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Schweizerisches Bundesblatt mit schweizerischer Gesetzsammlung,

67. Jahrgang.

Bern, den 22. September 1915.

Band III.

Erscheint wöchentlich. Preis 10 Franken im Jahr. 5 Franken im Halbjahr, zuzüglich ,,Nachnahme- und Postbestellungsgebühr" Einrückungsgebühr : 15 Rappen die 2;eile oder deren Raum. -- Anzeigen franko an die Buchdruckerei Stämpfli & Cle. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Gewährung eines Bundesdarlehens an den Kanton Uri, zur Erfüllung der ihm aus der Liquidation seiner frühern Ersparniskasse erwachsenden Verbindlichkeiten.

(Vom 14. September 1915.)

In der ersten Hälfte des verflossenen Jahres geriet die Ersparniskasse Uri, für welche dieser Kanton unbedingt haftet, infolge unregelmässiger und waghalsiger Geschäftsführung in Schwierigkeiten. Eine von der schweizerischen Revisionsgesellschaft A.-G. in Zürich vorgenommene vorläufige Untersuchung ergab, dass sich auf einer Reihe von Geschäften eine Einbusse von mindestens 1,2 Millionen Franken einstellen werde. Bald zeigte es sich jedoch, dass diese Schätzung der zu erwartenden Verluste viel zu tief gegriffen war. Es erfolgte hierauf, wie immer in solchen Fällen, ein Ansturm der Einleger auf die Kassaschalter behufs Rückzug der Spargelder, der das sofortige Eingreifen der Behörden notwendig machte. Auf ihr Ansuchen hin bewilligte der Verband schweizerischer Kantonalbanken, in Verbindung mit der schweizerischen Nationalbank, ein gedecktes Darlehen von vier Millionen Franken, und ferner wurde eine weitere Million von einigen grössern Kantonalbanken gegen Wechsel für alle Fälle zur Verfügung gestellt. Die Lage der Kasse war so, dass der erstere Kredit sofort völlig in Anspruch genommen werden musste, und dass auch der letztere in der Folge teilweise benötigt wurde.

Der bisherige Direktor der Ersparniskasse wurde sofort vom Amte suspendiert und zuerst vorläufig und dann endgültig durch Bundesblatt. 67. Jahrg. Bd. III.

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eine geeignete Persönlichkeit ersetzt. Der gesamte frühere Bankrat trat zurück. Nach langen Unterhandlungen gelang es, eine neue Bankbehörde zusammenzubringen, in welcher zwei schweizerische Kantonalbanken durch je ein Mitglied ihres Bankrates vertreten waren.

Der neue Verwaltungsrat nahm die Besorgung der laufenden Geschäfte sofort an die Hand, Er unterwarf die industriellen Unternehmungen, bei denen die Anstalt beteiligt war, sowie allo überhaupt gefährdeten Forderungen einer genauen Prüfung. Alle beanstandeten Posten wurden ausgeschieden, zusammengefasst und unter dem Titel ,,Finanzdirektion Uri, Liquidationsrechnung'''' besonders gebucht. Es ermöglichte dies einen Überblick über die regulären Geschäfte, sowie den Abschluss einer Rechnung für das Jahr 1914, der trotz Abschreibungen im Betrage von Fr. 89,783. 32 einen Reingewinn' von Fr. 146,971, 95 aufweint, wovon nach der Verzinsung des Dotationskapitals (Fr. 3,00.0,000) mit Fr. 127,000 ein Botrag von Fr. 19,471. 95 auf neue Rechnung übertragen wurde. Die Belastung der Finanzdirektion, bez\v. des Kantons Uri mit dem erwähnten Liquidationskonto gestattete auch die Aufstellung einer klaren Bilanz. Dieselbe umfasst neben diesem Liquidationskonto im Betrage von Fr. 6,340,421. 54 unter anderm noch Spareinlagen für eine Summe von Fr. 10,294,427. 77 (gegen Fr. 11,695,597. 41 im Vorjahre) und einen Reservefonds von Fr. 423,000.

Hand in Hand mit diesen mehr rechnerischen und buchhaltungstechnischen Operationen gingen Massnahmen zur Umbildung der Anstalt auf einer neuen Grundlage. Der Verwaltungsrat der Ersparniskasse arbeitete den Entwurf zu einem neuen Bankgesetz aus, der nach Behandlung durch die vorberatenden Behörden am 2. Mai 1915 in etwas abgeänderter und erweiterter Form von dor Landsgemeinde Uri angenommen wurde. Nach Massgabe dieses Gesetzes ist die ,,Urner Kantonalbank" die Nachfolgerin der bisherigen ,,Ersparniskasse des Kantons Uri a , deren Aktiven und Passiven von ihr in einem vom Landrat nach Vorschlag des Bankrates zu bestimmenden Umfang übernommen werden. Durch eine genaue Umschreibung des Geschäftskreises, eine zweckmässige Organisation, eine richtige Ausscheidung der Befugnisse und Pflichten der Bankbehörden, die Einführung der Kollcktivunterschrift, die Unterstellung des Bankrates unter die Oberaufsicht des Landrates und die Einsetzung einer Kontrollstelle, die die gesamte Geschäftsführung der Kantonalbank mindestens zweimal jährlich zu untersuchen, die Jahresrechnung zu prüfen und über

255 das Ergebnis ihrer Untersuchungen dem Landrate unter Kenntnisgabe an den Bankrat schriftlich Bericht zu erstatten hat, sollen Vorkommnisse wie die, welche für die frühere Ersparniskasse so verhängnisvoll geworden sind, verhindert werden.

Selbstverständlich wurden auch die Personen, welche durch ihre Misswirtschaft die Katastrophe verursacht haben, zur Rechenschaft gezogen. Ein umfassender, verhöramtlicher Untersuch, der durch seinen Umfang und infolge öfterer militärdienstlicher Abwesenheit des ausserordentlichen Verhörrichters sich in die Länge zog, ist dem Abschluss nahe ; ebenso wurde gegen eine Reihe von verantwortlichen Personen Betreibung eingeleitet.

Nach dem Kantonalbankgesetz hat der Bankrat der Kantonalbank Uri die Liquidation der von dieser nicht übernommenen Aktiven und Passiven der Ersparniskasse, unter Aufrechterhaltung der Staatsgarantie, für Rechnung des Kantons durchzuführen. Die Verluste auf diesem Konto hat der Kanton der Bank mit Rückwirkung auf den 1. Januar 1915 angemessen zu verzinsen und zu amortisieren. Wir haben gesehen, dass die dubiosen Forderungen ausgeschieden und bereits auf ein Konto betitelt ,,Finanzdirektion Uri, Liquidationsrechnung1'1' gebucht worden sind. Laut einem Bericht des Verwaltungsrats der Ersparniskasse vom 10. März 1915 umfasste dieses Liquidationskonto folgende Gruppen von Posten : A. Gruppe ,,Schweizerisch« Glaswerke Ölten A.-G."

Fr. 1,182,206. 30 B. Gruppe ,,Schweizerische Draht- und . Gummiwerke Altdorf A.-G.a . . . . ,, 3,243,484. 20 C. Schappe-und Cordonnetspinnerei Altdorf ,, 1,237,147.19 D . Schöllenenbahn . . . . . . . . ,, 576,368.20 E. Diverse ,, 101,215.65 zusammen Fr. 6,340,421. 54 Der Verwaltungsrat bemerkte dazu, dass diese Summe nicht den Verlust ausdrücken solle, den die Ersparniskasse, bezw. der Kanton Uri wirklich und endgültig erleide. Durch die Liquidationsergebnisse werde sich das Konto wesentlich günstiger gestalten ; immerhin werde das Endresultat auch dann noch düster und schwer genug sein. Eine landrätliche Untersuchungskommission bezifferte im März 1915 den Schaden auf vier bis fünf Millionen Franken. Der im Mai veröffentlichte Geschäftsbericht der Ersparniskasse Uri schätzt die zu erleidende Einbusse auf fünf Millionen Franken.

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Allein der Regierungsrat Uri gelangt zu einer noch höhern Summe, da bei den bisherigen Schätzungen die fortschreitende Verschlimmerung der Lage durch den Weltkrieg und die auflaufenden Zinsen wohl zu wenig berücksichtigt worden seien. Gestützt auf Berechnungen, die er unter Beizug von Fachmännern angestellt, und an Hand des vorerwähnten Berichts der Ersparniskasseverwaltung, in welchem auch auf die schwebenden Prozesse und auf die Risiken, die die Darlehen an eine Anzahl Hotelunternehmungen und gewerbliche Betriebe darbieten, schätzt er die Verluste der Ersparniskasse wie folgt: schweizerische Glaswerke Fr. 1,020,000 schweizerische Draht- und Gummiwerke . . ,, 2,500,000 Schappe-' und Cordonnetspinnerei ,, 787,000 Scholl en enbahn ,, 150,000 Diverses ,, 96,000 Hotels und gewerbliche Betriebe ,, 500,000 schwebende Prozesse, 50% ,, 323,000 Fr. 5,376,000 Dazu kommen noch Zinsverluste im laufenden und teilweise im nächsten Jahre . . . . ,, 350,000 Gesamtschaden Fr. 5,726,000 Dieser Summe stehen allerdings der Reservefonds der Ersparniskasse im Betrage von Fr. 423,000 und die gerichtlichen Entschädigungen, welche die fehlbaren Beamten und Verwaltungsräte zu bezahlen haben werden, gegenüber, aber der Regierungsrat ist der Ansicht, dass er immer noch optimistisch sei, wenn or den Verlust auf fünf Millionen Franken bemesse.

Mittelst Eingabe vom 10. August 1915 gelangt nun der Regierungsrat des Kantons Uri, der schon vorher bezüglich der Katastrophe der Ersparniskasse mit uns in Verbindung getreten war, unter Darlegung der hiervor geschilderten Tatsachen und Verhältnisse, an den Bundesrat mit dem Gesuch, es m ö c h t e n die k o m p e t e n t e n Bundesorgane dem in Notstand g e r a t e n e n K a n t o n Uri durch G e w ä h r u n g eines A nleihens zu ermässigtem Zinsfusse die erwartete dringend notwendige Hülfe gewähren.

Zur Unterstützung dieses Begehrens macht er in der Hauptsache folgendes geltend :

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Die Hülfsaktion der Kantonalbanken und der schweizerischen Nationalbank, so verdankenswert sie an sich gewesen sei, stelle bei einem Zinsfusse von 5 %, und teilweise darüber, nur eine Rettung für den Augenblick dar, und der Kanton Uri werde auch beim besten Willen der Behörden und des Volkes nicht in der Lage sein, den im Hinblick auf seine bescheidenen Hülfsmittel so enormen Schaden allein zu tragen und dabei seinen staatlichen Pflichten in ehrenhafter Weise weiter zu genügen.

Die Ersparniskassekatastrophe treffe den Kanton Uri um so schwerer, als derselbe ohnehin nicht in guten finanziellen Verhältnissen stehe. Er leide an einem chronischen Defizit. Der im Jahre 1907 erfolgte Verkauf der Wasserkräfte an den Bund habe wohl eine Zeitlang über die Verlegenheiten hinweggeholfen und gestattet, bisher bei der alten niedrigen Staatssteuer zu bleiben, allein die im letzten Jahrzehnt rasch sich mehrenden Bedürfnisse hätten diese Einnahmequelle überholt und genötigt, nach Ersparnissen und neuen Einnahmen zu suchen. Die Kantonsrechnungen der letzten Jahre wiesen folgende Rückschläge auf: 1912 Fr. 18,151; 1913 Fr. 18,416; 1914 Fr. 54,662. Der Rückschlag des Jahres.1914 zeige eine bedenkliche Verschlimmerung. Er komme besonders von den erhöhten Militärausgaben und dem neuen Jahresbeitrag für Kranken- und Irren fürsorge von Fr. 15,000 her. Die Landsgemeinde vom 2. Mai 1915 habe den Antrag des Landrates auf Streichung dieses letztern Postens mit grosser Mehrheit abgelehnt. Die Regierung werde jedoch weiter bestrebt sein, Ersparnisse zu erzielen, doch lasse sich beim besten Willen nicht sehr viel machen ; denn der Staatshaushalt sei im allgemeinen ein sehr einfacher und sparsamer. Wenn es auch gelinge, die Ausgaben da und dort etwas zurückzudrängen, so werden während und nach dem Kriege sich wieder neue unabweisbare Bedürfnisse einstellen, und der Haushalt eines ziemlich umfangreichen Gebirgskantons, der eine so kleine und zudem wenig bemittelte Bevölkerung habe wie Uri, sehe bei der heutigen Komplikation des Staatsbetriebes einer wenig rosigen Zukunft entgegen. Schon die Staatsrechnung 1915 werde den Kanton in ganz bedenklicher Weise rückwärts bringen, da irn laufenden Jahre auch der sonst Fr. 45,000 betragende Gewinnanteil an der Ersparniskasse vollständig wegfalle.

Bei der Annahme, dass der Schaden den
Betrag von fünf Millionen Franken nicht übersteige und dass der Bund dem Begehren um Bewilligung eines Darlehens zu billigem Zinsfuss entsprechen werde, berechnet der Regierungsrat den jährlichen Mehr-

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bedarf, für den der Kanton Uri aufzukommen haben werde, wie folgt : Jahresleistung für Bundeshülfe (angenommen fünf Millionen zu 4%) . . . ."

Fr. 200,000 Weniger Gewinnanteil am Bankinstitut infolge neuer Vorschriften 15,000 fl Jahresrückschlag im Staatshaushalt (die Kriegszeit nicht berücksichtigt) ,, 35,000 zusammen

Fr. 250,000

Die Regierung fährt sodann fort: Dass der Kanton Uri zu den bedürftigsten Gegenden des Schweizerlandes zähle, gehe schon aus der wenig Kulturland aufweisenden Bodengestaltung und der dünngesäten Bevölkerung, sowie aus der Sonderstellung hervor, die ihm in den Geldkontingenten angewiesen sei, und aus dem grossen Masse von Bundesbeiträgen, die er zu beanspruchen gezwungen gewesen sei. Innert 25 Jahren hätten sich die Staatsausgaben verdoppelt. Während dieser Zeit habe sich der Kanton auf manchen Gebieten sehr angestrengt, wovon eine ganze Reihe begrüssenswertor Errungenschaften Zeugnis ablege (Klausenstrasse, Isentalerstrasse, kleinere Tal- und Güterstrassen, Verlängerung des Reusskanals, Kollegiumsbau, Einführung der Rindviehversicherung, neue Beiträge für Kranken- und Irrenfürsorge u. a. m.). Dadurch sei die Opferwilligkeit des Volkes auf eine ziemliche Probe gestellt worden und der Kanton besitze nunmehr neben der direkten, auf vier Jahrzehnte zurückreichenden Staatssteuer eine progressive Erbschaftssteuer auf den Seiteulinien und so ziemlich alle Abgaben und Gebühren, die heute zu einem Staatswesen gehörten.

Es seien dann die bekannten grossen Wasserschäden und Verheerungen am Schächenbach und an der Reuss, sowie wiederholte Kulturschädigungen durch Lawinenstürze, Erdschlipfe u.

dgl. eingetroffen. Infolgedessen habe heute der ganze JUrner Talboden stark an Perimeter- und ändern Wuhrlasten zu tragen, was den durch die Ersparniskasse-Katastrophe nötig werdenden Steuern und Abgaben natürlich nicht den besten Boden schaffe.

Staatsdomänen von Bedeutung, die veräussert werden könnten, besitze der Kanton nicht. Alle bedeutenden Wasserkräfte seien wohl etwas billig an den Bund verkauft worden; was noch da sei, gehöre der Hauptsache nach den Korporationen Uri und Urseren, die trotz ihres Allmendreichtums Mühe hätten, ihren Vor-

259 pflichtungen nachzukommen. Immerhin werde die Regierung trachten, aus dem Ertrag der Gewässer an Sand, Kies, Bausteinen, Eis, noch einen etwas vermehrten Nutzen zuziehen; die Differenz könne jedoch nur von untergeordneter Bedeutung sein.

Aus dem Salzregal lasse sich bei einem Salzpreis von 20 Rappen per Kilo nichts mehr herausschlagen. Eine nicht unbeträchtliche Einnahme wäre aus der Jagd zu ziehen, wenn sich das Volk zum Reviersystem bequemen wollte. Allein die Aussichten hierfür stünden schlecht und man werde versuchen, das Patentsystem zu verbessern. Es stehe nur ein Hülfsmittel offen, das einen grössern Ertrag verspreche, nämlich die d i r e k t e S t a a t s s t e u e r . Der Kanton Uri habe eine massige Staatssteuer, die sich progressiv von 50 bis auf 150 Rappen vom Tausend Vermögen und von 25 bis 200 Rappen vom Hundert Erwerb bewege. Doch sei dabei zu berücksichtigen, dass die Gemeindesteuern (ohne Progression) in letzter Zeit namentlich infolge eines löblichen Eifers für Schulhaus-, Kirchen- und Armenhausbauten in vielen Gemeinden drückend geworden seien und auch für die Erhöhung der Staatssteuer Vorsicht und Mässigung geböten, wolle man nicht die wenigen grössern Vermögen und die nicht bedeutende Industrie zum Lande hinausjagen.

Das Steuerkapital der 20 Gemeinden des Kantons habe im Vorjahre insgesamt 54 Millionen Franken betragen. Die gesamte Staatssteuer, einschliesslich der Arbeiterkopfsteuer und Nachsteuer, habe sich in den Jahren 1913 und 1914 auf je rund Fr. 66,000 belaufen. Im nächsten Jahre werden Neuschätzungen und eine Neutaxation stattfinden, wovon eine Vermehrung des Steuerkapitals und des Ertrages zu erhoffen sei, die jedoch nicht überschätzt worden dürfe. Die Korporationen würden eine sehr erhebliche Mehrbelastung nicht ertragen und bei den Aktiengesellschaften stehe infolge Verlegung des Hauptsitzes einer derselben nach Italien ein beträchtlicher Verlust in Aussicht. Ferner werden die Zeitereignisse auf die Schätzungen und werde die Erhöhung der Steuer auf die Steuerangaben drücken.

Bei der Annahme, dass sich der jährliche Ertrag der Laudessteuer durch Neutaxation und schärfere Kontrolle um 10,000 Franken oder zirka 15% heben werde, und bei einer Verdreifachung dieser Steuer (Fr. 1. 50 bis Fr. 4. 50 vom Tausend Vermögen und 75 Rappen bis Fr. 6 vom Hundert Erwerb),
was gegenwärtig als das Höchsterreichbare vom Volke zu erwarten sei, käme man zu einer jährlichen Mehreinnahme von Fr. 162,000.

Im weitern können in Betracht fallen die Höhertaxierungen für

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Sand, Kies usw. aus öffentlichen Gewässern, sodann die Erhöhung aller Patente, der Gerichts- und Kanzleigebühren ; dio Einführung von Stempelsteuern, Handänderungs- und Fertigungsgebühren, sowie die Verstärkung der Erbschaftssteuer auf die Seitenlinien. Den Ertrag aller dieser Massnahmen mit einiger Sicherheit festzustellen sei nicht möglich, sie würden auf etwa Fr. 38,000 geschätzt, so dass dann erst eine Gesamtmehreinnahme von Fr. 200,000 erzielt wäre und somit immer noch Fr. 50,000 fehlen würden, deren Aufbringung ausserordentlichen Schwierigkeiten begegnen werde. Doch dürfe man versichert sein, dass Behörden und Volk von Uri sich durch die Bundeshülfe verpflichtet fühlten, die Hindernisse zu überwinden.

Die Eingabe der Regierung von Uri schliesst wörtlich mit folgendem Appell: ,,An Hand der vorstehenden Ausführungen unterbreiten wir Ihrer h. Behörde das dringliche und höfliche Gesuch, Sie möchten den h. eidgenössischen Räten schon in der nächsten Herbstscssiou mit Botschaft eine ausreichende Bundeshülfe für den in Not geratenen Stand Uri beantragen und dabei folgenden Erwägungen Raum geben : 1. Es ist dem Kanton Uri unmöglich, die Folgen der Ersparniskasse-Katastrophe aus eigener Kraft zu überwinden und zugleich seine Aufgaben in ehrenhafter Weise weiter zu erfüllen.

2. Wenn die Bundeshülfe in Form eines Anleihens zu ermässigtem Zinsfusse erfolgt, so kann, wenn die Hülfe ausreichen soll, diese Anleihenssumme nicht unter fünf Millionen Franken und die Jahresleistung des Kantons für Zins und Amortisation ja nicht über Fr. 200,000 betragen.

3. So schön und verdankenswert das in den Besprechungen zwischen! Ihrem Finanzdepartement und unserm Finanzdirektor kundgegebene Entgegenkommen (Unterstützung mit zirka Fr. 100,000 jährlich durch Gewährung eines Anleihens von 5 Millionen Franken gegen eine Jahresleistung von Fr. 200,000, d. h. höchstens 3 % Zins und mindestens l °/o Amortisation) auch ist, so entschuldigt die ausserordentlich schwierige Lage des Kantons Uri doch die Frage, ob die Bedingungen, sei es in Zins oder Amortisation, nicht noch etwas gemildert werden könnten.

4. Rasche Hülfe ist doppelte Hülfe, und eine Entschliessung schon in nächster Session der eidgenössischen Räte hat für den Kanton Uri noch einen ganz ausserordentlichen

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Wert, indem sie das Volk von Uri ermutigt, an der Herbstlandesgemeinde die nötigen Mittel zu bewilligen, womit die Sanierung unserer Finanzverhältnisse befördert und weiterer empfindlicher Verlust verhindert wird."1

Uri ist eiû reiner Gebirgskanton. Es hat eine Gesamtoberfläche von 1074,38 km 2 , wovon 509,« km 2 , d. h. 47,4°/o unabträglich sind. Der Kanton ist in dieser Beziehung am ungünstigsten gestellt, indem kein anderer Stand der Eidgenossenschaft verhältnismässig so viel unfruchtbaren Boden aufweist. Wallis z. B., das ihm am nächsten steht, hat 44,2 °/o, Graubünden bloss 30,5 % unabträgliches Land. Dazu kommt eine sehr geringe Dichtigkeit der Bevölkerung, die zum Teil in der soeben erwähnten Bodenbeschaffenheit ihre Erklärung findet. Nach der eidgenössischen Volkszählung von 1910 hat der Kanton Uri eine Bevölkerung von 22,113 Einwohnern, was auf den Quadratkilometer 21 Einwohner ergibt. In dieser Hinsicht wird er nur von Graubünden übertroffen, das auf den Quadratkilometer 16 Einwohner zählt. Mit Bezug auf zwei Faktoren, die für die Wohlhabenheit und Kraft eines Landes ausschlaggebend sind, die Ausdehnung des produktiven Bodens und die Dichtigkeit der Bevölkerung, steht also Uri an letzter und zweitletzter Stelle.

Der hauptsächlichste Erwerbszweig der urnerischen Bevölkerung ist die Landwirtschaft (Milchwirtschaft), die im Jahre 1900 noch 37 °/o der Einwohner beschäftigte. Daneben spielt auch das dermalen nicht auf Rosen gebettete Hotelgewerbe eine gewisse Rolle.

Die Eidgenossenschaft hat bekanntlich vor Jahren bei Altdorf eine Zweigniederlassung ihrer Munitionsfabrik errichtet, die Verdienst bringt; aber es ist jedoch nicht zu vergessen, dass der Bund dank seiner Steuerfreiheit weder dem Kanton Uri noch der Gemeinde Altdorf für seine Liegenschaften eine Grundsteuer bezahlt. Man ist bestrebt gewesen, weitere Gewerbe ins Land zu ziehen ; aber gerade dieser Versuch ist der Ersparniskasse Uri zum Verderben geworden.

Dementsprechend ist auch der Rang, den dieser Kanton in der Steuerstatistik einnimmt. Nach einer in dem Berichte des Herrn Prof. Dr. Steiger über die finanzielle Tragweite des bundesriitlichen Entwurfes betreffend die Kriegssteuer enthaltenen Aufstellung wurde in Uri ein Gesamtverrnögen versteuert von Fr. 55,147,000. Ein geringeres Steuerkapital wiesen nur

262 folgende Kantone auf: Obwalden (Fr. 55,113,000), Nidwaiden (Fr. 37,940,600), Appenzell I.-Rh. (Fr. 32,653,000). Diese Stände haben aber alle eine erheblich geringere Bevölkerung als Uri, nämlich Obwalden 17,161, Nidwaiden 13,788 und Appenzell I.-Rh. 14,659 Einwohner. Wenn auch die schweizerische Steuerstatistik angesichts der Verschiedenartigkeit der kantonalen Gesetzgebungen und der ungleichen Anwendung der bezüglichen Vorschriften mit Vorsicht zu konsultieren ist, so darf doch aus den vorstehenden Zahlen und den Angaben über die Boden- und Bevölkerungsverhältnisse der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber das Richtige getroffen hat, als er bei der Aufstellung der eidgenössischen Geldskala den Kanton Uri als den am wenigsten bemittelten Stand betrachtete und seinen Beitrag au den Bund auf den Mindestbetrag, d. h. 10 Rappen auf den Kopf der Bevölkerung, festsetzte.

Die V e r w a l t u n g s r e c h n u n g des Kantons Uri für das Jahr 1914 bietet folgendes Bild: Einnahmen Fr.

Ausgaben Fr.

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Allgemeine Verwaltung . . . 248,057.08 70,410. 50 Finanzwesen 72,459. 76 46,929. 20 Militärwesen 100,001.75 112,816.83 Polizeiwesen 34,003. 95 35,397. 45 Justizwesen 23,060.15 23,44«. 65 Bauwesen 94,001.21 159,125.28 Sanitätswesen -- 22,329.9S Gomeindewesen 11,836. HO Vormundschafts-undArmenwesen -- 19,7(56. 50 Landwirtschaft 12,456. 65 86,159. 36 Gewerbewesen 257. -- 2,041. 40 Erziehungswesen -- 48,700.

584,297. 55 638,959. 75 584,297. 55 Rückschlag 54,662.20 Die drei vorhergehenden Rechnungen wiesen nachstehende Ergebnisse auf: Einnahmen Fr.

1913 1912 1911

Ausgaben Fr.

Rückschlag Fr.

604,906.56 623,323.54 18,416.98 574,611.92 592,763.74 18,151.82 513,110.13 528,575.36 15,465.23

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Die gedruckten Verwaltungsrechnungen des Kantons erzeigen noch grössere Rückschläge. Es rührt dies davon her, Jass jeweils auch das Defizit der vorhergehenden Rechnung zu den Jahresausgaben gezählt wurde, wodurch der Rückschlag um dieses Defizit vermehrt wurde. In der obigen Darstellung ist diese doppelte Anrechnung der Passivsaldi weggelassen, was auch dem von der Urner Regierung angewandten Verfahren zur Berechnung der Reinergebnisse der Kantonsrechnung entspricht.

Neben der Verwaltungsrechnung besteht eine besondere Rechnung für das Erziehungswesen, deren Einnahmen in der Hauptsache aus den vom Kanton bewilligten und in der Verwaltungsrechnung unter Ziffer 12 eingesetzten kantonalen Beitrügen an das Schulwesen und aus dem Bundesbeitrag an die Primarschule bestehen. Diese Schulrechnung schloss in den letzten Jahren stets mit einem bescheidenen Aktivsaldo (1914: Fr. 1825.40) ab, der jeweils auf das folgende Jahr übertragen wurde.

Der Ertrag der Landessteuer inklusive Nachsteuer ergab 1914 Fr. 65,984. 35. Dagegen warf die Erbschaftssteuer nichts ab. Die Einnahme aus dem Salzregal betrug Fr. 37,016. 08. Als andere wesentliche ständige Einnahmeposten aus dieser Rechnung von!914 seien erwähnt: Der Ertrag derGewässermitFr.83,17o.4o, die Bundesentschädigung aus dem Alkoholmonopol mit Fr.38,694.25, der Gewinnanteil an der Ersparniskasse Uri mit Fr. 45,000, der in den nächsten Jahren wohl gänzlich in Wegfall kommen wird, die Vergütung des Bundes gemäss Art. 28 des Bundesgesetzes über die schweizerische Nationalbank Fr. 14,489. 55, die Hälfte der Militärpflichtersatzsteuer Fr. 24,028. 45, die verschiedenen Patentgebühren Fr. 24,819. 07, die Bundesentschädigung für die Alpenstrassen Fr. 80,000. Aus dieser Aufzählung ist ersichtlich, dass eine Anzahl grösserer Einnahmen durch Bundesverfassung, Bundesgesetz oder Vertrag festgelegt sind, und dass es nicht in der Macht des Kantons Uri Jiegt, dieselben zu erhöhen. Dagegen ist zuzugeben, dass die Staatssteuer und die Erbschaftssteuer bis jetzt sehr bescheidene waren und erheblich gesteigert werden können. Immerhin wird eine Verdreifachung der bisherigen Leistungen, wie sie der Staatsrat von Uri mit Bezug auf die Staatssteuer in Aussicht nimmt und im Hinblick auf die Finanzlage in Aussicht nehmen muss, vom Volke bitter empfunden werden, insbesondere bei den
gegenwärtigen Zeitverhältnissen.

Der Staatshaushalt ist ein einfacher. Die Zahl der Beamten ist eine beschränkte, und ihre Besoldungen sind bescheiden zu nennen. Bedeutende Ersparnisse werden kaum möglich sein,

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wenn der Kanton seine bisherigen Aufgaben in richtiger Weise weiter erfüllen soll.

Die V e r m ö g e n s r e c h n u n g für das Jahr 1914 ist ebenso ungünstig wie die Verwaltungsrechnung. Sie verzeigt an Aktiven: Fr.

A. J. Angelegte Kapitalien . .

129,612.89 II. Dotationskapital der Ersparniskasse uri . . . 3,000,000.--

Fr.

3,129,612. 89 B. Liegenschaften : I. Produktive II. Unproduktive

. . . .

135,900. -- 590,800. --

C. Spezialfonds D. Verschiedene Guthaben E. Staatskasse

726,700. -- 70,947. 28 413,148. 32 13,450. 72 4,353,859. 21

Passiven : A. Staatsanleihen: 1. Staatsanleihen zu 4°/ 0 von 1910 680,000. -- 2. Anleihen für das Dotationskapital der Ersparniskasse 3,000,000. -- ,, B. Kontokorrentanleihen C. Verschiedenes Aktiven Ü b e r s c h u s s der Passiven

3,680,000.-- 923,699. 71 48,626.25 4,652,325. 9« 4,353,859.21 298,466.75

Aus den vorstehenden Aufstellungen ergibt sich, dass alles das, was die Regierung von Uri über die Boden-, Bevölkerung«-, wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse ihres Kantons berichtet hat, durchaus richtig ist. Die Finanzlage war schon vor der Ersparniskassekatastrophe eine schwierige, jetzt ist sie eine geradezu unhaltbare geworden. Wenn wir von der für das Dotationskapital der Ersparniskasse aufgenommenen Schuld von Fr. 3,000,000 absehen, weil deren Verzinsung der Ersparniskasse

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bezw. der an deren Stelle getretenen Kantonalbank obliegt, so verbleibt nach der Vermögensrechnung von 1914 auf Ende desselben Jahres noch immer eine feste und schwebende Schuld im Betrage von Fr. 1,603,699. 71 Dazu wird das Anleihen treten, das zur Deckung des Defizits der Ersparniskasse wird aufgenommen werden müssen, mit- .. . . ,, 5,000,000. -- so dass die gesamten Verbindlichkeiten sich belaufen werden auf Fr. 6,603,699. 71 oder rund Fr. 300 auf den Kopf der Bevölkerung. Das bedeutet dasselbe, wie wenn die Staatsschuld des Bundes eine Summe von Fr. 1 , 1 2 5 , 9 0 0 , 0 0 0 betragen würde.

Es liegt auf der Hand, dass der Kanton Uri diese ungeheure Last nicht allein zu tragen vermag.

Die alte Eidgenossenschaft brach schliesslich zusammen, weil keine Zentralgewalt da war, die die einzelnen Stände zusammenhielt' und stützte ; noch viel rascher als sie ging der an ihre Stelle gesetzte Einheitsstaat politisch und ökonomisch zugrunde.

Die erfreuliche Entwicklung unseres Landes im verflossenen Jahrhundert hat gezeigt, dass zum Gedeihen der Schweiz sowohl ein starker Bund als auch gesunde und kräftige Kantone notwendig sind. Die Eidgenossenschaft bildet ein Ganzes, einen Organismus, der auch leidet, wenn eines seiner Glieder erkrankt. Es ist somit ein Akt der Selbsterhaltung, wenn der Bund einem ökonomisch gefährdeten Stande zu Hülfe eilt, ohne dass er durch eine ausdrückliche Bestimmung seiner Verfassung dazu verpflichtet ist.

In richtiger Erkennung dieser Wahrheit hat denn auch die Eidgenossenschaft niemals ihre Unterstützung versagt. 1860 hat sie auf den Zins für einen dem Kanton Wallis zur Erbauung deiStrasse von Niederwald bis Oberwald bewilligten Vorschuss verzichtet. Sodann Hess sie im darauffolgenden Jahre nach dem grossen Brande in Glarus diesem Kantone ihre Unterstützung zukommen, indem sie ihm ein Darlehen von einer Million Franken, für die ersten zehn Jahre zinsfrei und für die Folgezeit verzinslich zu 2 °/o, unter der Bedingung gewährte, dass die Rückzahlung nach dem 15. Jahre zu beginnen habe und mit dem 20. Jahre zu vollenden sei. Im Jahre 1865 hat der Bund beim finanziellen Ruin des Jura industriel durch Bundesbeschluss die dieser Eisen-

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hahngesellschaft 1858 geliehene und durch Private verbürgte Million erlassen, unter der Bedingung, dass die betreffenden Bürgen die aufgelaufenen Zinsen im Betrage von etwas über Fr. 200,000 bezahlten. Als beim Zusammenbruch des Nationalbahnunternehmens die Städte Winterthur, Baden, Lenzburg und Zofingen infolge der solidarisch eingegangenen Garantie für eine ursprüngliche Schuld von .Fr. 9,000,000 vor der Schwelle des Geldstags standen, rettete sie der Bund dadurch, dass er den Kantonen Zürich und Aargau zur Bereinigung des Schuldverhältnisses ein Darlehen von Fr. 2,400,000 bewilligte gegen die Ent·richtung von Annuitäten von 3' 's0/") von welchen 2 Va % als Zins und l °/o als Amortisationsquote berechnet wurden, wobei noch zu bemerken ist, dass dieser Zins im Jahre 1904 auf l Va % herabgesetzt wurde. Zu verschiedenen Malen wurden ferner zur vollständigen Ausheilung der Nachwehen von politischen Wirren den beteiligten Kantonen die nicht unbeträchtlichen Kosten der Bundesintervention erlassen.

Es handelt sich im vorliegenden Falle auch um die Aul' i-echterhaltung des schweizerischen Landeskredits, dessen wir bei den gegenwärtigen Zeitverhältnissen mehr bedürfen als je.- Es darf unseres Erachtens weder im Inland noch im Ausland der Gedanke aufkommen, dass Gelder, die einem schweizerischen Staate oder einem schweizerischen Kreditinstitut mit Staatsgarantie anvertraut worden sind, verloren gehen können.

Gestutzt auf die vorstehenden Erwägungen und Beispiele haben wir deshalb nicht gezögert, der Regierung des Kantons Uri auf ihr Ansuchen hin die Zusicherung zu geben, dass wir bereit seien, der Bundesversammlung die Gewährung einer ausreichenden Bundeshülfe zu empfehlen, in der Voraussetzung, dass das Urnervolk die Verpflichtung für die Sanierung der Finanzen und eine entsprechende Schuldentilgung übernehme. Wir mussten diese Bedingung stellen, denn eine Hülfeleistung in dem Umfange, wie wir sie vorschlagen, ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Gewissheit vorhanden ist, dass sie wirksam ist und ihren Zweck voll und ganz erfüllt. Die Finanzlage des Kantons Uri war, wie bereits erwähnt, schon vor dem Zusammenbruch der Ersparniskasse eine ungünstige, und das Urnervolk wird grosse Opfer bringen müssen, wozu viel Überwindung gehört. Wir haben deshalb in den nachstehenden Entwurf Bundesbeschluss eine
Bestimmung aufgenommen, des Inhalts, dass die Auszahlung des Darlehens erst erfolgen darf, nachdem der Kanton Uri die notwendigen Beschlüsse gefasst haben wird, um seine Einnahmen

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in dem Masse zu vermehren, dass die Verzinsung und Tilgung dieses Darlehens und die Wiederherstellung des Gleichgewichts der kantonalen Finanzen gesichert sind.

Wir denken uns die Durchführung der Hülfsaktion so, dassder Bund dem Staate Uri ein Darlehen von fünf Millionen Franken bewilligt gegen die Entrichtung von Jahresraten von 4 °/o, wovon 3 °/o des jeweils geschuldeten Betrags als Zins und der Rest zur Tilgung der Schuld zu verwenden wären. Bei regelmässiger Bezahlung dieser Annuitäten von 4 % wäre die Schuld nach dem von uns aufgestellten Tilgungsplan in 47 Jahren vollständig getilgt. Von der ersten Jahresrate von Fr. 200,000 würden nach dieser Aufstellung Fr. 150,000 als Zins und Fr. 50,000 als Amortisation berechnet. Im zweiten Jahre würde der Zins des restierenden Kapitals von Fr. 4,950,000 Fr. 148,500 erheischen, so dass Fr. 51,500 zur Tilgung verwendet werden könnten. Auf diese Weise würde der Zins von Jahr zu Jahr abnehmen, die Amortisation dagegen entsprechend zunehmen. Nach der 46. Zahlung würde die Schuld reduziert sein auf Fr. 174,926. 80 und demgemäss die 47. und letzte Annuität noch betragen Fr. 180,174.60, bestehend aus Fr. 5247.80 Zins und Fr. 174,926. 80 Amortisation.

Die Regierung von Uri hat am Schlüsse ihrer Eingabe die Frage aufgeworfen, ob im Hinblick auf die ausserordentlich schwierige Lage ihres Kantons die Bedingungen, sei es in Zins oder Amortisation, nicht noch etwas gemildert werden könnten.

Angesichts der jetzigen Lage der Finanzen des Bundes und des allgemeinen Geldmarktes können wir leider nicht weiter entgegenkommen. Allerdings wurde 1884 das Darlehen an die Nationalbahngarantiestädte zu einem Zinsfuss von 2!/s °/° bewilligt; aber es darf nicht vergessen werden, dass die Zinsverhältnisse ganz andere waren. Der Bund musste damals seine Staatsschuld bloss zu 4 °/o verzinsen, so dass die Differenz zwischen dem Zins, den er selber zu bezahlen hatte, und demjenigen, den er forderte, l 1 /» °/o betrug. Heute kommt das Geld, das der Bund aufnimmt, ihn im Durchschnitt auf zirka 5 % zu stehen. Die Einbnsse, die er bei der Gewährung eines zu 3% zu verzinsenden Darlehens erleidet, beträgt somit volle 2 %. Dagegen ist es nicht ausgeschlossen, dass in besonders schwierigen Zeiten die Amortisation vorübergehend ganz oder teilweise sistiert werden könnte, was allerdings auch
die gänzliche Tilgung der Schuld weiter hinausschieben würde.

Das Volk von Uri wird trotz der günstigen Bedingungen des ihm zu bewilligenden Vorschusses lange Jahre hindurch eine

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schwere Last zu tragen haben ; aber es ist zu erwarten, dass es sich an der Hülfe des Bundes wieder aufrichten, nach Einigkeit und gegenseitigem Vertrauen streben und mit Opferwilligkeit die Mittel bewilligen wird, die zur Wiederherstellung seiner zerrütteten Finanzen nötig sind.

Wir haben die Gewissheit, dass nach Prüfung aller Verhältnisse die hohe Bundesversammlung gleich wie wir zur Überzeugung gelangen wird, es sei nicht nur die Pflicht der Eidgenossenschaft, sondern es liege sogar in ihrem ureigensten Interesse, dem altehrwürdigen Kanton Uri, auf dessen Boden die Wiege unserer Freiheit stand, in seiner Not zu Hülfe zu kommen.

Sie wird so beweisen, dass der Wahlspruch der Schweizer ,,Einer für alle, alle für einen" kein leeres Wort ist.

Die Angelegenheit ist dringlich und sollte sobald als möglich erledigt werden, damit die Regierung von Uri einer noch in diesem Jahre zu versammelnden Landsgemeinde die nötigen Vorschläge zur Vermehrung der Staatseinnahmen unterbreiten kann.

Wir schlagen Ihnen deshalb vor, den nachfolgenden Entwurf zu einem Bundesbeschlusse betreffend Bewilligung eines Bundesdarlehens von fünf Millionen Franken an den Stand Uri während der am 20. dieses Monats beginnenden ausserordentlichen Herbsttagung zu behandeln und zu genehmigen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

"O" B e r n , den 14. September 1915.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Motta.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzinann.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

die Bewilligung eines Darlehens an den Kanton Uri.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 14. September 1915, beschliesst: Art. 1. Der Bundesrat wird ermächtigt, dem Kanton Uri zur Erfüllung der ihm aus der Liquidation seiner frühern Ersparniskasse erwachsenden Verbindlichkeiten ein Darlehen bis zu einem Gesamtbetrage von 5 Millionen Franken zu gewähren, für welche Summe ein Kredit auf die Bundeskasse eröffnet wird.

Art. 2. Die Verzinsung und Tilgung dieses Bundesdarlehens hat durch jährliche Raten von 4 °/o in der Weise zu erfolgen, dass 3 °/o der jeweils geschuldeten Summe als Zins und der Rest als Amortisationsquote berechnet werden.

Die näheren Bedingungen des Anleihens bestimmt der Bundesrat.

Art. 3. Die Auszahlung des Darlehens darf erst erfolgen, nachdem der Kanton Uri die notwendigen Beschlüsse gefasst haben wird, um seine Einnahmen in dem Masse zu vermehren, dass die Verzinsung und Amortisation dieses Darlehens und die Wiederherstellung des Gleichgewichts der kantonalen Finanzen gesichert sind.

Art. 4. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt, welcher, weil nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft tritt.

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Bundesblatt. 67. Jahrg. Bd. III.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Gewährung eines Bundesdarlehens an den Kanton Uri, zur Erfüllung der ihm aus der Liquidation seiner frühern Ersparniskasse erwachsenden Verbindlichkeiten. (Vom 14. September 1915.)

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Bundesblatt

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Jahr

1915

Année Anno Band

3

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38

Cahier Numero Geschäftsnummer

631

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

22.09.1915

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253-269

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