Affäre um einen Informanten im Genfer Islam-Zentrum Bericht der Geschäftsprüfungsdelegation vom 15. Mai 2007

2007-1400

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Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

6872

1 Kontext

6874

2 Ziel der Untersuchung

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3 Auftrag und Kompetenzen der GPDel

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4 Vorgehensweise 4.1 Befragte Personen und eingesehene Unterlagen 4.2 Zusammenarbeit mit Bundes- und Kantonsbehörden 4.3 Zusammenarbeit mit Claude Covassi 4.4 Erarbeitung des Berichts und Verabschiedung

6878 6878 6880 6880 6882

5 Nachrichtendienste und Rechtsgrundlagen 5.1 Dienst für Analyse und Prävention (DAP) 5.2 Strategischer Nachrichtendienst (SND) 5.3 Zusammenarbeit zwischen DAP und SND

6883 6883 6885 6887

6 Einige Definitionen

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7 Chronologie der Ereignisse 7.1 Zur Person Claude Covassis 7.2 Rekrutierung von Claude Covassi durch die Kantonspolizei Genf 7.3 Beginn der Operation «Memphis» durch den DAP 7.4 Beginn der Zusammenarbeit von Claude Covassi mit dem SND 7.5 Parallele Kontakte von Claude Covassi mit dem DAP und dem SND 7.6 Epilog

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8 Untersuchung und Beurteilung der von Claude Covassi ausgesprochenen Vorwürfe durch die GPDel 8.1 Vorbemerkung 8.2 Von Claude Covassi unterbreitete schriftliche Dokumente 8.3 Andere von Claude Covassi unterbreitete Dokumente 8.4 War Claude Covassi für den DAP tätig?

8.5 Erhielt Claude Covassi vom DAP den Auftrag, den Direktor des CIG zu kompromittieren?

8.6 Wurde Claude Covassi vom DAP beauftragt, das CIG zu infiltrieren und zum Islam zu konvertieren?

8.7 Wurde Claude Covassi vom SND mit falschen Identitäten ausgestattet?

8.8 Ermöglichte Claude Covassi die Vereitelung eines Anschlags auf ein Flugzeug der Fluggesellschaft El-Al?

8.9 War Claude Covassi bereits vor 2004 für die Nachrichtendienste tätig?

8.10 Wurde Claude Covassi vom DAP mit einer nachrichtendienstlichen Operation in Syrien betraut?

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6904 6904 6904 6909 6912 6915 6916 6917 6918 6920 6920

8.11 Wurde Claude Covassi vom DAP mit einer gemeinsamen Operation mit einem ausländischen Nachrichtendienst in Syrien betraut?

8.12 War Claude Covassi für den SND tätig?

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9 Weitere Feststellungen und Beurteilungen der GPDel 9.1 Fehlende Zusammenarbeit zwischen DAP und SND bei der Rekrutierung der Quelle 9.2 Zirkulation von Informationen zwischen den Nachrichtendiensten und der Polizei 9.3 Fehler bei der operationellen Führung der Quelle

6924

10 Schlussfolgerungen

6929

11 Weiteres Vorgehen

6932

Tabelle 1: Unterscheidung zwischen den Tätigkeiten des DAP und der BKP

6933

Tabelle 2: Vergleich zwischen den verdeckten Ermittlern der BKP und den Informanten des DAP

6935

Anhang:

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Rapport de l'EPFL (Auszug)

6924 6926 6927

6871

Abkürzungsverzeichnis Abs.

Absatz

Art.

Artikel

BA

Bundesanwaltschaft

BBl

Bundesblatt

BGE

Bundesgerichtsentscheid

BKP

Bundeskriminalpolizei

BRIS

Brigade des investigations spéciales de la Police vantonale genevoise (Brigade für besondere Untersuchungen der Kantonspolizei Genf)

BÜPF

Bundesgesetz vom 6.10.2000 betreffend die Überwachung des Postund Fernmeldeverkehrs

BV

Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18.4.1999

BVE

Bundesgesetz über die verdeckte Ermittlung vom 20.6.2003

BWIS

Bundesgesetz vom 21.3.1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit

CIG

Centre islamique de Genève

COMINT

Communications Intelligence (Funkaufklärung)

DAP

Dienst für Analyse und Prävention

DESS

Diplôme d'Etudes Supérieures Spécialisées

DGSE

Direction générale de la sécurité extérieure (Auslandnachrichtendienst der Französischen Republik)

EFK

Eidgenössische Finanzkontrolle

EJPD

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement

EMRK

Konvention vom 4.11.1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention)

ETHL

Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne

fedpol

Bundesamt für Polizei

GIA

Groupe islamique armé

GPDel

Geschäftsprüfungsdelegation der Eidgenössischen Räte

GPK

Geschäftsprüfungskommissionen der Eidgenössischen Räte

GPK-N

Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates

GPK-S

Geschäftsprüfungskommission des Ständerates

GSPC

Groupe salafiste pour la prédication et le combat

HUMINT

Human Intelligence (Nachrichtenbeschaffung durch menschliche Quellen)

ISIS

Informatisiertes Staatsschutz-Informationssystem

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MG

Bundesgesetz vom 3.2.1995 über die Armee und die Militärverwaltung

OSINT

Open Source Intelligence (Nachrichtenbeschaffung aus offenen Quellen)

SIGINT

Signals Intelligence (Signalaufklärung)

StGB

Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21.12.1937

VBS

Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport

VEKF

Verordnung vom 15.10.2003 über die elektronische Kriegführung

VND

Verordnung vom 26.9.2003 über die Nachrichtendienste im Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (Nachrichtendienstverordnung VBS)

VWIS

Verordnung vom 27.6.2001 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit

Ziff.

Ziffer

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Bericht 1

Kontext

Am 23. Februar 2006 veröffentlichte die «Tribune de Genève» einen von Valérie Duby und Alain Jourdan gezeichneten Artikel mit dem Titel «Ein Maulwurf des Bundes infiltriert das Genfer Islam-Zentrum», der über die Äusserungen eines gewissen Christian (fiktiver Vorname) berichtete. Christian bezeichnete sich als Agent des Dienstes für Analyse und Prävention (DAP, EJPD) und behauptete, von diesem den Auftrag zur Infiltration des Genfer Islam-Zentrums (CIG) erhalten zu haben. Für diese mit der Bezeichnung «Memphis» versehene Operation habe Christian den Codenamen «Ménès» getragen. Er sei vom DAP beauftragt worden, mit dem Direktor des Zentrums, Hani Ramadan, sowie mit dessen regelmässigen Besuchern Kontakte zu knüpfen. Gemäss «Tribune de Genève» begab sich Christian mit dem Einverständnis des DAP auch nach Syrien.

In den darauf folgenden Tagen wurden weitere Artikel zu diesem Thema veröffentlicht: Am 26. Februar 2006 erweckt Ian Hamel im «Le Matin dimanche» sowie auf der Website Oumma.com1 den Eindruck, dass Christian den Befehl erhalten habe, Dokumente ins CIG einzuschmuggeln, um dessen Direktor zu kompromittieren.

Diese Hypothese wird am 28. Februar 2006 in der Zeitung «Le Temps» wiederholt.

Am 2. März 2006 werden die Christian zugeschriebenen Aussagen sowohl von «24 heures» als auch von der «Tribune de Genève» zitiert. Dieser gebe vor, Hani Ramadan sei «ein politisches Ziel, das es zu diskreditieren gilt. (...) Ich hatte den Eindruck, dass man ihn zerstören oder zumindest in eine Falle locken müsse». Am 5. März 2006 lässt Ian Hamel im «Matin dimanche» verlauten, dass «sich der Spion nicht damit zufrieden geben dürfe, die Sachverhalte und das Tun und Lassen Hani Ramadans zu überwachen, sondern er solle ihn diskreditieren, indem er ihm kompromittierende Dokumente unterjuble, um ihn zu Fall zu bringen». Um diesen Ausführungen Glauben zu verschaffen, zitierte der Journalist eine nicht identifizierte Quelle, wonach es sich «um Dokumente, aber immerhin nicht um Waffen und Sprengstoffe» handle. Am 15. März 2006 bringt Nationalrat Ueli Leuenberger in den Spalten der «Tribune de Genève» seine Meinung wie folgt zum Ausdruck: «Diese Person (Christian) wurde gemäss meinen Informationen beauftragt, kompromittierende Dokumente ins Islam-Zentrum einzuschleusen». In «24 heures» vom 21. März 2006 fügt Leuenberger
bei, dass Christian nach seinen Informationen «als Lockvogel» gehandelt hat («agent provocateur»).

In weiteren, im «Blick» vom 10., 11., 13. und 16. März 2006 sowie im «SonntagsBlick» und der «SonntagsZeitung» vom 12. März 2006 veröffentlichten Artikeln kommen Einzelheiten der Reise nach Syrien zur Sprache, für die Christian vom DAP 3000 Franken erhalten habe («SonntagsZeitung» vom 12.3.2006). In der «Tribune de Genève» vom 15. März 2006 erwähnt Christian seine Syrienreise und spricht von einer «geheimen Operation des DAP». Im «Blick» erhält er den

1

S. http://oumma.com/spip.php?article1942. Gemäss eigenen Angaben ist die Website Oumma.com der erste Internetauftritt des frankophonen Islams. Sie wird von einem unabhängigen Kollektiv von aus mehreren Ländern stammenden Muslimen realisiert.

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Beinamen «Moschee-Spion»; in «Le Matin» und der «Tribune de Genève» wird er als «Maulwurf des Islam-Zentrums» apostrophiert.

Am 15. März 2006 ersuchen die Nationalräte Boris Banga und Ueli Leuenberger den Bundesrat, zu den von Christian vorgebrachten Anschuldigungen Stellung zu nehmen. Anlässlich der Fragestunde vom 20. März 2006 im Nationalrat antwortet dieser, dass der DAP berechtigt sei, Informanten einzusetzen, das Unterschieben von Beweismitteln jedoch verboten sei2.

Am 24. März 2006 enthüllt «Le Temps», Christian sei in Genf in einen Handel mit Anabolika verwickelt gewesen und dafür in erster Instanz zu acht Monaten Gefängnis verurteilt worden. Laut den im Artikel zitierten Richtern zeigte der Angeschuldigte einen «wenig vertrauenswürdigen Charakter und einen Hang, sich über dem Gesetz zu wähnen». Am 29. März 2006 bestätigt Christian im «Blick», er sei im Besitz von Aufzeichnungen, die beweisen, dass der DAP danach gestrebt habe, Hani Ramadan mit terroristischen Kreisen in Verbindung zu bringen und ihn so zu kompromittieren.

Am 2. April 2006 deckt Ian Hamel in einen Artikel im «Le Matin dimanche» auf, dass Christian in Wirklichkeit Claude C. heisse und sich im Jahre 2005 im Sudan und in Niger aufgehalten habe. Am 30. April 2006 publiziert Ian Hamel wiederum im «Le Matin dimanche» ein Interview mit dem angeblichen Informanten des DAP, dessen wirklicher Name Claude Covassi sei. Dieser bestätigt dem Journalisten, er habe den «Auftrag gehabt, Verbindungen zwischen Hani Ramadan und dschihadistischen Netzwerken zu kreieren, die freiwillige Kämpfer für den Irak rekrutieren.» Claude Covassi behauptet überdies, mehrere Auslandmissionen für den Strategischen Nachrichtendienst (SND) ausgeführt zu haben, der dem Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) unterstellt ist. In zwei Artikeln in der «SonntagsZeitung» und im «SonntagsBlick» vom 30. April 2006 gibt Claude Covassi vor, der DAP habe ihm 15 000 Franken überwiesen, und er sei auch für den SND tätig gewesen. Im Artikel in der «SonntagsZeitung» fügt er hinzu, dass sich der DAP bemüht habe, ihn in einer gemeinsamen Mission mit dem Auslandnachrichtendienst Frankreichs (Direction générale de la sécurité extérieure, DGSE) ein zweites Mal nach Syrien zu entsenden. In demselben Artikel erwähnt Claude Covassi auch seine Zusammenarbeit
mit dem SND und behauptet, für ihn mehrere Missionen in Frankreich und Syrien ausgeführt zu haben.

In einem am 2. Mai 2006 von Ian Hamel auf der Website Oumma.com veröffentlichten Interview behauptet Claude Covassi, der DAP habe «nur eine Obsession gehabt: Hani Ramadan in etwas hineinzuziehen, d.h. falsche Beweise gegen das CIG zu fabrizieren, die belegen, dass das Zentrum Kombattanten für den Kampf gegen die Amerikaner rekrutiere»3. Am 16. Mai 2006 veröffentlicht die Website Oumma.com einen Artikel von Ian Hamel, der Claude Covassi wie folgt zitiert: «Der Dienst für Analyse und Prävention (DAP) bat mich um zwei Dinge: einerseits die Namen von von Genf aus in den Irak reisenden Muslimen in die Datei des Genfer Islam-Zentrums einzufügen und andrerseits (...) künftige Kämpfer zu ersuchen, eine Art Testament in Form eines Schreibens an ihre Familie aufzusetzen, jedoch mit dem Briefkopf des Genfer Islam-Zentrums zu versehen. Ich hätte diese Schreiben dann im Büro von Hani Ramadan ablegen sollen.»4 2 3 4

S. Fussnote Nr. 5.

S. http://oumma.com/spip.php?article2025 S. http://oumma.com/spip.php?article2044

6875

Am 12. Mai 2006 enthüllt der «Blick», Claude Covassi habe dem SND Informationen geliefert, die zur Vereitelung eines möglichen Anschlags gegen ein Flugzeug der israelischen Fluggesellschaft El-Al in Genf geführt hätten. Die Rolle Claude Covassis in dieser Affäre wurde später von der Bundesanwaltschaft (BA) in einer Medienmitteilung dementiert.

Laut einer Depesche der Schweizerischen Depeschenagentur (SDA) vom 31. Mai 2006 behauptet Claude Covassi, der israelische Geheimdienst Mossad interessiere sich wegen seinen Informationen über «dschihadnahe» Kreise in der Schweiz für ihn.

Fazit: In wenigen Wochen bezichtigte Claude Covassi mit Hilfe der Medien den DAP nach und nach, ihn ersucht zu haben, das CIG zu infiltrieren, ihn beauftragt zu haben, Hani Ramadan durch das Unterschieben falscher Beweismittel mit dem radikalen Islamismus in Verbindung und damit in Misskredit zu bringen, ihn nach Syrien entsandt und die Reisekosten bezahlt sowie ihn ersucht zu haben, mit dem französischen DGSE zusammenzuarbeiten. Überdies behauptete er, mit dem SND im Ausland zusammengearbeitet und die Vereitelung eines Anschlags ermöglicht zu haben.

2

Ziel der Untersuchung

Angesichts des beträchtlichen Nachhalls dieser Affäre sowohl in der Öffentlichkeit als auch im Parlament5 beschloss die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) am 13. März 2006, sich im Rahmen ihrer Aufgabe als parlamentarische Oberaufsicht damit zu befassen.

Sie setzte sich zum Hauptziel, die Sachverhalte auf politischer Ebene zu beurteilen und daraus die für die Zukunft erforderlichen Lehren zu ziehen.

Sie formulierte folgende konkrete Ziele: -

die Sachverhalte zu klären sowie umfassend und genau zu prüfen, ob Claude Covassi für die schweizerischen Nachrichtendienste tätig war;

-

gegebenenfalls zu beurteilen, ob sich die schweizerischen Nachrichtendienste rechtswidriger Methoden bedienten;

-

Massnahmen vorzuschlagen, die sich für die Zukunft der nachrichtendienstlichen Tätigkeiten als nützlich erweisen könnten.

Die Delegation konzentrierte ihre Analyse ausschliesslich auf die in diese Affäre verwickelten Bundesdienste. Die von anderen, namentlich kantonalen Behörden gespielte Rolle wurde nur insoweit berücksichtigt, als sie zum Verständnis des Verhaltens von Organen des Bundes dient.

5

Zu diesem Punkt s. Anfrage Nr. 06.5050 «DAP-Einsatz im Ausland» vom 15.3.2006, Anfrage Nr. 06.5051 «Rechtmässigkeit gewisser verdeckter Ermittlungsmethoden in Schweizer Moscheen» vom 15.3.2006, Anfrage Nr. 06.5052 «Fragwürdige Einsätze von Lockspitzeln» vom 15.3.2006 sowie Interpellation Nr. 06.3192 «Maulwurf-Affäre in Genf» vom 8.5.2006.

6876

3

Auftrag und Kompetenzen der GPDel

Die GPDel «überwacht die Tätigkeit im Bereich des Staatsschutzes und der Nachrichtendienste» (Art. 53 Abs. 2 Parlamentsgesetz, ParlG6).

Unter Staatsschutz versteht die Delegation sämtliche von den Behörden umgesetzten Massnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Handlungen, die sich gegen die Gebietshoheit, die Neutralität oder die Wirtschaft der Schweiz richten oder die in einem grösseren Rahmen eine ernsthafte Bedrohung der Existenz, Stabilität und Integrität der demokratischen Rechtsstaatlichkeit der Schweiz darstellen. In dieser Definition eingeschlossen sind insbesondere Terrorismus, gewalttätiger Extremismus, organisiertes Verbrechen, Spionage und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen (Proliferation).

Der Bereich der Nachrichtendienste seinerseits umfasst sämtliche Tätigkeiten der Bundesverwaltung und anderer für den Bund tätiger Organe zur Beschaffung von für die Sicherheitspolitik unseres Landes nützlichen Informationen in der Schweiz wie im Ausland sowie zu deren Auswertung.

Der Hauptzweck der Oberaufsicht der GPDel besteht darin, für Parlament und Öffentlichkeit sicherzustellen, dass die im Bereich des Staatsschutzes und der Nachrichtendienste tätigen Organe die Gesetzgebung beachten. Die GPDel prüft indes nicht nur die Rechtmässigkeit dieser Tätigkeiten, sondern beurteilt auch deren Zweckmässigkeit und Wirksamkeit (Art. 52 Abs. 2 ParlG).

Zur Ausübung ihrer Befugnisse verfügt die GPDel über sehr weit reichende Informationsrechte (Art. 169 Abs. 2 BV7; Art. 154 ParlG). Sie ist berechtigt, sämtliche für sie erforderlichen Informationen einzuholen, einschliesslich Unterlagen, «die der unmittelbaren Entscheidfindung des Bundesrates dienen oder die im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrichtendienste geheim gehalten werden» (Art. 154 Abs. 2 Bst. a ParlG). Die GPDel kann sämtliche Dienststellen, Behörden oder Personen einvernehmen, die Aufgaben für den Bund wahrnehmen. Darüber hinaus kann sie Personen als Zeuginnen oder Zeugen befragen (Art. 154 Abs. 2 Bst. b ParlG).

Weder das Amts- noch das Militärgeheimnis können ihr entgegen gehalten werden.

Die GPDel ist ein gemeinsames Organ der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats (GPK-N) und der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats (GPK-S) und setzt sich aus drei Nationalräten und drei Ständeräten zusammen. Sie konstituiert sich selbst und wählt ihren Vorsitz für eine Dauer von jeweils zwei Jahren.

Gegenwärtig haben folgende Mitglieder in der GPDel Einsitz:

6 7

-

Hans Hofmann, Ständerat, Präsident;

-

Hugo Fasel, Nationalrat, Vizepräsident;

-

Jean-Paul Glasson, Nationalrat;

-

Claude Janiak, Nationalrat;

-

Helen Leumann-Würsch, Ständerätin;

-

Franz Wicki, Ständerat.

Bundesgesetz vom 13.12.2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG; SR 171.10).

Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, vom 18.4.1999 (BV; SR 101).

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Die Delegation ist ein politisches Organ, dessen Aufgabe darin besteht, Sachverhalte festzustellen, Licht auf allfällige Unzulänglichkeiten zu werfen und den Umfang der politischen Verantwortlichkeit der Bundesbehörden zu beurteilen. Sie übt aber keinerlei strafrechtliche Funktionen aus und kann auch keine administrativen oder disziplinarischen Massnahmen aussprechen. Gegebenenfalls liegt es an den Exekutivbehörden und Gerichtsorganen, die diesbezüglich notwendigen Verfahren einzuleiten.

4

Vorgehensweise

4.1

Befragte Personen und eingesehene Unterlagen

Die Delegation nahm ihre Arbeiten am 13. März 2006 auf und widmete diesem Thema 21 Arbeitssitzungen. Sie befragte die meisten Personen, die ­ mit verschiedenen Implikationen ­ von dieser Affäre Kenntnis hatten. Dabei handelt es sich um folgende Personen (in alphabetischer Reihenfolge, mit der zum Zeitpunkt der Befragung ausgeübten Funktion): -

«Antoine», Mitarbeiter des Dienstes für Analyse und Prävention (DAP), Bundesamt für Polizei (fedpol), EJPD [8.6.2006 und 14.6.2006];

-

«Armand», Chef der Abteilung Beschaffung, Strategischer Nachrichtendienst (SND), VBS [5.7.2006];

-

Jürg Bühler, Chef der Abteilung Operationen, DAP, fedpol, EJPD [29.3.2006];

-

Kurt Blöchlinger, Chef der Bundeskriminalpolizei (BKP), fedpol, EJPD [22.6.2006 und 10/11.10.2006];

-

Claude Covassi [12.12.2006 und 16.1.2007];

-

«François», Inspektor der Kriminalpolizei, Brigade für besondere Untersuchungen (BRIS), Kantonspolizei Genf [10/11.10.2006];

-

«Karl», Chef Kommissariat «Terrorismus», BKP, fedpol, EJDP [1.12.2006];

-

«Michel», Nachrichtenoffizier des SND, VBS [29.1.2007];

-

Jean-Luc Vez, Direktor fedpol, EJPD [29.3.2006];

-

Hans Wegmüller, Direktor des SND, VBS [7.6.2006 und 29.8.2006].

Die Delegation befragte sämtliche Personen als Auskunftspersonen. Da alle Sachverhalte auf diese Weise ausreichend geklärt werden konnten, verzichtete sie auf formelle Zeugeneinvernahmen. Dabei ist in Erinnerung zu rufen, dass die von der Delegation zu einer Befragung vorgeladenen Personen verpflichtet sind, dieser Vorladung Folge zu leisten.

Nebst den Befragungen stützte sich die Delegation auf eine Reihe von Dokumenten, insbesondere auf: -

die Operationsdossiers des DAP und des SND;

-

einen von Claude Covassi verfassten Bericht vom 15. November 2006;

6878

-

zwei vom DAP verfasste Berichte vom 17. März 2006 und vom 12. Mai 2006;

-

einen Bericht der BA vom 19. Mai 2006;

-

zwei Berichte der BKP vom 10. und 19. Mai 2006;

-

einen Bericht des SND vom 2. Mai 2006;

-

die Jahresberichte 2004, 2005 und 2006 von fedpol zu Handen des Vorstehers EJPD und der GPDel über die laufenden Operationen des DAP;

-

die Berichte der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) über die Rechnungsprüfung des DAP 2004 und 2005 (Berichte vom 29.6.2005 und vom 29.6.2006);

-

den Revisionsbericht 2005 des Finanzinspektorats des Bereichs Verteidigung im VBS über die Buchhaltung des SND (Bericht vom 22.8.2006);

-

den Bericht Nr. 2/2004 des Inspektorats EJPD vom 2. März 2005;

-

den Bericht Nr. 1/2005 des Inspektorats EJPD vom 20. März 2006;

-

den Bericht Nr. 1/2006 des Inspektorats EJPD vom 15. Februar 2007;

-

die von Claude Covassi am 12. Dezember 2006 vorgelegten Unterlagen;

-

den Briefwechsel mit dem EJPD (Schreiben des Vorstehers EJPD vom 23.3.2006, vom 15.5.2006, vom 22.5.2006, vom 4.8.2006, vom 22.9.2006, vom 3.11.2006 und vom 22.3.2007) und mit fedpol (Schreiben vom 26.5.2006, vom 12.6.2006 und vom 19.3.2007) sowie mit dem SND (Brief vom 13.3.2007).

Die Delegation erhielt auch einen Bericht von Staatsrat Laurent Moutinot, Vorsteher des Departements für Institutionen des Kantons Genf, vom 12. September 2006, der den Ablauf der Ereignisse aus Sicht der Genfer Behörden schildert. Im Auftrag des EJPD verfasste das fedpol eine Stellungnahme zu diesem Bericht, welche der GPDel am 25. September 2006 zugestellt wurde.

Darüber hinaus stattete die GPDel den Räumlichkeiten des DAP einen unangemeldeten Besuch ab, um bestimmte Informationen zu prüfen.

Schliesslich erhielt die GPDel auch spontan gewisse Dokumente von Journalisten.

Da bestimmte Sachverhalte nicht dokumentiert waren, musste die Delegation die Ereignisse bisweilen aufgrund der Erinnerung der Beteiligten aufarbeiten. Auch wenn es nicht darum geht, die Authentizität oder Treu und Glauben der betroffenen Personen in Zweifel zu ziehen, sind diese Aussagen unvermeidlicherweise mit einer gewissen Vorsicht zu geniessen. Die Delegation beurteilte die Beweiskraft dieser Aussagen gemäss ihrer eigenen Überzeugung.

Die Delegation stützte sich bei ihrer Arbeit auf ihr Sekretariat, das mit der Organisation der Sitzungen, der Strukturierung der Befragungen auf formeller Ebene und der Erstellung der Protokolle betraut wurde und auch die Kontakte mit der Bundesverwaltung herstellte.

6879

4.2

Zusammenarbeit mit Bundes- und Kantonsbehörden

Die Zusammenarbeit zwischen der Delegation einerseits und dem Bundesrat, der Bundesverwaltung sowie dem Genfer Staatsrat andererseits gestaltete sich ausgezeichnet und war geprägt von gegenseitigem Vertrauen. Mit einer Ausnahme leisteten sämtliche Vertreter der Bundes- und Kantonsbehörden den Vorladungen der Delegation unverzüglich Folge und beantworteten die ihnen gestellten Fragen ohne Umschweife. Die Delegation erhielt auch vollumfängliche Einsicht in sämtliche für ihre Untersuchung erforderlichen Unterlagen, und zwar einschliesslich geheimer operationeller Dokumente. Die Delegation legt Wert auf die Feststellung, dass die Kontakte Claude Covassis mit den Dienststellen des Bundes und der Genfer Polizei Gegenstand einer sehr umfassenden Dokumentation bilden, die es ermöglicht, die Sachverhalte und Vorkommnisse detailliert festzustellen und die finanziellen Zahlungen an ihn nachzuvollziehen.

4.3

Zusammenarbeit mit Claude Covassi

Die Zusammenarbeit mit Claude Covassi war zu Beginn der Untersuchung mühsam, und zwar weil er bis Ende Oktober 2006 im Ausland weilte. In an verschiedene Medien gerichteten Mitteilungen behauptete Claude Covassi mehrmals, die Delegation habe sich geweigert, ihn zu befragen, oder sie habe den Befragungstermin zu verschieben versucht (z.B. «Blick» vom 30.4.2006, «Le Matin dimanche» vom 2.7.2006, «Le Temps» vom 6.7.2006). Er drohte auch damit, in seinem Besitz befindliche Dokumente publik zu machen, falls er von der Delegation nicht vorgeladen werde (z.B. «Le Temps» vom 5.5.2006, «Facts» vom 3.8.2006), liess aber zahlreiche von ihm gesetzte und in der Öffentlichkeit publizierte Ultimaten (z.B. Communiqué von Claude Covassi an die SDA vom 11.6.2006, «TagesAnzeiger» vom 12.6.2006; Pressemitteilung von Claude Covassi an die SDA vom 7.7.2006) verstreichen. Claude Covassi hielt sich auch nicht an die von der Delegation im Vorfeld seiner Befragung festgelegten Bedingungen; insbesondere verletzte er die Auflage, nicht mit den Medien zu kommunizieren ­ eine Auflage notabene, die eine unabdingbare Voraussetzung für die Arbeit eines zu Verschwiegenheit verpflichteten Aufsichtsorgans ist. Er kam zudem mehreren Auflagen nicht nach und berief sich dabei auf zahlreiche Vorwände und Halbwahrheiten. Nicht zuletzt ist festzuhalten, dass Claude Covassi während der ganzen Untersuchung einen Hang zur Verschleierung an den Tag legte und mitunter reihenweise Aussagen machte, die offensichtlich widersprüchlich waren.

Zu den Fakten: Erstmals trat Claude Covassi am 26. März 2006 mit der Delegation in Verbindung, also beinahe einen Monat nach der Veröffentlichung des ersten Artikels in der «Tribune de Genève». Er machte ihr den Vorschlag, ihr Dokumente über seine Zusammenarbeit mit dem DAP sowie Tonaufzeichnungen der Gespräche mit seinem Führungsoffizier beim DAP zukommen zu lassen. Am 30. März 2006 liess ihn die Delegation in einem Schreiben wissen, dass sie an diesen Dokumenten und Aufzeichnungen interessiert sei, um die Glaubwürdigkeit seiner Äusserungen zu prüfen und zu beurteilen, ob es angemessen sei, ihn formell nach Bern vorzuladen.

Claude Covassi gab darauf der Delegation sowie zahlreichen Medien (s. «Le Temps» vom 20.5.2006 und «Blick» vom 13.5.2006) zu verstehen, er habe die fraglichen Dokumente am 4. oder 5. April 2006 durch einen Mittelsmann als eingeschriebene Postsendung aus Madrid abschicken lassen. Diese Dokumente kamen bei 6880

der Delegation nie an. Claude Covassi war seinerseits nicht in der Lage, die Postsendung mit einer Quittung zu bescheinigen.

Am 12. Mai 2006 machte Claude Covassi der Delegation den Vorschlag, seine Dokumente einem Mitarbeiter der Schweizer Botschaft in Kairo zu übergeben. Die Delegation traf die erforderlichen Vorkehren mit dem Missionschef vor Ort und benachrichtigte Claude Covassi am 17. Mai 2006. Dieser nahm mit der Botschaft nicht wie vorgesehen Kontakt auf.

Am 24. Mai 2006 informierte die Delegation Claude Covassi, sie sei bereit, ihn nach seiner Rückkehr in die Schweiz zu befragen. Er argumentierte, seine Sicherheit in der Schweiz sei gefährdet und er fühle sich bedroht. Er verlangte von der Delegation Garantien für seine Rückkehr, namentlich die Gewährung offiziellen freien Geleits.

Die Delegation liess ihn wissen, dass eine derartige Massnahme ausserhalb ihres Kompetenzbereichs liege und dass er sich für Hilfe an eine Schweizer Vertretung im Ausland wenden könne. Claude Covassi gelangte am 29. Mai 2006 auch an die Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) und am 1. Juni 2006 an den Vorsteher des EJPD, um sie zu bitten, seine Rückführung in die Schweiz zu veranlassen, allerdings erfolglos.

Am 6. Juni 2006 wiederholte die Delegation gegenüber dem Anwalt Claude Covassis ihre Bereitschaft, seinen Klienten unter der Bedingung zu befragen, dass er ihr einerseits zu Beginn der Befragung sämtliche Tonaufzeichnungen und schriftlichen Dokumente übergebe und andrerseits künftig davon absehe, mit den Medien zu kommunizieren.

Am 14. und 30. Juni 2006 erinnerte die Delegation Claude Covassi daran, dass sie bereit sei, ihn offiziell zu befragen, sobald er seine Ankunft in der Schweiz melden würde.

Claude Covassi wurde von der Delegation zweimal eingeladen, leistete den ihm ordnungsgemäss zugestellten Vorladungen indes keine Folge und händigte auch die von ihm erwähnten Beweisstücke nicht aus.

Das erste Mal rechtfertigte Claude Covassi seine Abwesenheit mit dem Vorwand, er habe für die Vorbereitung seiner Rückkehr keine Zeit gehabt. Am 9. Juni 2006 behauptete sein Anwalt, dass die Rückkehr seines Klienten «kurzfristig» vorgesehen sei. Ausserdem liess Claude Covassi die Delegation in einem Schreiben vom 30. Juni 2006 wissen, er werde auf den ersten Befragungstermin
erscheinen, den ihm die Delegation mitteile, d.h. er sei in der Lage, sich in wenigen Stunden in Bern einzufinden. Schliesslich versprach er mit E-Mail vom 3. Juli 2006, er könne zwischen dem 4. Juli um 5.00 Uhr und dem 14. Juli 2006 um 23.00 Uhr in Bern sein.

Claude Covassi wurde am 3. Juli 2006 um 19.00 Uhr auf den 5. Juli 2006 um 10.00 Uhr ­ also 36 Stunden im Voraus ­ vorgeladen, nahm aber den Termin bei der Delegation nicht wahr8.

Über seine dann für den 29. August 2006 vorgesehene zweite Befragung informierte die GPDel Claude Covassi mit einem am 9. August 2006 an dessen Anwalt gerichteten Schreiben. Dieser bestätigte der Delegation schriftlich, dass sein Klient die Einladung erhalten habe. Claude Covassi leistete auch dieser Vorladung weder Folge noch begründete er seine Abwesenheit9.

8 9

S. Pressemitteilung der GPDel vom 5.7.2006.

S. Pressemitteilung der GPDel vom 30.8.2006.

6881

Nach seiner Rückkehr in die Schweiz im Oktober 2006 bat Claude Covassi die Delegation erneut um eine Befragung. Die GPDel befragte ihn in der Folge zweimal, und zwar am 12. Dezember 2006 und am 16. Januar 2007. Die GPDel ermächtigte Claude Covassi, einen Anwalt beizuziehen, der während der Befragungen seines Klienten auch anwesend war. In Übereinstimmung mit Artikel 155 Absatz 5 ParlG wurden die beiden Befragungen im Hinblick auf deren Protokollierung aufgezeichnet, und die Protokolle wurden Claude Covassi zur Unterzeichnung vorgelegt. Nach zahlreichen Ausflüchten und trotz einer Terminerstreckung weigerte er sich, diese zu unterschreiben, wobei er vorgab, sie enthielten Fehler und Ungenauigkeiten, und er ging selbst so weit, öffentlich zu behaupten, die Protokolle seien manipuliert, ja sogar gefälscht worden10. Sein Anwalt verlangte mehrmals, die Protokolle vor der Unterzeichnung vollumfänglich zu überarbeiten, was die Delegation nach Überprüfung des Protokolls anhand der Aufnahmen verweigerte.

Die Delegation teilte Claude Covassi mit, seine Befragungen seien unter strenger Einhaltung der Bestimmungen des Parlamentsrechts (Art. 155 Abs. 5 ParlG; Art. 4 Abs. 3 ParlVV; Weisungen der Geschäftsprüfungskommissionen der Eidgenössischen Räte über die Behandlung von Protokollen und anderen Dokumenten vom 18.5.2004), der Praxis der Delegation und der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 130 II 473, E. 4; BGE 126 I 15 E. 2a; BGE 124 V 389 E. 3) protokolliert worden. Sie wies auch darauf hin, dass das Gesetz weder vorsehe, dass ein Protokoll in Absprache mit der befragten Person zu erstellen sei noch dass die befragte Person auf irgendeine Art und Weise Bedingungen stellen könne. Eine von der Delegation befragte Person verfügt einzig und allein über das Recht, das Protokoll zur Unterzeichnung zu erhalten und allfällige Fehler zu korrigieren. Die Delegation verfügt nach wie vor über sämtliche Tonaufzeichnungen der Befragungen Claude Covassis.

Fazit: Die Delegation stellte Claude Covassi die Protokolle seiner Befragungen regelkonform zu, so dass er imstande gewesen wäre, diese zur Kenntnis zu nehmen und gegebenenfalls zu berichtigen. Da er sich weigerte, die Protokolle zu unterzeichnen und fristgerecht zurückzusenden, geht die Delegation davon aus, dass Claude Covassi unmissverständlich auf das Recht zur Korrektur der ihm vorgelegten Dokumente verzichtet hat.

4.4

Erarbeitung des Berichts und Verabschiedung

Am 12. April 2007 erarbeitete die Delegation einen Berichtsentwurf und legte ihn den betroffenen Behörden zur Stellungnahme vor (Art. 157 ParlG).

Die Vorsteher des EJPD und des VBS schlossen sich im Wesentlichen den Feststellungen der Delegation an. Der Vorsteher des Departements für Institutionen des Kantons Genf führte in seiner Antwort aus, dass er ­ aufgrund fehlenden Zugangs zum gesamten Untersuchungsdossier der Delegation ­ sich nicht abschliessend über allfällige inhaltliche oder formelle Fehler des Berichts der Delegation äussern könne.

Insbesondere habe er keinen Zugang zum Protokoll der Anhörung von Inspektor François gehabt. Inspektor François arbeitet seit dem 1. Februar 2007 nicht mehr bei der Genfer Polizei.

10

S. http://oraclesyndicate.twoday.net/stories/3479691/ und http://oraclesyndicate.twoday.net/stories/3650996.

6882

Der vorliegende Bericht berücksichtigt die Stellungnahmen und die von den Behörden des Bundes und des Kantons Genf verlangten Präzisierungen. Der Delegation liegt daran festzuhalten, dass der Bericht so vollständig wie möglich ist, präzisiert aber, dass es in gewissen Fällen nicht möglich war, Einzelheiten über die der Geheimhaltung unterstehenden Arbeitsweisen der Nachrichtendienste anzuführen.

Die Delegation verabschiedete den vorliegenden Bericht am 15. Mai 2007 und legte ihn den Geschäftsprüfungskommissionen der Eidgenössischen Räte vor, die ihn am 25. Mai 2007 zur Kenntnis nahmen und beschlossen, ihn zu veröffentlichen.

5

Nachrichtendienste und Rechtsgrundlagen

Der Bund verfügt über zwei zivile Nachrichtendienste, deren Hauptaufgabe darin besteht, der Sicherheit der Schweiz auf nationaler und internationaler Ebene dienende Informationen zu beschaffen: -

Der Dienst für Analyse und Prävention (DAP) ist der Inlandnachrichtendienst. Er ist Teil von fedpol und untersteht dem Direktor des Bundesamtes für Polizei, das seinerseits dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) angegliedert ist.

-

Der Strategische Nachrichtendienst (SND) ­ der Auslandnachrichtendienst ­ untersteht direkt dem Vorsteher des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS).

Das VBS verfügt neben dem zivilen SND über zwei militärische Nachrichtendienste: den Militärischen Nachrichtendienst (MND) und den Luftwaffennachrichtendienst (LWND). Diese sind von der vorliegenden Untersuchung nicht betroffen.

5.1

Dienst für Analyse und Prävention (DAP)

In seiner Eigenschaft als Nachrichtendienst erfüllt der DAP sämtliche sich aus dem Staatsschutz ergebenden Aufgaben. Seine allgemeine Zielsetzung besteht darin, die Achtung der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundfesten der Schweiz sicherzustellen und die Freiheiten der Einwohner des Landes zu schützen. Zu diesem Zweck hat er den Auftrag, präventiv die Gefahren aufzudecken, die aus dem Terrorismus, dem gewalttätigen Extremismus und den Tätigkeiten ausländischer Nachrichtendienste erwachsen. Der DAP befasst sich auch mit den Bedrohungen aus dem illegalen Handel mit Waffen und radioaktiven Substanzen sowie aus dem illegalen Transfer sensitiver Technologien. Daneben unterstützt er die Polizei- und Strafverfolgungsbehörden mit Informationen, die dem Kampf gegen das organisierte Verbrechen dienen, wobei er Informationen dieser Art insbesondere von ausländischen Sicherheitsbehörden erhält.

Schliesslich ist der DAP seit dem 1. Januar 2007 beauftragt, Informationen über Gewalttätigkeiten bei Sportveranstaltungen und über deren Urheber zu beschaffen.

Darüber hinaus sieht das Gesetz präventive Massnahmen gegen Gewaltpropaganda vor.

6883

Die den Tätigkeiten des DAP zugrunde liegenden gesetzlichen Bestimmungen finden sich im Wesentlichen im Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit11 sowie in mehreren Verordnungen, insbesondere in der Verordnung über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit12. Weitere Bestimmungen über die Organisation des DAP finden sich namentlich in Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung über die Wahrnehmung kriminalpolizeilicher Aufgaben im Bundesamt für Polizei13. Die Verarbeitung von Daten durch den DAP ist in der Verordnung über das Staatsschutz-Informations-System14 geregelt.

Der DAP arbeitet eng mit den kantonalen Polizeibehörden und der BKP, jedoch auch mit anderen schweizerischen und ausländischen Sicherheitsdiensten zusammen. Jeder Kanton hat eine Behörde zu bestimmen, die beim Vollzug des BWIS mit dem DAP zusammenarbeitet (Art. 6 Abs. 1 BWIS). Die Kantone werden für ihre Aufgabenerfüllung im Rahmen des Staatsschutzes abgegolten15.

Das BWIS ermächtigt den DAP und die Kantone, die für die Ausübung ihrer Kompetenzen erforderlichen Informationen zu beschaffen. Diese können auch ohne Wissen der betreffenden Person beschafft werden.

Die Mittel des DAP für die Beschaffung von Informationen über Personen in der Schweiz sind in Artikel 14 Absatz 2 BWIS detailliert und erschöpfend geregelt. Die Beschaffungsmethoden umfassen menschliche Quellen (HUMINT), elektronische Quellen (SIGINT/COMINT) sowie öffentlich zugängliche Quellen (OSINT).

Art. 14 Abs. 2 BWIS 2

Informationsbeschaffung

Personendaten können beschafft werden durch: a.

Auswerten öffentlich zugänglicher Quellen;

b.

Einholen von Auskünften;

c.

Einsicht in amtliche Akten;

d.

Entgegennahme und Auswerten von Meldungen;

e.

Nachforschen nach der Identität oder dem Aufenthalt von Personen;

f.

Beobachten von Vorgängen an öffentlichen und allgemein zugänglichen Orten, auch mittels Bild- und Tonaufzeichnungen;

g.

Feststellen der Bewegungen und Kontakte von Personen.

Zu diesen Informationsquellen gesellen sich die Hilfe durch Amtsstellen (Art. 13 BWIS) sowie die Zusammenarbeit mit ausländischen Partnerdiensten (Art. 17 Abs. 3 BWIS über die Weitergabe von Personendaten ins Ausland; Art 26 Abs. 2 BWIS über die Genehmigung zwischenstaatlicher Verwaltungsvereinbarungen). Für 11 12 13 14 15

Bundesgesetz vom 21.3.1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS; SR 120).

Verordnung vom 27.6.2001 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (VWIS; SR 120.2).

Verordnung vom 30.11.2001 über die Wahrnehmung kriminalpolizeilicher Aufgaben im Bundesamt für Polizei (SR 360.1).

Verordnung vom 30.11.2001 über das Staatsschutz-Informations-System (ISIS-Verordnung; SR 120.3).

Verordnung vom 1.12.1999 über die finanziellen Leistungen an die Kantone zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS-Abgeltungsverordnung; SR 120.6).

6884

die Informationsbeschaffung im Geheimbereich besteht derzeit keine Rechtsgrundlage16.

Der DAP kann keine Zwangsmassnahmen wie z.B. die Überwachung des Telefonoder Briefverkehrs ergreifen. Solche sind nur im Rahmen eines gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahrens oder einer Voruntersuchung zulässig (Art. 14 Abs. 3 BWIS).

Der DAP ist auch nicht zur Beobachtung von Vorgängen oder Personen in privaten Räumen oder zur geheimen Durchsuchung von Informatiksystemen ermächtigt.

Hingegen kann der DAP präventive Operationen durchführen, d.h. Aktionen, die hinsichtlich Bedeutung, Umfang, Aufwand oder Geheimhaltung über die normalen nachrichtendienstlichen Erhebungen hinausgehen (Art. 14 Abs. 1 VWIS). Um eine Operation durchzuführen, wird im Allgemeinen auf die Rekrutierung oder Führung von Informanten zurückgegriffen. Der Entscheid zur Einleitung einer solchen Operation wird vom Chef DAP gefällt, der Zweck, Dauer und einzusetzende Mittel schriftlich festlegt (Art. 14 Abs. 3 VWIS). Die Operationen sind Gegenstand einer jährlichen Beurteilung (Art. 14 Abs. 4 VWIS), die dem Vorsteher des EJPD17 und der GPDel unterbreitet wird.

Die Tätigkeit des DAP muss klar von jener der BKP unterschieden werden: Letztere ist die gerichtspolizeiliche Behörde des Bundes und führt Voruntersuchungen und Verfahren in den der Bundesgerichtsbarkeit unterstehenden Bereichen durch (Art. 336 und 337 StGB18) und in jenen, die sich aus der Nebenstrafgesetzgebung (Betäubungsmittelgesetz) ergeben. Obwohl die BKP dem fedpol untersteht, stehen ihre Ermittlungen unter der Leitung des Bundesanwalts (Art. 17 Abs. 1 Bundesgesetz über die Bundesstrafrechtspflege19) und der Aufsicht der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts.

Mit anderen Worten: Der DAP ist ein im Bereich der Prävention tätiger Nachrichtendienst und die BKP ist als gerichtspolizeilicher Dienst mit der Strafverfolgung betraut (s. Tabelle 1 im Anhang).

5.2

Strategischer Nachrichtendienst (SND)

Der SND ist für die nachrichtendienstliche Tätigkeit im Ausland verantwortlich und an politischen, militärischen, technologischen und wirtschaftlichen Entwicklungen im Ausland interessiert. Er beliefert die politischen Behörden und die militärische Führung in diesem Rahmen mit für die Sicherheit der Schweiz wesentlichen Informationen. Nebst der langfristigen Verfolgung der Entwicklung ist der SND auch für die Früherkennung von Sachverhalten verantwortlich, welche die Sicherheit der Schweiz beeinträchtigen könnten, wofür er über ein Analyse- und Lagezentrum verfügt.

16 17

18 19

Nachrichtendienst-Strategie im Bereich der inneren Sicherheit für die Jahre 2007­2011, September 2006, vom Bundesrat am 22.11.2006 genehmigt, S. 6 (unveröffentlicht).

S. «Weisung des Vorstehers EJPD über die Berichterstattung betreffend die Tätigkeiten zur Wahrung der inneren Sicherheit gemäss Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit vom 21.3.1992» vom 26.8.2004.

Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21.12.1937 (StGB; SR 311.0).

Bundesgesetz vom 15.6.1934 über die Bundesstrafrechtspflege (BStP; SR 312.0).

6885

Der SND bezieht seine Informationen von20: ­

offenen Quellen (Open Source Intelligence, OSINT), z.B. Datenbanken, wissenschaftliche Publikationen, Fachliteratur, Internet usw.;

­

menschlichen Quellen (Human Intelligence, HUMINT), z.B. Informanten, Mitarbeiter der Nachrichtendienste usw.;

­

Partnerdiensten und Drittquellen;

­

Elektronischer Aufklärung (Signals Intelligence, SIGINT): Diese Technik ermöglicht die Informationsbeschaffung aus der Abhörung von elektronischen Übermittlungssystemen oder der Erfassung anderer elektromagnetischer Signale.

Die rechtliche Grundlage des SND findet sich in Artikel 99 des Bundesgesetzes über die Armee und die Militärverwaltung21: Art. 99 MG

Nachrichtendienst

Der Nachrichtendienst hat zur Aufgabe, sicherheitspolitisch bedeutsame Informationen über das Ausland zu beschaffen, auszuwerten und zu verbreiten.

1

Er ist befugt, Personendaten, mit Einschluss von besonders schützenswerten Personendaten und von Persönlichkeitsprofilen, zu bearbeiten, gegebenenfalls ohne Wissen der betroffenen Personen, soweit und solange es seine Aufgaben erfordern.

Er kann im Einzelfall Personendaten in Abweichung von den datenschutzrechtlichen Bestimmungen ins Ausland weitergeben.

2

2bis Er kann Informationen über Personen in der Schweiz, die bei Gelegenheit seiner Tätigkeit nach Absatz 1 anfallen und für die innere Sicherheit oder die Strafverfolgung von Bedeutung sein können, dem Bundesamt für Polizei weiterleiten.

3

4

Der Bundesrat regelt: a.

die Aufgaben des Nachrichtendienstes im Einzelnen, dessen Organisation sowie den Datenschutz;

b.

die Tätigkeit des Nachrichtendienstes im Friedensförderungs-, Assistenzund Aktivdienst;

c.

die Zusammenarbeit des Nachrichtendienstes mit interessierten Stellen von Bund und Kantonen sowie mit ausländischen Diensten;

d.

die Ausnahmen von den Vorschriften über die Registrierung von Datensammlungen, wenn diese die Informationsbeschaffung gefährden würde.

Der Quellenschutz muss in jedem Fall gewährleistet werden.

Der Nachrichtendienst untersteht unmittelbar dem Chef des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport.

5

Dieser Artikel wird durch die Verordnung über die Organisation der Nachrichtendienste im VBS22 vervollständigt.

20 21 22

Bericht der GPDel über das Satellitenaufklärungssystem des VBS (Projekt «Onyx») vom 10.11.2003 (BBl 2004 1499).

Bundesgesetz vom 3.2.1995 über die Armee und die Militärverwaltung (MG; SR 510.10).

Verordnung vom 26.9.2003 (Nachrichtendienstverordnung VBS, VND; SR 510.291).

6886

5.3

Zusammenarbeit zwischen DAP und SND

Die Zusammenarbeit zwischen DAP und SND wird durch einen Bundesbeschluss vom 22. Juni 2005 sowie in einer vom Vorsteher des EJPD und des VBS unterzeichneten Weisung vom 28. November 2005 geregelt. Die Einzelheiten der Zusammenarbeit sind in einem Reglement von DAP und SND vom 14. Dezember 2005 festgehalten.

6

Einige Definitionen

Vor der eigentlichen Analyse von Sachverhalten ist eine Reihe von Begriffen zu definieren.

23

24

-

Unter «Operation» ist eine langfristig angelegte präventive Aktion zur Beschaffung von Informationen über Personen, Organisationen oder Ereignisse über einen langen Zeitraum hinweg zu verstehen (Art. 14 Abs. 1 VWIS). Sie wird hauptsächlich aus Geheimhaltungsgründen und namentlich zur Gewährleistung des bestmöglichen Quellenschutzes eingeleitet.

-

Der Begriff «Quelle» bezeichnet den Ursprung einer Information. Nachrichtendienstliche Quellen sind insbesondere Personen, die sensitive Informationen weitergeben, Nachrichtendienste im In- und Ausland sowie elektronische Aufklärungsmittel (Art. 11 Abs. 1 VND; Art. 20a Abs. 2 VWIS). Die goldene Regel sämtlicher Nachrichtendienste ist die Sicherstellung des Quellenschutzes. Dieser Grundsatz ­ in der angelsächsischen Literatur auch informant's privilege genannt ­ bezweckt den Schutz der Identität einer Informationsquelle und somit die Sicherheit der Person, und er soll verhindern, dass ihr aus ihrer nachrichtendienstlichen Tätigkeit negative Folgen erwachsen23. Dabei geht es auch um den Schutz nachrichtendienstlicher Arbeitsmethoden. Der Quellenschutz ist für den DAP in Artikel 17 Absatz 7 BWIS und Artikel 20a Absatz 2 VWIS und für den SND in Artikel 99 Absatz 4 MG und Artikel 11 Absatz 2 VND verankert.

-

Ein «Informant» ist eine Privatperson, die der Polizei oder einem Nachrichtendienst aus eigenem Antrieb Informationen liefert, ohne ihnen anzugehören. Im Bereich der Polizei spricht man auch von «Hinweisgebern», «Polizeispitzeln» oder einfach von «Spitzeln». In der Sprache der Nachrichtendienste werden auch die Begriffe «ehrenwerter Korrespondent» und «inoffizieller Mitarbeiter» verwendet. Der Begriff des Informanten ist im Bundesrecht derzeit nicht definiert.

-

Unter «Infiltration» ist eine Aktion zu verstehen, die darauf abzielt, eine Person mit einer verdeckten Identität in eine Organisation, eine Behörde oder eine Unternehmung einzuschleusen. Das Bundesgesetz über die verdeckte Ermittlung (BVE)24 steckt den Rahmen ab, in dem die Polizei berechtigt ist, ihre Angehörigen (verdeckte Ermittler) in kriminelle Kreise zu infiltrieren, Zum Quellenschutz s. das Rechtsgutachten der Direktion für Völkerrecht und des Bundesamts für Justiz zuhanden der GPDel mit dem Titel «Rechtliche Einschränkungen im Austausch von Informationen ausländischer Nachrichtendienste zwischen dem DAP und dem SND» vom 22.12.2006 (VPB 2007.3.1, S. 76­97).

Bundesgesetz vom 20.6.2003 über die verdeckte Ermittlung (BVE; SR 312.8).

6887

um besonders schwerwiegende Verstösse aufzuklären. In einem solchen Fall spricht man von «verdeckter Ermittlung». Das BVE ist seit dem 1. Januar 2005 in Kraft.

-

Unter «Führungsoffizier» ist ein Mitarbeiter eines Nachrichtendienstes zu verstehen, dessen Aufgabe darin besteht, Quellen zu betreuen und von Informanten gelieferte Informationen zu erfassen.

-

Ein «Spion» ist ein Mitarbeiter eines Nachrichtendienstes und hat die Aufgabe, Informationen über einen ausländischen Staat zu beschaffen. Die Spionagetätigkeit zum Nachteil der Schweiz ist gemäss Strafgesetzbuch verboten (Art. 272 ff. StGB).

-

Ein «Maulwurf» ist eine in einer nachrichtendienstlichen oder politischen Organisation eines Landes rekrutierte oder dort eingeschleuste Person, im Allgemeinen ein Bürger dieses Landes, der einen ausländischen Staat regelmässig mit Informationen beliefert25.

7

Chronologie der Ereignisse

7.1

Zur Person Claude Covassis

Claude Roland Covassi kam am 19. März 1970 in Genf zur Welt. Er ist Schweizer Staatsangehöriger und Bürger des Kantons Aargau sowie italienischer Staatsangehöriger.

Claude Covassi verbrachte seine Jugendzeit in Genf. Er ist ledig und bezeichnet sich als Rentenbezüger. Er genoss seine obligatorische Schulbildung in Genf und nahm dann eine Lehre als Elektromonteur auf. Claude Covassi gibt vor, in Paris ein Universitätsstudium absolviert und gemäss seinen Erklärungen gegenüber dem DAP und der Polizei 1993 ein Lizentiat in Philosophie erworben zu haben. Gegenüber dem SND behauptete er, 1994 ein Diplom der Etudes Supérieures Spécialisées (DESS) in Paris als Arbeitspsychologe erworben zu haben.

Claude Covassi, der der Genfer Kriminalpolizei wegen bestimmten Vorkommnissen bekannt war, übt keine berufliche Erwerbstätigkeit aus. Nach eigenen Angaben bestreitet er seinen Lebensunterhalt aus einem kleinen persönlichen Vermögen. Er geniesst auch finanzielle Unterstützung durch den Kanton Genf. In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre war Claude Covassi in einen Handel mit Anabolika in Sportkreisen verwickelt, in denen er zu jener Zeit verkehrte.

Die Rapporte der Genfer Polizei, des DAP und des SND beschreiben Claude Covassi als sympathische Persönlichkeit, mit der angenehme Gespräche geführt werden können. Er scheint ein hohes Mass an Intelligenz und ein gewisses Mass an Verführungskraft zu besitzen. Einige von der Delegation befragte Personen zeichnen von ihm das Bild einer Person, die sich gewohnt sei, sich durchzumogeln, und die ein gewisses Flair für die Manipulation anderer besitze. Er wird auch als Opportunist bezeichnet, der sich gewohnt sei, nur zu machen, was er will, Kritik nur schwer ertrage und sich mitunter als Verfolgungsopfer wähne.

25

Definition gemäss J. Baud, «Encyclopédie du renseignement et des services secrets», coll.

Renseignement et guerre secrète, éditions Charles Lavauzelle, Paris, 2002, S. 692.

6888

7.2

Rekrutierung von Claude Covassi durch die Kantonspolizei Genf

«François», Inspektor der Kantonspolizei Genf, lernt Claude Covassi im Sommer 2002 anlässlich einer Polizeiuntersuchung kennen, bei dieser letzterer als Zeuge einvernommen wurde. Zu dieser Zeit ist Inspektor François der Brigade Allgemeine Untersuchungen zugeteilt. Die beiden sind einander sympathisch. Einige Wochen später ruft Claude Covassi Inspektor François an, um ihm mitzuteilen, er habe Kenntnisse über einen Betäubungsmittelhandel zwischen Genf und Spanien. Er wird mit der Betäubungsmittelbrigade in Verbindung gesetzt und arbeitet mit ihr von 2003 an zusammen. Laut seinen Behauptungen gegenüber der Delegation und der Presse bestand seine Rolle darin, als Lockvogel («agent provocateur») Bedingungen zu schaffen, unter denen Drogenhändler in flagranti verhaftet werden konnten.

Am 12. Dezember 2003 kontaktiert Claude Covassi Inspektor François und teilt ihm mit, er habe in der vorhergehenden Woche Gelegenheit gehabt, mit N._____, einem der Brüder von Hani Ramadan, dem Direktor des Centre Islamique de Genève (CIG), zu Abend zu Essen26. Während dieser Mahlzeit soll er den Worten von N._____ besondere Aufmerksamkeit geschenkt haben, so dass sich zwischen den beiden eine fast freundschaftliche Beziehung entwickelt habe. In der vertraulichen Aktennotiz über das Gespräch hält Inspektor François ­ er wurde zwischenzeitlich in die Brigade für besondere Untersuchungen (BRIS) umgeteilt ­ seine Eindrücke fest und notiert, dass «sich Claude Covassi ganz und gar bereit erklärte (...), (die Polizei) über die Familie Ramadan zu informieren, falls sich diese Beziehungen weiterentwickeln würden.» Am 14. Januar 2004 trifft Inspektor François Claude Covassi in einer Teestube in Genf. Claude Covassi erklärt ihm, er habe ein paar Tage zuvor zusammen mit Z._____ Ramadan und N._____ Ramadan gegessen und dabei Gelegenheit gehabt, sich mit ihnen ausführlich über den Islam im Allgemeinen und den Fundamentalismus im Besonderen zu unterhalten. In seinem Rapport hält Inspektor François Folgendes fest: «Mein Interesse an seinem Vorhaben zeigend habe ich es dennoch vorgezogen, seinen Enthusiasmus und seine Absichten zu bremsen, indem ich ihn vor den Schwierigkeiten und Gefahren warnte.» Covassis Beweggründe beschreibt er folgendermassen: «Vom Wunsch nach Intrigen berauscht (oder: der Intrige verfallen), sucht Claude (Covassi)
sicherlich nach einer Tätigkeit abseits der Routine. Er scheint sich für sein Heimatland nützlich machen zu wollen, indem er den Nervenkitzel polizeilicher Arbeit auskosten will.» Hinsichtlich der Verwicklung 26

Das CIG wurde 1961 von Saïd Ramadan, dem Schwiegersohn des Imams Hassan Al-Banna gegründet, der seinerseits Gründer der Muslimischen Bruderschaft in Ägypten war. Das CIG hat seinen Sitz in der Rue des Eaux-Vives 104 in Genf und ist ein Verein im Sinne von Art. 60 ff. des Zivilgesetzbuchs vom 10.12.1907 (SGB; SR 210). Die Räumlichkeiten des CIG umfassen eine Moschee, einen Konferenzsaal und eine Bibliothek. Das CIG organisiert auch Sport- und Unterhaltungsanlässe. Nach dem Tod Saïd Ramadans im Jahre 1995 übernahm dessen Sohn Hani die Leitung des CIG. Hani Ramadan ist Schweizer Bürger ägyptischer Herkunft und war seit 1981 als Sekundarlehrer des Kantons Genf tätig. Am 5.2.2003 wurde er von der Genfer Regierung entlassen, nachdem er in einem in «Le Monde» vom 10.9.2002 veröffentlichten Forumsartikel die Steinigung von Frauen bei Ehebruch rechtfertigte. Mit Entscheid vom 15.3.2004 und 27.4.2005 hiess die Rekurskommission des Genfer Erziehungsdepartements (CRIG) den Rekurs von Hani Ramadan gegen den Entlassungsentscheid des Staatsrats vom 5.2.2003 teilweise gut. Hani Ramadan hat vier Brüder und eine Schwester.

6889

Covassis in einen Handel mit Anabolika unterstreicht der Inspektor, dass dieser «heute seine Dienste wahrscheinlich anbietet, weil er sich dadurch rehabilitieren möchte». Der Rapport hält auch fest, dass Covassi mit der «Kunst der Manipulation vertraut» ist und dass «es ratsam ist, seinen Aussagen zu misstrauen und die von ihm verbreiteten Informationen zu verifizieren». Zum Abschluss notiert der Inspektor Folgendes: «Zur Stunde kann ich noch nicht sagen, ob diese Quelle verlässlich ist und ob sie ihre Vorhaben weiterhin ausführen wird. Es wäre dennoch interessant, diese Gelegenheit zu nutzen, dank der wir mittelfristig ­ und falls die Beziehungen mit den islamischen Kreisen enger werden sollten ­ mit Informationen beliefert werden könnten.» Anfangs Februar 2004 schlägt L._____, ein Mitglied des CIG, Claude Covassi vor, ihn einzustellen, um den Sportverein des CIG auf Vordermann zu bringen. Angesichts des Interesses, das Claude Covassi der Kultur des Mittleren Ostens entgegen zu bringen scheint, soll ihm L._____ nahe gelegt haben, am CIG Arabischkurse zu belegen. Laut anderen Erklärungen soll Claude Covassi mit L._____ in Verbindung getreten sein, um sich über die sportlichen Aktivitäten des CIG zu informieren. Er wollte bei dieser Gelegenheit wissen, ob er an den vom Zentrum organisierten Kampfsportkursen teilnehmen könne.

Am 10. März 2004 trifft Inspektor François Claude Covassi in einem Gasthof in Onex (GE). Dieser erläutert ihm die Beweggründe, die ihn veranlassten, sich im islamischen Milieu Genfs zu integrieren und mit der Polizei zusammenzuarbeiten. In der Aktennotiz über seine Eindrücke hält der Inspektor fest, Claude Covassi habe keine wirklich genaue Erklärung über sein Engagement abgegeben, ausser jener, die Entdeckung einer neuen Kultur sei intellektuell stimulierend. Er scheine vom geheimen und gefährlichen Aspekt seiner Tätigkeit berauscht zu sein. Gemäss Inspektor François war Claude Covassi auch bestrebt, die Spuren einer Vergangenheit als Kleinkrimineller zu verwischen. Im Verlaufe des Gesprächs erwähnt Claude Covassi, Hani Ramadan wolle ihn am 16. März 2004 treffen, um seine spirituelle Zukunft zu besprechen. Er kündigt an, er werde sich für Korankurse einschreiben mit der Absicht, zum Islam zu konvertieren und praktizierender Muslim zu werden.

Am 16. März 2004 begegnet Claude
Covassi im Centre Islamique von Eaux-Vives erstmals Hani Ramadan. Am folgenden Tag, dem 17. März 2004, informiert er Inspektor François über die dabei geführte Unterhaltung und über verschiedene Personen, die das Zentrum frequentieren.

Am 21. März 2004 beschreibt Claude Covassi in einem Schreiben zu Handen von Inspektor François das CIG und dessen Funktionsweise und macht einen Vorschlag, wie er sich Hani Ramadan annähern will, den er in fünf Punkten präzisiert: «Ich glaube, dass ich mir sein Vertrauen verschaffen kann, indem ich seiner eigenen Strategie folge, nämlich: 1. Verlockung; 2. Faszination; 3. Identifizierung und Nachahmung; 4. Konversion zum Islam; 5. Indoktrinierung».

Kurzfristig sieht Claude Covassi namentlich vor, die Kurse von Hani Ramadan zu besuchen, Arabisch zu lernen und L._____ zu bitten, ihm eine Unterkunft zu finden («ideal wäre das Zusammenleben in einer Wohnung mit anderen Muslimen»).

Mittelfristig plant er seine «Konversion zum Islam» und einen «Aufenthalt in einer Koranschule in einem Land des Mittleren Ostens, um (seine) Islamkenntnisse zu vertiefen und seine Glaubwürdigkeit zu festigen». Er will zudem seine Beziehungen mit der muslimischen Gemeinschaft des Islam-Zentrums «mit allen (ihm) zur Verfügung stehenden Mitteln» stärken. Am 24. März 2004 verfasst Claude Covassi ein 6890

zweites Memo zu Handen von Inspektor François, worin er sich auf ein Gespräch mit Hani Ramadan bezieht und in dem er auch genauere Angaben über andere im CIG angetroffene Personen macht.

Inspektor François trifft Claude Covassi am 24. März 2004 in Onex (GE). In der Aktennotiz zu diesem Gespräch hält Inspektor François Folgendes fest: «Wir haben ihm präzise Anweisungen erteilt, [...]. Es geht in einer ersten Zeit und als wichtigste Zielsetzung darum, ihn konvertieren und sich von den Muslimen, mit denen er regelmässig verkehrt, einspannen ­ insbesondere von Intellektuellen wie Ramadan. Claude [Covassi] erklärt sich bereit, diese Schritte zu unternehmen und glaubt sich befähigt, eine tief greifende Umstellung dieser Art zu bewältigen.» Am 26. März 2004 unterbreitet Claude Covassi Inspektor François einen dritten Bericht mit Informationen über seine persönliche Umgebung sowie über seine Kontakte zum Genfer Islam-Zentrum. Er hält insbesondere Folgendes fest: «Ich habe das Gerücht in Umlauf gesetzt, dass sich mein Interesse am Islam während meiner Inhaftierung in Champ-Dollon (5. bis 11. Februar 2004) entfaltet hat, als ich mit meinen muslimischen Zellengefährten zu tun hatte. Nach meiner andauernd leicht turbulenten Lebensweise [...] überrascht in meinem Umfeld nicht weiter, dass ich einen Weg finde, der mich gelassener macht, wie auch Bemerkungen mir gegenüber zeigen.» In diesem Dokument erwähnt Claude Covassi auch, er werde Texte über seine Fortschritte im Islam verfassen und er beabsichtige, diese dem Direktor des CIG zu unterbreiten. Er fügte an, er sei überzeugt, dass Hani Ramadan keine Zweifel hege, was die Glaubwürdigkeit seines Vorgehens betrifft.

Angesichts der Entwicklung der Beziehungen zwischen Claude Covassi und den Brüdern Ramadan und der bisher gelieferten Informationen ersucht die BRIS den DAP um eine Stellungnahme zur Person von Claude Covassi und um eine Evaluation seines Potenzials. Das genaue Datum dieser Anfrage ist nicht dokumentiert.

7.3

Beginn der Operation «Memphis» durch den DAP

Aufgrund der bis dato von der Genfer Polizei vorgelegten Informationen bitten die Kommissare Antoine und Dominique vom DAP die BRIS, ein Treffen mit Claude Covassi zu organisieren. Dieses Treffen erfolgt am 2. April 2004 in einem Lokal in Genf, das von Inspektor François auf Bitte von Kommissar Antoine auf einen fiktiven Namen reserviert wird. Bei diesem Sondierungstreffen, an dem auch Inspektor François teilnimmt, stellen Antoine und Dominique vom DAP Claude Covassi ihren Dienst und die ihm obliegenden Aufgaben vor und stellen ihm eine Reihe von Fragen über seine Identität, seine Vergangenheit sowie seine Beziehungen und Beweggründe. Dieser erklärt, er befinde sich in der Konversionsphase zum Islam und sei bereits im Stadium der Gebetserklärung. Die Mitarbeiter des DAP erläutern ihm die beim Einsatz von Informanten zur Anwendung gelangenden Regeln und präzisieren insbesondere, dass ein Informant keinerlei gesetzliche Privilegien geniesst und nicht berechtigt sei, zur Erledigung seiner Arbeit Delikte zu begehen. Er müsse sich verpflichten, den Weisungen seines Führungsoffiziers Folge zu leisten und jegliche Initiative zu vermeiden, die über das Mandat präventiver nachrichtendienstlicher Tätigkeit hinausgehe.

6891

Aus diesem ersten Treffen wurde geschlossen, dass die Quelle für den DAP ein interessantes Profil zur Beschaffung von Informationen über das CIG und dessen Direktor Hani Ramadan zu besitzen scheint.

Am 26. und 27. April 2004 finden in einer Teestube in Genf zwei Kontakte zwischen Claude Covassi und Inspektor François statt. Ersterer unterbreitet ein mit 25. April 2004 datiertes Memo, in dem er die zahlreichen Kontakte darlegt, die er im CIG knüpfen konnte. Er berichtet auch, dass er sich sehr regelmässig mit Hani Ramadan treffe.

Am 30. April 2004 konvertiert Claude Covassi zum Islam und nimmt den muslimischen Namen «Adil» (wörtlich: «der Gerechte») an. Von diesem Zeitpunkt an begibt er sich täglich zum CIG.

Am 11. Mai 2004 informiert Claude Covassi Inspektor François über seine Initiative mit der Bezeichnung «Pôle de communication» zur Schaffung einer Website, auf der sich die jungen Genfer Konvertiten über ihre Entwicklung im Islam äussern können, laut Covassi mit dem Ziel, diese zu identifizieren.

Am 7. Juni 2004 übermittelt Kommissar Antoine dem Chef DAP ein Gesuch um Eröffnung einer Operation. In den Schlussbemerkungen dazu hält er Folgendes fest: «Es ist wesentlich, [...] diese einzigartige Chance zu ergreifen, mit der man sich einem der einflussreichsten Exponenten im Bereich des islamischen Fundamentalismus in der Schweiz [und] Enkel des Gründers der sich in Ägypten und in der arabisch-muslimischen Welt rasant entwickelnden radikal-islamistischen Bewegung annähern und ihn auf eine gewisse Art und Weise kontrollieren kann.» Am 11. Juli 2004 bewilligt der Chef DAP die formelle Einleitung der «Memphis» getauften Operation, in deren Rahmen Claude Covassi den Codenamen «Ménès» erhält. Die Operation steht unter der Leitung von Kommissar Antoine als Führungsoffizier; Inspektor François fungiert weiterhin als lokale Ansprechperson Claude Covassis in Genf.

Die Ziele der Operation sind in den Eröffnungsakten zur Operation festgehalten.

Gemäss diesem Dokument geht es im Wesentlichen darum, den «Puls des CIG zu fühlen»; «Beziehungen mit den wichtigen im CIG verkehrenden Personen (...) zu knüpfen»; «Informationen über den von Hani Ramadan auf die muslimischen Besucher des CIG ausländischer und schweizerischer Nationalität ausgeübten Einfluss zu beschaffen»; «Informationen
über den islamischen Fundamentalismus und seine möglichen (...) Ableger in der Schweiz in Erfahrung zu bringen»; «Informationen über die radikalislamische Bewegung der Muslimischen Bruderschaft in der Schweiz und im Ausland (...) zu erhalten»; «an gewissen Konferenzen oder Treffen (...), namentlich in Begleitung von Hani Ramadan, jedoch nur nach Vorankündigung und mit Zustimmung des Führungsoffiziers teilzunehmen»; «sämtliche möglichen islamistischen Schläfer unter den identifizierten regelmässigen Besuchern des CIG zu enttarnen»; «im Rahmen des Möglichen, sämtliche bedeutenden Durchreisenden oder der für ein allfälliges Logistiknetz verantwortlichen Personen zu identifizieren» und «sämtliche verdächtigen Verhalten oder Gewalttätigkeiten, welche die innere Sicherheit unseres Landes gefährden könnten, präventiv und rechtzeitig aufzudecken».

6892

Gemäss Eröffnungsentscheid ist das Hauptziel der Operation die Person von Hani Ramadan, dem der Codename «Ramsès» gegeben wird. Die Leitung des DAP bewilligt die provisorische Zusammenarbeit mit Claude Covassi. Sie gibt jedoch vor, dass sich die Informationsbeschaffung auf Organisationen der Beobachtungsliste (Art. 11 Abs. 2 Bst. b und Art. 11 Abs. 3 BWIS) oder diesen nahestehenden Personen konzentrieren muss.

Der dienstliche Auftrag sieht vor, dass dem DAP «die Führung der Quelle [...] für sämtliche Fragen im Zusammenhang mit der Wahl der Methoden zur Informationsbeschaffung, ihren möglichen Einsatz in der Schweiz und im Ausland, der Abgeltung ihrer Leistungen und besonderen Bedürfnisse [sowie] für allfällige Probleme mit sämtlichen politischen, administrativen oder polizeilichen Instanzen obliegt».

Der Vertreter der BRIS «ist beauftragt, sämtliche von mündlich oder schriftlich übermittelten Informationen zunächst zusammenzutragen und zu analysieren.» Mit anderen Worten: Die Quelle untersteht vom 11. Juli 2004 an operationell dem DAP.

Am 4. August 2004 setzt Claude Covassi Kommissar Antoine und Inspektor François in Genf darüber ins Bild, dass sich Hani Ramadan aus ihm nicht bekannten Gründen von Mitte Juli bis 10./15. August 2004 nach Saudi-Arabien begeben habe.

Er trägt die Idee vor, eine Koranschule in R. (Afrika) zu besuchen. Kommissar Antoine warnt ihn davor, in risikoreiche Länder zu reisen, ohne den DAP zu benachrichtigen. Er überreicht ihm gegen Quittung eine Entschädigung von 500 Franken.

Am 30. August 2004 informieren der Direktor von fedpol und der Chef DAP die GPDel über sämtliche laufenden Operationen des DAP. In seinem schriftlichen Bericht über die Operationen an die GPDel weist fedpol auf die Ziele der Operation «Memphis» hin und erwähnt, dass diese am 11. Juli 2004 formell eingeleitet worden ist.

Am 18. September 2004 nimmt Claude Covassi mit dem Einverständnis des DAP mit einer Delegation des CIG an der 14. Versammlung der Liga der Muslime der Schweiz in Freiburg teil.

Am 6. Oktober 2004 informiert Claude Covassi in Genf Kommissar Antoine und Inspektor François über ein Dschihad-Handbuch, das am Ausgang von Moscheen im benachbarten Frankreich verteilt worden war. Weitere Informationen betreffen zwei Individuen, die sich durch salafistische Äusserungen auszeichnen. Kommissar
Antoine bittet die Quelle, von sämtlichen unbedachten Initiativen abzusehen und sich in Diskretion zu üben.

An einem Treffen am 21. Oktober 2004 in Genf informiert Claude Covassi Kommissar Antoine und Inspektor François über die Tatsache, dass gewisse Afghanen am CIG ihre Brüder zum Dschihad anstifteten, allerdings ohne grosses Echo vor Ort.

Er gibt auch Hinweise über am CIG erfolgte Äusserungen nach dem am 8. Oktober 2004 verübten Messerangriff auf den Imam des Lausanner Islam-Zentrums (CIL).

Am 12. November 2004 trifft sich Claude Covassi mit Kommissar Antoine und Inspektor François in Genf. Laut Claude Covassi sei ein gewisser A._____ mit salafistischen Juristen in Marokko in Kontakt. Besagte Person zeichne sich in der islamischen Szene Genfs zunehmend durch ein extremistisches Verhalten aus27.

27

A._____ wurde 2005 im Rahmen eines von der BA eröffneten Vorermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit einem Terrorismusfall verhaftet.

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Darüber hinaus wolle A._____ auch einen Handel mit Anabolika aufziehen und ersuche Claude Covassi um Rat.

Am 24. November 2004 bezieht sich Claude Covassi bei einem Treffen mit Kommissar Antoine und Inspektor François in Genf auf das unter seinem Namen veröffentlichte Bulletin «Al Qalam», in dem er antiamerikanische Äusserungen unterstützt, was es ihm ermöglichen soll, mit regelmässigen Besuchern des CIG Beziehungen anzuknüpfen. Claude Covassi informiert den DAP, wonach A._____ mit einem Algerier namens F._____, einflussreiches Mitglied einer extremistischen Organisation in Kontakt stehe. Er behauptet auch, F._____ am 15. November 2004 persönlich getroffen zu haben, und er beschreibt das verdächtige Verhalten eines gewissen X._____, der eine mögliche Rolle als «Motivator» für den Dschihad zu spielen scheint. Kommissar Antoine übergibt Claude Covassi gegen Quittung eine Entschädigung von 1000 Franken.

Am 28. Dezember 2004 treffen sich Kommissar Antoine und Inspektor François mit Claude Covassi in Nyon (VD). Dieses Treffen ist in den Akten des DAP nicht dokumentiert. Laut Kommissar Antoine waren die behandelten Themen nicht von besonderem Interesse.

Am 26. Januar 2005 treffen sich Claude Covassi, Kommissar Antoine und Inspektor François in Genf. Bei dieser Gelegenheit macht er mehrere Hinweise zu verschiedenen Personen ­ insbesondere zu S._____ ­, die verdächtigt werden, dschihadistischen Kreisen in Genf nahe zu stehen; diese Personen sollten in der Folge identifiziert werden. Laut Claude Covassi habe F._____ vor, in der Schweiz eine Zeitschrift über den Islam zu gründen und suche nach Personen, die fähig wären, dafür Artikel zu schreiben. Claude Covassi gibt an, er könne sich daran beteiligen, falls er dafür die Ermächtigung von Hani Ramadan erhält. Er beschreibt auch das Verhalten von Hani Ramadan am CIG. Dieser habe ihm nahe gelegt, sich nach Syrien zu begeben, um seine Konversion zum Islam glaubwürdiger zu machen und den Koran in arabischer Sprache zu studieren. Diese Reise würde von Hani Ramadan finanziert, der ihm mehrere Personen angegeben habe, die er vor Ort kontaktieren könne. Kommissar Antoine gibt Claude Covassi zu verstehen, dass er gegen diese Syrienreise Vorbehalte habe; das wurde von Inspektor François bestätigt.

Claude Covassi besteht trotzdem darauf mit dem Argument, eine solche
Reise sei notwendig, um seine Konversion zum Islam glaubwürdig zu machen. Der Kommissar des DAP präzisiert ihm gegenüber, dass diese Reise mit seinem Auftrag für den DAP nichts zu tun habe und dass er sie selbst finanzieren müsse. Kommissar Antoine nimmt die Gelegenheit wahr, ihn daran zu erinnern, dass der DAP vor allem an den Vorgängen am CIG interessiert sei. Claude Covassi entscheidet sich dennoch für diese Reise. Kommissar Antoine sagt ihm, er soll in Syrien von Initiativen absehen, die seine Zusammenarbeit mit dem DAP verraten könnten. Er beauftragt ihn, einen detaillierten Bericht über seine Beobachtungen während seiner Reise zu erstellen, die Kommissar Antoine als «Touristen- und Studienreise» bezeichnet. Letzterer warnt Claude Covassi zudem vor den Risiken einer Reise in den Irak oder nach Palästina, hauptsächlich wegen seiner eigenen Sicherheit.

Bei diesem Treffen gibt Claude Covassi den beiden Kommissaren des DAP überdies an, dass zwei französisch-algerische Staatsangehörige, J._____ und Y._____, ebenfalls ins Auge fassen, sich zum Besuch einer Koranschule nach Syrien zu begeben.

Laut Claude Covassi scheinen diese beiden Personen seit kurzem ein salafistisches Verhalten an den Tag zu legen und seien regelmässige Besucher des CIG und der

6894

Grossen Moschee in Genf. J._____ habe verlauten lassen, dass er seine Reise auf den Irak auszudehnen wünsche, um sich dort dem Dschihad anzuschliessen.

Vor seiner Abreise nach Syrien kommt es in Genf zu mehreren Treffen zwischen Claude Covassi, Kommissar Antoine und Inspektor François, deren Daten nicht mehr genau festgestellt werden können. Dabei geht es laut Inspektor François darum, die Orte zu bestimmen, die Claude Covassi besuchen könnte. Der Mitarbeiter des DAP kann sich nicht daran erinnern, an diesen Treffen teilgenommen zu haben.

Am 1. Februar 2005 verlassen J._____ und Y._____ Genf in Richtung Beirut, wo sie am Flughafen von libanesischen Sicherheitskräften festgenommen werden. Nach einer Einvernahme vor Ort werden beide über Paris zurückgeschickt, worauf sie wieder nach Genf zurückkehren.

Am 3. Februar 2005 fliegen J._____ und Y._____ von Genf über Budapest nach Istanbul in der Absicht, auf dem Landweg nach Damaskus weiterzureisen. Am gleichen Abend fliegt Claude Covassi via Budapest nach Damaskus.

J._____ und Y._____ werden am 4. Februar 2005 an der türkisch-syrischen Grenze festgenommen. Ersterer kann seine Reise nach Damaskus am folgenden Tag fortsetzen, Letzterer gesellt sich erst rund zehn Tage später wieder zu seinem Freund. Die genauen Gründe für die Festnahmen sind nicht bekannt, es sei denn, einer der beiden habe ein Visumsproblem gehabt.

Claude Covassi hält sich zwischen dem 4. und 21. Februar 2005 in Syrien auf. Er wird später dem DAP zwei Berichte über die Reiseabschnitte in Damaskus und Aleppo unterbreiten. In einem bezieht er sich auf die Problematik, dass die Stadt Genf als Transit für Freiwillige aus der Romandie und aus dem angrenzenden Frankreich dient, welche sich dem Djihad im Irak anschliessen wollen.

Nach der Rückkehr Claude Covassis aus Syrien treffen ihn der Führungsoffizier des DAP und Inspektor François am 23. Februar 2005 in Genf. Sie finden, er habe sich verändert.

Am 25. Februar 2005 findet ein zweites Treffen zwischen Kommissar Antoine und Claude Covassi statt, an dem Inspektor François nicht teilnimmt. Claude Covassi informiert dabei über die mögliche Entstehung einer kleinen salafistischen Zelle in Genf.

Am 27. Februar 2005 hält Claude Covassi in einem Brief an Inspektor François die zunehmenden Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit mit dem
Kommissar des DAP fest. Er erklärt die Schwierigkeit, mit Kommissar Antoine ein Vertrauensverhältnis aufzubauen: «Von Anfang an habe ich mich schlecht verstanden gefühlt», fügt er an. Er behauptet, von Kommissar Antoine schlecht betreut und beraten zu werden, insbesondere im Hinblick auf Sicherheitsfragen. In seinem Brief äussert Claude Covassi die Absicht, seine Zusammenarbeit mit dem DAP zu beenden.

Inspektor François versucht, ihn zu überzeugen, auf seinen Entscheid zurückzukommen.

Am 28. Februar 2005 verfasst der Genfer Inspektor einen Bericht zu Handen seiner Vorgesetzten und des DAP. Er führt dort an, dass Claude Covassi zur Weiterführung seiner Zusammenarbeit bereit sei, falls ihm bestimmte Garantien gegeben würden (Wechsel des Führungsoffiziers, Sicherheitsgarantien bei Auslandreisen, den Auslagen entsprechende Spesenvergütungen).

6895

Am 3. März 2005 diskutieren der betroffene Kommissariatsleiter des DAP, Kommissar Antoine und Inspektor François mit Claude Covassi in Genf über die Regeln der Zusammenarbeit und die Kompetenzen des DAP und der BRIS im Rahmen der Operation «Memphis». Die Vertreter des DAP weisen darauf hin, dass ihr Dienst nicht bereit ist, auf Claude Covassis Bedingungen einzugehen.

Bei einem Treffen am 17. März 2005 in Genf informiert Claude Covassi Kommissar Antoine und Inspektor François, dass J._____ und Y._____ am 4. März 2005 in Damaskus festgenommen und über die Ziele ihres Aufenthalts in Syrien einvernommen wurden. Am 17. März 2005 seien sie ein zweites Mal befragt und dann anscheinend ohne Folgen freigelassen worden.

Am 23. März 2005 liefert Claude Covassi an einem Treffen mit Kommissar Antoine und Inspektor François in Genf zahlreiche Informationen über S._____ und A._____. Er unterrichtet sie auch darüber, dass sich Hani Ramadan für eine auf den 25.­27. März 2005 anberaumte Tagung der Union des Organisations Islamiques de France (UOIF) in Paris angemeldet habe und dass vorgesehen ist, dass er Hani Ramadan begleitet. Claude Covassi erhält gegen Quittung eine Entschädigung von 500 Franken.

Am 25. März 2005 teilt Claude Covassi Kommissar Antoine via SMS und in einem anonymen Internet-Briefkasten seinen Bruch mit dem DAP mit, ohne diesen Schritt zu erklären.

Am 13. April 2005 informiert Claude Covassi an einem Treffen mit Kommissar Antoine in Genf, an dem Inspektor François nicht teilnimmt, dass er seine Mission nicht weiterführen will und nach Spanien zu gehen wünscht. Da der Bruch nun scheinbar vollzogen war, verdeutlicht Kommissar Antoine ihm gegenüber die Regeln mit Bezug auf die Geheimhaltungspflichten im Rahmen der Operation «Memphis». Er weist ihn auch auf die Risiken hin, denen er sich in Spanien ausgesetzt sehen könnte, sollte er zu eng mit islamistischen Kreisen verkehren.

Am 17. April 2005 teilt Claude Covassi dem Kommissar des DAP telefonisch mit, dass die Genfer Polizei ohne Zustimmung des DAP einen Annäherungsversuch an S._____ gemacht habe. Kommissar Antoine gibt ihm zu verstehen, dass Claude Covassi Inspektor François nicht kontaktieren darf und dass diese Angelegenheit unter der direkten Leitung des DAP steht.

Zwischen dem 17. April 2005 und dem 27. Januar 2006 versucht Kommissar
Antoine mehrmals, mit Claude Covassi in Verbindung zu treten, jedoch ohne Erfolg.

In der zweiten Hälfte April 2005 trifft sich Inspektor François mit Kommissar Karl von der Bundeskriminalpolizei (BKP) zur Besprechung verschiedener von der BRIS und der BKP gemeinsam behandelter Geschäfte. Sie erörtern dabei u.a. die Frage der Bedeutung von Genf für potentielle Djihadisten. Bei dieser Gelegenheit beschreibt Inspektor François die Tätigkeit von Claude Covassi für den DAP und weist darauf hin, diese Quelle sei drauf und dran, ihre Beziehungen mit dem DAP abzubrechen; Inspektor François schlägt Kommissar Karl vor, ihm die Quelle vorzustellen und ihm Zugang zu einem Teil der von ihr beschafften Informationen zu vermitteln.

Kommissar Karl nimmt das Angebot betreffend Zugang zu den Informationen an. Er schlägt aber ein Treffen mit der Quelle aus und präzisiert gegenüber Inspektor François, ein derartiges Treffen könne erst stattfinden, wenn die Quelle ihre Beziehungen mit dem DAP formell abgebrochen hat, und es müsse sich in einem vollumfänglich inoffiziellen Rahmen abspielen.

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An einem nicht mehr genau feststellbaren Datum im Mai 2005 stellt Inspektor François Claude Covassi Kommissar Karl vor und erklärt, dass Claude Covassi in radikalislamischen Kreisen verkehre und der BKP bei ihren Untersuchungen nützlich sein könne. Claude Covassi schildert Kommissar Karl eingehend seine Syrienreise und seine Beziehungen zu regelmässigen Besuchern des CIG. Er denkt laut über die Idee nach, sich an einen ausländischen Dienst zu wenden, um sich vom DAP zu lösen. Kommissar Karl und Inspektor François geben ihm klar zu verstehen, dass ein solches Vorgehen gemäss Artikel 271 StGB gegen schweizerisches Recht verstosse. Kommissar Karl weist ihn dann darauf hin, dass es ausserhalb der kantonalen Polizeikorps, des DAP, der BKP und des SND keine andere Möglichkeiten gibt, und präzisiert, dass die BKP kein Vorrecht hat, um ihn zu führen.

Am 10. Oktober 2005 wird die GPDel vom Direktor fedpol, vom Chef DAP und vom Chef der Abteilung Operationen des DAP über sämtliche beim DAP laufenden Operationen informiert. Bezüglich der Operation «Memphis» erwähnt das fedpol den Abbruch der Kontakte und die Schwierigkeiten bei der Führung der Quelle. In dem vom DAP am 19. September 2005 erstellten schriftlichen Bericht zu Handen der GPDel steht dazu Folgendes: «Die Quelle ist gut platziert und beschafft wichtige und verifizierbare Informationen. Sie ist aber schwierig zu führen (und) hat die Tendenz, ohne Absprache mit dem Führungsoffizier Initiativen zu ergreifen, die riskant sein können. Im Moment ist der Kontakt zur Quelle abgebrochen. Die weitere Zusammenarbeit mit ihr muss überprüft werden.» Am 19. Januar 2006 ­ d.h. neun Monate nach dem letzten Kontakt zwischen Claude Covassi und dem DAP ­ trifft sich der Chef der BRIS mit dem Chef der Abteilung Operationen des DAP zur Erörterung verschiedener Fragen. Bei dieser Gelegenheit kommt der Chef der BRIS auf den Ablauf der Operation «Memphis» zurück und weist darauf hin, dass Inspektor François die Art und Weise nicht gutheisse, wie der Kommissar Antoine des DAP die Quelle «Ménès» geführt habe. Die BRIS ist der Meinung, der DAP sei mit Claude Covassi zu strikt gewesen und habe ihm nur wenige Freiheiten gelassen, was letzten Endes zum Abbruch der Zusammenarbeit geführt habe. Der Chef Abteilung Operationen des DAP antwortet, dass Kommissar Antoine die Quelle in Absprache mit seinen Vorgesetzten geführt habe.

7.4

Beginn der Zusammenarbeit von Claude Covassi mit dem SND

Am 4. Mai 2005 richtet Claude Covassi ein Bewerbungsschreiben an den Direktor des SND, worin er behauptet, auf Ratschlag eines Verantwortlichen der BKP zu handeln, und vorgibt, in Verbindung mit islamistischen Aktivisten sowohl in der Schweiz als auch im Ausland zu stehen.

Am 10. Mai 2005 nimmt ein Mitarbeiter des SND namens «Michel» per E-Mail mit ihm Kontakt auf und schlägt ihm ein Treffen vor.

Beim ersten Kontakt am 18. Mai 2005 in einem Restaurant im Ausland erörtern «Michel» und Claude Covassi die Modalitäten ihrer Zusammenarbeit und kommen überein, den DAP nicht miteinzubeziehen. Claude Covassi erhält das Pseudonym «Babylone».

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Nach dem zweiten Treffen am 31. Mai 2005 in einem anderen Restaurant im Ausland beschliesst der SND, Claude Covassi für drei Monate in ein afrikanisches Land (R.) zu entsenden mit dem Ziel, Informationen über eine für den SND interessante Gruppierung zu beschaffen.

Beim dritten Treffen in einem Hotel im Ausland vom 9. Juni 2005 erhält Claude Covassi von «Michel» einige Tausend Franken zur Finanzierung seiner Reise nach R. (Afrika). Dieser Betrag wird in der Folge am 26. Juli 2005 und am 19. August 2005 um wenige Tausend Franken aufgestockt.

Claude Covassi hält sich vom 9. Juni bis 9. September 2005 in R. (Afrika) auf.

«Michel» trifft seine Quelle nach deren Rückkehr aus R. (Afrika) am 15. September 2005 in Zürich. Ein vollständiges Debriefing wird für den 13. Oktober 2005 anberaumt.

Claude Covassi wird am 13. Oktober 2005 einem Debriefing durch den SND unterzogen. Die Ergebnisse werden im grossen Ganzen positiv beurteilt, und der SND beschliesst, ihn erneut ins Ausland zu entsenden.

Am 23. November 2005 diskutieren «Michel» und Claude Covassi bei einem Treffen im Kanton Freiburg mögliche Bestimmungsorte und mehrere Varianten für eine Reise in den Mittleren Osten.

Am 11. Dezember 2005 orientiert Claude Covassi Hani Ramadan nach seinen eigenen Angaben über seine Zusammenarbeit mit dem DAP.

Am 13. Januar 2006 informiert «Michel» Claude Covassi bei einem Treffen im Kanton Freiburg über den Beschluss des SND, ihn für drei bis sechs Monate in ein anderes afrikanisches Land (D.) (und möglicherweise in ein drittes afrikanisches Land, [M.]) zu entsenden. Claude Covassi erklärt, dass ihm F._____ den Aufenthalt vor Ort organisieren könne.

Bei einem Treffen am 24. Januar 2006 im Kanton Freiburg erhält Claude Covassi von «Michel» eine weitere Summe Geld für seine Reise nach D. (Afrika). «Michel» installiert auf Claude Covassis Computer auch eine technische Vorrichtung, um einen gesicherten Informationsaustausch zu ermöglichen. «Michel» erlebt die Quelle als besonders nervös, was sich mit der Aussicht auf eine Mission in einem schwierigen Land erklärt.

7.5

Parallele Kontakte von Claude Covassi mit dem DAP und dem SND

Am 27. Januar 2006 erhält Kommissar Antoine einen Anruf von der Vorsitzenden des Polizeigerichts in Genf. Sie erklärt, Claude Covassi sei im Zusammenhang mit einem Anabolika-Handel zu einer Anhörung vorgeladen worden, habe sich dazu aber nicht eingefunden. Er habe ihr gegenüber vorgebracht, dass er «seit 2005 eine Tätigkeit beim Dienst für Analyse und Prävention des Bundesamtes für Polizei (ausübe)» und «aus Gründen, die mit dieser Aktivität zusammenhängen, es (ihm) nicht möglich sei, an diesem Morgen (27.1.2006) vor Gericht zu erscheinen». In dieser schriftlichen Mitteilung an das Gericht hat Claude Covassi «für alle zweckdienlichen Informationen» den Namen und die Telefonnummer Kommissar Antoines angegeben. Dieser bestätigt, dass Claude Covassi mit dem DAP Kontakte hatte,

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was jedoch kein Hinderungsgrund für das Erscheinen Claude Covassis vor dem Gericht in Genf sei.

Nach mehreren Monaten des Schweigens kontaktiert Claude Covassi an demselben 27. Januar 2006 Kommissar Antoine und übermittelt ihm mehrere SMS mit Informationen über J._____. Für denselben Abend wird ein Treffen in Nyon (VD) vereinbart. Dabei erklärt Claude Covassi, er wolle künftig nur noch mit dem DAP und nicht mehr mit Inspektor François zusammenarbeiten. Er nimmt die Gelegenheit wahr, um auf den Fall F._____ zurückzukommen und behauptet, dieser sei letztlich nicht in den Irak abgereist. Daneben informiert er über seine Aktivitäten im Verlauf der letzten Monate, ohne indes zu verraten, dass er für den SND tätig ist.

Claude Covassi informiert den Führungsoffizier des DAP, dass er seine Beziehungen mit F._____ verstärkt und von diesem Informationen über Aktivisten zweier bewaffneter Terroristengruppierungen erhalten habe. Er sei von F._____ beauftragt worden, sich diesen im Ausland vor Ort anzunähern, um Informationen über das Netzwerk in unserem Land und in Europa zu beschaffen. Zu diesem Zweck habe ihn F._____ mit einer Person in Afrika in Kontakt gebracht. Claude Covassi behauptet gegenüber dem Kommissar des DAP, für diese Reise von F._____ mehrere Tausend Franken erhalten zu haben.

An diesem Treffen informiert Claude Covassi Kommissar Antoine auch über die Vorladung des Genfer Polizeigerichts im Zusammenhang mit einem AnabolikaHandel. Diese lautete auf den Morgen des 27. Januar 2006; er begibt sich verspätet tatsächlich zum Gericht, wobei er dort ­ ohne den DAP im Voraus davon in Kenntnis zu setzen ­ argumentiert, er sei wegen Aufträgen des DAP aufgehalten worden.

Am 30. Januar 2006 erkundigt sich ein Genfer Staatsanwalt bei Kommissar Antoine über Claude Covassis Verhalten am 27. Januar 2006.

Am 1. Februar 2006 trifft sich Kommissar Antoine erneut mit Claude Covassi in Nyon (VD). Anscheinend versucht dieser, Informationen über J._____ zu beschaffen. Er erwähnt auch seinen dreimonatigen Aufenthalt in R. (Afrika) im Jahre 2005 und unterbreitet dem Kommissar des DAP spontan eine Note zu diesem Thema.

Kommissar Antoine händigt ihm gegen Unterzeichnung einer Quittung den Betrag von 200 Franken aus.

Am 7. Februar 2006 erklärt Claude Covassi dem SND, A._____, einer seiner ehemaligen Kontaktpersonen,
habe ihm mitgeteilt, er wisse, dass er für die «Dienste» arbeite, und dass er sich dazu bekennen müsse. Der Führungsoffizier des SND weist ihn an, seine Kontakte mit den Nachrichtendiensten abzustreiten und seine Tätigkeiten normal weiterzuführen. Ein dringlicher Kontakt wird auf den folgenden Tag, den 8. Februar 2006, im Kanton Zürich vereinbart. Dabei bestätigt Claude Covassi, dass die Situation ernst ist und seine Kontaktleute Beweise gegen ihn haben. Es wird beschlossen, die Mission nach D. (Afrika) für den Augenblick aus Sicherheitsgründen zu suspendieren. Der SND ersucht Claude Covassi erneut, sämtliche Beziehungen mit den Nachrichtendiensten abzustreiten.

Am 9. Februar 2006 versucht Kommissar Antoine erfolglos, mit Claude Covassi in Verbindung zu treten.

Der SND und Claude Covassi tauschen zwischen dem 9. Februar und dem 15. Februar 2006 zahlreiche E-Mails aus. Claude Covassi behauptet, er sei auf der Strasse beschimpft worden und habe eine seiner Kontaktpersonen aus seiner Wohnung werfen müssen. Laut Claude Covassi sei F._____ im Besitz von Beweisen für 6899

seine Zusammenarbeit mit dem DAP; insbesondere verfüge er über seinen Codenamen beim DAP und über den Operationscode28. Claude Covassi versichert seinem Führungsoffizier des SND, dass er sich bedroht fühlt. Am 10. Februar 2006 kündigt er seinem Kontaktmann des SND an, er beabsichtige, nach Spanien zu verreisen und lange nicht mehr zurückzukehren.

Am 11. Februar 2006 wendet sich Claude Covassi an seinen Führungsoffizier des SND, um ihm zu erklären, er werde mit F. _____, seiner Hauptkontaktperson, in Verbindung treten. F._____ zeigt ihm zwei ihn belastende Dokumente; dabei handelt es sich um ein Dokument mit dem Briefkopf des Bundes und um ein Dokument der Genfer Kantonspolizei. Der SND ist der Meinung, dass es sich dabei nicht um handfeste Beweise handelt. Am 13. Februar 2006 gegen 17.00 Uhr ruft Claude Covassi den Führungsoffizier des SND an und teilt ihm mit, in seiner Wohnung sei eingebrochen worden. Dabei sei Informatikmaterial und namentlich ein Laptop gestohlen worden. Bei der Kantonspolizei wird eine Strafanzeige unter der Nr.

Z 250117 / Z2 eingetragen.

Am folgenden Tag, dem 14. Februar 2006, kontaktiert Claude Covassi den SND und gibt an, auf offener Strasse von «zwei unbekannten Arabern» überfallen worden zu sein. Er gibt an, am Gesicht leicht verletzt worden zu sein und sich zu einer Untersuchung ins Spital begeben zu haben. Die Kantonspolizei registriert diesen Vorfall unter der Nr. Z 250471 / Z11. Sie bezieht sich auf einen Überfall durch eine einzige Person, die Claude Covassis Geldbeutel entwendet habe. Laut Register der Strafanzeigen («main courante») habe «der Angreifer ein Cutter-Messer hervorgenommen, jedoch nicht verwendet».

Zur Beurteilung der Situation findet am 15. Februar 2006 im Kanton Waadt ein Treffen zwischen dem SND und Claude Covassi statt. Claude Covassi schlägt vor, F._____ seine Beziehung zum DAP einzugestehen und vorzugeben, dass er seine Zusammenarbeit mit diesem Organ beendigt habe, nachdem er den Weg des Islam eingeschlagen habe. Der SND rät von diesem Vorhaben ab.

Am 16. Februar 2006 teilt Claude Covassi dem Mitarbeiter des SND per E-Mail mit, dass er gedenke, sich F._____ anzuvertrauen. In der Folge ändert er trotzdem seine Meinung und beschliesst, Genf für einige Monate zu verlassen. Er ersuchte den SND, sich ihm gegenüber erkenntlich zu zeigen. Der
Mitarbeiter des SND garantiert ihm eine finanzielle Hilfe sowie einen Flugschein an einen Bestimmungsort seiner Wahl. Claude Covassi entscheidet sich für Las Palmas (Kanarische Inseln), wo er noch einige Kontakte hat. Er kündigt an, dass er dabei sei, für seine Wohnung in Genf einen Untermieter zu suchen.

Gleichentags kommt es in Chavannes-de-Bogis (VD) zwischen einem Mitarbeiter des SND und Inspektor François zu einem Treffen. Letzterer bestätigt, dass die Dokumente im Besitz von F._____ wahrscheinlich echt sind und weist darauf hin, dass er sich gegenüber dem DAP in einer heiklen Lage befindet, da er weiss, dass Claude Covassi für den SND arbeitet, wovon wiederum der DAP nichts weiss. Die beiden beschliessen, Claude Covassi beim Verlassen der Schweiz zu helfen.

28

Laut EJPD erklärte F._____ dem DAP am 31.5.2006 spontan, Claude Covassi habe ihm schon Anfang 2005 anvertraut, dass er sowohl für den DAP als auch für den SND und die BKP arbeitete. Diese Information konnte von der Delegation nicht verifiziert werden.

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Am 19. Februar 2006 schreitet die Polizei in Claude Covassis Wohnung ein, um einen Streit über einen Betrag von 1200 Franken beizulegen, den Claude Covassi jener Person versprochen hatte, die für die Dauer eines halben Jahres einen Untermieter für seine Wohnung finden würde. Gemäss Register der Strafanzeigen verzichten beide Parteien auf eine Strafklage (Journal-Nr. Z 251876 / Z1).

Am 20. Februar 2006 übergibt der Führungsoffizier des SND Claude Covassi im Kanton Solothurn das versprochene Geld und den Flugschein nach Las Palmas. Er begleitet Covassi an den Flughafen Zürich und ersucht ihn vor dem Abflug, sich eine Zeitlang nicht mehr blicken zu lassen.

Am 21. Februar 2006 gibt Claude Covassi seinem Führungsoffizier des SND zu verstehen, dass alles gut gehe, er jedoch eine Vorahnung habe. Er glaubt, der SND wolle ihm eins auswischen. Mitten in der Nacht erhält der Mitarbeiter des SND eine Reihe beleidigender SMS, in denen Claude Covassi behauptet, der SND habe ihm eine Falle gestellt.

Am 22. Februar 2006 informiert Claude Covassi Hani Ramadan per E-Mail über einen in der «Tribune de Genève» vorgesehenen Artikel. Er präzisiert, dass dieser Artikel lediglich ein erster Schritt sei und dass er beabsichtige, «ausführlicher aufzuzeigen, was er über die Methoden der betroffenen Dienste habe beobachten können». (Diese E-Mail wurde am 30.4.2006 im «Le Matin dimanche» reproduziert.)

Am 23. Februar 2006 veröffentlicht die «Tribune de Genève» ihren ersten Artikel, der die Zusammenarbeit Claude Covassis mit dem DAP aufdeckt. Von seinem Führungsoffizier des SND auf die Herkunft dieses Artikels angesprochen, streitet Claude Covassi jegliche Verwicklung ab.

Am 25. Februar 2006 erklärt Claude Covassi dem Führungsoffizier des SND in einer E-Mail, er habe F._____ seine Zusammenarbeit mit dem DAP bereits im November 2005 eingestanden. Dieser habe anfangs Dezember 2005 Hani Ramadan darüber informiert. Hani Ramadan habe von Claude Covassi ein schriftliches Eingeständnis verlangt, das er jedoch verweigert habe. Laut Claude Covassi habe ihn Hani Ramadan dann einem Journalisten der «Tribune de Genève» vorgestellt; dieser habe ihm zugesichert, dass ohne sein Einverständnis kein Artikel über seine Zusammenarbeit mit dem DAP veröffentlicht würde. Danach seien laut Claude Covassi mehrere Personen zu ihm gekommen, um ihm
Fragen zu stellen und ihn zu belästigen. In seiner E-Mail an den SND verspricht Claude Covassi, weder seine Zusammenarbeit mit dem SND noch seine Kontakte zur BRIS und zur BKP zu erwähnen.

In einem anderen, im «Blick online» (http://www.blick.ch/img/HBGyljBQ.pdf) erschienen und Claude Covassi zugeschriebenen Dokument behauptet dieser, am 7. Dezember 2005 einen Journalisten der «Tribune de Genève» getroffen und ihm eine bestimmte Anzahl Informationen geliefert zu haben.

Zwischen dem 26. Februar 2006 und dem 4. März 2006 tauscht Claude Covassi mit dem SND mehrere E-Mails aus, in denen er in der «Tribune de Genève» und im «Blick» geplante Artikel erwähnte.

Auf Empfehlung seines Führungsoffiziers des SND willigt Claude Covassi ein, in ein anderes Land zu reisen und jeglichen Kontakt mit den Journalisten und seinen Kontaktpersonen in Genf abzubrechen. Am 9. März 2006 reist er per Schiff nach Dakar (Senegal) ab und begibt sich dann via Nouakchott (Mauretanien) und Casablanca (Marokko) nach Kairo (Ägypten).

6901

Am 9. März 2006 veröffentlicht Hani Ramadan ein Pressecommuniqué, in dem er behauptet, er sei im Besitz eines «schriftlichen Eingeständnisses in Form von Entschuldigungen (von Claude Covassi) vom selben Tag, an dem er sich entschlossen hat, sich via Presse an die Öffentlichkeit zu wenden».

Am 10. März 2006 veröffentlicht der «Blick» einen grossen Artikel zum Thema mit Erklärungen Claude Covassis, die sich der Journalist auf den Kanarischen Inseln beschaffte.

Am 24. März 2006 informiert der SND Claude Covassi über das Erscheinen eines Artikels in der Zeitung «Le Temps», der sich auf seine Verurteilung wegen Handels mit Anabolika bezieht. Claude Covassi gibt vor, von dem Artikel nichts zu wissen und bezichtigt den DAP, das gegen ihn ausgesprochene Urteil beeinflusst zu haben.

Er bekräftigt erneut, dass er sich weder über seine Zusammenarbeit mit dem SND noch über seine Kontakte zur BRIS und zur BKP äussern werde.

Am 29. März 2006 erscheinen im «Blick» verschwommene Fotos von Claude Covassi in Las Palmas.

Am 30. März 2006 nimmt «Michel» Bezug auf einen «Blick»-Artikel, der Aufzeichnungen von Gesprächen zwischen Claude Covassi und Kommissar Antoine erwähnt und fragt Claude Covassi per E-Mail, ob diese Aufzeichnungen tatsächlich existierten. Claude Covassi versichert seinem Führungsoffizier des SND, dass er über keine derartige Aufzeichnungen verfügt. Er bestätigt auch, dass er keine Kontakte zu Journalisten mehr hat und behauptet, die ganze Pressekampagne werde von den Islamisten in der Schweiz organisiert.

Am 31. März, 2. und 3. April 2006 schickt Claude Covassi dem SND mehrere Mitteilungen, um ihn um finanzielle Hilfe zu ersuchen. Laut SND kommen diese Anfragen einer Erpressung gleich: Entweder beschafft der SND der Quelle Geld, oder die Quelle spricht mit der Presse.

Am 4. April 2006 teilt der SND Claude Covassi telefonisch mit, dass er sich weigert, zusätzliche finanzielle Hilfe zu leisten.

Am 7. April 2006 veröffentlicht die französische Ausgabe von «Intelligence Online» (Nr. 521) erstmals die vollständige Identität Claude Covassis.

Am 21. April 2006, informiert «Michel» Claude Covassi telefonisch, dass seine Identität den Medien bekannt ist. Dieser gibt an, in die Schweiz zurückzukehren zu wollen, jedoch kein Geld zu haben. ­ Dies ist der letzte dokumentierte Kontakt zwischen Claude Covassi und dem SND.

7.6

Epilog

Am 30. April 2006 wird Claude Covassis Zusammenarbeit mit dem SND vom «Le Matin dimanche» und von der «SonntagsZeitung» aufgedeckt.

Am 12. Mai 2006 enthüllt der «Blick», dass von Claude Covassi gelieferte Informationen es dem SND ermöglicht hätten, einen geplanten Anschlag auf ein Flugzeug der israelischen Fluggesellschaft El-Al in Genf zu vereiteln. Claude Covassi versichert, die schweizerischen Behörden gewarnt zu haben, dass ein Algerier und ein Libyer einen Anschlag vorbereiteten und eine Panzerfaust des Typs RPG-7 dazu erworben hätten. Die Bundesanwaltschaft dementiert einige Tage später unmissver6902

ständlich, dass Claude Covassi eine Rolle spielte bei der Verhinderung eines möglichen Anschlags.

Am 3. August 2006 veröffentlicht die Wochenzeitschrift «Facts» ein langes Interview mit Claude Covassi, mit dem sich einer ihrer Journalisten in Kairo getroffen hatte.

Darin vervielfacht Claude Covassi seine Behauptungen und führt seine Zusammenarbeit mit den Nachrichtendiensten bis auf das Jahr 1992 zurück. Zu jener Zeit hätten diese wissen wollen, welche Aktivisten von einem gewissen P._____, der als ehemaliges Mitglied der Roten Brigaden bezeichnet wurde, mit Geld versorgt würden. Laut Covassi finanzierte P._____ die Ausbildung von Kampfeinheiten in Bosnien. Im Artikel behauptet Claude Covassi auch, er habe sich als Beobachter für die schweizerischen Nachrichtendienste nach Travnik und Teslic in Bosnien begeben. Er sei zudem 1993 beauftragt worden, mit der extremen Rechten in Verbindung stehende Personen auszuspionieren. In diesem Rahmen sei Covassi Mitglied einer Gruppierung namens Groupement de recherche et d'études pour la civilisation européenne (GRECE) gewesen, die mit der extremen Rechten Frankreichs liiert sei. Des Weiteren erwähnte er eine ihm 1995 aufgetragene Mission, politisch links stehende Kreise in Genf zu infiltrieren und sich als Kandidat der Partei der Arbeit in den Gemeinderat von Meyrin wählen zu lassen. Nach Angaben der Journalistin habe Claude Covassi dem SND im Rahmen dieser Aufträge zahlreiche Informationen geliefert.

Am 18. Oktober 2006 wird in einem Claude Covassi zugeschriebenen und auf der Website «Journalismus ­ Nachrichten von heute»29 veröffentlichten Bericht behauptet, dass sich Ayman Al-Zawahiri, die Nummer Zwei der Organisation Al-Kaida, mehrmals im Kanton Genf aufgehalten und im März 1991 mindestens einmal in Kontakt mit Hani Ramadan gestanden habe. Diese Information wird im «Blick Online»30 vom 2. November 2006 ebenfalls veröffentlicht.

Am 30. Oktober 2006 kehrt Claude Covassi nach fünf Monaten in Ägypten in die Schweiz zurück. Nach einer Kontrolle durch die Zürcher Polizei wird ihm das Verlassen des Flughafens gestattet, wobei vereinbart wurde, dass er am folgenden Tag bei der Genfer Polizei vorstellig wird, um in einer Angelegenheit befragt zu werden, die weder mit dem Anabolika-Handel noch mit dem CIG in Verbindung stehe. Bei seiner Rückkehr weist sich Claude
Covassi mit einem italienischen Pass aus.

In einem von Oumma.com31 am 6. November 2006 veröffentlichten Interview wiederholt Claude Covassi seine Anschuldigungen, der DAP habe versucht, Hani Ramadan mit der Rekrutierung von Kämpfern für den Irak in Verbindung zu bringen. Er behauptet auch, der DAP habe glauben machen wollen, dass das CIG Geld für die Kämpfer in Tschetschenien sammle. Was Hani Ramadans Kontakte mit Ayman Al-Zawahiri betrifft, behauptet Claude Covassi, diese Mitteilung sei von den schweizerischen Nachrichtendiensten herausgegeben worden, um Claude Covassi zu diskreditieren, und dass das Dokument verfälscht wurde, indem Wahres mit Unwahrem vermischt wurde.

In der Sendung «Rundschau» des Deutschschweizer Fernsehens vom 8. November 2006 wiederholt Claude Covassi seine Anschuldigungen gegen dem DAP und schreckt nicht davor zurück, das Verhalten seines Führungsoffiziers vom DAP als «mafiös» zu bezeichnen.

29 30 31

S. http://oraclesyndicate.twoday.net/stories/2817237/.

S. http://www.blick.ch/news/moschee-spion/artikel47008.

S. http://oumma.com/spip.php?article2222.

6903

An der Pressekonferenz des Bundesrates vom 15. Dezember 2006 bestätigt der Vorsteher des EJPD die Rolle von Claude Covassi als Informant und erklärt offiziell, dass er dem DAP von der Genfer Polizei empfohlen wurde.

8

Untersuchung und Beurteilung der von Claude Covassi ausgesprochenen Vorwürfe durch die GPDel

8.1

Vorbemerkung

Im Rahmen ihrer Untersuchung erhielt die Delegation Kenntnis von zahlreichen Anschuldigungen gegenüber Bundesbehörden. Gewisse Kritiken waren äusserst präzis und blieben konstant, darunter der Vorwurf, der DAP habe eine Infiltration des CIG angeordnet oder Claude Covassi darum ersucht, nach Syrien zu reisen.

Andere erfolgten im Laufe der Zeit und blieben sowohl in Bezug auf die Fakten als auch auf die Erklärungen vage, darunter der Vorwurf, der DAP habe einen Marokkaner bei den dortigen Geheimdiensten denunzieren wollen, um im Gegenzug Informationen zu erhalten («Blick» vom 10.3.2006), oder er habe glauben machen wollen, das CIG sammle Geld für tschetschenische Kämpfer (s. Oumma.com vom 6.11.2006). Dasselbe gilt für die Behauptung, die schweizerischen Dienste hätten Claude Covassi ersucht, Aktivisten zu finanzieren32.

Bei der Erwägung dieser zahlreichen Beschwerden beschränkte sich die Delegation im Wesentlichen auf die von Claude Covassi in seinem Bericht vom 15. November 2006 sowie an den Befragungen vom 12. Dezember 2006 und vom 16. Januar 2007 erhobenen Anschuldigungen. Wo dies gerechtfertigt schien, prüfte die Delegation auch bestimmte in den Medien ­ Presse, Radio, Fernsehen ­ veröffentlichte Kritiken.

Angesichts der besonderen Umstände der Affäre musste die Delegation die Sachverhalte mit Vorsicht beurteilen und dabei sorgfältig zwischen Erwiesenem und lediglich Vermutetem unterscheiden sowie allfällige Manipulationen in Betracht ziehen.

8.2

Von Claude Covassi unterbreitete schriftliche Dokumente

Claude Covassi unterbreitete der Delegation am 12. Dezember 2006 ein Dossier in elektronischer Form mit knapp 300 Seiten schriftlichen Dokumenten sowie elf Fotografien. Die schriftlichen Dokumente vereinen Elemente aus verschiedenen Zeitabschnitten und beinhalten Notizen, E-Mail-Korrespondenz, Aussprachepapiere, Artikel- oder Berichtsentwürfe, verschiedene vom Internet heruntergeladene Presseartikel sowie Fotografien und private Korrespondenz usw., wobei all dies ohne erkennbare Logik oder Systematik zusammengestellt war. Es beinhaltet auch ein Pressecommuniqué des EJPD. Gewisse Dokumente erscheinen mehrfach, namentlich die zwei Berichte über die Syrienreise, verschiedene Exemplare des Informa-

32

S. http://oraclesyndicate.twoday.net/stories/3479691

6904

tionsbulletins Al-Qalam sowie die Statuten eines Vereins zur Unterstützung der Integration von Muslimen in der Schweiz.

Ein grosser Teil der von Claude Covassi unterbreiteten Dokumente sind privater Natur und haben mit DAP und SND nichts zu tun. Bei den für die Untersuchung relevanten Unterlagen stellte die Delegation fest, dass es sich hauptsächlich um Mitteilungen handelt, die Claude Covassi zu Handen von DAP oder SND aufsetzte, die sich zum grössten Teil in den offiziellen Archiven des DAP und des SND befinden.

Die von Claude Covassi ausgehändigten Dokumente lieferten keinerlei Hinweise dafür, dass die schweizerischen Nachrichtendienste rechtswidrige Methoden angewendet hätten. Desgleichen war Claude Covassi weder in der Lage zu erklären, wie diese Dokumente was auch immer beweisen könnten, noch konnte er auch nur ein einziges Dokument zitieren, das seine Anschuldigungen erhärtete.

Schlussfolgerung Die von Claude Covassi ausgehändigten schriftlichen Dokumente belegen seine Zusammenarbeit mit DAP und SND, liefern indes keinen konkreten und beweiskräftigen Hinweis auf die Anwendung rechtswidriger Methoden durch die Dienste.

Ein Vergleich gewisser von Claude Covassi veröffentlichter Dokumente mit jenen in den Dossiers des DAP und des SND durch die Delegation ergab zudem, dass mehrere in der Presse als Originale dargestellte Dokumente verfälscht oder manipuliert worden waren, um die Äusserungen Claude Covassis glaubwürdig erscheinen zu lassen (s. untenstehende Kästen Nr. 1­5)33. Die Delegation stellte auch Abweichungen fest zwischen veröffentlichten Dokumenten und den entsprechenden Unterlagen, welche die GPDel von Claude Covassi selbst erhielt34.

33 34

Ein weiteres Beispiel findet sich in untenstehendem Ziff. 8.8.

Sämtliche Zitate aus schriftlichen Quellen in den Kästchen 1 bis 10 sind in der unkorrigierten Originalfassung aufgeführt.

6905

Beispiele von in den Medien veröffentlichten verfälschten oder manipulierten Dokumenten Kasten Nr. 1 «SonntagsZeitung» vom 21. Mai 2006 Am 21. Mai 2006 veröffentlichte die «SonntagsZeitung» ein Faksimile eines Claude Covassi zugeschriebenen Textes, der ein Gespräch wiedergibt, das Covassi via Internet-Chat mit einem gewissen, als potentiellen Islamisten bezeichneten Adb Rahman geführt haben soll. In diesem Dokument kündigt Adb Rahman an, eine europäische Hauptstadt sei das Ziel eines Anschlags. Der veröffentlichte Auszug lautete wie folgt: «Adb Rahman dit Bientôt une capital européenne va sauter et tous le monde fera très très attention pour le respect des musulmans je t'assure».

Das Original des der Delegation von Claude Covassi unterbreiteten Textes vom 12. Dezember 2006 lautet anders. Dort heisst Claude Covassis Gesprächspartner Daniel und die Bedrohung durch einen Anschlag ist nur eine Vermutung: «Daniel dit Imagine toi qu'une capital européenne saute grave tous le monde fera très très attention je t'assure».

[Die Abweichungen wurden von der GPDel unterstrichen]

Kasten Nr. 2 «Blick Online» vom 2. Juni 2006 «Blick Online» (http://www.blick.ch/img/HBzn7kQC.pdf) schaltete am 2. Juni 2006 ein Dokument auf, in dem Claude Covassi den Eindruck erweckt, der DAP («les Ours» ­ «die Bären») versuche, ihm eine Falle zu stellen. Er wirft dem DAP auch vor, bei der Operation «Memphis» zahlreiche Fehler begangen zu haben: Das publizierte Dokument hat folgenden Inhalt: «Je dois dire que j'ai quand même été un peu surpris que ............ me donne des informations si précises sur le GSPC. Même si je pense que c'est peu probable, on ne peut pas exclure l'hypothèse d'un piège (ce qui sous-entendrait qu'il ait été informé de mes activités de renseignements par les Ours). Il y a eu depuis le début de cette opération tellement d'indiscrétions et d'erreurs commises par le SAP qu'il m'est difficile d'avoir la conscience tranquille. Vous comprendrez que je ne veux plus avoir, de près ni même de très loin, aucun contact avec eux.»

6906

Das in den Akten des DAP abgelegte Originaldokument, das Claude Covassi Kommissar Antoine am 1. Februar 2006 unterbreitete, besitzt einen anderen Inhalt: Dort schiebt Claude Covassi die Schuld nicht dem DAP, sondern der Genfer Polizei («la BRIS») zu: «Je dois dire que j'ai quand même été un peu surpris que ............ me donne des informations si précises sur le GSPC. Même si je pense que c'est peu probable, on ne peut pas exclure l'hypothèse d'un piège (ce qui sous-entendrait qu'il ait été informé de mes activités de renseignements). Il y a eu depuis le début de cette opération tellement d'indiscrétions et d'erreurs commises par la BRIS qu'il m'est difficile d'avoir la conscience tranquille. Vous comprendrez que je ne veux plus avoir, de près ni même de très loin, aucun contact avec la police du canton de Genève.» [Die Abweichungen wurden von der GPDel unterstrichen]

Kasten Nr. 3 «Blick Online» vom 22. Mai 2006 «Blick Online» (http://www.blick.ch/img/HBHMmijn.pdf) schaltete am 22. Mai 2006 ein Claude Covassi zugeschriebenes Dokument folgenden Inhalts auf: «Selon une conversation interceptée depuis par les services de [Karl] ............, aurait l'intention de se rendre en Irak après l'attentat. Virginie me fait savoir aujourd'hui que selon les Ours Max se serait rendu en Russie ces derniers mois dans le but d'organiser la commande d'un RPG-7 pour ces deux individus. Je déjeune avec Max ce mardi 13...» Das in den Akten des SND abgelegte Original des Dokuments hat folgenden Wortlaut: «Une conversation téléphonique interceptée entre ces deux individus indiquerait que ............ voudrait, après l'attentat, se rendre en Irak via Damas. Virginie me fait savoir aujourd'hui que Bill aurait pu se rendre en Russie ces derniers mois dans le but d'organiser la commande d'un RPG-7 pour ces deux individus.

Je déjeune ce mardi 20 à midi avec Bill ...» [Die Abweichungen wurden von der GPDel unterstrichen]

6907

Kasten Nr. 4 «Blick Online» vom 2. Juni 2006 Am 2. Juni 2006 schaltete «Blick Online» (http://www.blick.ch/img/ HBzn7kQC.pdf) ein Claude Covassi zugeschriebenes Dokument vom 5. Januar 2006 und folgendem Inhalt auf: «Durée du séjour La plus grande partie des frais occupant le voyage et l'installation, il serait intéressant de résider sur place entre cinq et six mois si on se confirme le déplacement au Niger.

(...)

Départ précipité N'importe comment je ne pourrais pas aller bien loin si les choses tournent mal au Niger. J'imagine qu'une réserve de 5000 CHF devraient suffire en cas de départ précipité.» Das Originaldokument, das sowohl in den Akten des SND als auch in den von Claude Covassi unterbreiteten Akten («SRS\Missions 06\séjour») figuriert, trägt das Datum vom 15. Januar 2006 und bezieht sich nicht auf eine überstürzte Abreise, sondern besagt, Claude Covassi beabsichtige, seine Wohnung unterzuvermieten: «Durée du séjour La plus grande partie des frais occupant le voyage et l'installation, il serait intéressant de résider sur place entre cinq et six mois, surtout si on envisage un déplacement au Niger.

(...)

Total On arrive à environ 9500 CHF, en prenant en compte que je sous-loue mon appartement durant cette période, ce qui limite les frais.» [Die Abweichungen wurden von der GPDel unterstrichen]

Kasten Nr. 5 «Blick Online» von 1. Juni 2006 Am 1. Juni 2006 veröffentlichte «Blick Online» (http://www.blick.ch/img/ HBE45K0h.pdf) ein Claude Covassi zugeschriebenes Dokument vom 28. Oktober 2005 mit folgender Aussage: «Virginie m'a fait savoir hier que [Daniel] restera à l'ombre 3 bonnes semaines encore. Le risque c'est qu'il soit extradé directement au Maroc ou en Espagne à sa sortie, ce qui serait dangereux pour lui. [Karl] ............ a-t-il les moyens de faire éviter ça ?»

6908

Die dem SND am 3. November 2005 zugekommene Originalmitteilung besitzt den folgenden Inhalt: «Virginie m'a fait savoir hier que [Daniel] restera à l'ombre 3 bonnes semaines encore. Le risque c'est qu'il soit extradé directement au Maroc ou en Espagne à sa sortie de taule. Je pensais gentiment persuader un frangin de lui rendre une petite visite au parloir de manière à lui communiquer un message (nouvel email ou tel portable à usage unique), afin qu'on puisse rester en contact s'il est impossible de le revoir à Genève. Qu'en pensez-vous?» [Die Abweichungen wurden von der GPDel unterstrichen]

8.3

Andere von Claude Covassi unterbreitete Dokumente

Am 12. Dezember 2006 übergab Claude Covassi der Delegation eine CD-ROM, die laut seinen Aussagen die Tonaufzeichnungen von drei Gesprächen mit seinem Führungsoffizier des DAP enthalten soll. Claude Covassi behauptete, diese würden die Anwendung rechtswidriger Methoden durch den DAP bestätigen. Die Gespräche seien ohne Wissen von Kommissar Antoine mit einem als Kugelschreiber getarnten Aufnahmegerät aufgenommen worden und hätten eine Dauer von fünf Stunden und 38 Minuten.

In den Medien gab Claude Covassi vor, der SND habe ihn ersucht, die Aufzeichnungen vorzunehmen («Le Temps», 31.5.2006). Zunächst bestätigte er am 12. Dezember 2006 gegenüber der Delegation diese Version, wobei er darauf hinwies, dass sich der SND vergewissern wollte, dass Claude Covassi seine Zusammenarbeit mit dem DAP eingestellt habe. Anlässlich seiner Befragung durch die Delegation wies der Führungsoffizier des SND kategorisch von sich, Claude Covassi einen derartigen Auftrag erteilt zu haben, da Aufzeichnungen dieser Art gemäss Artikel 179bis StGB verboten seien.

An seiner zweiten Anhörung vom 16. Januar 2007 nahm Claude Covassi seine Behauptung zurück und erklärte, die Aufzeichnungen auf eigene Initiative hin vorgenommen zu haben. Er behauptete aber wiederum, er habe diese Aufzeichnungen «Michel», seinem Führungsoffizier des SND zukommen lassen, was dieser ebenfalls bestritt. In den Original-Operationsakten des SND finden sich keinerlei entsprechende Hinweise.

An demselben 16. Januar 2007 ersuchte die Delegation Claude Covassi auch, die Daten anzugeben, an denen die von ihm angeblich aufgezeichneten Gespräche stattgefunden hatten. Er erklärte, er könne sich nicht mehr daran erinnern, wolle sie jedoch der Delegation später mitteilen. Trotz zweier Mahnungen der Delegation vom 8. und 22. Februar 2007 war er dazu nicht in der Lage. Wenn man Claude Covassis Äusserungen in der Zeitschrift «Facts» (Ausgabe vom 3.8.2006, S. 20) Glauben schenkt, handelte es sich um eine Diskussion im März 2005 sowie um zwei Gespräche vom 27. Januar 2006 bzw. 1. Februar 2006.

6909

Die der Delegation unterbreitete CD-ROM enthält drei Fotografien, von denen Claude Covassi wiederholt behauptete, er habe darin Audiodateien im MP3-Format integriert. Diese seien mit Hilfe einer Software in die Fotografien «eingelassen» worden. Claude Covassi gab der Delegation gegenüber vor, er könne die Fotografien nicht mehr entschlüsseln, da man ihm den Computer gestohlen habe, auf dem das Verschlüsselungsprogramm des SND installiert gewesen sei.

An der Befragung vom 16. Januar 2007 stellte die Delegation Claude Covassi einen mit dem gleichen Verschlüsselungsprogramm ausgestatteten Computer zur Verfügung und ersuchte ihn, die angeblich in den Fotografien verborgenen Audiodateien selbst hervorzuholen. Dies gelang ihm nicht, und er argumentierte, das Programm des SND sei abgeändert worden, was vom SND überzeugend verneint wurde.

Die Delegation beauftragte darauf den Technischen Dienst sowie das Labor für Signalverarbeitung der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (ETHL)35 mit einer unabhängigen Suche nach den angeblich in den Fotografien Claude Covassis versteckten Tondateien. Die Sachverständigen, die miteinander nicht in Verbindung standen, führten weit reichende technische Untersuchungen durch.

Die beiden Expertenteams kamen unabhängig voneinander zum Schluss, dass die von Claude Covassi vorgelegten Fotografien keinerlei Hinweise auf das Vorhandensein einer verborgenen Mitteilung enthielten. Es sei zudem sehr unwahrscheinlich, dass eine solche in jenem Umfang enthalten sein könnte, die für die Verschlüsselung einer fünfstündigen Tonaufzeichnung im MP3-Format erforderlich ist (s. hierzu den Sachverständigenbericht der ETHL im Anhang, nur auf französisch).

Die Delegation erachtet die Behauptungen Claude Covassis mit Bezug auf die Tonaufzeichnungen auch als wenig plausibel. Angesichts des Ablaufs der Ereignisse muss man ohnehin feststellen, dass die erste behauptete Aufzeichnung ein Gespräch zwischen Claude Covassi und dem Kommissar des DAP im März 2005 betraf, zu einem Zeitpunkt also, zu dem Claude Covassi noch nicht für den SND arbeitete.

Unter diesen Umständen sieht die Delegation nicht, wie der Führungsoffizier des SND Claude Covassi hätte beauftragen können, ein Gespräch aufzuzeichnen, das mehrere Monate zuvor stattfand. Was die Gespräche von 27. Januar bzw. 1. Februar 2006
betrifft, so fanden diese nach Claude Covassis Bruch mit dem DAP vom 25. März 2005 statt. Auch wenn Claude Covassi seinem Führungsoffizier des SND beweisen wollte, dass er seine Zusammenarbeit mit dem DAP beendet hatte, kann man sich doch nur schwer vorstellen, wozu er die Aufzeichnungen benötigte, zumal sie im Gegenteil gezeigt hätten, dass er fast ein Jahr nach dem behaupteten Bruch noch immer Kontakte zum DAP pflegte.

Im Übrigen behauptete Claude Covassi, die Aufzeichnungen bewiesen die rechtswidrige Natur der Aktivitäten des DAP. Die Gespräche indes, auf die sich Claude Covassi bezieht ­ eines vom März 2005 und zwei Diskussionen vom 27. Januar bzw. 1. Februar 2006 ­ fanden mehrere Monate nach dem Zeitpunkt statt, an dem Covassi die angeblich illegalen Aufträge vom DAP erhalten hatte.

Schliesslich gab Claude Covassi vor, der SND habe eine Kopie der Aufzeichnungen erhalten. In den Akten des SND findet sich keine Spur solcher Aufzeichnungen, und sämtliche von der Delegation befragten Mitarbeiter des SND bestätigten einhellig

35

Laboratoire de traitement des signaux; Signal Processing Institute.

6910

und glaubwürdig, nie von solchen Aufzeichnungen Kenntnis gehabt oder sie sich gar angehört zu haben.

Die Delegation stiess auf die Kopie einer E-Mail-Korrespondenz zwischen «Michel» und Claude Covassi vom 30. März 2006, welche die von Covassi zum Ausdruck gebrachte Version widerlegt: In einer E-Mail erklärt Claude Covassi seinem Führungsoffizier des SND, dass er über keine Aufzeichnung verfügt.

Kasten Nr. 6 E-Mail von «Michel» an Claude Covassi vom 30. März 2006 «Hello, D'après le Blick d'hier vous avez envoyé un mail à la GPDel (commission de contrôle parlementaire des services) précisant que vous aviez les enregistrements des conversations avec [«Antoine»] ............, et donc la preuve qu'il vous demandait de jouer l'agent provocateur avec Hani [Ramadan]...

­

est-ce que vous avez vraiment envoyé ce mail? et avez-vous aussi parlé au Blick?

­

avez-vous vraiment cette preuve?

­

si vous décidez de leur faire parvenir ces infos, quand le ferz vous?

(...)

A bientôt»

Kasten Nr. 7 Antwort per E-Mail von Claude Covassi an «Michel» vom 30. März 2006 «(...)

Je vous demande de me croire: 1.

Je n'ai pas envoye de mail a la commission

2.

Je n'ai plus de contact avec des journalistes, ni personne dans notre pays (...)

3.

Je n'ai aucun enregistrement

4.

Je n'ai aucunement l'intention de me rendre a une commission, sauf si vous me le demandez (mais je prefererai pas).

(...)» Die Delegation hält nebenbei Folgendes fest: Schenkt man den Erklärungen Claude Covassis Glauben, wonach er die Aufzeichnungen seinem Führungsoffizier des SND übermittelt habe, ist nicht einzusehen, weshalb es «Michel» am 30. März 2006 für nötig halten sollte, Claude Covassi zu fragen, ob diese existieren.

Es ist nicht ohne Interesse festzuhalten, dass Claude Covassi am 30. März 2006 gegenüber seinem Führungsoffizier des SND behauptete, dass sich die Delegation nicht an ihn gewendet habe und er nicht beabsichtige, mit ihr zur sprechen. Diese 6911

Behauptung wird durch die Tatsache widerlegt, dass Claude Covassi vier Tage zuvor, am 26. März 2006, eine E-Mail an die Delegation richtete, mit dem Anliegen, so rasch wie möglich befragt zu werden (s. untenstehendes Faksimile).

Kasten Nr. 8 E-Mail von Claude Covassi an die Geschäftsprüfungsdelegation vom 26. März 2006 «Cher Monsieur, Comme je l'ai indiqué au Blick, je souhaite être entendu le plus tôt possible par votre commission parlementaire.

Il me faut environ 3 jours pour regagner la Suisse.

A toutes fins utiles, je peux, sous 48 h, vous faire parvenir une copie des documents en ma possession, ainsi que les enregistrements audio des trois dernières séances avec mon officier traitant, [«Antoine»] ............, commissaire au SAP.

Cordialement, Claude Covassi» Schlussfolgerung Angesichts der technischen Untersuchungsergebnisse und der widersprüchlichen Aussagen von Claude Covassi kommt die Delegation zum Schluss, dass Letzterer weder in der Lage war, die Tonaufzeichnungen und die formellen Beweise zur Stützung seiner Anschuldigungen beizubringen, noch genaue Hinweise zu den Daten und zum Inhalt dieser Aufzeichnungen zu liefern.

In Anbetracht dessen hegt die Delegation ernsthafte Zweifel, dass diese Aufzeichnungen tatsächlich existieren. Abgesehen von Claude Covassis Erklärungen erlaubt es denn auch weder ein in den Akten enthaltener Anhaltspunkt noch eine Aussage der angehörten Auskunftspersonen, das Vorhandensein der Tondokumente zu bestätigen oder nur schon als wahrscheinlich zu bezeichnen.

Selbstredend hat ­ abgesehen von Claude Covassi ­ keine der von der Delegation befragten Personen die besagten Aufzeichnungen je gehört.

8.4

War Claude Covassi für den DAP tätig?

Die Untersuchung der Delegation hat ergeben, dass Claude Covassi zunächst für die Genfer Polizei und ab April 2004 bzw. Juli 2004 für den DAP arbeitete. Er wurde von der Kantonspolizei Genf eingesetzt, nachdem er ihr seine Dienste aus freien Stücken angeboten hatte. Zwischen Januar und Juli 2004 führte die Genfer Kantonspolizei Claude Covassi autonom und empfahl ihn dann dem DAP. Ab Juli 2004 wurde Claude Covassi formell zum Informanten des DAP, da dieser der Meinung war, er könnte nützliche Informationen über das CIG beschaffen.

Claude Covassi hatte niemals der Polizei angehört noch übte er je für ein Polizeikorps eine offizielle oder vertraglich festgelegte Funktion aus. Aus den Akten und aus verschiedenen Aussagen geht hervor, dass er den Status eines Informanten hatte, 6912

was der Vorsteher des EJPD an der Pressekonferenz des Bundesrates vom 15. Dezember 2006 auch offiziell bestätigte. Claude Covassis Aufgabe bestand darin, lnformationen über die mit dem Direktor des CIG verkehrenden Personen und über das Geschehen am Islam-Zentrum zu liefern. Seine Informationen wurden als von unterschiedlicher Qualität beurteilt; gewisse Informationen stellten sich auf nachrichtendienstlicher Ebene als nützlich heraus, andere wurden vom DAP als wenig verlässlich betrachtet.

Zur Zeit ist der Begriff des Informanten im Bundesrecht nicht definiert, und diese Art der Tätigkeit entbehrt jeglicher präzisen formellen gesetzlichen Grundlage. Der Grundsatz für den Einsatz von Informanten leitet sich aus Artikel 14 Absatz 2 BWIS ab, wonach Staatsschutzorgane Quellen auswerten und Auskünfte einholen dürfen.

Die von einem Informanten beigebrachten Informationen können in einem Strafverfahren nicht verwendet werden.

Die Modalitäten für die Führung von Informanten sind in einem vertraulichen Handbuch des DAP aus dem Jahre 1997 festgehalten, das sich an die mit Staatsschutzaufgaben betrauten Polizeiorgane von Bund, Kantonen und Städten richtet.

Gemäss diesem Handbuch sind Informanten «Personen, die der Polizei bei Gelegenheit oder regelmässig Informationen über Ereignisse oder Personen liefern, die für diese Behörden ihm Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung von Interesse sind.» Mit anderen Worten besteht ihre Aufgabe einzig darin, die Augen offen zu halten und über die dem DAP von Interesse erscheinenden Feststellungen Bericht zu erstatten.

Informanten werden von Führungsoffizieren betreut, die dem DAP angehören. Ihnen ist es aber insbesondere «untersagt, eine über die Arbeit hinausgehende persönliche Beziehung mit dem Informanten einzugehen bzw. zu unterhalten», [...], ihm «im voraus eine Leistung (z.B. Vorschuss) zukommen zu lassen» oder ihm «einen zusätzlichen Gewinn/Vorteil in Aussicht zu stellen (Köder)». Des Weiteren ist es verboten, «den Informanten zu einer Straftat zu verleiten oder zu einer solchen zu provozieren». Ein Informant geniesst bei seiner Tätigkeit keinerlei gesetzliche Vorrechte.

Die Zusammenarbeit mit einem Informanten ist vom Chef DAP im Rahmen einer Operation zu bewilligen (Art. 14 Abs. 3 VWIS). Dieser verfügt in diesem Kontext über einen recht grossen Ermessensspielraum,
der allerdings nicht einer Blankovollmacht gleichkommt, da sämtliche Operationen Gegenstand einer detaillierten jährlichen Beurteilung sind (Art. 14 Abs. 4 VWIS).

Der Einsatz von Informanten muss vom Einsatz von verdeckten Ermittlern klar unterschieden werden (s. Tabelle 2 im Anhang). Verdeckte Ermittler sind Polizeiangehörige oder vertraglich verpflichtete Personen, die eine spezifische Ausbildung erhalten. Sie werden im Allgemeinen mit einer verdeckten Identität ausgestattet, und ihre Aufgabe besteht darin, kriminelle Kreise zu infiltrieren, um Personen zu beobachten, die im Verdacht stehen, gewisse Straftaten zu begehen, wobei sie sich als Miturheber oder Komplizen ausgeben. Auf diese Weise beschaffte Informationen können vor Gericht unmittelbar als Beweismaterial verwendet werden36. Verdeckte Ermittler können nur in Strafuntersuchungen und zur Aufklärung besonders schwerer Straftaten eingesetzt werden, die in Artikel 4 Absatz 2 des Bundesgesetzes über die Verdeckte Ermittlung (BVE) erschöpfend aufgeführt sind. Deren Einsatz gehört 36

S. Antwort des Bundesrates vom 28.2.2007 auf die Interpellation Nr. 06.3767 «Rechtsgrundlagen für den Einsatz so genannter Vertrauenspersonen» vom 19.12.2006.

6913

aber nicht zu den Zuständigkeiten und Tätigkeiten des DAP, sondern ist der Bundeskriminalpolizei (BKP) vorbehalten und muss von einem Richter genehmigt werden. Er ist zudem im Rahmen des Bundeszivilprozessrechts Gegenstand einer Vorprüfung durch den Vorsitzenden der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts. Die Bewilligung wird für höchstens ein Jahr erteilt.

Die Tatsache, dass der Einsatz von Informanten durch den DAP nicht durch eine spezifische gesetzliche Grundlage geregelt ist, heisst nicht, dass der Einsatz von Informanten untersagt ist. Die Delegation erachtet es als durchaus zulässig, dass der DAP bei sich dazu freiwillig bereit erklärenden Personen Auskünfte einholt und diesen ein bestimmtes Mass an Schutz gewährt. Die Verwendung von Informanten für nachrichtendienstliche Tätigkeiten ist der Öffentlichkeit und dem Parlament weitgehend bekannt37. Ausserdem ist es laut Rechtsprechung zulässig, Informanten ohne formelle gesetzliche Grundlage einzusetzen, wenn die Informationsbeschaffung die von der Bundesverfassung oder der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützten Grundrechte der betroffenen Personen nicht beeinträchtigt38, vorausgesetzt, dass der Willensbildungsprozess und das Verhalten der betroffenen Person nicht beeinflusst wird39.

Die Delegation stellt fest, dass sich der Einsatz Claude Covassis im Rahmen einer vom Chef DAP am 11. Juli 2004 ordnungsgemäss bewilligten präventiven Operation abspielte. Diese Operation, deren Ziele im Eröffnungsentscheid präzisiert waren, wurde dem Vorsteher des EJPD zur Kenntnis gebracht; was die GPDel betrifft, wurde sie über deren Ablauf am 30. August 2004 ordnungsgemäss informiert. Am 10. Oktober 2005 erörterte die GPDel mit den Vertretern von fedpol die sich bei der Führung der Quelle stellenden Probleme. Überdies enthielt der am 2. März 2005 vom Inspektorat des EJPD erstellte Inspektionsbericht über die laufenden Operationen Hinweise auf die Operation «Memphis». Dieser Bericht wurde von der GPDel am 22. April 2005 behandelt.

Die Prüfung der Fakten zeigt, dass der Einsatz von Claude Covassi durch den DAP zweifelsohne dem Einsatz eines Informanten entsprach und dass Claude Covassi kein Ermittler im Sinne des Gesetzes über die verdeckte Ermittlung war.

Für seine Zusammenarbeit mit dem DAP zwischen Juli 2004 und Februar 2006 erhielt Claude
Covassi zur Deckung seiner Spesen und schriftlichen Beiträge Entschädigungen im Gesamtbetrag von 2200 Franken. Diese wurden jeweils gegen Quittung in vier Teilbeträgen ausbezahlt: 500 Franken am 4. August 2004, 1000 Franken am 24. November 2004, 500 Franken am 23. März 2005 und 200 Franken am 1. Februar 2006.

Der Betrag entspricht dem, was der DAP einer Quelle unter Berücksichtigung des Wertes der gelieferten Informationen, der bei den Nachforschungen aufgewendeten Zeit und der eingegangenen Risiken zu entrichten pflegt. Dabei ist zu sagen, dass die vom DAP an Informanten ausbezahlten Beträge im Vergleich mit anderen Diensten verhältnismässig niedrig sind und nur selten einige tausend Franken übersteigen. Die 37

38 39

S. insbesondere den Jahresbericht 2000/2001 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der Eidgenössischen Räte vom 22.5.2001 (BBl 2001 5624).

Konvention vom 4.11.1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK; SR 0.101).

S. BGE 112 IA 18 Erw. 3b und BGE 124 IV 34 Erw. 3a.

6914

Kosten für den Einsatz von Claude Covassi wurden aus dem ordentlichen Budget des DAP bestritten, dessen Buchführung von der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) geprüft wird. Sie stellte keine Unregelmässigkeiten fest.

Diese Entschädigungen bilden kein steuerbares Einkommen oder Gehalt im Sinne der AHV-Gesetzgebung.

In Anbetracht obiger Feststellungen entbehren die verschiedenen von Claude Covassi gemachten Behauptungen, wonach er vom DAP einen Betrag zwischen 13 000 Franken («Das Magazin», 3.6.2006, S. 39) und 15 000 Franken («SonntagsBlick», 30.4.2006, S. 10; «Los Angeles Times», 22.5.2006, S. A12) erhalten habe soll, jeglicher Grundlage.

Schlussfolgerung Die Delegation ist der Ansicht, dass sich der Einsatz Claude Covassis als Informant in den vom Gesetz und von den internen Regelungen des DAP festgelegten Rahmen bewegte. Auf gesetzlicher Ebene entspricht dessen Einsatz dem Mandat des DAP und gibt grundsätzlich zu keiner Kritik Anlass. Die finanziellen Entschädigungen entsprechen den Beträgen, die der DAP in ähnlich gelagerten Fällen bezahlt.

8.5

Erhielt Claude Covassi vom DAP den Auftrag, den Direktor des CIG zu kompromittieren?

In den Medien behauptete Claude Covassi, er sei vom DAP beauftragt worden, als Lockvogel zu agieren mit dem Ziel, den Direktor des CIG zu kompromittieren.

Gemäss einem der Zeitung «Le Matin dimanche» (30.4.2006) gewährten Interview war es Claude Covassis «Aufgabe, eine Verbindung zwischen Hani Ramadan und dschihadistischen Netzwerken herzustellen, die freiwillige Kämpfer für den Irak rekrutieren». Laut seinen Erklärungen gegenüber der Presse musste er Dateien ins Informatiksystem des CIG einfügen, welche die Existenz von Beziehungen zwischen den im Irak engagierten Kämpfern und Hani Ramadan bezeugen sollten («Tribune de Genève», 9.12.2006). Er sei auch damit beauftragt worden, von islamistischen Kämpfern im Irak verfasste Briefe in die Räumlichkeiten des CIG einzuschleusen, welche ihre engen Beziehungen zum Direktor des Zentrums bestätigen sollten («Oumma.com», 16.5.2006, http://oumma.com/spip.php?article 2044). Auf die Ziele angesprochen, die ein derartiges Vorgehen rechtfertigten, erklärte Covassi der GPDel, der Kommissar des DAP habe ihm «gesagt, dass an Hani Ramadans Händen Blut klebt».

Anlässlich seiner Befragung behauptete Claude Covassi, es sei auch davon die Rede gewesen, das Kampfhandbuch der Al-Kaida elektronisch in einem der Computer des Islam-Zentrums zu platzieren. Er unterstrich indes, dass diese Ideen im Projektstadium verblieben seien.

Im Verlauf der Untersuchung war Claude Covassi nicht in der Lage, seine Anschuldigungen gegen den DAP mit Schrift- und Tondokumenten zu stützen. Überdies wurden seine Äusserungen weder von einer anderen befragten Person noch von den Akten bestätigt.

6915

Schlussfolgerung In den Augen der Delegation gibt es absolut keinen Anhaltspunkt, dass der DAP Claude Covassi den Auftrag erteilt habe, falsche Beweise zu fabrizieren oder kompromittierende Dokumente ins CIG einzuschleusen, nicht einmal dafür, dass sich der DAP mit einer solchen Absicht getragen habe. Ein derartiges Vorgehen wäre auch klar rechtswidrig gewesen und wird durch das Handbuch des DAP ausdrücklich verboten («dem Beamten ist untersagt, den Informanten zu einer Straftat zu verleiten oder zu einer solchen zu provozieren»).

Im Übrigen kann die Delegation nicht erkennen, welches Interesse der DAP an einem solchen Vorgehen gehabt haben könnte. Auch unter der Annahme, dass er den Direktor des CIG kompromittieren wollte, ist doch daran zu zweifeln, dass das Einfügen von Dateien in ein Computersystem oder das Vorhandensein von Testamenten ausgereicht hätten, um ein Bündel von Indizien zu schnüren, die genügen, um Hani Ramadan irgendeiner Verbindung mit dem radikalen Islam zu bezichtigen.

8.6

Wurde Claude Covassi vom DAP beauftragt, das CIG zu infiltrieren und zum Islam zu konvertieren?

In seinem Bericht zu Handen der Delegation erklärte Claude Covassi, vom DAP zur Infiltrierung des CIG beauftragt worden zu sein. Laut Claude Covassi sah das Projekt auch vor, dass er zum Islam konvertiere.

Wie bereits erwähnt, ist der DAP im Gegensatz zur BKP nicht ermächtigt, Mitarbeiter oder Privatpersonen in mutmasslich kriminelle Kreise einzuschleusen. Darüber hinaus zeigt die Analyse der Ereignisse, dass Claude Covassi bereits vor seinem ersten Kontakt mit dem DAP eifrig im CIG und mit gewissen Mitgliedern der Familie Ramadan verkehrte. Tatsächlich geht Claude Covassis erster Kontakt mit einem Mitglied der Familie Ramadan auf den Dezember 2003 zurück; anlässlich seiner Befragung durch die Delegation erwähnte Claude Covassi auch, dass er V._____ Ramadan, den vierten Bruder der Familie, seit vielen Jahren kenne. Dem Kontakt vom Dezember 2003 folgten weitere Zusammenkünfte, namentlich am 16. März 2004 mit Hani Ramadan im CIG. Am 21. März 2004, also zwei Wochen vor Claude Covassis erstem Treffen mit einem Vertreter des DAP, legte Claude Covassi in einem an Inspektor François gerichteten Schreiben dar, dass er das Vertrauen von Hani Ramadan zu gewinnen gedenke, indem er dessen Kurse besuche. Seinen Willen, zum Islam zu konvertieren, brachte Claude Covassi bereits am 10. März 2004 unmissverständlich zum Ausdruck, also mehr als zwanzig Tage vor seinem ersten Kontakt mit dem DAP.

Nach Ansicht der Delegation konnte der DAP Claude Covassi offensichtlich nicht darum ersucht haben, das CIG zu infiltrieren, da dessen Beziehungen mit dem Zentrum bereits mehrere Wochen vor seinem ersten Treffen mit Vertretern des DAP bestanden. Gleichermassen konnte der DAP Claude Covassi nicht darum ersucht haben, zum Islam zu konvertieren, da Covassi diese Möglichkeit bereits vor seinem ersten Treffen mit den Mitarbeitern des DAP ins Auge fasste. Als Beweis dafür dient der Delegation das von Claude Covassi am 21. März 2004 verfasste Dokument zuhanden der BRIS.

Kommissar Antoine, Führungsoffizier des DAP, räumte in seinen Befragungen ein, er habe seit seinem ersten Treffen mit Claude Covassi Kenntnis von dessen Konver6916

sionsabsicht zum Islam gehabt, habe ihn jedoch weder dazu ermutigt, noch habe er sich dagegen stellen können.

Infolgedessen war die Delegation auch nicht erstaunt, dass Claude Covassi ihr gegenüber glauben zu machen versuchte, dass das erste Treffen mit dem DAP auf den Januar 2004 zurückging, um so seine These von einer vom DAP angeordneten Operation zur Infiltration des CIG plausibel erscheinen zu lassen.

Claude Covassis Versionen zu diesem Punkt variierten überdies mehrmals: In einem am 15. April 2006 im Internet veröffentlichten Interview erklärte Claude Covassi, er sei vom DAP Ende 2003 rekrutiert worden (http://www.indymedia.be/fr/node/2084).

Laut dem von «Blick Online» am 12. Mai 2006 veröffentlichten und Claude Covassi zugeschriebenen Dokument (http://www.blick.ch/img/HBGyljBQ.pdf) habe sein erster Kontakt mit den Kommissaren des DAP gegen Mitte März 2004 stattgefunden. Ein interessantes Detail besteht darin, dass dort die bei Claude Covassis Rekrutierung vom Inspektor der BRIS gespielte Rolle nicht erwähnt wird. Anlässlich seiner Befragung präzisierte Claude Covassi, dass sein erster Kontakt mit dem DAP auf den Januar 2004 zurückging.

Ebenfalls festzuhalten ist, dass sich unter den der Delegation von Claude Covassi vorgelegten Unterlagen erstaunlicherweise kein einziges Dokument (Rapport, E-Mail usw.) befindet, das sich auf eine Zusammenarbeit mit dem DAP vor April 2004 bezieht. Das erste von ihm unterbreitete Dokument zur Operation «Memphis» trägt den Titel «Etat et développement de la situation au 22 juillet 2004»; es entstand also elf Tage nach der formellen Einleitung der Operation «Memphis» durch den Chef DAP. Über die Gründe befragt, weshalb die von ihm vorgelegten Unterlagen kein Dokument umfassten, mit dem seine Zusammenarbeit mit dem DAP auf den Januar 2004 zurückdatiert werden könnte, gab Claude Covassi an, dass er sie nicht aufbewahrt habe, weil sie «nachrichtendienstlich nicht sehr interessant waren».

Schlussfolgerung Die Delegation kommt zum Schluss, dass die Darstellung Claude Covassis, wonach er vom DAP zur Infiltration des CIG beauftragt worden sei, durch die Fakten entkräftet wird. Die in den Akten des DAP enthaltenen Dokumente und die Aussagen der Mitarbeiter von DAP und BRIS bestätigen eindeutig und glaubwürdig, dass das erste Treffen zwischen Claude Covassi und den
Mitarbeitern des DAP am 2. April 2004 stattfand, zu einem Zeitpunkt also, zu dem Claude Covassi bereits regelmässig an Gebeten und Zusammenkünften des CIG teilnahm.

Der Ablauf der Ereignisse drängt die Schlussfolgerung auf, dass Claude Covassi auf eigene Initiative sich im CIG umzuschauen begann, und zwar mit dem stillschweigenden Einverständnis der BRIS, die davon Kenntnis hatte. Auch seine Konversion zum Islam erfolgte aus eigenem Willen, den er bereits vor seinem ersten Kontakt mit dem DAP deutlich zeigte.

8.7

Wurde Claude Covassi vom SND mit falschen Identitäten ausgestattet?

Die Zeitschrift «Das Magazin» berichtete in ihrer Ausgabe Nr. 22 vom 3. Juni 2006, Claude Covassi habe vom SND einen falschen Pass mit dem Namen Frédéric Cour6917

voisier erhalten. Dieser sei ihm für seine Auslandmissionen zur Verfügung gestellt worden.

Anlässlich seiner Befragung verneinte Claude Covassi allerdings kategorisch, vom SND solche Dokumente erhalten zu haben.

Die Untersuchung der Delegation ergab, dass Claude Covassi von den Nachrichtendiensten weder jemals falsche Ausweispapiere noch offizielle Dokumente mit einer fiktiven Identität (einen «echten falschen Pass») erhielt. Die Aushändigung solcher Dokumente durch den SND ist überdies nur in äusserst klar umschriebenen Fällen möglich, wobei der Direktor des SND den Vorsteher des VBS darüber zu informieren hat, der seinerseits einmal jährlich dem Sicherheitsausschuss des Bundesrates sowie der Delegation Bericht erstattet40.

Schlussfolgerung In Anbetracht obiger Ausführungen stellt die Delegation fest, dass die Behauptungen, wonach Claude Covassi vom SND falsche Ausweispapiere erhalten habe, haltlos sind.

8.8

Ermöglichte Claude Covassi die Vereitelung eines Anschlags auf ein Flugzeug der Fluggesellschaft El-Al?

Am 12. Mai 2006 enthüllte der «Blick», Claude Covassi habe die Schweizer Behörden gewarnt, dass ein Algerier und ein Libyer einen Anschlag gegen ein Flugzeug der israelischen Fluggesellschaft El-Al in Genf vorbereiteten und eine Panzerfaust des Typs RPG-7 erworben hätten. Zur Stützung dieser Behauptung veröffentlichte die Zeitung ein Dokument, das Claude Covassi am 12. Dezember 2005 seinem Führungsoffizier des SND unterbreitet hatte und in dem er davor warnt, der Anschlag stehe unmittelbar bevor.

Das im «Blick» und im «Blick Online» (http://www.blick.ch/img/HBHMmijn.pdf) veröffentlichte Dokument hat folgenden Inhalt: Kasten Nr. 9 «Selon les informations du fax de [Karl] ........ que Virginie m'a communiqué: Un Algérien né en 1986, répondant au nom de ........... et un Libyen né en 1971, répondant au nom de ......... prépareraient une action visant un avion El Al au décollage, sur la zone de l'aéroport de Genève. Les deux hommes seraient actuellement dans la région de Zurich et en possession d'un RPG-7.

Virginie m'a montré des photographies des deux individus pour identification.

J'ai pu identifier le dénommé ....... Son numéro de portable est .................».

Im Verlauf ihrer Untersuchungen stiess die Delegation in den Akten des SND auf das Originaldokument vom 19. Dezember 2005. Sein Inhalt unterscheidet sich von 40

S. Jahresbericht 2002/2003 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der Eidgenössischen Räte vom 23.1.2004 (BBl 2004 1743 f.).

6918

dem im «Blick» veröffentlichten wie folgt (Abweichungen von der Delegation unterstrichen): Kasten Nr. 10 «(Virginie) m'a montré un fax des services de [Karl] ..........

Selon ce document, un Algérien né en 1986, répondant au nom de ........, et un Libyen né en 1971, répondant au nom de ........., seraient actuellement sous surveillance et prépareraient une action visant un avion El Al au décollage, sur la zone de l'aéroport de la ville ou je me trouve actuellement.

Virginie m'a montré des photographies des deux individus pour identification.

Je ne les connais pas. Le dénommé .......... a un numéro de portable: ..............» Die Prüfung des Originaldokuments und der Umstände, unter denen es erstellt wurde, zeigt klar, dass Claude Covassi nicht die Quelle der Informationen über die Vorbereitungen zu einem Anschlag auf ein El-Al-Flugzeug war. Wie aus dem Originaldokument hervorgeht, erhielt er diese Information von Inspektor François von der BRIS («Virginie»), der sie seinerseits von der BKP («services de [Karl]») erhalten hatte.

Es sei hier hervorzuheben, dass das Originaldokument weder eine Panzerfaust des Typs RPG-7 noch die Stadt Zürich erwähnt und klar aussagt, dass die beiden Personen bereits unter polizeilicher Überwachung stehen.

In den Augen der Delegation wurde das von der Zeitung veröffentlichte Dokument verfälscht, um den Eindruck zu vermitteln, dass Claude Covassi eine Rolle gespielt hatte, die ihm offensichtlich nicht zukam. Anlässlich seiner Befragung bestätigte der Chef der BKP überzeugend, dass Claude Covassi keine einzige Information geliefert habe, die der Polizei nicht bereits bekannt gewesen wäre, und dass er weder bei der Aufdeckung dieses Anschlags noch bei der Identifizierung der darin verwickelten Personen eine Rolle gespielt habe. Die BA ihrerseits bestätigte in ihrem Bericht vom 19. Mai 2006 an die Delegation, dass Claude Covassi in besagte Operation nicht involviert war. Er wurde z.B. nie angehört, und die BKP erhielt nie den Auftrag, ihn anzuhören oder sich über seine Person zu erkundigen. Die BA stellte auch in ihrer Medienberichterstattung klar, dass Claude Covassi keinerlei Rolle spielte.

Schlussfolgerung Aus obigen Erwägungen geht hervor, dass Claude Covassi bei der Aufdeckung eines möglichen Anschlags auf ein Flugzeug der Fluggesellschaft El-Al keine Rolle spielte.

6919

8.9

War Claude Covassi bereits vor 2004 für die Nachrichtendienste tätig?

In einem am 3. August 2006 von «Facts» veröffentlichten Interview sagte Claude Covassi, dass seine Zusammenarbeit mit dem SND auf 1992 zurückgehe und dass er sich für die schweizerischen Nachrichtendienste nach Bosnien begeben habe.

Dieser Version widersprach Claude Covassi selbst. Ende Juni und anfangs Juli 2006 liess er mehreren Medien Schreiben zukommen41, in denen er den Inhalt einer mysteriösen E-Mail dementierte, die eine gewisse Linda Zehnder mehreren Zeitungen sowie der GPDel geschickt hatte. Bei dieser Gelegenheit behauptete Claude Covassi, vor seiner Zusammenarbeit mit dem DAP im Jahre 2004 mit den schweizerischen Nachrichtendiensten nie in Kontakt gewesen zu sein. Er erklärte auch, sich nie nach Bosnien begeben zu haben.

Die von der Delegation durchgeführte Untersuchung hat ergeben, dass Claude Covassi nicht vor 2004 für die schweizerischen Nachrichtendienste arbeitete. Am 12. Dezember 2006 darauf angesprochen, räumte er selbst ein, sich nach Bosnien begeben zu haben, aber im Auftrag einer im Bereich der humanitären Hilfe tätigen und von einer katholischen Organisation geleiteten schweizerischen NGO. Die Arbeit bestand im Fotografieren der verschiedenen von der NGO vor Ort durchgeführten Aktivitäten.

Der SND seinerseits bestätigte, mit Claude Covassi nicht vor 2005 zusammengearbeitet zu haben.

Schlussfolgerung Die Untersuchung der Delegation hat ergeben, dass Claude Covassi erst ab dem Jahr 2004 mit den schweizerischen Nachrichtendiensten zusammenarbeitete.

8.10

Wurde Claude Covassi vom DAP mit einer nachrichtendienstlichen Operation in Syrien betraut?

In seinem Bericht vom 15. November 2006 und anlässlich seiner Befragungen behauptete Claude Covassi, vom DAP beauftragt worden zu sein, im Februar 2005 eine Reise nach Syrien zu unternehmen. Er habe dafür einen Vorschuss von 2600 Franken zur Bezahlung des Flugscheins erhalten.

Es ist eine Tatsache, dass sich Claude Covassi im Februar 2005 nach Syrien begab.

Anhaltspunkten in den Akten des DAP und damit übereinstimmenden Erklärungen von Kommissar Antoine und Inspektor François zufolge war diese Reise privater Natur. Zu jener Zeit behauptete Claude Covassi, diese Reise sei notwendig, um seine Konversion zum Islam glaubwürdig zu machen, und sie werde von Hani Ramadan finanziert. Ausserdem führte er in einem von ihm der Delegation unterbreiteten Dokument, das schon vom Juli 2004 datiert, an, dass «ein Auslandaufenthalt (...)

prioritär zu sein scheint, um einerseits meine Glaubwürdigkeit zu festigen und auch um Kontakte vor Ort zu knüpfen. (...) Es ist sicher, dass die Achtung und das Vertrauen der Muslime, mit denen ich verkehre und die ich künftig treffe, nach meiner 41

Diese Schreiben sind auf folgenden Websites wiedergegeben: http://oraclesyndicate.twoday.net/stories/2267496/; http://oraclesyndicate.twoday.net/stories/2279800/.

6920

Rückkehr von einem Aufenthalt in einem muslimischen Land anders sein werden.

Ich glaube, das ist prioritär.» Antoine, der Kommissar des DAP, liess Claude Covassi von Anfang an wissen, dass er der Idee einer Syrienreise skeptisch gegenüberstehe; das wurde von Inspektor François bestätigt. Da er nicht in der Lage war, Claude Covassi von seiner Entscheidung abzubringen, gab ihm der Kommissar des DAP klar zu verstehen, dass diese Reise nichts mit seinem Auftrag für den DAP zu tun habe und er sie selbst finanzieren müsse. Dieser Punkt wird von einer handschriftlichen Notiz von Kommissar Antoine bestätigt, die sich in den Akten des DAP befindet und folgenden Wortlaut hat: « nach Syrien: (...)

­

keine finanzielle Unterstützung durch unseren Dienst

­

keine Mission unseres Dienstes im Rahmen der laufenden Operation

(...)».

Laut Bericht des Vorstehers des Departements für Institutionen des Kantons Genf vom 12. September 2006 fanden vor der Abreise Claude Covassis nach Syrien an nicht präzisierten Daten in Genf zwei oder drei Treffen zwischen Kommissar Antoine, Inspektor François und Claude Covassi statt. Dabei ging es darum zu bestimmen, welche Orte der Informant besuchen könnte. Kommissar Antoine kann sich nicht erinnern, an solchen Treffen teilgenommen zu haben, und in den Akten des DAP weist nichts darauf hin.

Nach seiner Rückkehr aus Syrien unterbreitete Claude Covassi zwei Berichte über seine Reise.

In den Augen der Delegation zeigen die aus den Akten ersichtlichen Sachverhalte und die übereinstimmenden Erklärungen von Kommissar Antoine und Inspektor François, dass der DAP Claude Covassi nicht mit einer Reise nach Syrien beauftragte. Ein derartiger Auftrag wäre überdies rechtswidrig, da der DAP gemäss schweizerischem Recht nicht dazu autorisiert ist, selbst nachrichtendienstliche Missionen im Ausland durchzuführen. Aus den Dokumenten des DAP geht klar hervor, dass Claude Covassi seine Syrienreise aus eigenem Antrieb und in seiner alleinigen Verantwortung unternahm. Tatsache bleibt aber, dass er während seiner Reise entgegen den Anweisungen des DAP mehrmals in Kontakt mit Inspektor François stand. Der DAP seinerseits verfolgte die Reise sehr genau, namentlich aus Sorge um Claude Covassis Sicherheit. In ihrem Bericht an die Delegation unterstreicht die Genfer Polizei, Claude Covassi habe während seiner Syrienreise riskante Initiativen ergriffen, was vom DAP nie verlangt worden war.

Nach seiner Rückkehr aus Syrien wurde Claude Covassi von Kommissar Antoine und Inspektor François ausführlich über seine Eindrücke und die von ihm getroffenen Personen befragt. Claude Covassi verfasste zu Handen des DAP auch zwei Berichte über seine Bewegungen in Syrien und die dort von ihm getroffenen Personen. Einer der beiden Berichte erwähnt die Problematik der irakischen Netzwerke.

Wie bereits erwähnt, erhielt Claude Covassi zwischen Juli 2004 und Februar 2006 Entschädigungen im Gesamtbetrag von 2200 Franken zur Deckung seiner Spesen und seiner schriftlichen Beiträge. Diese Summe wurde gegen Quittung in vier Teil6921

beträgen ausbezahlt: 500 Fanken am 4. August 2004, 1000 Fanken am 24. November 2004, 500 Fanken am 23. März 2005 und 200 Fanken am 1. Februar 2006. In den Akten zur Operation «Memphis» fand die Delegation keine Spur einer Vorauszahlung von 2600 Franken, die der DAP Claude Covassi zur Finanzierung seiner Syrienreise ausbezahlt hätte. Dieser Sachverhalt wird ausserdem durch ein Schreiben von Claude Covassi vom 27. Februar 2005 an Inspektor François bekräftigt, in dem er sich zudem beklagte, vom DAP für seine neunmonatige Arbeit lediglich 1500 Fanken erhalten zu haben («Wie kann man glauben, dass die mir zugestandenen 1500 Fanken für die Zeitspanne von neun Monaten ausreichen, während der ich meine Zeit unter Muslimen verbringe? Wie auch immer, ich will nicht betteln, finde es aber unwürdig, sämtliche mit meiner Tätigkeit verbundenen Ausgaben aus meinen persönlichen Mitteln bestreiten zu müssen.»). Die 1500 Franken entsprechen genau den ersten zwei Teilzahlungen des DAP vom 4. August 2004 und vom 24. November 2004.

Schlussfolgerung Die Untersuchung der Delegation hat gezeigt, dass der DAP Claude Covassi nie beauftragte, nach Syrien zu reisen, um dort Informationen zu beschaffen, und ihm für diese Reise auch keinerlei finanzielle Hilfe leistete. Hingegen tolerierte der DAP diese Reise, weil er sie nicht verhindern konnte. Indem er zudem ein klares Interesse an deren Ergebnissen zeigte und Claude Covassi beauftragte, einen Bericht zu verfassen, konnte bei Claude Covassi der Eindruck entstehen, dass der DAP die Reise zumindest stillschweigend billige.

Nach Ansicht der Delegation legte der Kommissar des DAP gegenüber der Reise von Claude Covassi nach Syrien eine widersprüchliche und ungeschickte Haltung an den Tag, welche am Anfang einer Reihe von Problemen stand.

8.11

Wurde Claude Covassi vom DAP mit einer gemeinsamen Operation mit einem ausländischen Nachrichtendienst in Syrien betraut?

An seiner Befragung erklärte Claude Covassi, der DAP habe nach seiner ersten Syrienreise die Idee einer gemeinsamen Mission in Zusammenarbeit mit dem französischen DGSE in Syrien zur Sprache gebracht. Dabei ging es laut ihm darum, der Operation unter dem Deckmantel der Zusammenarbeit mit dem DGSE einen «legalen Rahmen» zu verleihen.

In den Akten findet sich kein Anhaltspunkt, der bestätigt, dass der DAP beabsichtigt habe, gemeinsam mit dem DGSE eine Operation zur Beschaffung von Informationen in Syrien zu organisieren. Darüber hinaus verstiesse eine derartige Operation auch gegen schweizerisches Recht, nach dem der DAP nicht befugt ist, im Ausland eigene nachrichtendienstliche Missionen durchzuführen. Im Bericht der Genfer Polizei stiess die Delegation indes auf eine Stelle, in welcher ein Genfer Kommissar «die Möglichkeit einer gemeinsamen Führung (von Claude Covassi) mit den französischen Geheimdiensten» zur Sprache bringt. Diese Idee wurde nicht weiterverfolgt, da die Verbindung zu ausländischen Nachrichtendiensten ausschliesslich Bundessache ist.

6922

Schlussfolgerung Die Delegation fand keinen Anhaltspunkt dafür, dass der DAP beabsichtigt oder nur auch die Idee gehabt hätte, Claude Covassi in Zusammenarbeit mit einem ausländischen Dienst mit einer nachrichtendienstlichen Mission im Ausland zu betrauen.

8.12

War Claude Covassi für den SND tätig?

Die Untersuchung der Delegation ergab, dass Claude Covassi als Informant für den SND tätig war, dem er am 4. Mai 2005 seine Dienste aus freien Stücken anbot (sog.

«Selbstanbieter»). In seinem Bewerbungsschreiben unterstrich Claude Covassi, dass er sich «auf Anraten der BKP» an den SND wende und dass er «in Kontakt mit islamistischen Aktivisten sowohl in der Schweiz als auch im Ausland» stehe.

Bei seiner Rekrutierung informierte Claude Covassi den SND ganz klar über seine Vorgeschichte beim DAP und bei der BRIS. Er erklärte dem SND, er habe seine Zusammenarbeit mit dem DAP aus Mangel an Vertrauen zu Kommissar Antoine beendet. Der SND hatte somit Kenntnis davon, dass Claude Covassi zuvor für den DAP und die BRIS tätig gewesen war, trat jedoch mit diesen Diensten nicht in Verbindung, um sich nach ihrer Meinung über ihn zu erkundigen.

Zur Prüfung seiner Eignung wurde Claude Covassi versuchsweise für eine erste dreimonatige Mission von Juni-September 2005 nach R. (Afrika) entsandt. Laut «Michel» waren die von Claude Covassi übermittelten Informationen unregelmässig in ihrer Abfolge und wenig verlässlich in ihrem Inhalt; in nachrichtendienstlicher Hinsicht wurden sie als eher mager beurteilt.

Nach dieser Reise nach R. (Afrika) war vorgesehen, Claude Covassi ein weiteres Mal ins Ausland zu entsenden, um seine Fähigkeiten erneut zu prüfen und ihn auf die Probe zu stellen. Diese Reise kam letztlich nicht zustande, da Claude Covassi im Februar 2006 beschloss, sich nach Spanien abzusetzen.

Der SND brach die Zusammenarbeit mit Claude Covassi Ende März 2006 ab.

Claude Covassi führte für den SND im Ausland lediglich eine einzige Mission aus und nicht mehrere, wie in gewissen Medien behauptet wurde («Le Matin», 30.4.2006, S. 6; «Oumma.com», 2.5.200642). Zudem reiste er entgegen dem, was in der Presse behauptet wurde, nie im Auftrag des SND nach Syrien oder Frankreich («SonntagsZeitung», 30.4.2006, S. 5).

Claude Covassis Auftrag entsprach dem einer Quelle im Sinne des MG und der VND. Seine Zusammenarbeit mit dem SND machte ihn nicht zu einem Mitarbeiter des Dienstes, da Claude Covassi nicht in einem Arbeitsverhältnis zum SND stand.

Daraus folgt, dass Claude Covassi nicht als Mitarbeiter des Nachrichtendienstes und erst recht nicht als Maulwurf tätig war.

Für seine Tätigkeit beim SND erhielt Claude Covassi
einige Tausend Franken, ausbezahlt in fünf Teilbeträgen am 9. Juni 2005, am 26. Juli 2005, am 19. August 2005, am 24. Januar 2006 und am 20. Februar 2006. Die Summe entspricht dem, was in ähnlichen Fällen üblicherweise ausbezahlt wird. Der von der «Los Angeles

42

S. http://oumma.com/spip.php?article2025.

6923

Times» (22.5.2006, S. A12) angeführte Betrag von 33 000 $ entspricht nicht den Tatsachen.

Die aus dem Einsatz von Claude Covassi erwachsenen Kosten wurden über das ordentliche Budget des SND finanziert, dessen Buchhaltung vom Finanzinspektorat des Bereichs Verteidigung im VBS geprüft wurde43. Letzteres stellte keinerlei Unregelmässigkeiten fest.

Schlussfolgerung Die Claude Covassi vom SND anvertraute Auslandmission erfolgte in Übereinstimmung mit der Schweizer Gesetzgebung und dem sich aus MG und VND ergebenden Grundauftrag des SND. Die Claude Covassi ausbezahlten Entschädigungen wurden ordnungsgemäss entrichtet; die Resultate entsprachen jedoch nicht den Erwartungen des SND. In nachrichtendienstlicher Hinsicht ist die Delegation der Meinung, dass sich der Einsatz von Claude Covassi für den SND als wenig befriedigende Operation herausstellte. Der SND teilt diese Beurteilung.

9

Weitere Feststellungen und Beurteilungen der GPDel

Wenn Abklärungen der Delegation die schwerwiegenden Anschuldigungen Claude Covassis widerlegt haben, so hat die Untersuchung trotzdem eine Reihe von Unregelmässigkeiten bei der Zusammenarbeit zwischen der Genfer Polizei, dem DAP und dem SND sowie methodische Fehler bei der Rekrutierung und Führung der Quelle gezeigt.

9.1

Fehlende Zusammenarbeit zwischen DAP und SND bei der Rekrutierung der Quelle

Der Ablauf der Ereignisse zeigt, dass die Rekrutierung Claude Covassis als Informant des DAP zu einem grossen Teil im Glauben an die Empfehlungen eines Polizeiinspektors der Kantonspolizei Genf erfolgte. Dieser wusste, dass Claude Covassi zuvor für die Betäubungsmittelbrigade tätig war, versuchte indes nicht, sich über deren Erfahrungen mit Claude Covassi zu informieren. Der DAP seinerseits beschränkte sich auf eine oberflächliche Prüfung der Persönlichkeit beziehungsweise des psychologischen Profils, ohne ihre Glaubwürdigkeit einer ausführlicheren Prüfung zu unterziehen. Die Akten zeigen, dass für den DAP ein einziges Treffen und die Erklärungen des Inspektors der BRIS ausreichten, um sich zur Einleitung einer Zusammenarbeit mit Claude Covassi zu entschliessen, obwohl das Inspektorat des EJPD vom DAP in seinem Bericht vom 2. März 2005 verlangte, dass die wirklichen Motive der Quelle näher angeschaut werden müssten.

Nach Ansicht der Delegation erfolgte die Rekrutierung von Claude Covassi übereilt, und der DAP handelte zu wenig vorsichtig, indem er sich zu einem grossen Teil nur auf die Empfehlung der Genfer Polizei stützte.

43

S. Jahresbericht 2005 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der Eidgenössischen Räte vom 20.1.2006 (BBl 2006 4365 f.).

6924

Die Rekrutierung von Claude Covassi durch den SND lief unter besseren Bedingungen ab, und der SND bewies Professionalität. Die von Claude Covassi gelieferten Informationen bildeten Gegenstand verschiedener Überprüfungen, und es wurde ein psychologisches Profil der Person erarbeitet. Allerdings bedauert die Delegation, dass der SND nicht versuchte, sich beim DAP über die Vorgeschichte und die Aktivitäten Claude Covassis zu informieren, obwohl er wusste, dass dieser für den DAP gearbeitet hatte.

In Anbetracht der oben erwähnten Umstände hätte der SND nach Ansicht der Delegation die Dienste Claude Covassis nicht in Anspruch nehmen dürfen, was der SND bei den Untersuchungen auch einräumte.

Was bei der Prüfung der Akten ins Auge sticht, ist der Mangel an kritischer Beurteilung gegenüber Claude Covassis Persönlichkeit und seinen Beweggründen. Die Sympathie, die Claude Covassi erweckte, und seine einnehmende Art haben viele Fragen verdeckt. Seine Beherrschung der Manipulation und seine Redegewandtheit taten ein Übriges.

Die Delegation ist der Ansicht, dass eine sorgfältigere Analyse der Beweggründe Claude Covassis hätte aufzeigen müssen, dass seine Persönlichkeit für eine nachrichtendienstliche Tätigkeit nicht sehr geeignet war. Überdies hätten viele Unannehmlichkeiten vermieden werden können, wenn DAP und SND enger zusammengearbeitet hätten. Zwar ist es wahr, dass der Grundsatz des Quellenschutzes die Dienste davon abhält, Informationen über die Identität ihrer Informanten auszutauschen; die Delegation kann jedoch nicht akzeptieren, dass die strikte Anwendung dieses Grundsatzes dazu führen kann, dass ein Informant von zwei oder sogar drei Dienststellen des Bundes gleichzeitig oder gar einander konkurrierend eingesetzt wird.

Dieses Beispiel ist für den Mangel an Zusammenarbeit zwischen den Nachrichtendiensten symptomatisch. Die Delegation hat dieses Problem bereits bei zahlreichen anderen Gelegenheiten aufgegriffen44. Trotz des Bundesratsbeschlusses vom 22. Juni 2005, der dem DAP und dem SND gebietet, ihre Bemühungen auf dem Gebiet der Rekrutierung von Quellen in der Schweiz zu koordinieren ­ und das vom Tag dieses Entscheides an45 ­, muss man feststellen, dass diese Zusammenarbeit im Fall von Claude Covassi nicht erfolgt ist. An dieser Stelle sei daran erinnert, dass der DAP über die Zusammenarbeit
Claude Covassis mit dem SND aus der Presse erfuhr, was nur schwer zu verstehen ist.

Dieser Fall bestätigt der Delegation einmal mehr, dass die Unterstellung von DAP und SND unter der Führung eines einzigen Departementsvorstehers46 dringend notwendig ist.

44

45

46

S. namentlich den Jahresbericht 2004 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der Eidgenössischen Räte vom 21.1.2005 (BBl 2005 1945 ff.) sowie den Jahresbericht 2005 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der Eidgenössischen Räte vom 20.1.2006 (BBl 2006 4358 ff.).

Bundesratsbeschluss vom 22.6.2005: «Beschaffung im Inland: Der SND ist befugt, zum Zweck der Informationsbeschaffung über das Ausland Quellen im Inland unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen anzuwerben, zu führen und zu kontaktieren. Dabei sind ab sofort regelmässige Absprachen zwischen DAP und SND durchzuführen.» (Unterstreichung durch die Delegation).

S. dazu die Parlamentarische Initiative Nr. 07.404 «Übertragung der Aufgaben der zivilen Nachrichtendienste an ein Departement» vom 13.3.2007.

6925

Verbleibt festzuhalten, dass sich die Delegation über den heiklen Kontext im Klaren ist, in dem sich die Quellenführung abspielt, insbesondere auf dem Gebiet der Terrorismusbekämpfung. Es handelt sich um eine knifflige Aufgabe, die oft schlecht verstanden wird und zahlreiche Schwierigkeiten aufweist.

Wenn unser Land gegen die vom Terrorismus ausgehende Bedrohung ankämpfen will, darf es sich nicht auf eine Beobachterstellung beschränken, sondern muss sich Informationen beschaffen ­ auch auf die Gefahr hin, dass dabei Risiken eingegangen werden. In diesem Sinne widerspiegelt die Affäre Covassi sämtliche Vieldeutigkeiten des Einsatzes von Informanten durch die für die Gewährleistung der Sicherheit unseres Landes verantwortlichen Dienste.

In diesem Kontext ist deshalb kein Dienst gegen Fehler oder schlechte Wahl gefeit.

Die Delegation ist sich vollumfänglich bewusst, dass in diesem Bereich keine allgemein gültige Regel besteht und es oftmals erforderlich ist, die Probleme «von Fall zu Fall» zu regeln.

9.2

Zirkulation von Informationen zwischen den Nachrichtendiensten und der Polizei

Durch die Untersuchung konnte aufgezeigt werden, dass Claude Covassi über Kanäle, deren Prüfung nicht im Aufgabenbereich der Delegation lag, Zugang zu offiziellen klassifizierten Informationen hatte, die nicht für ihn bestimmt waren. Gewisse Informationen betrafen nicht seinen Auftrag für den DAP, sondern stammten aus kriminalpolizeilichen Untersuchungen. So erhielt Claude Covassi Kenntnis von genauen Informationen über die Vorbereitung eines Anschlags gegen ein Flugzeug der Fluggesellschaft El-Al (s. Kap. 8.8 oben). In einem anderen Fall hatte er Zugang zu einem Bericht eines ausländischen Nachrichtendienstes. Gleichermassen erfuhr Claude Covassi den Operationsnamen «Memphis», obwohl dieser Code nur dem DAP und der BRIS bekannt sein sollte. In einem Falle zwangen klassifizierte Informationen der Behörden im Besitz Claude Covassis die Bundesanwaltschaft, vorbeugend eine gross angelegte Polizeioperation auszulösen, nachdem dieser in den Medien vertrauliche Informationen verbreitet hatte.

Mehrere von der Delegation befragte Personen wiesen darauf hin, dass sich diese Situation durch die grosse Anzahl der Kontakte erkläre, die Claude Covassi in den Kreisen der für die Sicherheit zuständigen Dienste des Bundes und des Kantons Genf pflegte. Abgesehen vom DAP war Covassi offiziell als Informant für die BRIS und den SND und informell für einen Kommissar der BKP tätig, und er zögerte nicht, einen Dienst mit Informationen zu beliefern, die er von einem anderen erhalten hatte.

Für die Delegation ist die Weitergabe offizieller klassifizierter Informationen an einen Informanten nicht tragbar, abgesehen davon, dass das eine Verletzung des Amtgeheimnisses gemäss Artikel 320 StGB darstellt.

Durch die Untersuchung der Delegation konnte somit auch aufgezeigt werden, dass die Regeln über den Austausch vertraulicher Informationen zwischen den Strafverfolgungsbehörden und den Nachrichtendiensten nicht immer mit der erforderlichen Strenge angewendet wurden. Dies gilt insbesondere für die Kantone, wo derselbe Dienst häufig die Rolle der Gerichtspolizei ausübt und gleichzeitig eine Funktion im Bereich des Staatsschutzes innehat.

6926

Empfehlung 1 Die Delegation fordert den Bundesrat auf, den zuständigen Behörden und Diensten die Regeln über den Austausch vertraulicher Informationen in den Bereichen der Nachrichtendienste und der Gerichtspolizei in Erinnerung zu rufen, und zwar bezogen auf die Arbeit mit Informanten.

9.3

Fehler bei der operationellen Führung der Quelle

Es war nicht Ziel der Untersuchung der GPDel ­ und das ist auch nicht ihre Aufgabe ­, die Zusammenarbeit zwischen dem DAP und der Kantonspolizei Genf im Rahmen der Operation «Memphis» zu beurteilen. Ein ausführliches Aktenstudium gibt indes zu erkennen, dass bei der Führung der Quelle aufgrund von Meinungsverschiedenheiten zwischen Kommissar Antoine und Inspektor François Schwierigkeiten auftraten. Kommissar Antoine legte vom Beginn der Operation an Wert darauf, dass sich Claude Covassi an seinen Auftrag halten und eigene Initiativen vermeiden sollte. Als Polizeiangehöriger der «alten Schule» mit jahrelanger Erfahrung akzeptierte er nicht, dass Claude Covassi über seine Rolle als Informant hinausging. Diese strikte Haltung wurde von Inspektor François nicht geteilt, der sie als kontraproduktiv beurteilte. Dieser war im Gegenteil der Meinung, dass man sich bei der Führung der Quelle anpassungsfähig zeigen und ihrem Ego schmeicheln müsse, auch auf die Gefahr hin, dass hie und da etwas aus dem Ruder läuft. Offensichtlich unterhielt Inspektor François mit Covassi infolge dessen Wohnsitzes in Genf auch enge freundschaftliche Beziehungen, was zu einer parallelen Informationsstruktur führte, von welcher der DAP ausgeschlossen war. In der Folge versuchte Kommissar Antoine, die Sache wieder in den Griff zu bekommen, indem er Inspektor François gewisse Kontakte mit Claude Covassi vorenthielt.

Diese Differenzen sowie der Altersunterschied zwischen Kommissar Antoine und Inspektor François wurden von Claude Covassi ausgenützt, indem er es geschickt verstand, einen Dienst gegen den anderen auszuspielen, mit dem einzigen Ziel, seine eigene Position zu festigen. Daraus entstand ein anhaltendes Unbehagen zwischen dem DAP, der BRIS und der Quelle, womit der Bruch vom März 2005 und die daraus erwachsenen Folgen zumindest teilweise erklärt werden können.

Die Delegation will dem DAP oder der Kantonspolizei nicht Ratschläge über die am besten geeignete Art und Weise der Führung einer Quelle erteilen. Das hängt in der Tat von einer Vielfalt von Faktoren und den Umständen des Falles ab. Die Delegation erachtet es indes trotzdem als zwingend, dass die Informanten einsetzenden Dienste derselben «Unité de doctrine» nachleben und dass für das Vorgehen bei Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Verantwortlichen des DAP und seinem Pendant auf Kantonsebene Verfahrensregeln festgeschrieben werden.

6927

Empfehlung 2 Die Delegation fordert das EJPD auf, in Absprache mit den Kantonen ein Verfahren festzulegen, mit dem allfällige Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Mitarbeiter des DAP und einem kantonalen Polizeiangehörigen bei der Führung einer Quelle oder eines Informanten gelöst werden können.

Dieses Problem wirft allgemeiner die Frage nach der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen auf dem Gebiet des Staatsschutzes sowie jene nach der Kommandostruktur auf.

Gegenwärtig müssen die Kantone bei der Anwendung des BWIS mit dem DAP zusammenarbeiten. Zu diesem Zweck müssen sie einen eigenen Dienstweg schaffen, um sicherzustellen, dass die Aufträge des Bundes unverzüglich ausgeführt werden.

Für die Aufgaben, die sie für den Bund erfüllen, werden die Kantone abgegolten (Art. 28 BWIS); so erhält der Kanton Genf dafür alljährlich mehrere Hunderttausend Franken für Aufgaben, die die Kantonspolizei für den DAP durchführt. In der Praxis werden die Angehörigen der kantonalen Polizeikorps teilweise vom Bund finanziert und für diese Zusammenarbeit dem DAP zugeteilt. Auf hierarchischer Ebene sind sie jedoch nach wie vor ihrem ursprünglichen Korps unterstellt (Art. 6 Abs. 3 BWIS).

Dies bedeutet, dass die kantonalen Polizeiangehörigen, die regelmässig für den DAP tätig sind, zwei Organisationen unterstellt sind: auf technischer und operationeller Ebene dem DAP und hinsichtlich ihrer administrativen Unterordnung dem kantonalen Polizeikorps.

Diese Lösung besitzt zwar gewisse Vorteile und entspricht dem Grundsatz des Vollzugsföderalismus, stiess indes in der Affäre Covassi an ihre Grenzen und legte die Komplexität des Dispositivs in einer Krisensituation offen.

Nach Ansicht der Delegation sollte die Kommandostruktur zwischen Bund und Kantonen im Bereich des Staatsschutzes im Hinblick auf eine Vereinfachung überprüft werden. Daneben sollten die jeweiligen Rollen von Bund und Kantonen geklärt werden, wobei der Bund die Leitung und Verantwortung für sämtliche Staatsschutzaufgaben sicherstellt.

Ausserdem scheint es angebracht, den Kantonen in Erinnerung zu rufen, dass Beziehungen mit ausländischen Staatsschutzbehörden Sache des Bundes sind, zumal die Untersuchung der Delegation gezeigt hat, dass die Staatsschutzorgane des Kantons Genf offenbar Beziehungen mit ausländischen Behörden unterhielten, die über
das gesetzlich Vorgesehene hinausgehen (Art. 8 Abs. 2 BWIS; Art. 6 VWIS).

Empfehlung 3 Die Delegation fordert den Bundesrat auf, im Rahmen der nächsten BWISRevision mit den Kantonen Überlegungen über Kompetenzverteilung und Organisation der Kommandostruktur auf dem Gebiet des Staatsschutzes anzustellen.

6928

Empfehlung 4 Die Delegation fordert das EJPD auf, den Kantonen den Rahmen und die Grenzen in Erinnerung zu rufen, die für die Beziehungen mit ausländischen Behörden mit Bezug auf Sicherheitsfragen gelten, sowie die oberste Verantwortung des Bundes bei der Führung von Staatsschutzaufgaben zu bekräftigen.

10

Schlussfolgerungen

Der Auftrag der Delegation bestand darin zu prüfen, ob Claude Covassi tatsächlich für die schweizerischen Nachrichtendienste tätig gewesen war, und gegebenenfalls zu beurteilen, ob sich die schweizerischen Nachrichtendienste rechtswidriger Methoden bedient hatten, wie dies von Claude Covassi behauptet wurde.

Die von der Delegation durchgeführte Untersuchung hat weder einen Beweis für die schwerwiegenden Anschuldigungen Claude Covassis erbracht noch einen einzigen ernsthaften Anhaltspunkt zutage gefördert, mit dem diese gestützt werden könnten. Mehrere seiner Behauptungen werden durch die Fakten und die zusammengetragenen Aussagen widerlegt. Die von Claude Covassi vorgelegten Dokumente haben keinen einzigen Anhaltspunkt geliefert, der die Richtigkeit seiner Anschuldigungen veranschaulichen könnte. Schliesslich wurde die CD-ROM, auf der Claude Covassi Tonaufzeichnungen gespeichert zu haben behauptete, verschiedenen Experten und namentlich den Spezialisten der ETHL unterbreitet, die keine Spur irgendeiner derartigen Aufzeichnung gefunden haben.

Im Lichte der Fakten und der geschilderten Umstände gelangt die Delegation zu folgenden Feststellungen und Schlussfolgerungen: 1.

Claude Covassi wurde vom DAP durch die Vermittlung der Kantonspolizei Genf als Informant rekrutiert.

2.

Einsatz und Finanzierung der Tätigkeiten Claude Covassis durch den DAP erfolgten in Übereinstimmung mit der Gesetzgebung und den internen Weisungen des DAP und wurden vom Chef DAP in Anwendung der Bestimmungen des BWIS bewilligt.

3.

Der Vorsteher des EJPD und die GPDel wurden über den Ablauf der Operation «Memphis», in der Claude Covassi im Einsatz stand, ordnungsgemäss informiert.

4.

Claude Covassi erhielt vom DAP weder den Auftrag, das CIG zu infiltrieren, noch die Anweisung, zum Islam zu konvertieren.

5.

Die Untersuchung der Delegation ergab keinen Anhaltspunkt, der bestätigen könnte, dass der DAP Claude Covassi beauftragt hätte, betrügerische, unlautere oder rechtswidrige Mittel anzuwenden, um den Direktor des CIG zu kompromittieren, ja nicht einmal dafür, dass der DAP dies in Erwägung gezogen hätte.

6.

Die Untersuchung ergab keinen Anhaltspunkt, der bestätigen könnte, dass der DAP die Absicht oder auch nur in Betracht gezogen hätte, Claude Co6929

vassi in Zusammenarbeit mit einem ausländischen Dienst mit einer nachrichtendienstlichen Mission im Ausland zu betrauen.

7.

Nach seinem Einsatz für den DAP war Claude Covassi im Rahmen einer Auslandmission für den SND tätig. Das Ziel dieser Mission bestand darin, Claude Covassi im Hinblick auf eine mögliche künftige Zusammenarbeit einer Prüfung zu unterziehen. Diese Mission erfolgte in Übereinstimmung mit der Schweizer Gesetzgebung.

8.

Claude Covassi war vor 2004 nie für die Nachrichtendienste des Bundes tätig.

9.

Claude Covassi wurde von Bundesbehörden oder -diensten nie mit falschen Identitäten ausgestattet.

10. Claude Covassi spielte weder bei der Aufdeckung eines gegen ein Flugzeug der Fluggesellschaft El-Al geplanten Anschlags noch bei der Identifizierung der in die Vorbereitung dieses Anschlags verwickelten Personen eine Rolle.

11. Der DAP erteilte Claude Covassi nie den Auftrag, nach Syrien zu reisen, um dort Informationen zu beschaffen, und er leistete auch keine finanzielle Hilfe an diese Reise. Demgegenüber beauftragte der DAP Claude Covassi, einen Bericht über seine Syrienreise zu verfassen, was ihm den Eindruck vermitteln konnte, der DAP habe diese Reise stillschweigend gebilligt.

12. Indem sich der DAP bei der Rekrutierung Claude Covassis zu einem grossen Teil nur auf die Empfehlung eines Genfer Polizeiinspektors stützte, hat er offensichtlich zu wenig Vorsicht walten lassen.

13. Der Einsatz Claude Covassis zuerst durch den DAP und dann durch den SND brachte ­ einmal mehr ­ die bei der Zusammenarbeit zwischen den Nachrichtendiensten des Bundes bestehenden Lücken ans Licht.

14. Die Untersuchung deckte Lücken zwischen den Organen des Bundes und der Genfer Kantonspolizei hinsichtlich der Behandlung offizieller klassifizierter Informationen auf.

15. Bei der Quellenführung zeigten sich strukturelle und persönliche Differenzen zwischen dem DAP und der Kantonspolizei Genf. Da diese nicht rechtzeitig bereinigt worden waren, ermöglichten sie es Claude Covassi, einen Dienst gegen den anderen auszuspielen.

Zusammenfassend ist die Delegation vom Ergebnis ihrer Untersuchung befriedigt, weil es ermöglicht, die Dienste des Bundes von den schwersten Anschuldigungen zu entlasten. Sie bedauert indes den Misskredit, in den die Nachrichtendienste durch die Aussagen Claude Covassis geraten sind. Sie bedauert auch die mediale Instrumentalisierung dieser Angelegenheit, wobei gewisse Medien nicht davor zurückschreckten, die Nachrichtendienste abschätzig zu behandeln, indem sie gewisse Informationen für bare Münze nahmen und sie ohne Umschweife und ohne Vorsichtsmassnahmen veröffentlichten.

Die im Bericht der Delegation angeführten Sachverhalte zeigen, dass die Wirklichkeit sehr viel nuancierter und komplexer war, als ­ mitunter karikierend ­ von gewissen Zeitungen dargestellt.

Für die Delegation wirft der Fall Covassi die Frage nach der Kontrolle der Dienste über ihre Informanten, aber auch jene nach dem Verlust dieser Kontrolle auf.

6930

Die Verwendung von Informanten durch Nachrichtendienste und Polizei ist ein kontroverser Bereich der Staatstätigkeit. Ihr geheimer Charakter wirkt auf die Fantasie und die Neugierde der Öffentlichkeit, ist aber auch Ursprung zahlreicher Missverständnisse. Für ein Polizeikorps oder einen Nachrichtendienst stellt der Rückgriff auf Informanten eine Notwendigkeit dar, die von der Delegation nicht bestritten wird. Es wäre nicht nur naiv, sondern sogar verantwortungslos zu glauben, ein Staat könne sich gegen so schwere Bedrohungen wie den Terrorismus schützen, ohne zu versuchen, sämtliche verfügbaren Informationsquellen im Rahmen der Rechtsordnung auszuschöpfen.

Die Informanten sind die verborgene Seite der Nachrichtendienste, welche sich die breite Öffentlichkeit zwar vorstellt, jedoch nicht in Frage stellen darf. Ohne sie wären die Nachrichtendienste taub und blind, und ihre Arbeit bliebe wirkungslos.

Ungeachtet dessen, ob die Motivation einer Quelle die Verlockung des Geldes, die Rache, der Idealismus oder auch die gesellschaftliche Anerkennung ist, bleibt ihre Rolle zweideutig: Als Informant für die einen und als Denunziant für die anderen operiert sie oft im Grenzbereich der Legalität. Sie ist eine Hilfskraft der Nachrichtendienste, ohne diesen anzugehören, und ihr Status ist nicht offiziell anerkannt und birgt zahlreiche Risiken.

Zur Zeit ist die Führung von Informanten ein Bereich, der zwar Gegenstand einer politischen Kontrolle durch Exekutive und Parlament ist, jedoch weitgehend ausserhalb der Rechtsnormen steht. Dieses legislative Vakuum gibt den Nachrichtendiensten einen gewissen operationellen Spielraum, der jedoch mit den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit nur schwer vereinbar ist. Aus diesem Grund befürwortet die Delegation die entsprechenden Bestimmungen der nächsten Revision des BWIS, die für den Einsatz und die Finanzierung von Informanten durch den DAP eine rechtliche Grundlage schaffen sollen47.

47

Der Bundesrat sieht vor, für den Einsatz von Informanten durch den DAP im Rahmen der nächsten Revision des BWIS eine Rechtsgrundlage zu schaffen. Der Vorentwurf wurde am 5.7.2006 in die Vernehmlassung geschickt. Der erläuternde Bericht zum Vorentwurf definiert den Begriff des Informanten folgendermassen: «Dabei handelt es sich um Personen, die freiwillig mit Sicherheitsorganen zusammenarbeiten, ohne dass jedoch ein Arbeitsvertrag im Sinne von Artikel 319 des Obligationenrechts (OR; SR 220) entsteht.

Der Umstand, dass diesen Personen fallweise eine Prämie entrichtet werden kann oder dass ihnen ihre Auslagen erstattet werden [...], ist kein Grund dafür, dieses Verhältnis als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren. Für einen Arbeitsvertrag im Sinne von Artikel 319 des Obligationenrechts bedürfte es weiterer konstituierender Elemente, so beispielsweise eines formalrechtlichen Unterordnungsverhältnisses, wodurch die Informantin oder der Informant personalrechtlich, organisatorisch und zeitlich vom Bundesamt abhängig wäre.

Dies ist in der Praxis klar nicht der Fall.» (Erläuternder Bericht zum Entwurf der Änderung des Bundesgesetzes vom 21.3.1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS), EJPD, 5.7.2006, S. 38).

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11

Weiteres Vorgehen

Die Delegation bittet den Bundesrat, bis Ende September 2007 zu diesem Bericht und den darin enthaltenen Empfehlungen Stellung zu nehmen.

15. Mai 2007

Im Namen der Geschäftsprüfungsdelegation der Eidgenössischen Räte Der Präsident: Hans Hofmann, Ständerat Der Sekretär: Philippe Schwab

Die Geschäftsprüfungskommissionen haben von diesem Bericht am 25. Mai 2007 Kenntnis genommen und dessen Veröffentlichung gutgeheissen.

25. Mai 2007

Im Namen der Geschäftsprüfungskommissionen Der Präsident der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats: Hansruedi Stadler, Ständerat Der Präsident der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats: Jean-Paul Glasson, Nationalrat

6932

Tabelle 1 Unterscheidung zwischen den Tätigkeiten des DAP und der BKP (Quelle: EJPD)

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6934

Tabelle 2 Vergleich zwischen den verdeckten Ermittlern der BKP und den Informanten des DAP Verdeckter Ermittler der BKP

Informant des DAP

Rechtsgrundlage

Bundesgesetz und Verordnung über die verdeckte Ermittlung (SR 312.8 und 312.81)

Voraussetzung für Einsatz

Begründeter Verdacht auf bestimmte Straftat gemäss Straftatenkatalog, andere Untersuchungshandlungen aussichtslos oder unverhältnismässig erschwert Beschaffen von gerichtsverwertbaren Informationen zur Aufklärung besonders schwerer Straftaten Durch Kommandant eines Polizeikorps mit gerichtspolizeilichen Aufgaben Angehörige eines Polizeikorps oder besonders für die verdeckte Ermittlung von Polizei eingestellte Personen Lohn- und Spesenempfänger im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Anstellungsvertrages Angehöriger eines Polizeikorps

Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS, SR 120), Art. 14 Abs. 2 Bst. b. (Einholen von Auskünften) und d. (Entgegennahme von Meldungen) Aufgabengebiet gemäss BWIS

Aufgabe

Ernennung Einsetzbare Personen

Bezahlung Führungsperson Legendierung

Beschaffen von nachrichtendienstlichen Informationen zur Wahrung der inneren oder der äusseren Sicherheit der Schweiz Zustimmung Chef DAP zur Operation, keine formelle Ernennung Privatpersonen mit Zugang zu relevanten Informationen Entschädigung von Spesen und ggf. Prämien für Informationen; kein regelmässiges Einkommen Angehöriger des DAP, ausnahmsweise eines kantonalen Polizeikorps Keine Legendierung zulässig

Legendierung zur Verschleierung der wahren Identität möglich Auswirkung bei Genehmigungsbehörde entschei- Normale Strafverfolgung des strafbarem Verhalten det, unter welcher Identität das Informanten Strafverfahren durchzuführen ist Vertraulichkeitszusage Verschleierung der Identität, Nur Quellenschutz im Rahmen des selbst bei Zeugenaussage BWIS, kein Schutz vor Gericht vor Gericht weder als Zeuge noch als Beschuldigter Genehmigung Richterliche Genehmigung Keine besondere Genehmigung, da erforderlich, namentlich für keine Vorrechte verliehen werden Legendierung, Vertraulichkeitszusage und Ernennung Befugnisse Kein Wecken der TatbereitBeobachtende Funktion, Mitwirschaft oder zu schwereren kung an Straftat oder KonkretisieStraftaten, jedoch rung der Straftat könnte ev.

Konkretisieren des bestehenden gerichtlich verfolgt werden Tatentschlusses zulässig

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Anhang

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