07.039 Botschaft zum Bundesbeschluss über die Genehmigung und Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 über biometrische Pässe und Reisedokumente (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands) vom 8. Juni 2007

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren, Wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 über Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands) und die Änderung des Bundesgesetzes über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige und des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

8. Juni 2007

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Micheline Calmy-Rey Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2006-0200

5159

Übersicht Weltweit ist ein Trend hin zur Speicherung von biometrischen Daten in Ausweisschriften feststellbar, um diese gegen Missbräuche und Fälschungen zu schützen und das Reisen zu erleichtern. Die International Civil Aviation Organization (ICAO) empfiehlt die Einführung von biometrischen Daten in Pässen und hat hierzu verbindliche Standards entwickelt. Die Schweiz sowie 26 weitere Länder nehmen am so genannten Visa Waiver Program (VWP) der USA teil. Das VWP erlaubt es Bürgerinnen und Bürgern dieser Länder, ohne Visum für Kurzaufenthalte (90 Tage) in den oder durch die USA zu reisen. Für den Verbleib im VWP verlangen die USA, dass die beteiligten Länder biometrische Pässe ausstellen. Um ohne Visum in die USA reisen zu können, müssen Pässe, die nach dem 25. Oktober 2006 ausgestellt werden, über biometrische Daten verfügen. Am 13. Dezember 2004 hat die EG die Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 über Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten (EG-Ausweisverordnung) verabschiedet und so die Grundlage für die Einführung biometrischer Daten in den Pässen und Reisedokumenten der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) bzw. den Staaten, die durch eines der Schengen-Assoziierungsabkommen gebunden sind (Schengen-Staaten) geschaffen. Ab 28. August 2006 dürfen innerhalb des Schengen-Raums nur noch Pässe und Reisedokumente mit elektronisch gespeicherten und lesbaren biometrischen Daten ausgestellt werden. Vorerst wird dies nur das Gesichtsbild sein, bis zum 28. Juni 2009 müssen auch die Fingerabdrücke aufgenommen werden. Die EG-Ausweisverordnung stellt für die Schweiz eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands dar und ist von dieser zu übernehmen. Nach Inkrafttreten des Schengen-Übereinkommens muss die Schweiz, unter Vorbehalt der Genehmigung der Übernahme, spätestens innerhalb von zwei Jahren biometrische Pässe und Reisedokumente einführen. Nach heutiger Planung soll das Schengen-Übereinkommen 2007 mit der Ratifikation durch die EU in Kraft treten.

Um einerseits die von den USA gesetzte Frist zu wahren und es Bürgerinnen und Bürgern zu ermöglichen, einen biometrischen Pass für USA-Reisen zu erwerben, und andererseits Erfahrungen auf dem Gebiet der Biometrie zu sammeln, werden ab dem 4. September 2006 im Rahmen eines
Pilotprojektes bereits biometrische Pässe ausgestellt.

Das heutige Ausweisgesetz (AwG) trat am 1. Oktober 2002 in Kraft. Mit der vorliegenden Revision soll die gesetzliche Grundlage für die definitive Einführung biometrischer Pässe geschaffen werden. Gestützt auf das AwG wird es möglich sein, sowohl biometrische Pässe als auch biometrische Identitätskarten auszustellen.

Zentral ist die Revision von Art. 2 AwG, welcher den Inhalt des biometrischen Ausweises festhält und nebst der elektronischen Speicherung der bisherigen Daten auch die elektronische Speicherung eines Gesichtsbildes und der Fingerabdrücke auf einem Chip ermöglicht.

5160

Die Übernahme der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands führt dazu, dass die Schweiz biometrische Daten auch in den Reiseausweisen für ausländische Personen einführen muss. Bei den Reisedokumenten für ausländische Personen gelten dieselben technischen Voraussetzungen wie bei den Pässen für Schweizerinnen und Schweizer. Unterschiede ergeben sich in organisatorischer Hinsicht aufgrund verschiedener Zuständigkeitsregeln. Die entsprechenden Änderungen sind im Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer vorgesehen.

5161

Inhaltsverzeichnis Übersicht

5160

Abkürzungsverzeichnis

5165

1 Allgemeiner Teil 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Biometrischer Pass als neue Passart 1.1.2 Empfehlungen der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation 1.1.3 Forderungen der USA 1.1.4 Entwicklungen in der EU 1.1.4.1 Einführung biometrischer Daten 1.1.4.2 Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands 1.2 Vorgehensweise auf Bundesebene 1.2.1 Vorarbeiten 1.2.2 Auswirkungen der Verpflichtung zur Übernahme der Schengen-Weiterentwicklungen 1.2.2.1 Folgen für die laufende Revision des Ausweisgesetzes 1.2.2.2 Folgen für das Ausländerrecht 1.3 Geplante Neuregelung 1.3.1 Ausweisgesetz (AwG) 1.3.2 Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG) 1.4 Ergebnisse der Vorverfahren 1.4.1 Vernehmlassungsverfahren 2005 1.4.2 Vernehmlassungsverfahren 2006 1.4.3 Zusammenfassung der Auswertungen 2005 und 2006 1.4.3.1 Übernahme der EG-Ausweisverordnung 1.4.3.2 Ausweisgesetz (AwG) 1.4.3.3 Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG) 1.4.4 Stellungnahmen zu den Vernehmlassungsergebnissen 1.4.4.1 Ausweisgesetz (AwG) 1.4.4.2 Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG)

5167 5167 5167 5167 5168 5168 5168 5169 5169 5169 5170 5170 5171 5171 5171 5172 5172 5172 5173 5173 5173 5174 5175 5176 5176 5178

2 Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Einführung biometrischer Ausweise 2.1 Ausgangslage 2.2 Inhalt 2.3 Verfahren der Übernahme 2.3.1 Allgemein 2.3.2 Zuständigkeit der Legislative 2.3.3 Zuständigkeit des Bundesrates

5178 5178 5179 5182 5182 5182 5183

3 Umsetzung 3.1 Anpassungen im Ausweisgesetz (AwG) 3.1.1 Allgemeine Bestimmungen 3.1.2 Ausstellung, Ausfertigung, Entzug und Verlust des Ausweises

5184 5184 5184 5186

5162

3.1.3 Datenbearbeitung 3.2 Anpassungen im Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG)

5189 5190

4 Auswirkungen 4.1 Im Bereich biometrischer Pass 4.1.1 Auswirkungen auf den Bund 4.1.1.1 Ausgangslage 4.1.1.2 Umsetzungskosten definitive Einführung biometrischer Pässe 4.1.1.3 Betriebs- und Produktionskosten 4.1.1.4 Personelle Auswirkungen Betrieb 4.1.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden 4.1.3 Berechnung der Passgebühr und der erwarteten Bundeseinnahmen 4.1.4 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 4.2 Im Bereich Reisedokumente für ausländische Personen 4.2.1 Auswirkungen auf den Bund 4.2.1.1 Ausgangslage 4.2.1.2 Umsetzungskosten 4.2.1.3 Personelle Auswirkungen 4.2.1.4 Produktionskosten 4.2.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden 4.2.3 Berechnung der Gebühr 4.2.4 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

5192 5192 5192 5192

5 Verhältnis zur Legislaturplanung

5198

6 Rechtliche Aspekte 6.1 Vereinbarkeit mit der Verfassung und dem internationalen Recht 6.2 Genehmigungsbeschluss 6.3 Erlassform bzw. Umsetzungsgesetzgebung 6.4 Folgen der Nichtrealisierung 6.5 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 6.5.1 Ausweisgesetz 6.5.2 Ausländergesetz

5198 5198 5198 5199 5199 5199 5199 5199

Bundesbeschluss über die Genehmigung und Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 über biometrische Pässe und Reisedokumente (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands) (Entwurf)

5201

Notenaustausch zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 über biometrische Pässe und Reisedokumente (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands)

5209

5192 5194 5194 5195 5195 5196 5196 5196 5196 5197 5197 5197 5197 5197 5198

5163

Notenaustausch zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Entscheidung K (2005) 409 über biometrische Pässe und Reisedokumente (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands)

5211

Notenaustausch zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Entscheidung K (2006) 2909 über biometrische Pässe und Reisedokumente (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands)

5213

5164

Abkürzungsverzeichnis AS AuG AwG BAC BBA BBl BBL BFM BV EAC economiesuisse EDA EG EJPD EU FDP GWK ICAO Infostar ISA ISR

IT jpeg KKJPD MRTDs MRZ PKD PKI RDV RFID

Amtliche Sammlung des Bundesrechts Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (BBl 2005 7365 ff.)

Bundesgesetz vom 22. Juni 2001 über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige (Ausweisgesetz; SR 143.1) Basic Access Control Big Brother Awards (Organisation) Bundesblatt Bundesamt für Bauten und Logistik Bundesamt für Migration Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (SR 101) Extended Access Control Verband der Schweizer Unternehmen Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Europäische Gemeinschaft Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Europäische Union Freisinnig-Demokratische Partei Schweiz Grenzwachtkorps International Civil Aviation Organization elektronisches Personenstandsregister Informationssystem Ausweisschriften (Art. 11 AwG) Informationssystem Reisedokumente (vom BFM geführtes Informationssystem zur Ausstellung von schweizerischen Reisedokumenten und von Rückreisevisa an ausländische Personen; Art. 21 der Verordnung vom 27. Oktober 2004 über die Ausstellung von Reisedokumenten für ausländische Personen [SR 143.5]) Informationstechnologie Joint Photographic Experts Group Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren Maschinenlesbare Reisedokumente (Machine Readable Travel Documents) Maschinenlesbare Zone (Machine Readable Zone) Public Key Directory Public Key Infrastructure Verordnung vom 27. Oktober 2004 über die Ausstellung von Reisedokumenten für ausländische Personen (SR 143.5) Radio Frequency Identification (Funktechnologie)

5165

RVOG SAA SIS II SR SVP USA VawG VIS VKM VKP VWP WSQ

5166

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (SR 172.010) Schengen-Assoziierungsabkommen (BBl 2004 6447 ff.)

Schengener Informationssystem, Zweite Generation Systematische Sammlung des Bundesrechts Schweizerische Volkspartei Vereinigte Staaten von Amerika Verordnung vom 20. September 2002 über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige (Ausweisverordnung; SR 143.11) Visa-Informationssystem Vereinigung der kantonalen Migrationsbehörden Verband der kantonalen Passstellen Visa Waiver Program Wavelet Scalar Quantification (Standardformat und für den Austausch und die Speicherung von Fingerabdruckbildern)

Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Biometrischer Pass als neue Passart

Es ist ein Bestreben der internationalen Gemeinschaft, Pässe und andere Reiseausweise so zu gestalten, dass die Identifikation der Reisenden und damit auch das Reisen erleichtert werden. Gleichzeitig müssen Missbräuche (z.B. durch Fälschungen, Diebstahl eines Ausweises, Gebrauch der Identität einer anderen, ähnlich aussehenden Person) verhindert und bekämpft werden. Angesichts dieser Bestrebungen sowie gestützt auf neue technische Möglichkeiten rückte der so genannte biometrische Pass in den letzten Jahren immer mehr in den Vordergrund. Diese neue Art von Pass ist auch unter der Bezeichnung elektronischer Pass bekannt: Die Daten der Ausweisinhaberin oder des Ausweisinhabers werden auf einem Chip gespeichert und lassen sich mit Hilfe eines Lesegerätes abrufen. Zu diesen Daten gehören die biometrischen Daten wie zum Beispiel die Körpergrösse, ein digitales Gesichtsbild und Fingerabdrücke. Das im Ausweis gespeicherte Gesichtsbild ist dasselbe wie das Bild, welches in den Ausweis eingebracht und von blossem Auge erkennbar ist. Bei der Kontrolle eines solchen Ausweises werden die Daten aus dem Chip ausgelesen und mit dem Gesicht oder den Fingerabdrücken der Person, die den Ausweis vorlegt, elektronisch verglichen.

Biometrische Daten in Ausweisen sind an sich nichts Neues. Längst finden sich in Ausweisen Angaben zur Grösse, das Gesichtsbild oder die Unterschrift. Die Speicherung auf dem Chip gewährleistet im Vergleich zu einem herkömmlichen Ausweis jedoch eine höhere Sicherheit und ermöglicht den elektronischen Vergleich mit den Daten der Inhaberin oder des Inhabers des Ausweises.

1.1.2

Empfehlungen der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation

Die ICAO1, deren Mitglied die Schweiz ist2, legt die Standards für Ausweise fest, die für internationale Reisen verwendet werden, und erlässt entsprechende Empfehlungen. So empfiehlt die ICAO nun auch die Einführung von biometrischen Daten in Pässen. Gleichzeitig legt die ICAO Standards fest, die es bei der Herstellung von biometrischen Pässen oder anderen Ausweisen zu beachten gilt, denn nur so kann die globale Interoperabilität sichergestellt werden. Als verbindliches biometrisches Merkmal bestimmte die ICAO ein elektronisch gespeichertes Gesichtsbild in einem Standardformat (jpeg oder jpeg2000). Als optionale, zusätzliche Merkmale stehen Fingerabdrücke sowie Irisbild3 zur Verfügung. Weiter sind die bereits heute im Pass enthaltenen Daten, wie z.B. Name, Vorname, Geburtsdatum etc., auf dem Chip zu speichern.

1 2 3

International Civil Aviation Organization, ICAO.

Vgl. Übereinkommen über die internationale Zivilluftfahrt, SR 0.748.0.

Es ist kein Staat bekannt, der Irisbilder in Pässen speichert.

5167

Zur Einführung von biometrischen Daten im Pass hat die ICAO eine Empfehlung erlassen, jedoch noch keinen verbindlichen Einführungszeitpunkt festgelegt. Stellt ein Staat biometrische Pässe aus, so müssen jedoch die Standards der ICAO beachtet werden.

1.1.3

Forderungen der USA

Die Schweiz sowie 26 weitere Länder nehmen am so genannten Visa Waiver Program (VWP) der USA teil. Das VWP erlaubt es Bürgerinnen und Bürgern dieser Länder, ohne Visum für Kurzaufenthalte (90 Tage) in oder durch die USA zu reisen.

Für den Verbleib im VWP verlangen die USA, dass die beteiligten Länder biometrische Pässe einführen. Pässe, die nach dem 25. Oktober 2006 ausgestellt werden, müssen über ein elektronisch gespeichertes Gesichtsbild der Inhaberin oder des Inhabers verfügen, damit sie zur visumsfreien Einreise berechtigen.

1.1.4

Entwicklungen in der EU

1.1.4.1

Einführung biometrischer Daten

Am 13. Dezember 2004 hat die EG die Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 über Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten (EG-Ausweisverordnung)4 verabschiedet und so die Grundlage für die Einführung biometrischer Daten in den Pässen und Reisedokumenten der Mitgliedstaaten der EU bzw. der Schengen-Staaten geschaffen. Zentrales Element dieser Verordnung ist, dass in einem ersten Schritt ein Gesichtsbild und in einem zweiten Schritt zwei Fingerabdrücke elektronisch im Pass gespeichert werden müssen. Es gelten die folgenden Einführungstermine: ­

28. August 2006: elektronisch gespeichertes Gesichtsbild;

­

28. Juni 2009: zwei elektronisch gespeicherte Fingerabdrücke.

Die Pflicht zur Aufnahme von biometrischen Daten gilt nur für Pässe und Reisedokumente mit einer Gültigkeitsdauer von mehr als 12 Monaten. Im Gegensatz zur ICAO und den USA hat die EU verschiedene verbindliche Vorgaben zum Schutz der auf dem Chip gespeicherten Daten vor nicht autorisiertem Auslesen festgelegt.

Diese technischen Vorschriften sind in zwei ausführenden Entscheidungen der Kommission enthalten5. Zudem verpflichten die Entscheide der EU die Schweiz, biometrische Daten in von ihr ausgestellten Reisedokumenten für bestimmte ausländische Personen (anerkannte Flüchtlinge und Staatenlose) aufzunehmen.

4 5

ABl L 385 vom 29.12.2004, S. 1.

Entscheidung K(2005) 409 über die technischen Spezifikationen zu Normen und Sicherheitsmerkmalen und biometrischen Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten vom 28. Februar 2005 (Gesichtsbild) und die ergänzende Entscheidung K(2006) 2909 über die technischen Spezifikationen zu Normen und Sicherheitsmerkmalen und biometrischen Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten vom 28. Juni 2006 (ergänzende Bestimmungen in Bezug auf Fingerabdrücke).

5168

1.1.4.2

Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands

Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben am 5. Juni 20056 die bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die Assoziierung an Schengen und Dublin angenommen. Die Assoziierungsabkommen verpflichten die Schweiz, alle Bestimmungen zu übernehmen, die am 26. Oktober 2004 Teil des Schengenund Dublin-Besitzstands waren7. Sie hat sich zudem bereit erklärt, alle späteren Schengen- und Dublin-relevanten Erlasse (Weiterentwicklungen des Schengen- und Dublin-Besitzstands) grundsätzlich zu übernehmen und, soweit erforderlich, in das Schweizer Recht umzusetzen. Die Übernahme erfolgt nach Massgabe eines besonderen Verfahrens unter Wahrung der direktdemokratischen Rechte8.

Die EG-Ausweisverordnung sowie die beiden darauf bezogenen Entscheidungen der Kommission stellen eine solche Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands dar, die ins Schweizer Recht zu übernehmen ist (vgl. nachstehend Ziff. 2.3).

1.2

Vorgehensweise auf Bundesebene

1.2.1

Vorarbeiten

Aufgrund der internationalen Entwicklung hat der Bundesrat am 10. September 2003 beim Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) eine Machbarkeitsstudie zur Einführung von biometrischen Daten in Schweizer Reiseausweisen in Auftrag gegeben und an seiner Sitzung vom 15. September 2004 von den Ergebnissen Kenntnis genommen. Der Bundesrat erachtete aufgrund der internationalen Gegebenheiten die Einführung von biometrischen Daten im Pass als eine Notwendigkeit, um die Reisefreiheit von Schweizer Bürgerinnen und Bürgern zu gewährleisten und den hohen Sicherheitsstandard des Schweizer Passes im internationalen Vergleich aufrechtzuerhalten. Er hat in der Folge das EJPD, insbesondere im Hinblick auf die Forderungen der USA, mit der Einführung von biometrischen Pässen im Rahmen eines auf maximal fünf Jahre befristeten Pilotprojektes sowie der Erarbeitung eines Entwurfs zur Revision des Ausweisgesetzes (AwG)9 beauftragt. Das Pilotprojekt hat zum Zweck, den Verbleib der Schweiz im Visa Waiver Program (VWP) der USA sicherzustellen und die definitive Einführung von biometrischen Pässen vorzubereiten.

Im Juni 2005 hat der Bundesrat eine Vernehmlassung zu den Ergebnissen dieser Arbeiten eröffnet: erstens zur Revision der Verordnung über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige (VAwG)10 für die Ausstellung von biometrischen Pässen ab September 2006 im Rahmen eines Pilotprojektes, zweitens zur Revision des AwG im Hinblick auf die definitive Einführung biometrischer Ausweise. Die in 6

7 8

9 10

Bundesbeschluss vom 17. Dezember 2004 über die Genehmigung und die Umsetzung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die Assoziierung an Schengen und Dublin, BBl 2004 7149.

Für das Schengen-Assoziierungsabkommen vgl. BBl 2004 6458 ff. und 6467 ff.

Vgl. die Botschaft zur Genehmigung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union, einschliesslich der Erlasse zur Umsetzung der Abkommen (Bilaterale II), BBl 2004 5965, 6130 ff.; ebenso die Erwägung 14 der EG-Ausweisverordnung.

Ausweisgesetz, AwG, SR 143.1.

Ausweisverordnung, VAwG, SR 143.11.

5169

die Vernehmlassung geschickten Entwürfe wurden bereits unter Beachtung der Anforderungen und der technischen Normen erstellt, wie sie die EG-Ausweisverordnung und die erste Entscheidung der Kommission statuieren.

Am 17. März 2006 hat der Bundesrat die oben genannte Verordnungsrevision verabschiedet11 und per 4. September 2006 in Kraft gesetzt. Gestützt auf diese Verordnung können im Rahmen des Pilotprojektes biometrische Pässe beantragt und produziert werden. In Bezug auf die Forderungen der USA nach der Einführung von biometrischen Pässen stellt das Pilotprojekt eine Übergangslösung dar.

1.2.2

Auswirkungen der Verpflichtung zur Übernahme der Schengen-Weiterentwicklungen

Mit der Annahme der Abkommen über die Assoziierung der Schweiz an Schengen und Dublin am 5. Juni 2005 durch das Schweizer Volk ergibt sich eine veränderte Situation. Die Schweiz hat nun die EG-Ausweisverordnung sowie die Entscheidungen der Kommission als Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands spätestens innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Schengen-Assoziierungsübereinkommens umzusetzen und biometrische Pässe und Reisedokumente definitiv einzuführen. Die Schweiz hat die Assoziierungsabkommen im März 2006 ratifiziert. Die Ratifikation durch die EU wird für 2007 erwartet. Einen Monat nach der Ratifikation wird das Abkommen in Kraft treten. Dies bedeutet, dass spätestens 2009 die gesetzlichen Grundlagen vorliegen und biometrische Pässe definitiv eingeführt sein müssen. Bei der Planung ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch eine allfällige Referendumsabstimmung durchgeführt werden muss. Der genaue Einführungstermin für biometrische Pässe steht noch nicht fest, er wird jedoch voraussichtlich in der zweiten Hälfte des Jahres 2009 liegen. Da die Schengen-Staaten ab 28. Juni 2009 auch Fingerabdrücke in ihre Pässe aufnehmen müssen, wird der biometrische Schweizer Pass bei seiner definitiven Einführung ein digitales Gesichtsbild sowie zwei Fingerabdrücke enthalten.

1.2.2.1

Folgen für die laufende Revision des Ausweisgesetzes

Da die Vorentwürfe zur Ausweisgesetzgebung bereits unter Berücksichtigung der Voraussetzungen und technischen Normen der EG-Ausweisverordnung vom 13. Dezember 2004 erstellt wurden, können die Arbeiten zur Revision des Ausweisgesetzes inhaltlich wie geplant fortgesetzt werden.

Durch die Pflicht zur definitiven Einführung biometrischer Daten wird die Dauer des Pilotprojekts im Gegensatz zur ursprünglich geplanten Dauer von maximal fünf Jahren zwingend auf rund zweieinhalb bis drei Jahre verkürzt werden.

11

Vgl. AS 2006 2611.

5170

1.2.2.2

Folgen für das Ausländerrecht

Die EG-Ausweisverordnung führt dazu, dass die Schweiz biometrische Daten nicht nur in Schweizer Pässen, sondern auch in den Reisedokumenten für ausländische Personen einführen muss (vgl. hierzu Ziff. 1.3.2).

Die Übernahme und Umsetzung dieser Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands setzt eine Anpassung des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 200512 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG) voraus.

1.3

Geplante Neuregelung

1.3.1

Ausweisgesetz (AwG)

Das heutige AwG trat am 1. Oktober 2002 in Kraft. Mit der vorliegenden Gesetzesrevision sollen alle für die Einführung des biometrischen Passes wesentlichen Punkte geregelt und damit die gesetzlichen Grundlagen für die definitive Einführung von biometrischen Daten in Schweizer Ausweisen geschaffen werden.

Gestützt auf das AwG wird es möglich sein, sowohl Pässe als auch Identitätskarten mit elektronisch gespeicherten biometrischen Daten auszustellen. Derzeit erfolgt die Einführung elektronisch gespeicherter biometrischer Daten nur im Pass. Bereits stellen aber einzelne Länder Identitätskarten mit biometrischen Daten aus (z.B.

Schweden und Belgien), und auch die EU empfiehlt bereits deren Einführung in Identitätskarten. Gegenwärtig liegt noch kein konkretes Projekt vor. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass in absehbarer Zeit ein Projekt zur Einführung biometrischer Daten in der Schweizer Identitätskarte gestartet werden muss. Zentral ist die Revision von Artikel 2 AwG, welcher den Inhalt biometrischer Ausweise festhält und nebst den bisherigen Ausweisdaten auch die elektronische Speicherung des Gesichtsbildes und der Fingerabdrücke auf einem Chip ermöglicht.

Da das Lesen der Ausweise im In- und Ausland gewährleistet sein muss, sind bei der Produktion der Ausweise die entsprechenden internationalen Standards, namentlich diejenigen der ICAO und der Europäischen Union, zu berücksichtigen und umzusetzen. Dies gilt insbesondere für die eingesetzte Technologie (Radio Frequency Identification, RFID), die auf dem Chip zu speichernden Daten, die Art und Weise der Speicherung sowie den Mechanismus zum Schutz der Daten vor unberechtigtem Auslesen. Nur wenn alle Staaten sich an diese Vorgaben halten, kann sichergestellt werden, dass biometrische Reiseausweise, einschliesslich des Schweizer Passes, weltweit anerkannt werden und gelesen werden können. Diese Angleichung bedeutet auch, dass es nicht möglich ist, das Lesen der gemäss ICAO verbindlich auf dem Chip zu speichernden Daten (Gesichtsbild, Name, Vorname, Geburtsdatum etc.)

gänzlich zu verunmöglichen. Andernfalls müssten Schweizerinnen und Schweizer damit rechnen, dass ihnen die Einreise in ein Land verwehrt wird.

In der EU, welche die zusätzliche Aufnahme von Fingerabdrücken beschlossen hat, werden derzeit technische Vorschriften fertiggestellt, die
es erlauben werden, Zugriffsrechte auf die Fingerabdrücke selektiv zu vergeben, z.B. nur an die EU- und Schengen-Staaten. Es ist davon auszugehen, dass die Schengen-Staaten einander Zugriffsrechte auf die Fingerabdrücke gewähren werden.

12

BBl 2005 7365

5171

1.3.2

Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG)

Die Schweiz stellt heute für bestimmte ausländische Personen Reisedokumente aus.

Das Bundesgesetz vom 16. Dezember 200513 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG), welches am 1. Januar 2008 in Kraft treten soll, enthält bereits die notwendigen gesetzlichen Grundlagen für die Ausstellung von Reisedokumenten für ausländische Personen und die dafür notwendige Datenbearbeitung (Art. 59 und 111 AuG). Gestützt darauf stellt die Schweiz anerkannten Flüchtlingen14 sowie Staatenlosen15 oder bestimmten schriftenlosen ausländischen Personen auf Gesuch hin Reisedokumente mit einer Gültigkeitsdauer von fünf Jahren aus.

Analog zum AwG sollen mit den im AuG vorgesehenen gesetzlichen Änderungen diejenigen Punkte geregelt werden, die für die Einführung biometrischer Reisedokumente für ausländische Personen wesentlich sind.

Die vorgeschlagenen Änderungen ermöglichen damit eine Schengen-konforme Umsetzung der EG-Ausweisverordnung vom 13. Dezember 2004 im Ausländerbereich.

1.4

Ergebnisse der Vorverfahren

1.4.1

Vernehmlassungsverfahren 2005

Im Juni 2005 hat der Bundesrat die (erste) Vernehmlassung im Hinblick auf die Einführung des biometrischen Passes eröffnet (vgl. vorne Ziff. 1.2.1). 61 Behörden und Organisationen (insbesondere die Kantone, die politischen Parteien und die interessierten Kreise) wurden eingeladen, sich zum Projekt zu äussern. Inklusive sechs unaufgefordert eingereichter Stellungnahmen wurden 47 Stellungnahmen ausgewertet.

In einem Gesamtpaket wurden den Vernehmlassungsteilnehmenden 2005 folgende Entwürfe, einschliesslich eines erläuternden Berichtes, unterbreitet: ­

die Teilrevision der Verordnung über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige (VAwG); diese Verordnung bildet die gesetzliche Grundlage für das zeitlich befristete Pilotprojekt und regelt die Ausstellung von biometrischen Pässen für die Dauer des Pilotprojektes;

­

der Vorentwurf zur Revision des Gesetzes über Ausweise für Schweizer Staatsangehörige (AwG), im Hinblick auf die definitive Einführung biometrischer Ausweise.

Am 17. März 2006 hat der Bundesrat von den Ergebnissen der ersten Vernehmlassung betreffend die Einführung von biometrischen Pässen Kenntnis genommen.

13 14 15

BBl 2005 7365 Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge; SR 0.142.30.

Übereinkommen vom 28. September 1954 über die Rechtsstellung der Staatenlosen; SR 0.142.40.

5172

1.4.2

Vernehmlassungsverfahren 2006

Mit der Annahme des Abkommens über die Assoziierung der Schweiz an Schengen und Dublin am 5. Juni 2005 durch das Schweizer Volk ergab sich eine veränderte Situation im Hinblick auf die definitive Einführung des biometrischen Passes in der Schweiz. Einerseits stellt die definitive Einführung biometrischer Pässe nun eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands dar, über welche das Parlament zu entscheiden hat, andererseits verlangt die Weiterentwicklung die Einführung von biometrischen Daten auch in den Reisedokumenten für ausländische Personen. Aus diesen Gründen wurde vom 29. September 2006 bis zum 8. Januar 2007 ein zweites Vernehmlassungsverfahren durchgeführt. Zur Vernehmlassung wurden 98 Adressaten begrüsst; 44 materielle Stellungnahmen wurden eingereicht und ausgewertet.

Nachfolgend werden die wichtigsten Vernehmlassungsbegehren bezüglich beider Erlasse dargelegt.

1.4.3

Zusammenfassung der Auswertungen 2005 und 2006

1.4.3.1

Übernahme der EG-Ausweisverordnung

Die Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden (mit Ausnahme des Kantons Basel-Landschaft und der Organisation Big Brother Awards [BBA]) ist mit den im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands stehenden Änderungen im Ausweisrecht grundsätzlich einverstanden.

Drei Vernehmlassungsteilnehmende geben zu bedenken, dass Grossbritannien und Irland sich nicht an der EG-Ausweisverordnung beteiligen. Vier Vernehmlassungsteilnehmende bemerken, dass der Spielraum für die Schweiz angesichts der Übernahme der Schengen-Weiterentwicklung sehr klein sei. Eine Nichtannahme sei reine Theorie.

Sieben Vernehmlassungsteilnehmende weisen darauf hin, dass die Nicht-Übernahme der Schengen-Weiterentwicklung den Ausschluss aus dem Visa Waiver Program der USA bedeuten würde, mit allen negativen ­ insbesondere wirtschaftlichen ­ Folgen.

Die Nicht-Übernahme des Schengen-Besitzstands bezüglich biometrischer Daten in Ausweisen könne zur Verzögerung oder Unmöglichkeit der Umsetzung des Schengen-Abkommens insgesamt, bzw. zu dessen Beendigung führen.

Eine Partei (SVP) kritisiert die mangelhafte Informationstätigkeit des Bundesrates im Vorfeld der Schengen-/Dublin-Abstimmung; es habe keine Transparenz über die mit dem Beitritt verbundenen Konsequenzen bestanden. Die Schweiz werde zur Einführung biometrischer Ausweise gezwungen, obwohl Irland und Grossbritannien von der Einführung ausgenommen seien.

Eine Organisation (BBA) hält fest, die EG-Verordnung verletze das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, da sie keine Wahl lasse zwischen einem Ausweis mit oder ohne Biometriechip. Ausserdem sei die in Artikel 1 Absatz 2 EG-Verordnung verlangte Vertraulichkeit der Daten mit der heutigen Technik nicht gewährleistet, weshalb diese Vorschrift einer Irreführung der Öffentlichkeit gleichkomme.

Die EG-Ausweisverordnung dürfe von der Schweiz nicht akzeptiert werden.

5173

Sechs Vernehmlassungsteilnehmende heben die Vorteile einer Übernahme der Schengen-Weiterentwicklung hervor: Reisefreiheit, und damit wirtschaftliche Vorteile, sowie Sicherheit. Die Umsetzung der Schengen-Weiterentwicklung sei nicht nur wünschenswert, sondern angesichts der Vorteile für die Schweiz und der internationalen Entwicklungen (US-Visa Waiver Program, Empfehlungen ICAO) unerlässlich.

1.4.3.2

Ausweisgesetz (AwG)

Der Vorentwurf zur Revision des Ausweisgesetzes wurde bereits in der Vernehmlassung 2005 grundsätzlich positiv aufgenommen16.

Eine Organisation (BBA) sprach sich damals bereits im Rahmen des Pilotprojektes ausdrücklich gegen die Einführung des biometrischen Passes aus. Insbesondere der Kanton Basel-Landschaft äusserte erhebliche Vorbehalte. Namentlich technische und datenschutzrechtliche Fragen müssten angesichts des grossen Missbrauchspotentials vor dem Start des Pilotprojekts geklärt werden. Die Vorlage wurde als noch nicht ausgereift erachtet.

Trotz der grundsätzlichen Zustimmung zur Einführung von biometrischen Pässen wurde 2005 namentlich in den Bereichen Datenschutz, Technik und Datensicherheit Kritik geübt. Vorbehalte und Ängste wurden hinsichtlich der Verwendung biometrischer Daten im Pass geäussert, insbesondere in Bezug auf die Fingerabdrücke.

Mehrere Kantone, Parteien und Organisationen lehnten es 2005 ab oder stellten es in Frage, dass die auf dem Chip gespeicherten Daten auch im Informationssystem Ausweisschriften (ISA) gespeichert werden. Des Weiteren erachteten einige den Grundsatz, dass biometrische Daten nicht für polizeiliche Ermittlungen verwendet werden dürfen, als nicht ausreichend garantiert. Einige der Teilnehmenden sprachen sich dafür aus, die Behörden, die berechtigt sein würden, auf die Daten zuzugreifen, im Gesetz einzeln aufzuführen. Auch der Umfang des Zugriffsrechts sollte gemäss einigen Teilnehmenden im Gesetz definiert werden.

Mehrere der Vernehmlassungsteilnehmende kritisierten 2005, dass der Preis für den biometrischen Pass im Rahmen des Pilotprojektes (250 Franken für Personen, die das dritte Lebensjahr abgeschlossen haben) überhöht oder aber die Begründung für die Kosten nicht ausreichend sei.

Stark kritisiert wurden in der Vernehmlassung 2005 die vorgesehene Schadenersatzregelung und die Pflicht der Passinhaberinnen und Passinhaber, eine Funktionskontrolle des Passes vorzunehmen. Die vorgesehenen Bestimmungen seien zu strikt, als dass sie Inhaberinnen und Inhabern biometrischer Pässe zugemutet werden könnten.

In der aktuellen Vernehmlassung (2006­2007; s. vorne Ziff. 1.4.2) zeigt sich die Mehrheit der Teilnehmer mit den im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands stehenden Änderungen im Ausweisrecht grundsätzlich einverstanden. Nur der Kanton Basel-Landschaft und die Organisation BBA lehnen die Einführung biometrischer Ausweise weiterhin ab.

16

Für eine detaillierte Auswertung der Vernehmlassung siehe den vom Bundesrat genehmigten Vernehmlassungsbericht vom März 2006 (im Internet abrufbar unter http://www.admin.ch/ch/d/gg/pc/documents/1303/Ergebnisbericht_d.pdf).

5174

Vier Kantone (Zürich, Bern, Luzern, Thurgau), eine Partei (FDP) sowie der Preisüberwacher verweisen auf ihre Stellungnahmen zur Vernehmlassung 2005.

Der Kanton Appenzell Ausserrhoden sowie der Preisüberwacher verzichten auf eine materielle Stellungnahme, bringen aber dennoch Anmerkungen zur Kostenfrage an.

Der Kanton Schaffhausen sieht den vorliegenden Entwurf als logische Fortsetzung der jetzigen Pilotphase.

Elf Kantone (Bern, Obwalden, Glarus, Freiburg, Basel-Landschaft, Graubünden, Tessin, Waadt, Wallis, Genf, Jura), eine Partei (FDP), ein Verband (economiesuisse) und drei Organisationen (Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren [KKJPD], Vereinigung der kantonalen Migrationsbehörden [VKM], Verband der kantonalen Passstellen [VKP]) verlangen, dass die Gebühren für die neuen biometrischen Ausweise nach dem Prinzip der Kostendeckung zu gestalten seien. Dabei solle insbesondere dem Mehraufwand Rechnung getragen werden, der sich aus der Erhebung der biometrischen Daten ergibt.

Fünf Vernehmlassungsteilnehmende äussern Bedenken bezüglich der technischen Sicherheit biometrischer Ausweise.

Zehn Vernehmlassungsteilnehmende haben die Befürchtung geäussert, die vorgeschlagene Regelung trage den datenschutzrechtlichen Anforderungen zu wenig Rechnung.

Der Kanton Basel-Landschaft stimmt der Vernehmlassungsvorlage mit der Begründung, dass eine vertiefte Auseinandersetzung mit den begründeten Einwänden aus dem Vernehmlassungsverfahren des Jahres 2005 zur Einführung des biometrischen Passes fehle, nicht zu. Man sei erstaunt, dass für die definitive Einführung die gleichen Bedingungen wie für das Pilotprojekt von 2005 gelten sollen. Die Vorbehalte zur Vernehmlassung 2005 werden wiederholt: die Änderungen des Ausweisgesetzes stellten keine ausreichende Grundlage für die definitive Einführung biometrischer Pässe dar; v.a. im Bereich Datenschutz habe man damals Konkretisierungen gefordert.

Die Organisation BBA steht der Einführung biometrischer Ausweise nach wie vor in jeglicher Form kritisch gegenüber, weil viele grundlegend wichtige Fragen noch offen seien, namentlich in den Bereichen Technik und Datenschutz.

1.4.3.3

Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG)

Die Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden ist mit den im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands stehenden Änderungen im Ausweisbereich grundsätzlich einverstanden. Nur der Kanton Basel-Landschaft und die Organisation BBA lehnen die Einführung biometrischer Ausweise ab.

Fünfzehn Vernehmlassungsteilnehmende (die Kantone Zürich, Bern, Glarus, Solothurn, Basel-Landschaft, Appenzell Innerrhoden, St. Gallen, Graubünden, Tessin und Wallis, der Schweizerische Gemeindeverband, der Schweizerische Städteverband sowie die Organisationen KKJPD, VKM und VKP) sprechen sich für die Schaffung einer Infrastruktur aus, die bei der Erfassung der biometrischen Daten und der Ausfertigung der Dokumente sowohl für den Schweizer Pass als auch für die Reisedokumente für ausländische Personen genutzt werden kann.

5175

Vier Kantone (Bern, Graubünden, Zug, Tessin) und eine Organisation (KKJPD) sprechen sich dafür aus, dass der Herstellungsprozess von biometrischen Reisedokumenten für ausländische Personen erst eingeleitet werden soll, wenn die Ausweisberechtigung der gesuchstellenden Person feststeht.

Elf Kantone (Bern, Obwalden, Glarus, Freiburg, Basel-Landschaft, Graubünden, Tessin, Waadt, Wallis, Genf, Jura), eine Partei (FDP), ein Verband (economiesuisse) und zwei Organisationen (KKJPD, VKM) verlangen, dass die Gebühren für die neuen biometrischen Reisedokumente für ausländische Personen nach dem Prinzip der Kostendeckung zu gestalten seien. Dabei solle insbesondere dem Mehraufwand Rechnung getragen werden, der sich aus der Erhebung der biometrischen Daten ergibt.

Zwölf Vernehmlassungsteilnehmende haben die Befürchtung geäussert, die vorgeschlagene Regelung trage den datenschutzrechtlichen Anforderungen zu wenig Rechnung.

1.4.4

Stellungnahmen zu den Vernehmlassungsergebnissen

1.4.4.1

Ausweisgesetz (AwG)

Bereits aufgrund des Vernehmlassungsentwurfs 2005 wurde der Gesetzestext in mehreren Punkten entsprechend den Anmerkungen der konsultierten Stellen geändert. In Berücksichtigung der mehrfach geäusserten Vorbehalte und Unsicherheiten hinsichtlich der verwendeten technischen Verfahren und Schutzvorkehrungen wurden die Erläuterungen in verschiedenen Punkten präzisiert. Es wurden hauptsächlich folgende Änderungen vorgenommen: ­

Das biometrische Merkmal «Irismuster» wurde als möglicher Inhalt des biometrischen Ausweises in Artikel 2 AwG entfernt. Sollte sich aufgrund neuer internationaler Normen die Einführung dieses Merkmals aufdrängen, wird eine Revision des Gesetzes vorzunehmen sein.

­

Der vollständige Ausschluss der Verantwortung des Bundes für Schäden aus der Verwendung von Ausweisen wurde fallengelassen (Art. 9a AwG). Es gelten die anwendbaren Bestimmungen des Schweizer Rechts.

­

Die Bestimmungen über die Möglichkeit des Bundesrats, internationale Abkommen über den Zugriff ausländischer Behörden auf die auf dem Chip gespeicherten Daten abzuschliessen, wurde präzisiert (Art. 2a AwG). Betroffen sind lediglich Zugriffsrechte auf gespeicherte Fingerabdrücke, zudem muss der Vertragsstaat über einen mit dem schweizerischen Recht vergleichbaren Datenschutz verfügen. Was den Zugriff auf die übrigen Daten betrifft (Name, Gesichtsbild), ist festzuhalten, dass bei maschinenlesbaren Pässen (Pass 03) diese Daten bei einer Kontrolle bereits heute automatisch gelesen werden können. Es ist davon auszugehen, dass den SchengenStaaten der Zugriff auf die Fingerabdrücke zu gewähren sein wird.

­

Die von der EG-Ausweisverordnung bzw. den EU-Ausführungserlassen genau spezifizierten Mechanismen zum Schutz der im Ausweis gespeicherten Daten werden in Ziffer 2.2 und den Erläuterungen zu Artikel 2a AwG eingehend dargelegt. Da mit der Übernahme der EG-Ausweisverordnung diese Mechanismen auch in der Schweiz Gültigkeit erlangen, ist es nicht

5176

notwendig, die gesamten technischen Spezifikationen im Schweizer Recht zu regeln. Hiermit wird auch den Bedenken des Kantons Basel-Landschaft Rechnung getragen. Der von der EU und entsprechend auch der Schweiz vorgeschriebene Schutz der im Pass gespeicherten Daten geht weit über den von der ICAO festgelegten Mindeststandard hinaus. Aufgrund der in den nachfolgenden Abschnitten beschriebenen Schutzmechanismen ist es zwingend notwendig, dass ein Pass physisch übergeben wird, bevor die Daten gelesen werden können. Mittels einer zufällig generierten Passnummer wird zudem die Verschlüsselung erhöht. Weiter erlaubt es ein komplexer Schutzmechanismus, den Zugriff auf die im Pass zu speichernden Fingerabdrücke nur ausgewählten Stellen zu gewähren. Die entsprechenden Normen sind in den genannten Ausführungserlassen der EU sowie den massgebenden ICAO-Erlassen geregelt und werden auf Verordnungsebene umgesetzt. Eine Verankerung auf Gesetzesstufe ist nicht zweckmässig, da es sich um umfangreiche technische Spezifikationen handelt, welche bei Bedarf und aufgrund der technischen Entwicklung rasch anpassbar sein müssen.

Wie es bereits heute der Fall ist, werden die Behörden, welche Zugriff auf das Informationssystem Ausweisschriften haben, in Artikel 12 AwG genannt.

­

Am Grundsatz, dass die Gebühr für einen biometrischen Pass gemäss dem Kostendeckungsprinzip festgelegt werden soll, wird nichts geändert. Wie bereits beim heutigen Pass werden die Pässe für Kinder günstiger angeboten als Pässe für Erwachsene. Aufgrund der im Vergleich zum Pilotprojekt höheren Stückzahlen wird der Preis des biometrischen Passes bei der definitiven Einführung jedoch günstiger ausfallen als 250 bzw. 180 Franken. In Ziffer 4.1.3 wird eine erste Schätzung der zu erwartenden Kosten auf Seiten des Bundes für die Produktion eines Ausweises genannt. Zu diesem Betrag werden die in den Kantonen bzw. dem EDA anfallenden Kosten für die Ausstellung des Passes hinzukommen. Diese Kosten stehen heute noch nicht fest und müssen in Zusammenarbeit mit den Kantonen bestimmt werden.

­

Biometrische Ausweise werden weltweit eingeführt. Gemäss Erhebungen der ICAO stellen biometrische Pässe bereits die Hälfte der gesamten weltweiten Passproduktion dar. Staaten wie Grossbritannien oder Irland, welche aufgrund ihres Sonderstatutes gegenüber der EU nicht verpflichtet wären, biometrische Pässe herzustellen, haben diese bereits eingeführt. Die EU und die Schweiz wenden bei der Produktion von biometrischen Ausweisen die höchsten Standards an, und dem Schutz der auf dem Chip gespeicherten Daten wird grosses Gewicht beigemessen. Gleichzeitig müssen aber die internationalen Normen beachtet werden, weil die Ausweise im Ausland sonst nicht gelesen werden könnten und für das Reisen nutzlos wären.

5177

1.4.4.2

Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG)

Aufgrund des Ergebnisses des Vernehmlassungsverfahrens ergeben sich bei den Gesetzesartikeln keine Änderungen im neuen AuG.

Die vorgeschlagenen Änderungen im Ausstellungsverfahren und die Gestaltung der Gebühren werden im Rahmen der Überarbeitung der Ausführungsbestimmungen berücksichtigt.

Das von fünfzehn Vernehmlassungsteilnehmenden geäusserte Anliegen, die Infrastruktur zur Erfassung der biometrischen Daten sowohl für den Schweizer Pass als auch für die Reisedokumente für ausländische Personen zu nutzen, ist berechtigt.

Aufgrund der derzeitigen Planung ist vorgesehen, dass die biometrischen Daten ausländischer Personen ebenfalls auf den kantonalen Passämtern erfasst werden.

Ausgefertigt werden Reisedokumente für ausländische Personen bereits heute auf denselben Produktionsanlagen, auf denen der Schweizer Pass hergestellt wird.

Damit wird der Aufbau von Parallelstrukturen vermieden.

Die Forderung von vier Kantonen und einer Organisation, den Herstellungsprozess von biometrischen Reisedokumenten für ausländische Personen erst einzuleiten, wenn die Ausweisberechtigung der gesuchstellenden Person feststehe, wurde aufgenommen. Es ist geplant, das Ausstellungsverfahren so auszugestalten, dass biometrische Daten erst erhoben werden, nachdem die Ausweisberechtigung festgestellt und die Ausweisgebühr bezahlt worden ist (s. hinten Ziff. 3.2).

Das von fünfzehn Vernehmlassungsteilnehmenden geäusserte Anliegen, wonach die Kosten durch die Gebühren gedeckt werden müssen, ist berechtigt und wird im Rahmen der laufenden Teilrevision der Verordnung vom 27. Oktober 2004 über die Ausstellung von Reisedokumenten für ausländische Personen17 berücksichtigt. Aus rechtlichen Gründen dürfen aber die Gebühren für Reisedokumente, welche die Schweiz anerkannten Flüchtlingen sowie anerkannten Staatenlosen ausstellt, diejenigen für den Schweizer Pass nicht übersteigen.

Zehn Vernehmlassungsteilnehmende haben die Befürchtung geäussert, die vorgeschlagene Regelung trage den datenschutzrechtlichen Anforderungen zu wenig Rechnung. Da für die Reiseausweise für ausländische Personen dieselbe Technologie zum Einsatz kommt wie für den Schweizer Pass, wird auf die diesbezüglichen Ausführungen in Ziffer 3.1.1 verwiesen.

2

Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Einführung biometrischer Ausweise

2.1

Ausgangslage

An seiner Tagung vom 19. und 20. Juni 2003 in Thessaloniki hat der Rat der Europäischen Union seine bereits im Jahr 2000 manifestierte Absicht18 bekräftigt, einen koheränten Ansatz in Bezug auf biometrische Daten für Pässe, Dokumente für 17 18

RDV, SR 143.5 Vgl. die Entschliessung der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 17. Oktober 2000 zur Einführung von Mindestsicherheitsnormen für Pässe, ABl. C 310 vom 28.10.2000, S. 1.

5178

Drittstaatenangehörige (Reisedokumente für Ausländer) und in Informationssystemen (VIS und SIS II) zu verfolgen. Zu diesem Zweck sollen die nationalen Vorschriften bezüglich Sicherheitsmerkmale angeglichen und einheitliche Sicherheitsstandards für Pässe und Reiseausweise für Ausländerinnen und Ausländer zum Schutz vor Fälschungen festgelegt werden. Darunter fällt auch die Aufnahme biometrischer Daten in die Reisedokumente. Dadurch soll die Sicherheit von Reisedokumenten erhöht und eine verlässliche Verbindung zwischen dem Dokument und dessen rechtmässiger Inhaberin oder rechtmässigem Inhaber hergestellt werden. Die entsprechenden Spezifikationen im Dokument Nr. 9303 der ICAO19 sollen dabei berücksichtig werden.

Am 13. Dezember 2004 erliess der Rat der Europäischen Union die Verordnung über Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten (EG-Ausweisverordnung) und notifizierte diese gleichentags der Schweiz. Die EG-Ausweisverordnung regelt keine technischen Einzelheiten, diese Aufgabe wird der Kommission übertragen.

Entsprechend hat die Kommission die Entscheidung über die technischen Spezifikationen zu Normen und Sicherheitsmerkmalen und biometrischen Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten vom 28. Februar 2005 erlassen (Entscheidung)20. Diese Entscheidung wurde der Schweiz am 19. Juli 2005 notifiziert. Mit Entscheidung vom 28. Juni 2006 wurde sie bereits einer ersten Revision unterzogen, und ergänzende Bestimmungen in Bezug auf die Speicherung von Fingerabdrücken wurden erlassen21. Diese ergänzende Entscheidung wurde der Schweiz noch gleichentags notifiziert. Die Erlasse stellen eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands dar.

Während die EG-Ausweisverordnung nur die Grundsätze beinhaltet und daher voraussichtlich über längere Zeit unverändert Gültigkeit haben wird, ist im Hinblick auf die technische Entwicklung mit weiteren Revisionen der technischen Ausführungserlasse der Kommission zu rechnen.

2.2

Inhalt

Die EG-Ausweisverordnung regelt die biometrischen Merkmale, die in Pässe und Reisedokumente für Ausländerinnen und Ausländer aufzunehmen sind und bestimmt im Anhang die Mindestsicherheitsanforderungen an einen solchen Ausweis (z.B. bezüglich Material, Druck- und Ausstellungstechniken, Kopierschutztechnik). Angestrebtes Ziel ist es, die Interoperabilität dieser Ausweise zwischen den Schengen-Staaten und damit in Zukunft auch der Schweiz sicherzustellen. Der Schweizer Pass sowie die Reisedokumente für Ausländerinnen und Ausländer 19 20

21

http://www.icao.int/mrtd/publications/doc.cfm Entscheidung K(2005) 409 über die technischen Spezifikationen zu Normen und Sicherheitsmerkmalen und biometrischen Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten vom 28. Februar 2005 (Gesichtsbild); http://ec.europa.eu/justice_home/doc_centre/freetravel/documents/doc/c_2005_409_de.pdf.

Entscheidung K(2006) 2909 über die technischen Spezifikationen zu Normen und Sicherheitsmerkmalen und biometrischen Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten vom 28. Juni 2006 (ergänzende Bestimmungen in Bezug auf Fingerabdrücke); http://ec.europa.eu/justice_home/doc_centre/freetravel/documents/doc/c_2006_2909_de.pdf.

5179

erfüllen bereits heute die oben erwähnten Mindestanforderungen in Bezug auf die Dokumentensicherheit.

Gemäss der EG-Ausweisverordnung sind ein Gesichtsbild und die Fingerabdrücke in einem interoperablen Format im Ausweis zu speichern. Dabei ist sicherzustellen, dass die Integrität, Authentizität und Vertraulichkeit der Daten gewährleistet werden (Art. 1 Ziff. 2). Diese Bestimmung ist jedoch nur anwendbar auf Ausweise, die eine Gültigkeit von mehr als 12 Monaten haben (Art. 1 Ziff. 3). Somit müssen die so genannten provisorischen Pässe oder auch Notpässe, die eine kürzere Geltungsdauer haben, gemäss dieser Bestimmung nicht über biometrische Daten verfügen. Auch Identitätskarten oder vergleichbare Ausweise, welche Mitgliedstaaten eigenen Staatsangehörigen ausstellen, sind nicht betroffen. Diesbezüglich ist jedoch zu bemerken, dass bereits der Entwurf eines Erlasses vorliegt, welcher die Empfehlung enthält, auch Identitätskarten mit biometrischen Daten auszurüsten.

Die heutigen Schengen-Staaten müssen ab dem 28. August 2006 die EG-Ausweisverordnung anwenden (Art. 6 Bst. a). Ab diesem Zeitpunkt dürfen sie nur noch Pässe und Reiseausweise mit einem elektronisch gespeicherten Gesichtsbild als biometrisches Merkmal an ihre Bürgerinnen und Bürger abgeben. Als zusätzliches biometrisches Merkmal müssen bis zum 28. Juni 2009 auch zwei Fingerabdrücke in die Ausweise aufgenommen werden. Pässe, die vor diesen Stichdaten gemäss den in diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften ausgestellt wurden, bleiben gültig.

Die EG-Ausweisverordnung stellt keine Grundlage dafür dar, die im Ausweis enthaltenen Daten für andere Zwecke, als die gesetzlich vorgesehene Überprüfung der Authentizität eines Dokuments und die Identität der Inhaberin oder des Inhabers durch Vergleich der Merkmale zu überprüfen. Zudem haben die Inhaberinnen oder Inhaber eines Ausweises das Recht, die personenbezogenen Daten im Ausweis zu überprüfen und gegebenenfalls eine Berichtigung oder Löschung zu verlangen (Art. 4).

Weiter baut die Verordnung auf dem Grundsatz auf, dass aus Sicherheitsgründen jedes Land eine einzige Stelle für die Herstellung von Pässen und Reisedokumenten bestimmt (Erwägung 7). Diese Voraussetzung wird von der Schweiz erfüllt (derzeit: Bundesamt für Bauten und Logistik, BBL). Der Name dieser Stelle ist der Kommission und den
anderen Mitgliedstaaten mitzuteilen.

Die gestützt auf die EG-Ausweisverordnung ergangenen Entscheidungen der Kommission vom 28. Februar 2005 und vom 28. Juni 2006 enthalten im Anhang die technischen Spezifikationen für die Herstellung von Ausweisen mit elektronisch gespeicherten biometrischen Daten (Gesichtsbild und Fingerabdrücke). Da die Ausweise für den internationalen Reiseverkehr verwendet werden, verweisen die Spezifikationen vorwiegend auf internationale Normen. Nur so ist sichergestellt, dass die Ausweise weltweit anerkannt und gelesen werden können. Zu erwähnen sind namentlich die Normen der International Organization for Standardization (ISO) und diejenigen der ICAO. Die Entscheide legen gestützt auf diese Normen fest: ­

5180

in welchem Format das Gesichtsbild (jpeg und jpeg2000) und die Fingerabdrücke (WSQ) zu speichern sind;

­

die Art des Datenträgers (Chip mit Radio Frequency Identification Technologie, RFID22);

­

die logische Datenstruktur auf dem Chip;

­

Spezifikationen für die Sicherheit der digital auf dem Chip gespeicherten Daten.

Sowohl das Gesichtsbild als auch die Fingerabdrücke werden als Bilder gespeichert; es werden die Abdrücke des linken und des rechten Zeigefingers aufgenommen.

Können von diesen Fingern keine Abdrücke abgenommen werden, ist eine Reihenfolge für einen möglichen Ersatz festgelegt.

Während die internationalen Normen in einzelnen Bereichen, namentlich auch dem Datenschutz, Optionen offen lassen, werden im Entscheid der EU-Kommission verbindliche Vorgaben in diesen Bereichen gemacht. Insbesondere zu erwähnen ist der Schutz der auf dem Chip gespeicherten Daten vor dem unberechtigten Auslesen aus der Ferne durch das so genannte «Basic Access Control» (BAC)-Verfahren und die Zugangs- bzw. Lesebeschränkung auf die in Zukunft auf dem Chip gespeicherten Fingerabdrücke durch das so genannte «Extended Access Control» (EAC)Verfahren.

Die ICAO wie auch die USA verlangen zwingend nur die elektronische Speicherung des Gesichtsbilds als weltweit anerkanntes interoperables biometrisches Erkennungsmerkmal. Aus diesem Grund müssen alle Stellen, die Ausweise kontrollieren (z.B. Grenzkontrollbehörden), das elektronisch gespeicherte Gesichtsbild lesen können. Es handelt sich hierbei um dasselbe Bild, wie es im Pass eingebracht wird und von blossem Auge erkannt werden kann. Da es technisch möglich wäre, RFID-Chips aus Distanz und ohne Wissen der Ausweisinhaberin oder des Ausweisinhabers auszulesen, schreibt die Spezifikation der EU-Kommission den Einsatz des «Basic Access Control» (BAC)-Verfahrens vor. Um einen mittels BAC geschützten Ausweis lesen zu können, muss dieser der Kontrollbehörde übergeben, von dieser geöffnet und die maschinenlesbare Zone (MRZ) des Ausweises eingelesen werden.

Erst dann können die Chip-Daten gelesen werden. Die auf dem Chip gespeicherten Daten werden zusätzlich mit einer digitalen Signatur versehen, so dass deren Echtheit sichergestellt und überprüft werden kann. Um die Echtheit der Schlüssel überprüfen zu können, müssen die beteiligten Länder untereinander die entsprechenden Zertifikate austauschen. Vorerst soll dieser Austausch auf diplomatischem Weg, später gegebenenfalls elektronisch erfolgen. Um diese Schlüssel generieren, die Ausweise signieren und mit den anderen Staaten austauschen zu können, ist der Aufbau und Betrieb einer Public Key Infrastructure (PKI) sowie eines Public Key
Directory (PKD) notwendig.

Für die Fingerabdrücke ist gemäss Spezifikation der Kommission «mit dem «Extended Access Control» (EAC)-Verfahren» ein noch weiter gehender Zugriffsschutz vorgeschrieben. Für das Lesen der Fingerabdrücke müssen besondere Zugriffsrechte gewährt werden. So kann ein Land bestimmen, welches andere Land die auf dem Chip gespeicherten Fingerabdrücke lesen darf. Hierzu werden digitale Zertifikate erstellt und an die berechtigten Länder weitergegeben. Mittels dieser Zertifikate 22

Als Speichermedium für die biometrischen Daten verlangen auch die ICAO-Empfehlungen einen elektronischen Chip, der mittels RFID-Technologie ausgelesen werden kann. RFID (Radio Frequency Identification) ist eine Identifikationstechnologie, die mit Funksignalen arbeitet.

5181

werden dann die einzelnen autorisierten Lesegeräte zertifiziert. Fingerabdrücke können nur von einem entsprechend zertifizierten Lesegerät gelesen werden. Werden diese Zertifikate nicht weitergegeben, ist das Lesen der Fingerabdrücke ausgeschlossen.

Betrieb und Unterhalt der hierzu im Interesse des Datenschutzes notwendigen zusätzlichen technischen Infrastruktur sind jedoch mit Kosten verbunden. Gemäss ersten Schätzungen der EU ist mit den nachfolgend genannten Kosten pro Land zu rechnen, wobei diese von Land zu Land durchaus unterschiedlich ausfallen können und die Kosten nur diesen Teilaspekt der gesamten notwendigen IT-Infrastruktur betreffen: ­

Aufbau der technischen Infrastruktur: bis zu 4,5 Millionen Franken

­

Jährliche Betriebskosten: bis zu 3,2 Millionen Franken.

Diese Kosten sind in den unter Ziffer 4.1 genannten Beträgen enthalten. Um Missbräuche zu vermeiden (z.B. bei Diebstahl eines Lesegerätes), haben die Zertifikate eine kurze Gültigkeitsdauer. Das bedeutet aber auch, dass Zertifikate regelmässig neu ausgestellt werden müssen. Für diese Tätigkeit und um im Fall von Rückfragen und Problemen Lösungen anbieten zu können, muss die Zertifizierungsstelle voraussichtlich an 365 Tagen während 24 Stunden in Betrieb sein. Im Interesse der Sicherheit und der Interoperabilität müssen die nationalen Zertifizierungsstellen gewisse Mindeststandards erfüllen, und die in den Ausweisen eingesetzten Chips müssen über eine Konformitätsbescheinigung eines akkreditierten Prüflabors verfügen.

2.3

Verfahren der Übernahme

2.3.1

Allgemein

Für die Übernahme und Umsetzung der Weiterentwicklungen des SchengenBesitzstands ist ein besonderes Verfahren vorgesehen. Findet eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands statt, wird diese der Schweiz notifiziert. Die Übernahme erfolgt mittels einer Rücknotifikation durch die Schweiz, wobei der Notenwechsel aus schweizerischer Sicht einen völkerrechtlichen Vertrag darstellt. Je nach Inhalt ist für die Genehmigung dieses Vertrags der Bundesrat oder das Parlament (und das Volk im Rahmen des fakultativen Referendums) zuständig.

Bei Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands, die nach der Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens, aber vor dessen Inkrafttreten von der EU angenommen wurden, muss die Schweiz die Übernahme innerhalb von 30 Tagen nach dem Inkrafttreten des Schengen-Assoziierungsabkommens rücknotifizieren.

2.3.2

Zuständigkeit der Legislative

Die Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands wird von der Legislative genehmigt, wenn aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag nicht der Bundesrat zuständig ist (Art. 166 Abs. 2 BV). Liegt die Abschlusskompetenz bei der Legislative, wird die Schweiz den Rat und die Kommission innert 30 Tagen nach der Notifikation darüber unterrichten müssen, dass der entsprechende Rechtsakt erst nach Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen rechtsverbindlich wer5182

den kann (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA)23. Dabei hat die Schweiz nach der Notifikation der Weiterentwicklung durch die EU maximal zwei Jahre Zeit, diese in das Schweizer Recht umzusetzen und ein mögliches Referendum durchzuführen24. Bei Weiterentwicklungen, die vor dem Inkrafttreten des SAA notifiziert wurden, beginnt die zweijährige Frist erst mit dem Inkrafttreten des Abkommens zu laufen.

Bei der Einführung von biometrischen Daten handelt es sich um eine Weiterentwicklung von grosser Tragweite, die dem Parlament zu unterbreiten ist (Art. 166 Abs. 2 BV). Zudem verlangt die Weiterentwicklung eine Umsetzung auf formellgesetzlicher Stufe (Revision AwG und AuG), welche ebenfalls durch das Parlament zu genehmigen ist. Sowohl der Notenwechsel als auch die erwähnten Bundesgesetze sind dem fakultativen Referendum zu unterstellen (Art. 141 Abs. 1 lit. a und d Ziff. 3 BV).

Aus Gründen der Einheit der Materie soll dem Parlament dementsprechend eine einzige Botschaft betreffend die Einführung biometrischer Ausweise unterbreitet werden, welche sowohl die Genehmigung der Weiterentwicklung des SchengenBesitzstands als auch die Revision des Ausweisgesetzes und des Ausländergesetzes umfasst.

2.3.3

Zuständigkeit des Bundesrats

Handelt es sich um einen Vertrag von beschränkter Tragweite, ist für die Übernahme und Umsetzung gestützt auf Artikel 7a des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz (RVOG)25 der Bundesrat zuständig. Nach der Ratifizierung des SAA durch den EU-Rat wird der Bundesrat in der Regel bei solchen Weiterentwicklungen innerhalb von 30 Tagen dem EU-Rat mitteilen, ob die Schweiz den betreffenden Erlass übernimmt oder nicht (Art. 7 Abs. 2 Bst. a SAA). Der oben bereits erwähnte Vorbehalt der Erfüllung der verfassungsmässigen Voraussetzungen ist jedoch auch dann anzubringen, wenn eine Übernahme einer Weiterentwicklung zwar durch den Bundesrat erfolgen kann, jedoch von der Umsetzung eines anderen Abkommens auf Gesetzesstufe abhängig sein wird. Dies wird bei der Rücknotifikation der ausführenden technischen Entscheidungen der Kommission der Fall sein.

Die technischen Spezifikationen der Kommission betreffend die biometrischen Merkmale in Reiseausweisen sind Bestimmungen, welche die technischen Anforderungen für die Herstellung und das Lesen von Ausweisen mit elektronisch gespeicherten biometrischen Daten (Gesichtsbild und Fingerabdrücke) umschreiben. Den Grundsatzentscheid über die definitive Einführung von biometrischen Daten gemäss den Vorgaben der EU, einschliesslich der finanziellen Auswirkungen, fällt das Parlament mit der Genehmigung des Notenaustausches betreffend die EG-Ausweisverordnung. Die technischen Spezifikationen der EU führen die EG-Ausweisverordnung aus, sind technisch-administrativer Natur und richten sich an die Behörden.

Die Abschlusskompetenz für den entsprechenden Notenaustausch liegt damit beim Bundesrat. Die Umsetzung erfolgt durch den Bundesrat, evtl. auf Departementsstufe.

23

24 25

Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Weiterentwicklung des SchengenBesitzstands; BBl 2004 6447 und die Note im Anhang.

Vgl. BBl 2004 6451f.

SR 172.010

5183

Da die technischen Spezifikationen Ausführungsbestimmungen zur EG-Ausweisverordnung darstellen und nicht unabhängig von dieser in Kraft gesetzt werden können, muss der Bundesrat bei seiner Notifizierung ebenfalls den Vorbehalt der Notwendigkeit der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen gemäss Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe b SAA anbringen. Die Übernahme und Umsetzung der technischen Spezifikationen bedingen die Verabschiedung des revidierten Ausweisgesetzes, der entsprechenden Erlasse im Ausländerrecht (vgl. Ziff. 3.2.) und die Übernahme der EG-Ausweisverordnung.

3

Umsetzung

3.1

Anpassungen im Ausweisgesetz (AwG)

3.1.1

Allgemeine Bestimmungen

Art. 2

Inhalt des Ausweises

Die Änderung von Artikel 2 ist ein zentrales Element der Revision. Artikel 2 AwG enthält eine Liste der Daten, die in jedem Ausweis enthalten sein müssen bzw.

können. Laut dem neuen Absatz 2bis können alle Ausweise ein digitalisiertes Gesichtsbild und die Fingerabdrücke der Inhaberin oder des Inhabers als zusätzliche biometrische Merkmale enthalten. Neben den biometrischen Daten dürfen auf dem Chip alle Daten abgespeichert werden, die sich in den Ausweisen finden (Vor- und Nachname, Geburtsdatum usw.). Diese Daten werden digitalisiert und in elektronischer Form auf dem Chip gespeichert. Biometrische Daten ­ das heisst, Angaben zu den physischen Merkmalen einer Person ­ sind an sich nichts Neues. Schon seit Langem enthält ein Ausweis die biometrischen Daten Gesichtsbild, Grösse und Unterschrift der Person, auf deren Namen er ausgestellt worden ist. Die eigentliche Neuerung besteht darin, dass diese Daten nun auf einem Chip abgespeichert werden können. Der Chip wird im Inneren des Passes angebracht (z.B. in der Personalienseite oder dem Einband), und die Daten können elektronisch ausgelesen werden.

Mit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 18. Juni 200426 über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare können die Partner unter den amtlichen Ergänzungen im Pass einen Partnerschaftsnamen eintragen lassen. Der Absatz 4 wurde entsprechend angepasst.

Art. 2a

Speicherung der Daten im Ausweis

Die auf dem Chip gespeicherten Daten werden mit einer digitalen Signatur versehen, wodurch ihre Authentizität gewährleistet wird. Diese Signaturen werden mittels einer Public Key Infrastructure (PKI) hergestellt und bei der Produktion des Passes auf den Chip im Pass geschrieben. Die ICAO wird in Zukunft ein so genanntes Public Key Directory (PKD) betreiben, auf welchem der öffentlich zugängliche Teil des Schlüssels hinterlegt wird. Das PKD ist eine Dienstleistung, welche es den Ländern und anderen zugriffsberechtigten Stellen ermöglichen wird, den Schlüssel im Pass mit demjenigen im PKD auf seine Echtheit hin zu überprüfen. Gleichzeitig wird aufgrund der Vorschriften der EU und der USA der öffentliche Schlüssel auf 26

SR 211.231

5184

dem Chip gespeichert. Auch die Schweiz wird sich voraussichtlich an diesem PKD der ICAO beteiligen.

Wie oben ausgeführt, müssen die auf dem Chip gespeicherten Daten von allen Stellen gelesen werden können, die einen Ausweis kontrollieren müssen. Gleichzeitig ist aber auch sicherzustellen, dass die Daten nicht von Dritten ausgelesen werden können, ohne dass es die Inhaberin oder der Inhaber bemerkt. Um dies zu verhindern, hat die ICAO Standards für einen Mechanismus definiert, welcher optional eingesetzt werden kann. Die EU hat den Einsatz dieses Mechanismus als verbindlich erklärt. Auch im biometrischen Schweizer Pass wird dieser als «Basic Access Control» (BAC) bezeichnete Mechanismus eingesetzt. Chips, welche mit BAC geschützt sind, geben die darin gespeicherten Daten nur dann zum Lesen frei, wenn vorher die maschinenlesbare Zone des Passes gelesen und ein daraus errechneter Zahlencode an den Chip gesandt wird. Nur wenn der Code mit den auf dem Chip des Passes enthaltenen Informationen übereinstimmt, werden die Daten freigegeben.

Der Ausweis muss somit zum Lesen der elektronisch gespeicherten Daten der kontrollierenden Person übergeben werden, die den Ausweis wiederum öffnen muss, damit die maschinenlesbare Zone ausgelesen werden kann. Das unbefugte, unbemerkte Auslesen der elektronisch gespeicherten Daten, z.B. wenn sich der Pass in der Manteltasche befindet, wird dadurch verhindert. Zudem wird dank des BACVerfahrens gleichzeitig die Kommunikation zwischen Chip und Lesegerät verschlüsselt. Als weitere Schutzmassnahme hat sich die Schweiz als eines der wenigen Länder bereits im Rahmen des Pilotprojektes entschlossen, eine zufällig generierte Passnummer zu verwenden. Im Vergleich zur üblich eingesetzten fortlaufenden Nummerierung wird so die Verschlüsselung der mit BAC geschützten Daten verbessert.

Für die Fingerabdrücke wird ein zusätzlicher Schutzmechanismus gemäss den Vorgaben der EU eingeführt. Mittels des so genannten «Extended Access Control» (EAC)-Verfahrens werden die Fingerabdrücke auf dem Chip derart gesichert, dass nur diejenigen Länder und Stellen diese Daten lesen können, denen die Schweiz die entsprechenden Schlüssel übermittelt hat. Es ist davon auszugehen, dass sich die Schengen-Staaten untereinander die notwendigen Leserechte vergeben werden müssen, um so eine möglichst sichere
Identifizierung bei der Einreise in den Schengenraum zu ermöglichen. Der Bundesrat soll daher befugt sein, mit Ländern, die mit der Schweiz vergleichbare Datenschutzbestimmungen haben, Verträge über den gegenseitigen Austausch von Schlüsseln zu vereinbaren. Ob auch Ländern ausserhalb des Schengenraums Leserechte gewährt werden sollen, ist derzeit noch offen.

Der Bundesrat kann in hinreichend begründeten Fällen Transportunternehmen, Flughafenbetreiber oder andere Stellen, die die Identität einer Person überprüfen müssen, berechtigen, zur Klärung der Identität einer Person auch die auf dem Chip gespeicherten Fingerabdrücke auszulesen, um diese anschliessend mit denjenigen der Person zu vergleichen. Fluggesellschaften zum Beispiel sind bisweilen verpflichtet, die Identität der Passagiere zu prüfen, bevor sie diese befördern. Es liegt auch im Interesse der Schweiz, die illegale Migration zu verhindern.

Verschiedene Vernehmlassungsteilnehmende haben auf Medienberichte oder die so genannte «Budapest Erklärung»27 hingewiesen, wo über die Möglichkeit zum Kopieren der Chips im Pass berichtet wird. Dass ein Chip bzw. die darauf gespei27

Budapest-Erklärung zu maschinenlesbaren Ausweis-Dokumenten (Machine Readable Travel Documents, MRTDs), http://www.fidis.net/press-events/press-releases/).

5185

cherten Daten kopiert werden können, ist bekannt. Dies stellt jedoch kein besonderes Sicherheitsrisiko dar, denn das Resultat des Kopierens ist lediglich, dass man einen Chip hat, auf dem dieselben Daten gespeichert sind wie auf dem Chip im Pass, den man kopiert hat. Verändern lassen sich die Daten nicht. Bereits heute lässt sich jeder herkömmliche Ausweis mit einem Kopiergerät kopieren. Um solche Kopien erkennen zu können, verfügen die Pässe über zahlreiche Sicherheitsmerkmale.

Um einen kopierten Chip verwenden zu können, müsste auch ein dazu passender Pass hergestellt werden können. Der Chip müsste dann in einen solchen gefälschten Pass eingebaut werden. Angesichts der zahlreichen Sicherheitsmerkmale, über die der Schweizer Pass verfügt, ist es kaum vorstellbar, dass eine solche Manipulation nicht bemerkt würde. Zudem käme es zu Widersprüchen zwischen den Daten im Pass (Foto, Name, maschinenlesbare Zone, etc.) und den auf dem Chip gespeicherten, unveränderbaren Daten. Eine solche Kopie würde von einem Ausweislesegerät, welches die entsprechenden Kontrollen ausführen kann, erkannt. Die genannten Tests wurden zudem mit Chips durchgeführt, welche nicht durch den oben genannten EAC-Mechanismus geschützt waren, welcher einen deutlich höheren Schutz bietet.

3.1.2 Art. 4 Abs. 1 Art. 5

Ausstellung, Ausfertigung, Entzug und Verlust des Ausweises Ausstellende Behörde und Antrag auf Ausstellung

Künftig bestimmen die Kantone eine oder mehrere Stellen, bei denen Schweizer Bürgerinnen und Bürger einen Antrag auf einen Ausweis einreichen können. Heute können in der Schweiz Anträge auf einen neuen Ausweis bei der Wohnsitzgemeinde gestellt werden. Die Einführung biometrischer Ausweise bedingt eine Umstellung im heutigen Ausstellungsverfahren. Aufgrund der neuen technischen Voraussetzungen ist es aus finanziellen Gründen nicht möglich, in jeder Gemeinde die notwendige Infrastruktur aufzubauen, um biometrische Daten, d.h. ein elektronisches Gesichtsbild und die Fingerabdrücke, erfassen und kontrollieren zu können. Es ist die Absicht des Bundesrates, den unterschiedlichen kantonalen Organisationsstrukturen, geographischen Gegebenheiten und Bedürfnissen bestmöglich Rechnung zu tragen und es den Kantonen zu überlassen, an welchen Stellen in einem Kanton in Zukunft Ausweise beantragt werden können. Weiter muss jeder Kanton eine Stelle bezeichnen, welche für den Bund als Ansprechpartnerin in Bezug auf die Ausstellung von Ausweisen dient. Diese Stelle trägt auch die Verantwortung und übt die Aufsicht über die weiteren Stellen aus, die Ausweisanträge entgegennehmen und bearbeiten können. In der Regel werden dies die heutigen kantonalen Passbüros sein.

Grundsätzlich müssen Ausweise in dem Kanton beantragt werden, wo eine Person Wohnsitz hat. Eine Zusammenarbeit der Kantone ist jedoch denkbar. So könnte ein Kanton zum Beispiel festlegen, dass Personen mit Wohnsitz in diesem Kanton im Nachbarkanton Ausweise beantragen können. Um eine einheitliche Behandlung von Ausweisgesuchen sicherzustellen, erlässt der Bundesrat Vorschriften betreffend das Antragsverfahren; er kann auch bestimmte Anforderungen, z.B. betreffend die Sicherheit, an die ausstellenden Behörden erlassen. Dazu gehören auch Vorschriften, welche die sichere Identitätsabklärung und die Datenherkunft betreffen. Es ist nicht sinnvoll, technisch hochstehende, fälschungssichere Ausweise zu produzieren, wenn 5186

die Identität der Ausweisinhaberin oder des Ausweisinhabers nicht ohne Zweifel feststeht. Die genauen Abläufe des zukünftigen Verfahrens müssen in Zusammenarbeit mit den beteiligten Stellen noch erarbeitet und anschliessend auf Verordnungsstufe festgelegt werden. Fest steht, dass die Identitätsabklärung mit Hilfe des elektronischen Personenstandsregisters (Infostar) erfolgen soll. Das Verfahren soll bürgerfreundlich und im Gegensatz zum Pilotprojekt nur mit einer einmaligen Vorsprache verbunden sein. Die Antragstellung und die Erfassung des Fotos sowie der Fingerabdrücke wird am selben Ort erfolgen. Technisch wird die Möglichkeit geschaffen, dass Bürgerinnen und Bürger ein Foto selber mitbringen. Dieses Foto wird jedoch den strengen Kriterien für Fotos für einen biometrischen Ausweis genügen müssen, damit es für die Ausstellung eines Ausweises akzeptiert werden kann. Es wird Sache der Kantone sein, zu entscheiden, ob sie das Mitbringen von Fotos zulassen wollen oder nicht.

Auch die Identitätskarte wird in Zukunft bei den von den Kantonen zu bezeichnenden Stellen zu beantragen sein und es wird dasselbe Verfahren zum Einsatz kommen, wie für den Pass. Es wird Sache der Kantone sein, ob sie das Ausstellungsverfahren für Identitätskarten sofort demjenigen für Pässe angleichen, oder ob sie eine Übergangsfrist von maximal zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes gewähren wollen. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die technische Infrastruktur für das bisherige Ausstellungsverfahren vom Bund unterhalten werden, danach jedoch deren Betrieb eingestellt. Es wäre einerseits nicht effizient und andererseits mit Kosten verbunden, wenn für Pass und Identitätskarte längerfristig unterschiedliche Prozesse bestünden, was auch Auswirkungen auf die Gebühren hätte.

Da die Kantone für ihre Aufwendungen im Zusammenhang mit der Ausstellung von Ausweisen durch einen Anteil an der Gebühr vollumfänglich entschädigt werden, leistet der Bund keine finanziellen Beiträge an die Kantone und stellt auch keine Infrastruktur (z.B. Erfassungs- und Lesegeräte für biometrische Ausweise) kostenlos zur Verfügung.

Der Bundesrat bezeichnet, wie bisher, diejenigen Stellen im Ausland, welche Ausweisanträge entgegennehmen können. Die Ausrüstung dieser Stellen muss vom Bund finanziert werden.

Art. 6

Entscheid

Die Absätze 1 und 2 dieses Artikels wurden aufgrund des neuen Ausstellungsverfahrens und der neuen Behördenorganisation angepasst.

Angesichts der Erfahrungen der ausstellenden Behörden mit im Ausland eingereichten Anträgen auf Ausstellung eines Ausweises ist Absatz 5 geändert worden. Wie bisher kann einer Person, die im Ausland wegen schwerer Widerhandlung strafrechtlich verfolgt wird oder rechtskräftig verurteilt worden ist, ein Ausweis verweigert werden. Die Ausstellung des Ausweises kann nun aber unabhängig vom Aufenthaltsort der Person verweigert werden. Heute kann der Ausweis nur verweigert werden, wenn die Person den Antrag in dem Land stellt, in dem sie verurteilt wurde bzw. verfolgt wird. Mit der neuen Regelung soll vermieden werden, dass die Schweiz einer Person, die strafrechtlich verfolgt wird, zur Flucht verhelfen muss, nur weil sich die Person nicht mehr in dem Land aufhält, welches nach ihr fahndet (z.B. nach der Flucht aus einer Haftanstalt oder dem bedingten Strafvollzug).

5187

Unverändert bleibt der letzte Satz des fünften Abschnitts, welcher ein Absehen von der Verweigerung erlaubt, wenn die angedrohte Sanktion zu einem Ergebnis führen würde, das mit dem schweizerischen Ordre public unvereinbar ist.

Art. 6a

Ausfertigungsstellen, Generalunternehmer, Dienstleistungserbringer und Lieferanten

Dieser neue Artikel regelt die Anforderungen an die Stellen, welche an der Ausweisherstellung beteiligt sind. Artikel 6a sieht vor, dass der Auftrag zur Herstellung der Ausweise (Schweizer Pass, Reisedokumente für ausländische Personen und Schweizer Identitätskarte) an eine oder mehrere Einrichtungen vergeben werden kann, wobei die Produktion von Pässen und Reisedokumenten für ausländische Personen gemäss den Vorgaben der EG aus Sicherheitsgründen bei einer Stelle anzusiedeln ist. Diese Anforderung erfüllt die Schweiz bereits. Die mit der Ausfertigung betrauten Stellen und gegebenenfalls auch ein Generalunternehmer müssen genau umschriebene Kriterien erfüllen, z.B. hohe Sicherheitsstandards, einschliesslich der Gebäudesicherheit, garantieren, und die in Absatz 2 genannten Personen müssen über einen guten Ruf verfügen. Neben den wirtschaftlich Berechtigten, den Inhaberinnen und Inhabern von Anteilen, den Organen und den Mitgliedern der Geschäftsleitung, müssen auch weitere Personen, die Einfluss auf die Unternehmung oder die Ausweisproduktion (z.B. Leiter der Produktion) haben oder haben können, über einen guten Ruf verfügen. Diese Anforderungen gelten sowohl für den heutigen Produzenten des Schweizer Passes (BBL) und Generalunternehmer (Orell Füssli AG) sowie die Produzentin der Identitätskarte (Trüeb AG) als auch für zukünftige mögliche andere Produzenten und Generalunternehmer. Da je nach Ausgestaltung der Vertrags- und Produktionsverhältnisse auch Leistungen von Dienstleistungserbringern (z.B. IT-Services) und Lieferanten massgebende Bedeutung für die Ausweisherstellung haben können, können diese auch den Sicherheitsbestimmungen unterstellt werden. In Einklang mit der Gesetzgebung über das öffentliche Beschaffungswesen privilegiert das Gesetz keinen Organisationstyp.

Wie heute soll zu Beginn der definitiven Einführung des biometrischen Passes die Konfektionierung (Herstellung des Passbüchleins) und Personalisierung des Passes im BBL erfolgen. Nach Abschluss der Einführungs- und Konsolidierungsphase des biometrischen Passes soll gemäss dem Beschluss des Bundesrates vom 1. März 2006 die Fertigung des Passes unter Beachtung von Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe a des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen28 ausgeschrieben werden.

Art. 6b

Aufgaben des Bundesamtes für Polizei

In diesem Artikel werden die heutigen und die mit der Einführung von biometrischen Ausweisen neu hinzukommenden Aufgaben des Bundesamtes für Polizei in Zusammenhang mit Ausweisen beschrieben. Es ist die Aufgabe des Bundesamtes die Einhaltung der in Artikel 6a genannten Anforderungen zu überwachen. Bereits heute ist das Bundesamt dafür zuständig, zu überwachen, dass die Ausfertigungsstellen der Schweizer Ausweise die Spezifikationen einhalten und eine einwandfreie und sichere Ausweisproduktion garantieren. Weiter ist das Bundesamt dafür zuständig, Anfragen in- und ausländischer Behörden, von Privatpersonen und der 28

SR 172.056.1

5188

Ausfertigungsstellen im Zusammenhang mit Schweizer Ausweisen (Pass und Identitätskarte) sowie dem Vollzug der Ausweisgesetzgebung zu beantworten und gegebenenfalls die notwendigen Anweisungen zu erteilen. Weiter betreibt das Bundesamt die Public Key Infrastructure, einschliesslich des Public Key Directory, für Schweizer Ausweise. Weil die Fachstelle des Bundes für Identitäts- und Legitimationsausweise, welche auch Ausweisspezialistinnen und -spezialisten beschäftigt, Bestandteil der Sektion Ausweisschriften im Bundesamt für Polizei ist, können bei der Erfüllung dieser Aufgaben Synergien genutzt werden.

3.1.3 Art. 11

Datenbearbeitung Informationssystem

Um die derzeitige Praxis zu widerspiegeln, wurde Artikel 11 Buchstabe a um die Ausfertigungsstelle ergänzt.

Absatz 2 dieses Artikels wurde neu formuliert und gibt die tatsächlichen Verhältnisse besser wieder als die ursprüngliche Fassung. Das Informationssystem dient der Ausstellung von Ausweisen. Weiter dient es nicht nur der Verhinderung von unberechtigten Mehrfachausstellungen eines Ausweises für eine Person, sondern ganz allgemein der Verhinderung einer unberechtigten Ausstellung von Ausweisen sowie der Verhinderung von deren missbräuchlicher Verwendung.

Art. 12

Datenbearbeitung und Datenbekanntgabe

Bereits heute werden die Daten der Ausweisinhaberinnen und -inhaber, einschliesslich Foto, im Informationssystem Ausweisschriften (ISA) gespeichert. Diese Daten dürfen nur von ganz bestimmten Behörden und zu einem eng umschriebenen Zweck verwendet werden, namentlich zur Verhinderung einer unberechtigten Ausstellung eines Ausweises, zur Vorbeugung von Missbräuchen, zur Überprüfung der geltend gemachten Identität, zur Überprüfung der Echtheit von Ausweisen und den weiteren in Artikel 28 VAwG genannten Zwecken. Der Schweizer Pass und die Schweizer Identitätskarte gelten als Nachweis des Schweizer Bürgerrechts. Daher ist die zuverlässige Identifikation einer Person, die einen Ausweis beantragt, einen Ausweis vorlegt oder geltend macht, Schweizerin oder Schweizer zu sein, von grosser Bedeutung. Die in Zukunft vorhandenen Fingerabdrücke bieten nun verlässlichere Möglichkeiten, eine Person zu identifizieren. Behauptet beispielsweise jemand, der angeblich den Pass verloren hat, die Schweizer Staatsbürgerschaft zu besitzen, oder beantragt jemand einen neuen Ausweis, so können die Fingerabdrücke der betreffenden Person mit denjenigen im System verglichen werden. Auch bei Beschädigungen des Ausweises bzw. des Chips (z.B. durch einen Mikrowellenofen) oder Fälschungsversuchen kann die zweifelsfreie Identifikation einer Person durch den Rückgriff auf die im System gespeicherten Daten gewährleistet werden. Durch eine Überprüfung der Daten im System werden das Erschleichen von Schweizer Ausweisen auf einen fremden Namen, die Nutzung einer falschen Identität und der Missbrauch von Ausweisschriften effizient bekämpft. Gleichzeitig wird aber die enge Zweckbindung des Informationssystems respektiert. Die Abfrage von Daten zu Fahndungs- oder Ermittlungszwecken bleibt zudem weiterhin verboten.

5189

Neu ist Absatz 3, wonach die Datenweitergabe aus dem Informationssystem explizit zulässig ist, wenn es um die Identifikation von Opfern von Unfällen, Naturkatastrophen und Gewalttaten sowie von vermissten Personen geht. Zu denken ist dabei etwa an die Flutkatastrophe von Ende 2004 oder an andere Ereignisse, bei denen die rasche Identifikation von Schweizer Staatsangehörigen notwendig ist.

Art. 13

Meldepflicht

Mit der Änderung dieses Artikels wird der heutigen Praxis Rechnung getragen, und die Verwaltungsabläufe werden vereinfacht.

Art. 16

Vollzug

Der Artikel 16 ist insofern ergänzt worden, als der Bundesrat gehalten ist, bei der Regelung der Ausführungsbestimmungen zum Gesetz den einschlägigen Bestimmungen der Europäischen Union und jenen der ICAO Rechnung zu tragen. Diese Änderung wird dem internationalen Umfeld besser gerecht ­ ein Umfeld, das es im Zusammenhang mit dem Thema Ausweise unbedingt zu berücksichtigen gilt.

Übergangsbestimmung der Änderung vom ...

Wie in Ziffer 3.1.2 ausgeführt, können während einer Übergangsfrist von maximal zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes Identitätskarten wie bisher bei der Wohnsitzgemeinde beantragt werden. Es wird Sache der Kantone sein, ob sie das Ausstellungsverfahren für Identitätskarten sofort demjenigen für Pässe angleichen, oder ob sie eine Übergangsfrist nutzen wollen. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die technische Infrastruktur für das bisherige Ausstellungsverfahren vom Bund unterhalten werden, danach wird jedoch deren Betrieb eingestellt.

3.2

Anpassungen im Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG)

Die Einführung der biometrischen Daten in Reisedokumenten für ausländische Personen wird sich weitgehend an die Regelung für die Pässe von Schweizerinnen und Schweizern anlehnen. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die technischen Voraussetzungen, die Lesbarkeit und die Ausfertigung dieser Ausweise. Mit Bezug auf die organisatorische Ausgestaltung ergeben sich indessen Unterschiede, da nicht dieselben Behörden zuständig sind wie für die Pässe von Schweizerinnen und Schweizern. Um Synergien so weit wie möglich zu nutzen, wird für die Ausstellung von Reiseausweisen für ausländische Personen eine Zusammenarbeit mit den für die Ausstellung von Schweizer Ausweisen zuständigen kantonalen Behörden angestrebt.

So kann die im Zusammenhang mit der Einführung des biometrischen Passes zu beschaffende Infrastruktur mehrfach genutzt werden. Die zuständigen kantonalen Behörden haben die notwendigen Zugriffe auf die bestehenden ausländer- und asylrechtlichen Datenbanken bzw. werden die erforderlichen Zugriffe erhalten. Die Personendaten sollen wie heute im Informationssystem Reisedokumente (ISR) bearbeitet und gespeichert werden.

5190

Art. 59

Reisedokumente

Artikel 59 regelt die Ausstellung und Ausfertigung von Reisedokumenten für ausländische Personen. Absatz 4 wird insofern ergänzt, als mit der Erfassung des Gesichtsbilds und der Fingerabdrücke sowie mit der Weiterleitung der Ausweisdaten an die ausfertigende Stelle Dritte beauftragt werden können.

Im neu geschaffenen Absatz 5 wird klargestellt, dass auch die von der Schweiz an ausländische Personen ausgestellten Reisedokumente ein digitalisiertes Gesichtsbild und die Fingerabdrücke der Inhaberin oder des Inhabers enthalten können. Wie beim Schweizer Pass besteht die eigentliche Neuerung darin, dass diese Daten digitalisiert auf dem Chip gespeichert werden.

Im ebenfalls neu geschaffenen Absatz 6 erhält der Bundesrat analog zu Artikel 2 Absatz 2ter AwG die Kompetenz, näher festzulegen, welche Reisedokumente für ausländische Personen letztlich mit einem Chip ausgerüstet und welche Daten darauf gespeichert werden sollen.

Da die Reisedokumente für ausländische Personen dieselben technischen Voraussetzungen erfüllen müssen wie der Schweizer Pass und für ihre Ausfertigung dieselben Stellen genutzt werden sollen, findet Artikel 6a AwG sinngemäss Anwendung. Mit Bezug auf die Sicherheit und das Auslesen des Datenchips sind die Bestimmungen von Artikel 2a AwG massgebend.

Das heute angewandte Verfahren bei der Ausstellung und Ausfertigung der Ausweise soll grundsätzlich beibehalten werden. Das Antragsverfahren soll ferner so ausgestaltet werden, dass biometrische Daten nur von Personen erhoben werden, deren Ausweisberechtigung feststeht. Aus diesem Grund ist vorgesehen, dass das Bundesamt für Migration nach der Entgegennahme des Gesuchs in einem ersten Schritt die Personalien der ausländischen Person im ISR aufnimmt und anschliessend deren Ausweisberechtigung prüft. Sind die Voraussetzungen für die Ausstellung des beantragten Dokuments erfüllt, erhebt das Bundesamt für Migration in einem nächsten Schritt die Ausweisgebühren. Die Erfassung der biometrischen Daten sowie die Weiterleitung der erforderlichen Ausweisdaten an die ausfertigende Stelle sollen erst in einem weiteren Verfahrensschritt stattfinden. Für die Erfassung der biometrischen Daten, deren Registrierung im ISR und die Weiterleitung der Ausweisdaten an die ausfertigende Stelle wird im Rahmen der Umsetzungsarbeiten eine Zusammenarbeit mit den
kantonalen Passämtern angestrebt. Letztere müssen eine datenschutzkonforme Bearbeitung der Daten sicherstellen. Damit werden die Anforderungen des Datenschutzgesetzes vollumfänglich erfüllt.

Art. 111

Informationssysteme für Reisepapiere

In Artikel 111 Absatz 2 Buchstabe a AuG wird der Datenkatalog der im ISR enthaltenen Daten um die in der EG-Ausweisverordnung vorgesehenen Fingerabdrücke ergänzt. Der bisher verwendete Begriff der Fotografie wird im Hinblick auf eine einheitliche Terminologie durch den auch im Ausweisgesetz verwendeten Begriff «Gesichtsbild» ersetzt.. Die Anpassungen der Absätze 4 und 5 erfolgen im Hinblick auf die Änderungen von Artikel 59 Absatz 4, der vorsieht, dass neu nicht nur das zuständige Bundesamt die Daten erfassen, sondern damit teilweise oder ganz Dritte beauftragen kann.

5191

4

Auswirkungen

4.1

Im Bereich biometrischer Pass

4.1.1

Auswirkungen auf den Bund

4.1.1.1

Ausgangslage

Das mehrjährige Projekt zur definitiven Einführung biometrischer Pässe bedingt, dass durch das EJPD über das Voranschlagsjahr hinaus reichende finanzielle Verpflichtungen gegenüber Dritten eingegangen werden müssen (z.B. öffentliche Ausschreibung der Erfassungsinfrastruktur). Um den Haushaltsvorschriften zu genügen, wird dem Parlament für die Jahre 2007 bis 2009 ein Verpflichtungskredit in der Höhe von rund 30 Mio. Franken mit einer separaten Vorlage beantragt. Dieser Verpflichtungskredit soll die Projektkosten des Bundes beinhalten, welche bei der definitiven Einführung des biometrischen Passes im EJPD und EDA anfallen, einschliesslich des befristet über Sachkredit anzustellenden Personals.

Für die definitive Einführung von biometrischen Pässen sind Anpassungen an den Produktionsanlagen des Bundes (z.B. Steuerungssoftware) notwendig. Die Kosten für diese Arbeiten werden aus den im Finanzplan des EFD für 2008 (Fr. 500 000) und 2009 (Fr. 500 000) eingestellten Mitteln finanziert. Auch die Mittel für die notwendigen baulichen Anpassungen in den Schweizer Auslandvertretungen (3 Mio. Fr.) sind bereits im Finanzplan des EFD eingestellt.

Die Einführung von biometrischen Pässen stellt für die beteiligten Bundesstellen eine neue Aufgabe sowie eine Mehrleistung dar, welche mit einem zusätzlichen Aufwand und entsprechenden Kosten verbunden ist. Die durch den Zusatzaufwand entstehenden Mehrkosten sind gemäss dem Kostendeckungsprinzip durch Gebührenmehreinnahmen zu decken. Entsprechend wird diese zusätzliche Aufgabe für den Bund im Endeffekt haushaltsneutral ausfallen. Die erforderlichen Mittel werden daher im Budget und im Finanzplan des EJPD eingestellt.

4.1.1.2

Umsetzungskosten definitive Einführung biometrischer Pässe

Die nachfolgenden Tabellen geben Auskunft über die zu erwartenden Umsetzungsbzw. Projektkosten im EJPD und EDA, für welche dem Parlament mit einer separaten Vorlage ein Verpflichtungskredit beantragt wurde. Da die Ausrüstung der Auslandvertretungen mit Erfassungsgeräten durch das EJPD finanziert wird, sind auch diese Mittel im genannten Verpflichtungskredit enthalten. Für den Aufbau der Infrastruktur in den Kantonen sind keine Bundesmittel vorgesehen. Die notwendigen Investitionen sind von den Kantonen zu übernehmen, dafür erhalten sie jedoch einen Anteil an der Ausweisgebühr (vgl. Ziff. 4.1.3). Die Aufteilung zwischen EJPD und EDA zeigt auf, welche Kosten für die Umsetzung des Projektes im Allgemeinen anfallen und mit welchen Kosten für die Ausrüstung der Schweizer Auslandvertretungen zu rechnen ist.

5192

EJPD

2007

2008

2009

Total

1 000 000

1 500 000

750 000

3 250 000

IT-Investitionen (Datenbank, Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der Daten, Public Key Infrastructure, Extended Access Control)

500 000

3 500 000

2 000 000

6 000 000

Personal EJPD (6 Stellen, befristet)

900 000

900 000

900 000

2 700 000

10 000

250 000

250 000

510 000

Externe Dienstleistungen

750 000

1 000 000

750 000

2 500 000

Information Öffentlichkeit

150 000

750 000

750 000

1 650 000

ICAO PKD

110 000

IT-Dienstleistungen

Ausbildung Inland (Kantone)

Übriger Aufwand

110 000

70 000

100 000

100 000

270 000

3 490 000

8 000 000

5 500 000

16 990 000

2007

2008

2009

Total

200 000

200 000

10 100 000

10 500 000

Ausbildung Ausland (EDAVertretungen)

500 000

500 000

1 000 000

Personal EDA (2 Stellen, befristet)

300 000

300 000

600 000

Transportkosten EDA

250 000

250 000

500 000

200 000

1 250 000

11 150 000

12 600 000

3 690 000

9 250 000

16 650 000

29 590 000

Zwischentotal 1

EDA (Schweizer Auslandvertretungen)

Erfassungssysteme (nur Bund, hauptsächlich EDA)

Zwischentotal 2

Total Projektkosten EJPD und EDA = beantragter Verpflichtungskredit

Es ist davon auszugehen, dass ein grosser Teil der Investitionen für den Aufbau der Infrastruktur sowohl für den biometrischen Schweizer Pass als auch für die Reisedokumente für Ausländerinnen und Ausländer genutzt werden kann (insbesondere betreffend die Public Key Infrastructure (PKI) und das «Extended Access Control» [EAC]-Verfahren). Weitere Nutzungsmöglichkeiten werden derzeit noch geprüft, z.B. für die aufgrund des Schengen-Übereinkommens zukünftig notwendige Ausstellung von biometrischen Visa und biometrischen Ausländerausweisen. Auch werden die Polizeien, insbesondere die Flughafenpolizeien, und das Grenzwachtkorps beim Lesen und Prüfen von biometrischen Pässen von den getätigten Investitionen und Vorarbeiten profitieren können. Somit handelt es sich hierbei um Investitionen, die aufgrund der weltweiten Einführung von biometrischen Daten in 5193

Ausweisen getätigt werden müssen und nicht ausschliesslich wegen des Schweizer Passes. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die oben genannten Stellen keinerlei weitere Investitionen werden tätigen müssen, um schweizerische und ausländische biometrische Dokumente (Pass, Identitätskarte, Visa etc.) lesen und prüfen zu können. Für die Beschaffung der notwendigen Lesegeräte hat das Grenzwachtkorps mit dem Budget 2008 2 Millionen Franken beantragt und für 2009 1 Million Franken im Finanzplan eingestellt.

4.1.1.3

Betriebs- und Produktionskosten

Für den Betrieb der notwendigen IT-Infrastruktur (namentlich PKI, EAC), für Lizenz-, Wartungs- und Supportkosten, für Abschreibungen sowie für die in Ziffer 4.1.1.4 genannten Personalkosten im EJPD und EDA ist ab 2010 mit zusätzlichen jährlichen Aufwendungen von rund 14.9 Millionen Franken zu rechnen. 2009 wird mit der Hälfte der erwarteten jährlichen Betriebskosten für ein volles Betriebsjahr gerechnet. Diese zusätzlichen Kosten entstehen insbesondere durch höhere IT-Kosten aufgrund der komplexen PKI zum Schutz der Fingerabdrücke sowie der notwendigen Abschreibungen. In dieser Summe sind auch die Zahlungen an die ICAO für den Betrieb des ICAO-PKD enthalten. Auf diesem ICAO-PKD wird der öffentliche Teil der für die digitale Signierung der biometrischen Pässe verwendeten Schlüssel hinterlegt. Stellen, die Ausweise überprüfen müssen, können auf dieses PKD zugreifen und so die Authentizität der digitalen Signaturen in- und ausländischer Pässe überprüfen. Für diese Dienstleistung erhebt die ICAO von den Mitgliedstaaten, einschliesslich der Schweiz, jährlich eine Gebühr. Diese Gebühr hängt von der Anzahl der jährlich ausgestellten Pässe ab. Für die Schweiz ist mit rund 60 000 Franken (USD 45 000) zu rechnen. Die einmalige Einschreibegebühr beträgt rund 110 000 Franken (USD 85 000).

4.1.1.4

Personelle Auswirkungen Betrieb

Die nachfolgend genannten personellen Auswirkungen sind in den oben genannten jährlichen Betriebskosten berücksichtigt.

Die mit der Einführung von biometrischen Pässen verbundene neue Technologie (Biometrie, Chip im Pass, PKI, EAC etc.) erfordert, dass das Bundesamt für Polizei über Fachpersonal auf diesem Gebiet verfügt. Es gilt einerseits, an der rasanten internationalen Entwicklung im Bereich Biometrie in Reiseausweisen teilzunehmen und diese mitzubestimmen. Andererseits müssen auftretende Fragen und Probleme mit biometrischen Ausweisen bei Bürgerinnen und Bürgern sowie den betroffenen Stellen (Kantone, Polizei, GWK etc.) entsprechend beantwortet bzw. gelöst werden können. Dazu gehört auch die Weiterführung der 2003 eingeführten Hotline Ausweisschriften für Bürgerinnen- und Bürgeranfragen in Zusammenhang mit Schweizer Ausweisen. Insgesamt sind für diese Aufgaben vier unbefristete Vollzeitstellen zu schaffen. Für die Erfüllung dieser Aufgaben wurde bisher befristet angestelltes Personal beigezogen. Damit das Fachwissen längerfristig beim Bund verbleibt, sind jedoch unbefristete Stellen notwendig.

5194

Die definitive Einführung des biometrischen Passes wird bei den schweizerischen Vertretungen im Ausland einen Mehraufwand verursachen. Für die zukünftige Bearbeitung von Anträgen für Pässe mit biometrischen Daten ist mit einem erhöhten Zeitaufwand zu rechnen. Für die Erfüllung dieser Aufgaben geht das EDA von einem zusätzlichen Stellenbedarf von 20 Vollzeitstellen in den schweizerischen Auslandvertretungen aus. Für den technischen Support und die Beratung der Auslandvertretungen benötigt das EDA zwei weitere Vollzeitstellen.

4.1.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Aufgrund des Kostendeckungsprinzips hat die Einführung des biometrischen Passes für die Kantone keine mittelbaren Kosten zur Folge. Die Kantone müssen zwar die Kosten für die Beschaffung, den Unterhalt und den Ersatz der für die Ausstellung von biometrischen Pässen notwendigen Infrastruktur tragen. Darüber hinaus müssen geeignete Räume und Personal zur Verfügung gestellt werden. Zur Deckung dieser Kosten werden die Kantone, wie dies bereits beim heutigen Pass der Fall ist, aber einen entsprechenden Anteil an der schweizweit einheitlichen Passgebühr erhalten.

Bundesgelder sind hierfür nicht vorgesehen.

Es wird unter Berücksichtigung des ihnen zustehenden Gebührenanteils Sache der Kantone sein, zu bestimmen, an welchen und an wie vielen Stellen in Zukunft Ausweise beantragt werden können (vgl. Art. 5 Abs. 2 AwG). Entsprechend den kantonalen Gegebenheiten werden die notwendigen Investitionen unterschiedlich ausfallen.

Es ist davon auszugehen, dass die Kantone nicht in allen Schweizer Gemeinden die Infrastruktur zur Bearbeitung von Anträgen für biometrische Pässe aufbauen werden, sondern Lösungen mit einem oder mehreren kantonalen Erfassungszentren realisieren werden. Somit werden die Gemeinden ihre heutige Aufgabe bei der Bearbeitung von Anträgen für Pässe und nach der Übergangszeit von zwei Jahren auch für Identitätskarten an die Kantone abgeben können.

4.1.3

Berechnung der Passgebühr und der erwarteten Bundeseinnahmen

Wie der Bundesrat bereits in seiner Stellungnahme auf die Motion Amherd (06.3165), Schweizer Pass, festgehalten hat, soll die Passgebühr auf Verordnungsstufe festgelegt werden. Sie soll möglichst niedrig, aber trotzdem kostendeckend sein. Der Preis wird grundsätzlich nicht subventioniert. Hingegen soll am heutigen Grundsatz, dass für Kinder eine tiefere Passgebühr erhoben wird, festgehalten werden. Die Mindereinnahmen werden durch die Gebühr für Erwachsenenpässe gedeckt.

Die Herstellungskosten für einen Pass und die anfallenden Betriebskosten, inklusive der Amortisation der Entwicklungskosten und Investitionen, lassen sich bereits heute abschätzen. Ausgehend von einer durchschnittlichen Jahresproduktion von 500 000 Pässen, wobei grosse Schwankungen zu erwarten sind29, ist mit Produk29

2005 wurden über 800 000 Pässe produziert.

5195

tionskosten von rund 45 Franken und Betriebskosten von rund 22 Franken pro Pass zu rechnen (Gestehungskosten Bund: ca. 67 Franken). Der Gebührenanteil zur Deckung der Aufwendungen der Kantone bzw. für die im Ausland ausgestellten Pässe ist in den Berechnungen noch nicht enthalten. Die Kosten für die Bearbeitung von Anträgen (Antrags- und Identitätsüberprüfung, Datenerhebung) stehen heute noch nicht abschliessend fest. Sie hängen massgeblich vom neuen Ausstellungsverfahren für biometrische Pässe ab (vgl. Ziffer 3.1.2), das in Zusammenarbeit mit den Kantonen noch zu erarbeiten ist, und von den Kosten für die Erfassungssysteme, welche mittels einer öffentlichen Ausschreibung beschafft werden. Fest steht, dass die Kantone für ihre Aufwendungen angemessen entschädigt werden müssen.

Ausgehend von den Gestehungskosten des Bundes von ca. 67 Franken und einer durchschnittlichen Jahresproduktion von 500 000 Pässen, wobei starke Schwankungen zu erwarten sind, ist ab dem ersten vollen Betriebsjahr (2010) mit jährlichen Gebühreneinnahmen von durchschnittlich rund 33.5 Millionen Franken zu rechnen, aus welchen die Umsetzungs- bzw. Projektkosten und die Gestehungskosten zu decken sein werden.

4.1.4

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Einführung des biometrischen Passes hat eine positive Auswirkung auf die Reisefreiheit für Schweizer Staatsangehörige. Mit dem biometrischen Pass wird der Verbleib im Visa Waiver Program (VWP) der USA sichergestellt. Für die Schweizer Wirtschaft ist es von allergrösster Bedeutung, auch weiterhin an diesem Programm beteiligt zu sein. Andernfalls müssten Schweizer Reisende ein Gesuch um ein Visum für die Einreise in die USA stellen, das 100 Dollar kostet. Hinzu kommt, dass bei einer Visumbeantragung im Voraus bei einer US-amerikanischen Vertretung ein Termin vereinbart und dort persönlich vorgesprochen werden muss.

Der biometrische Pass sowie die notwendige Infrastruktur wurden in Zusammenarbeit mit verschiedenen Firmen mit Sitz in der Schweiz entwickelt. Durch die Zusammenarbeit in diesem neuen Technologiebereich entstehen positive Impulse für den Wirtschaftsstandort Schweiz.

4.2

Im Bereich Reisedokumente für ausländische Personen

4.2.1

Auswirkungen auf den Bund

4.2.1.1

Ausgangslage

Auch für die Ausstellung von Reisedokumenten für ausländische Personen wird das Kostendeckungsprinzip angewandt. Es ist davon auszugehen, dass die Gestehungskosten des Bundes in etwa mit denjenigen für den Schweizer Pass vergleichbar sind.

Wie erwähnt, dürfen zudem aus rechtlichen Gründen die Gebühren für Reisedokumente, welche die Schweiz anerkannten Flüchtlingen sowie anerkannten Staatenlosen ausstellt, diejenigen für den Schweizer Pass nicht übersteigen.

5196

4.2.1.2

Umsetzungskosten

Bei der Einführung von biometrischen Reisedokumenten für Ausländer kann massgeblich von den Arbeiten am Schweizer Pass profitiert werden. Für die Anpassung des Informatiksystems Reiseausweise rechnet das BFM 2008 mit Fr. 502 800 und 2009 mit Fr. 222 400. Die Mittel werden mit einem Verpflichtungskredit Schengen/Dublin beantragt werden. Mit weiteren Kosten rechnet das BFM nicht.

4.2.1.3

Personelle Auswirkungen

Die Einführung biometrischer Reisedokumente für ausländische Personen kann mit dem aktuellen Personalbestand verwirklicht werden, ohne dass dazu die Schaffung neuer Stellen notwendig wäre. Es wird davon ausgegangen, dass im Rahmen der Projektarbeiten massgeblich von der Entwicklungsarbeit für den biometrischen Schweizer Pass profitiert werden kann.

4.2.1.4

Produktionskosten

Sinngemäss gelten die unter Ziffer 4.1.1.3 gemachten Erläuterungen auch für die biometrischen Reisedokumente für ausländische Personen, welche wie der Schweizer Pass zur so genannten «Schweizer Passfamilie» gehören. Der Herstellungsprozess ist mit demjenigen des Schweizer Passes identisch, und es werden dieselben Produktionsanlagen genutzt. Die vorgesehenen Produktionsanlagen für den Schweizer Pass reichen aus, um auch die Reisedokumente für ausländische Personen herzustellen. Es ist deshalb nicht erforderlich, für diesen Zweck zusätzliche Produktionsanlagen bereitzustellen.

4.2.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Wie in Ziffer 3.2 erwähnt, soll die Erfassung der biometrischen Daten in Zusammenarbeit mit den zuständigen kantonalen Behörden erfolgen. Damit wird die Auslastung der kantonalen Infrastruktur verbessert, was insgesamt zu einer Kostensenkung führen wird. Für die Gemeinden werden keine Auswirkungen zu verzeichnen sein.

4.2.3

Berechnung der Gebühr

Den mit der Ausstellung von biometrischen Reisedokumenten anfallenden zusätzlichen Kosten wird auch im Ausländerbereich durch eine entsprechende Erhöhung der Gebühren Rechnung getragen. Diese Gebührenerhöhung wird in die laufenden Revisionsarbeiten der RDV einfliessen.

5197

4.2.4

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Angesichts der geringen Anzahl biometrischer Reisedokumente für ausländische Personen, welche jährlich ausgestellt werden, sind die Auswirkungen auf die Volkswirtschaft gering.

5

Verhältnis zur Legislaturplanung

Das vorliegende Rechtssetzungsvorhaben ist im Bericht über die Legislaturplanung 2003­2007 nicht ausdrücklich erwähnt30. Zum Zeitpunkt der Legislaturplanung stand der Gesetzgebungsbedarf aufgrund der vorliegenden Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands sowie der Forderungen der USA noch nicht fest. Da aus den in Ziffer 1 dargelegten Gründen biometrische Pässe und Reisedokumente bis 2009 eingeführt werden müssen, muss die Botschaft zur Revision des AwG und des AuG jetzt vorgelegt werden.

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Vereinbarkeit mit der Verfassung und dem internationalen Recht

Die vorgesehenen Anpassungen sind mit der Verfassung und dem internationalen Recht vereinbar.

6.2

Genehmigungsbeschluss

Die Übernahme der EG-Ausweisverordnung ist als Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrages zu betrachten, da neue Rechte und Pflichten zwischen der Schweiz und der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und denjenigen Mitgliedstaaten, die durch diese Rechtsakte gebunden werden, entstehen. Eine selbständige Vertragsabschlusskompetenz des Bundesrats nach Artikel 7a RVOG liegt nicht vor, da die Vereinbarung zur Einführung von biometrischen Daten in Ausweisen nicht als Vertrag von beschränkter Tragweite bezeichnet werden kann. Der Vertrag unterliegt deshalb gemäss Artikel 166 Absatz 2 BV der Genehmigung durch die Eidgenössischen Räte. Dieses Verfahren gilt für die EG-Ausweisverordnung.

Die Übernahme der durch die Kommission vorgenommenen Weiterentwicklungen betreffend die technischen Spezifikationen fällt hingegen in die Abschlusskompetenz des Bundesrates (Art. 7a Abs. 2 Bst. b RVOG).

30

http://www.bk.admin.ch/dokumentation/publikationen/00290/00878/index.html?lang=de

5198

6.3

Erlassform bzw. Umsetzungsgesetzgebung

Die Einführung biometrischer Daten in Pässen und Reisedokumente für ausländische Personen hat in Form einer Abänderung des AwG und des AuG zu erfolgen (Art. 163 Abs. 1 und Art. 164 Abs. 1 BV).

6.4

Folgen der Nichtrealisierung

Im Falle der Nichteinführung von biometrischen Pässen und Reisedokumenten würde das ­ in den Schengen-Assoziierungsübereinkommen vorgesehene ­ spezielle Verfahren zur Anwendung gelangen, das zur Aussetzung bzw. sogar zu Beendigung des Abkommens führen kann. Daneben würde eine Nichteinführung den Verbleib der Schweiz im Visa Waiver Program (VWP) der USA gefährden mit der Folge, dass die Wiedereinführung der Visumspflicht für Schweizer Bürgerinnen und Bürger drohen würde.

6.5

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

6.5.1

Ausweisgesetz

In Artikel 2 Absatz 2ter, Artikel 2a, Artikel 5 und Artikel 16 des AwG werden dem Bundesrat verschiedene neue Kompetenzen eingeräumt. Der Bundesrat kann: ­

die Art der biometrischen Daten festlegen (Gesichtsbild, Fingerabdrücke), die in den jeweiligen Ausweisen gespeichert werden;

­

die technischen Modalitäten hinsichtlich der Sicherheit des Passes bzw. des Chips sowie dessen Funktionsweise bestimmen;

­

Verträge über das Lesen von Fingerabdrücken in Dokumenten schliessen, die mit einem Chip ausgestattet sind;

­

Transportunternehmen, Flughafenbetreiber und weitere Stellen, welche die Identität einer Person prüfen müssen, dazu ermächtigen, auf die auf dem Chip gespeicherten Fingerabdrücke zuzugreifen;

­

die Anforderungen an die mit der Herstellung der Ausweise betrauten Ausfertigungsstellen, die Generalunternehmer, Dienstleistungserbringer und Lieferanten festlegen.

Diese neuen Kompetenzen werden durch eine Änderung der VAwG sowie allenfalls durch die Schaffung einer neuen Ausführungsverordnung ausgeübt.

6.5.2

Ausländergesetz

Zusätzlich zu den in der vorstehenden Ziffer erwähnten Kompetenzen wird der Bundesrat in Artikel 111 Absatz 6 AuG ermächtigt, auch im Ausländerbereich die notwendigen Ausführungsbestimmungen zu erlassen.

5199

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