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Verordnung betreffend

Begehren um Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse und um Revision der Bundesverfassung.

(Vom

23. Februar 1897.)

Der schweizerische Bundesrat, nach Einsicht eines Berichts seines politischen Departements über Unregelmäßigkeiten und Gesetzwidrigkeiten bei Referendums- und Initiativbegehren; in Anwendung und Ausführung des Bundesgesetzes betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, vom 17. Juni 1874*), und des Bundesgesetzes über das Verfahren bei Volksbegehren und Abstimmungen betreffend Revision der Bundesverfassung, vom 27. Januar 1892**), beschließt: Art. 1. Jeder Bürger, welcher das Verlangen der Volksabstimmung stellen oder unterstützen will, hat es eigenhändig zu unterzeichnen.

*) Siehe eidg. Gesetzsammlung, n. F., Bd. I, S. 116.

**) Siehe eidg. Gesetzsammlung, n. F., Bd. XII, S. 885.

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Beschlüsse von Gemeinden oder ändern Versammlungen O haben nur als Begehren der einzelnen Bürger Gültigkeit, welche sie persönlich unterzeichnet haben.

Die Beisetzung des Namens eines Dritten ,,im Auftrage1oder ,,mit Zustimmung" desselben ist unstatthaft.

Wer des Schreibens unkundig ist, kann seine Namensunterschrit't durch ein Handzeichen, z. B. durch ein Kreuz, ersetzen. In diesem Falle hat der zuständige Beamte ausdrücklich zu bezeugen, daß das Handzeichen von dem und dem in der Gemeinde stimmberechtigten Bürger herrührt.

Jeder Bürger hat seinen Namen voll zu schreiben.

Art. 2. Die Stirnmberechtigung der Unterzeichner ist von der zuständigen Behörde der Gemeinde, wo sie ihre politischen Rechte ausüben, zu bezeugen.

Diese Bezeugung muß am Fuße jeder Liste angebracht sein und im wesentlichen folgendermaßen lauten: ,,Die unterzeichnete zuständige Amtsstelle der Gemeinde bezeugt anrnit, d a ß d i e obigen . . . .

(die Zahl der auf dem Bogen befindlichen Unterschriften angeben) Bürger in eidgenössischen Angelegenheiten stimmberechtigt sind und ihre politischen Rechte in hiesiger Gemeinde ausüben.u (Datum, Unterschrift, nebst Angabe der amtlichen Eigenschaft des unterzeichneten Beamten, und Stempel.)

Art. 3. Die schriftlichen Eingaben sind an den Bundesrat zu richten, welcher eine Prüfung darüber veranstaltet, ob sie den Bestimmungen des Gesetzes entsprechen.

Ergiebt es sich bei dieser Prüfung, daß das in dem vorigen Artikel geforderte Zeugnis in einer Eingabe fehlt, so sind alle darauf befindlichen Unterschriften ungültig; ebenso wenn ein Zeugnis sich über die Stimmberechtigung oder den Ort der Ausübung des Stimmrcchts nicht aus-

549 spricht, wenn es die Anzahl der Unterschriften nicht erwähnt oder eine unrichtige Anzahl angiebt, wenn der Stempel i'ehlt, oder wenn bei der Unterschrift der bescheinigenden Person die Angabe ihrer amtlichen Eigenschaft vermißt wird.

Desgleichen machen Ausstreichungen und Überschreibungen im Zeugnisse, die nicht von der Hand des bezeugenden Beamten herrühren und von ihm nicht beglaubigt sind, die ganze Liste ungültig.

Ist ein Zeugnis in Bezug auf die Stimmberechtigung oder das Domizil einzelner in der Liste verzeichneten Bürger unrichtig, so werden die betreffenden Unterschriften als ungültig gestrichen.

Wenn sich in einer Eingabe Unterschriften linden, welche offenbar von einer und derselben Hand herrühren, so werden diese Unterschriften mit Ausnahme einer einzigen ebenfalls als ungültig beseitigt.

Art. 4. Wer unter eine Eingabe eine andere Unterschrift als die seinige, oder seine Unterschrift mehr als einmal setzt, unterliegt strafrechtlicher Ahndung.*) Art. 5. Die Bestimmungen dieser Verordnung gelten auch für die Unterschriften bei Initiativbegohren betreffend Revision der Bundesverfassung (Bundesgesctz vom 27. Januar 1892).

*) Absatz l bis 2 des Art. 49 des Bundesstrafgesetzes vom 4. Körnung 1853 (A. S. III, 404) lautet: ,,Eine Geldbuße, mit welcher in schwereren Fällen Gefängnis bis auf 2 Jahre verbunden werden kann, verwirkt: «. Wer auf das Ergebnis einer gemäß der Bundesgesetzgebung stattfindenden Wahl oder ä n d e r n V e r h a n d l u n g durch Wegnahme oder Verfälschung echter oder durch Beifügung falscher Stimmzettel, oder auf a n d e r e r e c h t s w i d r i g e Weise einwirkt."

550 Art. 6. Vorstehende Verordnung, durch welche die Verordnung vom 2. Mai 1879 (A. S. n. F. IV, B. 81) aufgehoben wird, tritt sofort in Kraft.

B e r n , den 23. Februar 1897.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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