07.075 Botschaft zum Bundesgesetz über die Museen und Sammlungen des Bundes (Museums- und Sammlungsgesetz, MSG) vom 21. September 2007

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zum Bundesgesetz über die Museen und Sammlungen des Bundes mit dem Antrag auf Zustimmung.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2003 P 02.3068

Schweizerisches Landesmuseum. Leistungsauftrag an das Verkehrshaus der Schweiz (N 5.6.03, Widmer; S 16.12.03)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

21. September 2007

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Micheline Calmy-Rey Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2007-0827

6829

Übersicht Mit dieser Botschaft wird ein Entwurf für ein Bundesgesetz über die Museen und Sammlungen des Bundes vorgelegt. Das neue Gesetz verpflichtet erstens sämtliche Museen und Sammlungen des Bundes auf gemeinsame Ziele und erteilt ihnen einen einheitlichen Grundauftrag. Zweitens bildet es die Rechtsgrundlage für ein Schweizerisches Nationalmuseum.

Museumspolitik des Bundes Der Bund betreibt heute 15 eigene Museen und verfügt über zahlreiche Sammlungen beweglicher Kulturgüter. Bis anhin werden die verschiedenen Museen und Sammlungen des Bundes weitgehend unabhängig voneinander geführt. Eine Koordination fehlt ebenso sehr wie eine Definition der Ziele, die der Bund erreichen will. Das Bundesgesetz über die Museen und Sammlungen des Bundes (Museums- und Sammlungsgesetz, MSG) soll dies ändern. Es verpflichtet die bundeseigenen Museen und Sammlungen auf gemeinsame Ziele und erteilt ihnen einen einheitlichen Grundauftrag. Mit diesen Instrumenten will der Bundesrat die Bundesaktivitäten im Museumsbereich in Zukunft besser aufeinander abstimmen und die Grundlage für eine übergeordnete Museumspolitik des Bundes legen, die für alle Museen und Sammlungen des Bundes verbindlich ist.

Schweizerisches Nationalmuseum Neben der erstmaligen Festlegung einer Museumspolitik des Bundes enthält die Vorlage wichtige strukturelle Neuerungen. Die bisherige MUSEE-SUISSE-Gruppe, bestehend aus dem Landesmuseum Zürich, dem Schloss Prangins und sechs weiteren Museen, soll erstens zu einer öffentlich-rechtlichen Anstalt verselbstständigt und zweitens redimensioniert werden. Die öffentlich-rechtliche Anstalt, die den Namen Schweizerisches Nationalmuseum tragen soll, wird über drei Museumsstandorte (Zürich, Prangins und Schwyz) sowie ein Sammlungszentrum in Affoltern am Albis verfügen. Im Weiteren sollen die Führungsstruktur des Schweizerischen Nationalmuseums sowie seine Steuerung und Beaufsichtigung durch den Bund modernisiert und an die Corporate-Governance-Grundsätze des Bundes angepasst werden.

6830

Inhaltsverzeichnis Übersicht

6830

1 Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Museen und Sammlungen des Bundes 1.1.1.1 Die bisherige MUSEE-SUISSE-Gruppe 1.1.1.2 Weitere Museen und Sammlungen des Bundes 1.1.2 Die Verselbstständigungsvorlage von 2002 1.2 Untersuchte Lösungsmöglichkeiten 1.3 Die beantragte Neuregelung 1.3.1 Gesamtsteuerung aller Museen und Sammlungen des Bundes 1.3.2 Neuordnung der Subventionen an Drittmuseen 1.3.3 Schweizerisches Nationalmuseum 1.3.3.1 Geschichte und Herausforderungen 1.3.3.2 Auftrag und Zusammensetzung 1.3.3.3 Verselbstständigung 1.3.3.4 Erweiterungsbau Landesmuseum Zürich 1.3.4 Die übrigen Museen und Sammlungen des Bundes 1.3.4.1 Die weiteren Museen der bisherigen MUSEE-SUISSEGruppe 1.3.4.2 Die Kunstmuseen und Kunstsammlungen des BAK 1.3.4.3 Museen und Sammlungen der ETH Zürich 1.3.4.4 Die militärhistorische Sammlung des VBS 1.4 Ergebnisse des Vorverfahrens 1.4.1 Vernehmlassungsverfahren 1.4.2 Überarbeitung des Vernehmlassungsentwurfs 1.5 Rechtsvergleichung und internationale Standards 1.5.1 Rechtsvergleichung 1.5.2 Internationale Standards 1.6 Umsetzung 1.7 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 1.8 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

6833 6833 6833 6833 6833 6834 6835 6835 6835 6836 6836 6836 6837 6837 6838 6839 6839 6840 6840 6841 6841 6841 6842 6842 6842 6842 6843 6843 6843

2 Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

6843

3 Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund 3.2 Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden 3.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

6856 6856 6857 6857

4 Verhältnis zur Legislaturplanung

6857

5 Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 5.3 Erlassform

6857 6857 6858 6858

6831

5.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 5.5 Vereinbarkeit mit dem Subventionsgesetz 5.6 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen Bundesgesetz über die Museen und Sammlungen des Bundes (Entwurf)

6832

6858 6858 6858 6859

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Museen und Sammlungen des Bundes

1.1.1.1

Die bisherige MUSEE-SUISSE-Gruppe

Unter dem Label MUSEE-SUISSE-Gruppe firmiert seit 1998 ein Arbeitszusammenschluss von insgesamt acht Museen und einem Sammlungszentrum, die organisationsrechtlich allesamt zur zentralen Bundesverwaltung gehören. Mitglieder der Museumsgruppe sind das Landesmuseum Zürich (inklusive Sammlungszentrum), das Schloss Prangins, das Forum der Schweizer Geschichte Schwyz und fünf weitere Museen.

Das Landesmuseum Zürich, das Schloss Prangins und das Forum der Schweizer Geschichte Schwyz zeigen, mit unterschiedlichen Schwerpunkten, die kulturhistorische Entwicklung der Schweiz von der Ur- und Frühgeschichte bis zur Gegenwart.

Die übrigen fünf Museen der MUSEE-SUISSE-Gruppe sind weit stärker spezialthematisch ausgerichtet: Ihre Ausstellungsinhalte reichen von Schweizer Porzellan und Fayence des 18. Jahrhunderts (Zunfthaus zur Meisen in Zürich) über die Geschichte des Zollwesens (Zollmuseum in Cantine di Gandria) und die Geschichte der Zürcher Aufklärung (Museum Bärengasse in Zürich) bis zu Musikautomaten und Musikdosen (Museum für Musikautomaten in Seewen) und zur Wohnkultur in einer über Jahrhunderte hinweg von einer Berner Patrizierfamilie bewohnten Domäne (Schloss Wildegg in Wildegg).

Neben ihren Ausstellungshäusern verfügt die Museumsgruppe über ein Sammlungszentrum in Affoltern am Albis. Dieses ist für die konservatorisch-restauratorische Betreuung der Sammlungsgegenstände der Gruppe sowie für deren Aufbewahrung zuständig.

1.1.1.2

Weitere Museen und Sammlungen des Bundes

Abgesehen von den acht Museen der MUSEE-SUISSE-Gruppe verfügt der Bund über weitere Museen und Sammlungen1 beweglicher Kulturgüter, die zur zentralen oder dezentralen Bundesverwaltung gehören: ­

1

Im Bundesamt für Kultur (BAK) angesiedelt sind das Museo Vela, die Sammlung Oskar Reinhart «Am Römerholz», das Museum St. Georgen, die Bundeskunstsammlung, die Gottfried-Keller-Stiftung, das Eidgenössische Archiv für Denkmalpflege sowie das Centre Dürrenmatt in Neuenburg (die zwei Letztgenannten sind Einheiten der Schweizerischen Nationalbibliothek).

Die Abgrenzung zwischen einem Museum und einer Sammlung ist fliessend. Die beiden Begriffe werden mitunter auch ohne inhaltliche Differenzierung verwendet. Im Einzelfall ist die Begriffsverwendung oft historisch bedingt.

6833

­

Die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich) beheimatet diverse wissenschaftliche Sammlungen, die sie für Studierende, Forscherinnen und Forscher sowie für die interessierte Bevölkerung bewahrt, aufbereitet und zur Verfügung stellt. Die Sammlungen sind organisatorisch verschiedenen Einheiten der ETH Zürich angegliedert. Zu den bekanntesten Sammlungen zählen die Graphische Sammlung und das Thomas MannArchiv.

­

Das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) betreut eine umfangreiche Sammlung von historischem Armeematerial.

1.1.2

Die Verselbstständigungsvorlage von 2002

Am 25. November 2002 hat der Bundesrat die Botschaft und den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Stiftung Schweizerisches Landesmuseum an das Parlament verabschiedet.2 Die Vorlage sah eine Verselbstständigung aller acht Einzelhäuser der MUSEE-SUISSE-Gruppe sowie des Sammlungszentrums in Affoltern am Albis in eine öffentlich-rechtliche Stiftung mit eigener Rechtspersönlichkeit vor.

Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates (WBK-S) beauftragte das EDI nach einer ersten Vordiskussion der damaligen Vorlage mit der Erstellung eines Zusatzberichts über alternative Organisationsmodelle für die MUSEE-SUISSE-Gruppe. Der Bericht des EDI wurde der WBK-S am 17. März 2004 zugestellt. Im Februar 2005 beschloss die WBK-S ihren Eintretensentscheid weiterhin auszusetzen. Sie beauftragte das EDI, ihr die strategischen und konzeptionellen Grundlagen einer Museumspolitik des Bundes vorzulegen. Diesen Auftrag erfüllte das EDI mit dem Bericht über die Museumspolitik des Bundes (Museumsbericht EDI), der vom Bundesrat am 2. November 2005 genehmigt wurde.3 Mit Entscheiden vom 15. Dezember 2005 (Ständerat) und 14. März 2006 (Nationalrat) wies das Parlament die damalige Vorlage zur Überarbeitung an den Bundesrat zurück.

Folgende Hauptgründe haben zur Rückweisung der Botschaft aus dem Jahr 2002 geführt: ­

erstens das Fehlen einer Gesamtpolitik des Bundes im Museumsbereich und dabei insbesondere der fehlende Einbezug aller Museen und Sammlungen des Bundes in die Vorlage;

­

zweitens die wenig klare Leitidee eines Schweizerischen Nationalmuseums und seine wenig klare Positionierung und Abgrenzung namentlich gegenüber den historischen Museen der Kantone;

­

drittens die vom Parlament als zufällig und inkohärent empfundene Zusammensetzung der MUSEE-SUISSE-Gruppe.

Diesen Mängeln wurde bei der Erarbeitung der neuen Vorlage Rechnung getragen (s. Ziff. 1.3).

2 3

BBl 2003 535 Der Museumsbericht EDI ist auf der Homepage des BAK erhältlich (www.bak.admin.ch).

6834

1.2

Untersuchte Lösungsmöglichkeiten

Das BAK prüfte verschiedene Alternativen zur Strukturierung der Museen und Sammlungen des Bundes. Die Lösungsansätze wurden mit verwaltungsexternen Museumsexpertinnen und -experten an zwei Hearings besprochen. Als Alternative zu der hier vorgeschlagenen Neuregelung wurde namentlich die Gründung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt für sämtliche Museen und Sammlungen des BAK sowie der MUSEE-SUISSE-Gruppe geprüft. Eine solche Gesamtanstalt wäre jedoch nach überwiegender Auffassung der angehörten Experten in Bezug auf Kohärenz, Synergien und Profilierung der einzelnen Museen unbefriedigend. Eine Zusammenfassung der einzelnen Museen und Sammlungen des Bundes zu je einer regionalen Anstalt pro Landesteil wurde ebenfalls geprüft und klar verworfen.

Die Vorlage übernimmt in Bezug auf die innerbetriebliche Organisation des vorgeschlagenen Schweizerischen Nationalmuseums sowie seiner Steuerung und Aufsicht die Grundsätze, die der Bundesrat in seinem Bericht vom 13. September 2006 zur Auslagerung und Steuerung von Bundesaufgaben (Corporate-Governance-Bericht) festgehalten hat.4 Diese Grundsätze sollen nach Auffassung des Bundesrats für alle verselbstständigten Verwaltungseinheiten Anwendung finden. Aus diesem Grund wurde auf eine vertiefte Prüfung von Alternativen zur innerbetrieblichen Ausgestaltung des Schweizerischen Nationalmuseums verzichtet. Alternative Lösungen haben sich im Übrigen auch sachlich nicht aufgedrängt.

1.3

Die beantragte Neuregelung

1.3.1

Gesamtsteuerung aller Museen und Sammlungen des Bundes

Es gibt bisher keine formulierte Museumspolitik des Bundes. Ausdruck davon ist, dass der Bund abgesehen von wenigen Ausnahmen bis anhin nicht agiert, sondern bloss auf politische oder private Einzelinitiativen reagiert hat. Entsprechend inkonsistent präsentiert sich das Bild der heutigen Bundesaktivitäten im Museums- und Sammlungsbereich: Mangels übergeordnetem Grundauftrag respektive Zieldefinition durch den Bund handeln die verschiedenen Museen und Sammlungen des Bundes weitgehend unkoordiniert. Es fehlt, auch in zentralen Bereichen wie beispielsweise der Sammlungspolitik, an einem abgestimmten Vorgehen zwischen den Bundesmuseen und Bundessammlungen einerseits und zwischen diesen und den kantonalen und regionalen Akteuren andererseits.

Das Bundesgesetz über die Museen und Sammlungen des Bundes (Museums- und Sammlungsgesetz, MSG) soll die bundeseigenen Museen und Sammlungen auf gemeinsame Ziele verpflichten und ihnen einen einheitlichen Grundauftrag erteilen.

Mit diesen Instrumenten will der Bundesrat die verschiedenen Bundesaktivitäten im Museumsbereich in Zukunft besser aufeinander abstimmen und die Grundlage für eine übergeordnete Museumspolitik des Bundes legen, die für alle Museen und Sammlungen des Bundes verbindlich sein soll (s. Art. 2 und 4).

4

BBl 2006 8233

6835

1.3.2

Neuordnung der Subventionen an Drittmuseen

Heute subventioniert der Bund acht Drittmuseen regelmässig und 55 Drittmuseen durch punktuelle Finanzhilfen. Die Subventionen belaufen sich auf zirka 7 Millionen Franken pro Jahr. Die Subventionskredite sind auf vier verschiedene Departemente verteilt. Es bestehen bisher weder Zielformulierungen noch Evaluationen zur Subventionstätigkeit des Bundes im Museumsbereich. Die Auswahl der Subventionsempfänger erfolgt im Einzelfall und ohne übergeordnetes Konzept. Diese Situation ist unbefriedigend.

Die Finanzhilfen des Bundes an Museen, Sammlungen und Netzwerke Dritter werden neu im Bundesgesetz über die Kulturförderung (Kulturförderungsgesetz, KFG) geregelt.5 Die im Kulturförderungsgesetz vorgesehene Bestimmung zielt auf eine Subventionspolitik, die klare Prioritäten setzt und die Zuständigkeiten zur Gewährung von Finanzhilfen beim BAK vereinigt (unter Vorbehalt der Finanzhilfe an das Internationale Rotkreuz- und Rothalbmondmuseum in Genf. Für dieses Museum soll aufgrund seiner engen Verbindung zum Internationalen Komitee vom Roten Kreuz das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten zuständig bleiben).

1.3.3

Schweizerisches Nationalmuseum

1.3.3.1

Geschichte und Herausforderungen

Die Geschichte der MUSEE-SUISSE-Gruppe und die aktuellen Herausforderungen, die sich ihr stellen, wurden in der Botschaft zur Vorlage von 2002 sowie im Museumsbericht EDI vom November 2005 umfassend dargestellt. Die damaligen Aussagen sind grösstenteils nach wir vor gültig und können in aller Kürze wie folgt zusammengefasst werden: Die Entwicklung der MUSEE-SUISSE-Gruppe vom Nukleus Landesmuseum Zürich, gegründet 1890, bis hin zur heutigen Museumsgruppe mit acht Einzelhäusern ist historisch gewachsen und jeweils Einzelkonstellationen entsprungen (insbesondere aufgrund von Schenkungen und Legaten). Eine klare Politik lag den einzelnen Entscheiden nicht zugrunde. Die stark von Einzelentscheiden geprägte Entwicklung hatte zur Folge, dass es der Museumsgruppe heute an übergeordneter Kohärenz fehlt und sie thematisch als divergent erscheint (s. Ziff. 1.1.1.1). Angesichts der grossen und stetig wachsenden Anzahl Museen in der Schweiz sowie ihrer Konkurrenzierung durch die Freizeit- und Unterhaltungsindustrie ist es für eine erfolgreiche Zukunft unabdingbar, das Profil der bisherigen Museumsgruppe zu schärfen und sie besser in der Schweizer Museumslandschaft zu positionieren.

Der Bundesrat schlägt vor, die bisherige MUSEE-SUISSE-Gruppe zu redimensionieren, ihren Auftrag zu aktualisieren und sie in eine öffentlich-rechtliche Anstalt namens Schweizerisches Nationalmuseum (SNM) einzubringen.

5

BBl 2007 4847

6836

1.3.3.2

Auftrag und Zusammensetzung

Es gibt in der Schweiz zahlreiche historische Museen. Die kantonalen Museen gehen dabei in aller Regel von einem lokalen, regionalen oder allenfalls überregionalen Ansatz aus. Sie erzählen mehrheitlich die Geschichte des jeweiligen Kantons anhand von Exponaten aus dem Kantonsgebiet. Damit das SNM in der Museumslandschaft Schweiz erfolgreich positioniert werden kann, muss es sich insbesondere von den historischen Museen der Kantone unterscheiden und über ein eigenes, unverkennbares Profil verfügen.

Um die Eigenständigkeit eines historischen Bundesmuseums zu definieren, ist nochmals kurz auf die Geschichte der MUSEE-SUISSE-Gruppe hinzuweisen. Wie bereits in der Botschaft zum Bundesgesetz vom 27. Juni 1890 über die Errichtung eines Schweizerischen Landesmuseums festgehalten wurde, sollte das Landesmuseum ursprünglich «als grosses Bilderbuch der Schweizer Geschichte dienen» und anhand herausragender Kulturobjekte den kulturellen Forschritt bis in das 18. Jahrhundert darstellen. Mit der Fokussierung auf einerseits kunsthandwerkliche Produkte und andererseits auf die Vermittlung der gemeinsamen Wurzeln der Schweiz, seien diese in der Ur- und Frühgeschichte, dem Mittelalter oder der Neuzeit angesiedelt, hat das Museum eigentlich mit seiner Gründung bereits die Vollendung gefunden.

Diesem Sammlungs- und Vermittlungsansatz blieb das Landesmuseum nach seiner Gründung über Jahrzehnte verhaftet. Nach Auffassung des Bundesrats sollte das SNM künftig namentlich drei übergeordnete Entwicklungsziele verfolgen: ­

Darstellung der Geschichte der Schweiz und ihrer Beziehungen zum Ausland;

­

Auseinandersetzung mit der Identität der Schweiz;

­

Kompetenzzentrum für andere Museen in der Schweiz.

Im Unterschied zu heute soll das SNM nur über Einzelhäuser verfügen, die in das Gesamtkonzept passen und zur Erfüllung des Bundesauftrages einen wesentlichen Beitrag leisten können. Aus diesem Grund soll das SNM aus denjenigen Einzelhäusern der bisherigen MUSEE-SUISSE-Gruppe bestehen, die klar als kulturhistorische Museen zu qualifizieren sind. Es sind dies: Das Landesmuseum Zürich, das Schloss Prangins sowie das Forum der Schweizer Geschichte Schwyz, das dem SNM als Ausstellungsort in der Zentralschweiz dienen wird. Im Weiteren ist auch das Sammlungszentrum Affoltern dem SNM anzugliedern. Das Sammlungszentrum, das heute die Sammlungen der MUSEE-SUISSE-Gruppe beherbergt, soll als nationales Kompetenzzentrum etabliert werden und gegen Entgelt auch Dienstleistungen für andere Museen und Sammlungen in der Schweiz anbieten. Die hier genannten vier Einzelhäuser werden ihren angestammten Namen auch unter der Dachmarke des SNM beibehalten.

1.3.3.3

Verselbstständigung

Der Bundesrat erwartet vom SNM, dass es sein Geschäftspotenzial besser ausschöpft, den Eigenfinanzierungsgrad steigert, die Wirkungs- und Besucherorientierung erhöht und die Zusammenarbeit mit Dritten intensiviert. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass das SNM zur Erfüllung der erwähnten Erwartungen als öffentlich-rechtliche Anstalt ausgestaltet werden sollte. Alternative Organisationsmodelle 6837

wurden geprüft. Wie das EDI in seinem Bericht vom 17. März 2004 an die WBK-S ausführlich darlegte, verspricht eine Lösung im 3. Kreis des Vier-Kreise-Modells der Verwaltungsführung jedoch am meisten Erfolg: Die Weiterführung des Status quo als Museum in der zentralen Bundesverwaltung (1. Kreis) ist keine valable Lösung, da sie den Handlungsspielraum des SNM zu stark einschränkt. Eine Lösung mit FLAG (Führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget) würde im Vergleich dazu merkbare Vorteile bringen, insbesondere in Bezug auf die Wirkungs- und Kundenorientierung. Eine Verselbstständigung zu einer Organisation im 3. Kreis bringt jedoch beträchtliche weitere Verbesserungen, insbesondere in Bezug auf eine raschere Entscheid- und Anpassungsfähigkeit, eine höhere Flexibilität im Ressourcenbereich und eine erleichterte Drittmittelakquisition. Insgesamt schafft eine Lösung im 3. Kreis die Voraussetzungen, damit das SNM die Erwartungen des Bundesrats in ihrer Gesamtheit erreichen kann.

Zum gleichen Schluss kommt der Corporate-Governance-Bericht des Bundesrats von September 2006. In diesem Bericht wird die bisherige MUSEE-SUISSE-Gruppe als Organisation qualifiziert, die Dienstleistungen mit Monopolcharakter erbringt.

Der Bericht führt aus: «Die Dienstleistungen mit Monopolcharakter umfassen sehr heterogene Leistungen und schliessen ein breites Gebiet von Aufgaben ein. Der freie Wettbewerb ist bei diesen Dienstleistungen durch Marktversagen oder gesetzliche Bestimmungen eingeschränkt. Dennoch werden namentlich im Bildungs-, im Forschungs- und im Kulturbereich Leistungen erbracht, die in einer gewissen Konkurrenz zu ähnlichen Leistungen anderer Anbieter stehen und direkt einzelnen Kunden zugeordnet werden können. Die mit der Erfüllung dieser Aufgaben betrauten Einheiten müssen deshalb als selbstständige Einheit mit eigenem Renommee auftreten können, um als solche von Fachkreisen und potenziellen Kunden wahrgenommen zu werden (Visibilität). Ihre Verselbstständigung ermöglicht ihnen zudem die eigene Vermögensfähigkeit, was sie attraktiver für mäzenatische Zuwendungen macht».6

1.3.3.4

Erweiterungsbau Landesmuseum Zürich

Seit seiner Eröffnung im Jahr 1898 wurde das Landesmuseum Zürich nie substanziell saniert. Im März 1994 musste das Museum teilweise geschlossen werden, um die Sicherheit von Menschen und Objekten nicht zu gefährden. 2002 erteilte der Bundesrat den Auftrag zur umfassenden Sanierung und baulichen Erweiterung des Museums. Die Sanierung des Altbaus wurde im Jahr 2005 in Angriff genommen.

Die Sanierung des Altbaus allein löst die Probleme des Landesmuseums Zürich jedoch nicht: Namentlich die Anforderungen an einen modernen Museumsbetrieb und die seit der Gründung stark gewachsene Sammlung verlangen eine bauliche Erweiterung des Landesmuseums Zürich. Die für den Erweiterungsbau eingesetzte Baukommission des Bundes nahm am 30. Mai 2007 die bereinigte Planung zum Erweiterungsbau sowie den prognostizierten Baukosten von 111 Millionen Franken zur Kenntnis. Die Zürcher Kantons- und Stadtregierung wollen einem Standortbeitrag in der Höhe von 35 Millionen Franken zustimmen und werden zur Freigabe der Mittel die erforderlichen Schritte einleiten.

6

BBl 2006 8261

6838

Die weiteren Etappen zur Realisierung des Erweiterungsbaus sind die Erarbeitung des Bauprojekts bis Ende 2007, die Einreichung des Baugesuchs im Frühjahr 2008 sowie die Vorlage eines Finanzierungsantrags in der Form einer Baubotschaft an die eidgenössischen Räte. Sofern die zugesagte Finanzierung und das Bewilligungsverfahren reibungslos verlaufen, könnte der Erweiterungsbau im günstigsten Fall im Jahr 2013 in Betrieb genommen werden.

1.3.4

Die übrigen Museen und Sammlungen des Bundes

1.3.4.1

Die weiteren Museen der bisherigen MUSEESUISSE-Gruppe

Für die fünf Museen, die zur bisherigen MUSEE-SUISSE-Gruppe gehörten, die aber gemäss Artikel 6 nicht in das SNM integriert werden sollen, sind neue Lösungen zu prüfen: ­

Museum Bärengasse: Mit den Räumlichkeiten an der Bärengasse 20 und 22 in Zürich verfügt die MUSEE-SUISSE-Gruppe über eine attraktive Ausstellungsfläche an guter Lage. Die Ausstellungsfläche wird nach der geplanten Erweiterung des Landesmuseums Zürich nicht mehr benötigt. Die Stadt Zürich prüft als Eigentümerin der Liegenschaften derzeit eine alternative Nutzung. Bis der Erweiterungsbau steht, sollen die Räumlichkeiten weiterhin durch das SNM genutzt werden. Die Gesamtkosten des Bundes für die Ausstellungsräume an der Bärengasse belaufen sich auf rund 327 000 Franken im Jahr.

­

Zunfthaus zur Meisen: Die Räumlichkeiten im Zunfthaus zur Meisen in Zürich werden von der Schweizerischen Eidgenossenschaft angemietet, um der MUSEE-SUISSE-Gruppe einen geeigneten Ausstellungsraum für ihre Sammlung von Porzellan und Fayence zu bieten. Ob die Ausstellungsfläche nach der geplanten Erweiterung des Landesmuseums Zürich noch benötigt wird, ist derzeit offen. Die Gesamtkosten des Bundes für die Ausstellungsräume im Zunfthaus zur Meisen belaufen sich auf rund 210 000 Franken im Jahr.

­

Zollmuseum in Gandria: Die Liegenschaft, in der sich das Zollmuseum befindet, gehört der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) bezahlt an den Betrieb des Zollmuseums jährlich zirka 60 000 Franken. Im Weiteren erbringt das Landesmuseum Zürich bisher unentgeltliche Personalleistungen zugunsten des Zollmuseums. Das Zollmuseum soll an seinem bisherigen Standort weitergeführt werden. Die Gesamtkosten sind durch die EZV zu tragen. Sofern die EZV Dienstleistungen des SNM in Anspruch nimmt, sind die entsprechenden Aufwendungen von der EZV zu entschädigen.

­

Schlossdomäne Wildegg: Der Kanton Aargau verfügt mit dem Schloss Hallwyl und dem Schloss Lenzburg über ein starkes Standbein in der Nutzung historischer Bauten als Museen. Die Schlossdomäne Wildegg würde sich gut in das Museumskonzept des Kantons Aargau einfügen. Der Kanton Aargau hat gegenüber dem Bund Interesse an einer allfälligen Übernahme der Schlossdomäne Wildegg signalisiert. Eine Arbeitsgruppe klärt seit Frühjahr 2007 die offenen Fragen. Bis die entsprechenden Abklärungen für eine all6839

fällige Übertragung an den Kanton Aargau abgeschlossen sind, soll die Schlossdomäne Wildegg durch das SNM betrieben werden. Die Kosten des Bundes für die Schlossdomäne Wildegg belaufen sich auf rund 1 Million Franken im Jahr (ohne Liegenschaftskosten).

­

1.3.4.2

Museum für Musikautomaten Seewen (MMA): Das Museum für Musikautomaten Seewen soll in Zukunft direkt dem BAK angegliedert werden. Das BAK wird dem Museum unter Beachtung seiner politischen Verantwortung grösstmögliche Autonomie gewähren. Für eine Überführung in eine eigene Rechtspersönlichkeit ist das Museum zu klein. Der Kanton Solothurn, der das MMA mit regelmässigen Betriebsbeiträgen unterstützt, befürwortet den Verbleib des MMA in der Bundesverwaltung.

Die Kunstmuseen und Kunstsammlungen des BAK

Eine inhaltliche und strategische Kohärenz für sämtliche Kunstmuseen und Kunstsammlungen des BAK (vgl. Ziffer 1.1.1.2) ist weder mittel- noch langfristig zu erreichen. Der Grund dafür liegt in der aufgrund von Schenkungen und Legaten erheblichen Heterogenität dieser Kunstmuseen und Kunstsammlungen. Aufgrund dieser Heterogenität und ihrer geringen Grösse in Bezug auf Personalbestand und Budget ist auch eine Auslagerung in eine selbstständige öffentlich-rechtliche Organisationsform nicht sinnvoll. Die fraglichen Museen und Sammlungen sollen deshalb wie bisher organisationsrechtlich in der zentralen Bundesverwaltung verbleiben, wobei ihrer Eigenverantwortung bei der Führung grosser Wert beizumessen ist.

Ein bisher noch zu wenig ausgeschöpftes Potential besteht für die Kunstmuseen und Kunstsammlungen des BAK in der regionalen Zusammenarbeit mit anderen Museen und Sammlungen. So ist es beispielsweise denkbar und wünschenswert, dass das Museo Vela enger mit anderen Kunstmuseen im Tessin und die Sammlung Oskar Reinhart «Am Römerholz» enger mit anderen Museen im Raum Winterthur zusammenarbeitet. Das BAK wird mit den betreffenden Regionen das Gespräch suchen und konkrete Massnahmen für eine engere Projektzusammenarbeit prüfen. Im Weiteren sind auch die Kooperation mit den Kantonen in Bezug auf die Bundeskunstsammlung (BKS) und die Gottfried-Keller-Stiftung (GKS) zu überdenken und die Zuständigkeiten und Aufgaben allenfalls neu zu ordnen.

1.3.4.3

Museen und Sammlungen der ETH Zürich

Die ETH Zürich soll auch in Zukunft ihre diversen wissenschaftlichen Sammlungen betreiben. Sie wird sich dabei aber neu an den Grundauftrag nach Artikel 4 Absatz 1 zu halten haben. Der Grundauftrag wird vom Bundesrat im Rahmen des vierjährlichen Leistungsauftrags für den ETH-Bereich respektive vom ETH-Rat in der Zielvereinbarung mit der ETH Zürich präzisiert (s. Art. 4 Abs. 2).

6840

1.3.4.4

Die militärhistorische Sammlung des VBS

Die militärhistorische Sammlung des Bundes soll weiterhin vom VBS betreut werden. Das BAK wird den Grundauftrag nach Artikel 4 Absatz 1 zusammen mit dem VBS präzisieren (s. Art. 4 Abs. 3). Das VBS hat im April 2007 einen Delegierten für Historisches Armeematerial ernannt. Dieser wird bis Ende 2008 ein umfassendes Konzept für die Auswahl, Aufbewahrung und Instandhaltung des historischen Armeematerials des VBS erarbeiten. Das BAK wird in die Arbeiten einbezogen und stellt insbesondere sicher, dass das Konzept die Ziele nach Artikel 2 und die Aufgaben nach Artikel 4 überzeugend umsetzt.

1.4

Ergebnisse des Vorverfahrens

1.4.1

Vernehmlassungsverfahren

Mit Schreiben vom 10. April 2007 unterbreitete das EDI im Auftrag des Bundesrats den Vorentwurf zum Museums- und Sammlungsgesetz den interessierten Kreisen zur Vernehmlassung. Diese dauerte bis zum 9. Juli 2007. Insgesamt sind 53 Stellungnahmen eingegangen (darunter alle Kantone ohne Kanton Glarus sowie alle Bundesratsparteien).

Das Ergebnis der Vernehmlassung lässt sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen: ­

Die deutlich überwiegende Mehrheit begrüsste den Vorentwurf vollumfänglich oder zumindest im Grundsatz.

­

Das angestrebte Ziel der Gesamtsteuerung sämtlicher Museen und Sammlungen des Bundes wurde von der grossen Mehrheit als notwendig und sinnvoll bezeichnet.

­

Die Verselbständigung der bisherigen MUSEE-SUISSE-Gruppe zu einer öffentlich-rechtlichen Anstalt sowie die vorgeschlagene Zusammensetzung des SNM wurde von praktisch allen begrüsst.

Folgende Kernpunkte des Vorentwurfs wurden in der Vernehmlassung dagegen kritisch beurteilt: ­

Viele Teilnehmende (darunter die Kantone AG, AI, AR, BE, GR, LU, OW, SO, SG, TG, VS, ZG und ZH sowie die SPS und die CVP) bezeichneten die Zielnorm des Gesetzes sowie die Definition der Aufgaben der Museen und Sammlungen des Bundes (Art. 2 und 4 des Vorentwurfs) als zu unpräzise.

­

Die in der Vernehmlassungsvorlage erwähnte mittelfristige Auslagerung der Kunstmuseen und Kunstsammlungen des BAK in eine selbstständige öffentlich-rechtliche Organisation wurde von Kulturfachkreisen (SKV und VSK) als unrealistisch beurteilt.

­

Die Kantone VD und VS, die SPS und sieben weitere Teilnehmende (darunter der SGB und zwei Personalverbände) waren mit der privatrechtlichen Anstellung des Personals des SNM nicht einverstanden.

6841

­

Eine grosse Mehrzahl der Kantone und einzelne weitere Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer forderten die Schaffung einer Subventionsbestimmung zur finanziellen Unterstützung von Museen und Sammlungen Dritter mit gesamtschweizerischer Bedeutung.

1.4.2

Überarbeitung des Vernehmlassungsentwurfs

Gestützt auf die Stellungnahmen aus dem Vernehmlassungsverfahren wurden folgende wesentlichen Änderungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf vorgenommen: ­

Die im Vorentwurf mittelfristig vorgesehene Verselbständigung der Kunstmuseen und Kunstsammlungen des BAK zu einer selbstständigen öffentlichrechtlichen Organisation wurde fallen gelassen. Für die Kunstmuseen und Kunstsammlungen des BAK ist neu eine verstärkte regionale Verankerung geplant (vgl. Ziffer 1.3.4.2).

­

Die Arbeitsverhältnisse des Personals des SNM sollen dem Bundespersonalgesetz vom 24. März 20007 und nicht dem Privatrecht unterstehen.

1.5

Rechtsvergleichung und internationale Standards

1.5.1

Rechtsvergleichung

Die beantragte Verselbstständigung des SNM ist kein isolierter Prozess, sondern findet Vorläufer und Parallelen in anderen europäischen Staaten. Bereits in den 1980er Jahren begann Grossbritannien seine staatlichen Museen in unabhängige Anstalten öffentlichen oder privaten Rechts umzuwandeln. Das Reformbeispiel Grossbritannien fand bald Nachahmer. Grössere Verselbstständigungsvorhaben waren in den letzten Jahren insbesondere in Österreich und in den Niederlanden zu verzeichnen.8

1.5.2

Internationale Standards

Im April 2005 erliess der Rat der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) Richtlinien für die Corporate Governance von Staatsbetrieben.9 Die Richtlinien sind nicht bindend. Da jedoch zu erwarten ist, dass die Richtlinien weltweit Beachtung finden werden, empfiehlt es sich, sie auch in der Schweiz umzusetzen. Der Corporate-Governance-Bericht des Bundesrats von September 2006 soll die Umsetzung der OECD-Richtlinien für die Bundesverwaltung sicherstellen. Die unterbreitete Vorlage entspricht den Vorgaben des Corporate-Governance-Berichts und damit den OECD-Richtlinien für Staatsbetriebe.

7 8 9

SR 172.220.1 für Details s. BBl 2003 554.

Originaltitel englisch: OECD Guidelines on the Corporate Governance of State-Owned Enterprises.

6842

1.6

Umsetzung

Zur Umsetzung des Gesetzes sind folgende Massnahmen vorgesehen: ­

Der Bundesrat umschreibt die Aufgaben der Museen, die zur dezentralen Bundesverwaltung gehören, und der Sammlungen, die im Eigentum einer Einheit der dezentralen Bundesverwaltung stehen, im Einzelnen (s. Art. 4 Abs. 2).

­

Das BAK umschreibt in Zusammenarbeit mit der jeweils betroffenen Verwaltungseinheit die Aufgaben der Museen, die zur zentralen Bundesverwaltung gehören, und der Sammlungen, die im Eigentum des Bundes stehen, im Einzelnen (s. Art. 4 Abs. 3).

­

Der Bundesrat beaufsichtigt das SNM. Er wird prüfen, ob er einzelne Aufsichtsaufgaben, die ihm Artikel 21 zuweist, an das EDI delegieren soll.

1.7

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Die Vorlage ist nicht unmittelbar finanzrelevant. Sie hat für den Bund insbesondere keine Mehrausgaben zur Folge (s. Ziff. 3.1).

1.8

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Das Postulat Widmer vom 18. März 2002 (02.3068) verlangt im Wesentlichen zu prüfen, ob das Verkehrshaus der Schweiz in die MUSEE-SUISSE-Gruppe einzubeziehen sei. In seiner Botschaft vom 29. November 2002 zum Bundesgesetz über die Stiftung Schweizerisches Landesmuseum hatte der Bundesrat vorgeschlagen, auf eine Integration des Verkehrshauses einstweilen zu verzichten und die Frage später zu prüfen. Diese Prüfung ist inzwischen erfolgt. Nach Ansicht des Bundesrats ist auf eine Integration des Verkehrshauses in das zu gründende SNM zu verzichten, da das Verkehrshaus nicht in dessen Gesamtkonzeption passt. Es wird den eidgenössischen Räten beantragt, das Postulat als erledigt abzuschreiben.

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

Art. 1

Gegenstand

Die Vorlage hat die Organisation und die Aufgaben der Museen und Sammlungen des Bundes zum Gegenstand. Welche Museen und Sammlungen in den Geltungsbereich des Gesetzes fallen, ergibt sich aus den Begriffsdefinitionen nach Artikel 3.

Nicht Gegenstand dieser Vorlage sind somit Finanzhilfen, die der Bund zur Erhaltung des kulturellen Erbes an Dritte ausrichtet. Die betreffende Subventionstätigkeit ist in Artikel 9 des Kulturförderungsgesetzes vom ...10 geregelt. Nach dieser Bestimmung kann sich der Bund etwa an den Projektkosten zur Instandstellung eines national bedeutenden Kulturguts beteiligen oder Betriebsbeiträge an Sammlungen von herausragender Bedeutung leisten. Gestützt auf Artikel 9 Absatz 2 des 10

SR ...; BBl 2007 4847

6843

Kulturförderungsgesetzes könnte der Bund auch Beiträge an Initiativen zur Sammlungskoordination zwischen den Kantonen und dem Bund ausrichten.

Art. 2

Ziele

Die Bestimmung erwähnt die wichtigsten Ziele der Museumspolitik des Bundes. Zu den Zielen gehört namentlich: Erhalt des kulturellen Erbes (Bst. a), erfolgreiche Positionierung und Vermittlungstätigkeit der Museen und Sammlungen des Bundes (Bst. b und c), Verbesserung der Zusammenarbeit in der Schweizer Museumslandschaft (Bst. d) sowie fachliche Unterstützung von Drittmuseen (Bst. e). Die Aufzählung ist nicht abschliessend. Als weiteres Element kann beispielsweise der Beitrag der Museen und Sammlungen des Bundes zu einem attraktiven Wirtschafts- und Tourismusstandort Schweiz erwähnt werden.

Artikel 2 wurde in der Vernehmlassung als zu unpräzise kritisiert. Dieser Kritik ist entgegenzuhalten, dass die Zielnorm eines Bundesgesetzes keine selbständige normative Geltung hat. Sie dient erstens als Orientierung über die Stossrichtung der Regelungsvorlage und zweitens als Auslegungshilfe für die nachfolgenden Bestimmungen. Artikel 2 erhält durch die Bestimmung zu den Aufgaben der Museen und Sammlungen des Bundes eine erste Präzisierung (Art. 4). Die weitere Umsetzung und Konkretisierung erfolgt durch die in Artikel 4 Absätze 2 und 3 erwähnten Instrumente (vgl. auch Erläuterungen zu Art. 4).

Art. 3

Begriffe

Bst. a Als Museum des Bundes im Sinne des Gesetzes gilt ein Museum, das organisatorisch zur zentralen oder dezentralen Bundesverwaltung gehört. Die Terminologie folgt dabei dem Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 199711 (RVOG) und der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 199812 (RVOV). Nicht in den Geltungsbereich des Gesetzes fallen Museen und Sammlungen Dritter, die der Bund durch Finanzhilfen unterstützt.

Bst. b Zu einer Sammlung im Sinne des Gesetzes gehören nur bewegliche Kulturgüter, die im Eigentum des Bundes oder einer Einheit der dezentralen Bundesverwaltung stehen. Nicht erfasst sind somit insbesondere Sammlungen oder einzelne Kulturgüter, die der Bund von Dritten ausgeliehen hat.

Art. 4

Aufgaben der Museen und Sammlungen des Bundes

Abs. 1 Die Museen und Sammlungen des Bundes sollen einen Gesamtauftrag erhalten, der für sämtliche Institutionen verbindlich ist. Die Aufzählung der einzelnen Aufgaben in Artikel 4 Absatz 1 basiert auf den klassischen Museums- und Sammlungstätigkeiten, wie sie namentlich in den Statuten des International Council of Museums

11 12

SR 172.010 SR 172.010.1

6844

(ICOM) festgehalten sind. Die Tätigkeiten lassen sich grob in die vier Kategorien Sammeln, Bewahren, Forschen und Vermitteln einordnen.

Der Grundauftrag nach Artikel 4 Absatz 1 setzt für die einzelnen der vorerwähnten vier Kategorien gewisse Schwerpunkte, welche die Museen und Sammlungen des Bundes bei ihrer Tätigkeit zu berücksichtigen haben: So ist beispielsweise im Sammlungsbereich die Zusammenarbeit der Museen und Sammlungen des Bundes untereinander sowie mit anderen Museen und Sammlungen in der Schweiz zentral: Es ist nicht bekannt, wie viele Sammlungen von beweglichem Kulturgut es in der Schweiz gibt. Es sind wohl mehrere Tausend. Bis anhin fand zwischen den verschiedenen Sammlungsträgern der Museumslandschaft Schweiz kein zureichender Informationsaustausch statt. Dies gilt teilweise sogar für die Sammlungsträger des Bundes. Aufgrund der hohen Anzahl Museen und Sammlungen in der Schweiz sowie der fehlenden Sammlungskoordination besteht ein erhebliches Risiko von Doppelspurigkeiten und Lücken im Schweizer Patrimonium.

Der Bund will deshalb seine eigenen Museen und Sammlungen verpflichten, schriftliche Sammlungskonzepte zu erarbeiten und diese mit Dritten abzustimmen, die in denselben Sammlungsbereichen aktiv sind (Bst. b).

Im Weiteren ist namentlich ein Akzent auf den Zugang des Publikums zur Kultur zu setzen (Bst. e). Dies kann beispielsweise durch spezielle Veranstaltungen, etwa für Kinder und Jugendliche, geschehen.

Zu den in Buchstabe f erwähnten Dienstleistungen für Drittmuseen ist festzuhalten, dass diese gegen Entgelt erfolgen (wie auch die Dienstleistungen des SNM nach Art. 8 Abs. 2 Bst. a).

Abs. 2 und 3 Der Gesamtauftrag nach Artikel 4 Absatz 1 kann aus verständlichen Gründen nicht zu stark in die Einzelheiten gehen, da er für sämtliche Museen und Sammlungen des Bundes verbindlich sein soll. In diesem Sinne handelt es sich bei Artikel 4 Absatz 1 um eine Rahmenbestimmung, die konkretisiert werden muss. Dazu sind folgende Instrumente vorgesehen: Der Bundesrat umschreibt die Aufgaben der Museen, die zur dezentralen Bundesverwaltung gehören, und der Sammlungen, die im Eigentum einer Einheit der dezentralen Bundesverwaltung stehen, im Einzelnen. Für die Sammlungen der ETH Zürich wird der Bundesrat die Aufgaben im vierjährlichen Leistungsauftrag an den ETH-Bereich näher umschreiben. Der
ETH-Rat soll anschliessend die Vorgaben des Bundesrats in der Zielvereinbarung mit der ETH Zürich operativ machen. Für das SNM enthält Artikel 7 bereits eine erste Ausführungsbestimmung zum Gesamtauftrag nach Artikel 4 Absatz 1. Eine weitere Präzisierung im Sinne von Artikel 4 Absatz 2 wird durch die Festlegung der strategischen Ziele nach Artikel 22 erfolgen.

Das BAK umschreibt in Zusammenarbeit mit der jeweils betroffenen Verwaltungseinheit (z. B. in Bezug auf historisches Armeematerial mit dem VBS) die Aufgaben der Museen, die zur zentralen Bundesverwaltung gehören, und der Sammlungen, die im Eigentum des Bundes stehen, im Einzelnen. Die Präzisierungen werden durch Konzepte und verbindliche Weisungen der betroffenen Verwaltungseinheit vorgenommen.

6845

Art. 5

Rechtsform

Abs. 1 Das SNM ist als öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit zu konstituieren. Dies entspricht der vom Bundesrat im Corporate-Governance-Bericht vorgesehenen Regellösung für Verselbstständigungen.13 Im Übrigen ist anzumerken, dass es sich bei der Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlichen Stiftungen und Anstalten weitestgehend um eine terminologische Differenz handelt. Für beide Rechtsformen gibt es auf Bundesebene keine allgemeine gesetzliche Regelung.

Entscheidend ist deshalb nicht die Bezeichnung der verselbstständigten Einheit, sondern einzig die konkrete Ausgestaltung im jeweiligen Organisationserlass.

Abs. 2 Das SNM führt eine eigene Rechnung. Diese soll in die vollkonsolidierte Rechnung des Bundes nach Artikel 55 des Finanzhaushaltgesetzes vom 7. Oktober 200514 einbezogen werden. Auf diese Weise wird eine möglichst umfassende Übersicht über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Bundes gewährleistet.

Art. 6

Zusammensetzung

Abs. 1 Das SNM soll aus denjenigen Einzelhäusern der bisherigen MUSEE-SUISSEGruppe bestehen, die klar als kulturhistorische Museen zu qualifizieren sind. Es sind dies: Das Landesmuseum Zürich, das Schloss Prangins und das Forum der Schweizer Geschichte Schwyz. Im Weiteren ist auch das Sammlungszentrum in Affoltern am Albis dem SNM anzugliedern. Diese Zusammensetzung garantiert eine bestmögliche Kohärenz und ermöglicht es dem SNM, ein eigenständiges Profil zu gewinnen (s. auch Art. 7).

Abs. 2 Sollte sich zu einem späteren Zeitpunkt die Erkenntnis durchsetzen, dass ein bestimmtes kulturhistorisches Museum oder eine bestimmte kulturhistorische Sammlung des Bundes besser beim SNM aufgehoben ist, kann der Bundesrat dieses Museum oder diese Sammlung dem SNM nachträglich angliedern.

Art. 7

Aufgaben

Das SNM ist eine ständige, der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung im Dienste der Gesellschaft und derer Entwicklung, die zu Studien-, Bildungs- und Unterhaltungszwecken kulturhistorische Objekte und Materialien sammelt, bewahrt, erforscht, bekannt macht und ausstellt.

Das SNM soll die gesamte in der Schweiz lebende Bevölkerung ansprechen. Es ist ein nationales und internationales Schaufenster zur Kultur und Geschichte des Lebensraumes Schweiz. Das SNM thematisiert als Museum für Kulturgeschichte in seinen Dauer- und Sonderausstellungen die Entwicklungen auf dem Gebiete der heutigen Schweiz von der Ur- und Frühgeschichte bis in die Gegenwart. Es ist 13 14

BBl 2006 8267 f.

SR 611.0

6846

einem weiten Kulturbegriff verpflichtet, der Geschichte, angewandte und bildende Kunst sowie Lebenswelten und Wertsysteme zu einer kulturhistorischen Gesamtschau der Schweiz in ihrem nationalen und internationalen Kontext verbindet.

Das SNM fördert eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Es vermittelt ein offenes Geschichtsbild, das die Identifikation mit der Schweiz und die Partizipation an ihrer zukunftsorientierten Veränderung unterstützt. Das SNM erzählt von der identitätsstiftenden Vielfalt in der Einheit.

Als Kompetenzzentrum soll das SNM sein umfassendes museologisches Fachwissen auch anderen Museen und Sammlungen in der Schweiz zur Verfügung stellen. Zu denken ist dabei namentlich an die Kernkompetenzen im Bereich der Dokumentation sowie der Konservierungs- und Restaurierungsforschung. Soweit die Tätigkeiten des SNM als Kompetenzzentrum einen gewissen Aufwand übersteigen respektive in Konkurrenz zu privaten Anbieterinnen und Anbietern erfolgen, sind die entsprechenden Dienstleistungen kostenpflichtig (s. Art. 8).

Art. 8

Gewerbliche Tätigkeiten

Dieser Artikel regelt die gewerblichen Tätigkeiten des SNM. Die gewerblichen Tätigkeiten sind an folgende Voraussetzungen geknüpft: ­

Enger Zusammenhang mit den Aufgaben des SNM: Es dürfen nur kommerzielle Nebentätigkeiten betrieben werden, die einen engen Zusammenhang zu den gesetzlichen Aufgaben des SNM haben (Abs. 1).

­

Ausschluss der Beeinträchtigung der Aufgabenerfüllung: Das SNM darf sich nicht zu Lasten der Hauptaufgaben zu stark auf die Nebentätigkeiten konzentrieren. Bestünde diese Gefahr, hätte die Aufsichtsbehörde aufsichtsrechtlich einzuschreiten (Abs. 1).

­

Mögliche Nebentätigkeiten: Beispielhaft sind in Absatz 2 mögliche Nebentätigkeiten aufgezählt. Das SNM kann kostenpflichtige Dienstleistungen für die zahlreichen kleineren und mittleren Museen in der Schweiz erbringen, für deren punktuelle Bedürfnisse namentlich im Bereich des Sammlungsaufbaus und des Sammlungsunterhalts kein adäquates Angebot existiert.

Sodann müssen die Museen heute, um attraktiv zu sein, ein Bündel von Dienstleistungen wie Museumsshops und Verpflegungsstätten anbieten können. Schliesslich verfügt das SNM über attraktive Gebäude und Räumlichkeiten, deren Ambiance sich für vielfältige Veranstaltungen (Konzerte, Filmaufnahmen, Geschäftsessen) eignen. Leihgaben an Dritte werden ­ Gegenrecht vorausgesetzt ­ zum Selbstkostenpreis abgewickelt.

­

Grundsatz der Wettbewerbsneutralität: Das SNM muss für seine gewerblichen Tätigkeiten markkonforme Preise verlangen. Eine Quersubventionierung durch Mittel des Bundes ist nicht erlaubt. Als Kontrollinstrument dient die Vorgabe zum betrieblichen Rechnungswesen, die eine strikte Trennung der verschiedenen Bereiche verlangt (Abs. 3). Damit lassen sich die Kosten und Erträge der einzelnen Dienstleistungen nachweisen und allfällige Verbilligungen durch Mittel aus der Abgeltung des Bundes feststellen. Zusätzlich wird das Nationalmuseum bei der Erbringung kommerzieller Nebentätigkeiten denselben Regeln wie private Anbieterinnen und Anbieter unterstellt (Abs. 4).

6847

Art. 9

Rechtsverhältnisse

Gemäss Artikel 9 handelt das SNM gegenüber seinen Vertragspartnern und Kunden grundsätzlich privatrechtlich. Vorbehalten sind die Rechtsbeziehungen, für die im vorliegenden Gesetz ausdrücklich das öffentliche Recht vorgesehen wird, wie namentlich der öffentlich-rechtliche Vertrag zwischen dem Bund und dem SNM betreffend die Liegenschaftsnutzung (s. Art. 16 Abs. 3).

Art. 10

Organe

Das SNM wird durch die beiden Organe Museumsrat und Geschäftsleitung geführt und durch eine Revisionsstelle geprüft. Dies entspricht der üblichen Organbestellung bei verselbstständigten Einheiten des Bundes.

Die gesetzliche Treuepflicht nach Absatz 2 für die Mitglieder des Museumsrats sowie der Geschäftsleitung soll die Integrität der verselbstständigten Einheit und ihrer Organe stärken und allfällige Schäden verhindern.

Art. 11

Museumsrat

Abs. 1 Die Mitgliederzahl des Museumsrats wird auf sieben bis neun Mitglieder festgesetzt.

Angesichts der Beschränkung der Aufgaben des Museumsrats auf die strategische Leitung des SNM, ist die vorgesehene Mitgliederzahl angemessen. Der Museumsrat soll aus fachkundigen Mitgliedern bestehen. Das Anforderungsprofil hat der strategischen Ausrichtung des Museumsrats zu entsprechen. Deshalb ist der Museumsrat mit Persönlichkeiten zu besetzen, die einerseits über Erfahrung im kulturpolitischen Umfeld und andererseits über ausgewiesene Kenntnisse in der Beaufsichtigung von Exekutivorganen respektive im Management von Organisationen verfügen. Eine Vertretung der Bundesverwaltung oder der Standortkantone und Standortgemeinden im Museumsrat ist nicht vorgesehen.

Abs. 2 Die Wahl des Museumsrats durch den Bundesrat entspricht den Vorgaben des Corporate-Governance-Berichts und der gebräuchlichen Regelung bei dezentralen Verwaltungseinheiten des Bundes (s. beispielsweise Art. 22 des Exportrisikoversicherungsgesetzes vom 16. Dezember 200515).

Bei der Wahl des Museumsrats wird der Bundesrat nach Möglichkeit auf eine ausgewogene Vertretung der Landesteile, der Geschlechter, der Sprachen und der Altersgruppen achten. Diese zusätzlichen Auswahlkriterien sind jedoch neben dem Erfordernis der Fachkunde sekundärer Natur. Stehen nicht genügend fachkundige Kandidatinnen oder Kandidaten zur Auswahl, ist in Kauf zu nehmen, dass die zusätzlichen Auswahlkriterien während einer bestimmten Amtsdauer nicht angemessen zum Tragen kommen.

Die vorgesehene Amtsdauer des Museumsrats von vier Jahren steht in Übereinstimmung mit Artikel 14 der Kommissionenverordnung vom 3. Juni 199616.

15 16

SR 946.10 SR 172.31

6848

Abs. 3 Absatz 3 erwähnt die Möglichkeit, Mitglieder des Museumsrats, auch während der Amtsdauer, aus wichtigen Gründen abzuberufen. Eine Abberufung kommt namentlich in Frage, wenn ein Mitglied die Voraussetzungen für die Ausübung des Amtes nicht mehr erfüllen oder eine schwere Pflichtverletzung begangen hat.

Abs. 4 Der Museumsrat ist das strategische Leitungsorgan des Schweizerischen Nationalmuseums. Er trifft die Entscheide gemäss den Buchstaben a-h.

Bst. a Die strategischen Ziele des SNM werden nach Artikel 22 Absatz 1 vom Bundesrat jeweils für vier Jahre festgesetzt. Der Museumsrat sorgt für die Umsetzung der strategischen Ziele. Die unternehmensseitige Umsetzung der strategischen Ziele erfolgt unter anderem durch Bestimmungen in der Geschäftsordnung, die vom Museumsrat erlassen wird (s. Bst. h).

Bst. b Der Museumsrat verabschiedet das Budget. Er wird festlegen, welche Angaben er von der Geschäftsleitung zur Verabschiedung des Budgets benötigt.

Bst. c Der Museumsrat nimmt jährlich den Geschäftsbericht des SNM ab und unterbreitet ihn vor seiner Veröffentlichung dem Bundesrat zur Genehmigung. Der Bundesrat könnte die Genehmigung verweigern, wenn er mit grundlegenden Punkten der Berichterstattung nicht einverstanden ist. Der Inhalt richtet sich sinngemäss nach dem Obligationenrecht (Art. 662 OR17). Der Geschäftsbericht enthält einerseits Angaben zur Aufgabenerfüllung im abgelaufenen Geschäftsjahr. Damit kommt ihm der Charakter eines Rechenschaftsberichts zu. Anderseits sind namentlich statistische Angaben sowie die Jahresrechnung Bestandteile des Geschäftsberichts.

Bst. d Der Museumsrat ernennt die Direktorin oder den Direktor. Die Wahl sowie eine allfällige Auflösung des Arbeitsverhältnisses unterstehen der Genehmigung durch den Bundesrat.

Bst. e Der Museumsrat legt die Grösse der Geschäftsleitung fest und ernennt auf Antrag der Direktorin oder des Direktors deren Mitglieder. Entsprechend ist der Museumsrat auch zuständig, Mitglieder der Geschäftsleitung abzusetzen, sofern sich dies als notwendig erweist.

Bst. f Der Museumsrat übt auch Kontrollfunktionen aus. Als Gegengewicht zur starken Stellung der Geschäftsleitung überwacht er deren Geschäftsführung. Der Museumsrat hat die Einhaltung der Geschäftsordnung zu überprüfen, Missstände aufzuspüren und in der Folge deren Beseitigung anzuordnen. Erkennt der Museumsrat gravie-

17

SR 220

6849

rende Probleme in der Organisation oder Führung des SNM und ist die Geschäftsleitung ausserstand, sie zu beheben, muss er entsprechend einschreiten.

Bst. g Gemäss Artikel 14 Absatz 1 untersteht das Arbeitsverhältnis des Personals des SNM dem Bundespersonalgesetz (BPG). Der Museumsrat wird gestützt auf Artikel 37 Absatz 3 BPG die Ausführungsbestimmungen zum BPG in einem Personalreglement festlegen. Dieses ist vom Bundesrat zu genehmigen.

Bst. h Im vorliegenden Entwurf sind nur die grundlegenden organisatorischen Rahmenbedingungen des SNM festgelegt. Es verfügt damit über eine weitgehende Organisationsautonomie. Eine der Hauptkompetenzen des Museumsrats ist die detaillierte Regelung der Organisation in der Geschäftsordnung. Darin wird beispielsweise zu regeln sein, ob das Sammlungskonzept des SNM von der gesamten Geschäftsleitung oder nur von der Direktorin oder dem Direktor zu genehmigen ist.

Art. 12

Geschäftsleitung

Abs. 1 Die Geschäftsleitung ist das operative Organ des SNM. Sie erfüllt alle Aufgaben, die keinem anderen Organ zugewiesen sind.

Abs. 2 Die Direktorin oder der Direktor steht der Geschäftsleitung des SNM vor. Sie oder er ist für die operationelle Führung verantwortlich, stellt das Personal an und vertritt das SNM gegen aussen. Die weiteren Kompetenzen ergeben sich aus der Geschäftsordnung (s. Abs. 3).

Abs. 3 Die Geschäftsordnung regelt die Einzelheiten in Bezug auf die Aufgaben und Kompetenzen der Geschäftsleitung und der Direktorin oder des Direktors.

Art. 13

Revisionsstelle

Die Revisionsstelle wird vom Bundesrat gewählt und kann von diesem aus wichtigen Gründen abberufen werden. Wie im Corporate-Governance-Bericht vorgesehen18, richtet sich der Prüfauftrag der Revisionsstelle, ihre Stellung, Befähigung, Unabhängigkeit, Amtsdauer und Berichterstattung sinngemäss nach den Artikeln 727­731a des Obligationenrechts.19 Die Berichterstattung der Revisionsstelle erfolgt jedoch, anders als bei Aktiengesellschaften, an den Museumsrat und an den Bundesrat.

18 19

BBl 2006 8270 SR 220; BBl 2005 7289

6850

Art. 14

Personal

Abs. 1 Das Arbeitsverhältnis des Personals des SNM untersteht wie bisher dem Bundespersonalgesetz. Diese öffentlich-rechtliche Lösung trägt unter anderem den parlamentarischen Diskussionen von Sommer 2007 zum Personalstatus der Angestellten der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) sowie des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI) Rechnung.

Das SNM ist sowohl für sein aktives Personal wie auch für seine bisherigen Rentenbezügerinnen und -bezüger die zuständige Arbeitgeberin (Art. 32b Abs. 2 BPG respektive Art. 3 Bst. c des Bundesgesetzes vom 23. Juni 200020 über die Pensionskasse des Bundes).

Abs. 2 Das Personal des SNM soll bei der Pensionskasse des Bundes versichert werden. Es besteht eine Anschlusspflicht. Ein Austritt aus der Pensionskasse des Bundes ist damit spezialgesetzlich ausgeschlossen. Dies rechtfertigt sich, da das SNM mehrheitlich vom Bund finanziert wird.

Art. 15

Sammlungsgegenstände

Abs. 1 Die von der bisherigen MUSEE-SUISSE-Gruppe betreute Sammlung steht mehrheitlich im Eigentum des Bundes. Daneben verfügt die bisherige MUSEE-SUISSEGruppe aber auch über zahlreiche Deposita aus den Kantonen und von Dritten. Nach Artikel 15 Absatz 1 soll das SNM vom Bund die Sammlungsgegenstände der heutigen MUSEE-SUISSE-Gruppe zur Nutzniessung in sinngemässer Anwendung der Artikel 745 ff. Zivilgesetzbuch (ZGB)21 übertragen erhalten. Mitübertragen werden ebenfalls die mit den Sammlungsgegenständen verbunden Immaterialgüterrechte (Urheberrechte) respektive deren Nutzungsbefugnis, soweit diese Rechte überhaupt beim Bund liegen. Vorbehalten bleiben die Sammlungsgegenstände des Bundes, die vertraglich oder thematisch zum Museum für Musikautomaten Seewen gehören oder von diesem seit Jahren betreut werden. Für diese Sammlungsgegenstände ­ namentlich Musikautomaten, Phonographen und Grammophone ­ wird eine Inventarliste erstellt und vom Bundesrat genehmigt (Art. 27 Abs. 2 Bst. b).

Abs. 3 Neue Sammlungsgegenstände, die das SNM erwirbt (Kauf, Schenkung usw.), stehen von Gesetzes wegen im Eigentum des Bundes und werden dem SNM zur Nutzniessung übertragen.

Abs. 4 Die Sammlungsgegenstände des Bundes, an denen das SNM eine Nutzniessung erhalten soll, werden von diesem im Einvernehmen mit der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) nur ausnahmsweise privat versichert. Das SNM verfügt über ein umfassendes Dispositiv zur Verhinderung von Schäden an Sammlungs20 21

SR 172.222.0 SR 210

6851

gegenständen (Überwachungsmassnahmen, Feuerschutz, spezielle Transporte usw.).

In den letzten Jahrzehnten ist kein einziger grösserer Schadenfall eingetreten. Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich, die Sammlungsgegenstände des Bundes in der Regel nicht zu versichern. Im Übrigen könnte der kulturhistorische Verlust im Falle eines Totalschadens an einem Sammlungsobjekt des Bundes auch kaum durch eine Versicherungsleistung in Geld aufgewogen werden.

Bei Leihgaben anderer Institutionen an das SNM bestehen die Leihgeber in aller Regel auf einem umfassenden Versicherungsschutz ihrer Leihobjekte. Für solche Objekte ist vorgesehen, dass das SNM die Leihgaben vollumfänglich oder bis zu einer gewissen Versicherungssumme privat versichert. Der Bund kann das Risiko aber auch vollumfänglich oder bei einer teilweisen Versicherungsdeckung im Umfang der Differenz zwischen der Privatversicherungssumme und dem Verkehrswert der Leihgaben übernehmen, wenn dies für den Bund insgesamt vorteilhafter erscheint. Da das Budget des SNM auch in Zukunft überwiegend durch den Bund finanziert wird, ist der Abschluss einer Privatversicherung durch das SNM für den Bund grundsätzlich nur vorteilhafter, falls ein erhebliches Schadensrisiko besteht (etwa bei besonders fragilen Objekten oder bei gefährlichen Transportrouten). Die Einzelheiten werden in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen dem Bund und dem SNM festgelegt (s. Abs. 5).

Abs. 5 Die Einzelheiten in Bezug auf die Sammlungsgegenstände werden in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen dem Bund, vertreten durch das BAK, und dem SNM festgelegt. Die Einzelheiten in Bezug auf die Versicherung von Sammlungsgegenständen werden ebenfalls in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen dem Bund, vertreten durch die EFV, und dem SNM festgelegt.

Art. 16

Liegenschaften

Die Museumsliegenschaften des Bundes in Zürich, Prangins, Schwyz und Affoltern am Albis (Sammlungszentrum) sollen dem SNM vom Bund zur Nutzniessung in sinngemässer Anwendung der Artikel 745 ff. ZGB22 übertragen werden. Die Unterhaltspflicht verbleibt beim Bund. Das SNM wird dem Bund für die Nutzung der Liegenschaften eine angemessene Abgeltung bezahlen. Die Abgeltung wird mit den Beiträgen des Bundes an das SNM verrechnet. Die Begründung der Nutzniessung und die Einzelheiten der Liegenschaftsnutzung werden in einem öffentlichrechtlichen Vertrag zwischen dem Bund, vertreten durch das Bundesamt für Bauten und Logistik, und dem SNM festgelegt.

Art. 17

Finanzierung

Abs. 1 In Zukunft soll das Parlament alle vier Jahre einen Zahlungsrahmen für die Tätigkeit des SNM festlegen. Grundlage für den Zahlungsrahmen bildet eine Finanzierungsbotschaft, welche die gesamte Tätigkeit des BAK, der Pro Helvetia und des SNM umfasst. In dieser Finanzierungsbotschaft wird der Bundesrat die Schwerpunkte der Tätigkeit der drei Bereiche für die jeweils nächsten vier Jahre darlegen. Gestützt auf 22

SR 210

6852

Artikel 25 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200223 wird das Parlament die Möglichkeit haben, die Schwerpunkte mit spezifischen Kreditbeschlüssen zu versehen. Im Rahmen der nach Artikel 24 Absatz 3 Buchstabe b des Kulturförderungsgesetzes bewilligten Kredite werden dem SNM jährliche Beiträge ausbezahlt. Im Weiteren wird das SNM auch in die im Kulturförderungsgesetz vorgesehene Kulturstatistik und Kulturevaluation einzubeziehen sein.

Abs. 2 Der Eigenfinanzierungsgrad der MUSEE-SUISSE-Gruppe beträgt bisher, berechnet auf der Grundlage der selbst erwirtschafteten Mittel sowie der Zuschussfinanzierung durch Spenden und öffentliche Beiträge an die Gesamteinnahmen, gerade einmal 5,6%.24 Dies liegt deutlich unter dem Durchschnitt der historischen Museen in der Schweiz. Der Bundesrat erwartet vom SNM eine Erhöhung des Eigenfinanzierungsgrades. Zu dessen Steigerung sind die Instrumente nach Absatz 2 verstärkt zu aktivieren (Einnahmen aus gewerblichen Tätigkeiten, Sponsoring usw.).

Art. 18

Tresorerie

Das SNM schliesst sich für die Verwaltung seiner liquiden Mittel der zentralen Tresorerie des Bundes an. Zur Gewährleistung der Zahlungsbereitschaft kann der Bund das SNM mit Fremdkapital versorgen. Abgewickelt werden solche Darlehen über ein Kontokorrent beim Bund. Im Gegenzug legt das SNM seine überschüssigen Gelder beim Bund an. Auf diesen Geldern bezahlt ihr der Bund marktkonforme Zinsen. Die Einzelheiten werden in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen dem Bund, vertreten durch die EFV, und dem SNM festgelegt.

Art. 19

Rechnungslegung

Die Rechnungslegung des SNM hat die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend vollständig darzustellen. Dabei folgt das SNM den allgemeinen Grundsätzen der Wesentlichkeit, Verständlichkeit, Stetigkeit und Bruttodarstellung und orientiert sich an allgemein anerkannten Standards. Der Museumsrat wird unter Berücksichtigung dieser Grundsätze den Rechnungslegungsstandard bestimmen. Das angewendete Regelwerk ist offenzulegen.

Art. 20

Steuern

In Übereinstimmung mit Artikel 62d RVOG wird das SNM im Rahmen seiner nichtgewerblichen Tätigkeiten von jeder Besteuerung durch die Kantone und Gemeinden befreit.

Für die Besteuerung durch den Bund gilt Folgendes: Sofern das SNM eine Dienstleistungstätigkeit im Wettbewerb mit privaten Anbieterinnen und Anbietern erbringt, wie beispielsweise die Restaurierung von Kulturgütern für Dritte, unterliegt es der Mehrwertsteuerpflicht. Der Gesetzgeber hat überdies darauf verzichtet, den Bund und seine verselbstständigten Betriebe von der subjektiven Steuerpflicht der Verrechnungssteuer sowie den Stempelabgaben zu befreien, weshalb auch diese Steuern von der Steuerbefreiung ausgenommen sind.

23 24

SR 171.10 Basis: Geschäftsjahr 2006.

6853

Für Gewinne aus gewerblichen Tätigkeiten nach Artikel 8 ist das SNM steuerpflichtig.

Art. 21

Aufsicht

Gemäss Artikel 8 Absatz 4 RVOG beaufsichtigt grundsätzlich der Bundesrat die dezentralisierten Verwaltungseinheiten. Entsprechend dieser Bestimmung soll die Aufsicht über das SNM beim Bundesrat liegen. Der Bundesrat kann im Rahmen seiner Organisationskompetenz regeln, wie er diese Aufsichtsfunktion wahrnehmen will (Art. 24 RVOG). Er kann seine Aufsichtsaufgabe namentlich ganz oder teilweise an das EDI delegieren. Eine solche Delegation wird insbesondere für die jährliche Genehmigung des Geschäftsberichts des SNM zu prüfen sein.

Der Bundesrat übt seine Aufsichtsfunktion insbesondere durch die Wahl des Museumsrats und von dessen Präsidentin oder Präsidenten, die Genehmigung des Geschäftsberichts und des Personalreglements sowie durch die Entlastung des Museumsrats aus.

Zur Ausübung seiner Aufsicht stehen dem Bundesrat folgende Instrumente zur Verfügung: die Berichterstattung des Museumsrats über die Erreichung der strategischen Ziele, der Geschäftsbericht, der Bericht der Revisionsstelle und die Berichterstattung der Eidgenössischen Finanzkontrolle über allenfalls im Berichtsjahr durchgeführte Prüfungen.

Bei tatsächlichen oder sich abzeichnenden Fehlentwicklungen, die im Rahmen der Aufsicht festgestellt werden, kann der Bundesrat die folgenden Massnahmen ergreifen: Änderung der strategischen Ziele, Verweigerung der Genehmigung des Geschäftsberichts, Verweigerung der Entlastung des Museumsrats, Abberufung von Mitgliedern des Museumsrats während der Amtsdauer und Verantwortlichkeitsansprüche gegenüber Anstaltsorganen.

Die Oberaufsicht über das SNM liegt bei den eidgenössischen Räten. Dies ergibt sich bereits aus Artikel 169 der Bundesverfassung (BV)25 sowie aus den Bestimmungen des Parlamentsgesetzes. Beim SNM wird es in erster Linie darum gehen zu prüfen, ob der Bundesrat seine Interessen als Eigner beziehungsweise die ihm zugewiesenen Aufgaben und Funktionen korrekt wahrnimmt (indirekte Oberaufsicht). Im Weiteren ist die Eidgenössische Finanzkontrolle unabhängig von der Wahl der Revisionsstelle für die Finanzaufsicht zuständig.

Art. 22

Strategische Ziele

Abs. 1 Der Bundesrat führt das SNM inhaltlich über strategische Ziele, die für jeweils vier Jahre festgelegt werden. Über die strategischen Ziele wird der Bundesrat dem SNM gewisse unternehmens- und aufgabenbezogene Vorgaben machen und diese Vorgaben mit Wirkungsindikatoren versehen. Die aufgabenbezogenen Vorgaben konkretisieren die gesetzlich festgelegten Aufgaben (s. Art. 4 Abs. 2 und Art. 7). Im Weiteren können die strategischen Ziele einzelne Tätigkeitsschwerpunkte aus der Finanzierungsbotschaft präzisieren (s. Art. 17 Abs. 1).

25

SR 101

6854

Der Museumsrat wird in die Erarbeitung der strategischen Ziele des Bundesrats einbezogen. In der Praxis wird der Museumsrat dem BAK erste Vorschläge für die strategischen Ziele der jeweiligen Vierjahresperiode unterbreiten. Die Vorschläge werden anschliessend zwischen dem BAK und dem Museumsrat bereinigt und dem Bundesrat zur Verabschiedung unterbreitet.

Die strategischen Ziele werden nach ihrer Festlegung durch den Bundesrat im Bundesblatt publiziert.

Abs. 2 Die Erreichung der strategischen Ziele wird vom Bundesrat jährlich geprüft. Grundlage der Prüfung bildet der Bericht des Museumsrats über die Erreichung der strategischen Ziele. Sofern der Bundesrat zusätzliche Informationen benötigt, hat er gestützt auf seine Aufsichtsfunktion nach Artikel 21 ein umfassendes Einsichtsrecht und kann vom SNM zusätzliche Abklärungen und Informationen verlangen.

Art. 23

Aufgaben

Die übrigen Museen und Sammlungen des Bundes erfüllen den Auftrag nach Artikel 4 in den vom SNM nicht abgedeckten Bereichen. Die Präzisierung des Auftrags erfolgt durch den Bundesrat respektive das BAK in Zusammenarbeit mit der jeweils betroffenen Verwaltungseinheit (vgl. Erläuterungen zu Art. 4 Abs. 2 und 3). Ziel ist es, die verschiedenen Tätigkeiten der Museen und Sammlungen des Bundes besser aufeinander abzustimmen. Für die Kunstmuseen und Kunstsammlungen des BAK wird im Weiteren eine verstärkte regionale Verankerung angestrebt (s. Ziff. 1.3.4.2).

Art. 24

Übertragung auf Dritte und Verwaltung durch Dritte

Gestützt auf diese Bestimmung kann der Bundesrat insbesondere die Schlossdomäne Wildegg auf einen neue Rechtsträger übertragen, sofern die diesbezüglichen Gespräche mit dem Kanton Aargau erfolgreich verlaufen (s. Ziff. 1.3.4.1). Es wird auch möglich, die Verwaltung von Sammlungen an Dritte zu übertragen oder Partnerschaften mit andern Museums- und Sammlungsträgern einzugehen.

Art. 25

Aufhebung bisherigen Rechts

Mit Inkrafttreten des vorgeschlagenen Bundesgesetzes werden das geltende Bundesgesetz vom 27. Juni 1890 über die Errichtung eines Schweizerischen Landesmuseums sowie zwei Bundesbeschlüsse aus den Jahren 1902 und 1970 aufgehoben.

Art. 26

Änderung des bisherigen Rechts

Auf das SNM soll das Bundesgesetz vom 16. Dezember 199426 über das öffentliche Beschaffungswesen Anwendung finden. Zu diesem Zweck ist das Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen zu ergänzen.

26

SR 172.056.1

6855

Art. 27

Errichtung des Schweizerischen Nationalmuseums

Die Bestimmung regelt verschiedene Modalitäten zur Errichtung des SNM und zum Übergang von Werten, Rechten und Pflichten von der bisherigen MUSEE-SUISSEGruppe auf das SNM.

Art. 28

Übergang der Arbeitsverhältnisse

Die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Museen und des Sammlungszentrums nach Artikel 6 Absatz 1 gehen im Zeitpunkt, in dem SNM Rechtspersönlichkeit erlangt, auf dieses über.

Art. 29

Zuständige Arbeitgeberin

Diese Norm stellt klar, dass das SNM zuständige Arbeitgeberin für alle bisherigen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenbezügerinnen und -bezüger wird, die bis anhin den Museen und dem Sammlungszentrum der MUSEE-SUISSE-Gruppe zugeordnet waren. Gleiches gilt für Invalidisierungen, die nach Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzes erfolgen. Artikel 29 entspricht der Lösung, welche die Bundesversammlung im Bundesgesetz vom 20. Dezember 200627 über die Pensionskasse des Bundes festgelegt hat.

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

Die Gründung des SNM sowie die übrigen in der Vorlage vorgesehenen Massnahmen sind für den Bund haushaltneutral: Für die Gründung des SNM sind verschiedene administrative Vorkehrungen zu treffen: So wird das SNM öffentlich-rechtliche Verträge mit verschiedenen Bundesämtern in Bezug auf die Liegenschaften, die Sammlungen, die Versicherung der Kulturgüter sowie die Verwaltung der liquiden Mittel abschliessen (vgl. Art. 15, 16 und 18). Im Weiteren wird ein Inventar derjenigen Sammlungsgegenstände zu erstellen sein, die dem Museum für Musikautomaten Seewen zur Nutzniessung übertragen werden sollen (Art. 27 Abs. 2 Bst. b). Alle diese Vorbereitungsarbeiten können mit den bestehenden Personalressourcen erledigt werden und verursachen auch sonst keine Zusatzkosten. Die Leistungen, welche verschiedene Ressourcenund Querschnittsämter der Bundesverwaltung bisher für die MUSEE-SUISSEGruppe erbracht haben (namentlich Informatik-, Telefon-, Unterhalts- und Liegenschaftskosten) werden zusammen mit den entsprechenden Krediten auf das SNM zu übertragen sein.

Auch in Bezug auf die Umsetzung des Gesamtauftrages nach Artikel 4 für die Museen und Sammlungen des Bundes, welche nicht zum SNM gehören, verursacht die Vorlage keine Mehrkosten: Der Bundesrat respektive das BAK in Zusammenarbeit mit den betroffenen Verwaltungseinheiten werden den Gesamtauftrag für die einzelnen Museen und Sammlungen präzisieren. Weitere direkte Konsequenzen hat die Vorlage nicht.

27

BBl 2007 21 (Ablauf der Referendumsfrist: 13. April 2007).

6856

In personeller Hinsicht ist vorgesehen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des SNM weiterhin der Gesetzgebung über das Bundespersonal unterstehen. Ein Mehrbedarf an Personal ergibt sich für den Bund durch die Vorlage nicht.

Obwohl die Vorlage unmittelbar zu keinen Mehrkosten führt, besteht mittelfristig insbesondere für das SNM ein noch nicht bezifferbarer finanzieller Mehrbedarf (Erneuerung der Dauerausstellungen, Bespielung des Erweiterungsbaus, Positionierung des Sammlungszentrums als nationales Kompetenzzentrum und Aufwertung des Schloss Prangins). Die dafür benötigten Mittel können voraussichtlich nicht ausschliesslich durch die Übertragung von Bundesmuseen auf neue Träger (Schlossdomäne Wildegg) und eine Steigerung des Eigenfinanzierungsgrades gedeckt werden. Der Bundesrat wird dem Parlament im Rahmen der Finanzierungsbotschaft zum Kulturförderungsgesetz (vgl. Art. 17), in welcher die Prioritäten der Kulturförderung des Bundes für eine jeweils vierjährige Beitragsperiode dargestellt werden, einen Zahlungsrahmen für das SNM beantragen.

3.2

Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden

Gemäss Vorlage soll die Schlossdomäne Wildegg möglicherweise auf den Kanton Aargau übertragen werden. Im Weiteren soll die Zusammenarbeit zwischen den Museumsträgern auf allen Ebenen des Bundesstaats in Zukunft verbessert werden.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Errichtung des SNM als selbstständige Anstalt erleichtert die Zusammenarbeit mit dem privaten Sektor und hat somit positive Auswirkungen auf die Volkswirtschaft. Durch das klarere Profil der Museen werden auch die jeweiligen Standorte profitieren.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage wurde bereits im Bericht über die Legislaturplanung 1999­2003 angekündigt.28

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Der Entwurf zum Bundesgesetz über die Museen und Sammlungen des Bundes stützt sich auf Artikel 69 Absatz 2 BV, der dem Bund unter anderem die Kompetenz zur Unterstützung von kulturellen Bestrebungen von gesamtschweizerischem Interesse gibt.

28

BBl 2000 2338

6857

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Vorlage berührt keine internationalen Verpflichtungen der Schweiz.

5.3

Erlassform

Das beantragte Bundesgesetz regelt namentlich die Verselbstständigung der bisherigen MUSEE-SUISSE-Gruppe und enthält somit wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 164 Absatz 1 BV, die in der Form eines Bundesgesetzes zu erlassen sind. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung für den Erlass des Gesetzes ergibt sich aus Artikel 163 Absatz 1 BV (Gesetzgebungskompetenz der Bundesversammlung). Der Erlass unterliegt dem fakultativen Referendum.

5.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Das beantragte Bundesgesetz führt zu keinen Ausgaben und unterliegt somit nicht der Ausgabenbremse.

5.5

Vereinbarkeit mit dem Subventionsgesetz

Die Vorlage enthält keine materiellen Subventionsbestimmungen.

5.6

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Gemäss Artikel 19 Absatz 5 kann der Bundesrat Vorschriften zur Rechnungslegung des SNM erlassen. Ansonsten enthält die Vorlage keine Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen.

6858