte ihre Schlussfolgerungen im Februar 2005 dem Departementsvorsteher mit, der sich mit jedem Punkt der Einschätzung einverstanden erklärte. Im Dezember 2005 unterbreitete der Vorsteher des VBS der GPK-S einen Zwischenbericht über die Folgen ihrer Empfehlungen und über die Umsetzung der Empfehlungen des VBS-Sekretariats hinsichtlich der Spar- und Optimierungsmassnahmen in der Sicherheitspolitik.

Die GPK-S war mit diesen Informationen sehr zufrieden. Das VBS hat verschiedene Beschlüsse zur Verbesserung der Leistungen in der Sicherheitspolitik gefasst, die darauf abzielen, Synergien auszuschöpfen und Doppelarbeit zu vermeiden. So wurde die Rolle der DSP neu auf die Beratung des VBS-Vorstehers in der politischen Führung der Sicherheitspolitik ausgerichtet. Die Konzentration der Aufgaben der DSP führte zu einer Reduzierung des Dienstes von 40 auf 27 Stellen (9,5 Entlassungen und 4,5 Stellentransfers). Der Vorsteher des VBS verzichtete 124

S. Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel der Eidgenössischen Räte vom 20.1.2006 (BBl 2006 4371 f.).

3147

ausserdem auf den Ausbau der Abteilung internationale Beziehungen und Planungsstab der Armee.

Die GPK-S stellte fest, dass mehrere Massnahmen in Bezug auf Aufgabe und Stellung des Inspektorats im Generalsekretariat des Departements getroffen wurden, um die Aufgaben- und Kompetenzverteilung in der Führung des Inspektorats zu klären.

So wurde ein Konzept über die Zuständigkeit und die Verfahren bei der Erstellung und Genehmigung von Berichten ausgearbeitet. Zudem wurden Massnahmen ergriffen, um das Controlling der Umsetzung der Empfehlungen im Inspektorat zu verbessern. Schliesslich erhielt ein externer Unternehmensberater den Auftrag, die Arbeitsmethoden des Inspektorats zu untersuchen.

Die GPK-S wartet den Schlussbericht des VBS und den Bericht des erwähnten externen Unternehmensberaters ab, bevor sie ihre Arbeit definitiv beenden wird.

3.8.2

Umsetzung der Armee XXI im Bereich der Ausbildung

Knapp drei Jahre nach dem Inkrafttreten der Armee XXI beschäftigte sich die GPK-N mit der Umsetzung der Reform der Armee im Bereich der Ausbildung. Dazu besuchte die GPK-N zwei Infanterie-Rekrutenschulen, um vor Ort Einblicke in die Umsetzung der Armee XXI zu gewinnen und eine allgemeine Bilanz des neuen Rekrutierungs-, Ausbildungs- und Rekrutenbetreuungssystems zu ziehen.

Die GPK-N betont in ihrem Bericht von Oktober 2006125, dass die Armee XXI in der Rekrutenausbildung beträchtliche Fortschritte herbeigeführt hat. Die Qualität der Ausbildung hat sich deutlich verbessert; es gibt mehr freiwillige Anwärter auf eine Kaderfunktion und das neue Rekrutierungssystem funktioniert allgemein zur Zufriedenheit sämtlicher Beteiligter.

Allerdings brachte die GPK-N auch die gravierenden Probleme der Berufsmilitärs und der im Ausbildungsbereich eingesetzten Zeitmilitärs zur Sprache. Die Kommission stellte fest, dass die Berufsmilitärs heute praktisch ununterbrochen eine sehr hohe Arbeitsbelastung tragen. Wochenarbeitszeiten von über 70 Stunden bilden keine Ausnahme. Die Arbeitslast wird durch das Problem der gravierenden Unterbesetzung erschwert und muss im Zusammenhang mit der Kürzung der Lohn- und Sozialleistungen und mit fehlenden Berufsperspektiven gesehen werden. Die Kombination dieser Punkte verursacht einen starken Motivationsverlust unter den Berufsmilitärs und eine wachsende Anzahl Kündigungen. Dabei verhindern bereits Schwierigkeiten bei der Rekrutierung der Berufskader die ­ dringend notwendige ­ Aufstockung der Bestände.

Im Lauf der Arbeiten stellte die GPK-N fest, dass die Situation sich nicht verbessert, sondern sogar verschlimmert hat. Nach Ansicht der GPK-N entwickelt sich die heutige Situation zu einem Teufelskreis, der dringend durchbrochen werden muss.

Anderenfalls stelle sich die Frage, ob das aktuelle System langfristig bestehen kann.

Die Kommission forderte deshalb den Bundesrat auf, rasch Massnahmen zur Verbesserung der Lage der Berufsmilitärs zu ergreifen. Zudem ist die GPK-N der Meinung, dass jegliche künftige Entwicklung der Armee eingehend auf deren Auswir125

S. Bericht der GPK-N über die Umsetzung der Armee XXI im Bereich der Ausbildung vom 10.10.2006 (BBl 2007 3015).

3148

kungen im Personalbereich hin untersucht werden muss. Die GPK-N forderte deshalb die GPK-S auf, die Konsequenzen des Entwicklungsschrittes 2008/11 für das Militärpersonal im Detail zu prüfen.126 Schliesslich war die GPK-N beeindruckt von der grossen Unzufriedenheit der Zeitmilitärs, deren Bestand heute ungefähr gleich gross ist wie jener der Berufsmilitärs.

Zusätzlich zu den schwierigen Arbeitsbedingungen sind die Zeitmilitärs mit Problemen bei der Wiedereingliederung in den Zivilbereich konfrontiert. Nach Auffassung der GPK-N sind die Schwierigkeiten bezeichnend für allgemeine Unzulänglichkeiten beim Einsatz von Zeitmilitärs. Falls die Armee weiterhin eine hohe Zahl von Zeitmilitärs einsetzen will, erwartet die GPK-N vom Bundesrat, dass er für diese eine kohärente Strategie und eine Personalpolitik entwickelt und die Attraktivität der Dienstform verbessert.

Generell äusserte die Kommission in Anbetracht der vor Ort gemachten Feststellungen ernsthafte Skepsis an der Nachhaltigkeit des heutigen Systems. Laut der GPK-N soll der Bundesrat anerkennen, dass die Aufgaben, die Grösse und die Mittel der Armee in einem Missverhältnis stehen. Deshalb ersuchte die Kommission den Bundesrat, die Armee XXI materiell kritisch zu prüfen und die Schlussfolgerungen in einem Bericht an das Parlament niederzulegen.

3.8.3

Verteidigungsattachés

Die GPK-N brachte wie bereits im Jahresbericht 2005 angekündigt127 den Bericht über die Verteidigungsattachés zum Abschluss.

Die Schweiz zählt derzeit weltweit 17 Verteidigungsattachés, welche in die schweizerischen diplomatischen Vertretungen in Ankara, Belgrad, Berlin, Islamabad, Kiew, Kairo, London, Madrid, Moskau, New Delhi, Paris, Peking, Rom, Stockholm, Tokio, Wien und Washington verteilt sind. Das Netz der Verteidigungsattachés schafft jährliche Kosten von rund 10 Millionen Franken (2005). Die schweizerischen Verteidigungsattachés vertreten die sicherheitspolitischen und militärischen Interessen der Schweiz nach aussen.

Die Kommission veröffentlichte im Mai 2006128 einen Bericht, in dem die verschiedenen Funktionen der Verteidigungsattachés im Ausland erläutert wurden. Die Hauptaufgaben sind: Wahrung der sicherheitspolitischen und militärischen Interessen der Schweiz, Beratung des Missionschefs in sicherheitspolitischen und militärischen Angelegenheiten; Beschaffung von Nachrichten über die militärische Führung und die Sicherheitspolitik; Koordination der bilateralen Kontakte zwischen Verteidigungsministerien und Streitkräften. Während das Pflichtenheft der Attachés relativ klar ist, fiel es der Kommission gemäss dem Bericht deutlich schwerer, den konkreten Mehrwert der Tätigkeit der Attachés gegenüber anderen Informationsquellen zu eruieren. In den Augen der Kommission konnte die Notwendigkeit des Systems der Verteidigungsattachés in den Anhörungen nicht überzeugend aufgezeigt werden.

126

S. Botschaft des Bundesrats über Änderungen der Armeeorganisation und des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushaltes (Rechtliche Massnahmen zur Umsetzung des Entwicklungsschrittes 2008/11 der Armee) (BBl 2006 6197).

127 S. Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel der Eidgenössischen Räte vom 20.1.2006 (BBl 2006 4352 f.).

128 S. Bericht der GPK-N über die Verteidigungsattachés vom 23.5.2006 (BBl 2006 8683).

3149

Ebensowenig konnten die Dienste des VBS darlegen, inwiefern die Verteidigungsattachés für die Führung der Armee oder des Landes notwendig sind.

Die Kommission wies auch auf verschiedene Missstände in der Organisation und Führung hin. Die Kompetenzen scheinen heute stark verzettelt; sie verteilen sich auf verschiedene Dienste, d.h. auf den Chef internationale Beziehungen des Chefs der Armee, den Missionschefs und den Strategischen Nachrichtendienst (SND). Das System ist schwerfällig und unklar, was zur Folge hat, dass die Verteidigungsattachés kaum in die Entscheidungsprozesse einbezogen werden und dass wichtige Informationen nicht immer zu den richtigen Adressaten gelangen. Die Kommission konnte feststellen, dass die Verteidigungsattachés in den meisten Fällen ­ vor allem in entlegenen Hauptstädten ­ selbstverwalterisch agieren müssen. Mangels geeigneter Ansprechstellen in der Zentrale, die für das ganze System zuständig sind, fühlen sich die Verteidigungsattachés bisweilen auf sich selbst gestellt, was ebenfalls Schwierigkeiten bereiten kann.

Mit seinen weltweit 17 Posten ist das Netz der Schweiz mit den Netzen gleich grosser Länder vergleichbar. Es übertrifft jene von Finnland und Norwegen, ist aber kleiner als jene Belgiens, der Niederlande, Österreichs, Portugals, Schwedens und Spaniens. Zieht man die Anzahl Länder in Betracht, bei denen die Schweiz einen ­ residierenden oder nicht residierenden ­ Verteidigungsattaché akkreditiert hat, liegt die Schweiz weit vor den Niederlanden, Österreich, Portugal, Norwegen, Schweden und Finnland. Bemerkenswert ist, dass ein Land wie Irland über keine Verteidigungsattachés verfügt.

Die Kommission ist der Meinung, dass das heutige Netz mit seinen zahlreichen Akkreditierungen nicht im Verhältnis zum Gewicht unseres Landes in der Sicherheitspolitik steht. Zudem fehlen weitgehend die Mittel für die Gewährleistung einer wirkungsvollen und nachhaltigen Präsenz.

Nach Auffassung der Kommission müsste das heutige Netz auf das Wesentliche beschränkt werden. Dabei könnten gewisse Länder direkt von der Schweiz aus mit Reiseattachés abgedeckt werden. Wichtig ist in ihren Augen auch, dass die Synergien zwischen den Aufgaben der Verteidigungsattachés und den Tätigkeiten von Bundesbediensteten, die im Ausland in anderen Sicherheitsbereichen tätig sind (Polizeiattachés,
Attachés für Migrationsfragen usw.), besser genutzt werden.

Abschliessend forderte die GPK-N, das System der Verteidigungsattachés unbedingt zu überdenken, weil es den sicherheitspolitischen Herausforderungen, welche die Schweiz heute bewältigen muss, nicht mehr gerecht werde. Deshalb ersuchte die Kommission den Bundesrat, das aktuelle System der Verteidigungsattachés hinsichtlich der Aufgaben, Organisation, Effizienz, Zweckmässigkeit und des internationalen sicherheitspolitischen Nutzens für die Schweiz zu überprüfen und darüber Bericht zu erstatten.

Der Bundesrat sprach sich in seiner Stellungnahme vom 25. September 2006129 für die Beibehaltung der Verteidigungsattachés aus und hielt fest, dass das heutige Netz die Interessenswahrung der Schweiz im sicherheitspolitischen und militärischen Bereich gewährleiste. So argumentierte er, die Schweiz sei wegen der Nichtmitgliedschaft in der Nordatlantikvertrag-Organisation (NATO) und in der Europäischen Union (EU) mehr als andere Staaten auf ein krisenresistentes bilaterales Beziehungsnetz angewiesen und brauche deshalb einen professionellen und effizien129

S. Stellungnahme des Bundesrats vom 29.9.2006 (BBl 2006 8709).

3150

ten Verteidigungsattachédienst. Allerdings räumte der Bundesrat einen Verbesserungsbedarf im Bereich Organisation und Personalführung ein.

Die GPK-N nahm die Stellungnahme des Bundesrats am 10. Oktober 2006 zur Kenntnis und stellte nach eingehender Prüfung eine Diskrepanz zwischen den Stellungnahmen des Bundesrats und den eigenen Feststellungen fest. Der Bundesrat hatte die Argumente der Kommission nicht materiell geprüft und war nicht auf ihre Wünsche eingegangen. Da der Bundesrat trotzdem einige Massnahmen zur Verbesserung des Systems in Aussicht stellte, beschloss die GPK-N, die geleisteten Fortschritte im ersten Quartal 2007 zu kontrollieren. Die GPK-N schliesst es nicht aus, je nach Ergebnissen die Abschaffung der Verteidigungsattachés zu fordern.

3.8.4

Rüstungsbeschaffung im VBS

Die Rüstungsprogramme des VBS lösen immer häufiger Kontroversen aus. Ausgehend von dieser Feststellung beschloss die GPK-N Ende Mai 2006, die PVK mit einer Untersuchung der Planungs- und Beschaffungsprozesse für Rüstungsmaterial zu beauftragen130.

Die Planung und Beschaffung von Rüstung gliedern sich im Wesentlichen in zwei Etappen: ­

Die Planung der Rüstung dient zur Ermittlung des einschlägigen Bedarfs;

­

die Beschaffung der Rüstung besteht in der Auswahl des für den fraglichen Bedarf am besten geeigneten Rüstungsmaterials.

Der Planungsstab der Armee, der dem Verteidigungsressort des Departements als Stabsstelle des Armeechefs angegliedert ist, bildet den wichtigsten Akteur im Prozess der Planung des Rüstungsbedarfs. Nach der Erstellung der Planung wird ein Beschaffungsauftrag an Armasuisse (vorher: Gruppe Rüstung) erteilt.

Die GPK-N hatte für die Untersuchung die Wahl zwischen mehreren Varianten; sie beschloss, sich mit der Rüstungsbeschaffung zu befassen, d.h. mit der Phase ab der Lancierung des Projekts durch den Planungsstab der Armee bis zur Auftragserteilung an die Rüstungslieferanten. Die Evaluation der PVK soll sich besonders mit den Normen für die Rüstungsbeschaffung (Klarheit, Kohärenz, Normendichte und -niveau), mit den Strukturen und Verfahren des Beschaffungsprozesses (Relevanz der Leitlinien, Zusammenarbeit unter den Beteiligten, Evaluationskriterien der Beschaffungsprojekte, Einhaltung des Beschaffungsrechts, Lösung von Zielkonflikten usw.) sowie mit den Zwischenergebnissen des Beschaffungsprozesses auseinandersetzen.

Die PVK wird die Umsetzung bestimmter Beschaffungsaufträge im Detail rekonstruieren. Die Untersuchung betrifft neben Grossprojekten auch Beschaffungen, die weniger im Kreuzfeuer der Kritik stehen (z.B. Packung, Munition).

Die zuständige Subkommission der GPK-N wird regelmässig über die Arbeitsfortschritte informiert. Es ist geplant, dass die PVK der GPK-N nach der Sommerpause 2007 ihren Bericht unterbreitet.

130

S. auch Ziff. 2.2.3 des Berichts der PVK, veröffentlicht in Anhang 1 des vorliegenden Berichts.

3151

3.9

Staatsschutz und Nachrichtendienste

3.9.1

Auftrag und Organisation der GPDel

Die GPDel hat den Auftrag, die Tätigkeit im Bereich der Nachrichtendienste und des Staatsschutzes zu überwachen (Art. 53 Abs. 2 ParlG). Diese Tätigkeiten sind bei verschiedenen Dienststellen des VBS und des EJPD sowie teilweise im EDA, im EVD und bei den Kantonen angesiedelt.

Die GPDel erfüllt ihre Kontrollaufgaben, indem sie: -

Inspektionen, d.h. eingehende Prüfungen, mit Unterstützung ihres Sekretariats oder von Experten selber durchführt;

-

von den Dienststellen des Bundes Berichte und Unterlagen anfordert;

-

Anhörungen von Bediensteten des Bundes, von Auskunftspersonen oder von Zeugen durchführt;

-

bei den betroffenen Dienststellen des Bundes Besuche mit oder ohne Vorankündigung durchführt;

-

die Eingaben Dritter behandelt;

-

die Umsetzung ihrer an den Bundesrat gerichteten Empfehlungen gewährleistet.

Die GPDel untersucht die geheimen Tätigkeiten des Bundes laufend und gründlich, um Bereiche, die eine politische Intervention erfordern, rechtzeitig zu erkennen.

Dabei bemüht sich die GPDel, Probleme frühzeitig aufzudecken. In der Praxis untersucht die GPDel sowohl die Politik und die Geschäftsführung der Dienste als auch operationelle Fragen. Die Führung des Dienstes fällt jedoch ganz unter die Zuständigkeit des Bundesrats.

Die GPDel leistet eine schwierige Aufgabe. Ziel ist es, dem Parlament und der Öffentlichkeit die Zusicherung zu geben, dass die Dienste, die in geheimen Bereichen tätig sind, sich an das Gesetz halten. Ausserdem überprüft die GPDel, ob die Tätigkeiten dieser Dienste die Grundsätze der Zweckmässigkeit und der Wirksamkeit erfüllen (Art. 52 Abs. 2 ParlG).

Die GPDel verfügt zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben über besonders weitreichende Informationsrechte (Art. 169 Abs. 2 BV; Art. 154 ParlG). Die Delegation hat das uneingeschränkte Recht, sämtliche für die Aufgabenerfüllung zweckdienlichen Informationen zu verlangen. Das gilt auch für Unterlagen, die der unmittelbaren Entscheidungsfindung des Bundesrats gedient haben, sowie Unterlagen, die im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrichtendienste geheim gehalten werden müssen (Art. 154 Abs. 2 Bst. a ParlG). Die GPDel kann zudem alle Amtsstellen, Behörden oder Personen, die Träger von Bundesaufgaben sind, anhören. Ausserdem kann sie Personen als Zeuginnen oder Zeugen einvernehmen (Art. 154 Abs. 2 Bst. b ParlG). Weder das Amts- noch das Militärgeheimnis können ihr entgegengehalten werden.

Die GPKs können der GPDel auch spezifische Aufträge ausserhalb der Bereiche gemäss Artikel 53 Absatz 2 ParlG erteilen. Im Jahr 2006 haben die GPKs von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht.

3152

Die GPDel wird von den GPKs ernannt. Sie setzt sich aus je drei Mitgliedern der beiden Kommissionen zusammen. Die GPDel konstituiert sich selbst (Art. 53 Abs. 1 ParlG) und wählt ihren Präsidenten für zwei Jahre.

Im Berichtsjahr bestand die GPDel aus den folgenden Mitgliedern: -

Hans Hofmann, Ständerat, Präsident

-

Hugo Fasel, Nationalrat, Vizepräsident

-

Jean-Paul Glasson, Nationalrat

-

Claude Janiak, Nationalrat

-

Helen Leumann-Würsch, Ständerätin

-

Franz Wicki, Ständerat.

3.9.2

Einführung in die Tätigkeiten der Delegation

Wegen des breiten Zuständigkeitsbereichs und wegen ihres Milizcharakters kann die Delegation nicht alle ihrer Aufsicht unterstellten Bereiche systematisch kontrollieren. Deshalb muss sie eine Auswahl treffen. Neben den Geschäften, die die GPDel kraft Gesetzes prüfen muss131, erstellt sie jedes Jahr ein Arbeitsprogramm mit den verschiedenen Prüfungsschwerpunkten für die einzelnen Dienste.

Während des Jahres 2006 hat die GPDel sich weitgehend mit der Prüfung der Funktionsweise der sicherheitspolitischen Führung des Bundesrats und mit der Zusammenarbeit unter den Nachrichtendiensten des Bundes beschäftigt (s. Ziff. 3.9.4).

Die GPDel bemüht sich, trotz ihrer beschränkten Mittel möglichst viele Fragen zu prüfen, und achtet auf eine mittelfristig ausgewogene Verteilung der Prüftätigkeiten auf sämtliche ihrer Aufsicht unterstellten Bereiche. Die GPDel führt ausserdem regelmässig unangemeldete Besuche durch, besonders um in den Diensten ein Zeichen für die Präsenz der parlamentarischen Kontrolle zu setzen. Schliesslich widmet die GPDel einen beträchtlichen Teil den Nachkontrollen zu früheren Inspektionen oder Interventionen.

Die Delegation hat ihre interne Organisation geändert: Neu ist das System der ständigen Referenten, die für die Vorbereitung bestimmter Sachgeschäfte verantwortlich zeichnen. Ausserdem wurde das Sekretariat ab Juli 2006 um einen zusätzlichen Mitarbeiter aufgestockt.

Während des Berichtszeitraum befasste sich die GPDel in 19 Sitzungen mit zahlreichen Dossiers; jede Sitzung dauerte im Durchschnitt einen bis zwei Tage.

Die im vorliegenden Bericht präsentierten Fälle vermitteln einen Überblick über die Geschäfte, die die Delegation im Jahr 2006 behandelt hat. In einigen Fällen können aus Geheimhaltungsgründen keine näheren Angaben zu bestimmten Fragen gemacht werden.

131

S. z.B. Art. 11 Abs. 3 BWIS und Art. 8 der Verordnung vom 17.11.2004 über die Sammlungen des Bundesrechts und des Bundesblatts (Publikationsverordnung, PublV; SR 170.512.1).

3153

Die GPDel hat die Pflicht, im Rahmen ihrer Prüfungen und ihres Auftrags kritisch vorzugehen. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie die Arbeit der Dienste und deren Bediensteten grundsätzlich in Frage stellt, ganz im Gegenteil: Die unter schwierigen und oft riskanten Bedingungen geleistete Arbeit verdient grossen Tribut. Die Delegation betont an dieser Stelle, dass sie während des Berichtsjahres auf die vorbildliche Zusammenarbeit der Bundesverwaltung zählen konnte, die häufig unter grossem Zeitdruck auf alle ihre Fragen und Anforderungen eingegangen sind.

3.9.3

Zusammenarbeit zwischen der GPDel und der FinDel bei der Aufsicht über geheime Projekte

Die FinDel und die GPDel nehmen beide die Oberaufsicht über die Geheimbereiche des Bundes wahr. Den Delegationen der Aufsichtskommissionen können gemäss Artikel 169 Absatz 2 der BV keine Geheimhaltungspflichten entgegengehalten werden. Der FinDel obliegt die Aufsicht des gesamten Finanzhaushalts, inklusive die Finanzen des Staatschutzes und der Nachrichtendienste. Die GPDel überwacht alle Bereiche, auch die finanziellen, des Staatschutzes und der Nachrichtendienste.

Demzufolge haben FinDel und GPDel bei geheimen Projekten vollständigen Zugang zu allen Aspekten derer Finanzierung. Allein die GPDel kann aber im Detail nachprüfen, ob der Einsatz der Finanzmittel für die nachrichtendienstliche Auftragserfüllung rechtmässig, zweckmässig und wirksam erfolgt oder bei neuen Projekten die Voraussetzung für die Erfüllung dieser Kriterien gegeben sind. Die GPDel will deshalb die FinDel bei der Überprüfung der Finanzierung geheimer Projekte unterstützen.

Die Notwendigkeit einer systematischen Zusammenarbeit wurde insbesondere im Verlauf des Projekts «Onyx» sichtbar und dürfte bei weiteren Projekten der elektronischen Kriegführung und Aufklärung angezeigt sein. Die GPDel und die FinDel kamen deshalb an einer gemeinsamen Sitzung im September 2006 überein, die Vereinbarung zwischen beiden Delegationen aus dem Jahre 1993 anzupassen. Konkret wollen die beiden Delegationen im Überschneidungsbereich ihrer Zuständigkeiten zusammenarbeiten. Dies gilt insbesondere bei geheimen Projekten von hohem staatspolitischem Risiko, die einen hohen finanziellen Mitteleinsatz nach sich ziehen oder bei denen problematisches Finanzgebaren festzustellen ist. Staatspolitische Risiken entstehen vor allem dort, wo die Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit sowie die Leistungsfähigkeit und Angemessenheit des Regierungs- und Verwaltungshandelns in Frage gestellt sind.

Aufgrund der im Dezember 2006 unterzeichneten Vereinbarung koordinieren sich GPDel und FinDel bei der Behandlung der Finanzen geheimer Projekte. Bei der Einholung von zusätzlichen Informationen bei Bundesrat und Verwaltung werden sich die beiden Delegationen absprechen. Die parlamentarische Aufsicht will damit vermeiden, Doppelspurigkeiten und unnötige Arbeit in der Verwaltung zu verursachen. Benötigt die FinDel zusätzliche Erkenntnisse über die Zweckmässigkeit
und Wirksamkeit eines Projekts, kann sie bei der GPDel eine Beurteilung beantragen.

Die FinDel berücksichtigt diese Beurteilung, entscheidet jedoch aufgrund ihrer eigenen Erkenntnisse und Kriterien, ob eine Information oder Anträge an die Finanzkommissionen und deren zuständige Subkommissionen angezeigt sind.

3154

Die verstärktere Kooperation wird eine gezieltere und effizientere Oberaufsicht über die geheimen Projekte ermöglichen. Dies entbindet jedoch nicht den Bundesrat von seiner Aufsichtsaufgabe, die umfassend, abschliessend und lückenlos zu sein hat.

3.9.4

Sicherheitspolitische Führung des Bundesrats und Aufbau der Auswerteplattformen zwischen den Nachrichtendiensten

In den letzten Jahren verfolgte die GPDel intensiv die Führung der nachrichtendienstlichen Tätigkeit durch den Bundesrat und die Rolle, die der Sicherheitsausschuss des Bundesrats (SiA) und die beteiligten Departemente dabei spielten.

Bedeutsam ist dabei nicht nur die Frage der Zuständigkeiten, sondern auch mit welchen Instrumenten der Bundesrat die kontinuierliche und nachvollziehbare politische Führung der Nachrichtendienste sicherstellt (Genehmigung Beobachtungsliste und Partnerkontakte, Fünfjahresstrategie für Beschaffung und Auswertung). Ein weiterer Schwerpunkt der Untersuchungen der GPDel galt der eigentlichen Zusammenarbeit der Nachrichtendienste und den vom Bundesrat dazu beschlossenen organisatorischen Massnahmen (Plattformen).

Die GPDel fordert schon seit längerer Zeit vom Bundesrat eine stärkere nachrichtendienstliche Führung. Diesbezüglich stellte sich in den letzten Jahren immer wieder die Frage nach der Rolle des SiA. Im Zusammenhang mit der Untersuchung der GPDel zum Fall Achraf wies der Bundesrat die GPDel darauf hin, dass der SiA keine Entscheidkompetenzen besitze, sondern nur ein vorberatendes Organ des Bundesrats sei. In der Folge gelangte die GPDel im Dezember 2005 an den Bundesrat und forderte ihn auf, die Aufgabenteilung und die Verantwortlichkeiten zwischen ihm, seinem SiA und den betroffenen Departementen darzulegen. Im Weiteren sollte der Bundesrat sich dazu zu äussern, welche Rolle er für den SiA im Informationsaustausch mit der GPDel zu besonders heiklen Dossiers sehe.

Auch nachdem die GPDel dem Bundesrat Zeit bis Mitte 2006 einräumte, erhielt sie keine abschliessende Antwort des Bundesrats. Dieser hatte am 5. Juli 2006 beschlossen, dass die zukünftige Rolle des SiA nicht geklärt werden könne, bevor die Wirksamkeit der letztjährigen Beschlüsse über die Zusammenarbeit der Nachrichtendienste geprüft worden sei. Die Übertragung allfälliger Führungskompetenzen auf den SiA oder seinen Vorsitzenden sei bis im Frühjahr 2007 zu prüfen. Die GPDel wurde im August 2006 vom Vorsitzenden SiA über diese Entscheide des Bundesrats informiert. Gleichzeitig machte sie sich auch anhand der Unterlagen des Bundesrats ein eigenes Bild über den bisherigen Verlauf der Reformen des Bundesrats zur Stärkung der nachrichtendienstlichen Führung. Im November hörte die GPDel dazu auch die Vorsteher
des VBS und des EJPD an.

Die GPDel vermag immer weniger zu sehen, wie der SiA in seiner heutigen Form zur Unterstützung der bundesrätlichen Führung der Nachrichtendienste beiträgt. Die im SiA vertretenen Departemente ziehen es vor, die nachrichtendienstlichen Reformgeschäfte ohne den SiA vorzubereiten und der Bundesrat betraute nicht den SiA selbst, sondern EJPD und VBS mit der Frage der zukünftigen Kompetenzen des SiA gegenüber den Nachrichtendiensten. Gleichzeitig stellte die GPDel fest, dass ein Gutachten des BJ schwerwiegende, staatsrechtliche Bedenken dagegen geltend macht, Kompetenzen des Bundesrats auf seine Ausschüsse zu übertragen. Damit würde die klare verfassungsrechtliche Unterscheidung zwischen dem Bundesrat, der 3155

als Regierung kollegial entscheidet und den Departementen, die dem Bundesrat als oberste Verwaltungseinheiten hierarchisch untergeordnet und diesem für ihre Entscheidungen verantwortlich sind, verwischt.

Das Interesse der GPDel geht über die Frage der Zuständigkeit für die politische Führung der Nachrichtendienste hinaus. Wichtig sind auch die Instrumente, mit denen der Bundesrat die nachrichtendienstliche Tätigkeit in einem nachhaltigen und umfassenden Sinn führt und kontrolliert. Mit der Genehmigung der Beobachtungsliste spielt der Bundesrat eine Führungsrolle, allerdings nur für den Dienst für Analyse und Prävention (DAP) (Art. 11 Abs. 2 BWIS). Gemäss Artikel 26 Absatz 2 BWIS genehmigt auch der Bundesrat zwischenstaatliche Verwaltungsvereinbarungen der Sicherheitsorgane, mithin die Aufnahme neuer Beziehungen des DAP zu ausländischen Diensten. Gemäss Artikel 7 VND132 bedarf die Aufnahme regelmässiger Kontakte zu ausländischen Nachrichtendiensten durch den SND der Zustimmung des Bundesrats. Der Bundesrat genehmigt einzelne neue Kontakte und nimmt zudem jährlich Kenntnis von einer Liste aller Kontakte von SND bzw. DAP. Einmal pro Legislatur nimmt er eine umfassende politische Beurteilung der Auslandskontakte der Nachrichtendienste vor, letztmals Mitte 2005.

Verschiedene nachrichtendienstliche Führungs- und Kontrollinstrumente wurden in den letzten Jahren auf dem Verordnungsweg dem SiA zugewiesen: Er erteilt den Grundauftrag des SND (Art. 2 Abs. 3 VND) und erhält als Wahlbehörde der Unabhängigen Kontrollinstanz für die Funkaufklärung (UKI) auch deren Rechenschaftsbericht (Art. 18 Abs. 3 und Art. 15 Abs. 4 VEKF133). Im Jahr 2004 liess der SiA auch erstmals für DAP und SND eine gemeinsame Liste mit den Informationsbedürfnissen erstellen, die ausschliesslich mit nachrichtendienstlichen Mittel zu erfüllen sind (Swisslist). Bleibt der Bundesrat bei der Annahme, dass der SiA keine Entscheidkompetenzen besitzt, stellt sich jedoch die Frage, ob die Kompetenzen, die der SiA aus den beiden Verordnungen erhält, auf den Bundesrat zu übertragen sind.

In einer Empfehlung ihres Berichts zum Satellitenaufklärungssystem «Onyx» verlangte die GPDel vom Bundesrat eine gemeinsame Fünfjahresstrategie für Beschaffung und Auswertung von DAP und SND. Die GPDel sah darin eine Chance, die verschiedenen Beschaffungs- und
Auswertekapazitäten innerhalb der Dienste, aber auch untereinander, mittelfristig abzugleichen, um insbesondere in den übergreifenden Bedrohungsbereichen wie Terrorismus und Proliferation die Arbeit der Dienste zu optimieren. Der Bundesrat genehmigte jedoch zwei Einzelstrategien von VBS und EJPD, die der GPDel Anfang Dezember 2006 vorgestellt wurden. Die ursprüngliche Forderung der GPDel nach einer Gesamtstrategie, die neben der Beschaffung auch die Auswertung berücksichtigt, wurde damit nicht erfüllt, obschon die Strategie des EJPD Aussagen sowohl zur Beschaffung wie auch zur Auswertung behandelte.

Die GPDel gewann den Eindruck, dass den beiden Nachrichtendiensten die notwendigen Koordinationsverfahren fehlen, um aus ihren individuellen Strategien einen gemeinsamen Ansatz entwickeln zu können.

Der Bundesrat hatte mit seinem Beschluss vom 22. Juni 2005 auf die Koordination der Zusammenarbeit der Nachrichtendienste durch einen Nachrichtenkoordinator verzichtet. Dafür sollten der DAP und der SND ihre Zusammenarbeit verbessern. Ab 132

Verordnung vom 26.9.2003 über die Nachrichtendienste im Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (Nachrichtendienstverordnung VBS, VND; SR 510.291).

133 Verordnung vom 15.10.2003 über die elektronische Kriegführung (VEKF; SR 510.292).

3156

sofort waren ihre Kontakte zu ausländischen Diensten und die Anwerbung von Informationsquellen im Inland miteinander abzusprechen. Bis Anfang 2006 sollten die Dienste gemeinsam für die Themen Terrorismus, Proliferation und Organisierte Kriminalität so genannte Plattformen einrichten. Gemäss Konzept des Bundesrats galt die Schaffung einer gemeinsame Informations- und Auswertungsbasis für alle verfügbaren nachrichtendienstlichen Informationen und Erkenntnisse als Voraussetzung für das Funktionieren dieser Plattformen.

Der Bundesrat beauftragte den SiA, bis Ende 2006 über die Wirkung dieser Massnahmen für die Gesamtleistung der Nachrichtendienste Bericht zu erstatten. Wegen der Bedeutung des Geschäfts beschloss die GPDel, nicht den Bericht des Bundesrats abzuwarten, sondern im Sinne einer begleitenden Oberaufsicht selbständig Informationen und Unterlagen einzuholen. Als Ergänzung zu einem Standbericht, den der SiA der GPDel Mitte Jahr zustellte, verschaffte sich die GPDel ein unabhängiges Bild, indem sie die beim DAP und SND angesiedelten Plattformen besuchte. Alle drei Besuche erfolgten unangekündigt und erlaubten auch einen Meinungsaustausch mit den direkt beteiligten Mitarbeitern.

Die GPDel stellte fest, dass die Plattformen plangemäss in Betrieb genommen wurden. Ihre Konzeption war mit einem nicht unerheblichen administrativen Aufwand (Regelung der Zuständigkeiten und Schnittstellen) verbunden. Für die Plattformen wurden permanente Räume eingerichtet und Informatikverbindungen zwischen den Diensten geschaffen. Ihre Mitglieder treffen sich allerdings nur periodisch, in der Regel wöchentlich.

Die Mitarbeiter einer Plattform haben keinen Zugang auf die Datenbanken des anderen Dienstes und Berichte aus dem nachrichtendienstlichen Aufkommen werden in der Regel zwischen Vertretern der beiden Dienste nicht direkt verfügbar gemacht. Solche Informationen können jedoch zwischen den Plattformmitgliedern im persönlichen Gespräch ausgetauscht werden.

Die Mehrheit der Analysen, die in den Plattformen erstellt werden, betreffen Produkte, die von anderen Bundesstellen als gemeinsame Beurteilungen von DAP und SND bestellt werden, so vom SiA oder den Exportkontrollbehörden. Über die Plattformen läuft auch die gemeinsame Beantwortung von Partnerdienstanfragen, die an den DAP oder den SND ergingen. Damit soll
sichergestellt werden, dass die Partnerdienste nicht nur die Informationen erhalten, die beim angefragten Schweizer Dienst vorhanden sind.

In zwei Fälle wurden auf Initiative beider Dienste im Rahmen der Plattformen Analyseberichte für einen breiten Kreis von Bundesstellen erstellt. In erster Linie korrigierten und ergänzten dabei die Vertreter des einen Dienstes den Berichtsentwurf des anderen Dienstes. Die Verabschiedung des Produkts einer Plattform benötigt die Zustimmung der zuständigen Hierarchie in beiden Diensten.

Im Zusammenhang mit den Auslandkontakten von SND und DAP hat sich die GPDel auch grundsätzlich dafür interessiert, welchen rechtlichen Einschränkungen der Informationsaustausch zwischen den Diensten unterliegt. Konkret geht es darum, ob die Informationen ausländischer Nachrichtendienste ausschliesslich für den empfangenden Schweizer Dienst bestimmt sind, oder sie auch unter den nationalen Nachrichtendiensten, die den gleichen Informationsschutzverpflichtungen unterliegen, zum Nutzen der Sicherheit der Schweiz weiterverwendet werden können. Die Abklärungen, welche die GPDel dazu in Auftrag gab, könnten auch einen Hinweis auf das Zusammenarbeitspotential in den Plattformen geben.

3157

Die Absprachen zwischen DAP und SND und die verstärkte Zusammenarbeit haben punktuell Resultate gebracht. Die GPDel vermisste jedoch den Eindruck einer willigen Kooperation, die im Zweifallsfall den Gesamtinteressen gegenüber den Partikularinteressen der einzelnen Dienste den Vorzug gibt. Dieser Wille zur Zusammenarbeit war bei einzelnen Personen aus der Führungsstufe der Dienste weniger zu spüren als bei den Mitarbeitenden, die mit der Kooperation beauftragt waren.

Die GPDel konnte auch im Jahr 2006 kaum eine Verbesserung der nachrichtendienstlichen Führung feststellen. Die aktuelle Stellung des SiA blieb im Hinblick auf seine zukünftige Stärkung ungeklärt. Dies schmälerte auch die Basis für ein koordiniertes sicherheitspolitisches Handeln der im SiA vertretenen Departemente. Gleichzeitig entstanden aus der beschlossenen Zusammenarbeit der Nachrichtendienste keine Instrumente, die den Bundesrat bei einer nachhaltigen und departementübergreifenden Führung dieser Dienste unterstützen könnten. Anstelle einer Gesamtstrategie entstanden für die beiden Nachrichtendienste zwei separate Strategien, wobei der Bundesrat es der Verantwortung von DAP und SND überlässt, das Potential für gegenseitige Aussprachen auszuschöpfen.

3.9.5

Satellitenaufklärungssystem des VBS (Projekt «Onyx»)

Die Rechtmässigkeit des Einsatzes von «Onyx» bleibt ein Anliegen der GPDel. Die Schaffung der gesetzlichen Grundlagen für den Einsatz von «Onyx» im Militärgesetz ist Teil der zweiten BWIS-Revision, die im Sommer 2006 in die Vernehmlassung gegangen ist. Die Verordnung über die Elektronische Kriegführung (VEKF) stellt deshalb weiterhin die massgebliche Rechtsgrundlage für den Einsatz von «Onyx» dar. Die VEKF wurde im Sommer einer ersten Revision unterzogen, um präziser die rechtmässigen Aufklärungsziele von «Onyx» zu umschreiben. Alle sich im Ausland befindlichen Kommunikationsteilnehmer ­ auch schweizerischer Nationalität ­ dürfen zur Gewinnung von sicherheitspolitischen Informationen abgehört werden. Informationen über Teilnehmer in der Schweiz dürfen nicht gezielt aufgeklärt werden. Solche Informationen, die unabsichtlich erfasst wurden, können allerdings gemäss Artikel 5 Absatz 2 der revidierten Verordnung in bestimmten Fällen verwendet werden. Dazu müssen sie jedoch einem rechtmässigen sicherheitspolitischen Informationsbedürfnis entsprechen und soweit wie möglich anonymisiert werden.

Die Kontrolle von «Onyx» muss nun die Voraussetzungen, unter denen Informationen zu Kommunikationsteilnehmern in der Schweiz anfallen, und die Praxis zu ihrer Anonymisierung im Auge behalten.

Der Revisionsbedarf ergab sich, als die mit der VEKF geschaffene Unabhängige Kontrollinstanz (UKI) bei der Auftragserteilung durch den SND auf Auslegungsschwierigkeiten stiess. Es bestand Uneinigkeit, ob die VEKF den Ort eines Aufklärungsziels auf das Ausland beschränkt, oder ob auch Auflagen in Bezug auf die Nationalität des Ziels gelten. Der «Onyx»-Bericht der GPDel aus dem Jahre 2003 ging von einer ausschliesslich territorialen Interpretation aus, die nun mit der Revision unmissverständlich festgeschrieben wurde.

3158

Für die GPDel zeigt diese Revision, dass die Kontrollarbeit der vor drei Jahren eingesetzten UKI dazu beiträgt, dass der Rechtmässigkeit der Nutzung von «Onyx» die notwendige Beachtung geschenkt wird. Die GPDel hat wiederum den Jahresbericht der UKI zur Kenntnis genommen und den Präsidenten der UKI angehört. Die GPDel hat den Eindruck, dass die Kontrollarbeit der UKI an die Grenzen ihrer personellen Kapazitäten stösst. Die Verfügbarkeit ihrer auf nebenamtlicher Basis agierender Mitglieder ist beschränkt und deren Einarbeitung war zeitaufwändig.

Deshalb ist es wichtig, dass bei der 2007 fälligen Neubestellung der UKI das hohe Kompetenzniveau beibehalten und ausreichende personelle Kapazitäten sichergestellt werden.

Am 8. Januar 2006 publizierte der Sonntagsblick eine übersetzte Abschrift eines Fax des ägyptischen Aussenministeriums, der mittels «Onyx» abgefangen worden war.

Die GPDel liess sich zum Inhalt der abgefangenen Information, zu ihrer Analyse und deren Weiterleitung an andere Bundesstellen informieren. Dazu befragte sie auch eine Delegation des Bundesrats, bestehend aus der Vorsteherin des EDA und den Vorstehern von VBS und EJPD. Aus Sicht der GPDel enthielt das Fax keine Informationen, die eine unterschiedliche Politik des Bundesrats oder ein anderes Verhalten des EDA gegenüber den USA gerechtfertigt hätten. Das Abfangen des Fax erfolgte auf rechtmässige Art und Weise. Der korrekten Analyse erfolgte eine Weitergabe seines Inhalts in angemessener Form an andere Stellen der Bundesverwaltung. Über diese Erkenntnisse informierte die GPDel die Öffentlichkeit anlässlich ihrer Medienmitteilung über die Benutzung des Schweizer Luftraums für aussergerichtliche Gefangenentransporte Ende Januar 2007.

Die GPDel hat dieses Jahr zweimal mit dem VBS über den allgemeinen Leistungsausweis von «Onyx» gesprochen und auch den Departementsvorsteher über den Nutzen von «Onyx» angehört. Sie stellt fest, dass sich das Aufkommen von «Onyx», das nun im Vollbetrieb steht, in den letzten zwei Jahren auf einem konstanten Niveau eingependelt hat. Wie bereits im vergangenen Jahr verhindern die beschränkten Auswerteressourcen im VBS eine verbesserte Nutzung. Es wächst auch die Notwendigkeit, dem raschen technologischen Wandel in der internationalen Telekommunikationsbranche zu folgen. Während mittelfristig in kleinem
Umfang Personalressourcen aus dem Betrieb anderer Funkaufklärungsmittel in die Satellitenaufklärung umgeschichtet werden dürften, besteht bei den Auftraggebern im VBS noch keine Aussicht auf griffige Massnahmen zur Anpassung der Auswerteressourcen. Die GPDel musste auch feststellen, dass die Fünfjahresstrategie des VBS hier keine konkreten Ziele nennt.

3.9.6

Benutzung der Schweiz und ihres Luftraums für aussergerichtliche Gefangenentransporte

Im Verlaufe des Jahres 2005 haben schweizerische und ausländische Medien sowie Menschenrechtsorganisationen verschiedene Behauptungen über mutmassliche Aktivitäten der amerikanischen Nachrichtendienste in Europa zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus aufgestellt. Gemäss diesen Quellen hätten mehrere CIAFlugzeuge das europäische Territorium und/oder den europäischen Luftraum für illegale Gefangenentransporte benutzt. Laut den Informationen hätten sich in gewissen europäischen Ländern geheime Gefängnisse der CIA befunden oder befänden sich sogar heute noch dort.

3159

Am 8. Januar 2006 veröffentlichte eine schweizerische Zeitung ausserdem ein geheimes Dokument des VBS. In diesem vom VBS abgefangenen Fax der ägyptischen Behörden wird darauf hingewiesen, dass die Existenz von geheimen Gefängnissen in gewissen europäischen Ländern wahrscheinlich sei.

Diese Mutmassungen warfen in Europa und in der Schweiz viele Fragen auf. Die parlamentarische Versammlung des Europarats und anschliessend das europäische Parlament ordneten in den Mitgliedsstaaten Untersuchungen an.

Die GPDel beschloss anlässlich ihrer Sitzung vom 13. Dezember 2005, im Rahmen ihres Oberaufsichtsauftrags eine Untersuchung durchzuführen134, um in Erfahrung zu bringen, ob die Schweiz von den Aktivitäten der CIA betroffen war und ob die Bundesbehörden gegebenenfalls kooperiert hatten.

Neben den öffentlich zugänglichen Informationen ­ besonders den in der Presse oder von Nichtregierungsorganisationen (NGO) veröffentlichten Eintragungszeichen der verdächtigen Flugzeuge ­ ersuchte die GPDel den Bundesrat um einen detaillierten Bericht über die ihm verfügbaren Informationen. Die Delegation hörte ausserdem die Vorsteher des EDA, des EJPD und des VBS an und führte eine Aussprache mit Ständerat Dick Marty, dem federführenden Berichterstatter der parlamentarischen Versammlung des Europarats. Zudem richtete sie mehrere Schreiben an das UVEK, um Klarstellungen über den Verkehr verschiedener Luftfahrzeuge zu erhalten, für die der Verdacht bestand, dass sie von der CIA gechartert würden.

Die ersten Ermittlungen des BAZL zeigten, dass zwischen Dezember 2001 und Januar 2006 vier der in den Medien erwähnten Flugzeuge in Genf-Cointrin gelandet waren und dass mehrere andere verdächtige Flugzeuge die Schweiz überflogen hatten (insgesamt 74 Überflüge). Unter den verdächtigen Flugzeugen verfügten alle offiziellen Luftfahrzeuge über eine offizielle Bewilligung. Die Privatflugzeuge waren gemäss Artikel 5 des Übereinkommens von Chicago135 nicht bewilligungspflichtig. Die Delegation brachte in Erfahrung, dass keines der verdächtigen Flugzeuge, die die Schweiz überflogen hatten oder in der Schweiz gelandet waren, direkt in Guantánamo-Bay gestartet bzw. gelandet waren. Dagegen liess sich nicht ermitteln, ob es sich um Anschlussflugzeuge aus oder nach Guantánamo-Bay handelte.

Die Zahlen des BAZL wurden im Frühling 2006 nach
oben korrigiert. Damit sind sechs Landungen in der Schweiz zu verzeichnen.

Im Juni 2006 veröffentlichte das BAZL neue Zahlen zu 13 Flugzeugen, von denen 12 in den Vereinigten Staaten und eines in Schweden eingetragen waren. Laut diesen Zahlen, die auf Angaben von Eurocontrol zurück gehen, wurden in der Schweiz ­ einschliesslich der Binnenflüge ­ 58 Landungen registriert, davon 34 Landungen in Genf-Cointrin, 19 in Zürich-Kloten, zwei in Sitten und drei in BaselMülhausen.

Im Moment hat die Delegation keine Beweise, dass die verdächtigen Flugzeuge, die die Schweiz überflogen haben oder in der Schweiz zwischengelandet sind, von der CIA für Gefangenentransporte benutzt wurden. Solche Transporte würden die Souveränität der Schweiz verletzen und dem Schweizer Recht (Art. 183 und 271 StGB) sowie dem Völkerrecht zuwiderlaufen. Dagegen liegen dem Bundesrat und seiner Verwaltung Hinweise vor, wonach ein amerikanisches Flugzeug, das die Schweiz am 17. Februar 2003 überflog, möglicherweise für einen aussergerichtlichen Trans134 135

Für weitere Angaben s. Erklärung der GPDel vom 31.1.2006.

Übereinkommen vom 7.12.1944 über die internationale Zivilluftfahrt (SR 0.748.0).

3160

port von Italien nach Ägypten (via die amerikanische Militärbasis Ramstein in Deutschland) benutzt worden ist; bei der beförderten Person soll es sich um den ägyptischen Imam Abu Omar gehandelt haben, mit richtigem Namen Hassan Mustafa Osama Nasr, der von der CIA aus Mailand entführt worden sei. Da genügend Indizien für eine Verletzung des Schweizer Rechts vorlagen, wurde von der BA am 15. Dezember 2005 ein gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren wegen verbotener Handlungen für einen fremden Staat (Art. 271 StGB) eingeleitet.

Die Delegation stellt auch fest, dass die schweizerischen Nachrichtendienste keine Kenntnis davon hatten, dass die CIA illegale Gefangenentransporte über der Schweiz im schweizerischen Luftraum durchgeführt haben soll. Ebenso wenig haben die Schweizer Nachrichtendienste kooperiert bzw. waren in diese Transporte aktiv oder passiv involviert.

Zur Entwicklung des Verkehrs verdächtiger Flugzeuge in der Schweiz und im schweizerischen Luftraum stellte die Delegation fest, dass die Diskrepanzen zwischen den ersten Zahlen und den Angaben von Juni darauf zurück gingen, dass jeweils nicht die gleiche Zahl Flugzeuge berücksichtigt wurde. Die ersten Zahlen des BAZL betrafen vier in den Vereinigten Staaten eingetragene Flugzeuge (Kennzeichen N313P, N8068V, N85VM, SPAR92), während diejenigen von Eurocontrol sich auf 13 Flugzeuge bezogen (N313P, N8068V, N85VM, N850FB, N88ZL, SEDVK, N168BF, N1HC, N226AL, N247CJ, N500GV, N800BQ, N8068V). Die Angaben von Eurocontrol und des BAZL betrafen auch nicht den gleichen Zeitraum: Die Daten des BAZL bezogen sich auf den zwischen dem 18. Dezember 2001 und dem 4. Januar 2006 erfassten Flugverkehr, während die Daten von Eurocontrol den Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis zum 14. April 2006 betrafen.

Zum Fax, das am 8. Januar 2006 in einer Schweizer Zeitung veröffentlicht wurde, stellte die Delegation fest, dass es sich um die Übersetzung eines Auszugs einer Dienstnote handelte, die das Büro des Assistenten des ägyptischen Ministers für europäische Angelegenheiten im Aussenministerium per Fax an die Botschaften und Konsulate Ägyptens in Europa übermittelt hatte. Darin werden verschiedene aktuelle Ereignisse kommentiert, unter anderem die Wahrscheinlichkeit der Existenz von geheimen Gefängnissen in Europa. Das arabische Original war nicht verschlüsselt und
wurde zufällig vom elektronischen Aufklärungssystem des VBS abgefangen (s. Ziff. 3.9.5). Für die Delegation vermittelt der Inhalt des Fax keine neuen Erkenntnisse, abgesehen von den Angaben zur Staatsbürgerschaft von Personen, die angeblich in einem Gefängnis in Rumänien verhört worden sind. Das Fax greift Informationen auf, die in der Presse und in einem Bericht einer NGO standen und die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung weitgehend bekannt waren. Für die Schweiz bilden geheime Gefängnisse eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 3 und 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention136 und gegen die Verpflichtungen aus dem Europäischen Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe137.

Die Delegation stellte in ihren Arbeiten und Gesprächen mit dem Bundesrat des Weiteren fest, dass der Bundesrat die aussergerichtlichen Gefangenentransporte und die Benutzung geheimer Gefängnisse nachdrücklich ablehnte und dass er sein 136

Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK; SR 0.101).

137 Europäisches Übereinkommen vom 26.11.1987 zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (SR 0.106).

3161

Gewicht in die Waagschale legte, um bei der amerikanischen Regierung für die Befolgung der internationalen Völkerrechtssnormen zu plädieren.

3.9.7

Zusammenarbeit der BA und der Bundeskriminalpolizei mit dem FBI

Im Frühling 2006 wurden in den Medien im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu den Anschlägen vom 11. September 2001 bzw. zur Al-Kaida verschiedene Vorwürfe betreffend die Zusammenarbeit der BA bzw. der BKP mit dem FBI erhoben.

In der Folge klärte die GPDel Anfang Mai 2006 bei der BA ab, ob das FBI uneingeschränkt Zugang zu den Akten der BA im Fall Youssef Nada hatte und auf welchen Rechtsgrundlagen der Zugang gewährt wurde. Die GPDel stellte im Weiteren Fragen zum Vorwurf, dass im Auftrag der BA Häftlinge auf Guantánamo zu Fotos befragt wurden und ­ falls dies zutrifft ­ auf welcher Rechtsgrundlage dies geschehen sei.

In ihrer Antwort führte die BA aus, dass die Medien-Berichterstattung zum ersten Fragekomplex irreführend gewesen sei. Auch seien den FBI-Leuten keine Kopien von Akten übergeben worden. Zum Zeitpunkt der Anwesenheit der Beamten des FBI in der Schweiz (Frühling 2002) waren sowohl in den USA wie auch in der Schweiz formelle Strafverfahren hängig. Beide Staaten hatten einander formell um Rechtshilfe ersucht. Die Sichtung des durch die BA beschlagnahmten Materials durch die FBI-Beamten sollte die US-Behörden in die Lage versetzen, ein taugliches Rechtshilfeersuchen zu stellen, um verfahrensrelevante Informationen auf dem formell dafür vorgesehenen Weg zu erhalten. Die Zusammenarbeit mit der amerikanischen Delegation stand unter der formellen Aufsicht des stv. BA und der Ablauf war durch eine Direktive geregelt. Weder die BA noch die BKP gaben Originaldokumente oder Kopien heraus. Die Einsicht in Dokumente wurde im Rahmen der polizeilichen Kooperation im Sinne der Amtshilfe durchgeführt.

Die Beschwerdekammer des BStG, fachliche Aufsichtsinstanz der BA, bestätigte, dass sie in der Vorgehensweise der BA und der BKP keine Anhaltspunkte für unzulässiges Handeln erblicken konnte. Auch der Vorsteher des EJPD bestätigte die Sachverhaltsdarstellung des Bundesanwalts anlässlich seiner Antwort am 19. Juni 2006 auf die entsprechende Frage eines Nationalrats.

Zum zweiten Fragenkomplex antwortete die BA, dass sie über den internationalen polizeilichen Zusammenarbeitsweg an die zuständige amerikanische Gerichtspolizei gelangte. Mit diesem Vorgehen sollte herausgefunden werden, ob die in der Schweiz angeschuldigten Personen den Inhaftierten bekannt waren oder ob diese Personen tatsächlich in der Nähe
oder in den Trainingslagern in Afghanistan gesehen worden seien. Die Antwort erhielt die BA auf dem formellen justiziellen Rechtshilfeweg.

Die GPDel zeigte sich durch die Antworten befriedigt und sah keine Notwendigkeit für weitere Massnahmen seitens der Oberaufsicht.

3162

3.9.8

Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Deutschland im Bereich der Sicherheit der Fussballweltmeisterschaft 2006

Der Bundesrat hat am 12. April 2006 eine Absichtserklärung genehmigt, die auf Anregung der deutschen Behörden erstellt wurde, um sicherheitsrelevante Fragen vor und während der Fussball-Weltmeisterschaft 2006 gemeinsam besser bewältigen zu können. Nebst der Schweiz hat Deutschland auch noch mit zahlreichen anderen Anrainer- oder Transitstaaten analoge Absichtserklärungen unterzeichnet.

Mit Brief vom 2. Mai 2006 verlangte die GPDel eine Kopie der durch den Bundesrat genehmigten Absichtserklärung zwischen der Schweiz und Deutschland über die Fussball-Weltmeisterschaft 2006. Ihre Abklärungen ergaben, dass die Unterzeichnung solcher Absichtserklärungen vor einer grossen Sportveranstaltung üblich ist und den Vorschriften des EU-Handbuchs mit Empfehlungen für die internationale polizeiliche Zusammenarbeit und Massnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung von Gewalttätigkeiten und Störungen im Zusammenhang mit Fussballspielen von internationaler Dimension entspricht. Auch die Schweiz hat ihren Partnerstaaten in der Vergangenheit vergleichbare Dokumente unterbreitet. Der Entwurf der gemeinsamen Erklärung wurde durch das Bundesamt für Polizei (Fedpol) geprüft und die Konferenz der kantonalen Justiz-und Polizeidirektoren (KKJPD), die Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten der Schweiz (KKPKS), das EDA und das EFD wurden konsultiert. Folgende Bereiche wurden durch die Absichtserklärung erfasst: Entsendung von Sicherheitskräften, Informationsaustausch, Beobachtung und Begleitung von Hooligans, Information über Einreiseverweigerungen, Rechtshilfezusammenarbeit und Medieninformationen.

Die GPDel konnte sich vergewissern, dass es sich um eine in solchen Fällen übliche politische Willenserklärung handelt, die auf bestehenden Rechtsgrundlagen basiert und somit keine rechtliche Verbindlichkeit schafft.

3.9.9

Ausweisungsbeschluss gegen K.

Die GPDel äusserte sich in ihrem vorherigen Jahresbericht zum Fall von K.138 K.

hatte während mehreren Jahren ein hohes Amt an der Spitze der Justizabteilung eines Ministeriums in einem nahöstlichen Land innegehabt. Im Mai 2001 war K. in die Schweiz eingereist. Er verfügt über den Status eines politischen Flüchtlings.

Am 15. Februar 2005 wurde K. in Genf unter dem Verdacht eines Mordversuchs verhaftet. In der Aussage vor der Polizei erklärte K. seine Tat damit, dass er sich von den Geheimdiensten seines Landes und von der Genfer Polizei bedroht fühlte. K.

wurde in Untersuchungshaft gesetzt. Anschliessend behauptete der ehemalige Offizier, er sei festgenommen worden, weil er die Zusammenarbeit mit den schweizerischen Nachrichtendiensten verweigert habe. Überdies beteuerte er, psychischem und physischem Druck ausgesetzt gewesen zu sein.

Unter dem Vorwand der Auseinandersetzung mit der Polizei publizierte K. besonders im Internet Aufrufe zu Hass und Rache gegen die schweizerischen Behörden und griff auch bestimmte Verwaltungsdienste und Parlamentsmitglieder an.

138

S. Jahresbericht 2005 der GPK und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 20.1.2006 (BBl 2006 4371 f.).

3163

Am 2. Dezember 2005 beschloss der Bundesrat, K. auszuweisen, weil er ihn als Bedrohung für die Sicherheit der Schweiz einstufte. Der Bundesrat fasste seinen Beschluss gestützt auf Artikel 185 der BV über die äussere und innere Sicherheit der Schweiz139. Das EJPD wurde beauftragt, die Massnahme zu vollziehen, sobald das EDA ein Aufnahmeland finden würde.

Zu Ende der Untersuchungshaft wurde K. am 28. April 2006 mit Blick auf die Ausschaffung für drei Monate in administrative Haft genommen. Diese Massnahme wurde am 1. Mai 2006 von der kantonalen Rekurskommission für fremdenpolizeiliche Fragen aufgehoben. Am 15. Mai 2006 annullierte das Verwaltungsgericht des Kantons Genf, das mit einem Rekurs des Genfer Staatsrats befasst wurde, die Verfügung der Rekurskommission mit der Begründung, der Beschluss des Bundesrats sei rechtskräftig und die Gerichte könnten diesen nicht kontrollieren. K. wurde bis zum 12. Juni 2006 erneut in Gewahrsam genommen.

Nachdem die Demarchen des EDA bei der Suche eines Aufnahmelandes erfolglos blieben, beschloss der Bundesrat anlässlich der Sitzung vom 5. Juli 2006, den Ausweisungsbeschluss vom 2. Dezember 2005 aufzuheben. Er beauftragte das EJPD, ein Verfahren zur eventuellen Aberkennung des Asylstatus von K. einzuleiten. Der Bundesrat berücksichtigte dabei die Tatsache, dass eine Ausweisung in naher Zukunft nicht vollstreckbar schien.

Nach Auffassung der GPDel wirft der Fall K. generell das Problem des Vollzugs von Massnahmen, die der Bundesrat anordnet, auf. Mangels expliziter Befugnisse hängt der Bundesrat von den Kantonen ab, um die aus politischen Gründen und auf der Basis der BV beschlossenen Ausweisungsmassnahmen zu vollziehen. Es ist unbefriedigend, dass Kantonsbehörden die vom Bundesrat in Ausübung seiner verfassungsmässigen Befugnisse getroffenen Beschlüsse kontrollieren; dies beeinträchtigt die Glaubwürdigkeit solcher Massnahmen. Zudem wurde der Ausweisungsbeschluss des Bundesrats, der eine vertrauliche Massnahme bleiben sollte, zahlreichen Behörden sowie einer breiten Öffentlichkeit via Internet zur Kenntnis gebracht.

Die GPDel stellte dem EJPD die Frage, ob es gesetzgeberische Schritte des Parlaments befürworte, welche die Kantone verpflichten würden, den Bund beim Vollzug der kraft BV vom Bundesrat angeordneten Massnahmen zu unterstützen. Das EJPD hielt solche
Massnahmen im gegenwärtigen Kontext nicht für notwendig. Nach Auffassung des EJPD hatten die Genfer Behörden die Legitimität des Ausweisungsbeschlusses des Bundesrats nie per se in Frage gestellt, sondern nur geprüft, ob die Voraussetzungen für die Festnahme von K. erfüllt und ob die Dauer des Freiheitsentzugs im vorliegenden Fall zulässig waren. Diese Vorgehensweise entspricht in den Augen des EJPD dem Prozedere, das für Fälle einer Ausweisung gemäss dem Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer vorgesehen ist. Im Übrigen stimmt sie mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz überein, besonders mit denjenigen aus Artikel 5 Kapitel 4 der EMRK.

Die GPDel erklärte sich mit den Argumenten des EJPD zufrieden.

139

Der Bundesrat hatte seine verfassungsmässige Kompetenz bereits beansprucht, um 1998 einen mutmasslichen Leiter der Islamischen Heilsfront (FIS) mit der Begründung, er gefährde die Sicherheit des Landes, auszuweisen.

3164

3.9.10

«Rote Liste» an der Feier zum 1. August 2006 auf dem Rütli

Durch ein erstmals zur Anwendung gelangendes Zutrittskontrollsystem sollte an der Feier zum 1. August 2006 auf dem Rütli verhindert werden, dass Rechtsextreme wie im letzten Jahr die Feier zum Nationaltag stören könnten. Der Zutritt zum Rütli wurde nur Personen gewährt, die ein Eintrittsticket vorweisen konnten und die im Vorfeld bei der Ticketbestellung nicht abgewiesen wurden. Es wurde aber auch mindestens eine Person von der Polizei abgewiesen, die ein gültiges Eintrittsticket hatte, weil sie auf einer von der Polizei verwendeten Liste standen. So entstand das Gerücht einer «roten Liste», deren Natur in den Medien zu Spekulationen Anlass gab und die teilweise auch mit der Beobachtungsliste gemäss Artikel 11 des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit140 in Verbindung gebracht wurde.

Die GPDel beschloss, beim DAP Erkundigungen zu dieser «roten Liste» einzuziehen. Es stellte sich heraus, dass die Polizei, welche den Zutritt zum Festgelände kontrollierte, eine Liste mit den Namen der zugelassenen Personen und der bei der Ticketbestellung abgewiesenen Personen verwendet hat. Dabei stand fälschlicherweise der Name mindestens einer Person auf der Liste der abgewiesenen Eintrittsgesuche, obwohl die Person ein gültiges Eintrittsticket besass. Abklärungen ergaben, dass die Namen der abzuweisenden Personen auf der Liste rot markiert waren und wohl deshalb die Bezeichnung «rote Liste» aufkam. Die GPDel konnte feststellen, dass es keinen Zusammenhang mit der Beobachtungsliste gibt. Sie hielt auch fest, dass der DAP diesen Sachverhalt gegenüber den Medien schnell aufklärte, jedoch die Richtigstellung nicht immer durch die Medien aufgenommen wurde.

Aus der Perspektive der durch die GPDel ausgeübten Oberaufsicht besteht kein Handlungsbedarf.

3.9.11

Fall Covassi

Im Frühjahr 2006 veröffentlichten mehrere Schweizer Zeitungen die Äusserungen eines bestimmten Claude Covassi, der sich als Informant des DAP ausgab und mehr oder weniger indirekt behauptete, dass der schweizerische Inlandsnachrichtendienst mit illegalen Methoden arbeitete. Covassi sei vom DAP beauftragt worden, die Aktivitäten des Genfer Centre Islamique (CIG) zu überwachen und den Leiter durch Verstrickungen mit dem radikalen Islamismus zu kompromittieren. Des weiteren behauptet Covassi, er habe es ermöglicht, einen Attentatsversuch gegen ein Flugzeug der israelischen Luftfahrtgesellschaft El Al zu vereiteln.

Da der Fall in der Schweiz und in der internationalen Presse weite Kreise zog, befasste sich die Delegation im Rahmen ihres Oberaufsichtsauftrags damit.

Die Delegation prüfte die Vorwürfe, die gegen die Nachrichtendienste erhoben wurden, und hörte mehrere Vertreter der Dienste sowie Herrn Covassi an. Zudem forderte die Delegation beim EJPD, beim VBS und bei den Behörden des Kantons Genf verschiedene Berichte an. Die BA gab am 8. Juni 2006 bekannt, Covassi habe

140

Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit vom 21.3.1997 (BWIS; SR 120).

3165

bei der Zerschlagung der Terrorzelle, die einen Anschlag auf ein Flugzeug der El Al geplant hatte, weder eine Rolle gespielt und noch Informationen geliefert.

Die GPDel hat die Absicht, die Arbeiten Anfang 2007 abzuschliessen.

3.9.12

Quellenführung durch den Dienst für Analyse und Prävention

Die GPDel setzte sich im Berichtsjahr vertieft mit der Führung menschlicher Quellen durch den DAP auseinander. Es ist wichtig, dass für die Auswahl, Instruktion und Finanzierung von Informanten des Nachrichtendiensts klare und einheitliche Regeln sowie Kontrollmechanismen existieren. Beim DAP ist die Quellenführung in einem internen Handbuch beschrieben, wobei die dort enthaltenen Regeln nicht zwingender und auch nicht abschliessender Natur sind. Das Handbuch befand sich gemäss einer Stellungnahme des Bundesrats vom Dezember 2003141 in Aktualisierung. Der Bundesrat führte damals aus, dass die operative Quellenführung im DAP ebenfalls im Rahmen des Revisionspakets BWIS II auf gesetzgeberischen Handlungsbedarf überprüft würde. Als Rechtsgrundlage für das Führen von Quellen dient dem DAP zurzeit Artikel 14 Absatz 2 insbesondere Buchstabe b BWIS, der besagt: «Personendaten können beschafft werden durch (...) Einholen von Auskünften».

Diese Rechtsgrundlage vermag aus Sicht der GPDel nicht zu befriedigen. Insbesondere sind der Einsatz von Informantinnen und Informanten, ihre Rechte, Pflichten und die Leistungen des Staats nicht in einem formellen Gesetz geregelt. Die BWISII-Revision soll diese Mängel beheben.

Das Thema der Quellenführung wurde durch die GPDel u.a. mit Vertretern des DAP wie auch mit einem Vertreter des Sicherheitsdiensts der Stadtpolizei Zürich, Spezialist für gewalttätigen Linksextremismus, Mitte 2006 mit dem Ziel, die aktuelle Praxis des DAP bei der Quellenführung in allgemeiner Form kennen zu lernen, eingehend erörtert. Sie stellte dabei fest, dass das Handbuch aus der Mitte der 90er Jahre stammt und noch nicht aktualisiert wurde. Die Aktualisierung sei jedoch bis Ende 2006 geplant. Das Handbuch entstand also vor der Inkraftsetzung von BWIS, allerdings haben sich die Rahmenbedingungen nicht wesentlich verändert. Ein Anpassungsbedarf besteht nebst der Anpassung an BWIS und an die Verordnung über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit142 im Bereich der praktischen Aspekte. Das Handbuch legt den Schwerpunkt immer noch auf die Spionageabwehr und muss dementsprechend der neuen Bedrohungslage angepasst werden. Auch im Bereich der Kommunikation sind Anpassungen notwendig (so z.B. bei der Kommunikation mit Quellen und bei der Nutzung moderner Kommunikationsmittel). Letztlich müssen
die Regeln dieses Handbuch als praxisorientierte Richtlinien einen Mehrwert schaffen, ohne dass die Flexibilität im Einzelfall so stark eingeschränkt wird, dass sie den besonderen Gegebenheiten nicht mehr Rechnung tragen.

Die Auskunftserteilung durch eine Quelle erfolgt immer freiwillig. In der Regel werden potentielle Quellen durch den DAP selbst angegangen. Das Handbuch beschreibt verschiedene Rekrutierungsmethoden. Personen, die aus Eigenantrieb den DAP kontaktieren, sind eher selten. Der DAP überprüft solche Selbstanbieter 141 142

Stellungnahme des Bundesrats vom 19.12.2006 (BBl 2004 3105).

Verordnung über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit vom 27.6.2001 (VWIS; SR 120.2).

3166

kritisch. Gegenüber der GPDel wurde ausgeführt, dass Journalisten nicht als Quellen angeworben werden.

Die Identität der Quellen wird auch innerhalb des DAP geschützt (Need-to-KnowPrinzip), wobei die GPDel informiert wurde, dass die Vorgesetzten bis zum Leiter DAP über die Quellen in Kenntnis gesetzt werden, falls die Voraussetzungen für die formelle Eröffnung einer Operation gemäss Artikel 14 VWIS gegeben sind. In solchen Fällen ist also ein Kontrollmechanismus vorhanden. Das Verfahren zur Eröffnung, zur Führung wie zum Abschluss einer Operation ist einheitlich geregelt.

Auch die Archivierung und allfällige Überträge in das ISIS gewährleisten den Quellenschutz. Über den Stand der Operationen wird jährlich Bericht erstattet. Die GPDel nimmt ebenfalls jedes Jahr davon Kenntnis.

Die GPDel holte auch Erkundigungen zur Entschädigungspraxis des DAP bei Quellen ein. Um diese Praxis ranken sich immer wieder Mythen. Tatsache ist, dass grundsätzlich Quellen nur in Form von Aufwandentschädigungen und relativ bescheidenen Prämien für ihre Informationen entgolten werden. Quellen werden nicht ausschliesslich auf finanzieller Basis geführt. Massgebend sind insbesondere auch das Vertrauensverhältnis und die ideelle Motivation. Über Entschädigungen entscheidet immer der Leiter DAP oder ausnahmsweise der Chef Operationen. Die GPDel wurde auch über den Totalbetrag der Fahndungskosten im Jahr 2005 (die Entschädigungen von Quellen werden in dieser Kategorie verbucht) informiert. Sie stellte fest, dass es sich um einen relativ bescheidenen Betrag handelt, der zu keinen besonderen Bemerkungen Anlass gibt.

Im Bereich der Quellenführung gibt es mit den Kantonen eine geregelte Zusammenarbeit. Der DAP informiert über die Grundsätze der Quellenführung an der Konferenz der kantonalen Staatsschutzleiter und bei regionalen Ausbildungen. Die Kompetenzen zwischen den Kantonen und dem DAP sind geregelt. Die Kantone werde auch bei der Überarbeitung des Handbuchs beigezogen werden. Im Übrigen hat die GPDel im Jahr 2006 Fragen rund um die Quellenführung auch mit Vertretern einiger Kantone diskutiert.

Die GPDel zeigte sich mit den erhaltenen Informationen zufrieden. Sie wird diesen Themenbereich insbesondere im Rahmen der BWIS-II-Revision weiter verfolgen.

3.9.13

Fall Padilla

Am 8. Mai 2002 wurde der amerikanische Staatsbürger namens José Padilla (alias Abdullah al-Muhajir) bei seiner Ankunft aus Zürich im Flughafen Chicago in den Vereinigten Staaten verhaftet. Kurz nach der Festnahme gaben die amerikanischen Behörden öffentlich bekannt, José Padilla sei im Rahmen des Kampfs gegen den Terrorismus verhaftet worden: Er werde verdächtigt, die Explosion einer «schmutzigen Bombe»143 in den Vereinigten Staaten geplant zu haben. Der amerikanische Justizminister lobte anlässlich des Arbeitsbesuchs in der Schweiz am 12. Juni 2002 «die Kooperation im Fall des kürzlich in den USA verhafteten mutmasslichen Terroristen Padilla.»144 143

Bei «schmutzigen Bomben» (oder radiologischen Bomben) handelt um einen konventionellen Sprengsatz mit radioaktivem Material, der bei der Explosion in die Umwelt verteilt werden sollen.

144 S. Pressemitteilung des EJPD vom 12.6.2002.

3167

Die Äusserungen des amerikanischen Ministers warfen mehrere Fragen zur Rolle der Schweiz im Kampf gegen den Terrorismus auf. Der Bundesrat wurde am 23. September 2002 darauf angesprochen und verneinte eine Involvierung der Schweizer Behörden bei der Inhaftierung von Padilla145. Trotz dieses Dementis kursierten im Zusammenhang mit illegalen Gefangenentransporten der CIA Ende 2005/Anfang 2006 weiterhin Vorwürfe wegen einer Mitwirkung der Schweiz bei der Verhaftung von Padilla. Die parlamentarische Versammlung des Europarats veröffentlichte am 22. Januar 2006 eine Informationsnote, in der zu lesen ist, dass die schweizerischen Dienste (im Fall Padilla) im Einvernehmen mit den amerikanischen Diensten vorgegangen seien, ohne den zuständigen Richter zu benachrichtigen146; dies erweckt den Eindruck, die Schweiz sei völlig ausserhalb eines Gerichtsverfahrens in den Transport einer Person in die Vereinigten Staaten verwickelt gewesen.

Die Delegation hat das Dossier zwei Mal ­ zuerst 2002 und dann 2005/2006 ­ geprüft und gibt die folgenden Klarstellungen ab: Padilla ist ein zum Islam konvertierter amerikanischer Staatsbürger. Er kam am 7. Mai 2002 aus Kairo in Zürich an. Dort wurde Padilla von einem Mitarbeiter des DAP über etwaige Kontakte zu terroristischen Kreisen befragt. Padilla verneinte Kontakte zu Terroristen und stritt ab, selbst ein Terrorist zu sein. Padilla erklärte dem DAP-Bediensteten, er reise nach Chicago, um dort Familienangelegenheiten zu regeln; er sei seit 1998 nicht mehr in die Vereinigten Staaten gereist und absolviere eine religiöse Ausbildung in Pakistan. Padilla lieferte verschiedene Informationen über seine Reise und gab an, er sei bereits von den ägyptischen Behörden verhört worden.

Nach der Anhörung durch den DAP konnte Padilla sich im Transitbereich des Flughafens Zürich frei bewegen und unterstand keiner Beobachtung durch die Schweizer Nachrichtendienste. Am 8. Mai 2002 reiste er freiwillig nach Chicago weiter. Es befanden sich keine Bedienstete des Fedpol oder andere schweizerische Bedienstete zur Begleitung von Padilla an Bord des Flugzeugs. Padilla wurde bei seiner Einreise in Chicago wegen eines Devisenvergehens festgenommen.

Zum Zeitpunkt von Padillas Durchreise in Zürich verfügten die Schweizer Dienste über keinerlei Hinweise, die terroristische Aktivitäten nahegelegt
hätten. Erst am 10. Juni 2002, knapp einen Monat nach der Festnahme in den Vereinigten Staaten, gaben die amerikanischen Behörden offiziell bekannt, dass sie Padilla verdächtigten, ein Attentat vorbereitet zu haben; dementsprechend wurde er offiziell als «feindlicher Kombattant» eingestuft und ohne Anklageerhebung in einem Militärgefängnis inhaftiert. Im November 2005 wurde Padilla schliesslich wegen strafrechtlicher Vergehen ­ ohne Zusammenhang mit dem mutmasslichen terroristischen Komplott, weswegen ihn die Armee verhaftet hatte ­ angeklagt.

Angesichts der Faktenlage des Dossiers stellt die Delegation fest, dass die Schweizer Behörden in der Schweiz keine Zwangsmassnahmen gegen Padilla angewandt hatten und dass er weder juristisch noch faktisch an die Vereinigten Staaten ausgeliefert wurde. Ebensowenig kam es zu einer Absprache zwischen dem DAP und den ame145

S. Antwort des Bundesrats auf die Frage 02.5134 «Festnahme von José Padilla. Zusicherungen der USA» vom 23.9.2002.

146 S. Ziff. 49 der Informationsnote II über die Behauptungen zu geheimen Gefängnissen in den Mitgliedstaaten des Europarats, veröffentlicht vom Ausschuss für Rechtsangelegenheiten und Menschenrechte der parlamentarischen Versammlung des Europarats vom 22.1.2006, S. 9.

3168

rikanischen Behörden. Padilla reiste aus eigenem Antrieb in die Vereinigten Staaten.

Die Prüfung der Unterlagen des DAP und des Anhörungsprotokolls von Padilla zeigen, dass die Schweizer Dienste keinen Grund zur Annahme hatten, Padilla würde in seinem Heimatland verhaftet. Im Übrigen bestand zum Zeitpunkt der Durchreise von Padilla in der Schweiz kein Haftbefehl gegen ihn.

Nach Auffassung der Delegation hängt der Fall Padilla offensichtlich nicht mit den aussergerichtlichen Gefangenentransporten oder mit einer etwaigen Benutzung von Geheimgefängnissen durch die CIA zusammen. Padilla ist amerikanischer Staatsbürger und wurde von den amerikanischen Behörden im amerikanischen Hoheitsgebiet festgenommen. Padilla verliess die Schweiz aus freien Stücken; unsere Behörden hatten nach den verfügbaren Informationen keinen Grund, ihn an der Weiterreise zu hindern und noch weniger die Justiz zu benachrichtigen.

3.9.14

Das schweizerische Sicherheitsdispositiv und der Fall Mohamed Achraf

Am 16. November 2005 verabschiedete die GPDel ihren Bericht «Das schweizerische Sicherheitsdispositiv und der Fall Mohammed Achraf» sowie einen zusammenfassenden Bericht147. Die GPDel behandelte an ihrer Sitzung von Ende April 2006 die Stellungnahme des Bundesrats vom 10. März 2006148 zu ihren Feststellungen und Empfehlungen.

Zur ersten Empfehlung der GPDel, Massnahmen zu treffen, die einen schnellen und umfassenden Informationsaustausch zwischen der BKP und dem DAP im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeiten gewährleisten, führte der Bundesrat nur eine neuere Weisung des Direktors Fedpol auf. Diese hält den Grundsatz eines regelmässigen Informationsabgleichs zwischen den beiden Hauptabteilungen BKP und DAP von Fedpol fest. Inwieweit die vor kurzem erlassen Weisung des Direktors Fedpol den Informationsaustausch verbessern können, wird sich aus Sicht der Delegation noch zeigen müssen. Es verbleibt die unbefriedigende Situation, dass die BKP im Plattformmodell, welches den Informationsaustausch des DAP und des SND in mehreren Bereichen verbessern soll, nicht berücksichtigt wurde.

In ihrer Empfehlung 2 forderte die GPDel den Bundesrat auf, Vorkehrungen zu treffen, damit in Zukunft Meldungen ausländischer Partnerdienste mit einer politischen Dimension für die Schweiz systematisch eine grössere Bedeutung beigemessen wird und sie rascher behandelt werden. Der Bundesrat ging in seiner Antwort mit der GPDel einig, dass Meldungen mit politischer Bedeutung entsprechend behandelt werden müssen. Er kritisierte jedoch, dass die Kriterien, welche die GPDel in ihrer Empfehlung aufführte, zu allgemein seien und dass eine Meldung oft erst im Verlauf der Zeit eine politische Bedeutung bekommt. Allerdings gestand der Bundesrat im Fall Achraf unter diesem Aspekt kein Versäumnis ein.

Die dritte Empfehlung der GPDel forderte den Bundesrat auf, organisatorische Vorkehrungen im DAP zu treffen, damit sein Leiter und allenfalls der Direktor Fedpol über Meldungen im Sinne der Empfehlung 2 der GPDel rechtzeitig infor147

Vgl. Bericht der Geschäftsprüfungsdelegation «Das schweizerische Sicherheitsdispositiv und der Fall Mohamed Achraf: Eine zusammenfassende Beurteilung aus der Perspektive der parlamentarischen Oberaufsicht» vom 16.11.2005 (BBl 2006 3725).

148 Vgl. Stellungnahme des Bundesrats vom 10.3.2006 (BBl 2006 3733).

3169

miert werden. Hier erwiderte der Bundesrat, dass die Orientierung der Leitung des DAP und allenfalls des Direktors Fedpol Bestandteil der neu definierten Arbeitsabläufe sei. Die Leitung von Fedpol habe ihr Personal in dieser Hinsicht sensibilisiert und mitgeteilt, dass im Zweifelsfall die Leitung des DAP ebenfalls informiert werden sollte. Die GPDel bewertete die in diesem Bereich ergriffenen Massnahmen als positiv und ist der Überzeugung, dass ihre Inspektion zur Sensibilisierung auch beigetragen hat.

In ihrer letzten Empfehlung lud die GPDel den Bundesrat ein, Lösungen zu erarbeiten, welche den schweizerischen Sicherheitsdiensten ermöglichen, eine allfällige Inhaftierung einer Person in der Schweiz schnell und systematisch abzuklären. Der Bundesrat zeigte sich bereit, im Rahmen des zu schaffenden Polizeiindexes zu prüfen, inwieweit die Erstinformation über allfällige Verhaftete verbessert werden kann. Im Entwurf zum Bundesgesetz über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes wird die Empfehlung der GPDel teilweise umgesetzt149. Der Bundesrat beschloss am 22. November 2006 ein bis Ende 2008 befristeter Versuchsbetrieb für den nationalen Polizeiindex zu starten.

Die GPDel beschloss, den Umsetzungsstand ihrer Empfehlungen im Rahmen der regulären Nachkontrolle im Jahr 2007 zu überprüfen.

4

Geschäftsberichte 2005 und weitere Berichte

4.1

Geschäftsbericht 2005 des Bundesrats

Die GPKs haben im Mai 2006 während vier Tagen, zusammen mit den Mitgliedern des Bundesrats, die Geschäftsführung der Landesregierung geprüft. Die Arbeit der GPK besteht dabei hauptsächlich in der detaillierten Überprüfung der vom Bundesrat festgelegten Ziele. Für das Jahr 2005 hat der Bundesrat seine Strategie in fünf Schwerpunkten zusammengefasst und die Umsetzung in sechzehn Zielen konkretisiert. Zwei wichtige Ziele konnten nicht erreicht werden. Hauptsächlich wegen fehlenden Ressourcen. Es handelt sich dabei zum einen um Projekte im Zusammenhang mit der Stärkung von Bildung und Forschung und zum anderen um verschiedene Massnahmen zur Förderung des Schutzes der Menschenrechte auf internationaler und nationaler Ebene. Weitere acht Ziele konnten nur teilweise realisiert werden.

Dazu gehören unter anderem die Umsetzung von Massnahmen im Bereich der Förderung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. Trotz der durchzogenen Bilanz hat die GPK einstimmig beschlossen, den Geschäftsbericht 2005 des Bundesrats gutzuheissen.

Die GPKs nutzten die längeren Aussprachen mit allen Departementsvorstehern, der Departementsvorsteherin des EDA und der Bundeskanzlerin, um sich über aktuelle Themen zu informieren und einzelne Fragen zu vertiefen; dieser Dialog war teilweise sehr intensiv. Verschiedene Schwerpunkte konnten so aber offen, kritisch und auch kontrovers diskutiert werden.

Dabei äusserten sich die Vertreter der Regierung zu einer Fülle von Themen wie Datenschutz, Personalabbau, Wirtschaftswachstum, häusliche Gewalt, Visaerteilung, Bundessteuern, Rüstungsgüter, Single European Sky, Verwaltungsreform, Kolle149

Vgl. Botschaft zum Bundesgesetz über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes (BBl 2006 5082).

3170

gialität, Wachstums- und Wettbewerbsfragen, Stabilisierung des Bundeshaushalts, Europapolitik, Sicherheitspolitik oder die Reform der Sozialversicherung. Die GPKs stellen jeweils auch einige Fragen zu Querschnittsthemen. Angesichts der behandelten Themenvielfalt beschränkt sich die nachfolgende Ausführung auf drei wichtige Diskussionspunkte.

Wie bereits unter Punkt 3.6.1 erwähnt, setzten sich die Kommissionen in den vergangenen Monaten mehrfach mit dem Thema der Personalpolitik auseinander. Die Entwicklungen im Personalmanagement sind mit Blick auf die Erfüllung der anstehenden Aufgaben für die GPKs von zentralem Interesse. Die Personalpolitik des Bundes befindet sich im Wandel. Bis ins Jahr 2010 will der Bund 4000 Stellen einsparen. Vor dem Hintergrund der von Bundesrat und Parlament beschlossenen Reduktion der Personalausgaben im Rahmen der Entlastungsprogramme und der Aufgabenverzichtsplanung thematisierten die Kommissionen die Zukunft der Personalpolitik auch im Gespräch mit dem Vorsteher des EFD. Sorgen bereiten den Kommissionen insbesondere die Rückmeldungen der Personalverantwortlichen aller Departemente. Umfragen bei mehreren tausend Bundesangestellten zeigen eine sinkende Arbeitszufriedenheit und weit verbreitete Resignation. Bemängelt wurde aber auch die zunehmende Einsparung von Personal ohne Streichungen auf der Aufgabenseite. So wiesen Kommissionsmitglieder darauf hin, dass ein fortschreitender Personalabbau oftmals einhergeht mit einer gleichzeitigen Aufgabenzunahme. Die Kommission drängte dementsprechend auch bei der Behandlung des Geschäftsberichts des Bundesrats auf die Präsentation konkreter, vertrauensbildender Massnahmen zur Verbesserung der Situation. In seinen Ausführungen gab sich der Vorsteher des EFD überzeugt, dass die Reorganisation im Bereich der HumanRessources, der Abschluss der Verwaltungsreform, die Revision der Pensionskasse, neue Lohnmassnahmen sowie Anpassungen im Aus- und Weiterbildungssystem zur Entspannung der Situation beitragen würden. Im Weiteren wies der Departementsvorsteher des EFD darauf hin, dass das Personalwesen, verstanden als Struktur und Strategie in Bezug auf den Umgang mit den Mitarbeitenden des Bundes, zwar dem EFD angegliedert sei; er betonte aber gleichzeitig, dass jeder Departementsvorsteher seinen eigenen Führungsstil pflegte und pflegen
können solle.

Ein weiteres Thema, das diskutiert wurde, war die Frage der Luftverkehrssicherheit.

Die Schweiz gehört in Europa zu jenen drei Ländern, die am meisten überflogen werden. Entsprechend eng ist es für den Flugverkehr. Die Flugsicherung in Europa hat zum Ziel, den weiterhin stark wachsenden Luftverkehr effizienter und sicherer zu bewältigen. Sowie seine Kapazitäten zu erhöhen. Das bedingt, dass der Flugbetrieb in grösseren Zusammenhängen betrachtet und in den entsprechenden Lufträumen abgewickelt werden muss. Dafür müssen nicht mehr politische Vorgaben, sondern die Bedürfnisse der Benutzer im Vordergrund stehen. Dafür hat die EU das Projekt Single European Sky initiiert. Das SES hat zum Ziel, die Effizienz und Sicherheit des europäischen Flugverkehrsmanagements zu steigern. Einerseits geht es um die Schaffung eines einheitlichen Zertifizierungssystems für europäische Flugsicherungsunternehmen und anderseits um die Bildung so genannter funktionaler Luftraumblöcke. Im Gegensatz zu heute, wo die Zuständigkeitsgebiete der verschiedenen Flugsicherungen mehrheitlich an den Landesgrenzen enden, ist vorgesehen, diese Luftraumblöcke konsequent nach betrieblichen Kriterien festzulegen.

Der Bundesrat hat im Mai der Teilnahme der Schweiz am Einheitlichen Europäischen Luftraum (Single European Sky, SES) zugestimmt. Ende September dieses Jahres hat auch der EU-Ministerrat die entsprechende Teilnahme der Eidgenossen3171

schaft offiziell genehmigt. Die GPK ihrerseits begleitet seit längerem mit grosser Aufmerksamkeit die Massnahmen zur Verbesserung der Sicherheitsorganisation in der Zivilluftfahrt. Es ist daher in den Augen der Kommissionen von zentraler Bedeutung, dass die Schweiz und damit Skyguide an dieser Neuzuordnung der Flugsicherung partizipieren kann. Ausschlaggebend für die Zielerreichung ist jedoch die Erfüllung verschiedener Voraussetzungen; so zum Beispiel die strikte Trennung von zivilen und militärischen Lufträumen. Der Single European Sky und dessen Umsetzung ist eine grosse Herausforderung, der sich der Bundesrat, das BAZL und Skyguide gemeinsam stellen müssen. Die GPK ist überzeugt, dass es nur im Zusammenspiel aller drei Akteure gelingen wird, die Souveränität der Luftraumüberwachung über unserem Hoheitsgebiet behalten zu können. Die notwendigen Bemühungen zur Optimierung der Sicherheitskultur und damit der Gesamtsicherheit im Flugverkehr sind weiter voranzutreiben. Die GPK will hier intensiv am Ball bleiben und die weiteren Anstrengungen für eine Stärkung der Luftfahrtsicherheit und insbesondere von Skyguide kritisch mitverfolgen.

Neben den spezifischen Themenbereichen wurden die Mitglieder des Bundesrats und die Bundeskanzlerin auch mit departementsübergreifenden Fragen konsultiert.

Dieses Jahr waren es das Mitberichtsverfahren in den Bundesratsgeschäften und die Verwaltungsreform. Auf letztere geht die Ziffer 3.6.3 näher ein.

Die GPKs haben im Hinblick auf die im Berichtsjahr immer öfter aufgetretenen Indiskretionen betreffend Anträgen und Stellungnahmen zu den Geschäften der Bundesratssitzungen, Auskunft über Sinn und Notwendigkeit des Mitberichtsverfahrens aus Sicht der einzelnen Bundesräte eingeholt. Das Mitberichtsverfahren dient als Instrument der gegenseitigen Orientierung und Meinungsbildung vor den Verhandlungen im Bundesrat. Es kann ein sehr kurzfristiges und unmittelbares Verfahren sein, das auch für politische Überraschungseffekte eingesetzt wird. Die Grundsätze zum Mitberichtsverfahren sind im Verwaltungsorganisationsgesetz und in der entsprechenden Verordnung geregelt. Dabei ist auch festgelegt, dass Anträge rechtzeitig eingereicht werden müssen. Die Kommissionen fragten sich, ob dies in der Praxis immer der Fall ist und ob die Fristen bei komplexen und umfangreichen Geschäften
nicht zu kurz sind.

In der Aussprache wurde das Mitberichtsverfahren allgemein als sinnvolles Instrument zur Ausräumung von Differenzen bezeichnet und ein Änderungsbedarf abgelehnt. Im Gegenteil, nach Ansicht der Bundesräte und Bundeskanzlerin sollte es gar vermehrt eingesetzt werden. Jeder Bundesrat ­ so die Haltung des Gesamtkollegiums ­ müsse sich in die Geschäfte der anderen Departemente einmischen können.

Indem ein Departementsvorsteher oder eine Departementsvorsteherin einen Antrag oder einen Vorschlag unterbreite und die anderen Bundesratsmitglieder sich dazu äussern. Das Mitberichtsverfahren sei Ausfluss des Kollegialsystems.

Probleme bereiten aber die vertraulichen Geschäfte, da sie keine Ämterkonsultation durchleben und erst kurz vor der Bundesratssitzung versandt werden. Die Mitberichte zu diesen Geschäften ­ aber oftmals auch zu gewöhnlichen Geschäften ­ würden zum Teil sehr spät eingereicht. Damit breche regelmässig am Dienstagabend eine gewisse Hektik in der Verwaltung aus und die Mitberichte erreichten die Regierungsmitglieder erst kurz oder während der Bundesratssitzung. In diesem Zusammenhang fiel sogar der Ausdruck «Mitberichtsschlacht».

3172

Die GPK äussern sich nicht zu bundesratsinternen Angelegenheiten. Sie empfehlen allerdings dem Bundesrat, die Termintreue vermehrt zu leben. Auch um den Bundesratsmitgliedern zu erlauben, Rücksprache mit ihren Mitarbeitenden zu nehmen.

Unbestritten ist für die GPK auch, dass es im letzten halben Jahr Verletzungen des Kollegialitätsprinzips gab. Mehrfach erschienen Details der Bundesratssitzung als Nachricht in der Sonntagspresse. Die GPK zeigte sich über die Nichteinhaltung der Diskretion überrascht und stellte sich die Frage, ob einzelne Informationen nicht gezielt an die Medien geliefert wurden. Hier besteht in den Augen der Kommissionen nach wie vor Handlungsbedarf.

4.2

Geschäftsbericht 2005 des Bundesgerichts

Bei der Prüfung des Geschäftsberichts 2005 des Bundesgerichts stellten die GPKs fest, dass die Eingänge zum dritten Mal in Folge zunahmen, und zwar um 177 Fälle (+3,7 %) auf 5007 Fälle (im Vorjahr um 242 auf 4830 Fälle). Die Zunahme fand vor allem in der I. Öffentlichrechtlichen Abteilung statt (+194 Fälle). Die durchschnittliche Prozessdauer betrug 98 Tage (Vorjahr 90 Tage, 2003 88 und 2002 83 Tage).

Somit hat die durchschnittliche Behandlungsdauer pro Fall in den letzten drei Jahren um 18 Prozent zugenommen. In den Jahren zuvor hatte das Bundesgericht grosse Anstrengungen unternommen, die Behandlungsdauer zu senken. In diesem Bereich ist in Folge der zunehmenden Geschäftslast jedoch ein negativer Trend eingetreten.

Auch die Zahl der Erledigungen hielt nicht mit den Eingängen Schritt. Das Bundesgericht erledigte 4827 Fälle (Vorjahr 4738 Fälle, 2003 4597 Fälle). Entsprechend nahmen die Pendenzen zu und betrugen Ende Jahr 1482 (Vorjahr 1302 Fälle, Ende 2003 1215 Fälle).

Die für die Gerichte zuständigen Subkommissionen der GPKs haben anlässlich ihrer jährlichen Aussprache mit dem Bundesgericht im Frühjahr des Berichtsjahres auch die Frage erörtert, wie sich die Fallzahlen im Vergleich zu der Anzahl Richter entwickelt haben (vgl. dazu Ziff. 3.7.6). Die langfristige Fallentwicklung zeigt folgendes Bild: 1970 hatte das Bundesgericht noch 1 715 Fälle zu erledigen. Die Eingänge stiegen kontinuierlich an und erreichten 1999 mit 5597 einen Spitzenwert. Von 1999 bis 2003 sanken die Eingänge um rund 1000 auf 4597. Dagegen hat sich die Anzahl der Richter seit 1970 kaum verändert. 1979 wurde sie von 28 auf 30 erhöht und blieb seither konstant. Die Anzahl der Ersatzrichter wurde 1985 von 15 auf 30 erhöht. Die Zunahme der Fälle wurde mit einer erheblichen Aufstockung der Anzahl Gerichtsschreiber aufgefangen (von 23 auf 86). Diese Zahlen zeigen auf, dass sich die Arbeitsweise am Bundesgericht seit 1970 grundlegend geändert hat. Während damals die meisten Referate von den Richtern selbst verfasst wurden, werden sie heute meistens von Mitarbeitern entworfen.

Die zuständigen Subkommissionen liessen sich im Weiteren vom Bundesgericht über den Stand der Vorbereitungen für die Fusion des Bundesgerichts mit dem EVG auf Anfang 2007 informieren. Zur Vorbereitung der Umsetzung des neuen Bundesgerichtsgesetzes haben das
Bundesgericht und das EVG ein 41er Plenum konstituiert, das aus den Mitgliedern beider Gerichte besteht. Die Entscheide des 41-er Plenums werden durch eine siebenköpfige Arbeitsgruppe, zusammengesetzt aus fünf Mitgliedern des Bundesgerichts und zwei Mitgliedern des EVG, vorbereitet.

3173

4.3

Geschäftsbericht 2005 des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Nach leichten Rückgängen in den Jahren 2001­2003 und einem leichten Anstieg 2004 war im Berichtsjahr beim EVG eine markante Zunahme der Eingänge zu verzeichnen. Sie stiegen um 242 Fälle (+10,8 %) auf 2475 (Vorjahr 2233). Stark zugenommen haben insbesondere die Fälle im Bereich der Invalidenversicherung (+121) sowie in der Arbeitslosenversicherung (+79). Wie bereits im Vorjahr, gingen die Fälle im Bereich der Alters- und Hinterlassenenversicherung zurück (­48).

Nachdem das EVG im Vorjahr markant weniger Fälle erledigen konnte als noch 2004 (­397 Fälle), ist die Zahl der Erledigungen im Berichtsjahr um 98 auf 2320 Fälle wieder etwas angestiegen; jedoch konnte der Wert von 2619 Erledigungen im Jahr 2004 nicht erreicht werden. Die Pendenzen per Ende 2005 stiegen um 155 auf 1739 an. Zum zweiten Mal in Folge konnte das EVG die mittlere Prozessdauer verbessern (von 9,2 auf 8,3 Monate; 2003 lag sie noch bei 10,4 Monaten).

Anlässlich ihres Buches beim EVG im Frühjahr 2006 liessen sich die für die Gerichte zuständigen Subkommissionen der GPKs über die aktuelle Geschäftslast orientieren. Das EVG wies auf die Zunahme der Eingänge hin. Im 1. Quartal des Jahres 2006 waren 24 Prozent mehr Eingänge zu verzeichnen als in der Vergleichsperiode des Vorjahres. Das EVG stellte in Aussicht, dass voraussichtlich die Erledigungen hinter den Eingängen zurückbleiben würden und mit einem Anstieg der Pendenzen mit entsprechenden Folgen für die Erledigungsdauer der Fälle zu rechnen sei. Einen bestimmten Grund für die starke Zunahme der Fälle sei für das Gericht noch nicht ersichtlich, weshalb auch noch nichts über mögliche Gegenmassnahmen gesagt werden könne. Das EVG äusserte Befürchtungen, wonach das mögliche Entlastungspotenzial des auf den 1. Januar 2007 in Kraft tretenden BGG im Bereich des Sozialversicherungsrechts durch die Mehreingänge bereits zunichte gemacht worden sein könnte. Im Jahr 2005 entfielen auf jeden der 11 Richter am EVG durchschnittlich 200 Fälle, bei denen sie als Instruktionsrichter tätig sind, sowie 450 Fälle, denen sie mitwirkend tätig sind (Zirkulationsverfahren). Im Vergleich dazu sind die Bundesrichter in Lausanne durchschnittlich in 150 Fällen als Instruktionsrichter und bei weiteren 300 Fällen mitwirkend tätig. Das 41er Plenum, bestehend aus den Richterinnen und Richter beider Gerichte, hat
inzwischen entschieden, 9 Richter (übergangsrechtlich 10; das heisst bis zur Reduktion auf 38 Richter wird die 39.

Richterstelle der II. Sozialrechtlichen Abteilung in Luzern zugewiesen) in Luzern zu belassen, die weiterhin für die Sozialversicherungsfälle und neu zusätzlich für die verfassungsmässigen Sozialrechte (Art. 12 BV: Recht auf Hilfe in Notlagen) zuständig sein werden.

Im Weiteren erörterten die Subkommissionen Gerichte mit dem EVG die Auswirkungen der Fusion mit dem Bundesgericht. Mit dem Zusammenschluss verliert das EVG seine administrative Selbständigkeit. Der Sitz der Verwaltung wird in Lausanne sein. Im Bereich des Personals werden bis anhin bestehende Unterschiede in den Anstellungsbedingungen ausgeglichen. In Bezug auf die Regelung eines Konflikts unter Richtern des EVG aus dem Jahre 2004 teilte das EVG den Subkommissionen mit, dass der Konflikt der Vergangenheit angehöre und sich die mit Hilfe der Präsidenten der beiden Subkommissionen Gerichte der GPKs zustande gekommene gemeinsame Erklärung vom Januar 2005 bewährt habe. Ein Vorfall zwischen zwei Richtern, der sich inzwischen ereignete, habe aufgrund der Regeln zur Zusammen-

3174

arbeit und zum Konfliktmanagement150, die sich das EVG am 22. Februar 2005 gegeben hat, geregelt werden können.

4.4

Geschäftsbericht 2005 des Bundesstrafgerichts

Bei der Strafkammer waren Anfang des Jahres 2005 vier Verfahren und ein Revisionsverfahren hängig, die im Berichtsjahr entschieden wurden. Im Laufe des Jahres gingen 7 Anklagen ein, gleich viele wie im Vorjahr. Davon wurden 5 beurteilt, 2 waren Ende Jahr pendent. Die behandelten Fälle betrafen vor allem die alten Zuständigkeiten der Bundesstrafrechtspflege, nur zwei die neuen Zuständigkeiten, die durch die Effizienzvorlage begründet wurden (vgl. Ziff. 3.7.2). Die Strafkammer war im Berichtsjahr vor allem damit befasst, offene verfahrensrechtliche Fragen zu klären. Grössere Unklarheiten stellte die Strafkammer beim Vollzug ihrer Urteile fest. Diese Aufgabe wurde vom Bundesrat an die BA delegiert. Die Strafkammer sieht es als wenig zweckmässig an, dass sich die einzelnen Staatsanwälte mit Vollzugsfragen beschäftigen müssen, und schlägt die Schaffung einer zentralen Vollzugsstelle vor. Die Strafkammer ist daran, aus den verschiedenen Strafprozesstraditionen, welche die Richter aus der ganzen Schweiz mitgebracht haben, eigene einheitliche Prozessformen zu entwickeln, die Geschäftskontrolle zu verbessern und die Anlage der Akten zu vereinheitlichen und elektronisch zu erfassen. Als grosses Hindernis hat sich für die Strafkammer die Ausstandsregel (Art. 17 Abs. 3 SGG) erwiesen, wonach ein Richter in einem Fall nicht in der Strafkammer mitwirken kann, wenn er vorher im gleichen Fall in der Beschwerdekammer tätig gewesen ist.

In diesem Punkt müsste nach Meinung der Strafkammer der Gesetzgeber aktiv werden. Das BJ stellte in Aussicht, das Problem im Rahmen der Revision der Einführungsgesetzgebung im Zusammenhang mit der neuen Bundesstrafprozessordnung anzugehen.

Bei der Beschwerdekammer gingen 296 Beschwerden (Vorjahr 233) ein. 2003 waren bei der Anklagekammer des Bundesgerichts, deren Tätigkeit vom BStG per 1. April 2004 übernommen wurde, 148 Fälle eingegangen. Erledigt wurden im Berichtsjahr 292 Fälle (2004 186 Fälle). Zudem waren 181 Gesuche um Genehmigung von Telefonkontrollen (Vorjahr 164) zu behandeln. Die anfangs Jahr bestehenden Engpässe bei der Beschwerdekammer konnten im Laufe des Jahres mit zusätzlichem Personal aufgefangen werden. Die eingegangenen Beschwerden betrafen je zur Hälfte die alten und die neuen Bundesstrafrechtskompetenzen.

Beim URA, das administrativ und fachlich dem BStG untersteht,
gingen 2005 25 Verfahren von der BA ein (Vorjahr 37 Verfahren). Der Grund für den Rückgang dürfte darin liegen, dass die BA gemäss einem Übereinkommen mit dem URA die Fälle bis zu einem höheren Instruktionsgrad bearbeitet als bisher. Von den 25 Neueingängen eröffnete das URA 23 Voruntersuchungen. Gleichzeitig schloss das URA 18 Voruntersuchungen ab (Vorjahr 6). Ende 2005 waren 53 Voruntersuchungen pendent (Ende 2004 waren es 48 Voruntersuchungen). Die Pendenzen sind damit trotz des Rückgangs der Eingänge von der BA weiter angestiegen. Zur Milderung des Engpasses beim URA wurden im Berichtsjahr 2 zusätzliche Untersuchungsrichter angestellt sowie ein Staatsanwalt des Bundes als ausserordentlicher Untersu150

S. Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 20.1.2006 (BBl 2006 4318 f.).

3175

chungsrichter eingesetzt. Trotz der hohen Pendenzen beim URA und einer erwarteten weiteren Zunahme von eingehenden Verfahren von der BA zeigte sich die Beschwerdekammer des BStG gegenüber den zuständigen Subkommissionen der GPKs zuversichtlich, dass mit dem heutigen Personalbestand beim URA der Arbeitsanfall bis zum Inkrafttreten der Bundesstrafprozessordnung im Jahr 2010 bewältigt werden könne. Aufgrund eines Bundesgerichtsurteils ist das URA künftig auch zuständig für die Beurteilung von Haftentlassungsgesuchen im Rahmen von Ermittlungsverfahren.

Anlässlich der Aussprache mit den zuständigen Subkommissionen der GPKs erstattete die Beschwerdekammer auch Bericht über ihre Aufsichtstätigkeit über die BA.

Das BStG äusserte sich besorgt über die Verzögerung der eingehenden Anklagen seitens der BA. Die Beschwerdekammer stellte in Aussicht, dieses Problem im Rahmen ihrer Aufsicht näher zu untersuchen (vgl. Ziff. 3.7.2).

4.5

Weitere von den GPKs behandelte Berichte

Wie jedes Jahr behandelten die GPKs auch 2006 eine grosse Anzahl von Berichten, sei dies im Rahmen des Geschäftsberichts des Bundesrats oder unabhängig davon.

Folgende Berichte wurden geprüft: Bundeskanzlei -

Bericht des Bundesrats über Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahr 2005 (teilweise)

EDI -

Rechenschaftsbericht 2005 zum ETH-Bereich

-

Jahresbericht 2004 des Bundesamts für Sozialversicherung nach Artikel 76 ATSG

-

Reporting im Personalwesen von ETH und Swissmedic nach Artikel 5 BPG

EJPD ­

Geschäftsbericht 2005 der Eidgenössischen Rekurskommissionen

­

Jahresbericht 2005 der Eidgenössischen Spielbankenkommission

-

Rechenschaftsbericht 2005 des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (IGE)

-

Personalreporting des IGE nach Artikel 5 BPG

VBS -

Bericht zur Eignerstrategie des Bundesrats für die Rüstungsunternehmen des Bundes 2005

-

Geschäftsbericht und Finanzbericht 2005 der RUAG

3176

EFD -

Jahresbericht 2005 der EBK

-

Geschäftsbericht 2005 der Publica

-

Jahresbericht 2005 des EPA zur Umsetzung des Bundespersonalgesetzes

-

Evaluationsbericht über die Personalbefragung 2005 (Bundesverwaltung)

-

Personalreporting 2005 der Publica nach Artikel 5 BPG

EVD -

Bericht über Einzelheiten der Kriegsmaterialausfuhr im Jahr 2005

UVEK -

Berichte 2005 über die Erreichung der strategischen Ziele von SBB AG, Post und Swisscom

-

Geschäftsbericht 2005 der SBB

-

Geschäftsbericht 2005 der Post

-

Geschäftsbericht 2005 der Swisscom

-

Geschäftsbericht 2005 der Skyguide

-

Controlling-Bericht 2005 zur Bahn 2000

-

Standberichte 2005 der Neat

-

Standbericht über den Anschluss der Ost- und der Westschweiz an das europäische Eisenbahn-Hochleistungsnetz

Verschiedenes -

Rechenschaftsbericht 2005 der SNB

3177

Jahresbericht 2006 der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle

Anhang 1

Anhang zum Jahresbericht 2006 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 19. Januar 2007

3178

Die Aktivitäten der PVK im Jahr 2006 auf einen Blick Von Jahr zu Jahr nimmt die Regelungsdichte des Bundesrechts zu, und die Revisionszyklen der bestehenden Gesetze werden immer kürzer. Doch sind die gesetzgeberischen Massnahmen auch wirksam? Werden sie effizient umgesetzt, erreichen sie ihre Ziele und können sie die Probleme lösen, die zu ihrer Formulierung Anlass gaben? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK), das Kompetenzzentrum der Bundesversammlung für Politikevaluationen.

Die PVK blickt auf ein vielseitiges und anspruchsvolles Geschäftsjahr zurück. Im Auftrag der Geschäftsprüfungskommissionen von National- und Ständerat (GPKs) konnten vier Projekte erfolgreich abgeschlossen werden. Unsere Studie zur Ressortforschung in der Bundesverwaltung zeigt, dass die in diesem Bereich gesteckten Reformziele ­ u.a. eine bessere Koordination zwischen den einzelnen Akteuren und die strategische und finanzielle Planung mittels Forschungskonzepten ­ nur zum Teil erreicht werden konnten. Der neu geschaffene, überdepartementale Steuerungsausschuss funktioniert als blosse Informationsdrehscheibe und hat ­ mangels griffigen Instrumenten ­ kaum verbindlichen Einfluss auf die Steuerung der Ressortforschung. Die Forschungskonzepte ihrerseits sind von sehr unterschiedlicher Qualität: Während einige Forschungskonzepte bei der Formulierung von Themenschwerpunkten stehen bleiben, setzen andere zusätzlich noch inhaltliche, zeitliche und finanzielle Prioritäten. Eine aussagekräftige Ressourcenplanung wird jedoch oft nur rudimentär vorgenommen, was ein nachträgliches Controlling erschwert (vgl.

Ziff. 2.1.1).

Aus der Evaluation der strategischen Führung der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) geht hervor, dass letztere bei der strategischen und thematischen Ausrichtung ihrer Programme einen grossen Spielraum hat und die Steuerung von Bundesrat und Departement gering sind. Obwohl die DEZA für ihre konkrete Projektarbeit im In- und Ausland grosse Anerkennung geniesst, fällt auf, dass das Engagement der DEZA in der strategischen Ausrichtung wenig fokussiert ist.

Auch war es der DEZA zum Zeitpunkt der Studie nicht möglich, transparent darzulegen, welches Geld in welche Projekte geflossen ist. Umso stärker legitimiert und steuert die DEZA ihre Aktivitäten über ein
komplexes und nur schwer überschaubares System von Strategiepapieren. Ob dieses Vorgehen effizient und zweckmässig ist, wird in der Evaluation in Frage gestellt (vgl. 2.1.2).

Der Beizug externer Experten durch die Bundesverwaltung steht immer wieder in der Kritik. Unsere Untersuchung ­ die bisher umfangreichste Bestandesaufnahme dieser Art ­ zeigt, dass die zentrale Bundesverwaltung bei konservativer Schätzung allein im Jahr 2004 rund 600­700 Millionen Franken für Expertenmandate ausgegeben hat. Dabei fällt unter anderem auf, dass die meisten Dienststellen bei der Vergabe von Expertenmandaten eine zu geringe Wettbewerbsorientierung aufweisen und die grosse Mehrheit der Departemente das Management des Expertenbeizugs der ihnen unterstellten Ämter nicht oder nur sehr schwach steuern (vgl. 2.1.3).

3179

Im Anschluss an ihre im Jahr 2005 abgeschlossene Evaluation der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht untersuchte die PVK im Rahmen eines Kurzprojekts den speziellen Aspekt des Kinderschutzes in diesem Bereich. Ergebnis: Zwischen 2002 und 2004 nahmen die zuständigen Behörden in 17 Kantonen insgesamt 355 Minderjährige oder vermutlich Minderjährige in Ausschaffungshaft. Fast 60 % der betroffenen Minderjährigen wurden über vier Tage inhaftiert; 14 % blieben über drei bis neun Monate in Haft. In fast allen Kantonen sind Minderjährige in Ausschaffungshaft nicht getrennt von Erwachsenen untergebracht. Auch erhalten sie in den meisten Kantonen keine besondere Betreuung. Eine eigentliche Rechtsvertretung stellen nur einzelne Kantone und zumeist nur unter ganz bestimmten Bedingungen einer minderjährigen Person zur Seite (vgl. 2.1.4).

Gestützt auf Vorschläge der PVK beauftragten die GPKs die PVK in der ersten Hälfte 2006 mit vier neuen Mandaten, mit deren Abschluss im zweiten oder dritten Quartal 2007 zu rechnen ist. Das in letzter Zeit gehäufte Auftreten von Naturkatastrophen verleiht dem laufenden Projekt zum Umgang des Bundes mit Naturgefahren eine besondere Aktualität. In ihm wird der Frage nachgegangen, ob die Bundessubventionen im Zusammenhang mit Naturgefahren auf einer kohärenten Rechtsgrundlage beruhen, ob sie aufeinander abgestimmt sind und ob sie zweckmässig eingesetzt werden (vgl. 2.2.1).

Im Zentrum unserer Evaluation des Immobilienmanagements im zivilen Bereich der Bundesverwaltung steht die Frage, ob die entsprechenden Rechtsgrundlagen ein effizientes Immobilienmanagement erlauben, ob insbesondere die Zuständigkeitsordnung zwischen dem Bundesamt für Bauten und Logistik und den Nutzerorganisationen angemessen ist und ob die entsprechenden strategischen Vorgaben angemessen vollzogen werden (vgl. 2.2.2).

Im aktuellen Projekt «Rüstungsbeschaffung im VBS» wird unter anderem untersucht, wie die rüstungspolitischen Grundsätze des Bundesrats umgesetzt werden, wie die Zusammenarbeit der in den Beschaffungsprozess involvierten Partner funktioniert und welche Auswahlkriterien bei Beschaffungsentscheiden mit welcher Gewichtung zur Anwendung kommen. Es stellt sich zudem die Frage, ob das Parlament mit der nötigen Information versorgt wird, um seine Steuerungsfunktion in diesem Bereich wirksam wahrnehmen zu
können (vgl. 2.2.3).

Mit der Auditierung des Bundesamts für Sport (BASPO) im Auftrag der GPK des Ständerats geht die PVK in methodischer Hinsicht neue Wege. Die GPKs verfügen über ein breites und zweckmässiges Instrumentarium; es kam aber in letzter Zeit seitens verschiedener Mitglieder der Wunsch auf, dieses Instrumentarium mit so genannten «Geschäftsprüfungsaudits» zu ergänzen. Diese sollen die Strukturen, Prozesse und Leistungen einzelner Bundesstellen und deren strategische Führung durch das zuständige Departement bzw. den Bundesrat beurteilen. Im Rahmen des Pilotprojekts zum BASPO soll die PVK eine entsprechende Methodologie entwickeln und die Machbarkeit und den Nutzen eines solchen Audits abschätzen (vgl. 2.2.4).

3180

Die PVK ist zwar hauptsächlich, aber nicht ausschliesslich im Bereich der parlamentarischen Oberaufsicht aktiv. Mit der Evaluation der Kulturstiftung Pro Helvetia im Auftrag der ständerätlichen Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur schloss sie im Jahr 2006 erstmals eine Untersuchung zuhanden einer Legislativkommission ab. Unsere Evaluation kommt zum Schluss, dass Pro Helvetia einen wichtigen Beitrag zur Förderung des Kulturschaffens und zur kulturellen Landesrepräsentation leistet. Sie zeigt aber auch, dass das Profil der Stiftung nicht klar gegen jenes anderer öffentlicher Kulturförderstellen abgegrenzt ist, die Führungsstruktur revisionsbedürftig ist, die Stiftung sich mit Prioritätensetzungen schwer tut und ­ trotz merklicher Verbesserungen in letzter Zeit ­ immer noch zu hohe Gemeinkosten aufweist. Der Vernehmlassungsentwurf zur neuen Gesetzesgrundlage der Stiftung bringt aus Sicht der PVK zwar einige Verbesserungen, bleibt aber in einigen Punkten deutlich hinter den vom Bundesrat selbst formulierten Zielmarken zurück (vgl. 3.1).

Last but not least war die PVK im Jahr 2006 mit Fachbeiträgen zur Politikevaluation in der politik- und verwaltungswissenschaftlichen Lehre verschiedener Universitäten aktiv. Die Tätigkeit der PVK ist dieses Jahr zudem verstärkt auf das Interesse von Kantonsparlamenten gestossen, die die parlamentarische Steuerung und Kontrolle der Verwaltung optimieren wollen; so haben sich z.B. die zuständigen Organe der Kantone Basel Stadt und Luzern direkt von der PVK über ihren Auftrag und ihre Arbeitsweise informieren lassen.

3181

Abkürzungsverzeichnis ANAG ARAMIS BAG BAK BASPO BBl BBL BFS BIT BSV BV DEZA EDA EDI EDV EFD EFK EJPD EZ GPK-N GPKs GPK-S GS UVEK GS VBS KFG KPA NRM OECD ParlG ParlVV PHG PLANAT 3182

Bundesgesetz vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (SR 142.20) Administration Research Action Management Information System Bundesamt für Gesundheit Bundesamt für Kultur Bundesamt für Sport Bundesblatt Bundesamt für Bauten und Logistik Bundesamt für Statistik Bundesamt für Informatik und Telekommunikation Bundesamt für Sozialversicherung Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (SR 101) Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Eidgenössisches Departement des Innern Elektronische Datenverarbeitung Eidgenössisches Finanzdepartement Eidgenössischen Finanzkontrolle Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Entwicklungszusammenarbeit Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Geschäftsprüfungskommission des Ständerats Generalsekretariat des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Generalsekretariat des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Kulturförderungsgesetz (im Entwurfsstadium) Konferenz der Präsidien der Aufsichtskommissionen und -delegationen Neuen Rechnungsmodells des Bundes Organisation for Economic Co-operation and Development Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz; SR 171.10) Verordnung der Bundesversammlung vom 3. Oktober 2003 zum Parlamentsgesetz und über die Parlamentsverwaltung (Parlamentsverwaltungsverordnung; SR 171.115) Bundesgesetz vom 17. Dezember 1965 betreffend die Stiftung «Pro Helvetia» (SR 447.1) Nationale Plattform Naturgefahren

PVK SiK-N SR UN UVEK VBS VILB WBK-S

Parlamentarische Verwaltungskontrolle Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats Systematische Rechtssammlung United Nations (Vereinte Nationen) Eidgenössisches Departement für Verkehr, Umwelt, Energie und Kommunikation Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Verordnung vom 14.12.1998 über das Immobilienmanagement und die Logistik des Bundes (SR 172.010.21) Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerats

3183

Bericht 1

Die PVK ­ Evaluationsdienst der Bundesversammlung

Das Kerngeschäft der Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) ist die Durchführung von Evaluationen. Diese stellen angesichts der vielfältigen Aufgaben des Staats und der knappen öffentlichen Finanzen ein wichtiges Instrument der wirkungsorientierten Staatsführung dar. In Ergänzung zum klassischen Instrumentarium der politischen Kontrolle untersuchen Evaluationen die Konzeption, die Umsetzung und die Wirkungen staatlicher Massnahmen mit wissenschaftlichen Methoden. Sie analysieren, wie gesetzliche Vorgaben durch die vollziehenden Behörden umgesetzt werden und prüfen, ob die angestrebten Effekte einer Massnahme auch tatsächlich eingetreten sind. Sie decken allfällige Schwachstellen in der Konzeption und im Vollzug einer Massnahme auf und liefern Hinweise, wie diese überwunden werden können.

Im parlamentarischen Bereich werden Evaluationen sowohl von den Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPKs) als auch von den Legislativkommissionen eingesetzt. Den GPKs obliegt die Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrats, der Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte und weiterer Träger von Bundesaufgaben. Sie nehmen ihren Kontrollauftrag unter anderem mittels Inspektionen, Dienststellenbesuchen und der Prüfung der Geschäftsberichte der zu beaufsichtigenden Organe wahr. Angesichts der Komplexität der zu überprüfenden Aufgaben haben sich in Ergänzung dazu Evaluationen als wichtiges Instrument der parlamentarischen Oberaufsicht etabliert.

Neben dem Bereich der Oberaufsicht kommen Evaluationen auch im Handlungsbereich der Legislativkommissionen zum Einsatz. In diesem Rahmen dienen sie ­ ex ante ­ der Folgenabschätzung geplanter Gesetzesprojekte oder ­ ex post ­ der Wirksamkeitsüberprüfung eines bestehenden Erlasses im Hinblick auf eine anstehende Revision. Gestützt auf Artikel 170 der revidierten Bundesverfassung (BV) bezeichnet das per 1. Dezember 2003 in Kraft getretene Parlamentsgesetz (ParlG) die Überprüfung der Wirksamkeit der Massnahmen des Bundes als Aufgabe aller Kommissionen.1 Evaluationen sind zeitaufwändig und methodisch anspruchsvoll. Die Kommissionen delegieren ihre Durchführung deshalb an professionelle Fachstellen. Die PVK ist im Zuge der Professionalisierung der parlamentarischen Oberaufsicht Anfang der 1990er Jahre geschaffen worden. Die Aufgaben dieser
Fachstelle sind in Artikel 10 der Parlamentsverwaltungsverordnung (ParlVV)2 umschrieben. Die PVK führt Evaluationen im Auftrag der GPKs durch und weist diese auf Themen hin, die einer vertieften Abklärung bedürfen. Zudem überprüft die PVK die Qualität von verwaltungsinternen Evaluationen und deren Verwendung in Entscheidungsprozessen. Mit wissenschaftlicher Expertise unterstützt die PVK ebenfalls die Legislativkommissionen und überprüft auf deren Antrag die Wirksamkeit von Massnahmen des Bun1 2

Art. 44 Abs.1 Bst. e des Bundesgesetzes vom 13.12.2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG, SR 171.10).

Verordnung der Bundesversammlung vom 3.10.2003 zum Parlamentsgesetz und über die Parlamentsverwaltung (Parlamentsverwaltungsverordnung (ParlVV); SR 171.115).

3184

des. Die PVK berät die parlamentarischen Kommissionen schliesslich auch bei der politischen Verarbeitung von Evaluationsergebnissen.

Die Berichte der PVK finden in den Entscheidungsprozessen von Parlament und Exekutive vielerlei Verwendung. Sie sind Grundlage von Handlungsempfehlungen der GPKs zuhanden der kontrollierten Organe und von parlamentarischen Vorstössen. Sie fliessen in die Revision von Gesetzen und Verordnungen und in verwaltungsinterne Reformprozesse ein. Die Berichte werden in der Regel veröffentlicht.

Sie können bei der PVK bestellt oder von ihrer Homepage unter www.parlament.ch (Kommissionen/PVK) herunter geladen werden.

Die PVK arbeitet auf der Basis von Einzelaufträgen der parlamentarischen Kommissionen. Sie ist Teil der Parlamentsdienste und in administrativer Hinsicht dem Sekretariat der GPKs unterstellt. In wissenschaftlicher Hinsicht ist die PVK selbständig und orientiert sich an den einschlägigen Standards der Evaluationsforschung. Die PVK koordiniert ihre Aktivitäten mit den anderen Kontrollorganen des Bundes und pflegt den fachlichen Austausch mit Hochschulen, privaten Forschungsinstituten und staatlichen Evaluationsorganen im In- und Ausland.

Zur Erfüllung seines Auftrags steht der PVK ein interdisziplinär zusammengesetztes Forschungsteam mit 360 Stellenprozenten und ein administratives Sekretariat zur Verfügung. Die PVK verfügt über weit reichende Informationsrechte. Sie verkehrt mit allen Behörden, Amtsstellen und übrigen Trägern von Bundesaufgaben direkt und kann von ihnen zweckdienliche Auskünfte und Unterlagen einholen. Die Auskunftspflicht wird nicht durch das Amtsgeheimnis beschränkt. Die PVK sorgt für den Schutz ihrer Informationsquellen und behandelt ihre Evaluationsergebnisse bis zum formellen Publikationsbeschluss der Kommissionen vertraulich. Sie kann externe Sachverständige beiziehen und ihnen die notwendigen Rechte zuweisen.

2 2.1 2.1.1

Projekte im Auftrag der GPKs Abgeschlossene Projekte Steuerung der Ressortforschung des Bundes

Der Grundsatz, dass der Bund Ressortforschung durchführt, ist weitgehend unbestritten. In der Vergangenheit gaben aber die konkrete Praxis und die mangelnde Transparenz in diesem Bereich stets wieder zu kritischen Fragen Anlass. Der Bundesrat hat darauf mit Reformen reagiert, u.a. mit der Einsetzung eines überdepartementalen Steuerungsausschusses für eine bessere Koordination in der Ressortforschung oder mit der Einführung von mehrjährigen Forschungskonzepten nach Politikbereich zur Verbesserung der thematischen und finanziellen Planung. Trotzdem übten verschiedene Kreise aus Politik und Wirtschaft weiterhin Kritik an dieser Forschung. Die Ressortforschung hat einen Umfang von 250 Millionen Franken jährlich (2005).

Vor diesem Hintergrund hat die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats (GPK-N) am 2. Juni 2005 die PVK mit einem Evaluationsmandat beauftragt, das auf die Kompetenzaufteilung im Behördenarrangement der Ressortforschung, die Beurteilung der Forschungskonzepte und deren Umsetzung fokussiert ist. Die PVK hat das Mandat öffentlich ausgeschrieben und am 17. August 2005 die Firma Landert Farago Partner mit der Durchführung der Evaluation beauftragt.

3185

Im Rahmen der Evaluation kamen folgende Methoden zur Anwendung: eine detaillierte Dokumentenanalyse insbesondere der neun Ressortforschungskonzepte aus der Periode 2004­2007 und der vier Forschungskonzepte 2000­2003 sowie eine Auswertung der Ressortforschungsdatenbank Administration Research Action Management Information System (ARAMIS), deren Einträge im Hinblick auf die Umsetzung der Forschungskonzepte analysiert wurden. 36 persönliche Gespräche mit den für die Konzepte Verantwortlichen haben die Ergebnisse der Dokumentenanalysen ergänzt und validiert. Die wichtigsten Resultate der Evaluation sind nachfolgend kurz zusammengefasst.

Beurteilung des politisch-administrativen Programms In diesem Untersuchungsteil haben die Evaluatoren Fragen zu den Rechtsgrundlagen der Ressortforschung, den Kompetenzen und Ressourcen, den beteiligten Akteuren sowie den eingesetzten Koordinationsinstrumenten beantwortet.

Was die allgemeinen Rechtsgrundlagen (z.B. Forschungsgesetz und -verordnung) angeht, so sind sie laut Landert Farago Partner nur in sehr genereller Weise auf die Ressortforschung anwendbar. Die organisationelle Ausgestaltung des zentralen Steuerungsorgans, nämlich des Steuerungsausschusses, basiert auf einem Bundesratsbeschluss. Entsprechend seiner schwachen formal-rechtlichen Abstützung fällt auch die zugehörige Kompetenzzuweisung dürftig aus; eine gehaltvolle Kompetenzerteilung an den Departement übergreifenden Steuerungsausschuss zur Steuerung von Inhalten und Ressourcen in der Ressortforschung fehlt. Die inhaltlichen Rechtsbestimmungen für die einzelnen Politikbereiche finden sich in unterschiedlichen Spezialgesetzen. Diese sind jedoch noch immer zu allgemein gefasst, als dass sie unmittelbar auf die Konkretisierung der Ressortforschungskonzepte Anwendung finden könnten.

Genau so unspezifisch wie die rechtlichen Grundlagen sind auch die Kompetenzen und Ressourcen, über welche die Akteure in Bezug auf die Ressortforschung formell verfügen. Ein getreues Abbild dieser Situation ist der Steuerungsausschuss, der genau über diese Punkte nicht entscheiden kann noch will. So werden im Ausschuss die Konzepte zwar zur Kenntnis genommen, es gibt aber kein formelles Genehmigungsverfahren oder geeignete (Rück)-Weisungsmöglichkeiten. Zudem wurde schon in einer frühen Phase explizit festgelegt, dass Budgetfragen
in der Kompetenz der Ämter verbleiben. Damit hat der Steuerungsausschuss ­ im Kontrast zu seinem Namen ­ die wichtigsten Instrumente zur Steuerung aus der Hand gegeben.

Den verschiedenen Politikbereichen stehen sehr unterschiedliche Forschungsressourcen zur Verfügung. Deren Höhe verhält sich nicht proportional zu den Aufgabenfeldern des jeweiligen Bereichs. Während für das Bundesamt für Landwirtschaft und seine Forschungsanstalten im Jahr 2005 über siebzig Millionen Franken budgetiert waren oder für die Entwicklungszusammenarbeit sechzig Millionen, waren beim Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) nur knapp 770 000 Franken für Ressortforschung reserviert (siehe Tabelle 1). Dies wirkt sich in letzterem Fall bei politischen Problemkonjunkturen ungünstig auf die Wissensbereitstellung aus.

3186

Tabelle 1 Ressourcenübersicht 2003­2006 (in Tausend CHF) Federführendes Amt

Bundesamt für Raumentwicklung Bundesamt für Strassen Bundesamt für Energie Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft Bundesamt für Sport Direktion für Sicherheitspolitik/VBS armasuisse/Wissenschaft und Technologie3 Politische Abteilung/EDA Zentrum für internationale Sicherheitspolitik DEZA1 Bundesamt für Kultur Bundesamt für Gesundheit Bundesamt für Sozialversicherung Bundesamt für Berufsbildung und Technologie Bundesamt für Landwirtschaft Agroscope

Rechnung 2003

Rechnung 2004

Budget 2005

Voranschlag 2006

1 792 7 899 34 905

2 176 9 470 29 139

1 993 6 643 24 174

1 8572 7 800 22 600

5 330 294 300

6 097 2 987 298

3 336 2 950 300

4 837 2 950 0

14 485 2 160

14 400 2 519

15 295 2 600

16 000 2 600

515 65 726 402 13 050 1 217

354 59 608 79 16 003 743

620 60 000 683 21 417 768

620 60 000 315 16 214 606

1 473 6 487 68 000

2 182 6 004 70 192

3 700 6 421 65 098

3 500 6 230 62 613

Quelle: Landert Farago Partner nach Bundesämter und ARAMIS 1 Mandate (rund 1/10) und Beiträge (ca. 9/10) zusammengefasst 2 schriftliche Auskunft dieses Bundesamtes 3 über ein Amtsforschungskonzept abgedeckt, aber nicht Bestandteil des Politikbereichs (Aussen)Sicherheits- und Friedenspolitik

Akteurseitig sind in jedem Fall die jeweils federführenden Ämter ausschlaggebend, die auch den Hauptanteil der Finanzierung aus ihren Budgets bestreiten. Im Steuerungsausschuss und in der nachgeordneten so genannten Koordinationsgruppe der Forschungsspezialisten, in Ämter und zum Teil Departement übergreifenden Konsultationen sowie in Experten- und Beratungsgremien finden Kontakte, Gespräche und Know-how-Transfers statt. Die wesentlichen Entscheide fallen aber in aller Regel in den federführenden Ämtern. So gesehen handelt es sich bei den Konzepten im Wesentlichen um Amtskonzepte, obschon sie nominell weiter gefasste Politikbereiche abdecken.

Auf einer allgemeinen, Ämter übergreifenden Ebene erweisen sich die Ressortforschungskonzepte somit in erster Linie als Informations- und Koordinationsinstrumente mit nur bescheidenen Steuerungsmöglichkeiten. Der Steuerungsausschuss funktioniert im Sinne einer Informationsdrehscheibe, und in der Koordinationsgruppe wird materiell fruchtbare Arbeit geleistet. Auf der Basis der Projektdatenbank ARAMIS stellt das Staatsekretariat für Bildung und Forschung die zentralen Controllingdaten über die Ressortforschung zusammen. Eine weitergehende Grobsteuerung findet mangels griffiger Steuerungsinstrumente aber nicht statt. Für 3187

Koordinations- und Informationszwecke schätzen Landert Farago Partner die Konzepte in ihrer bisherigen Gestalt demnach als zweckmässig ein, nicht aber für eine Ämter übergreifende aktive Steuerung der Ressortforschung.

Beurteilung der aktuellen Forschungskonzepte Mit Blick auf den inhaltlichen Umfang der Forschungskonzepte kommt die Evaluation zum Schluss, dass diese tatsächlich einen Grossteil der Forschungstätigkeit des Bundes abdecken. Grössere Themenlücken treten aktuell auf, weil drei der vorgesehenen Konzepte aus Ressourcen- und anderen Gründen nicht zustande kamen (Soziale Sicherheit, Berufsbildung, Kultur). Die Amtsfokussierung schuf noch weitere Lücken: Das Konzept «Nachhaltige Raumentwicklung und Mobilität» etwa schliesst dem Namen nach die Wohnforschung zwar mit ein, die entsprechenden Aktivitäten des Bundesamt für Wohnungswesen jedoch laufen parallel und weitgehend unverbunden.

Zwischen den Forschungskonzepten, der Legislaturplanung und den Prioritäten der Bundespolitik, wie sie etwa in den «Herausforderungen 2003­2007» des Perspektivstabs der Bundesverwaltung festgehalten sind, gibt es eine gewisse Entsprechung.

Nur war der Einfluss eher von ersteren auf letztere gerichtet, zumal die meisten Konzepte früher definiert worden sind und nicht wenige Konzeptverantwortliche für den Perspektivstab Inputs beisteuerten.

Zwischen den einzelnen Forschungskonzepten gibt es mannigfaltige Schnittstellen.

Zum Teil werden in den Konzepten selber begriffliche Anstrengungen unternommen, um solche Schnittstellen zu klären. Die Konzepte gehen auch im Rahmen von Forschungsstand und Themenschwerpunktsetzung auf Schnittstellenfragen ein.

Diesbezüglich und hinsichtlich Informationsfunktion sind die Forschungskonzepte bei allen Unterschieden in Ausführlichkeit, Tonalität und Gestaltung indessen schlüssig redigiert. Doppelspurigkeiten auf Konzeptebene liessen sich nicht feststellen.

Einige Forschungskonzepte bleiben bei der Formulierung von Themenschwerpunkten stehen. Andere setzen zusätzlich noch inhaltliche, zeitliche und finanzielle Prioritäten. Die entsprechende Mittelaufteilung, d.h. eine aussagekräftige Ressourcenplanung, wird jedoch oft nur rudimentär vorgenommen, was ein nachträgliches Controlling erschwert. Detaillierte Aufstellungen der vorgesehenen Finanzflüsse zu den Themenprioritäten gehören
zum Kern einer konzeptuellen Planung und sollten entsprechend sorgfältig dargelegt werden, damit Exekutive und Parlament begründete (auch abweichende) Entscheide treffen können.

In Bezug auf eine weitergehende Bewertung der Qualität der Konzepte verbietet sich gemäss den Evaluatoren eine einfache Aussage; zu gross sind die Unterschiede im Einzelnen. Insbesondere im Ausmass an Evaluationserfahrungen und Wirksamkeitsüberprüfungen bestehen zwischen den Ämtern noch erhebliche Unterschiede, aber auch beim Forschungsmanagement, vor allem der Mandatsvergabe und Projektbegleitung; schwerpunktmässig sind diese Defizite eher auf der Stufe der Konzeptumsetzung angesiedelt. Diese Forschungsphasen sind aber mindestens so steuerungsrelevant wie die Konzepterarbeitung.

Festzuhalten bleibt, dass die Ressortforschungskonzepte als Steuerungsinstrumente den Ämtern die Möglichkeit eröffnen, ihre Forschung in den entsprechenden Politikbereichen bis zu einem gewissen Grade zu koordinieren und kohärente inhaltliche und ressourcenmässige Verteilungen vorzunehmen. Auf dieser Ebene kann die 3188

konkrete Themensteuerungs- und Mittelallokationsfunktion ebenso wie der Hauptteil der Qualitätssicherung wahrgenommen werden. Die Steuerung geschieht aber nicht überall und nicht überall mit der gleichen Konsequenz. Hier bestehen Optimierungspotentiale, für deren Realisierung eine nachdrücklichere Aktivität des Steuerungsausschusses in diesen Fragen wohl unumgänglich ist, damit die Ressortforschungskonzepte auch in übergeordneter Perspektive als zweckmässig beurteilt werden können.

Beurteilung der Umsetzung früherer Forschungskonzepte Schliesslich wurde die Frage der Umsetzung der fünf Forschungskonzepte aus der Periode 2000­2003 untersucht. Auskunft über die selbst durchgeführten und in Auftrag gegebenen Forschungsprojekte gibt grundsätzlich die Datenbank ARAMIS.

Die nähere Prüfung hat allerdings ergeben, dass eine Analyse nach Ressourcenaufwand und Themenschwerpunkten gemäss den Forschungskonzepten für die meisten Politikbereiche kaum durchführbar ist. Dies hat damit zu tun, dass die Rubriken der Projekteinträge bislang wenig kongruent waren mit den Themen und Prioritäten der Konzepte. So lange dies so ist, ist eine zuverlässige quantitative Auswertung von ARAMIS im Hinblick auf die Themenschwerpunkte der Forschungskonzepte kaum möglich.

Dennoch ist aufgrund der qualitativen Ergebnisse unzweifelhaft, dass wegen interner und externer Einflussfaktoren Abweichungen zwischen den Konzepten und ihrer Umsetzung vorhanden sind. Personelle Wechsel, Reorganisationen, interne Mittelumlagerungen zum einen, Reaktionen der Ämter auf kurzfristige, nicht vorhersehbare Herausforderungen und auf Anfragen aus der Politik zum andern, nicht zuletzt auch Budgetänderungen des Parlaments und Veränderungen des internationalen Forschungsumfeldes setzen der Planbarkeit von Forschung auch im anwendungsnahen Bereich Grenzen.

Nach Kenntnisnahme des Evaluationsstudie von Landert Farago Partner am 3. Mai 2006 hat die GPK-N in ihrem am 23. August 2006 veröffentlichten Bericht die politischen Schlussfolgerungen gezogen und verschiedene Empfehlungen an den Bundesrat gerichtet.

2.1.2

Kohärenz und strategische Führung der Aktivitäten der DEZA

Die DEZA ist die Hauptakteurin der schweizerischen öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit (EZ). Sie geniesst sowohl in der Schweizer Bevölkerung wie auch bei ihren Partnerländern grosse Anerkennung für ihre Arbeit.3 Dennoch waren im Laufe der letzten Jahre vermehrt Stimmen zu hören, welche die Verzettelung der Projekte, die fehlende Transparenz bei der Mittelvergabe und eine mangelnde strategische Ausrichtung der Programme und Projekte der DEZA kritisierten.

3

Vgl. auch Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) (2005): DAC Peer Review «Switzerland». Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) (2005): Auftragsvergabe der Direktion für Entwicklungszusammenarbeit: Wirtschaftlichkeitsprüfung.

Transparenz im internationalen Entwicklungshilfe-Rating (Mo.NR 05.3017), Lobbying politique à la DDC (04.5172), Mieux cibler l'aide au développement (Ip. Pfister 04.3500).

Le Matin dimanche du 26.9.2004: «Le Parlement hausse le ton. Interrogations et enquête autour de l'activisme de la DDC».

3189

Vor diesem Hintergrund hat die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats (GPK-S) die PVK im Juni 2005 mit der Untersuchung der Kohärenz und der strategischen Führung der DEZA beauftragt.

Die Untersuchung verfolgte zwei Stossrichtungen. Ein erster Teil befasste sich mit der Rechtmässigkeit der inhaltlichen Ausrichtung der Programme und Projekte der DEZA. Mit der Durchführung dieses Teils der Untersuchung hat die PVK die Firma B,S,S, Volkswirtschaftliche Beratung beauftragt. Das Expertenteam hat die gesetzlichen, rechtlichen und strategischen Vorgaben der EZ analysiert und diese anhand der Auswertung der Projektdatenbank der DEZA den effektiv realisierten Projekten gegenübergestellt. Der zweite Teil der Untersuchung befasste sich mit der strategischen Führung der DEZA. Sie ging der Frage nach, ob die rechtlichen und strategischen Vorgaben zur Steuerung der EZ der DEZA zweckmässig sind, und ob sie bei der Strategieformulierung auch eingehalten wurden.

In Bezug auf den ersten Teil der Untersuchung zeigt der Bericht auf, dass sich die Projekte der DEZA, bis auf wenige Ausnahmen, im Rahmen der gesetzlichen, rechtlichen und strategischen Vorgaben bewegen. Aus dem Bericht geht aber ebenfalls hervor, dass die Vorgaben für die EZ der DEZA eine sehr geringe Fokussierung vorweisen und die DEZA de facto einen grossen Handlungsspielraum für die inhaltliche Ausrichtung ihrer Programme und Projekte hat. Zudem hat die Untersuchung gezeigt, dass in den Vorgaben von Parlament und Bundesrat keine konkreten Zielgrössen für die öffentliche schweizerische EZ formuliert sind, was die Überprüfung der Zielkonformität und der Wirksamkeit der Projektarbeit der DEZA schwierig macht.

Ausgehend von diesem relativ grossen Handlungsspielraum der DEZA konnte anhand der Auswertung der Projektdatenbank der DEZA aufgezeigt werden, dass die strategische Ausrichtung der Projekte der DEZA effektiv sehr breit und wenig fokussiert ist. Wie aus der Tabelle 2 hervorgeht, unterstützte die DEZA 2005 beispielsweise Projekte in 42 verschiedenen Sektoren mit jeweils relativ kleinen Budgets:

3190

Tabelle 2 Sektorzuordnung der DEZA-Projekte Sektor

2005 (bis 29.11.)

Administrative Costs Agricultural Research Agriculture/General Aid to Refugees Basic Health Care Culture and Recreation Decentralisation / Democratis.

Drinking Water / Basic Sanit.

Education/General Emergency Food Aid Emergency/Distress Relief Employment Energy Environment Protection Financial Intermediaries Financial Sector / General Food Crop Production Forestry Development Governance/General Health and Population/General Health Infrastructure Higher Education

13.7% 2.8% 3.4% 5.8% 2.8% 0.8% 3.8% 1.9% 2.6% 4.7% 17.1% 0.5% 0.4% 3.5% 0.6% 1.2% 1.9% 1.1% 2.7% 5.9% 0.8% 0.9%

Sektor HIV/AIDS Housing Human Rights Inform. & Communic.Techn.(ICT) Information Land Mine Clearance Legal and Judicial Development Livestock Medical Research Post-Conflict Peace Building Primary Education Public Sector Financial Mgmt.

Reconstruction Rural Development Small&Med.Enterpr.Developm.SME Social Welfare Trade Policy Transportation Vocational Training Waste Management / Disposal Water Resources Protection Water/General

2005 (bis 29.11.)

0.6% 0.7% 1.5% 0.9% 0.8% 0.1% 1.2% 0.6% 0.2% 1.4% 0.6% 0.1% 1.3% 3.0% 1.9% 0.8% 0.0% 1.4% 2.0% 0.3% 0.2% 1.3%

Quelle: Projektdatenbank der DEZA

Der Bericht der PVK wirft in diesem Zusammenhang die Frage der Wirksamkeit dieser breiten Ausrichtung auf.

Ein weiterer wichtiger Befund der Untersuchung bestand in der Feststellung, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung die Datenerfassung der Projekte in der Projektdatenbank der DEZA (SAP Module) nicht genügend transparent war und Lücken aufwies.

Die Graphik 1 illustriert diese Intransparenz. Sie zeigt, dass 46 % der Mittel der DEZA der Kategorie «not specified», also nicht spezifiziert, zugeordnet sind. Die Projektdatenbank erlaubte somit keine detaillierte Kontrolle der Budget- und Projektvergaben.

3191

Abbildung 1 Hilfsgelder der DEZA nach Ländern und Regionen unterteilt Hilfsgelder nach Ländern 2005 Summe (bis 29.Nov.): 1 069 606 394

13%

8%

1% 7% 3% 4%

Regionen zugeordnet Not specified

46%

EZA: Schwerpunktländer EZA: Sonderprogramme

18%

EZA: mögliche künftige Länder Osthilfe: Schwerpunktländer Osthilfe: übrige Länder sonstige Länder

Quelle: Projektdatenbank der DEZA

Das bestehende Behördenarrangement zur Steuerung der EZ der DEZA wurde als grundsätzlich zweckmässig beurteilt. Die Steuerung der EZ wird auf der Ebene des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), aber auch innerhalb der DEZA über eine grosse Anzahl Koordinationsmomente und -instrumente wahrgenommen. Die Untersuchung kommt jedoch zum Schluss, dass die politisch-strategische Führung durch Parlament, Bundesrat und Departement verstärkt werden könnte, um eine gewisse Kohärenz zu garantieren. Auch könnte eine regelmässigere Aktualisierung der bestehenden Führungsinstrumente des Bundesrats zu mehr Kohärenz und Fokussierung der EZ beitragen. Zum Zeitpunkt der Untersuchung wird festgestellt, dass die Führung stark an die DEZA delegiert ist. Der grosse Wille zur Koordination konnte auch im Rahmen der Fallstudien zu den Strategieentwicklungsprozessen der Kooperationsprogramme festgestellt werden.

Für die strategische Steuerung verfügt die DEZA über eine sehr grosse Anzahl und eine sehr komplexe Struktur von Strategien und Leitlinien. Der Bericht wirft die Frage auf, ob eine so komplexe Strategiearchitektur nicht zu einer Übersteuerung der EZ durch die DEZA neigt. Ausgehend vom Grundsatz der EZ der DEZA, der den Partnerländern ein möglichst grosses Mitgestaltungsrecht bei der thematischen und strategischen Ausrichtung der Projekte zugestehen will, stellt sich auch die Frage nach der Effizienz und insbesondere der Effektivität der Strategien der DEZA.

Das Festlegen konkreter Kriterien, spezifischer thematischer Schwerpunkte und Kernkompetenzen auf der Ebene der Kooperationsstrategien und in Abstimmung mit den Bedürfnissen der Partnerländer könnte die Transparenz der Aktivitäten der

3192

DEZA verbessern, ohne dabei auf eine so umfangreiche Strategiearchitektur zurückzugreifen.

2.1.3

Beizug von externen Experten in der Bundesverwaltung

Der angeblich stetig wachsende und wenig transparente Beizug externer Experten durch die Verwaltung gibt in Medien und Politik immer wieder Anlass zu Kritik.

Ebenfalls im Raum steht der Vorwurf, dass die Verwaltung immer mit den gleichen Experten zusammenarbeiten und die Mandate nicht ausschreiben würde. Vor diesem Hintergrund hat die GPK-S die PVK mit einer breiten Bestandesaufnahme zu den Expertenmandaten der Bundesverwaltung beauftragt. Dabei sollte ein besonderes Augenmerk auf die Vergabepraxis gelegt werden.

Die PVK hat deshalb bei den Dienststellen des ersten Kreises der Bundesverwaltung eine Vollerhebung der Expertenmandate des Jahres 2004 durchgeführt. Aufgrund einer parallel laufenden Querschnittsprüfung der Eidg. Finanzkontrolle (EFK)4 zur Vergabe und Abwicklung von Dienstleistungsmandaten wurden allerdings das Bundesamt für Gesundheit (BAG), das BSV, das Bundesamt für Statistik (BFS) sowie die Generalsekretariate des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (GS VBS) und des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (GS UVEK) von der Erhebung ausgenommen. Insgesamt wurden der PVK von 50 Dienststellen Angaben zu den im Jahr 2004 laufenden Mandaten geliefert. Die vertiefte Kontrolle der Daten bei fünf Dienststellen hat gezeigt, dass die Erhebung gemessen am Zahlungsvolumen etwa vier Fünftel des Expertenbeizugs der befragten Dienststellen abbildet und damit die bisher vollständigste Datengrundlage zum Expertenbeizug der zentralen Bundesverwaltung darstellt.

Umfang und Profil des Expertenbeizugs In der Erhebung der PVK meldeten die befragten Dienststellen über 6000 Mandate, für welche im Jahre 2004 rund 490 Millionen Franken ausgegeben wurden. Berücksichtigt man die angesprochenen Lücken in der vorliegenden Erhebung, dürfte die zentrale Bundesverwaltung im Jahre 2004 bei konservativer Schätzung rund 600 bis 700 Millionen Franken für Expertenmandate ausgegeben haben.

Die zehn Dienststellen mit dem umfangreichsten Expertenbeizug geben rund drei Viertel der in der Erhebung erfassten Mittel aus. Die Unterschiede zwischen den Departementen sind dabei gross: Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement wendete im Jahr 2004 gut 12 Millionen für Expertenmandate auf. Die entsprechenden Zahlungen sind beim EDA, beim
Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) und beim Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) um die zehn Mal höher.

Der relativ grösste Teil der erfassten Zahlungen, rund 160 Millionen Franken, wird für Informatikdienstleistungen ausgegeben. Ebenfalls grosses finanzielles Gewicht kommt Mandaten im Bereich der politikorientierten Forschung und Beratung zu 4

EFK: Querschnittprüfung Dienstleistungsaufträge. Bericht über die Beschaffung von Dienstleistungen in fünf Bundesämtern, 31.1.2006.

3193

(rund 144 Mio. CHF). Ein deutlich geringeres Gewicht haben Mandate im Bereich von Aus- und Weiterbildung sowie der Organisationsentwicklung. Noch geringer sind die Aufwendungen für Mandate im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit.

Abbildung 2 Inhalt der Mandate (Anzahl Mandate und Zahlungen 2004) 100% 518 90%

123

80% 2431

70%

60%

144

Andere Pol. Beratung und Forschung

50%

Informatiksdienstleistung

40% 1890

Organisation/Ausbildung 30%

160 Öffentlichkeitsarbeit

20% 923 10%

0%

42 18 Zahlungsvolumen 2004 (Mio. CHF)

374 Anzahl Mandate

Quelle: PVK

Im Bundesamt für Informatik (BIT) fliessen die Mittel fast ausschliesslich in so genannte Personalstellungsverträge, die sich nur der Form nach von (befristeten) Anstellungen unterscheiden. Die entsprechenden Ausgaben schlagen sich aber weder in den Personalausgaben, noch in der Personalstatistik des Bundes nieder. Die vorliegenden Daten erlauben keine Beurteilung der Zweckmässigkeit der Praxis im BIT. Die Grössenordnung der Personalstellung im BIT wirft aber Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit, sowie auf das Verhältnis zwischen den im Mandatsverhältnis Arbeitenden und den öffentlich-rechtlich angestellten Mitarbeitern im BIT.

3194

Für Mandate, die erst gegen Jahresende lanciert werden, richtet die Verwaltung im Vergleich zur Laufzeit überproportional hohe Zahlungen aus. Dies weist darauf hin, dass Expertenmandate dazu genutzt werden, allenfalls noch vorhandene Kreditreste aufzubrauchen. Es werden kurz vor Jahresende Mandate vergeben, in deren Rahmen Vorauszahlungen für erst im Folgejahr zu leistende Arbeiten gewährt werden (so genanntes «Dezemberfieber»). Diese Praxis ist nur in begründeten Ausnahmefällen statthaft. Das Ausmass, welches sie in gewissen Dienststellen annimmt, ist zumindest erklärungsbedürftig.

Das Profil der Auftragnehmer ist stark geprägt von kommerziellen Anbietern, welche vier Fünftel der Expertenmandate wahrnehmen und dafür rund zwei Drittel des jährlichen Zahlungsvolumens beanspruchen. Im Hinblick auf die Verteilung der Mittel zeigen sich deutliche Konzentrationstendenzen. Die zwölf grössten der insgesamt über 2300 Auftragnehmer erhielten im Jahr 2004 rund einen Fünftel der gesamten Mittel. Die Hälfte der Mittel verteilte sich auf nur rund 3 % der Auftragnehmer. Verschiedene Dienststellen weisen zudem einen hohen Anteil an Folgeaufträgen auf, wobei häufig auch grössere Volumen (über 50 000 CHF) als Folgeaufträge vergeben werden. Im Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) beanspruchten Folgeaufträge im Jahr 2004 über die Hälfte der Mittel.

Beschaffungspraxis Die empirischen Ergebnisse zeichnen das Bild einer wenig wettbewerbsorientierten Vergabe von Expertenmandaten. Sechs von zehn Franken fliessen in Mandate, welche freihändig vergeben werden. Auch Mandate mit Auftragswerten über 50 000 Franken, welche im Grundsatz in einem Wettbewerbsverfahren zu vergeben sind, werden gemessen am Zahlungsvolumen zu mehr als der Hälfte in freihändigen Verfahren vergeben (vgl. dazu Abbildung 3).

3195

Abbildung 3 Vergabepraxis bei Mandaten mit einem Volumen von mehr als 50 000 Franken (Zahlungsvolumen 2004) Keine Angabe zum Vergabeverfahren; 23.8; 6%

Vergabe im Wettbew erb; 145.4; 37%

Freihändige Vergabe; 228.4; 57%

Quelle: PVK

Vergleichsweise hoch ist die Wettbewerbsorientierung im EFD, wobei das Bild in diesem Departement stark von grossen, im Wettbewerb vergebenen Mandaten im Informatik- und Organisationsbereich (NOVE-IT, Neues Rechnungsmodell) geprägt ist. Sehr wenig Wettbewerb herrscht dagegen bei Vergaben im EJPD und im EDA, gering ist die Wettbewerbsorientierung auch im VBS und den untersuchten Dienststellen des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI). Auf der Ebene der einzelnen Dienststellen fällt auf, dass gerade die grössten Auftraggeber des Bundes wenig Wettbewerb schaffen. Zum Beispiel werden bei armasuisse nur rund 13 % des Zahlungsvolumens für Mandate über 50 000 Franken im Wettbewerb vergeben.

Für eine insgesamt geringe Wettbewerbsaffinität der vergebenden Stellen spricht auch die auffällige Häufung von Mandaten, welche den Schwellenwert für eine wettbewerbliche Vergabe knapp unterschreiten. Ob dieser Befund auch als Abbild einer nicht statthaften Stückelung grosser, ausschreibungspflichtiger Mandate in mehrere «unterschwellige» Mandate zu lesen ist, lässt sich aufgrund der vorhandenen Daten weder bestätigen noch widerlegen.

Das insgesamt wenig wettbewerbsfreundliche Gesamtbild entspricht sehr genau den Erkenntnissen der Querschnittsprüfung der Finanzkontrolle. Die Finanzkontrolle beurteilte den Anteil freihändiger Vergaben in den fünf von ihr untersuchten Dienststellen (BAG, BFS, BSV, GS UVEK, GS VBS) als zu hoch.

3196

Zwar ist der hohe Anteil freihändiger Vergaben nicht mit einer systematischen Verletzung des Beschaffungsrechts gleichzusetzen. Der nicht ausreichend geklärte Geltungsbereich und die zahlreichen Ausnahmebestimmungen des Beschaffungsrechts werden aber von der Verwaltung in einer Weise ausgelegt, welche die Beibehaltung einer in ihren Augen bewährten und eingespielten Praxis erlaubt. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung haben sich die Dienststellen denn auch immer wieder auf den eingeschränkten Geltungsbereich und vor allem die Ausnahmeregelungen des Beschaffungsrechts berufen, um freihändige Vergaben von Mandaten über den Schwellenwerten zu begründen. Im Rahmen dieser Untersuchung wurde das Vorliegen der entsprechenden Ausnahmetatbestände nicht geprüft. Die EKF moniert in ihrer Querschnittsprüfung aber, dass die Ausnahmeregelungen des Beschaffungsrechts zu grosszügig ausgelegt wurden.

Insgesamt ist also festzuhalten, dass der Grundsatz einer wettbewerbsorientierten Vergabe beim Beizug externer Experten nicht in ausreichendem Masse gelebt wird.

Nur leicht überspitzt ist die Formulierung, dass in weiten Teilen der Verwaltung in genauer Umkehrung des beschaffungsrechtlichen Grundsatzes, wenn immer rechtlich möglich, keine Wettbewerbslage geschaffen wird. Der unklare Geltungsbereich und die Ausnahmetatbestände im Beschaffungsrecht erleichtern diese Praxis. Konsequenz: Das Beschaffungsrecht ist für einen bedeutenden Teil der tatsächlichen Vergabe von Expertenmandaten nicht relevant.

Die Tatsache, dass eine Minderheit von Dienststellen eine stark wettbewerbsorientierte Vergabepraxis ausweist, ist ein Indiz dafür, dass eine offensivere Interpretation des Vergaberechts auch im Bereich von Expertenmandaten möglich ist. Der gleiche Schluss lässt sich aus der Untersuchung der EFK zur Vergabe von Mandaten durch die DEZA ziehen.5 Ein internationaler Vergleich (Norwegen, Dänemark) hatte ergeben, dass in anderen Ländern vergleichbare Mandate in der Regel im Wettbewerb vergeben werden. Die Schaffung von Wettbewerb dürfte zudem in vielen Fällen Sinn machen, in denen dies aus rechtlicher Sicht nicht zwingend ist. Anstatt nach rechtlichen Gründen zu suchen, die für einen Ausschreibungs-Verzicht sprechen, müsste der Blick in Zukunft vermehrt auf die Vorteile des Wettbewerbs gerichtet werden. Die laufende Revision
des Beschaffungsrechts kann hier sicher einen Beitrag leisten. Es ist aber zweifelhaft, ob der angesprochene Perspektivenwechsel allein mit rechtlichen Mitteln bzw. allein mit der Schaffung verbesserter normativer Grundlagen zu erreichen ist. Eher ins Auge zu fassen sind flexiblere Formen der Steuerung. Damit ist die Führungsverantwortung der Departemente und Ämter angesprochen, denen die Verantwortung für den Einsatz externer Experten zukommt.

Departementale Steuerung der Vergabepraxis Die Verantwortung für die Umsetzung des Beschaffungsrechts bei der Vergabe von Expertenmandaten liegt nach den Regeln des allgemeinen Organisationsrechts bei den Departements- und Amtsleitungen. Die Bedeutung von Departements- und Amtsleitung ist vor allem für Mandate mit einem Volumen zwischen 50 000 und 248 950 Franken gross, weil das Beschaffungsrecht hierfür zwar eine wettbewerbliche Vergabe fordert, aber keine Rekursmöglichkeiten vorsieht.

5

EFK: Auftragsvergaben der DEZA. Wirtschaftlichkeitsprüfung. Oktober 2005.

3197

Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass die allermeisten Departemente die Vergabepraxis der zugehörigen Ämter gar nicht oder nur schwach steuern. Am stärksten entwickelt ist die Wettbewerbsthematik im Bereich der normativen Vorgaben ­ immerhin vier Departemente haben Weisungen (oder zumindest eine Wegleitung) erlassen, in welchen die Vergabepraxis reguliert wird. Wesentlich schwächer ist dagegen die Umsetzung dieser Vorgaben, sowohl was die institutionelle Verankerung als auch die effektiv ergriffenen Massnahmen anbelangt. Einzig das VBS verfügt über eine zumindest im Ansatz vollständige und kohärente Steuerung.

Die weitgehende Steuerungsabstinenz der Departemente spiegelt auch die im Rahmen der Gespräche zur vorliegenden Untersuchung vertretene Ansicht, wonach eine aktive Rolle der Departemente weder angemessen noch notwendig und angesichts knapper Personalressourcen auch nicht realistisch sei. Dabei fällt auf, dass die befragten Personen das Ausmass der Probleme (die hohen Anteile der freihändigen Vergabe) unterschätzen. Vor diesem Hintergrund muss aber in Frage gestellt werden, ob eine «Generaldelegation» der Verantwortlichkeiten geeignet ist, einer wettbewerbsorientierten Vergabe zum Durchbruch zu verhelfen. Zumal eine departementale Steuerung der Vergabe mit geringem Aufwand und unter Wahrung der inhaltlichen Autonomie der Dienststellen durchaus realistisch erscheint. In diesem Zusammenhang stellt sich sogar die Frage, ob nicht innerhalb bestehender Prozesse (mit möglicherweise leicht angepassten Instrumenten) ein zweckmässiges und schlankes Controlling der Vergabe zu erreichen wäre. Angesichts der erheblichen Investitionen, welche in den letzten Jahren in informatikbasierte Führungsinstrumente geflossen sind, wäre bezüglich des einzusetzenden Instrumentariums ein einheitliches Vorgehen der gesamten Bundesverwaltung zu prüfen. Allenfalls könnten mit einer bundesweit verbindlichen EDV-Standardlösung zur Erfassung und Verwaltung von Dienstleistungsaufträgen weit reichende Synergien gewonnen, die Prozesse über das Instrument effizient gesteuert und der Beschaffungsprozess durch das Kompetenzzentrum Beschaffung des Bundes besser unterstützt werden. In Frage käme etwa eine Lieferanten- und Vertragsdatenbank, wie sie von der Finanzkontrolle in ihrem Bericht zur Querschnittsprüfung Dienstleistungsverträge
empfohlen wird. Vermutlich führt kein Weg am zwar sparsamen, aber konsequenten Einsatz derartiger Instrumente vorbei, will man dem Wettbewerbsgedanken in der Vergabe von Expertenmandaten in Zukunft die nötige Nachachtung verschaffen.

2.1.4

Kurzprojekt: Kinderschutz im Rahmen der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht

Die Evaluation der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht (ANAG) der PVK hat aufgezeigt, dass in den untersuchten Kantonen auch Jugendliche in Ausschaffungshaft genommen worden sind.6 Dieses in der Evaluation nicht näher analysierte Ergebnis hat die GPK-N aufgegriffen und am 24. August 2005 beschlossen, die Handhabung der Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft in Bezug auf minderjährige Personen selber abzuklären. Insbesondere sollte überprüft werden, ob beim Vollzug

6

Evaluation der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht. Schlussbericht der PVK vom 15.3.2005 zuhanden der GPK-N, (BBl 2006 2603).

3198

der Haft die Bestimmungen der Kinderrechtekonvention7, z.B. in Bezug auf die Haftbedingungen, eingehalten werden.

Um die Anwendungspraxis der Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft bei Minderjährigen in Erfahrung zu bringen, hat die GPK-N am 14. November 2005 einen Fragebogen an alle Kantone gesendet. Die PVK hat die schriftlichen Antworten von 25 Kantonen in einem Kurzbericht ausgewertet und diesen am 29. März 2006 der zuständigen Subkommission vorgestellt.8 Die Antworten auf die Fragen der GPK-N waren hinsichtlich Datenqualität nicht immer befriedigend. So konnten die Kantone Basel-Stadt und Luzern bloss Schätzungen angeben oder der Kanton Zürich nur sehr grob strukturierte Daten liefern.

Die Auswertung der Umfrage zum Kinderschutz im Rahmen der Zwangsmassnahmen im ANAG hat folgende Hauptergebnisse erbracht:

7 8

-

In 20 der befragten Kantone werden Jugendliche in Vorbereitungs- oder Ausschaffungshaft genommen. Dabei wurde nur in einem Einzelfall unterschieden, um welche Haftart es sich handelte. Generell scheint die Vorbereitungshaft aber äusserst selten zu sein, weshalb nachfolgend einzig von Ausschaffungshaft die Rede ist.

-

Die Kantone Genf, Neuenburg und Waadt kennen gesetzliche oder verwaltungsinterne Bestimmungen, die Ausschaffungshaft bei Minderjährigen verbieten. Der Kanton Tessin hat keine Minderjährige in Ausschaffungshaft gesetzt, weil er andere Massnahmen wie etwa Rückkehrprogramme bevorzugt. Der Kanton Glarus, der ebenfalls keine Minderjährige inhaftiert hat, belässt minderjährige betroffene Personen am Aufenthaltsort, bis Papiere vorliegen und eine Ausschaffung möglich ist. Die Kantone Appenzell Innerrhoden, Appenzell Ausserrhoden und Jura wenden Ausschaffungshaft auf Minderjährige an, hatten aber in den Untersuchungsjahren 2002­2004 keine solchen Fälle.

-

Zwischen 2002 und 2004 nahmen die zuständigen Behörden in 17 Kantonen insgesamt 355 Minderjährige oder vermutlich Minderjährige in Ausschaffungshaft. Fast die Hälfte davon stammt aus dem Kanton Zürich (162 Fälle), mit Abstand folgen die Kantone Basel-Landschaft (42 Haftfälle), Bern (39) und Basel-Stadt (24). Die Kantone Solothurn (16), Graubünden (14) und St. Gallen (12) wiesen zwischen 12 und 16 Fälle auf, die übrigen Kantone hatten weniger als 10 Fälle in drei Jahren. Alle Kantone mit über 10 Fällen plus der Kanton Uri wandten Ausschaffungshaft gegen Minderjährige in jedem der drei untersuchten Jahre an, bei den anderen gab es anordnungslose Jahre.

-

Gemäss der Auswertung ist die Haftdauer bei 36 % der Fälle mit bis zu vier Tagen sehr kurz. Bei 5 % der Fälle, die aus vier Kantonen stammen (Kantone Basel-Landschaft, Obwalden, Thurgau und Uri), kann die Haft sechs bis neun Monate dauern. Der Kanton Zürich hat angegeben, dass von den 162 inhaftierten Minderjährigen 74 Personen weniger als vier Tage in Haft waren und 88 länger. Nimmt man die Fälle aus dem Kanton Zürich mit den Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20.11.1989 (Kinderrechtekonvention KRK, SR. 0.107).

Die Auswertung der PVK wird nicht als separater Bericht der PVK publiziert; er bildet den Anhang des Berichts der GPK-N vom 7.11.2006.

3199

anderen Kantonen zusammen, so kann gesagt werden, dass fast 60 % der betroffenen Minderjährigen über vier Tage inhaftiert sind. Ein Vergleich der Auswertung der Haftdauer mit dem diesbezüglichen Gesamtergebnis der Evaluation der PVK (6952 Anzahl Haftfälle in fünf Kantonen zwischen 2001­2003, Minderjährige und Volljährige) zeigt indessen, dass bei den Minderjährigen ein prozentual höherer Anteil an Haft über vier Tagen angeordnet wird. Minderjährige werden also vergleichsweise länger in Haft gehalten als Volljährige.

-

Bei Familien mit Kindern gehen die meisten Kantone bei Anordnung von Haft gleich vor: Sie nehmen den Vater in Haft und lassen die Kinder in der Obhut der Mutter. Damit soll auch eine gänzliche Trennung der Kinder von den Eltern vermieden werden. Am Ausreisetag werden Mutter und Kinder polizeilich abgeholt und zum Flughafen gebracht, wohin in der Regel auch der Vater aus der Haft überführt wird. Die Häufigkeit solcher Fälle wird nicht beziffert. Einige Kantone präzisieren, dass dies absolute Ausnahmefälle seien. In zwei Kantonen wird die Inhaftierung ganzer Familien nicht ausgeschlossen.

-

In fast allen Kantonen sind Minderjährige in Ausschaffungshaft nicht getrennt von Erwachsenen untergebracht. Nur in zwei Kantonen, die allerdings keine Minderjährige inhaftiert hatten, wären sie getrennt von Erwachsenen, und ein Kanton gibt an, gemäss den kantonalen Rechtsgrundlagen sei es Pflicht, geeignete Räume zu finden.

-

Auf die Frage, ob Minderjährige in Ausschaffungshaft eine besondere Betreuung erhielten, antwortete das Gros der Kantone mit Nein. Die meisten wiesen daraufhin, dass für unbegleitete, minderjährige Asylsuchende schon bei Verfahrensbeginn ein Beistand oder ein Vormund ernannt werde. Diese würden in der Regel bei einer Haftanordnung dann auch orientiert.

-

Eine eigentliche Rechtsvertretung stellen nur einzelne Kantone und zumeist nur unter ganz bestimmten Bedingungen einer minderjährigen Person zur Seite.

Die GPK-N hat ihren auf der Auswertung der PVK basierenden Bericht am 7. November 2006 verabschiedet.

2.2

Neu begonnene Projekte im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht

Die PVK beobachtet die verschiedenen Bereiche der Bundespolitik und weist die GPKs auf Themen hin, die aus ihrer Sicht einer vertieften Abklärung aus der Optik der parlamentarischen Oberaufsicht bedürfen.

Im November 2005 unterbreitete die PVK den GPKs eine Liste mit Evaluationsanträgen zu folgenden Themen: -

Aufsicht des Bundes im Bereich der Unfallversicherung

-

Gesundheitsstatistik

-

Koordination und Finanzflüsse im Bereich des Schutzes vor Naturgefahren

3200

-

Zweckmässigkeit und Kohärenz der Finanzierungsinstrumente im Bereich des öffentlichen Verkehrs

-

Transparenz bei den Prämienerhöhungen der obligatorischen Krankenversicherung

-

Immobilienmanagement des Bundes im zivilen Bereich

-

Personalpolitik des Bundes

-

Parallelimporte von Heilmitteln

-

Effizienz der Umsetzung des Chemiewaffenübereinkommens

-

Präsenz Schweiz

-

Subsidiäre Einsätze der Armee zur Wahrung der inneren Sicherheit: Kosten ­ Nutzen?

-

Transparenz und Kontrolle des Beschaffungswesens beim VBS

-

Repression in der Drogenpolitik

-

Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte der Kinder

-

Wachstumspolitik Schweiz: Schwachstellen im Wissens- und Technologietransfer

Zudem schlug die PVK die Auditierung eines Bundesamts im Bereich EDA/VBS vor. Mit diesem Pilotprojekt sollte der Nutzen und die Machbarkeit von Audits als neuem Kontrollinstrument der GPKs an einem konkreten Beispiel erprobt werden.

Gestützt auf diese Liste beauftragten die GPKs die PVK daraufhin mit der Ausführung folgender vier Mandate: -

Evaluation zum Umgang des Bundes mit Naturgefahren

-

Immobilienmanagement des Bundes im zivilen Bereich

-

Rüstungsbeschaffung im VBS

-

Pilotprojekt «Geschäftsprüfungsaudit» im Bundesamt für Sport (BASPO)

Im Folgenden präsentieren wir die Ausgangslage und den Stand der Arbeiten dieser Projekte.

2.2.1

Umgang des Bundes mit Naturgefahren

Im August 2005 waren es massive Überschwemmungen, am 31. Mai 2006 war es der Felssturz von Gurtnellen: Beide Ereignisse haben sehr deutlich vor Augen geführt, welche Bedrohung Naturphänomene für den schweizerischen Siedlungsund Lebensraum haben können. Wichtige Aufgaben im Bereich Naturgefahren liegen in der Zuständigkeit der Kantone, wobei der Bund die Wahrnehmung dieser Aufgaben u. a. mit Abgeltungen und Finanzhilfen unterstützt. Dabei sind auf Bundesebene mehrere Akteure betroffen, darunter das Bundesamt für Umwelt, das Bundesamt für Strassen, das Bundesamt für Bevölkerungsschutz oder das Bundesamt für Raumentwicklung. Jährlich gibt der Bund rund 370 Millionen Franken im Zusammenhang mit Naturgefahren aus; allein 220 Millionen Franken fliessen in Präventionsmassnahmen wie Schutzverbauungen oder Schutzwälder (vgl. Abbildung 4).

3201

Abbildung 4 Bundesmittel nach Naturgefahr und Massnahmenart (in Mio. CHF/Jahr)

Extremtemperaturen

Art der Naturgefahr

Sturm Gew itter

Prävention Intervention

Erdbeben

Regeneration

Law inen

Grundlagen

geologische Massnahmen Hochw asser

0

20

40

60

80

100

120

140

Mio.Fr./Jahr

Quelle: PVK nach Daten PLANAT, Teilprojekt A, S. 23.9

Der Schutz vor Naturgefahren auf Bundesebene ist entlang der verschiedenen Sektoren (Wasser, Wald, Strassen) konzipiert. Die bestehenden gesetzlichen Grundlagen decken indessen nicht alle Arten von Naturgefahren (z.B. Erdbeben, Sturm) ab. Von der PVK befragte Experten haben die gesetzliche und konzeptionelle Ausrichtung im Umgang mit Naturgefahren denn auch kritisch hinterfragt. Hinsichtlich des Vollzugs wurde festgehalten, dass nicht immer nachvollziehbar ist, weshalb welche Schutzmassnahme aus welcher Kasse finanziert wird und nach welchen Kriterien die Subventionsbeträge festgelegt werden; ferner wurde auf bestehende Doppelspurigkeiten und eine unklare Zuständigkeitsverteilung aufmerksam gemacht. Vor einem solchen Hintergrund ist zudem zu fragen, inwiefern der Bund die Aufsicht über den kantonalen Vollzug wahrnimmt.

Der Umgang mit Naturgefahren scheint stark Ereignis getrieben zu funktionieren und weniger auf risikobasierten Einschätzungen. Dies stellt die bestehende (ungleiche) Aufteilung der Bundesmittel auf die verschiedenen Gefahrenarten und Massnahmenkategorien auch unter Effizienzgesichtspunkten in Frage. Bemängelt werden in diesem Zusammenhang die fehlende strategische Ausrichtung, die unklaren Prioritäten des Bundes bei den Schutzmassnahmen und sein mangelndes strategisches Controlling. So werden vom Bund nur ganz bestimmte Massnahmearten 9

PLANAT (2004): Strategie Naturgefahren Schweiz. Synthesebericht in Erfüllung des Auftrags des Bundesrats vom 20.8.2003. S. 61.

http://www.naturgefahren.ch/ressources/planat_product_de_ 543.pdf.

PLANAT (2004): Strategie Naturgefahren Schweiz. Umsetzung des Beschlusses des Bundesrats vom 20.8.2003. Teilprojekt A: Gesamtübersicht. Schlussbericht. (noch unveröffentlicht).

3202

subventioniert, was in den Kantonen dazu führt, auf andere Massnahmen zu verzichten, beispielsweise auf organisatorische Vorkehrungen als Ersatz für baulichtechnische Präventionsmassnahmen, selbst wenn erstere viel kostenwirksamer wären.

Vor diesem Hintergrund hat die zuständige Subkommission der GPK-N die PVK am 3. Juli 2006 mit der Durchführung einer Evaluation zum Umgang des Bundes mit Naturgefahren beauftragt. In der Evaluation soll die PVK Fragen zur Konzeption, Transparenz, Rechtmässigkeit, Aufsichtstätigkeit sowie zur Wirksamkeit untersuchen. Folgende Hauptfragen sind zu beantworten: 1.

Sind die bestehenden Rechtsgrundlagen des Bundes zum Umgang mit Naturgefahren in sich und untereinander kohärent? Sind sie eine geeignete Grundlage für eine effizienz- und risikoorientierte Subventionspraxis?

2.

Wie sind die vom Bund subventionierten Massnahmen im Umgang mit Naturgefahren hinsichtlich Transparenz und Rechtmässigkeit zu beurteilen?

3.

Ist die Aufsicht des Bundes über den kantonalen Vollzug im Umgang mit Naturgefahren geeignet, einen zweckmässigen Einsatz der Bundesmittel sicherzustellen?

4.

Ist die Gesamtheit der vom Bund subventionierten Massnahmen in einer oder mehreren Regionen der Schweiz hinsichtlich ihrer Wirksamkeit aufeinander abgestimmt und deckt sie die spezifischen Naturrisiken effektiv ab?

Bei der Beantwortung der Fragen wird auf methodischer Ebene ein Triangulationsverfahren, bestehend aus Dokumentenanalysen, Rechtsgutachten, Fallstudie(n) und Experteninterviews, zum Zuge kommen: -

Frage 1 wird durch ein externes Rechtsgutachten geklärt. Diese Mandat wurde nach einem Einladungsverfahren am 3. Oktober 2006 an das Institut für Terrestrische Ökosysteme, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (Projektleitung Dr. Erwin Hepperle) vergeben und soll Mitte Dezember 2006 vorliegen.

-

Die Fragen 2­4 werden in einer oder mehreren regionalen Fallstudien durch externe Experten beantwortet. Nach einem Einladungsverfahren wurde das Mandat am 20. September 2006 der Firma B,S,S. Volkswirtschaftliche Beratung AG, Basel übertragen. Die Fallstudien sollen Mitte Februar 2007 abgeschlossen werden.

-

Die Ergebnisse der beiden Mandate bilden die Grundlage für Interviews der PVK mit bundesinternen und -externen Stellen. Ziel dieses Untersuchungsschritts ist die Erarbeitung einer Gesamtsicht auf die Politik des Bundes im Umgang mit Naturgefahren und deren Beurteilung.

Die PVK wird der GPK-N ihre Ergebnisse Mitte 2007 unterbreiten.

2.2.2

Immobilienmanagement des Bundes im zivilen Bereich

Mit dem Immobilienmanagement des Bundes ist das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) beauftragt. Das BBL stellt einen der grössten Bauherren der Schweiz dar und sorgt für die Unterbringung der zivilen Bundesverwaltung. Es 3203

verfolgt im Bereich des Immobilienmanagements das Ziel, möglichst viele Verwaltungseinheiten in bundeseigenen Liegenschaften unterzubringen.

Sein Immobilien-Portfolio umfasst rund 2 800 Immobilien, in denen 22 000 Arbeitsplätze untergebracht sind. Der Wiederbeschaffungswert der zivilen Objekte wird auf knapp fünf Milliarden Franken geschätzt. Nebst den Verwaltungsgebäuden gehören auch Zollstationen, repräsentative Bauten sowie Botschaftsgebäude im Ausland zum Immobilienbestand des Bundes.

Das BBL begleitet die Bauten während des ganzen Lebenszyklus; es nimmt Einfluss als Bauherr und Ersteller wie auch als Vermieter und Bewirtschafter. Die Abteilungen Immobilienmanagement, Projektmanagement und Objektmanagement sind zuständig für Bau, Kauf, Miete, Nutzungsänderung, Bauwerkserhaltung und Rückbau.

Gemäss verschiedenen Experten hat das BBL Probleme bei der Konzeption und Umsetzung einer effizienten Betriebsstrategie. Trotz mehrerer Reorganisationen habe das BBL nie eine Reform der Schlüsselstrukturen eingeleitet. Ausserdem setze das BBL die durchaus vorhandenen guten Konzepte wenn überhaupt nur widerstrebend um. Nach Auffassung der gleichen Spezialisten haben die für das Immobilienmanagement verantwortlichen Personen innerhalb und ausserhalb des BBL kaum Anreize für wirtschaftliches Verhalten. Ausserdem lassen sich die heutigen Befugnisse und Mittel des BBL, mit welchen es die Normen und Standards bei den Benutzern (Bundesämtern) umsetzen kann, sowie die Auswirkungen des Neuen Rechnungsmodells des Bundes (NRM) in diesem Bereich, nur schwer einschätzen.

Vor diesem Hintergrund beauftragte die zuständige Subkommission der GPK-N die PVK am 27. März 2006 mit einer Untersuchung zu Kompetenzen und Koordination beim Immobilienmanagement des Bundes im zivilen Bereich.

Ausgehend von diesem Auftrag gliedert sich die Evaluation in folgende drei thematische Achsen: Ist mit der in den normativen Grundlagen festgehaltenen Kompetenzverteilung zwischen dem BBL und den Benutzerorganisationen ein modernes Immobilienmanagement möglich?

-

Sind die Ziele klar und zweckmässig?

-

Ist die Kompetenzverteilung sinnvoll?

-

Sind die Instrumente angemessen?

Ist die Umsetzung angemessen?

10

-

Ist die Strategie des BBL in Bezug auf die Beziehungen mit den Benutzerorganisationen im Einklang mit der Verordnung über das Immobilienmanagement und die Logistik des Bundes10?

-

Ist die Strategie an die Bedürfnisse der Benutzerorganisationen angepasst?

-

Kann mit der Organisation und den Abläufen, wie sie vom BBL festgelegt und umgesetzt werden, eine gute Koordination mit den Benutzerorganisationen gewährleistet und auf diese Weise deren Bedürfnissen begegnet werden?

Verordnung vom 14.12.1998 über das Immobilienmanagement und die Logistik des Bundes (VILB; SR 172.010.21).

3204

-

Wie ist die konkrete Berücksichtigung der Bedürfnisse der Benutzerorganisationen zu beurteilen?

-

Wenden die Benutzerorganisationen die Normen und Standards im Immobilienbereich an, zeigen sie wirtschaftliches Verhalten?

Ex-ante-Analyse der Einführung des NRM und des Mietermodells -

Werden die laufenden Reformen die Koordination zwischen dem BBl und den Benutzerorganisationen verbessern?

Die PVK wird ihren Schlussbericht voraussichtlich Anfang des zweiten Quartals 2007 unterbreiten.

2.2.3

Rüstungsbeschaffung im VBS

Die Rüstungsprogramme 2004 und 2005 gaben in der Öffentlichkeit wie auch in den parlamentarischen Beratungen Anlass zu kontroversen Diskussionen. Im Rüstungsprogramm 2004 lehnten beide Räte einen Kredit von 129 Millionen Franken für die Beschaffung von Genie- und Minenräumungspanzern ab. Weil sich die beiden Kammern zudem über die Beschaffung von zwei Transportflugzeugen (Kredit von 109 Mio. CHF) nicht einigen konnten, scheiterte das gesamte Rüstungsprogramm 2004. Bei beiden Geschäften wurde in der Debatte vor allem Zweifel daran geäussert, ob die Armee die beantragten Rüstungsgüter zur Erfüllung ihres Auftrages tatsächlich benötige. Im Rüstungsprogramm 2005 sorgte die Beschaffung von 20 leichten Transport- und Schulungshelikoptern (Eurocopter EC-635) im Umfang von 310 Millionen Franken erneut für harte Auseinandersetzungen, wobei vor allem die Typenwahl und die Transparenz der Evaluation in Frage gestellt wurden. Erst nach vertieften Abklärungen der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats (SiK-N) und entsprechenden Auflagen wurde der Kredit für die Beschaffung eines Schulungs- und Transporthelikopters von den Räten verabschiedet.

Die Kontroversen um die beiden letzten Rüstungsprogramme bilden den Kulminationspunkt der seit den 1980er-Jahren immer wiederkehrenden Kritik am Beschaffungswesen des VBS (z.B. in Zusammenhang mit Beschaffungen des Panzers Leopard, des F/A 18 Kampfflugzeugs; des Schützenpanzers CV 9030, des Gepäckkonzepts 04 etc.).

Der Bericht der SiK-N zur Helikopterbeschaffung, zahlreiche parlamentarische Vorstösse und Aufsichtseingaben an die GPKs geben Anlass zur Vermutung, dass die wiederkehrenden Probleme grundsätzlicher Natur sind.

Vor diesem Hintergrund haben die beiden Geschäftsprüfungskommissionen Ende Mai 2006 entschieden, die PVK mit einer Untersuchung der Thematik zu beauftragen. Aufgrund einer Projektskizze der PVK hat die GPK-N entschieden, die Untersuchung auf den Beschaffungsprozess zu fokussieren. Dabei sollen u. a. die folgenden Fragen abgeklärt werden: ­

Sind die normativen Vorgaben zur Rüstungsbeschaffung kohärent und zweckmässig?

­

Welche Akteure sind in welcher Form an der Rüstungsbeschaffung beteiligt?

Wie ist deren Zusammenarbeit zu beurteilen?

3205

­

Wie werden die gesetzlichen Vorgaben und die Grundsätze der Rüstungspolitik (Bundesratsbeschluss) im Rahmen der Beschaffung umgesetzt? Wie wird mit allfälligen Zielkonflikten umgegangen?

­

Welche Vorgaben und Kriterien regeln die Auswahl von und die Zusammenarbeit mit ausländischen Rüstungslieferanten? Wie werden entsprechende Vorgaben umgesetzt?

­

Wird die Wirtschaftlichkeit (und insbesondere der Preis) im Beschaffungsverfahren zum richtigen Zeitpunkt und mit angemessener Gewichtung berücksichtigt?

­

Wie sind die Dauer und der Aufwand des Evaluationsprozesses zu beurteilen?

­

Welche (Zwischen-) Ergebnisse des Evaluationsprozesses sind in welcher Form dokumentiert?

­

Sind die Zwischenentscheide im Beschaffungsverfahren untereinander kohärent, insbesondere im Hinblick auf die verwendeten Evaluationskriterien?

­

Stellt die Verwaltung dem Parlament Informationen bereit, welche eine wirksame parlamentarische Steuerung und Kontrolle der Rüstungsbeschaffung ermöglichen (Transparenz und Verständlichkeit)?

Im Zentrum der geplanten Untersuchung wird die Rekonstruktion der Umsetzung von ausgewählten Beschaffungsaufträgen stehen. Es sollen dabei sowohl grosse Vorhaben wie auch politisch weniger kontroverse Beschaffungen untersucht werden (z.B. Gepäck, Munition). Die vorliegenden Ergebnisse von Revisionen der EFK sowie des Finanzinspektorats VBS werden dabei berücksichtigt. Der Schlussbericht der PVK wird voraussichtlich im 3. Quartal 2007 vorliegen.

2.2.4

Pilotprojekt «Geschäftsprüfungsaudit» im Bundesamt für Sport

In ihrer Jahresplanung 2006 beauftragten die GPKs die PVK mit der Durchführung einer Pilotstudie zur Auditierung von Dienststellen des Bundes aus der Optik der parlamentarischen Oberaufsicht. Als konkretes Fallstudienobjekt wurde das BASPO gewählt. Was sind die Hintergründe dieses Entwicklungsvorhabens?

Die GPKs nehmen ihren Auftrag heute primär dadurch wahr, dass sie die Geschäftsberichte der Bundesbehörden prüfen, einzelne Dienststellen besuchen, Inspektionen und Evaluationen mit Unterstützung der PVK durchführen sowie Aufsichtseingaben von Dritten prüfen (Abbildung 5).

3206

Abbildung 5 Instrumente der GPK

Aufwand Evaluation Inspektion

?

Prüfung Geschäftsberichte Dienststellenbesuch Aufsichtseingaben

Untersuchungstiefe

Quelle: PVK

Eine kritische Bilanz dieses Instrumentariums im Rahmen des Rückblicks auf die letzte Legislaturperiode durch die GPKs ergab, dass dieses Kontrollinstrumentarium grundsätzlich zweckmässig ist, die Bilanz wies aber auch auf allfällige Lücken im Portfolio hin. So zeigte sich beispielsweise, dass sich Dienststellenbesuche zwar als Informationsmittel eignen, für komplexe Themen aber zu oberflächlich sind. Die inspizierten Dienststellen können ihre Informationsvorteile gegenüber den GPKs voll ausspielen und neigen nicht selten zu beschönigenden Darstellungen. Auf der anderen Seite des Spektrums eignen sich zwar die Inspektionen und insbesondere die Evaluationen der PVK zur Abklärung komplexer Sachverhalte, sind aber sehr aufwändig und nicht immer zeitgerecht verfügbar. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund regten GPK-Mitglieder an, die PVK könnte jährlich ein bis zwei Dienststellen der Verwaltung (z.B. ein Bundesamt, ein Generalsekretariat, ein eidgenössisches Gericht, eine Kommission oder Stiftung des Bundes) einer näheren Prüfung unterziehen.

Das geplante Audit soll das bestehende Instrumentarium der GPKs sinnvoll ergänzen. Typische Fragestellungen des Audits sind etwa, ob die untersuchte Dienstelle eine klare Strategie verfolgt, ob sie eine zweckmässige Führungsstruktur aufweist und ob ein ausreichendes Managementinformationssystem besteht. Aber auch die Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen oder die strategische Führung und Kontrolle der untersuchten Dienststelle durch das Departement und den Bundesrat sind wichtige Untersuchungsfragen. Das Geschäftsprüfungsaudit soll die «Flughöhe» der parlamentarischen Oberaufsicht halten und sich nicht in die Einzelheiten der operativen Verwaltungsführung einmischen. Ferner ist das Geschäftsprüfungsaudit sinnvoll gegenüber den Instrumenten und Aktivitäten der Finanzaufsicht zu positionie3207

ren, um Doppelspurigkeiten zu vermeiden. Im Gegensatz zum fallspezifischen Vorgehen von Inspektionen und Evaluationen soll das geplante Audit einer weitgehend standardisierten Methodik folgen, wodurch der Durchführungsaufwand auf 35­45 Personentage begrenzbar sein sollte.

Vor diesem Hintergrund haben die GPKs der PVK den Auftrag erteilt, eine Methodik für die Auditierung von Bundesstellen zu skizzieren und diese im Sinne einer Pilotstudie auf das BASPO anzuwenden. Auf dieser Grundlage werden die GPKs im Jahr 2007 den konkreten Nutzen des Geschäftsprüfungsaudits beurteilen und über dessen allfällige Einführung im Kontrollinstrumentarium der GPKs beschliessen.

Die zuständige Subkommission der GPK-S erwartet den Schlussbericht der PVK im Laufe des 2. Quartals 2007.

3 3.1

Wirksamkeitsüberprüfungen gemäss Artikel 170 BV Evaluation Pro Helvetia

Die Kulturstiftung Pro Helvetia befindet sich seit einigen Jahren in einem intensiven Erneuerungsprozess. Neben internen Reformen wird gegenwärtig auf der Grundlage von Artikel 69 der revidierten BV auch der gesetzliche Handlungsrahmen der Stiftung neu justiert: Mit dem neuen Kulturförderungsgesetz (KFG) will der Bund Schwerpunkte in der Kulturförderung bilden, Partnerschaften zwischen den verschiedenen Akteuren fördern und namentlich auch die Zuständigkeiten der verschiedenen Kulturförderstellen des Bundes entflechten. Mit dem total zu revidierenden Pro-Helvetia-Gesetz (PHG) sollen die Organisationsstrukturen der Stiftung modernisiert werden.

Vor diesem Hintergrund, aber auch nach den geräuschvollen Auseinandersetzungen um eine von Pro Helvetia geförderte Ausstellung des Schweizer Künstlers Thomas Hirschhorn in Paris, beauftragte die ständerätliche Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK-S) die PVK im Sommer 2005 mit einer Evaluation von Pro Helvetia. Im Hinblick auf die kommenden parlamentarischen Beratungen zu Pro Helvetia im Rahmen des KFG und des PHG wollte die WBK-S ergänzend zu den bundesrätlichen Botschaften über eine unabhängige Zweitmeinung verfügen. Die Studie sollte den Status quo und den bisherigen Reformprozess, aber auch die künftige Stellung der Stiftung gemäss den Vernehmlassungsvorlagen beurteilen.

Beurteilung des Status quo Mit einem Jahresbudget von 33 Millionen Franken leistet Pro Helvetia aus Sicht der PVK einen wesentlichen Beitrag zur Förderung der Schweizer Kulturschaffenden.

Sie fördert die Kulturvermittlung und leistet Bedeutendes für die kulturelle Repräsentation des Kleinstaats Schweiz in der Welt. Die Stiftung zeichnet sich durch Unabhängigkeit, Fachkompetenz und ein starkes Netzwerk aus. Der politische Druck, dem Pro Helvetia in letzter Zeit sichtbar ausgesetzt war, unterstreicht aus Sicht der PVK den Bedarf nach einer verwaltungsunabhängigen Kulturförderinstanz des Bundes.

3208

Abbildung 6 Zusammensetzung der öffentlichen Kulturförderung in der Schweiz (in Mio. CHF)

Quelle: Pro Helvetia 2005

Gemäss der Evaluation muss die politische Steuerung und Kontrolle der Stiftung durch das EDI, den Bundesrat und das Parlament als zurückhaltend bis schwach bezeichnet werden. Der gesetzliche Auftrag der Stiftung ist vage, und bei der Bestimmung der periodischen Förderschwerpunkte anlässlich der Verabschiedung des Kreditrahmens der Stiftung halten sich die politischen Instanzen eng an die Eingaben der Stiftung und setzen wenig eigene Akzente. Auch die Aufsicht über die Stiftung gemäss Artikel 13 PHG muss als zurückhaltend oder gar passiv bezeichnet werden.

Neben Pro Helvetia sind in der Kulturförderung des Bundes im engeren oder weiteren Sinne auch das Bundesamt für Kultur (BAK) und verschiedene Stellen des EDA aktiv. Auch wenn sich im Einzelnen eine einigermassen funktionierende Arbeitsteilung zwischen den verschiedenen Akteuren ergeben hat, sind auf der Ebene des Bundes zu viele Kulturförderstellen mit überlappendem Auftrag aktiv. Erhöhte Koordinationskosten, das Risiko von Parallelaktionen und Erschwernisse bei der politischen Steuerung der Bundeskulturförderung sind die Folge. Auch in vertikaler Hinsicht besteht keine trennscharfe Arbeitsteilung zwischen Pro Helvetia und den für die öffentliche Kulturförderung primär zuständigen Kantone und Gemeinden.

Der Subsidiaritätsgrundsatz funktioniert nur eingeschränkt; die Stiftung fördert Dinge, die auch dezentrale Instanzen fördern könnten, unternimmt aber mitunter in ihren exklusiven Zuständigkeitsfeldern zu wenig.

3209

Die Führungsstruktur von Pro Helvetia ist erneuerungsbedürftig. Strategische und operative Aufgaben sind nicht klar getrennt. Die einzelnen Fördersparten haben einen dominierenden Einfluss, neigen zur Besitzstandswahrung und sind nicht durch eine gemeinsame Vision von Pro Helvetia geeint. Die strategische Führung der Stiftung ist vor diesen Hintergrund eher schwach. Die Stiftung tut sich mit Prioritätensetzungen schwer tut, es fehlt eine konzise Förderstrategie, die in wenigen Worten ausdrückt, was Pro Helvetia in Abgrenzung zu anderen Instanzen fördert und was nicht. Das Portfolio wirkt überladen und umfasst neben dem Kerngeschäft zahlreiche Nebenaktivitäten, die mit erheblichem Personalaufwand verbunden sind und teilweise über den ohnehin weit gefassten gesetzlichen Auftrag der Stiftung hinausgehen.

Die Gesuchsbeurteilung ist der Evaluation zufolge zwar sehr sorgfältig und professionell, aber trotz der in den letzten Jahren erzielten Fortschritte immer noch umständlich und wenig effizient. Verteilanalysen der auf Gesuch hin vergebenen Mittel zeigen eine stark diversifizierte Förderpraxis. Die durchschnittlichen Unterstützungsbeiträge pro Gesuch sind seit Längerem rückläufig, der Anteil der Kleingesuche sehr hoch. Die Stiftung neigt zu einer breiten Streuung ihrer Mittel auf viele Kleinprojekte, obschon ihrer eigenen Einschätzung zufolge von einem stärker fokussierten Mitteleinsatz eigentlich bessere Resultate zu erwarten wären.

Die stiftungseigenen Programme sind ein probates Instrument, wenn die Stiftung nicht nur auf Gesuche reagieren, sondern wichtige Themen des kulturellen Lebens selbständig aufgreifen will. Während einige Programme, namentlich solche im Ausland, beträchtliche Resonanz erzeugen, weisen andere offenbar ein eher ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis auf. Der Einbezug externer Partner bei der Lancierung neuer Programme ist aus Sicht der PVK verbesserungsbedürftig, und die Durchführung der Programme könnte noch vermehrt an Externe delegiert werden.

Die Auslandarbeit der Stiftung erscheint insgesamt zweckmässig und erfolgreich.

Allerdings bedarf das Konzept der Aussenstellen aus Sicht der PVK einer grundlegenden Überprüfung. Das Modell fest installierter Kulturzentren nach dem Muster des Centre Culturel Suisse in Paris wirkt veraltet, teuer und wenig effektiv.

Zukunftsweisender
ist hingegen das Modell kleiner, flexibler Verbindungsbüros, die eng mit den in- und ausländischen Partnern vor Ort kooperieren und bei Bedarf verschoben werden können. Die PVK fragt sich, ob der Anspruch der Stiftung, auf allen Kontinenten mit einer Aussenstelle präsent zu sein, in Anbetracht der begrenzten Ressourcen sinnvoll und einer Schwerpunktbildung im geografischen Sinne dienlich ist.

Zwischenbilanz des internen Reformprozesses Da der gesetzliche Rahmen von Pro Helvetia erst jetzt angepasst wird, waren die Spielräume der seit Ende der 1990er Jahren angestrengten internen Reformen begrenzt. Dennoch konnten einige klare Verbesserungen erzielt werden. Auf der Ebene des Stiftungsrats und der Geschäftsstelle wurden Strukturen angepasst und Abläufe vereinfacht. Werden die Budgetzahlen 2006 eingehalten, sinkt die Gemeinkostenquote der Stiftung gemessen am Wert von 2001 um über 8 %, was angesichts der auch im Gesetz liegenden Effizienzblocker als Erfolg zu werten ist. Dennoch ist der Gemeinkostenanteil von Pro Helvetia gemessen an den Gesamtausgaben mit gut 30 % immer noch zu hoch. Während der administrative Aufwand im engen Sinne vertretbar ist, fällt hier neben dem weit reichenden Portfolio der Stiftung vor allem 3210

der hohe Projektbegleitungsaufwand (z.B. im Gesuchsbereich) ins Gewicht, der durch die Niederschwelligkeit in der Förderung noch verstärkt wird. Alles in allem erzielte die Reform aus Sicht der PVK zwar durchaus gewisse Effizienzsteigerungen, blieb in vielem aber auch dem Status quo verhaftet, schöpfte den Spielraum des geltenden Gesetzes nicht aus oder zementierte in neueren Ausführungsbestimmungen gar dessen Strukturmängel.

Ex-ante-Evaluation der geplanten gesetzlichen Neuregelungen Die Vernehmlassungsentwürfe zum KFG und zum PHG bringen aus Sicht der PVK einige klare Verbesserungen für die Kulturförderung des Bundes und Pro Helvetia, lassen aber auch viele Chancen ungenutzt. Positiv ist der Evaluation zufolge, dass künftig über den Finanzrahmen und die Schwerpunkte der Stiftung in einer Zusammenschau mit anderen Kulturfördermassnahmen des Bundes entschieden wird, die Organisation der Stiftung flexibler wird, die Funktion der Arbeitsgruppen im Stiftungsrat an externe Fachkommissionen übergeht und die Rechtsweggarantie für Gesuchsteller in vereinfachter Form erhalten bleibt. Diesen Vorteilen stehen indessen einige ernsthafte Schwächen gegenüber.

Was die Rollenklärung zwischen Pro Helvetia und den anderen Kulturförderstellen des Bundes betrifft, liegen die Vernehmlassungsentwürfe deutlich unter den Erwartungen. Sie schreiben im Wesentlichen eine unübersichtliche Praxis fest und hinterfragen nicht, ob der Bund tatsächlich fünf verschiedene Instanzen braucht, die direkt oder indirekt die Kultur fördern. Es fehlt eine systematische Rollenteilung zwischen der Stiftung und dem BAK bzw. den betroffenen EDA-Stellen. Auch die vertikale Arbeitsteilung zwischen Pro Helvetia und den kantonalen und kommunalen Förderstellen wird in den Vernehmlassungsentwürfen nicht hinreichend geklärt. Neue Denkansätze, wonach die Stiftung entweder zu einer umfassenden, auch die Filmförderung einschliessenden Förderagentur des Bundes erweitert oder aber zu einer reinen Diffusions- und Austauschinstanz umgebaut würde, werden nicht weiter verfolgt.

Kritisch beurteilt die PVK auch den schwerfälligen Planungsmechanismus der Kulturförderung des Bundes und der fehlende Einbezug des EDA in die Formulierung des Schwerpunktprogramms Kultur und den Leistungsauftrag an Pro Helvetia, das überkomplexe Aufsichtsregime über die Stiftung
sowie die neuen Eingriffsmöglichkeiten des Bundesrats in die Aktivitäten der Stiftung. Auch die Aufgaben und die Zusammensetzung der geplanten Fachkommissionen, denen gemäss KFG eine wichtige Rolle zukommen soll, in den Vernehmlassungsentwürfen nicht hinreichend geklärt.

Die WBK-S hat vom Evaluationsbericht der PVK am 26. Juni 2006 Kenntnis genommen. Sie erwartet vom Bundesrat,11 sich mit den seitens der PVK aufgezeigten Kritikpunkte und Lösungsansätze auseinanderzusetzen und in den definitiven Gesetzesvorlagen zuhanden des Parlaments auf ungeklärte Fragen des Vernehmlassungsentwurfs überzeugendere Antworten zu finden.

11

Medienmitteilung der WBK-S vom 27.6.2006.

3211

3.2

Zwischenbilanz zur Umsetzung von Artikel 170 BV

Wie einleitend kurz bemerkt, führt die PVK seit Ende 2003 auch Evaluationsstudien für die Legislativkommissionen aus. Hier dienen Evaluationen vor allem der Folgenabschätzung bestehender oder geplanter Gesetzeserlasse. Artikel 170 der revidierten BV weist dem Parlament bei der Überprüfung der Wirksamkeit der Massnahmen des Bundes eine wichtige Funktion zu; Artikel 44 des Ende 2003 in Kraft getretenen ParlG bezeichnet die Wirksamkeitsüberprüfung explizit als eine Aufgabe aller parlamentarischer Kommissionen.

Wünschen die Legislativkommissionen eine Wirksamkeitsüberprüfung einer bundespolitischen Massnahme, können sie mittels Evaluationsklauseln oder direkter Aufträge die Exekutive beauftragen. Sie können gemäss Artikel 54 Absatz 4 ParlG aber auch die PVK, die EFK oder Dritte mandatieren. Solche verwaltungsexternen Evaluationen sind bei Geschäften von besonders grosser politischer oder finanzieller Tragweite angebracht oder auch dann, wenn die zuständigen Kommissionen ihre Entscheidungen in Ergänzung zu den Vorarbeiten der Verwaltung auf eine unabhängige «Second opinion» abstützen möchten.

Drei Jahre nach Inkrafttreten des neuen ParlG hat die PVK in Rücksprache mit den zuständigen Kommissionssekretariaten eine kurze Bilanz zu den ersten Umsetzungserfahrungen mit dem Evaluationsauftrag der Legislativkommissionen gezogen.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Legislativkommissionen von ihrer Möglichkeit, die PVK oder die EFK mit Wirksamkeitsüberprüfungen zu beauftragen, bisher zurückhaltenden Gebrauch gemacht haben: In den vergangenen drei Jahren gingen lediglich vier Anträge bei der Konferenz der Präsidien der Aufsichtskommissionen und ­delegationen (KPA) ein,12 wovon einer abgelehnt wurde.13 Der Auftrag der WBK-S betreffend eine Evaluation von Pro Helvetia wurde von der PVK zur vollen Zufriedenheit der Kommission erfüllt (vgl. Ziffer 3.1). Der Auftrag der SiK-N zuhanden der EFK betreffend Kompensationsgeschäfte im Rüstungsbereich befindet sich noch in Bearbeitung. Ein Antrag der nationalrätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit betreffend die Prämiengenehmigung in der obligatorischen Krankenversicherung wurde an die GPKs weitergeleitet, die weitergehende Abklärungen von einer in der zuständigen Subkommission noch nicht traktandierten Expertise des BAG abhängig machen.14 Das geringe
Interesse der meisten Legislativkommissionen an verwaltungsexternen Wirksamkeitsüberprüfungen wird oft damit erklärt, solche Studien seien zu komplex und für die Kommissionen gemessen an der Geschäftslast des politischen Tagesgeschäfts oft zweitrangig. Dem widerspricht allerdings der Umstand, dass das Parlament bzw. seine Organe und Einzelmitglieder mittels parlamentarischer Vorstösse oder Evaluationsklauseln in Gesetzen jährlich eine Vielzahl von Wirksamkeitsüber12

13

14

Um die Kohärenz der Evaluationsaktivitäten der verschiedenen Kontrollorgane zu gewährleisten, haben die Legislativkommissionen gemäss Art. 54 ParlG Antrag bei der KPA zu stellen, wenn sie die Durchführung einer Wirksamkeitsüberprüfung durch die PVK oder die EFK wünschen.

Die KPA lehnte den Antrag der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats betreffend eine Wirksamkeitsüberprüfung des Bundespersonalgesetzes mit Verweis auf die Kontrollaktivitäten der GPKs in diesem Bereich ab.

BAG, 2006: Prämienfestsetzung und -genehmigung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, Bericht in Erfüllung des Postulats Robbiani (05.3625) vom 6.10.2005.

Entsprechende Beschlüsse der GPKs sind im 1. Quartal 2007 zu erwarten.

3212

prüfungen veranlassen ­ nur dass in diesem Fall die entsprechenden Mandate unkoordiniert erfolgen und die gewählten Untersuchungsgegenstände die politisch und finanziell drängendsten Fragen der Bundespolitik oft nicht adäquat abbilden.15 Ausserdem werden die an die Bundesverwaltung delegierten Wirksamkeitsüberprüfungen in aller Regel von jenen Dienststellen durchgeführt, die die zu evaluierenden Massnahmen bereits zuhanden des Bundesrats und des Parlaments konzipiert und nach ihrem Inkrafttreten auch implementiert hatten. Diese Aufgabenkumulation in der Verwaltung mag in diversen Fällen unproblematisch sein. In manchen politisch oder finanziell sensiblen Geschäften ist aber eine externe Wirkungsüberprüfung von Massnahmen des Bundes durchaus angezeigt, da die zuständigen Verwaltungsstellen zu sehr Partei sind und die erforderliche Unabhängigkeit nicht gewährleisten können.

Die PVK und auch die EFK haben mehrfach unter Beweis gestellt, Wirksamkeitsüberprüfungen professionell und zeitgerecht durchführen zu können. Die PVK verzichtet indessen darauf, aktiv Mandate für Wirksamkeitsüberprüfungen nach Artikel 170 BV zu akquirieren. Dies entspricht nicht ihrer Aufgabe, die Anstösse für solche Studien müssen aus den Legislativkommissionen selbst kommen. Die PVK pflegt aber weiterhin den informellen Kontakt mit den Sekretariaten der Legislativkommissionen und steht ihnen bei der Formulierung von entsprechenden Anträgen gerne beratend zur Seite.

Zu Beginn der neuen Legislaturperiode sollen die Legislativkommissionen in ihrer neuen Zusammensetzung nochmals für ihren wichtigen Evaluationsauftrag sensibilisiert werden. Die Wirksamkeitsüberprüfung staatlicher Massnahmen ist ein Verfassungsauftrag, der den zielgerichteten und transparenten Einsatz öffentlicher Mittel fördert ­ und das Parlament trägt für die Umsetzung dieser Verfassungsbestimmung eine wesentliche Verantwortung.

15

Vgl. Janett, Daniel, 2004: Die Evaluationsfunktion des Bundesparlaments ­ eine Zwischenbilanz, in: Leges 2004/2, S. 145.

3213

4

Verwendung des Expertenkredits

Im Berichtsjahr standen der PVK für den Bezug externer Experten und die Finanzierung temporärer Hilfskräfte ein Sachkredit von 220 000 Franken zur Verfügung.

Von diesem Budget wurden 178 262 Franken für folgende Projekte verwendet: Verwendung des Expertenkredits Projekt

Aufwand in CHF Status

Ressortforschung des Bundes

17 900

abgeschlossen

Kohärenz und strategische Führung der Aktionen der DEZA

25 616

abgeschlossen

Beizug von externen Experten in der Bundesverwaltung

21 900

abgeschlossen

Pro Helvetia

10 659

abgeschlossen

Umgang des Bundes mit Naturgefahren

50 000

Abschluss im 2. Quartal 2007

Immobilienmanagement des Bundes im zivilen Bereich

27 187

Abschluss im 2. Quartal 2007

Rüstungsbeschaffung im VBS

25 000

Abschluss im 2. Quartal 2007

5

Prioritäten für das Jahr 2007

Gestützt auf eine Themenliste der PVK haben die GPKs die PVK am 19. Januar 2007 mit der Durchführung folgender neuer Evaluationsprojekte beauftragt: -

Transparenz bei der Genehmigung der Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung

-

Beruht der Leistungskatalog der obligatorischen Krankenpflegeversicherung auf transparenten und nachvollziehbaren Kriterien?

-

Arbeitslosenversicherung: Nimmt der Bund seine Führungs- und Aufsichtsfunktion genügend wahr?

-

Qualitätssicherung im Rahmen des Krankenversicherungsgesetzes

3214

Anhang 2

Einige Zahlen und Angaben zur allgemeinen Prüfungstätigkeit der Geschäftsprüfungskommissionen Die GPKs tagten 2006 16 Mal im Plenum und 81 Mal in Sitzungen der Subkommissionen. 12 Sitzungen wurden den Dienststellenbesuchen gewidmet. Die GPDel ihrerseits führte 19 Sitzungen durch. Das entspricht insgesamt 116 Sitzungen.

Anzahl der Sitzungen

2006

Anzahl der Plenarsitzungen GPK

Anzahl der Subkommissionsund Arbeitsgruppensitzungen

...davon Dienststellenbesuche

Anzahl der Sitzungen der GPDel

Total

16

81

12

19

116

Die GPKs und die GPDel haben folgende Dienststellenbesuche abgestattet: Dienststellenbesuche durch die GPK und die GPDel: EDA

­ Inspektorat EDA ­ Direktion für Ressourcen und Aussennetz

EDI

­ Schweizerisches Landesmuseum ­ Meteo Schweiz

EJPD

­ Eidgenössische Spielbankenkommission ­ Dienst für Analyse und Prävention (2×)

VBS

­ Strategischer Nachrichtendienst

EFD

­ Bundesamt für Privatversicherungen ­ Bundesamt für Informatik und Telekommunikation

EVD

­ Nationalgestüt

UVEK

­ Bundesamt für Zivilluftfahrt

Im Laufe des Geschäftsjahres erhielten die GPKs in ihrer Stellung als Aufsichtsbehörde 62 Eingaben, von denen 42 erledigt werden konnten. Im gleichen Zeitraum befassten sich die Kommissionen noch mit 14 Gesuchen, die im Vorjahr an sie gestellt worden waren.

Durch die GPKs behandelte Aufsichtseingaben

2006

Anzahl der erhaltenen Aufsichtseingaben in der Berichtsperiode

...davon erledigte Aufsichtseingaben

Anzahl der erhaltenen Aufsichtseingaben der vorherigen Periode, die in der Berichtsperiode erledigt werden konnten

62

42

14

Wie schon in den Vorjahren betrafen die Arbeiten der GPK im Jahr 2006 hauptsächlich den Bereich Staat und Verwaltung (z.B. Personalpolitik, Verwaltungsreform).

Ausserdem befassten sich die GPK mit überdurchschnittlich vielen wirtschafts- und 3215

finanzpolitischen Fragen (z.B. Verteilung des Erlöses aus den überschüssigen Goldreserven der Nationalbank, Kriegsmaterialausfuhr) sowie Justizthemen (z.B. Aufsicht über die Bundesanwaltschaft, internationale Rechtshilfe). Ein grosser Teil der Geschäfte der GPK sind Querschnittsthemen, d.h. Themen, welche die gesamte Bundesverwaltung betreffen (z.B. Beizug externer Experten, Ressortforschung).

Geschäfte der GPKs pro Departement im Jahre 2006 25

20

15

10

5

0 Querschnitt

EDA

VBS

Gerichte

EJPD

UVEK

EVD

EDI

EFD

Geschäfte der GPKs pro Politikbereich im Jahre 2006 Staat und Verwaltung Wirtschafts- und Finanzpolitik Justizwesen Soziale Sicherheit und Gesundheit Sicherheitspolitik Verkehrspolitik Aussenbeziehungen Umwelt- und Energiepolitik Ausländer- und Asylpolitik Kommunikation und Infrastruktur Agrarpolitik Sport Kultur Wissenschaft und Bildung Querschnitt 0

3216

5

10

15

20

25

30

35

SR

SR

SR

NR

NR

06.3667 Mo.

06.3666 Mo.

06.3177 Mo.

06.3176 Mo.

06.3010 Mo.

3217

NR

06.457 Pa.Iv.

NR/SR

Neue Vorstösse der GPKs

Zukünftige Ausschüttungen aus ausserordentlichen Goldverkäufen

Verlässlichkeit der strategischen Ziele des Bundes

Verlegung der Stiftungsaufsicht

Instrumente des Bundesrates zur strategischen Führung und gesetzliche Grundlagen

Thematische und geografische Konzentration

Verbesserung des Konsumentenschutzes im elektronischen Geschäftsverkehr

Titel

Tabellen der Parlamentarischen Vorstösse der GPKs

07.02.2006

28.03.2006

Im Plenum noch nicht behandelt

An Bundesrat überwiesen (NR: 10.5.2006/ SR: 5.10.2006)

Motion an 2. Rat (SR: Annahme am 25.9.2006)

Im Plenum noch nicht behandelt

11.12.2006 07.04.2006

Im Plenum noch nicht behandelt

Im Plenum noch nicht behandelt

Stand

11.12.2006

18.09.2006

Eingereicht am

Anhang 3

SR

SR

NR

SR

SR

SR

SR

SR

SR

05.3469 Mo.

04.3441 Po.

03.3439 Po.

02.3475 Po.

02.3474 Po.

02.3472 Po.

02.3470 Mo.

02.3469 Mo.

02.3468 Emp.

3218

SR

05.3468 Mo.

NR/SR

Unterstützung von Massnahmen gegen die Folgen einer plötzlichen Stilllegung des Flugbetriebes

Verweis des Luftfahrtgesetzes auf das EG-Recht

Verschärfung der gesetzlichen Bestimmungen zur Rechnungslegung und Unternehmenskontrolle

Überprüfung der Befristung von Betriebsbewilligungen

Bündelung der verschiedenen Interessen im Sanierungsprozess

Ausrichtung des SchKG auf das Sanierungsziel

Zweckmässigkeit der Angliederung des BFU an das UVEK

Verwaltungsführung im dritten Kreis

Schaffung von Transparenz bezüglich der IV-Entwicklung beim Bund

Festlegung einer Gesamtstrategie für eine verstärkte Aufsicht des Bundes über den IV-Vollzug

Titel

Pendente Vorstösse der GPKs

19.09.2002

19.09.2002

19.09.2002

19.09.2002

19.09.2002

19.09.2002

03.09.2003

13.09.2004

19.08.2005

19.08.2005

Eingereicht am

Am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

Am 12.12.2002 als Postulat an Bundesrat überwiesen

An Bundesrat überwiesen (SR: 12.12.2002/ NR: 4.6.2003)

Am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

Am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

Am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

Am 18.3.2004 an Bundesrat überwiesen

Am 14.3.2005 an Bundesrat überwiesen

An Bundesrat überwiesen (SR: 6.12.2005/ NR: 22.3.2006)

Motion an 2. Rat (SR: Annahme am 21.3.2006)

Stand

SR

SR

SR

SR

SR

SR

SR

SR

SR

02.3466 Emp.

02.3465 Emp.

02.3464 Emp.

02.3463 Emp.

02.3462 Emp.

02.3461 Emp.

02.3460 Emp.

02.3459 Emp.

02.3177 Po.

3219

SR

02.3467 Emp.

NR/SR

Prüfung der Wirkungen von TarMed

Verstärkung der Aufsicht des UVEK über das BAZL

Verstärkung der Aufsicht über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Fluggesellschaften

Präzisierungen für den Entzug einer Betriebsbewilligung

Regelmässige Überprüfung möglicher Interessenkonflikte durch das UVEK

Überprüfung der personellen Ressourcen des BAZL

Überprüfung der Beteiligungen des Bundes an privatwirtschaftlichen Unternehmen

Frühzeitige Entwicklung von möglichen Szenarien

Koordination und Weiterentwicklung der Früherkennung durch den Bund

Neuformulierung der Luftverkehrspolitik

Titel

05.04.2002

19.09.2002

19.09.2002

19.09.2002

19.09.2002

19.09.2002

19.09.2002

19.09.2002

19.09.2002

19.09.2002

Eingereicht am

Am 18.6.2002 an Bundesrat überwiesen

Am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

Am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

Am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

Am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

Am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

Am 11.12.2002 an Bundesrat überwiesen

Am 11.12.2002 an Bundesrat überwiesen

Am 11.12.2002 an Bundesrat überwiesen

Am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

Stand

SR

SR

SR

SR

NR

NR

NR

SR

02.3471 Po.

02.3381 Mo.

02.3176 Po.

02.3175 Po.

00.3409 Po.

00.3407 Po.

99.3573 Mo.

98.3529 Mo.

3220

SR

02.3473 Po.

NR/SR

19.9.2002

19.9.2002

Eingereicht am

5.4.2002

5.4.2002

Erhöhter Schutz für Personendaten bei On-line-Verbindungen

Vollzug des Bürgerrechtsgesetzes. Dauer des Einbürgerungsverfahrens

Umsetzung des Binnenmarktgesetzes. Beschwerderecht der Wettbewerbskommission

17.11.1998

19.11.1999

27.6.2000

Umsetzung des Bundesgesetzes über den Binnenmarkt. Beschwerderecht 27.6.2000 der Konsumentenorganisationen

Verstärkung der interkantonalen Spitalplanung

Vorbereitung des Überganges zur Leistungsplanung

Verankerung der finanziellen Steuerung mit Flag im Finanzhaushaltrecht. 28.6.2002 Weiterentwicklung des Flag-Bereichs der Verwaltung

Überprüfung der Zuständigkeit bei der Streckenkonzession

Früherkennung der Lage in der Volkswirtschaft

Titel

Erledigte Vorstösse der GPK

Erledigt am 24.3.2006

Erledigt am 3.10.2003 in Zusammenhang mit dem Geschäft 01.076

Erledigt am 16.12.2005 in Zusammenhang mit dem Geschäft 04.078

Erledigt am 16.12.2005 in Zusammenhang mit dem Geschäft 04.078

Abschreibung am 6.6.2006

Abschreibung am 6.6.2006

Erledigt am 7.10.2005 in Zusammenhang mit dem Geschäft 04.079

Abschreibung am 6.6.2006

Abschreibung am 6.6.2006

Stand