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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über das Bundesgesetz betreffend die Bekämpfung von Tierseuchen.

(Vom 15. März 1915.)

I. Motionen und Postulate.

Am 30. März 1900 erklärte der Nationalrat folgende, von Herrn Nationalrat Jenny und 17 · Mitunterzeichnern eingereichte und vom Bundesrate akzeptierte Motion als erheblich : ,,Der Bundesrat wird eingeladen, Bericht und Antrag darüber zu erstatten, ob nicht im Interesse einer wirksamem Bekämpfung -der Viehseuchen das Bundesgesetz vom 8. Februar 1872 betreffend polizeiliche Massregeln gegen Viehseuchen, sowie diejenigen vom 19. Juli 1873 und 1. Juli 1886, einer Revision zu unterziehen seien."

Die Motion wurde damit begründet, dass einerseits die gegenwärtige Gesetzgebung dem Stande der modernen Wissenschaft nicht mehr entspreche, andererseits die Verkehrs Verhältnisse eine gewaltige Umwälzung erlitten hätten, wobei speziell der internationale Viehverkehr einen ungeahnten Umfang angenommen habe. Insbesondere sei es die Maul- und Klauenseuche, welche die grösste Aufmerksamkeit von Bund und Kantonen verdiene. Sie habe in den letzten Jahren geradezu eine unheimliche Ausdehnung erreicht und einen besonders bösartigen Charakter angenommen. Allerdings sei die an und für sich radikalste Massnahme, die Grenzsperre, welche sich in England vortrefflich bewährt habe, für unsere Verhältnisse undurchführbar. Dagegen .müssen unsere sanitätspolizeilichen Vorschriften verschärft werden.

345 So sollte bei Seuchenausbrüchen insbesondere auch der Personenverkehr weitergehenden Beschränkungen unterworfen werden können, als dies jetzt der Fall sei. Den Organen der Sanitätspolizei müsse man weitergehende Kompetenzen einräumen, namentlich was die sofortige Abschlachtung der erkrankten Tiere betreffe. Damit gehe Hand in Hand, dass auch die Entschädigunngsfrage einer rationellen Lösung entgegengeführt werde, wie dies bereits in einzelnen Kantonen geschehen sei. Es empfehle sich, dass der Bund den Kantonen angemessene Beiträge verabfolge, nicht nur für verbesserte Sanitätseinrichtungen, sondern auch für Tiere, die im öffentlichen Interesse abgetan werden oder an einer Seuche umstehen.

Diese Motion gab dem Landwirtschaftsdepartement Veranlassung, mit Kreisschreiben vom 14. Januar 1901 sämtliche Kantonsregierungen, sowie den schweizerischen Bauernverband, den schweizerischen Handels- und Industrieverein, den schweizerischen Gewerbeverein und die Gesellschaft schweizerischer Tierärzte zur Vernehmlassung über eine Reihe von Fragen, die anlässlich der Gesetzesrevision gelöst werden mussten, einzuladen.

In den zum Teil sehr eingehend begründeten Antworten wurde die Revision der bestehenden Gesetzgebung allgemein als notwendig bezeichnet. In organisatorischer Beziehung verlangten alle Eingaben die Schaffung einer eidgenössischen, unter fachmännischer Leitung stehenden Zentralstelle für die Seuchenpolizei.

Sachlich stand in den Vernehmlassungen das Postulat auf Ausrichtung von Bundesbeiträgen an die durch Tierseuchen und deren Bekämpfung entstehenden Schäden im Vordergrunde. Ohne eine befriedigende Lösung dieser Frage bezeichnete beispielsweise die Gesellschaft schweizerischer Tierärzte eine zweckmässige Durchführung der Seuchenpolizei als undenkbar. Als revisionsbedürftig wurden ferner die Strafbestimmungen genannt, die im Sinne der Verschärfung abgeändert werden sollten. Über andere Fragen gingen die geäusserten Ansichten teilweise auseinander.

Im Verlaufe der Zeit wurden von der Bundesversammlung noch weitere Postulate und Motionen aus dem Gebiete der Tierseuchenpolizei erheblieh erklärt. Wir erwähnen sie in chronologischer Reihenfolge : 1. Das von Herrn Dr. Locher beantragte und vom Ständerat am 19. Dezember 1905 angenommene Postulat Nr. 659, lautend: ,,Der Bundesrat wird eingeladen, die
Frage zu prüfen und darüber Bericht zu erstatten, ob nicht aus den Erträgnissen des Viehseuchenfonds den bestehenden, mit den schweizerischen Bindesblatt. 67. Jahrg. Bd. I.

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Veterinär-medizinischen Fakultäten verbundenen Tierversuchsstationen Bundesbeiträge verabfolgt werden sollten."

2. Das von der Geschäftsprüfungskommission vorgeschlagene,, vom Natiónalrat am 8. Juni 1906 angenommene Postulat Nr. 665, lautend : ,,Der Bundesrat wird eingeladen, zu prüfen und darüber Bericht und Antrag zu stellen, ob nicht, behufs Erforschung und erfolgreicher Bekämpfung von Krankheiten epidemischer Natur der landwirtschaftlichen Nutztiere, ein eidgenössisches bakteriologisches Institut geschaffen oder bestehende derartige kantonale Anstalten in wirksamer, den allgemeinen Interessen des Landesentsprechender Weise subventioniert werden könnten.a 3. Das von Herrn Dr. Locher vorgeschlagene, vom Ständerat am 12. Juni 1908 angenommene Postulat Nr. 695, lautend: ,,Der Bundesrat wird eingeladen, zu prüfen und darüber zu berichten, ob nicht der Bund noch direkter und wirksamer als es bisher geschah, in den Kampf gegen die Rindertuberkulosis eingreifen könnte und sollte, indem er : a. regelmässig amtliche Erhebungen über die Häufigkeit der Tuberkulosis und deren mutmassliche Ursachen veranstaltet ; b. die Tuberkulinimpfung als diagonistisches Mittel auch fernerhin finanziell unterstützt, jedoch unter Ausschluss der im Bundesratsbeschluss vom 24. Juli 1896 und in der vom schweizerischen LandwiFtschaftsdepartement erlassenen Instruktion vom 15. Dezember 1896 geforderten Kennzeichnung der auf die Tuberkulinisierung reagierenden Tiere mittelst Ohrausschnittes ; c. auf Grundlagen von Expertengutachten die Frage untersucht, ob nicht der Zeitpunkt gekommen sei, die Tuberkulose unter die von Bundeswegen zu bekämpfenden Seuchen einzureihen und in Anwendung von Art. l des Bundesgesetzesvom 8. Februar 1872 betreffend polizeiliche Massnahmen gegen Viehseuchen, die zu ihrer Bekämpfung und Tilgung notwendigen Vorschriften zu erlassen ; d. die Erprobung der Behringschen Schutzimpfung gegen Tuberkulose durch Unterstützung geeigneter Versuche möglichst zu fördern sucht."

4. Die vom Nationalrat am 4. Dezember 1913 angenommene Motion Daucourt und Mitunterzeichnern, lautend: ,,Der Bundesrat wird ersucht:

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1. zu prüfen, durch welche Massnahmen unsere Grenzgebiete besser gegen die Einschleppung der Maul- und Klauenseuche geschützt werden könnten; 2. die Ausarbeitung eines neuen Viehseuchengesetzes zu beschleunigen."

Zu erwähnen ist überdies die Anregung des Herrn Nationalrat Lutz, die dahin geht, es seien zur Verhütung der Viehseuchen die aus Russland und Südamerika eingeführten Tierhaare an der Grenze desinfizieren zu lassen und deren Einfuhr auf einige Grenzorte zu beschränken.

II. Die Zielpunkte der Revision.

Infolge der gestellten Motionen und Postulate haben wir uns seit Jahren mit der Gesetzesrevision und der Ausarbeitung von Projekten beschäftigt und die grundsätzliche Frage, sowie den Entwurf eines neuen Gesetzes schon 1912 und dann wieder im laufenden Jahre einer Expertenkommission unterbreitet, der die folgenden Herren angehörten : Nationalrat BoasetDelacour, in Payerne ; ßürgi-Gretener, Viehexporteur, in Arth ; Nationalrat Caflisch, in Chur; Fürsprecher Cattaneo, Gemeindepräsident,, in Faido ; Professor Dr. Ehrhardt, in Zürich ; Nationalrat Eigenmann, in Müllheim ; Oberst Fehr, Karthause, in Ittingen ; Nationalrat Furrer, in Silenen ; Gallandat, Kantonstierarzt, in Lausanne ; Guyer-Müller, Präsident des schweizerischen Metzgermeistervereins, in Zürich; Grenztierarzt Henchoz, in ChêneBourg; Professor Dr. Hess, in Bern; Kantonstierarzt Hoechner, in St. Gallen; Nationalrat Jenny, in Worblaufen; Regierungsrat Jenny, in Glarus ; Nationalrat Knilsel, in Luzern ; Kraft-Schwarz, Viehimporteur, in Brugg ; Professor Dr. Laur, in Brugg ; Professor Moos, in Zürich; Regierungsrat Dr. Moser, in Bern; Ständerat Pettavel, in Neuenburg; Pulver, Viebimporteur, in Bern; J. G.

Schmid, Viehexporteur, in Wimmis ; Nationalrat Seiler, in Zermatt und Nationalrat Wuilleret, in Freiburg.

In Übereinstimmung mit dieser Kommission empfehlen wir Ihnen den Erlass eines neuen Gesetzes über Tierseuchen und legen den Entwurf eines solchen in der Hauptsache in der Form, in der er aus den Beratungen der Expertenkommission hervorgegangen ist, zur Beschlussfassung vor.

Wir beehren uns, darüber das folgende auszuführen: Die gegenwärtige eidgenössische Gesetzgebung über die Handhabung der Viehseuchenpolizei besteht aus folgenden Erlassen;

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1. Buhdesgesetz über polizeiliche Massregeln gegen Viehseuchen vom 8. Februar 1872 ; 2. Bundesgesetz betreffend Zusatzbestimmungen zum Bundesgesetz über polizeiliche Massregeln gegen Viehseuchen vom 19. Juli 1873 5 3. Bundesgesetz betreffend eine Änderung des Bundesgesetzes vom 8. Februar 1872 über polizeiliche Massregeln gegen Viehseuchen vom 1. Juli 1886.

Mit der Anwendung dieser Gesetze wurden in bezug auf eine Reihe von Seuchen, unter denen das Land seinerzeit am stärksten litt, erfreuliche Erfolge erzielt. Die Rinderpest ist seit dem Jahre 1872, die Lungenseuche seit 1895 nicht wieder aufgetreten. Die Erkrankungen an Rotz und Wut sind bei unsern Haustieren erheblich seltener geworden. Weniger günstig waren die Wirkungen der staatlichen Massnahmen in bezug auf andere, der Anzeigepflicht unterstellte Krankheiten. Die Fälle von Milz,brand sind tiicht wesentlich zurückgegangen, die von Rauschbrand haben sogar zugenommen, und auch bei den Krankheiten der Schweine sind ähnliche Erscheinungen festzustellen. Indessen ist nicht zu verkennen, dass heute die Anzeigepflicht gewissenhafter durchgeführt wird, und dass die verhältnismässig hohen Krankheitsziffern wohl vielfach darauf zurückzuführen sind.

Weitaus am meisten Schaden hat indessen in den letzten Jahren nicht nur bei uns, sondern auch in den andern Staaten 'die Maul- und Klauenseuche angerichtet *). Diese Krankheit ist nie ganz erloschen, in einzelnen Perioden, so namentlich 1898 und 1899 und dann wieder 1911 bis 1913, zum Teil auch 1914, hat sie aber eine Ausbreitung gewonnen, die als eine schwere Schädigung unserer Landwirtschaft, ja sogar unserer gesamten Volkswirtschaft, bezeichnet werden muss. Das neue Gesetz rauss daher vor allem Mittel und Wege bieten, um diese Seuche einzuschränken und mit Erfolg bekämpfen zu können.

Wie grosse Interessen auf dem Spiele stehen, ergibt sich schon aus dem Umfang und dem Wert des schweizerischen Tierbestandes. Im Jahre 1876 waren in der Schweiz 100,933 Pferde, 1,035,856 Stück Rindvieh und 334,507 Schweine vorhanden.

Bis zum Jahre 1911 ist der Bestand um durchschnittlich etwa 50% gestiegen, sodass damals gezählt werden konnten 144,128 *) Wir verweisen auf Anhang l, Seite 405 ,,Zusammenstellung über aie- Verbreitung der Viehseuchen in der Schweiz in den Jahren 1886--1914."

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Pferde, 1,443,000 Stück Rindvieh und 570,000 Schweine; Die hohe wirtschaftliche, und allgemeine Bedeutung dieser starken Vermehrung des Tierbestandes wird durch die Tatsache erwiesen, dass seit dem Jahre 1886 trotz des Anwachsens der Bevölkerung, der Verbesserung der Lebenshaltung und der aus diesen beiden Faktoren sich ergebenden Vermehrung des Fleischkonsums, der Import an Schlachtvieh zurückgegangen ist.

Zieht man daneben die Einfuhr frischen Fleisches in Betracht, so ist festzustellen, dass an Tieren und Fleisch zusammen kaum mehr eingeführt wird, als vor mehreren Jahrzehnten. Wir verweisen auf die als Anhang 2 abgedruckte Tabelle (Seite 406). Die schweizerische Landwirtschaft deckte also durch die Verstärkung ihrer Produktion die nach und nach gesteigerten Anforderungen des inländischen Fleischkonsums. Wie eminent wichtig die Erhaltung und die Gesundheit des Tierbestandes unseres Landes ist, zeigen uns mit besonderer Deutlichkeit die Vorgänge in allerjüngster Zeit. Zufolge der kriegerischen Verwicklungen haben fast alle Exportländer Ausfuhrverbote für Fleisch und Vieh erlassen, die einen raschen Rückgang der Tier- und Fleischeinfuhr nach der Schweiz zur Folge hatten (vgl. Anbang 3, Seite 407). Seit dem Monat August 1914 ist eine Einfuhr von Tieren des Rindergeschlechts in dem reduzierten Masstabe, wie ihn die beigedruckte Tabelle ausweist, überhaupt nur noch möglich gewesen zufolge des Austausches. Speziell Italien hat während einiger Monate gegen die Abgabe schweizerischen Zucht- und Nutzviehes die Ausfuhr von Schlachtochsen nach der Schweiz in beschränktem Masse zuge^ standen. Wir haben also, solange dieses Verhältnis dauerte, nur zurückbekommen, was wir gegeben haben, sodass von einer Ubecschiessenden Einfuhr nicht die Rede sein kann. Soweit ein Import überhaupt stattfand, ist er dem schweizerischen Tierbestande zu verdanken. Auch die Einfuhr von Schlachtschweinen, die während des Krieges in der Hauptsache ebenfalls aus Italien kamen, ist gewaltig zurückgegangen und hat sich erst im Monat ' Dezember 1914 etwas erholt, um schliesslich in den ersten Tagen des Monats Februar 1915 durch ein italienisches Ausfuhrverbot verr unmöglicht zu werden. Seit dem 15. Februar 1915 ist auch die Ausfuhr von Rindvieh aus Italien gänzlich verboten, Den stärksten Rückgang, zum Teil auf wenige Prozente
der Einfuhr des Vorjahres, weist die Einfuhr frischen Fleisches auf.

Die Zahlen der Jahre 1913 und 1914, in der .bereits,.erwähnten Tabelle (Seite 407) nach Monaten, aufgeführt, geben, .bie,rvo,n. ein drastisches,.Bild..;.

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Der schweizerische Viehstand hat somit in diesen kritischen Zeiten direkt und indirekt, im letzten Fall auf dem Wege des Austausches mit Italien, den Fleischkonsum des Landes sozusagen ausschliesslich gedeckt. Noch ist der Krieg nicht zu Ende, aber wir dürfen mit aller Zuversicht feststellen, dass auch für die kommenden schweren Zeiten die Fleischversorgung der Schweiz durch die inländische Produktion gesichert ist. Dies ist um so wichtiger, als die Beschaffung von Schlachtvieh oder von frischem Fleische aus dem Auslande während des Krieges als unmöglich angesehen werden rnuss. Getreide hat der Bund kaufen und auch ins Land transportieren können. An einen Ankauf von Schlachtvieh im Grossen und gar an dessen Transport zu Wasser und zu Lande nach der Schweiz kann zurzeit gar nicht gedacht werden. Wir sind also vollständig von der inländischen Produktion abhängig, die seit Kriegsausbruch das etwas reduzierte Bedürfnis der Bevölkerung zu normalen Preisen gedeckt hat. Überdies hat der Stand der schweizerischen Tierzucht noch erlaubt, Rassenvieh zu exportieren und dadurch der schweizerischen Volkswirtschaft, die durch die starke Reduktion des industriellen Exportes schwer geschädigt ist, viele Millionen baren Geldes zuzuführen.

Wir sind keineswegs der Meinung, dass in normalen Zeiten der schweizerische Tierbestand den Bedürfnissen des Landes an Fleisch vollständig genügen könne, und haben auch keineswegs das Bestreben, die Einfuhr fremden Schlachtviehes zu verhindern.

Dagegen muss selbstverständlich nicht nur der Viehverkehr im Innern des Landes, sondern auch die Vieheinfuhr entsprechend organisiert und mit Kautelen umgeben werden, um die Einschleppung von Seuchen auszuschliessen oder doch möglichst zu verhindern .

Der Teil des schweizerischen Fleischkonsums, der, in normalen Zeiten und unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Fremdenverkehrs, durch die Einfuhr gedeckt werden muss, dürfte mit ungefähr 25 % des Gesamtverbrauchs richtig veranschlagt sein. So sehr wir wünschen müssen, dass die Mastviehproduktion im eigenen Lande gehoben werde, so berechtigt doch nichts zum Schlüsse, dass in dieser Beziehung bald nach dem Friedensschlüsse wesentlich andere Verhältnisse eintreten werden, als sie vor dem Kriege bestanden.

Eine wichtige Aufgabe des neuen Tierseuchengesetzes besteht somit darin, die
Einschleppung der Seuchen aus dem Auslande zu verhindern. Auf den ersten Blick scheint es einleuchtend zu sein, dass die Einfuhr lebender Tiere möglichst beschränkt und

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Die Konsumenten erblicken mit Recht in der Untersuchung -der lebenden Tiere, der Schlachtung und der sich daran anschliessenden Fleischschau im Lande eine verstärkte Garantie ·für den Bezug gesunden und frischen Fleisches, das keinen Konservierungsprozess durchgemacht hat. Für minderwertige, schlecht genährte Tiere lohnt sich der Transport in lebendem -Zustande kaum, während die Erfahrung zeigt, dass öfters ihr Fleisch eingeführt wird. Mit diesen sanitarischen Interessen -der Konsumenten fallen die wirtschaftlichen des Gewerbes und ·4er Landwirtschaft zusammen. Eine vermehrte Fleischeinfuhr .müsste nach und nach das Metzgereigewerbe vernichten und zum Fleischhandel degradieren. Die Gewerbe, welche die Häute und Abfälle verarbeiten, würden ihrer Rohmaterialien beraubt und müssten eine Einschränkung erleiden. Wie gefährlich solche wirtschaftliche Vorgänge werden könnten, zeigt sich heute, da die .Zufuhr von Häuten und Leder vollständig stockt und wir auf ^unsere einheimische Gerberei angewiesen sind. Aber auch abgesehen hiervon würden in Friedenszeiten selbständige Existenzen ·vernichtet und viele lohnende Arbeit, die mit Vorteil im Lande ·verrichtet werden kann, ins Ausland verlegt, wenn man sich .an die Einfuhr von Fleisch gewöhnen und diese besonders begünstigen wollte. Der Landwirtschaft würde in der Masseneinfuhr von Fleisch von vielfach schwer kontrollierbarer Qualität und 4aher wenigstens scheinbar billigerem Preise eine Konkurrenz entstehen, die den Absatz guter, einheimischer Tiere zu ordentlichen -Preisen erschweren müsste. Mit .dem Rückgang des selbständigen Metzgereigewerbes verlöre der Bauer den natürlichen Abnehmer seines Viehes und stünde dadurch vor einer weitern Erschwerung ·des Absatzes seiner Produkte. Aus diesen Verhältnissen ergäbe ·sich wohl zweifellos ein Rückgang der inländischen Produktion, "der aus Gründen, die wir oben auseinandersetzten, sehr bedauerlich wäre und
für das Land verhängnisvoll werden könnte. Zieht man noch in Betracht, dass viele Gemeinwesen mit gewaltigen .Kosten grosse Schlachthäuser erstellt haben, die beim Rückgang der Schlachtungen oft ohne Verwendung blieben, so scheint es

352 gegeben, dass die durch die inländische Produktion nicht gelieferten Fleischmengen im allgemeinen Interesse in erster Linie durch die Einfuhr lebenden Viehes und nur soweit nötig, in zweiter Linie, durch Fleischimport gedeckt werden sollten.

Danach besteht also die Aufgabe eines neuen Tierseuchengesetzes nicht darin, die Einfuhr fremden Schlachtviehes zu verhindern, sondern sie praktisch und in einer Weise zu organisieren, dass der Konsument gutes, gesundes Fleisch im Inlande geschlachteter Tiere bekommen kann, ohne dass der schweizerische Tierbestand der Seucheneinschleppung ausgesetzt wird..

Um diesen Erfolg zu erreichen, muss den Vollziehungsbehörden das Recht verliehen werden, die allgemeinen und sanitätspolizeilichen Bedingungen, unter denen die Vieheinfuhr erfolgen darf, nach den jeweiligen Bedürfnissen festzustellen. Von den oben erwähnten Erwägungen geleitet, werden sie so z. B. in die Lage kommen, die Einfuhr von Schlachtvieh, wenn hierfür ein Bedürfnis besteht, zuzulassen, die Einfuhr von Nutzvieh aber zu verbieten. Für Schlachttiere kann der direkte Transport in die Schlachthäuser angeordnet und so der Verschleppung der Seuche eher vorgebeugt werden, als dies bei Nutzvieh der Fall ist, das, seiner Bestimmung nach, in viele Ställe und auf Weiden gelangt und so den Keim der Seuchen viel eher verbreiten könnte. Damit ist zugleich gesagt, dass bei der Beurteilung von Einfuhrfragen zweierlei Erwägungen für die Entschliessungen der Behörden in Betracht kommen können, solche, die auf den Seuchenstand im Bezugslande und andere, die auf das Bedürfnis des eigenen Landes zurückgehen. Man wird also zum Beispiel die Einfuhr von Schlachtvieh aus einem Lande, in dem Seuchen herrschen, -- allerdings nur unter besondern Kautelen -- gestatten, wenn im eigenen Landewirklicher Mangel an Tieren besteht, die Zulassung aber nicht aussprechen, wenn dies nicht der Fall ist. Wir verweisen auf die Art. 13--16 des Entwurfes, die die Vieheinfuhr aus dem Auslande unseres Erachtens in angemessener Weise regeln und diehierzu unten gegebenen Aufklärungen.

Das neue Gesetz soll aber auch den zu Folge der Ver mehrung der Bestände und der Entwicklung der Verkehrswege viel intensiver gewordenen Tierverkehr im Innern sachgemässordnen. Es unterstellt den gesamten Tierverkehr öffentlicher Aufsicht, trifft Verfügungen
über die Marktpolizei und den Transport, auf Eisenbahnen. Gewerbe und Anstalten, die insbesondere Anlass zu Verschleppung geben könnten, werden sanitälspolizeilicher .Aufsicht unterstellt. In diesem Abschnitt folgt der Entwurf

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(Art. 4--12) in der Hauptsache den Grundzügen des alten Gesetzes, dessen Bestimmungen ausgebaut und präzisiert werden.

Eine der wichtigsten Gruppe der Bestimmungen ist diejenige?

über die Massnahmen beim Ausbruch von Seuchen. Wie in dea Bemerkungen zu Art. 20 näher ausgeführt ist, verlässt der Entwurf hier das System des alten Gesetzes, das für jede Seuchebesondere Vorschriften traf und lässt den Vollziehungsbehörden, vollständig freie Hand. Nicht starre Vorschriften, nicht tote Paragraphen, sondern die lebendige Wissenschaft und Erfahrungsollen die Organe der Gesundheitspolizei leiten, die in den leicht-.

zu revidierenden, den Bedürfnissen rasch angepassten Verordnungen ihre Anleitung finden werden. So wird es möglich,, jederzeit die Fortschritte der Wissenschaft in den Dienst derSeuchenbekämpfung zu stellen.

Eine Hauptaufgabe des Entwurfes war auch die Neuordnung der Beiträge an Seuchenschäden und Seuchenbekämpfung. Siesollen durch die Kantone an die Tierbesitzer geleistet und vom Bunde zum Teil rückvergütet werden (Art. 21--28). Die Bestimmungen des Entwurfes bezwecken einerseits, den Tierbesitzerfür Eingriffe, die der Staat gegenüber dem Privateigentum im, öffentlichen Interesse zum Zwecke der Seuchenbekämpfung begehen muss, tunlichst schadlos zu halten und anderseits durch Seuchen eingetretene Schäden zu mildern. Dabei wird in den., einen Fällen -- dort, wo die Verhältnisse abgeklärt sind -- zwingendes Bundesrecht und eine direkte Beitragspflicht derKantone und des.Bundes geschaffen, in andern Fällen, wo vorerst besser noch Erfahrungen gesammelt werden, blos für allfälligekantonale Leistungen die finanzielle Unterstützung des Bundes: in Aussicht gestellt. Wir sprechen uns darüber in den Bemerkungen zu Art. 21--28 und dem Abschnitt über die finanzielle» Folgen eingehender aus.

Eine gründliche Neubearbeitung haben schliesslich die Vollzugs- und Strafbestimmungen erhalten, deren Redaktion im alten Gesetze zu wünschen übrig lässt. Das Verhältnis kantonalen uni eidgenössischen Rechtes wurde abgeklärt und die Kompetenzen, wurden genau ausgeschieden. Die strafbaren Tatbestände erführe» eine genaue Umschreibung und wurden mit angemessenen Strafsanktionen versehen.

In besonderen Abschnitten sprechen wir uns nun noch überdrei Punkte, die von allgemeiner Bedeutung sind und deren: Erörterung über die Besprechung einzelner Gesetzesbestimmungen, hinausgreift, aus: Sie betreffen die Behandlung der Tuberkulose.

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-die Aufnahme von Vorschriften über den Viehhandel und endlich ·die finanzielle Tragweite des Gesetzes.

Hier sei noch auf die frühere und die heutige staatsrechtliche Grundlage des Gesetzeserlasses hingewiesen. Das heute geltende Gesetz von 1872 stützt sich auf den Art. 59 der Bundesverfassung vom 12. Herbstmonat 1848, welcher lautete : ,,Die Bundesbehörden sind befugt, bei gemeingefährlichen keuchen gesundheitspolizeiliche Verfügungen zu erlassen."

Die Verfassung von 1874 erwähnt neben den Seuchen noch ··die Epidemien und bestimmt in Art. 69, was die Tierkrankheiten "betrifft, im wesentlichen das gleiche, was die Verfassung von 1848. Art. 69 der Verfassung von 1874 lautete: ,,Dem Bunde steht die Gesetzgebung über die gegen gemeingefährliche Epidemien und Viehseuchen zu treffenden gesundheits-polizeilichen Verfügungen zu."

Die verfassungsmässige Grundlage unseres Entwurfes bilden «·der neue Art. 69, in Verbindung mit Art. 31, Absatz 2 der Bundesverfassung; diese Verfassungsvorschriften sind während der Vorarbeiten im Jahre 1913 vom Volke angenommen worden und lauten : ,,Art. 69. Der Bund ist befugt, zur Bekämpfung übertragbarer oder stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten von .Menschen und Tieren gesetzliche Bestimmungen zu treffen. " Art. 31, Absatz 2, führt unter den Vorbehalten gegenüber
Mit diesen Verfassungsbestimmungen ist die Kompetenz des Bundes wesentlich erweitert worden. Er kann nicht nur ,,gesund·heitspolizeiliche Verfügungen gegen Viehseuchen" im Wege der 43-esetzgebung aufstellen, wie dies die Verfassung von 1874 (Art. 69) vorsah, sondern allgemeine gesetzliche Bestimmungen aur Bekämpfung übertragbarer oder stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten erlassen.

Von der Erweiterung der Kompetenzen machen wir doppelten Gebrauch, indem wir zunächst die Anwendung des Gesetzes auf die Tuberkulose ermöglichen und überdies den Inhalt des ·Gesetzes nicht mehr auf ,,gesundheitspolizeiliche Verfügungen" Beschränken. In letzterer Beziehung mögen die Beiträge an geschädigte Tierbesitzer und die Bestimmungen erwähnt werden,

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·wonach der Bund ,,für die Seuchenerforschung und die seuchen'polizeiliche Versuchs- und Untersuchungstätigkeit eine Anstalt errichten und Bestrebungen auf diesen Gebieten durch Beiträge 'unterstützen kann" (Art. 39).

Da diese Botschaft auch die Frage behandelt, ob eidgenössische Vorschriften über den Viehhandel erlassen werden sollen, ·so sei hier noch erwähnt, dass der Bund hierzu zufolge seines Rechtes der Gesetzgebung auf dem Gebiete des Zivilrechtes
Wir glauben, dass der Gesetzesentwurf in seiner Gesamtheit geeignet sei, nicht nur den Interessen der Landwirtschaft, sondern denjenigen der schweizerischen Volkswirtschaft überhaupt in weitem Masse zu dienen und dass er die Mittel an die Hand -gebe, den Gefahren, die unseren Viehstand bedrohen, wirksam zu begegnen. Indessen muss der Vollzug jedes Tierseuchengesetzes in weitgehendem Masse an die Einsicht und die Unterstützung der beteiligten Volkskreise und namentlich an die Mitwirkung der kantonalen Behörden appellieren. Wir sind überzeugt, dass «dies nicht ohne Erfolg geschehen wird.

III. Die Behandlung der Tuberkulose.

Die Bekämpfung der Tuberkulose bei Menschen und Haussieren ist eine Aufgabe von grösster humanitärer, sozialer und volkswirtschaftlicher Bedeutung, dessen Lösung durch die Annahme des neuen Art. 69 der Bundesverfassung in die Hand -des Bundes gelegt ist. Mit der menschlichen Tuberkulose haben wir uns hier selbstverständlich nicht zu befassen, wohl aber mussten wir uns mit Rücksicht auf die neue Verfassungsbestimmung und idas bereits erwähnte Postulat Nr. 695, das der Ständerat am 12. Juni 1908 auf Antrag des Herrn Dr. Locher annahm, die Frage vorlegen, wie im vorliegenden Gesetze die Tuberkulose ·des Rindviehes zu behandeln sei. Dabei stellten wir uns die ·Frage : Soll diese Krankheit als Tierseuche behandelt, dem·gemäss in Art. l des Entwurfes aufgeführt und das Gesetz auf sie 4m vollen Umfange anwendbar erklärt werden? Odersollen in diesem ·Gesetze besondere Vorschriften über die Tuberkulose aufgestellt, -oder endlich solche Bestimmungen einem künftigen Spezialgesetze vorbehalten werden ? Mit der in letzter Linie angeführten Lösung ist es vereinbar, der Vollziehungsbehörde die Kompetenz zu verleihen, inzwischen die hierfür geeigneten Bestimmungen dieses Gesetzes

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auch auf die Tuberkulose des Rindviehes anzuwenden. Eine eingehende Prüfung der Frage ist um so eher begründet, als die Übertragbarkeit der Rindertuberkulose auf den Menschen möglich ist, sodass ein wirksamer Kampf gegen die Tuberkulose des Rindviehes zugleich ein Schritt im Kampfe gegen die Tuberkulose des Menschen bedeutet. Die Schwierigkeiten sind aber grosse und der Wunsch, eine positive Lösung zu finden, darf uns nicht dazu führen, sie zu übersehen.

Die Tuberkulose kommt unter unserem Rindviehbestande nicht selten vor, indessen lässt sich nicht feststellen, welcher Prozentsatz der Tiere an dieser Krankheit leidet. Bekannt ist jedoch, dass die Verbreitung der Tuberkulose in engem Zusammenhange steht mit der Entwicklung des intensiven Wirtschaftsbetriebes. Das mit einem solchen oft verbundene Zusammenleben der Tiere in engen, unzureichend gelüfteten Räumen, die fast ununterbrochene Stallfütterung, die verweichlichende Aufzucht und der lebhafte Handelsverkehr mit Tieren begünstigen die Ausbreitung der Krankheit in hohem Masse. Am stärksten betroffen sind die ausschliesslich für die Milchproduktion eingerichteten Be-triebe mit ununterbrochener Stallhaltung und intensi ver Fütterung. In Weidegebieten ist die Krankheit viel seltener und in den Zuchtgebieten sind die Viehbestände fast durchwegs völlig frei von.

Tuberkulose.

Die Diagnose ist sehr schwierig und zwar nicht nur in den ersten Stadien der Krankheit, sondern auch in den Fällen, in welchen die tuberkulösen Veränderungen nicht beträchtlich sind oder die Krankheit ihren Sitz in einem der Untersuchung unzugänglichen Organ oder Körperteil hat. Die gewöhnlichen Untersuchungsmethoden wie Auskultation, Perkussion, die Beob^ achtung der Art des Hustens usw. genügen oft nicht zur Abgabe eines sichern Urteils, selbst da, wo die Krankheit in dem Tiere bereits eine gewisse Ausdehnung erlangt hat. Sicherheit bietet eigentlich bloss die komplizierte und kostspielige mikroskopische und bakteriologische Untersuchung in Verbindung mit Impfversuchen.

Ein wertvolles Erkennungsmittel bildet auch das Ursprung^ lieh in erster Linie als Heilmittel empfohlene Tuberkulin. Haben sich die Hoffnungen auf seine Heilwirkungen nur zum geringen Teil erfüllt, so erwies es sich doch als ein Diagnostikum,, das besonders bei Tuberkulose der Haustiere mit Erfolg verwendet
wird.. Seit der Erfindung des Tuberkulins durch Koch im; Jahre 1890 wurden .neue.,Impfpräparate hergestellt' und verschiedene Impfmethoden: angewendet. Neue Ergebnisse sind 'nicht.

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·festzustellen und die Ansichten über die Brauchbarkeit der neuen Präparate sind geteilt. Während einige Forscher sie als zuverlässiger bezeichnen, halten andere nach wie vor das Koch'sche Tuberkulin als das zweckmässigste und beste Diagnostizierungsmittel. Für den praktischen Gebrauch ist indessen die Tuber'kulinprobe aus zwei Gründen nicht als ein in allen Teilen zweckmässiges Erkennungsmittel zu bezeichnen. Die Reaktion ist eine -derart energische, dass sie schon bei der kleinsten in irgend einer Körperdrüse verborgenen, für die Seuchenpolizei unerheblichen tuberkulösen Veränderung, eintritt. Anderseits werden die Tiere ·durch die Impfung wenigstens vorübergehend unempfindlich.

Wenn sie auf eine Tuberkulineinspritzung reagirt haben, tritt -dieser Erfolg innerhalb der nächsten Wochen trotz weiterer Einspritzungen nicht mehr ein. Die in zweiter Linie genannte Erscheinung lässt Täuschungen zu und schliesst eine absolute .Zuverlässigkeit des Verfahrens aus. Noch hinderlicher ist die infolge der Impfung bei jeder -- auch der kleinsten, unerheblichen, -- tuberkulösen Veränderung eintretende Reaktion. Diese Erscheinung hat zur Folge, dass einerseits die Viehbesitzer sich die Tuberkulinimpfung ihrer Bestände nicht gefallen lassen wollen, und dass anderseits die Gesundheitspolizei durch die Impfung keine Anhaltspunkte gewinnt, in welchen Fällen unter dem Gesichtspunkte des Schutzes von Menschen und Tieren eine Intervention nötig ist. Danach muss also gesagt werden, dass ein einwandfreies, zuverlässiges und praktisch verwendbares System für die Feststellung der Rindertuberkulose und namentlich der Fälle, «lie wegen der Ansteckungsgefahr seuchenpolizeilich in Betracht kommen, noch nicht gefunden worden ist. Darin liegt selbstverständlich eine erste grosse Schwierigkeit für alle Massnahmen .gegen die Rindertuberkulose : denn das erste Erfordernis für die Bekämpfung einer ansteckenden Krankheit ist das Erkennen der ^einzelnen Fälle.

Mit dieser Feststellung ist es aber nicht getan. Der Bund muss vielmehr gerade, weil den heute bekannten Verfahren Mängel .anhaften, die Bestrebungen, ein zuverlässiges Mittel für die Erkennung der Tuberkulose zu finden, unterstützen und namentlich ·auch die Vornahme praktischer Versuche subventionieren. Wir sehen daher im Entwurfe die Möglichkeit vor, den Kantonen Beiträge an
die Bekämpfung der Tuberkulose zu geben (Art. 27) und eröffnen die Möglichkeit, für die Seuchenerforschung und für ·die seuchenpolizeiliche Versuchs- und Untersuchungstätigkeit eine -Anstalt des Bundes zu errichten und Bestrebungen auf diesem

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Gebiete durch Beiträge zu unterstützen (Art. 39). Wir habem übrigens schon durch Bundesratsbeschluss vom 24. Juli 1896 das Landwirtschaftsdepartement ermächtigt, unter bestimmten Bedingungen den Kantonen auf Verlangen das Tuberkulin oder andere diagnostische Mittel unentgeltlich zu verabfolgen und ihnen die> Hälfte der Ausgaben für die Impfung zu vergüten. DieseImpfungen haben sich aber bei unseren Landwirten, weil nichteinzelne Tiere aus Beständen, sondern nur ganze Bestände geimpft werden dürfen und die reagierenden Tiere gekennzeichnet, werden müssen, nicht eingelebt. Eine Kennzeichnung der alstuberkulös erkannten Tiere erscheint aber als geboten, um zu» verhindern, dass sie angeblich als gesund in den Handel gebracht werden.

Soviel über die Massnahmen zur Feststellung der Krankheit..

Und nun die eigentlichen Bekämpfungsmassregeln.

Unter Zuhülfenahme von Impfungen zur Feststellung der Tuberkulose hat B a n g in Kopenhagen im Jahre 1892 ein Tilgungsverfahren ausgearbeitet und in der Praxis verwirklicht.

Dieses besteht im wesentlichen in der Ausmusterung der Rinder mit klinisch erkennbarer Tuberkulose, in der Absonderung der auf Grund der Tuberkulinreaktion als erkrankt erkannten Tiere und in der Aufzucht der Kälber mit keimfreier (sterilisierter)Milch. Dieses Verfahren wird in Dänemark, Schweden und Norwegen vereinzelt angewendet. In andern Ländern hat es keinenEingang gefunden.

In neuerer Zeit wurde besonders in Deutschland ein ähnliches, aber weniger weitgehendes Tilgungsverfahren nach Ostertag geprüft. Dieses beschränkt sich in der Hauptsache auf die möglichst baldige Ausmerzung der Tiere mit offener, d. h. fortgeschrittener Tuberkulose. B e h r i n g hat im Jahre 1902 -- und nach ihm auch andere -- Schutzimpfungen von Rindern mit menschlichen Tuberkelbazillen vorgenommen. Aber auch dieses Verfahren liess sich im Kampfe gegen die Seuche nicht erfolgreich verwenden.

Von den Äusserungen, die in der Schweiz über die Möglichkeit und die Art und Weise der Tuberkulosebekämpfung vorliegen, zitieren wir die interessanten Ausführungen, die HerrProfessor Dr. E h r h a r d t in Zürich in seiner Schrift ,,Die Bekämpfung der Rindertuberkulose" (Festschrift der Dozenten der Universität Zürich 1914) gemacht hat. Der Verfasser geht davonaus, dass die Einreihung der Rindertuberkulose, speziell dieoffene Form, unter die gemeingefährlichen Seuchen erfolgetb

359> sollte. Er bemerkt hierüber auf Seite 25 und 26 insbesondere das folgende ; ,,In Rücksicht darauf, dass auch heute noch die klinischeDiagnose Schwierigkeiten begegnet, die bakteriologische Untersuchung, sowie die Tuberkulinimpfung manchmal versagen, legen wir besondern Wert darauf, dass speziell die Fleischschauer zur Anzeige aller schwereren Fälle von Tuberkulose bei Schlachtvieh,, die meistauch offene Tuberkulose repräsentieren, Verpflichtetwerden..

,,Was die Durchführung der Massnahmen betrifft, so sind wir der Auffassung, dass grundsätzlich die Abschlachtung aller Tiere mit offener Tuberkulose verlangt werden muss, soweit besondere Verhältnisse nicht Ausnahmen gestatten. Die Separation der verdächtigen Tiere ist wünschbar, jedoch in Rücksicht auf unsere kleinbäuerlichen Verhältnisse mit Nachsicht durchzuführen,, eventuell fallen zu lassen. Die Sterilisation tuberkulöser Milch und der daraus hergestellten Produkte, sowie .die. unschädlicheBeseitigung aller von der Fleischschau konfiszierten tuberkulösenOrgane ist mit Nachdruck zu verlangen. Die Desinfektion deiverseuchten Stallungen ist unter tierärztlicher Aufsicht und in-.

weitgehendster Form auszuführen.

,,Dies ist unser Standpunkt. Dabei sind wir uns aber wohl", bewusst, dass die seuchenpolizeiliche Bekämpfung der Rindertuberkulose viel Geld fordert. Wir werden vorläufig mit einem.

Effektivschaden von rund 4l/2 Millionen pro Jahr zu rechnen haben, ganz abgesehen von den Kosten, welche durch die Untersuchungen, Taxationen und Desinfektionen etc. erwachsen.

,,Wie dieser Schaden zu decken ist, wird Sache der Erwägung sein. Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass in Rücksicht auf die Gemeingefahr der Rindertuberkulose für die ganze Viehhaltung, die Volkswirtschaft im allgemeinen, sowie in Anerkennung der Übertragungsmöglichkeit auf den Menschen derStaat unbedingt mitzuhelfen hat. Es liegt im wohlverstandenen..

Interesse, dass er seine finanzielle Hülfe reichlich zusagt, damit, die Landwirtschaft nicht vor dem Kampfe gegen die Tuberkulosezurückschreckt. " Diese Ausführungen bestätigen im wesentlichen, was wirüber Erkennung und Feststellung der Tuberkulose sagten,, und gipfeln, was die Massnahmen anbetrifft, in der Forderung des Abschlachtens der Tiere, die mit offener Tuberkulose behaftet sind und der Desinfektion der verseuchten Stallungen..

Bemerkenswert ist, dass von Prof. Ehrhardt mit einem Schadens, von 4*/2 Millionen im Jahr gerechnet wird.

360 Was soll nun in dieser Richtung geschehen ? Ist die im Postulate des Herrn Dr. Locher gestellte Frage, ob es -angemessen sei, die Tuberkulose den Tierseuchen gleichzustellen, wie Herr Prof. Dr. Ehrhardt meint, zu bejahen? Wir wollen nicht bestreiten, dass diese Lösung als wünschbar und -auf don ersten Blick auch als möglich erscheint. Aber bei näherem .Zusehen ergibt sich, dass sie, zurzeit wenigstens, nicht möglich und nicht angebracht ist. Zunächst spricht dagegen die Tatsache, dass, wie oben festgestellt, die Erkennung der Krankheit -- so.gar für Tierärzte, geschweige denn für Laien -- sehr schwierig ist und daher die Anzeigepflicht, selbst bei sog. offenen Formen, nicht durchgeführt werden könnte. Allein auch abgesehen hiervon ist nach unserer Ansicht heute Niemand in der Lage, einen .gangbaren Weg zu bezeichnen, um mit Erfolg und ohne gewaltige Schwierigkeiten wirtschaftlicher und finanzieller Natur die Bekämpfung der Tuberkulose des Rindviehes nach Analogie -der Vorschriften für Seuchen zu unternehmen. Dieso Überzeugung scheint auch die der überwiegenden Mehrheit der Experten· Kommission zu sein, in deren Schoss die Frage wiederholt und -eingehend besprochen wurde. Eingehender Prüfung ist der Vorschlag wert, die Abschlachtung der Tiere, die an offener Tuberkulose leiden, vorzuschreiben und sie so als Herde der Infektion ·.zu beseitigen. Aber auch hier trifft man, wie beim Versuche der Einführung der Anzeigepflicht, auf die Schwierigkeit, dass selbst -diese Fälle als solche gefährlicher Natur oft nicht oder nur schwer -erkennbar sind. Allein abgesehen hiervon wäre selbstverständlich die vorgeschlagene Massregel nur denkbar, wenn der Staat (Kantone und Bund) Beiträge an deu Schaden leisten wurden. Als geeignetes Mittel erschien uns die Begünstigung und Unterstützung der Viehversicherungskassen. Die Grundlagen für diese Versicherung -wurden durch Art. 13 des Bundesgesetzes betreffend die FördeTung der Landwirtschaft vom 22. Dezember 1893 geschaffen.

Die Erwartungen haben sich aber nur teilweise erfüllt, obwohl ·der Bund heute eine jährliche Unterstützung von über einer Million Franken an diese Kassen bezahlt. Die Viehversicherung ist bis heute in 17 Kantonen staatlich und gesetzlich geordnet.

;Sechs Kantone (Zürich, Glarus, Baselstadt, Schaffhausen, Thurgau und Genf) haben das Obligatorium
für sämtliche Rindviehbestände eingeführt ; elf .Kantone (Bern, Uri, Freiburg, Solothurn, Basellandschaft, Graubünden, Aargau, Tessin, Waadt, Wallis und Neuenburg) haben ein Gemeindeobligatorium, und in acht Kanïâonen (Luzern, Schwyz, Obwalden und Nidwaiden, Zug, Appen-

361

aell A.-Rh., Appenzell I.-Rh. und St. Gallen) besteht die Viehversicherung noch nicht. Die Erfahrungen haben ergeben, dass sie nicht genügt, um eine erfolgreiche Bekämpfung der Rindertuberkulöse durchzuführen. In einzelnen kantonalen Viehversicherungsgesetzen (z. B. Zürich, Sehaffhausen und Thurgau) ist die Bekämpfung der Tuberkulose als Zweck besonders vorgesehen ; er scheint aber bisher auch dort nicht erreicht worden zu sein. Im allgemeinen werden tuberkulöse Tiere von den Viehversicherungskassen nur bei Notschlachtung entschädigt. Diese Kassen sind finanziell zu wenig leistungsfähig, um Tiere zu übernehmen, die nicht hochgradig erkrankt sind, noch einigen Nutzen abwerfen und vom Eigentümer regelmässig zu hoch gewertet werden. Die Besitzer wollen auch vielfach tuberkulöse Tiere nicht abgeben, nutzen sie oft zu lange und ohne Rücksicht auf die dadurch bedingte Gefährdung des ganzen Viehbestandes aus.

Wir hätten trotzdem Bedenken, die Tuberkulosefälle den Viehversicherungskassen abzunehmen und im Falle von Abschlachtung besondere Entschädigungen durch Kantone und Bund vorzusehen. Damit verlören die Viehversicherungskassen und deren Unterstützung durch den Bund zum Teil ihre Berechtigung und anderseits wären die finanziellen Folgen für Kantone und Bund schwer abzusehen. Allein selbst die Viehbesitzer, die auch einen Teil des Schadens tragen müssten, würden sich kaum mit der Zwangsabschlachtung von Tieren befreunden, die sie nicht als krank erkennen und betrachten. Es dürfte vielmehr die Aufgabe einer sachgemässen und gleichmässigen Organisation der Viehversicherungskassen sein, die Schadenfälle der Tuberkulose zu übernehmen und die Abschlachtung unter gewissen Voraussetzungen zu ermöglichen. Einen bescheidenen Anfang der Beseitigung hochgradig tuberkulöser Tiere hat die Viehversicherung immerhin gebracht.

Die Beseitigung der tuberkulösen Tiere und der mit ihnen verbundenen Ansteckungsgefahr wird aber immer nur e i n Mittel im Kampfe gegen die Tuberkulose sein. Eine ganze Reihe vorbeugender Massnahmen müssen sie ergänzen und diese liegen namentlich in der Hand der Viehbesitzer. In dieser Richtung erseheinen alle Massnahmen, die im Stande sind, die Konstitution der Tiere zu kräftigen und sie damit gegen die Ansteckungsgefahr der Tuberkelbazillen widerstandsfähiger zu machen, von grösster Wichtigkeit. Als
hierzu geeignet sind besonders geräumige, trockene, gut gelüftete Ställe, zweckmässige Aufzucht, Fütterung und Pflege, sowie rationeller Weidegang der Tiere hervorzuheben. Durch sachgemässe Bundesblatt. 67. Jahrg. Bd. I.

27

36,2 Aufklärung und Belehrung der Viehhalter und ihrer Angestellten kann in dieser Beziehung viel Nutzen gestiftet und ein erfolgreicher Kampf gegen die Tuberkulose eingeleitet werden.

Wir können uns somit nicht entschliessen, die Tuberkulose den Tierseuchen im Sinne des Art. l der Vorlage gleichzustellen.

Dagegen soll die Möglichkeit eröffnet werden, dass der Bundcsrat, bis zum Erlasse eines Bundesgesetzes über die Bekämpfung der Tuberkulose, die Vorschriften des vr inliegenden Gesetzes, soweit sie sich hierfür eignen, auf dit üusserlich erkennbaren Fälle der Tuberkulose des Rindviehes anwendbar erklärt. Damit ist dem Studium der so eminent wichtigen Frage die Tilre geöffnet und können Versuche gemacht, Erfahrungen gesammelt und den Fortschritten der Wissenschaft nutzbar gemacht werden.

Der Bundesrat wird nach Annahme des Gesetzes wiederum Experten über die Art des Vorgehens konsultieren und in der Lage sein, auf ihr Gutachten hin anzuordnen, was angemessen ist.

Neben der Abschlachtung von hochgradig erkrankten Tieren dürfte hauptsächlich die Desinfektion der Ställe bei Fällen offener Tuberkulose in Frage kommen. Von diesen Erwägungen ausgehend, sind wir dazu gekommen, die Vorschläge zu machen, die in Art. 2 und 27 des Entwurfes niedergelegt sind.

Wir fügen bei, dass unter den äusserlich erkennbaren Fällen der Tuberkulose Krankheitserscheinungen verstanden sind, die klinisch, d. h. durch Anwendung der üblichen'Untersuchungsmethoden objektiv und zuverlässig festgestellt werden können, wie dies beispielsweise bei hochgradiger tuberkulöser Erkrankung der Lungen, des Darmes, des Euters und der Gebärmutter der Fall ist. Auch andere Staaten, die Massnahmen zur Bekämpfung der Rindertuberkulose ergriffen haben, sind namentlich aus don oben entwickelten Gründen (Schwierigkeit der Feststellung der Krankheit, finanzielle Konsequenzen) nicht weiter gegangen.

Schliesslieh sei noch erwähnt, dass die tuberkulösen Erkrankungen anderer Haustiere als des Rindviehes von untergeordneter Bedeutung sind. Bei Pferden, Ziegen und Schafen ist diese Krankheit selten, bei Schweinen kommt sie allerdings häufiger vor. Da jedoch bloss das Fleisch dieser Tiere verwendet wird, so genügt zur Abwehr der Infektion eine gewissenhafte Durchführung der Fleischschau.

IV. Vorschriften über den Viehhandel.

Von den verschiedensten Seiten wurde verlangt, es seien in Verbindung mit einem Tierseuchengesetz auch Bundesvorschriftcu

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über den Viehhandel aufzustellen, da durch die Viehhändler vielfach Seuchen verschleppt werden. Man fordert eine Beaufsichtigung der Viehhändler und gleichzeitig eine Deckung der daraus und aus den sanitätspolizeilichen Massnahmen entstehenden Kosten durch Gebühren, die den Personen, die diesen- Handel treiben, aufzuerlegen seien. Verschiedene Kantone haben diese Frage bereits geordnet.

Laut Gesetz vom 22. Dezember 1895 steht der Viehverkehr im Kanton Z ü r i c h nach Massgabe der eidgenössischen Vorschriften unter gesundheitspolizeilicher Aufsicht. Zur gewerbsmässigen Betreibung des Viehhandels ist der Besitz eines Patentes erforderlich, das von der Sanitätsdirektion auf die Dauer eines Jahres an Personen, dio einen guten Leumund besitzen und Kaution stellen, erteilt wird.

Ähnliche Bestimmungen haben Schaffhausen, Freiburg und die Waadt. In allen diesen Kantonen ist für den Viehhandel eine besondere Bewilligung oder ein Patent notwendig. So gut nun auch diese kantonale Ordnung sein mag, so ist doch unbestreitbar, dass deren Durchführung auf so kleinen Gebieten wie unsere Kantone es sind, auf grosse Schwierigkeiten stösst und vielfachen Kollisionen ruft. Blan halte sich nur vor Augen, dass ein Viehhändler in jedem Kanton, in dem er sein Geschäft ausübt, eine besondere Bewilligung haben muss und sich allen den verschiedenen Vorschriften zu unterwerfen hätte. Der Wunsch nach eidgenössischer Regelung der Frage ist vsomit durchaus verständlich und sehr wohl begründet. Der Handel macht nicht vor Kantonsgrenzen Halt.

Das Volkswirtschaftsdepartement hat in einem Vorentwurfe, der der Expertenkommission unterbreitet worden ist, einen besondern Abschnitt über den Viehhandel aufgenommen. Wir geben den Wortlaut jener Vorschläge im Anhange dieser Botschaft wieder, damit sich die Bundesversammlung ein Bild machen, kann, wie wir uns eidgenössische Bestimmungen über den Viehhandel denken (vgl. den Abdruck derselben im Anhange 4 zur Botschaft, Seite 408).

Soll der Viehhandel beaufsichtigt werden, so muss der Staat die Viehhändler kennen. Hiervon ausgehend gelangt man, wie es auch in den aufgeführten Kantonen geschehen ist, dazu, für die gewerbsmässige Ausübung des Viehhandels eine Bewilligung zu fordern, die allerdings jedermann erteilt werden soll, der die aufzustellenden Bedingungen erfüllt. Voraussetzung der Bewilligung muss vor allem aus guter Leumund und überdies die Leistung einer angemessenen Kaution sein. Da der Viehhandel im

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öffentlichen Interesse geregelt werden soll, so darf der Staat nicht dazu Hand bieten, dass gewissenlose, vielleicht wiederholt vorbestrafte Personen dieses Gewerbe ausüben, und er muss es namentlich in der Hand haben, die gegebene Bewilligung zurückzuziehen. Die Kaution ist notwendig, damit der Staat und die Gemeinden für ihre Gebühren, namentlich aber auch für Bussen und Schadenersatzforderungen auf alle Fälle Deckung finden.

Notwendig erscheint auch die Umschreibung des Begriffes des Viehhandels (vgl. Ziffer 3). Vom sanitätspolizeilichen Standpunkte aus muss gefordert werden, dass der Viehhändler durch Strafandrohungen verhalten wird, ein genaues und vollständiges Verzeichnis seiner Käufe und Verkäufe zu führen, damit gegebenenfalls festgestellt werden kann, ob er mit Seuche behaftete oder verdächtige Tiere geliefert hat.

Man darf sich wohl nicht verhehlen, dass die Durchführung von Vorschriften; wie sie im Anhang 4 zur Botschaft enthalten sind, zu mancherlei Schwierigkeiten Anlass geben würde. Wir erinnern beispielsweise daran, dass den kantonalen Regierungen das Recht eingeräumt werden müsste, Bewilligungen zu geben für das Gebiet der gesamten Eidgenossenschaft, da es wohl undenkbar wäre, für die grosse Zahl von Viehhändlern die Erteilung einer Bewilligung durch eine Bundesbehörde einzuführen.

Eine nicht unbedeutende praktische Schwierigkeit liegt in der Ausscheidung des gewerbsmässigen Viehhandels gegenüber dem mit dem landwirtschaftlichen Betriebe naturgemäss verbundenen Tierumsatz, der namentlich bei Züchtern sehr bedeutend werden kann.

Dieses letztere Bedenken scheint denn auch bei den Mitgliedern der Expertenkommission zum Teil massgebend gewesen zu sein, obwohl die erwähnten vier Kantone die Abgrenzung in ihren Gesetzen -- und wohl auch in der Praxis -- zutreffend durchgeführt haben. Die Kommission teilte sich in zwei Hälften.

Die eine Gruppe sprach sich sehr energisch für die Aufnahme von Bestimmungen aus, wie das Volkswirtschaftsdepartement sie formuliert hatte, die andere Gruppe nahm im wesentlichen aus Gründen der Zweckmässigkeit und namentlich vom Wunsche geleitet, dem Erlass des Gesetzes keine Schwierigkeiten zu bereiten, eine ablehnende Haltung ein. Dabei ist bemerkenswert, dass die beiden Gruppen Anhänger der verschiedenen in der Kommission vertretenen Interessenkreise umfassten. Besonders soll hervorgehoben werden, dass auch viele Vertreter der Landwirtschaft sich entschieden gegen die Verbindung des Vieh-

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Handelsgesetzes mit dem Tierseuchengesetz ausgesprochen haben.

Indessen war die ganze Kommission einig in der Anerkennung der grossen Bedeutung der Regelung des Viehhandels für die Seuchenpolizei, und es wurde auch anerkannt, dass die Seuchenverschleppungen vielfach auf eine mangelnde Ordnung des Viehhand eis zurückzuführen seien. Von dieser Erwägung ausgehend wünschte die Kommission, es möchte in das Gesetz eine Bestimmung aufgenommen werden, wonach der Bundesrat sanitätspolizeiliche Vorschriften erlassen könnte -gegen die Verschleppung von Seuchen durch gewerbsmässige Viehhändler (Art. 9).

Wir haben, wenn auch ungern, aus praktischen Erwägungen und mit Rücksicht auf die in der Expertenkommission zu Tage getretene Stimmung davon abgesehen, in den Entwurf weitergehende Bestimmungen über den Viehhandel aufzunehmen. Dabei betonen wir jedoch, dass wir nach wie vor eine eidgenössische Regelung dieser Materie als wünschenswert und richtig betrachten, da die Musterkarte der kantonalen Gesetzgebungen geradezu unerträglich ist. Wir behalten uns denn auch vor,, zu gegebener Zeit den Erlass eines besonderen Gesetzes vorzuschlagen und möchten also nicht, dass aus der Weglassung der bezüglichen Vorschriften im vorliegenden Entwurfe auf den Verzicht einer eidgenössischen Regelung der Frage geschlossen wird. Wir wollen aber die Verantwortlichkeit nicht übernehmen, durch Aufnahme von Bestimmungen über den Viehhandel das Tierseuchengesetz, dessen Erlass uns als dringend notwendig erscheint, zu verzögern oder gar zu gefährden. Sollten Sie diese Befürchtungen als unbegründet betrachten, so wäre wohl in den Vorschlägen des Departementes ("Anhang 4) die Grundlage für eine Regelung der Materie geboten.

V. Die finanziellen Folgen des Entwurfes.

Das Bundesgesetz betreffend eine Änderung des Bundesgesetzes vom 8. Februar 1872 über polizeiliche Massregeln gegen Viehseuchen (vom 1. Juli 1886) sieht vor, dass aus den an der Grenze für tierärztliche Untersuchungen zu entrichtenden Gebühren vor allem aus die durch die Sanitätspolizei an der Grenze verursachten Kosten zu bestreiten seien. ,,Ein allfiilliger Übersehuss^' sagt das Gesetz, ,,dient zur Anlage und Äuffnung eines Viehseuchenfonds, welchem die zur Bekämpfung ansteckender Tierkrankheiten nötigen Beiträge entnommen werden u .

Auf Grund dieser gesetzliehen Bestimmung wurden in den vergangenen Jahren die Besoldungen der Grenztierärzte, ferner

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alle weitern, mit der Grenzpolizei zusammenhängenden Kosten, die Beiträge an die Kantone, sowie endlich, seit ein besonderer Seuchenkommissär amtet, auch dessen Besoldung und die der ihm unterstellten Beamten aus den Eingängen der Gebühren für Tierund Fleischuntersuchungen an der Grenze gedeckt. Der Überschuss der Gebühreneinnahmen wurde wie die Kapitalzinsen dem Viehseuchenfonds zugeteilt, der auf Ende des Jahres 1913 auf einen Betrag von Fr. 4^032,086 angewachsen ist. Die Einnahmen für Gebühren sind in den 2 letzten Jahren zurückgegangen.

Sie betrugen im Jahre 1911 Fr. 526,789. 95, 1912 Fr. 442,526. 60, 1913 Fr. 337,495 und 1914 Fr. 340,327. 85. Bis Ende Juni 1914 beliefeu sich diese Einnahmen auf Fr. 234,221. 70 gegenüber Fr. 171,177 in der gleichen Periode des Vorjahres. Die für diese 6 Monate eingetretene Vermehrung ist im wesentlichen die Folge der Verordnung vom 30. Dezember 1913, betreffend den grenztierärztlichen Dienst. Wir sahen uns durch gewisse Vorkommnisse veranlasst, den Bundesratsbeschluss vom 26. März 1891, der die Untersuchungsgebühren festgesetzt hatte, abzuändern und gleichzeitig den grenztierärztlichen Dienst zu erweitern und neu zu organisieren. Durch die gegenwärtigen Vorschriften ist dafür gesorgt, dass an den wichtigen Grenzstationen sozusagen jederzeit die Untersuchung stattfinden kann. Die Diensfcstunden der Grenztierärzte wurden ausgedehnt und ein grossei1 Teil der letzteren wurde zu eigentlichen Beamten erhoben. Gleichzeitig wurden die Zuschlagstaxen, die nach Art. 14, Absatz 2, des erwähnten Bundesratsbeschlusses von 1891 für die Untersuchung ausserhalb der Dienststunden von den Grenztierärzten bezogen werden durften, abgeschafft, anderseits aber die festen Gebühren zuhanden der Staatskasse erhöht. Dieses zweifellos gerechtfertigte Verfahren hat natürlich Mehrausgaben für die Besoldungen und Entschädigungen der Grenztierärzte zur Folge, wodurch der Mehrertrag an Gebühren zum Teile wenigstens kompensiert wird. Die Ausgaben der eidgenössischen Seuchenpolizei sind von Fr. 114,564 im Jahre 1887 auf Fr. 255,579. 30 im Jahre 1913 gestiegen und werden unter der neuen Ordnung der Dinge nach Einsetzung des eidgenössischen Veterinäramtes und mit Rücksicht auf die nunmehrigen Besoldungen und Entschädigungen der Grenztierärzte von 1915 an Fr. 300,000 übersteigen. Für das Jahr
1915 z. B. beläuft sich der Voranschlag auf Fr. 369,200, wovon auf die reinen Verwaltungsausgaben Fr. 304,200 entfallen, während Fr. 65,000 vorgesehen sind als Beiträge an die Besoldungen der Kantonstierärzte, die kantonalen Leistungen für Vieh-

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Inspektoren- und Fleischauerkurse, Impfungen, Desinfektion, ·Seuchenbekämpfung und -Forschung.

Die Einlage in den Seuchenfonds betrug im Jahre 1911 Fr. 294,124, 1912 Fr. 183,412, 1913 Fr. 81,915. Infolge der -durch die kriegerischen Ereignisse bedingten Mindereinfuhr von Vieh und Fleisch wird für das Jahr 1914 dem Fonds nur ein -geringer Überschuss zufallen. Die ungünstigen Zeitverhältnisse werden sich auch noch im Jahr 1915 fühlbar machen. Die ·Gebühreneinnahmen in den ersten 6 Monaten des Jahres 1914, in denen die neuen Ansätze zur Anwendung kamen, also vom 1. Februar bis 31. Juli, betrugen Fr. 255,238. 65. Darnach ergäbe sich eine Jahreseinnahme von rund Fr. 510,000. Es darf jedoch erwähnt werden, dass die Vieh- und namentlich die Fleischeinfuhr im Jahre 1914 kleiner war als im Jahre 1913 und vollends gewaltig hinter dem der Jahre 1911 und 1912 zurückstund.

Würde die Einfuhr wieder die Ziffern dieser beiden letztern Jahre erreichen, so ergäbe sich eine Gebühreneinnahme, die Fr. 600,000 wesentlich übersteigen würde. Mit Rücksicht auf die Bevölkerungsvermehrung und den sich wahrscheinlich wieder ·entwickelnden Mehrkonsum an Fleisch darf daher bei Rückkehr normaler Verhältnisse auch bei vorsichtiger Abwägung mit einer Einnahme von Fr. 500,000, später aber wohl mit einem erheblich höhern Betrage gerechnet werden. Die jährliche Einlage in den Seuchenfonds wird alsdann über Fr. 100,000 betragen, so dass dieser bis zum Zeitpunkt, auf den das Gesetz voraussicht-lich in Kraft treten kann, mit Einschluss der Zinsen etwa die Höhe von fünf Millionen Franken erreicht haben dürfte.

Es stünden somit von jenem Moment an zur Bekämpfung ·der Viehseuchen und zur Ausrichtung von Beiträgen an Schäden ·pro Jahr an Zinsen des Viehseuchenfonds Fr. 200,000 zur Verfügung. Der Überschuss der Gebühreneinnahmen über die auf ·zirka Fr. 300,000 veranschlagten eigentlichen Verwaltungsauslagen des Bundes hinaus dürfte sich auf über Fr. 200,000 im Jahr 'belaufen, sodass im ganzen jährlich wenigstens Fr. 400,000 zur Verfügung stünden, die gemäss den Bestimmungen des vorliegenden Entwurfes verwendet werden könnten.

Da, wie Art. 38 des Entwurfes zum Ausdrucke bringt, das Gleichgewicht zwischen den Einnahmen des Bundes aus den Grenzuntersuchungsgebühren einerseits und den durch den Gesetzesentwurf verursachten Ausgaben anderseits hergestellt ist und bestehen bleiben soll, so müssen wir uns die Frage vorlegen, auf welche Summe sich die Ausgaben des Bundes belaufen werden.

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Wir versuchen daher, die wahrscheinlichen Ausgaben des Bundes zufolge der Bestimmungen der Art. 21--27 zu berechnen. Bei diesem Bestreben sind wir noch viel mehr als bei den soeben gegebenen Ziffern auf Schätzungen angewiesen. Wir haben uns trotzdem bemüht, gestützt auf die bisherigen Erhebungen, möglichst zuverlässige Anhaltspunkte zu gewinnen.

Wie dem Anhang 5 zu dieser Botschaft (Seite 410) zu entnehmen ist, bleibt sich die Durchschnittszahl der jährlichen Erkrankungen, ob man die Periode von 1886 bis 1914 ganz oder aber kürzere, mit dem Jahre 1914 endigende Perioden in Betracht zieht, bei den wichtigsten in Betracht fallenden Tierkrankheiten ziemlich gleich. Wir rechnen mit den ab' gerundeten Durchschnittszahlen der längsten Periodo, die sich aus jener Tabelle ergeben. Gewisse Schwierigkeiten bietet die Festsetzung zuverlässiger Einheitswerte für die gefallenen oder umgestandenen bezw. geschlachteten Tiere. Es werden in den verschiedenen Gegenden des Landes ganz verschiedene Ansätze zur Anwendung gebracht. Wir haben deshalb die Durchschnittswerte, die nach Art. 23, Absatz 2 den Beiträgen zu Grunde gelegt werden dürfen, nach dem urteil von Fachmännern festgesetzt.

und auch hiebei jedenfalls nicht zu tief gegriffen. Nach der im Anhang 6 dieser Botschaft (Seite 411) beigebenen Tabelle ergäbe sich eine Gesamtausgabe für den Bund von Fr. 269,200 unter den folgenden Voraussetzungen : Die Berechnung geht von der Annahme aus, dass sich die obligatorischen Beiträge der Kantone im Sinne von Art. 21 de» Entwurfes auf 80 °/o des eingetretenen Schadens belaufen werden, während die Kantone frei sind, einen kleinern Prozentsatz ((SO bezw. 75°/o) zu vergüten und bloss an das Maximum von 75 im einen und von 85 % im andern Falle gebunden sind (Art. 23)..

Es steht nun keineswegs fest, dass alle Kantone auf das Maximum dieser Beiträge gehen. Ferner ist vorausgesetzt, dass der Bund unter allen Umständen die Hälfte der kantonalen Leistungen übernimmt, während wir der Vorsicht halber in Abweichung von den ursprünglichen Vorschlägen der Expertenkommission Beiträge .,,bis zur Hälfte11 vorsehen, also die Möglichkeit geben, je nach der Inanspruchnahme der verfügbaren Mittel kleinere Subventionen zu entrichten.

Endlich sind in der erwähnten Tabelle auch die bloss fakultativen Beiträge der Kantone nach Art. 26 vorgesehen und zwarso, als ob sie von allen Kantonen und durchwegs im Maximalbetragevon 80°/o geleistet und vom Bunde zur Hälfte gedeckt würden.

369Zieht man noch in Betracht, dass die systematische und rationelle Seuchenbekämpfung sich auch in einem Rückgänge der Seuchenfälle äussern wird, so darf wohl gesagt werden, dass dieim Anhang 6 enthaltene Berechnung nicht nur eine recht vorsichtige, sondern sogar eher eine zu pessimistische ist.

Nach Art. 27 kann endlich der Bund noch Beiträge bezahlen an die Durchführung von Schutz- und Heilimpfungen gegen Tierseuchen und an die Kosten für die Bekämpfung der Maulund Klauenseuche und der Tuberkulose unter Bedingungen, dieder Bundesrat feststellen wird.

Die Kosten der Schutz- und Heilimpfungen unter der Wirkung des neuen Gesetzes können heute selbstverständlich nicht mit Sicherheit geschätzt werden. Die Kantone Zürich, Bern und Luzern haben hiefür im Zeitraum von 1904--1913 zusammen und im ganzen zirka Fr. 115,000 ausgegeben, also durchschnittlich jährlich Fr. 11,500. Wir glauben hoch genug zu gehen, wenn wir für die Zukunft eine jährliche Gesamtausgabe der Kantone von Fr. 60,000 und somit eine solche des Bundes von höchstens Fr. 30,000 in Berechnung stellen.

Was die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche betrifft, so wurden in den letzten 14 Jahren durchschnittlich jährlich heimgesucht : 1900--1914 jährlich

.

.

.

.

.

.

.

.

Ställe: 835

Weiden: 80

1904--1914 ,, 983 96 1909--1914 1512 151 Rechnen wir mit einer Verseuchung von 1000 Ställen und 100 Weiden, und gestützt auf die Angaben der Behörden verschiedener grösserer Kantone, mit einer Ausgabe für Behaudlungsund Desinfektionskosten für jede Weide von Fr. 400 und für jeden Stall von Fr. 150, so ergibt sich folgende Ausgabe : 1000 Ställe à Fr. 150 = Fr. 150,000 100 Weiden à Fr. 400 = ,, 40,000 ..

also

Fr. 190,000

Bei den Behandlungs- und Desinfektionskosten sind die Auslagen für Desinfektionsmittel, Klauenbeschneidung, tierärztlicheBemühungen und Hülfeleistungen von Drittpersonen in Betracht gezogen. Für jeden Stall ist mit einem Tierbestand von 10 und fttr die Weide mit einem solchen von 100 Stück gerechnet worden.

370

Wenn nun der Bund, wie es naheliegt, als Bedingung seiner Unterstützung die Übernahme von 25 °/o der Ausgaben durch den Viehbesitzer fordern würde, und der Rest, also 75%, zwischen den Kantonen und dem Bunde hälftig geteilt würde, so entstünde für den letztern eine mutmassliche Jahresausgabe von Fr. 71,250.

Die Zusammenstellung der nach Art. 21 bis 27 in Betracht fallenden Beiträge des Bundes ergäbe demnach ohne Berücksichtigung der Tuberkulose folgendes Resultat: «. Beiträge an Seuchenschäden nach Anhang (> Fr. 269,200 b. Beiträge an die Kosten von Schutz- und Heilimpfungen ,, 30,000 c. Beiträge an die Behandlungs- und Desinfoktionskosten bei Maul- und Klauenseuche . . ,, 71,250 Total Fr. 370,450 denen als Einnahmen die Gebührenüberschüsse und die Zinsen des Seuchenfonds im veranschlagten Gesamtbetrag von wenigstens Fr. 400,000 entgegenstehen.

Was endlich die Beiträge an die Bekämpfung der Tuberkulose anbetrifft, so sind wir uns durchaus im Unklaren, welche Massnahmen der Kantone durch die Subventiousbestimmungen des Art. 27 veranlasst würden. Jedoch wird man wohl nicht fehl gehen, wenn man annimmt, dass die Entwicklung der daherigen Ausgaben eine langsame sein wird und dass die Kantone mit Rücksicht auf ihre Finanzlage und die grossen Schwierigkeiten, die sich der Bekämpfung der Tuberkulose entgegensetzen, .grosse Vorsicht walten lassen werden. Dazu kommt nun, dass der Bnndesrat nach der Fassung des Art. 27 das Mass der Unterstützung festsetzen kann und auch seinen Einfluss in Beziehung .·auf die Bedingungen jeder Subvention zu wahren in der Lage ist.

Nach diesen Berechnungen und Ausführungen ist wohl der Schluss erlaubt, dass voraussichtlich die durch den Entwurf entstehenden Ausgaben jederzeit durch die Gebühreneinnahmen und ·die Zinsen des Viehseuchenfonds gedeckt werden können. Es 'ist auch nicht ausgeschlossen, ja fast anzunehmen, dass sich die Einfuhr von Tieren und Fleisch im Laufe der Jahre etwas -steigern und dem Bunde grössere Gebühreneingänge zuführen wird. Anderseits ist allerdings auch noch in Betracht zu ziehen,
371 îiir seuchenpolizeiliche Versuchs- und Untersuchungstätigkeit eher ·etwas zurückhaltend sein werden. Immerhin erscheint es uns notwendig, dass auch auf diesem Gebiet beförderlich ein Schritt nach vorwärts getan werde und wenn es sich vorläufig auch nur darum handeln würde, die Herstellung der uns zurzeit durch ·die Ausfuhrverbote der Nachbarstaaten entzogenen Sera und Impfstoffe für die verschiedenen Tierkrankheiten im eigenen Lande zu ermöglichen. Auch hierfür dürften unter der Wirkung ·des neuen Gesetzes die erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen.

VI. Die einzelnen Bestimmungen des Entwurfes.

Der im Ingress des gegenwärtigen Gesetzes enthaltene Ausdruck ,,Viehseuchen''' ist im Entwurf durch ,,Tierseuchen" ersetzt worden. Der neue Brlass soll betitelt sein ,,Bundesgesetz betreffend die Bekämpfung 'von Tierseuchen.tt Da im Entwurf die Faulbrut der Bienen und gewisse Geflügelkrankheiten besonders genannt werden, und da eigentlich auch die Pferde nicht zum ,,Vieh"1 gerechnet werden können, scheint uns die vorgeschlagene Änderung gerechtfertigt zu sein.

I. Bezeichnung der Tierseuchen.

Art. 1. Der Artikel zählt die Krankheiten auf, die von Gesetzeswegen als Tierseuchen zu betrachten sind und auf die das Gesetz ohne weiteres Anwendung findet. Überdies wird der Bimdesrat ermächtigt, ähnlich, wie es im Art. l des gegenwärtigen Gesetzes der Fall ist, beim Auftreten anderer nicht genannter, heute vielleicht gar nicht bekannter, gemeingefährlicher Tierkrankheiten die zur Bekämpfung nötigen Bestimmungen aufzustellen und zu diesem Zwecke die Vorschriften dieses Gesetzes für solche Fälle als ganz oder teilweise anwendbar zu erklären.

Dabei ist also der Möglichkeit Rechnung getragen, dass für die Bekämpfung einer bestimmten Krankheit sieh nicht alle Bestimmungen dieses Gesetzes eignen oder notwendig sind. Die Vollziehung des Gesetzes erhält dadurch die notwendige Elastizität.

Wir erwähnen als Krankheiten, für welche dieses Verfahren eintreten soll, beispielsweise die Agalactie der Ziegen, die perniciose Anoemie der Pferde, die Knötchenseuche, den gelben Galt, die bösartige Kopfkrankheit des Rindes, die Räude der Schafe und Ziegen u. a. m.

Art. 2. Über die Behandlung der Tuberkulose haben wir uns oben ausführlich ausgesprochen. Wir haben es für ange-

372 messen erachtet, für diese Krankheit eine besondere gesetzliche Bestimmung aufzustellen. Wenn wir die Ausdrucksweise gewählt haben : ,,der Bundesrat ist befugt, die Bestimmungen dieses Gesetzes anzuwenden" statt: ,,er wird sie anwenden", so hat esnicht etwa die Meinung, dass wir gegenüber der Ausbreitung der Tuberkulose untätig bleiben und von unserer Befugnis keinen Gebrauch machen wollen. Dagegen gebietet die Klugheit, der Vollziehungsbehörde mit Rücksicht auf die grossen Schwierigkeiten wohl eine Befugnis zu erteilen, sie aber nicht zu zwingen zu handeln, wenn dies nicht opportun wäre.

Art. 3. Es schien uns angezeigt zu sein, die Bekämpfung der Geflügelcholera und der Hühnerpest, sowie der Faulbrut der Bienen im Gesetze ausdrücklich zu nennen, da von den beteiligten Kreisen hierauf ein grosses Gewicht gelegt wird. Wegen der grossen Geflügeleinfuhr und der damit verbundenen Einschleppungsgefahi' sind besondere Bestimmungen über die Grenzbehandlung notwendig. Über die Faulbrut der Bienen wurden durch Bundesratsbeschluss vom 3. Dezember 1909 bereits seuchenpolizeilicheVorschriften erlassen. Die schweizerische ornithologische Gesell schaft wünscht nun, dass auch die Dyphterie des Geflügels im Gesetze aufgeführt werde. Wir halten dies nicht für notwendig, da Art. l, Absatz 2, dem Bundesrate die Kompetenz gibt, das Gesetz auch auf diese Krankheit anzuwenden.

!l. Vorschriften über den Verkehr mit Tieren und tierischen Stoffen.

Art. 4. Schon durch Art. 3 des gegenwärtigen Gesetzes ist der Verkehr mit Tieren, die an einer Seuche erkrankt oder einer Erkrankung verdächtig sind oder eine Ansteckungsgefahr bieten können, verboten.

Art. 5. Zur Durchführung des in Art 4 niedergelegten Grundsatzes rnuss der gesamte Verkehr mit Tieren des Pferde-,.

Rinder-, Schaf-, Ziegen- und Schweinegeschlechts der Kontrolle unterstellt werden. Dies geschieht mittelst der Einrichtung von ViehkontrolJen und der Erteilung von Gesundheitsscheinen. Solche Scheine dürfen vom Viehinspektor nur ausgestellt werden, falls keine besonderen örtlichen oder allgemeinen Sperrmassvegeln bestehen.

Überdies -- das ist neu -- ist dem Viehinspektor verboten, Geàundheitsscheine auszustellen, falls ihm eine Tatsache bekannt ist, die die Gefahr einer Seuchen Verschleppung begründen könnte.

Wir erinnern beispielsweise an einen noch nicht angemeldeten Seuchenäusbruch in der Gemeinde.

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Wie für den Inhalt werden auch für die Gültigkeitsdauer =der Gesundheitsscheine die Vollziehungsvorschriften vorbehalten {vgl. dazu Art. 5 des gegenwärtigen Gesetzes).

Art. 6. In der Regel muss für jedes Tier, das aus dem Inspektionskreise herausgeführt wird, ein Gesundheitsschein abgeholt und am Bestimmungsorte abgegeben werden. Praktische Rücksichten lassen es als wünschenswert erscheinen, dass in bestimmten Fällen, wenn die Tiere nur vorübergehend weggeführt werden, hiervon abgesehen werden kann (Absatz 3).

Art. 7. Entspricht Art. 8 des gegenwärtigen Gesetzes. Die Bestimmung ist im Entwurfe ausgedehnt auf Schafe, Ziegen und Schweine. Für Pferdetransporte haben wir absichtlich von der Beibringung der Gesundheitsscheine abgesehen. Man wollte den Verkehr mit diesen Tieren nicht" unnötig erschweren. Sanitätspolizeilich ist diese Erleichterung nicht zu beanstanden. Im übrigen ist es gegeben, dass die Einzelvorschriften über den Transport von Tieren und tierischen Stoffen auf dem Wege der Vollziehung aufgestellt werden. Man vergleiche Art. 69--74 der gegenwärtigen Vollziehungsverordnung.

Art. 8. Das gegenwärtige Gesetz bestimmt in Beziehung auf die Märkte und Ausstellungen in Art. 9, es dürfen Rindvieh und Tiere aus dem Pferdegeschlecht nicht zugelassen werden ohne Gesundheitsscheine. Überdies seien die Viehmärkte einer sorgfältigen sanitätspolizeilichen Aufsicht zu unterstellen. Die bundesrätliche Verordnung hat in Art. 75 und ff. auf Grund dieser gesetzlichen Bestimmung Vollziehungsvorschriften erlassen und insbesondere bestimmt, dass alle Tiere, ohne Unterschied und ohne Rücksichtnahme auf ihre Herkunft beim Zugang zum Markt tierärztlich zu untersuchen seien.

Der Art. 8 bietet also in Absatz l und 2 nichts neues, sondern übernimmt nur eine Vorschrift, die bereits in der bisherigen Verordnung enthalten war. Wir wissen wohl, dass die Überwachung durch Tierärzte in einzelnen Gegenden auf Schwierigkeiten stösst und auch nicht beliebt ist. Indessen kann von dieser Einrichtung in keinem Falle abgegangen werden.

Die für lokale Schauen im Wege der Verordnung zulässigen Ausnahmen erscheinen als sachgemäss.

Art. 9. Diese Bestimmung haben wir bei der Besprechung ·der Vorschriften über den Viehhandel erwähnt und begründet.

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Art. 10. Den Hausierhandel mit Rindvieh, Schafen, Ziegeic und Schweinen hat bereits die bundesrätliche Verordnung zum gegenwärtigen Gesetz in Art. 42 verboten. Wir halten es für richtiger, ein solches Verbot in das Gesetz aufzunehmen, und haben es auch auf Pferde und Geflügel ausgedehnt, immerhin mit der Milderung, dass die Kantone für Hausgeflügel Ausnahmen bewilligen können. Die landwirtschaftliche Bevölkerung ist oft darauf angewiesen, Geflügel von herumziehenden Händlern zu kaufen.

Das Treiben von Wanderherden auf öffentlichen Strassen und Wegen ist sicherlich geeignet, Seuchen zu verbreiten. Indessen kann ein bezügliches Verbot nicht unbedingt aufgestellt werden. Man denke nur an die Bestossung und Entladung der Alpweiden,, sowie an das Treiben von Schafherden zum Zwecke der Aufäzung von Futter usw. Wir haben daher in Absatz 2 des vorliegenden Artikels vorgesehen, dass der Bundesrat das Treiben von Wanderherden einschränken oder verbieten kann. Das gegenwärtige Gesetz enthält eine solche Bestimmung nicht.

Art. 11. Es braucht nicht weiter auseinandergesetzt zu werden, dass von Schlachthäusern, Gerbereien, sowie Fell- und Häutehandlungen aus sehr leicht Seuchenverschleppungen stattfinden können. Vorsichtsmassregeln sind also nötig. Dagegen ist es nicht möglich, die erforderlichen Bestimmungen im Gesetze selbst aufzunehmen, es muss vielmehr auf dem Wege leicht revidierbarer und anpassungsfähiger Verordnungsvorschriften das Nötige angeordnet werden. Insbesondere ist eine intensive Kontrolle nötig, wenn eine Seuche in einer Gegend ausgebrochon ist, mit deren Bevölkerung die erwähnten Anstalten in geschäftlichen Beziehungen stehen.

Wir verweisen übrigens auf Art. 10 des gegenwärtigen Gesetzes und auf Art. 69, lit. d und 80, der Vollziehungsvcrordnung, woselbst ähnliche Vorschriften aufgestellt sind. Eine Überwachung und Desinfektion der Gasthöfe und Gemeindeställe rechtfertigt sich besonders dann, wenn sich in der Umgegend Seuchenfälle eingestellt haben.

Art. 12. Diese Bestimmung entspricht sachlich der Vorschrift des Bundesgesetees vom 19. Juli 1873. Sie wurde ausdrücklich ausgedehnt auf Dampfschiffunternehmungen. Man vergleiche weiter Art. 69 und ff. der bundesrätlichen Verordnung, zu den Seuchengesetzen, vom 14. Oktober 1887.

375Art. 13. Die Art. 13--17 befassen sich mit dem Verkehr über die Landesgrenze. Die Vorschriften der gegenwärtigen Gesetzgebung sind ungenügende. Die Schweiz muss, so gut wie ihre Nachbarländer, in der Lage sein, sich gegen die Invasion von Seuchen aus dem Auslande zu verteidigen.

Deshalb bestimmt Art. 13 des Entwurfes, dass die Einfuhr und Durchfuhr von Tieren nur unter den vom Bundesrat jeweilenvorgeschriebenen allgemeinen und besonderen Bedingungen und nur über diejenigen Einfuhrstellen stattfinden darf, die hierfür ausdrücklich bezeichnet werden. Diese Vorschrift verdankt ihren Ursprung der Erwägung, dass mit der Einfuhr' fremden Viehes stets ein gewisses Risiko verbunden ist. Man wird daher anordnen, dass die Tiere nur über die Einfuhrstationen eingeführt werden dürfen, an denen Grenztierärzte sich befinden, welche die im folgenden Artikel vorgeschriebene Unter^ suchung vornehmen können. So wird es übrigens heute schon gehalten, und es sind naturgemäss die wichtigen Grenzstationen zugleich die Einfuhrstationen für Vieh. Der Bundesrat wird jedoch auf dem Wege der Verordnung auch dafür zu sorgen haben, dass die Tiertransporte möglichst rasch und direkt, überhaupt in einer Art und Weise an den Bestimmungsort befördert werden, die die Ansteckungsgefahr so gut wie möglich ausschliesst. Um diesen Zweck zu erreichen, wird es notwendig sein, allgemeine Vorschriften aufzustellen, die überall und für alle Transporte gelten und daneben besondere, die auch besonderen Verhältnissen Rechnung zu tragen haben. Unter die allgemeinen Bedingungen zählen wir neben der Regelung' des Transportes die Vorschriften über zu fordernde Gesundheits- oder Ursprungszeugnisse. In dieser Beziehung sind für verschiedene Staaten unter Umständen verschiedene Vorschriften zu treffen. Von den besondern Bedingungen wollen wir beispielsweise die erwähnen, dass die Tiertransporte nicht aus gewissen, gerade infizierten Provinzen kommen dürfen und dassder Importeur sich bestimmten, auf die konkreten Verhältnisse zugeschnittenen Auflagen zu unterziehen hat. Es bedarf wohl keiner Auseinandersetzungen, dass die Aufstellung solcher Bestimmungen nur auf dem Wege des Vollzuges geschehen kann.

Gerade hier ist es notwendig, sich dem einzelnen Falle anzupassen, unnütze Vorschriften zu vermeiden, nützliche aber frei aufstellen und gestalten zu können.

Allein der Bundesrat muss auch in der Lage sein, die Einund Durchfuhr der in Art. 14 genannten Tiere zu beschränken

376

«der gänzlich zu verbieten, wenn dies sanitätspolizeilich begründet ist. Dieses Recht wahrt sich jeder Staat. Auch wir müssen uns so gegen Seucheneinschleppung schützen und im Notfalle gegen die Vieheinfuhrverbote anderer Staaten wehren können.

In der Zeit von 1886--1913 ist die Maul- und Klauenseuche in 1021 Fällen aus unsern Nachbarstaaten eingeschleppt worden. In der nämlichen Periode mussten an der schweizerischen Grenze 467 Transporte wegen Seuche oder Seucheverdacht zurückgewiesen werden. In den meisten dieser Fälle handelte es sich um Transporte von Schlachtvieh und Sommerungsvieh.

Die vorgeschlagene Fassung des Art. 13 wird uns gestatten, unsern Viehstand gegen die Binsehleppung von Seuchen aus dem Auslande tunlichst zu schützen. Sie ermöglicht uns aber auch, -den für unsere Volksernährung notwendigen Import von Schlachtvieh zu gestatten, weil er mit den nötigen Kautelen umgeben -werden kann.

Der Art. 13 handelt auch von der Einfuhr von Gegenständen, die zufolge ihrer Natur oder Verwendung Träger des Ansteckungsstoffes einer Seuche sein können, und stellt für diese die gleichen Bedingungen auf wie für lebendes Vieh.

Art. 14. Diese Bestimmung entspricht den Vorschriften des Gesetzes vom 1. Juli 1886, welches die Untersuchung an der -Grenze regelt. Art. 7, Absatz 2, des Hauptgesetzes vom 8. Februar 1872 schreibt vor, die Tiere seien an der Grenze zurückzuweisen, wenn sie nicht vollständig unverdächtig seien. Wir behalten diesen Grundsatz in Absatz 2 des Artikels bei, sehen Aber in Absatz 3 vor, dass ausnahmsweise an die Stelle der Rückweisung die sofortige Abschlaohtung treten kann, und zwar namentlich dann, wenn durch die Rüekweisung eine vermehrte Seuchengefahr für die Grenzgebiete entsteht.

Wir waren in letzter Zeit gezwungen, mit diesem Vorgehen Versuche zu machen. Wir haben nämlich beobachten müssen, ·dass durch die Rückweisung Seuchenherde im benachbarten ausländischen Grenzgebiete entstanden sind, von denen aus unser Land infiziert worden ist. Angesichts solcher Wahrnehmungen -erscheint es uns als gegeben, dass die Grenzabschlachtung ausnahmsweise zulässig sein soll. Die Befürchtung, dass zufolge einer solchen Bestimmung grosse Transporte verseuchten Viehes in unser Land geleitet werden könnten, halten wir für unbegründet.. Eventuell würde es leicht sein, sich zu schützen. Wir

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müssen die Abschlachtung an der Grenze nicht bewilligen, sondern können die Rückweisung der Transporte eintreten lassen. Mit der besprochenen Bestimmung tragen wir einem Wunsche der Motion Daucourt Rechnung.

Art. 15. Das Verbot der Einfuhr von Tieren, die nicht mit dem Passierschein versehen sind, ist die logische Folge der Bestimmungen der Art. 13 und Ì4.

Art. 16. Ähnlich wie die Bin- und Durchfuhr von Tieren ist diejenige von tierischen Stoffen und von Gegenständen zu behandeln, die Träger von Ansteckungsstoffen sein können. Es ist angemessen, die Ordnung dieser vielgestaltigen Verhältnisse der Vollziehungsverordnung zu überlassen. Dabei ist ausdrücklich, gemäss der Anregung des Herrn Nationalrat Lutz die Desinfektion von Häuten und Haaren als zulässig vorzusehen.

Art. 17. Diese Bestimmung entspricht den praktischen Bedürfnissen und der heutigen Regelung (Art. l, Absatz 2, des Gesetzes vom 1. Juli 1886).

III. Besondere Massnahmen beim Ausbruch von Tierseuchen.

Art. 18. Dieser Artikel regelt die Anzeigepflicht und entspricht im wesentlichen dem Art. 12 des bisherigen Gesetzes.

Neu ist, dass der Tierbesitzer selbst Massregeln treffen soll, die die Übertragung auf andere Tiere tunlichst verhindern. Diese Neuerung empfiehlt sich von selbst. Wir überlassen den Kantonen die Bezeichnung der Amtsstellen, welchen die erste Anzeige zu machen ist.

.Art. 19.

setzes.

Entspricht Art. 12, Absatz 2, des bisherigen Ge-

Art. 20. Der Entwurf stellt hier den Grundsatz auf, dass zur Bekämpfung der Seuchen und ihrer weitern Verbreitung alle Massregeln getroffen werden sollen, die nach dem jeweiligen Stande der Erfahrung und Wissenschaft zur Verhinderung einer' weitern Ausdehnung der Krankheit und zum Schutze von Menschen und Tieren geeignet sind. In Ausführung dieses Grundsatzes wird der Bundesrat die nötigen Verordnungen erlassen. Das Gesetz führt in Ziffer l--6 wohl eine ganze Reihe von Massnahmen die getroffen werden können auf, es geschieht dies jedoch nicht erschöpfend, sondern nur exemplifikativ. Es ist Bandesblatt. 67. Jahrg. Bd. I.

28

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somit dem Bundesrate, unbenommen, weitere Massregeln anzuordnen, wenn Erfahrung und Wissenschaft ihm solche zur Verfügung stellen. Die als Beispiele aufgeführten Massnahmen sind bekannte und wohl bewährte.

Mit diesem Artikel weicht der Entwurf grundsätzlich, aber wir glauben in zutreffender Weise, vom System des alten Gesetzes ab, welches in Art. 22 (und ff. sogar für die einzelnen Krankheiten besondere Bestimmungen aufstellte.

Im einzelnen gestatten wir uns kurz noch die folgenden Bemerkungen : Der Absatz 2 erwähnt auch die angemessene Behandlung der kranken und verdächtigen Tiere. In dieser Beziehung ist vielleicht mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten, die den Tierbesitzern entstehen, bis jetzt zu wenig geschehen. Wir haben in verschiedenen Fällen, in denen wir Tierärzte an Ort und Stelle delegierten, mit der Behandlung der an Maul- und Klauenseuche erkrankten Tiere gute Erfahrungen gemacht und erreicht, dass die Seuche relativ rasch zurückgegangen ist. Namentlich lässt sich aber durch eine angemessene Klauenbehandlung und gehörige Desinfektion die Gefahr des Wiederausbruches der Seuche nach Jahr und Tag beschränken. Wir gedenken, der Behandlung der kranken Tiere, eventuell durch behördlich delegierte Tierärzte, vermehrte Aufmerksamkeit zu schenken.

Unter den einzelnen Massregeln, die der Art. 20 aufführt, figuriert auch die sofortige Ahschlachtung von kranken und verdächtigen Tieren und Tierbeständen. Dieses Vorgehen ist z. B.

bei Maul- und Klauenseuche zu empfehlen, wenn die Sicherheit besteht, dass mit der Abschlachtuug der gesamte Infektionsherd vernichtet wird. Hat die Seuche schon eine grössere Ausdehnung genommen, so wird die Abschlachtung keine den Opfern entsprechende Erfolge zeitigen.

Der Entwurf spricht auch von der Möglichkeit, den Personenverkehr einzuschränken. Auch hiervon wird mit grosser Vorsicht Gebrauch zu machen sein, und wir verweisen speziell auf den Schlusssatz des Artikels, wonach der Bundesrat die Bedürfnisse des Verkehrs tunliehst und soweit berücksichtigen soll, als dies mit einer energischen Bekämpfung der Seuche vereinbar ist.

Wir haben bis jetzt die Erfahrung gemacht, dass die kantonalen Behörden eher die Tendenz hatten, zu weit zu gehen.

Wie angemessen es ist, den Vollziehungsbehörden tunlichste Freiheit in der Auswahl der Bekämpfungsmittel zu lassen, beweist

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der Umstand, dass bei Maul- und Klauenseuche die Beschränkung des Ställbannes auf 6 Wochen, wie dies im jetzigen Gesetze vorgeschrieben ist, von vielen Tierärzten als durchaus ungenügend bezeichnet wird.

IV. Beiträge der Kantone und des Bundes an Schäden und an die Kosten der Seuchenbekämpfung.

Art. 21. Nach Art. 17 des gegenwärtig geltenden Gesetzes hat der Tierbesitzer Anspruch auf einen angemessenen Beitrag an den Schaden, ,,wenn zur Bekämpfung einer Seuche das Töten von Tieren, die Zerstörung oder das Vergraben von Futter, Gerätschaften, Gebäudeteilen oder anderem Eigentum polizeilich angeordnet wird". Der Entwurf nimmt sachlich im Hinblick auf die in Art. 20, Ziffer 2 den Vollziehungsbehörden eingeräumte Befugnis diese Bestimmung auf (vergi. Art. 21, Ziffer 3 und 5).

Eine Entsehädigungspflicht des Kantons gegenüber dem Tierbesitzer besteht in den bezeichneten Fällen, ob erkrankte oder der Ansteckung ausgesetzte, oder gesunde Tiere geschlachtet, werden, vorausgesetzt dass die Schlachtung erfolgt, um d e r A u s d e h n u n g einer d e r i n Art. l a u f g e z ä h l t e n Krankheiten vorzubeugen. Namentlich besteht die Entschädigungspflicht auch dann, wenn es sich um die Bekämpfung der Maulrund Klauenseuche handelt.

Da jedoch nach Art. 20 sowohl eine angemessene Behandlung der kranken und verdächtigen, wie auch prophylaktische Massnahmen (wie z. B. die Impfung) in Beziehung auf gesunde Tiere eingeordnet werden können, so wird auch für die Folgen solcher Anordnungen in Ziffer 2 und 4 des Art. 21 eine Verantwortlichkeit der Kantone geschaffen. Sie sollen dem Tierbesitzer einen Beitrag an: den Schaden vergüten, wenn ein Tier wegen einer behördlich angeordneten Behandlung umsteht oder abgetan werden muss. Diese Pflicht der Kantone bildet das Gegenstück zu den ihnen im Interesse der Öffentlichkeit verliehenen Rechten.

Endlich statuiert das Gesetz in Art. 21, Ziff. l noch eine Pflicht der Kantone, den Tierbesitzern Beiträge an den Schaden zu bezahlen, falls Tiere wegen Rinderpest, Lungenseuche, Rotz, Wut, Milzbrand oder Rauschbrand umstehen oder geschlachtet werden müssen. Voraussetzung der Zahlungspflicht des Kantons ist in diesen Fällen einzig der ursächliche Zusammenhang zwischen einer der genannten Krankheiten und dem eingetretenen Tode oder der Schlachtung. Es ist nicht nötig, dass die Schlachtung

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stattfinde, um der Ausdehnung der Krankheit auf andere. Tiere vorzubeugen. Es handelt sich also in diesen Fällen um eine Übernahme des dem Tierbesitzer durch die Seuche erwachsenden Schadens seitens des Staates.

Es ist jedoch nicht ausser Acht zu lassen, dass bei Auftreten von Rinderpest, Lungenseuche, Rotz und Wut. in allen Fällen vom Standpunkt der Seuchenpolizei aus, also um die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern, die Schlachtung der erkrankten Tiere angeordnet werden muss. Milzbrand und. Rauschbrand verlaufen sehr rasch und in den weitaus meisten Fällen ebenfalls tötlich. Es wäre nun vorab nicht billig, den Tierbesitzer, dessen Tier vor der Schlachtung umgestanden ist, schlechter zu stellen als den, der noch in der Lage war, zur Schlachtung zu schreiten. Allein auch abgesehen hievon erscheint es als durchaus begründet, den Verlust der Viehbesitzer auf dem vorgeschlagenen Wege zu mildern. Die Versicherungskassen, sozusagen ausschliesslich örtliche Gebilde ohne breite Basis, sind ausser Stande, solche Seuchenschäden, die an einem Orte in grossein Masse auftreten können, zu tragen ; die Möglichkeit einer sachgemässen Versicherung besteht somit nicht. Infolgedessen muss in anderer Weise dafür gesorgt .werden, · dass der Bauer durch den Verlust seines Viehstandes nicht in Not und Bedrängnis gerät. Es erscheint daher angemessen, dass zufolge der Bestimmungen von Art. 21, Ziffer l und Art. 25, Kantone und Bund eintreten. Den Kantonen steht es frei, für die Deckung solcher Schäden eine besondere Viehversieherungskasse zu gründen und dafür von den Viehbesitzern besondere Beiträge zu beziehen. Der ßund seinerseits deckt seinen Beitrag aus dem Ertrag der Gebühren, die ihm der Viehverkehr an der Grenze einbringt. Die Kantone können den Schadensbeitrag innert der Grenze von 60--75°/o normieren (Ark 23), sodass der Viehbesitzer immer noch mindestens 25%, eventuell bis'40°/o an sich zu tragen hat. Überdies werden die Viehversicherungskassen entlastet und der Beitrag an diese konnte-um.so eher einheitlich festgesetzt und beschränkt werden.

. · Aus landwirtschaftlichen Kreisen ist der Wunsch geäussert worden, dass diese ßeitragspflicht auch auf die Todesfälle und die Schlachtungen in Folge von Maul- und Klauenseuche ausgedehnt werde. Wir haben dieser Anregung nicht entsprechen können. Die Maul- und Klauenseuche nimmt leider oft eine so grosse Ausdehnung an, dass die finanziellen Folgen einer. Solchen Bestimmung sehr schwer berechenbar wären. Dio Krankheit

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verläuft in den weitaus meisten Fällen nicht tötlich und macht auch selten eine Schlachtung notwendig. Dagegen bringt sie durch die Abmagerung des Tieres und das Zurückgehen des Milchertrages in vielen Fällen sehr grossen Schaden. Die Versuchung wäre für die Tierbeaitzer gross, statt der Pflege häufig die Schlachtung eintreten zu lassen, wenn in diesem letztern Falle staatliche Beiträge an den eintretenden Schaden von Bundeswegen gegeben werden müssten. Wir haben indessen der erwähnten Anregung in der Weise Rechnung getragen, dass wir es den Kantonen überlassen, an Schäden, die durch Maul- und Klauenseuche und gewisse Krankheiten der Schweine, also eventuell auch zufolge Tod oder Schlachtung der Tiere, eintreten, Beiträge zu leisten. Geschieht dies, so verabfolgt der Bund auch in diesen Fällen Beiträge bis auf die Hälfte der kantonalen Leistungen.

(Art. 26). Wir sind überzeugt, dass auch die Kantone in dieser Beziehung sehr vorsichtig sein werden.

Es liegt in der Natur der Sache, dass die in Art. 21 vorgesehenen Beiträge der Kantone nicht geleistet oder bei leichterem Verschulden gemindert werden, wenn ein Geschädigter den Schaden selbst verursacht oder doch vermehrt- hat, oder wenn er sich den sanitätspolizeilichen Vorschriften nicht in allen Teilen unterzieht.

Die Bestimmung, dass alle in Art. 21 genannten Beiträge von den Kantonen zu leisten sind, ist staatsrechtlich unvermeidlich ; sie entspricht dem Art. 18 · des bisherigen Gesetzes. Von den Bundesbeiträgen an die kantonalen Leistungen spricht Art. 25.

Art. 22. Die hier vorgesehenen Ausnahmen rechtfertigen sich von selbst. Es soll bloss der Besitzer inländischer und nützlicher Haustiere geschützt werden. Für zoologische Gärten, Menagerien und ähnliche Unternehmungen kann wohl die Schlachtung angeordnet werden, aber eine Entschädigungspflicht der Kantone besteht nicht.

Im Interesse der Seuchenpolizei kann es auch notwendig werden, zum Abschuss von Wild zu schreiten. Mit Rücksicht auf die Rechtsverhältnisse in den Revierkantonen haben wir zur Vermeidung von Missverständnissen darauf gehalten, ausdrücklich zu bestimmen, dass hiefür eine Entschädigung nicht zu leisten ist.

Art. 23. Hier werden Grundsätze aufgestellt über die Höhe der zu leistenden Beiträge. Die Kantone können die Beiträge innert gewissen Grenzen bestimmen. Mit den Mindestsätzen von 60 resp. 75 °/o wird bezweckt, dass der Tierbesitzer einen nam-

382 haften Beitrag erhält und dass die Pflicht der Kantone nicht illusorisch gemacht werden kann. Der Wert der nutzbaren Teile wird selbstverständlich angerechnet. Die Festsetzung der Maximalsätze von 75 resp. 85% bezweckt, dass der Tierbesitzer auf alle Fälle einen Teil des Schadens an sich tragen muss und ein Interesse an der Vermeidung der Seuche und des Schadeneintrittes hat. Er wird unter solchen Umständen den Tierbestand eher vor Seuchen zu schützen suchen und falls sie doch auftreten, bei der Bekämpfung lebhaft mitarbeiten. Die verschiedene Behandlung der in Ziffer l bis 3 und der in Ziffer 4 und 5 aufgeführten Fälle rechtfertigt sich dadurch, dass es sich bei der ersten Kategorie um kranke und verdächtige, bei der zweiten um gesunde Tiere handelt. Für die letztern sind Minimum und Maximum höher.

Es ist notwendig, dafür zu sorgen, dass die Schadensausmittlung möglichst einfach und mit tunlichst geringen Kosten stattfinden kann. Diesem Bestreben dient die Einführung von Höchstbeträgen, zu denen Tiere bestimmter Kategorien gewertet werden dürfen und namentlich auch die Abschätzung zu Durchschnittswerten. "Die Festsetzung von Höchstbeträgen soll aus Gründen der Ökonomie verhindern, dass teure Tiere -- der Verkaufswert von Rassentieren beträgt oft tausende von Franken -- zu ausnahmsweise hohen Preisen in Berechnung gezogen werden.

Die Besitzer besonders wertvoller Tiere sind auch in der Regel weniger bedürftig. Durch die Abschätzung der Tiere nach Durchschnittswerten wird die individuelle Schätzung vermieden, die neben einer gewissen Unsicherheit auch sehr grosse Kosten -- man denke an entlegene Gegenden, Weiden etc. -- verursachen kann. Wir halten aber dafür, dass diese beiden Grundsätze nicht gesetzlich festgelegt werden sollten. Es müssen offenbar Erfahrungen gesammelt und Übelstände rasch beseitigt werden .können.

Deshalb wollen wir die erwähnten Abschätzungssysteme nicht gesetzlich festlegen, sondern dem Bundesrat bloss die Befugnis geben, sie einzuführen. Er wird dabei auf die Verhältnisse in den verschiedenen Kantonen und Gegenden Rücksicht nehmen, soweit dies gerechtfertigt ist.

Art. 24. Aus Gründen der Ökonomie und der Raschheit des Verfahrens müssen Prozesse über die Höhe der Beiträge ausgeschlossen werden. Sie sollen von den Kantonsregierungen auf Grund eines einfachen und kostenfreien Verwaltungsverfahrens endgültig festgesetzt werden.

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Art. 25. Bis jetzt ersetzte der Bund den Kantonen die Hälfte ihrer nach Art. 17 des geltenden Gesetzes entstehenden Auslagen, sofern diese auf Massregeln gegen Rinderpest zurückzuführen sind (Art. 19). An den durch Lungenseuche entstehenden Schaden leistet der Bund unter gewissen Voraussetzungen einen Beitrag. Nach dem Entwurfe partizipiert der Bund an allen Beiträgen, die die Kantone an Viehbesitzer nach Art. 21 zu leisten haben. Wir haben oben dargetan, welche Auslagen dem Bunde dadurch erwachsen und wie dieselben gedeckt werden sollen. Wie in andern Subventionsgesetzen möchten wir die Unterstützung des Bundes nicht absolut auf 50°/o festlegen, sondern nur ermöglichen, bis zur Hälfte der kantonalen Leistung zu gehen. Die dem Bunde entstehenden Auslagen sollen das ordentliche Budget nicht belasten, sondern durch die im Gesetze vorgesehenen Einnahmequellen, namentlich die Grenzgebühren, gedeckt werden.

Es muss daher der Bundesverwaltung ermöglicht werden, die Beiträge eventuell etwas einzuschränken und unter der Hälfte ·der kantonalen Auslagen zu bleiben. Kantone, die die Vorschriften über die Tiersenchenpolizei nicht befolgen, verwirken die Bundesbeiträge gänzlich oder zum Teil. (Entwurf Art. 25, Absatz 2, altes Gesetz Art. 21.)

Art. 26. Die in Art. 21, Ziffer l des Entwurfes vorgesehene Beitragspflicht der Kantone bezieht sich nur auf Schaden, der durch Rinderpest, Lungenseuche, Rotz, Wut, Milzbrand oder Rauschbrand und infolge Tod oder Schlachtung erkrankter Tiere entstanden ist. Sie besteht also nicht, wenn Tiere an Maul- und Klauenseuche, Schweinerotlauf, Schweineseuche oder Schweinepest umstehen oder wegen einer dieser Krankheiten geschlachtet werden müssen. Einzelne Kantone bezahlen indessen heute schon auch Beiträge an solche Schäden.

Aus finanziellen Erwägungen haben wir davon abgesehen, den Kantonen die Pflicht aufzuerlegen, es zu tun und die Maulund Klauenseuche, Schweineseuche, Schweinepest und Rotlauf der Schweine in Art. 21, Ziff. l aufzuführen. Indessen soll durch den Art. 26 des Entwurfes klargestellt werden, dass die Kantone berechtigt sind, über die in Art. 21, Ziffer l statuierte Beitragspflicht hinauszugehen. Tun sie dies, so wird ihnen der Bund, insofern die Schäden auf eine der vier in Art. 26, Absatz 2, aufgeführten Krankheiten zurückzuführen sind, Beiträge bezahlen,
·die jedoch die Hälfte der kantonalen Auslagen in keinem Falle übersteigen dürfen. Es ist somit durch diese gesetzliche Bestimmung in die Hand der Kantone gelegt, den Tierbesitzern nicht

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nur kantonale, sondern auch Bundesbeiträge an die Schäden zu verschaffen, die durch das Umstehen oder die Abschlachtung von Tieren, die beispielsweise an Maul- und Klauenseuche erkrankt sind, entstehen. In der Höhe ihrer Beiträge sind die Kantone frei. Es gilt bloss die Einschränkung des Art. 23, Abs. 1.

Die Ausmittlung der Schäden und der Beiträge erfolgt auch in diesem Falle nach Massgabe der Art. 23, 24 und 25.

Wir möchten noch hervorheben, dass die Kantone allerdings auch nach Art. 21, Ziffer 2 und 3, in die Lage kommen.können, Tierbesitzern Beiträge bezahlen zu müssen, wenn die Tiere an einer der in Art. 26, Absatz 2, aufgezählten Krankheiten, also z. B. Maul- und Klauenseuche gelitten haben. Aber diese Pflicht tritt nur ein, wenn Abschlachtung und zwar zufolge behördlicher Anordnung erfolgte, um einer Ausdehnung der Krankheit vorzubeugen oder falls Tod oder Schlachtung die Folge behördlich angeordneter Behandlung ist. In Art. 26, Absatz 2, werden diese Voraussetzungen nicht gefordert.

Art. 27. Den Kantonen steht es auch frei, den Viehbesitzem Beiträge an die Durchführung von Schutz- und Heilimpfungen gegen Tierseuchen oder an die Kosten für die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche und der Tuberkulose zu leisten. Sie sind bundesrechtlich nicht verpflichtet es zu tun, aber berechtigt.

Werden solche kantonale Beiträge geleistet, so kann ein Bundesbeitrag bis auf 50 °/o der kantonalen Leistung verabfolgt werden.

Unter dem Einfluss kantonaler Unterstützungen wurden in den letzten Jahren durch die Schutz- und Heilimpfung erfreuliche Fortschritte erzielt. Es liegt in hohem Masse im Interesse der Einschränkung der Seuchen, dass der Bund die Bestrebungen der Kantone auf diesem Gebiete auch in Zukunft unterstützt.

Es ist dies um so angemessener, als vielleicht doch selbst für die Maul- und Klauenseuche im Laufe der Zeit ein wirksames Heilmittel gefunden werden kann.

Die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche legt öfters den Kantonen, Gemeinden und Privaten grosse Opfer auf. Die eachgemässe tierärztliche Behandlung erkrankter Tiere, die Klauenbehandlung und Desinfektion, die Überwachung der Seuchenherde und die Massnahmen zur Verhinderung der Weiterverbreitung der Seuche sind mit grossen Kosten verbunden. Es erscheint als durchaus angemessen, dass der Bund nicht bloss an den Ausgaben der Kantone teilnimmt, durch die diese den Schaden beim einzelnen Tierbesitzer zu lindern versuchen, sondern auch an den

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Kosten der Massregeln, die weitere Kreise gegen die Ausbreitung der Seuche zu schützen geeignet sind. Wir sind schon unter der Herrschaft des gegenwärtigen Gesetzes, obwohl dieses eine bezügliche Bestimmung nicht enthält, dazu gelangt, Beiträge an die Kosten der Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche zu leisten, und wir betrachten es als sehr wünschenswert, dass das neue Gesetz diese Möglichkeit ausdrücklich vorsieht. Es ist dies um so gerechtfertigter, als der Bundesrat durch Art. 20 ermächtigt wird, in Beziehung auf die Behandlung der kranken und verdächtigen Tiere und in Beziehung auf die Bekämpfung der Ausbreitung der Seuche Vorschriften zu erlassen.

Wir möchten indessen den Bund nicht zu einem festen Beitrag verpflichten und deshalb nur die obere Grenze (50°/o der kantonalen Leistung) bestimmen.

Wir haben uns oben über die Möglichkeit der Bekämpfung der Tuberkulose ausgesprochen und ausgeführt, dass noch keine genügenden Erfahrungen für eine endgültige Regelung der Frage vorliegen. Wir haben auch wegen der unbekannten finanziellen Konsequenzen in Art. 2 des Entwurfes vorschlagen müssen, dass die Bestimmungen desselben über die Entschädigung für Tierverluste (Art. 21--26 des Gesetzes) auf Schäden, die auf die Tuberkulose zurückzuführen sind, nicht zur Anwendung gebracht werden können. Dagegen erscheint es als durchaus angezeigt, dass besondere, einen Erfolg versprechende Massnahmen der Kantone zur Bekämpfung der Tuberkulose vom Bunde unterstützt werden können. So wird man in die Lage kommen, sukzessive Erfahrungen zu sammeln und den schlimmsten Folgen dieser verheerenden Krankheit entgegenzutreten.

Dem Bundesrat soll es vorbehalten bleiben, die Bedingungen der Ausrichtung von Bundesbeiträgen nach dem jeweiligen Stande der Erfahrung und der Wissenschaft aufzustellen und überhaupt Garantien für eine ökonomische und sachgemässe Intervention zu verlangen. Über die finanziellen Folgen der in Art. 27 enthaltenen Bestimmungen haben wir uns oben bereits ausgesprochen.

Art. 28. Der Erörterung bedarf das Verhältnis der subventionierten ViehversicheruDgskassen zu den in Ziffer IVdieses Abschnittes behandelten Schäden.

Die Unterstützung der Viehversicherung durch den Bund beruht auf Art. 13 des Landwirtschaftsgesetzes vom. 22. Dezember 1893, woselbst bestimmt ist:

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,,Der Bund unterstützt ferner die Bestrebungen der Kantone _>für Vieh Versicherung und für Hagelversicherung mit Beiträgen.

,,Aus den für diesen Zweck alljährlich durch das Budget ,,festzustellenden Summen werden Bundesbeiträge ausgerichtet an ,,diejenigen Kantone, welche die obligatorische Viehversicherung .,,im ganzen Kantonsgebiet oder in einzelnen Teilen desselben ^(Bezirken, Gemeinden etc.) ins Leben rufen, unterstützen und ,,beaufsichtigen/1 Die bundesrätliche Vollziehungsverordnung zu dem erwähnten Gesetze bestimmt in Art. 75 : ,,Den Kantonen, welche die obligatorische Viehversicherung .,,im ganzen Kantonsgebiete oder in einigen Teilen desselben ,,(Bezirken, Gemeinden etc.) ins Leben rufen, unterstützen und ^beaufsichtigen, können Bundesbeiträge bis zur Höhe der kan,,tonalen Leistung unter der Bedingung gewährt werden, dass ,,die Organisation und Geschäftsführung vom schweizerischen ,,Landwirtschaftsdepartement, bezw. dem Bundesrat genehmigt sei ,,und dass die einzelnen Versicherungsgesellschaften die Ob,,liegenheiten der Viehinspektoren übernehmen. Schäden, für die ,,gemäss Art. 17, 18, 19 und 20 des Bundesgesetzes über poli^zeiliche Massregeln gegen Viehseuchen, vom 8. Februar 1872, .,,vom Bund und den Kantonen Ersatz geleistet werden muss, ,,sind von dieser Versicherung ausgeschlossen."

Der Schlussatz dieser Bestimmung wurde in der Weise ausgelegt, dass bloss Doppelbezahlung vermieden werden müsse, und dass demgemäss die Vieh Versicherungskassen nicht Leistungen machen dürfen für eingetretene Schäden, soweit die Kantone nach dem Viehseuchengesetz einzutreten hatten. Es wurde aber als zulässig betrachtet, dass die Viehversicherungskasse zu der Entschädigung des Kantons noch eine Nachzahlung machte, damit der Tierbesitzer im ganzen nicht weniger erhielt, als er in einem gewöhnlichen Entschädigungsfall durch die Viehversicherungskasse erhalten hätte. Diese Nachzahlungen sind namentlich in den Kantonen praktisch, die in Seuchenfallen nur gewisse. Höchstwerte der Tiere für die Entschädigung in Betracht ziehen. Erhielt beispielsweise der Tierbesitzer vom Kanton seinen Schaden nach einem Durchschnittswerte der Tiere mit Fr. 400 vergütet, hätte «ber die Viehversicherungskasse in einem gewöhnlichen Entscbädigungsfall Leistungen bis auf den Betrag von Fr. 600 zu machen, so wäre eine Nachzahlung von Fr. 200 zulässig.

Wir legen grossen Wert darauf, bei der Bestimmung der kantonalen und damit indirekt der Bundesbeiträge, wie dies in

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Art. 23, Absatz 2 vorgesehen ist, auf die Höchst- und Durchschnittswerte abzustellen. Soll dies möglich sein und geschehen, so wird der Bund es kaum verhindern können, dass der Tierbesitzer sich für den Mehrbetrag seines Schadens versichert, da ja bei dem Höchst- und Durchschnittswerte oft der wirkliche Schaden nicht zur Vergütung gelangt. Will man dieses System zulassen, so muss aber der Vorbehalt gemacht werden, dass der Tierbesitzer im ganzen von Kanton und Versicherungskasse nicht mehr als 75, resp. 85 % des wirklichen Gesamtschadens erhalten darf, wie dies in Art. 23 des Entwurfes vorgesehen worden ist.

Denn es besteht ein grosses Interesse daran, dass der Tierbesitzer einen Teil des Schadens an sich selbst trägt. Nur so wird er zu Vorsicht und Ökonomie erzogen.

Gegen dieses Vorgehen scheint auf den ersten Blick die Erwägung zu sprechen, dass der Bund in den Fall kommen könnte, zweimal an einen entstehenden Schaden beizutragen.

Einmal auf Grund des Tierseuchengesetzes, ein zweites Mal auGrund der Prämien an die Viehversicherungskassen. Diese Befürchtung ist jedoch nicht zutreffend. Durch Bundesratsbeschluss vom 30. Oktober 1914 ist der Bund aus verschiedenen Erwägungen, namentlich auch aus solchen finanzieller Natur, zum System von festen Maximalbeiträgen an die Vieh versicherungskassen übergegangen. Er bezahlt in keinem Falle mehr als Fr. l für das Stück Grossvieh und 40 Rappen für das Stück Kleinvieh *).

Die praktische Folge dieser Massregel besteht darin, dass der Bund nun annähernd an die sämtlichen Versicherungskassen die erwähnten Ansätze bezahlen wird. Ob nun diese Kassen etwas grössere oder kleinere Leistungen übernehmen, oder ob sie noch das Risiko einer Auszahlung in Seuchenfällen tragen, ändert für den Bund, nachdem er nicht mehr nach Massgabe einer variabeln Prämie, sondern nach einem festen Satze subventioniert, nichts.

Die Mehrleistungen der Versicherungskassen müssen von den Tierbesitzern und eventuell den Kantonen getragen werden. Eine doppelte Inanspruchnahme von Bundessubventionen findet somit nicht statt.

*) Art. l des Bundesratsbeschlusses vom 30. Oktober 1914 lautet : ,,Art. 1. Den Kantonen, welche die obligatorische Viehversicherung nach Art. 13 des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 1893 betreffend die Förderung der Landwirtschaft durch den Bund gesetzlich geordnet
haben, werden Bundesbeiträge in der Höhe der kantonalen Leistung verabfolgt, jedoch jährlich nicht mehr als Fr. l für jedes versicherte Stück Rindvieh und 40 Rappen für Kleinvieh."

388

Da der Bundesrat die Subventionierung der Viehversicherungskassen und deren Bedingungen im Wege der Verordnung zu regeln befugt ist, so dürfte es sich empfehlen, ihn durch eine gesetzliche Bestimmung zu beauftragen, die ziemlich vielgestaltigen hier in Betracht kommenden Verhältnisse in einheitlicher und jede Doppelzahlung ausschliessender Weise zu ordnen. Zahlt der Bund an die Viehversicherungskassen bloss einen festen Beitrag, so hat er kein absolutes Interesse, zu verhindern, dass durch vermehrte Zuschüsse der Mitglieder und der Kantone die Mittel für die Ausrichtung von Ergänzungsentschädigungen in Seuchenfällen zusammengelegt werden.

Wir möchten noch besonders betonen, dass die K a n t o n e die in Art. 21, 26 und 27 des Entwurfes vorgesehenen Beiträge an die Viehbesitzer zu bezahlen haben und ihre Pflicht nicht auf die Viehversicherungskassen abwälzen dürfen. Machen die Kantone von der in Art. 26 ihnen eingeräumten Berechtigung keinen Gebrauch, und beanspruchen sie somit aus dieser gesetzlichen Bestimmung auch keine Bundesbeiträge, so steht es ihnen natürlich frei, die dort bezeichneten Schäden durch die Viehversicherungskassen decken zu lassen.

Zugunsten der von uns vorgeschlagenen Lösung mag schliesslich noch die Erwägung sprechen, dass bei Zulassung der von uns befürworteten Kombination die Viehversicherungskassen, deren Organe an Ort und Stelle sind, ein Interesse an der tunlichsten Reduktion des Schadens haben.

V. Vollzugs- und Strafbestimmungen.

Art. 29. Die Überlassung des Vollzuges an die Kantone entspricht unseren staatsrechtlichen Verhältnissen. Immerhin ist dem Bundesrate die Aufsicht über den Gesetzesvollzug vorbehalten (Art. 36, Absatz 3), und er ist berechtigt, von Amtes wegen jederzeit die Verfügungen zu treffen, die geeignet sind, den Vollzug des Gesetzes zu sichern (Art. 30, Absatz 2).

Absatz 2 entspricht dem Art. 15 des gegenwärtigen Gesetzes.

Wir haben beobachten können, dass die Kantone versucht haben, gegeneinander Sperren zu verhängen und Verkehrsbeschränkungen einzuführen, die öfters nicht unbedingt erforderlich waren. Auch in Zukunft sollen Massregeln von interkantonaler Tragweite nur mit Zustimmung des Bundesrates erlassen werden können. Ist ein Bedürfnis für solche vorhanden, so werden wir die Genehmigung nicht versagen.

389 Art. 30. Das hier eingeräumte Rekursrecht ist ähnlich gestaltet, wie in andern Bundesgesetzen ; wir erinnern beispielsweise an das Fabrikgesetz.

Art. 31. Dieser Artikel bietet nichts Neues, er entspricht im wesentlichen den Vorschriften des Art. 6 des geltenden Gesetzes. Die Kompetenzen der Viehinspektoren müssen selbstverständlich für das ganze Gebiet der Eidgenossenschaft einheitlich geregelt werden. Bis jetzt schon wurden seitens des Bundes Beiträge an einzelne Instruktionskurse dieser Beamten gewährt, ohne dass hiefür eine gesetzliche Verpflichtung vorlag.

Art. 32. Die Organisation des kantonalen und örtlichen veterinärpolizeilichen Dienstes soll naturgemäss den Kantonen überlassen werden; indessen muss von Bundeswegen dafür gesorgt werden, dass die Tierseuchenpolizei von einem sachverständigen Beamten geleitet wird. Wir fordern daher die Einsetzung eines Kantonstierarztes, an dessen Besoldung der Bund die Hälfte bezahlt. Diese Beiträge werden jetzt schon ausgerichtet, ohne dass das Gesetz hierzu eine ausdrückliche Ermächtigung enthält. Aber auch abgesehen von der Einsetzung des Kantonstierarztes muss die Organisation den praktischen Bedürfnissen genügen und die richtige Durchführung der Vorschriften des Gesetzes sichern. Jeder Kanton wird im Anschluss an die bestehenden Einrichtungen und Gepflogenheiten eine Organisation treffen. Es liegt uns ferne, ohne Not Änderungen verlangen zu wollen. Immerhin ist es notwendig, dass die kantonalen, organisatorischen Vorschriften der Genehmigung des Bundesrates unterbreitet werden.

Art. 33.

Art. 21--23.

Diese Vorschrift ergibt sich aus dem Inhalte der

Art. 34. Diese Bestimmung entspricht dem Art. 31 des gegenwärtigen Gesetzes. Mit der Vermehrung von Hunden nimmt die Gefahr der Wutverbreitung zu.

Art. 35. Dieser Artikel entspricht sachlich dem Art. 2 des (Gesetzes vom 1. Juli 1886. Die hier getroffene Präzisierung, wonach der Bundesrat über die Rechtsstellung, Befugnisse und Pflichten der Grenztierärzte, sowie deren Besoldung oder Entschädigung bestimmt, ist wünschenswert. Die Verhältnisse haben uns gezwungen, zwei Kategorien von Grenztierärzten zu schaffen : ständige Beamte und solche, die ihre Funktionen im Nebenamte ausüben.

390

Art. 36. Wir haben hier ausdrücklich eine Bestimmungvorgesehen, die sehr wünschenswert ist, nämlich die, dass der Bundesrat auf Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften seiner Vollziehungsverordnungen und Ausführungsbeschlüsse die geeigneten Strafbestimmungen dieses Gesetzes anwendbar erklären könne.

Es ist nicht möglich, die Natur und die Bedeutung aller Vollziehungsvorschriften mit Sicherheit vorauszusehen. Infolgedessen ist es richtiger, wenn mit der materiellen Vorschrift der Bundesrat auch die Strafsanktion aufstellt. So allein werden unangemessene Strafandrohungen, zu scharfe und zu milde, vermieden.

Art. 37.

Entspricht dem bisherigen Rechte.

Art. 38. Wir verweisen auf unsere. Ausführungen im allgemeinen Teil dieser Botschaft.

Art. 39. Durch diesen Artikel wird der Bundesrat ermächtigt, für die Seuchenforschung und die seuchenpolizeiliche Versuchs- und Untersuchungstätigkeit eine Anstalt zu errichten und Bestrebungen auf diesem Gebiete durch Beiträge zu unterstutzen.

Der Entwurf lässt somit zwei Lösungen zu : die Schaffung einer eidgenössischen Anstalt und die Unterstützung anderer, zu schaffender oder bestehender Anstalten. Die Frage, welcher Weg eingeschlagen werden soll, braucht heute nicht entschieden zu werden. Es genügt, festzustellen, dass auf dem Gebiete der Seuchenforschung und der Versuchs- und Untersuchungstätigkeit etwas geschehen muss, wenn mit Sachkenntnis an eine Bekämpfung der verschiedenen Tierseuchen herangetreten werden soll.

Wir erinnern daran, dass in der Bundesversammlung zwei Postulate gestellt und gutgeheissen worden sind, von denen das eine (Nr. 659) die Lösung in der Verabfolgung von Bundesbeiträgen an die bestehenden, mit den schweizerischen veterinär-medizinischen Fakultäten verbundenen Versuchsstationen erblickt, während das andere zwei Lösungen, die Schaffung eines eidgenössischen bakteriologischen Institutes oder die Unterstützung kantonaler Anstalten offen lässt.

Der Art. 39 des Entwurfes bezweckt, eine positive Lösung der Frage, die nach eingehender Untersuchung eintreten soll, zu ermöglichen. Dies müsste durch besondern Beschluss der eidgenössischen Räte geschehen, nachdem zuvor die finanziellen Konsequenzen geprüft und die Aufgaben eines solchen Instituts genau festgestellt worden sind.

391 · Art. 40--46. Die Strafbestimmungen haben wir nach Verständigung mit dem Justizdepartement redigiert. Speziell sind darin die vorsätzlichen und fahrlässigen Zuwiderhandlungen ausgeschieden und für die erstem höhere Strafminima und -maxima ausgesetzt als für die fahrlässigen Vergehen. Art. 40 behandelt, die leichtern Fälle, die eigentlich bloss mit Polizeibussen geahndet werden. Art. 41 sieht eine wesentliche Verschärfung der gegenwärtig geltenden Strafbestimmungen (Art. 36 des Gesetzes vom 8. Februar 1872) vor. Das Bussenmaxima beträgt Fr. 2000 gegenüber Fr. 500 im jetzt geltenden Gesetz. Überdies kann in schwerern Fällen auf Gefangenschaft erkannt werden.

Was die Nebenstrafen betrifft, sowie die Umwandlung der Geldbussen in Gefängnis, so kommen nach Art, 45, Absatz 2, die Vorschriften des ersten Abschnittes des Bundesgesetzes über das Bundesstrafrecht der schweizerischen Eidgenossenschaft, vom 4. Februar 1853, zur Anwendung. Danach ist namentlich die Amtsentsetzung zulässig. Wir haben überdies in Art. 41, Absatz 3, vorgesehen, dass einem Tierarzte, der bei der Ausübung aeines Berufes einen Seuchenfall in Missachtung von Art. 18, Absatz 2, nicht anzeigt, die Ausübung der Praxis untersagt werden kann. Diese Bestimmung wird allerdings selten zur Anwendung kommen müssen, da sich der tierärztliche Stand seiner Pflichten mit wenigen Ausnahmen bewusst ist und diese gewissenhaft erfüllt.

Die Vorschrift des Art. 43, d. h. die Umschreibung des Rückfalles, ist den Bestimmungen des Lebensmittelpolizeigesetzes nachgebildet.

Art. 47 gibt zu keinen Bemerkungen Anlass.

Art. 48. Das vorliegende Gesetz bedarf zu seiner Ausführung und Ergänzung einer ganzen Reihe kantonaler Vorschriften, wie sich dies namentlich aus Art. 31--34 ergibt. Es erscheint als angemessen, die Kantone zu ermächtigen, die notwendigen Bestimmungen auf dem Wege der Verordnung aufzustellen, da es sich doch nur um die Ausführung bundesgesetzlicher Vorschriften handelt. An der sachgemässen Organisation ist nicht nur der betreffende Kanton, sondern der Bund und das ganze Land interessiert. Infolgedessen erscheint es als angemessen, dass eventuell der Bundesrat die Einführungsbestimmungen erlässt, wo die Kantone nicht in der Lage wären, es zu tun. Die darüber in Art. 48 getroffenen Vorschriften sind den Einführungs-

392 bestimmungen (Art. 52 und 53) des Zivilgesetzbuches nachgebildet.

Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden Entwurf eines Bundesgesetzes betreffend die Bekämpfung von Tierseuchen eur Annahme.

Genehmigen Sie, auch bei diesem Anlasse die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 15. März 1915.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Motta.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

Entwurf.

Bundesgesetz betreffend

die Bekämpfung von Tierseuchen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Ausführung des Artikels 69 der Bundesverfassung; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates, vom 15. März 1915, beschliesst:

393

I. Bezeichnung der Tierseuchen.

Art. 1. Tierseuchen im Sinne des vorliegenden Gesetzes sind folgende Krankheiten : 1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

die Rinderpest; die Lungenseuche des Rindviehs; die Maul- und Klauenseuche; der Rotz ; die Wut; der Milzbrand; der Rauschbrand; der Rotlauf der Schweine ; die Schweineseuche und die Schweinepest.

Der Bundesrat ist befugt, beim Auftreten anderer, in diesem Artikel nicht genannter, gemeingefährlicher Tierkrankheiten die zu deren Bekämpfung nötigen Bestimmungen aufzustellen und die Vorschriften dieses Gesetzes als ganz oder teilweise anwendbar zu erklären.

Art. 2. Bis zum Erlass eines Bundesgesetzes über die Bekämpfung der Tuberkulose ist der Bundesrat befugt, die hierfür geeigneten Vorschriften dieses Gesetzes, immerhin mit Ausschluss der Art. 21--26, auch für die Tuberkulose des Rindviehs, soweit es sich um äusserlich erkennbare Formen handelt, zur Anwendung zu bringen.

Art. 3. Der Bundesrat wird zur Bekämpfung der Geflügelcholera und Hühnerpest, sowie der Faulbrut der Bienen die nötigen Vorschriften erlassen und die Bestimmungen dieses Gesetzes, soweit sie sich hierfür eignen, auf diese Krankheiten anwendbar erklären.

II. Vorschriften über den Terkehr mit Tieren und tierischen Stoffen.

Art. 4. Der Verkehr mit Tieren, die an einer Seuche erkrankt oder einer solchen Erkrankung verdächtig sind, sowie mit Tieren, die eine Ansteckungsgefahr bieten, ist verboten.

Art. 5. Dor gesamte Verkehr mit Tieren des Pferde-, Rinder-, Schaf-, Ziegen- und Schweinegeschlechtes untersteht der Kontrolle durch die Organe der Gesundheitspolizei.

Bundesblatt. 67. Jahrg. Bd. I.

29

394

Der Viehinspektor (Art. 31) führt ein Verzeichnis der in seinen Kreis gebrachten und diesen verlassenden Tiere. Er stellt für die letzteren auf Verlangen Gesundheitsscheine aus, falls keine besondere oder örtliche oder allgemeine Sperrmassregeln bestehen, die den betreffenden Tierbesitzer angehen, und falls dem Beamten keine Tatsache bekannt ist, die die Gefahr einer Seuchenverschleppung begründen könnte.

Über den Inhalt und die Gültigkeitsdauer der Gesuudheitsscheine erlässt der Bundesrat die nötigen Vorschriften.

Art. 6. Wer ein Tier (Art. 5, Abs. 1) infolge Veräusserung oder aus einem andern Grunde an einen Ort verbringen will, der ausserhalb des Inspektionskreises liegt, muss beim Viehinspektor einen Gesundheitsschein einholen, und diesen dem Übernehmer des Tieres oder, wenn keine Veräusserung stattfindet, dem Viehinspektor des Kreises, in den das Tier verbracht wird, übergeben.

Wer ein solches Tier erwirbt und in einen andern Viehinspektionskreis bringt, muss dem Viehinspektor binnen 24 Stunden den dazugehörigen Gesundheitsschein übergeben.

Der Bundesrat wird im Wege der Verordnung Ausnahmen zulassen für Tiere, die zum Zwecke des Weidganges, der Auläzung von Futter oder wegen ähnlicher Gründe vorübergehend in einen benachbarten Inspektionskreis gebracht werden.

Art. 7. Auf Eisenbahnen und Dampfschiffen dürfen Tiere des Rinder-, Schaf-, Ziegen- und Schweinegeschlechtes nur befördert werden, wenn sie von gültigen Gesundheitsscheinen (Art. 6) oder Passierscheinen (Art. 15) begleitet sind.

Über den Transport von Tieren und tierischen Stoffen wird der Bundesrat die erforderlichen Vorschriften aufstellen.

Art. 8. Märkte und Ausstellungen, an denen Tiere des Pferde-, Rinder-, Schaf-, Ziegen- oder Schweinegeschlechtes aufgeführt werden, sind tierärztlich und polizeilich zu überwachen.

Tiere der genannten Gattungen dürfen nur auf den Markt gebracht werden, wenn sie von gültigen Gesundheitsscheinen begleitet sind, und wenn sie in der der Auffuhr vorangehenden tierärztlichen Untersuchung weder krank noch verdächtig befunden worden sind.

Für lokale Schauen können vom Bundesrat im Wege der Verordnung Ausnahmen von der Vorschrift in Absatz l und 2 gestattet werden.

395

Art. 9. Gegen die Verschleppung von Seuchen durch die gewerbsmässige Ausübung des Viehhandels wird der Bundesrat sanitätspolizeiliche Vorschriften erlassen.

Art. 1.0. Der Hausierhandel mit Pferden, Rindvieh, Schafen.

Ziegen, Schweinen und Geflügel ist verboten. Die Kantone können für Hausgeflügel Ausnahmen bewilligen, wenn sie gleichzeitig schützende Bestimmungen aufstellen.

Das Treiben von Wanderherden jeder Art auf öffentlichen Strassen und Wegen kann vom Bundesrate eingeschränkt oder verboten werden.

Art. 11. Über die Beaufsichtigung von Schlachthäusern, Gerbereien, Fell- und Häutehandlungen, sowie, wenn besondere Gefahr vorliegt, von Ställen, in denen Tiere vorübergehend untergebracht werden (wie Ställe von Gasthöfen und Gemeinden), erlässt der Bundesrat zum Zwecke der Verhütung von Seuchenverschleppung die nötigen sanitätspolizeilichen Vorschriften.

Art. 12. Alle zum Transport von Tieren verwendeten Fahrzeuge der Eisenbahn- und Schiffahrtsunternehmungen, alle Werkzeuge und Geräte, sowie die Schuppen, Rampen und Plätze, von denen aus Tiere verladen oder abgeführt wurden, sind vor der weitern Verwendung zu reinigen und zu desinfizieren.

Zur Weiterbeförderung dürfen nur gehörig gereinigte und desinfizierte Fahrzeuge übernommen oder in den Verkehr gebracht werden.

Art. 13. Die Bin- und Durchfuhr von Tieren des Pferde-, Rinder-, Schaf-, Ziegen- und Schweinegeschlechtes aus dem Auslande in und durch die Schweiz, sowie von tierischen Stoffen und von Gegenständen, die zufolge ihrer Natur oder Verwendung Träger des Ansteckungsstoffes einer Seuche sein können, darf nur unter den vom Bundesrate jeweilen vorgeschriebenen allgemeinen und besondern sanitätspolizeilichen Bedingungen und nur über diejenigen Einfuhrstellen stattfinden, die hierfür ausdrücklich bezeichnet werden.

Der Bundesrat wird die Ein- und Durchfuhr der in Absatz l genannten Tiere, Stoffe und Gegenstände beschränken oder gänzlich verbieten, wenn dies ° sanitätspolizeilich begründet ist.

Art. 14. Jedes in die Schweiz einzuführende oder zur Durchfuhr bestimmte Tier ist durch einen schweizerischen Grenztierarzt zu untersuchen.

396

Tiere, die an einer Seuche erkrankt oder der Ansteckung verdächtig sind, oder von denen nach den Umständen des Falles anzunehmen ist, dass sie Träger eines Ansteckungsstoffes sind, werden zurückgewiesen.

Ausnahmsweise, namentlich, wenn durch die Rückweisuug von Tieren eine vermehrte Seuchengefahr für die Grenzgebiete zu befürchten ist, kann mit besonderer Bewilligung an Stelle der Rückweisung die sofortige Abschlachtung treten. Eine solche ist jedoch besonders zu überwachen und unter Vorsichtsmassregeln vorzunehmen, die eine Verschleppung der Seuche aussehliessen.

Art. 15. Die Einfuhr oder Durchfuhr ist blos zulässig auf Grund von Passierscheinen, die von den Grenztierärzten für die zugelassenen Tiere ausgestellt werden. Die Passierscheine für eingeführte Tiere sind dem Viehinspektor des Bestimmungsortes gleich bei Ankunft abzugeben.

Art. 16. Über die sanitätspolizeiliche Kontrolle und Untersuchung, sowie die Zulassung und Rückweisung der in Art. 13, Absatz l bezeichneten Stoffe und Gegenstände erlässt der Bundesrat die nötigen Vorschriften. Er kann dabei für tierische Stoffe, wie Häute und Haare, allgemein die Durchführung der Desinfektion auf Kosten der Lieferanten oder Bezüger anordnen.

Art. 17. Für den Verkehr zwischen den Grenzgebieten und über die Durchfuhr von Pferden kann der Bundesrat besondere von Art. 13--16 abweichende Bestimmungen aufstellen.

III. Besondere Massnahuien beim Ausbruck von Tiersencken.

Art. 18. Wer Tiere hält, ist verpflichtet, von dem Ausbruch von Seuchen unter seinem Tierbestande und von allen verdächtigen Erscheinungen, die den Ausbruch einer solchen Seuche befürchten lassen, der von den kantonalen Behörden zu bezeichnenden lokalen Amtsstelle ohne Verzug Anzeige zu machen und Massregeln zu treffen, die die Übertragung auf andere Tiere tunlichst verhindern.

Die gleiche Pflicht liegt Personen ob, denen die Obhut von Tieren anvertraut ist.

Die Anzeigepflicht besteht ferner für Tierärzte, Fleischsehauer, Viehinspektoren und alle Polizeibeamten.

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Art. 19. Die zur Entgegennahme der Anzeige 'bezeichnete Amtsstelle soll sofort der Gemeindebehörde Anzeige inachen.

Diese ist gehalten, ohne Verzug die notwendigen ersten Massnahmen zur Verhinderung der weitern Verbreitung der Seuche zu treffen und die zuständigen kantonalen Behörden zu benachrichtigen.

Art. 20. Zur Bekämpfung der Seuchen und ihrer weitern Verbreitung sollen alle Massregeln getroffen werden, die nach dem jeweiligen Stande der Erfahrung und Wissenschaft zur Verhinderung einer weitern Ausdehnung der Krankheit und zum Schutze von Menschen und Tieren geeignet sind.

Der Bundesrat wird die die Durchführung dieses Grundsatzes sichernden Vorschriften aufstellen. Er wird dabei, abgesehen von einer angemessenen Behandlung der kranken und verdächtigen Tiere, insbesondere vorsehen : 1. Die sofortige Tötung von erkrankten oder Seuchen verdächtigen Tieren von geringerm Werte, die Vernichtung der Kadaver und von Sachen und Gegenständen, die Träger des Ansteckungsstoffes der Seuche sein können ; 2. die sofortige Abschlachtung von kranken und verdächtigen Tieren und Tierbeständen, wenn diese Massregel durch die Umstände als gerechtfertigt erscheint; 3. die Bekämpfung der Ausbreitung der Seuche durch Absonderung der kranken Tiere, gehörige Desinfektion, die Absperrung von Ställen, Gehöften, Weiden und Ortschaften für den Viehverkehr und, wenn nötig, die Einschränkung des Personenverkehrs; 4. die Beobachtung verdächtiger Tiere (Quarantäne) ; 5. das Verbot der Abhaltung von Märkten, Ausstellungen und Viehversteigerungen ; die Einschränkung oder das Verbot des Viehverkehres für gewisse Gegenden oder Bezirke ; 6. die Möglichkeit der Verschärfung der in bezug auf Viehverkehr und Viehhandel überhaupt bestehenden sanitätspolizeilichen Vorschriften.

Der Bundesrat wird bei Aufstellung und Handhabung, der Vorschriften die Bedürfnisse des Verkehrs tunlichst und soweit berücksichtigen, als dies mit einer energischen Seuchenbekämpfungvereinbar ist.

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IT. Beiträge der Kantone und des Bandes an Seuchenschaden und an die Kosten der Seuchenbekämpfung.

Art. 21. Die Kantone, in denen sich die Tiere befindenleisten den Tierbesitzern nach Massgabe der folgenden Bestim, mungen Beiträge an den Schaden, der entsteht: 1. Falls Tiere wegen Rinderpest, Lungenseuche, Rotz, Wut, Milzbrand oder Rauschbrand umstehen oder abgetan werden müssen ; 2. falls erkrankte Tiere wegen einer behördlich angeordneten Behandlung an einer der in Art. l aufgezählten Krankheiten umstehen oder deshalb abgetan werden müssen ; 3. falls erkrankte Tiere oder solche, die der Ansteckung ausgesetzt waren, auf behördliche Anordnung geschlachtet werden müssen, um der Ausdehnung einer der in Art. l aufgezählten Krankheiten vorzubeugen ; 4. falls gesunde Tiere wegen einer behördlich angeordneten prophylaktischen Behandlung (z. B. Impfung) umstehen oder geschlachtet werden müssen ; 5. falls auf behördliche Anordnung gesunde Tiere geschlachtet oder Sachen vernichtet werden müssen, um der Ausdehnung einer der in Art. l aufgezählten Krankheiten vorzubeugen.

Die Beiträge werden nicht geleistet oder bei leichterm Verschulden vermindert, wenn ein Geschädigter die Seuche mitverschuldet, dieselbe gar nicht oder zu spät anzeigt odor sich sonstwie den gesundheitspolizeilichen Vorschriften und Anordnungen nicht in allen Teilen unterzogen hat.

Art. 22. Die in Art. 21 vorgesehenen Beiträge des Kantons werden nicht gewährt : 1. Für Tiere und Gegenstände von geringem Wert, für beseitigte Hunde und Katzen, sowie für abgeschossenes Wild ; 2. für Tiere in zoologischen Gärten, Menagerien und ähnlichen Unternehmungen ; 3. für Schlachttiere ausländischer Herkunft; 4. für Tiere inländischer Herkunft, die sich in Schlachthöfen oder in den zu solchen gehörenden Stallungen befinden ; 5. für Pferde und Nutzvieh von ausländischer Herkunft, wenn nicht der Nachweis erbracht wird, dass die Ansteckung erst nach der Einfuhr stattgefunden hat.

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Art. 23. Die Beiträge der Kantone sollen so bemessen werden, dass die Geschädigten unter Einrechnung des Wertes ·der nutzbaren Teile der umgestandenen oder geschlachteten Tiere in den Fällen von Art. 21, Ziffer l bis 3, mindestens 60°/0 und höchstens 75 °/0, in den Fällen von Art. 21, Ziffer 4 und 5, mindestens 75 % und höchstens 85 °/o des Schadens erhalten.

Der Bundesrat kann Höchstbeträge bestimmen, die für ein ·einzelnes Tier in Betracht fallen dürfen und anordnen, dass die Abschätzung nach Durchschnittswerten zu erfolgen habe.

Art. 24. Die Beiträge an die Tierbesitzer werden von den Kantonsregierungen endgültig festgesetzt.

Die Grundlagen für die Bestimmung der Beiträge sind durch «in möglichst einfaches und für den Tierbesitzer kostenfreies Verwaltungsverfahren festzustellen.

Art. 25. Der Bund leistet den Kantonen an die Ausgaben, die aus den Vorschriften der Art. 21 bis 23 entstehen, Beiträge bis zur Hälfte.

Wenn ein Kanton die vom Bunde erlassenen Vorschriften über die Tierseuchenpolizei mangelhaft durchführt, so sollen ihm die in Absatz l vorgesehenen Bundesbeiträge, je nach dem Masse des Verschuldens, gekürzt oder gar nicht ausgerichtet werden.

Über die Ausrichtung der Bundesbeiträge entscheidet der Bundesrat endgültig.

Art. 26. Die Kantone sind berechtigt, auch an Schäden Beiträge zu leiste«, die entstehen, wenn Tiere an einer der in Art. 21, Ziffer l, nicht genannten Krankheiten umstehen oder wegen einer solchen geschlachtet werden müssen.

Soweit sich diese Leistungen auf Schäden beziehen, die durch Maul- und Klauenseuche, Schweineseuche, Schweinepest oder Rotlauf der Schweine verursacht wurden, so wird der Bund den Kantonen Beiträge bezahlen, die jedoch die Hälfte der Gesamtleistung in keinem Falle übersteigen dürfen.

Die Vorschriften der Art. 23, Art. 24 und Art. 25, Absätze 2 und 3, kommen auf diese Beiträge zur Anwendung. Indessen sind die Kantone an die in Art. 23 festgesetzten Mindestbeiträge nicht gebunden.

Art. 27. An Kantone, die den Viehbesitzern Beiträge an die Durchführung von Schutz- und Heilimpfungen gegen Tierseuchen

400

oder an die Kosten für die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche und der Tuberkulose leisten, kann unter Bedingungen, die der Bundesrat aufstellen wird, ein Bundesbeitrag bis auf 50 °/o verabfolgt werden.

Art. 28. Der Bundesrat wird auf dem Wege der Verordnung bestimmen, ob und inwieweit in Seuchenfällen neben den in diesem Abschnitt vorgesehenen Beiträgen der Kantone ergänzende Leistungen von Viehversicherungskassen zulässig sind.

V. Vollzugs- und Strafbestimmungen.

Art. 29. Der Vollzug dieses Gesetzes liegt den Kantonen ob, mit Ausnahme der Massnahmen an der Landesgrenze, die Sache des Bundes sind.

Massnahmen eines Kantons, die den Verkehr mit andern Kantonen betreffen, sind bloss mit Zustimmung des Bundesrates zulässig.

Art. 30. Gegen die Anwendung des Gesetzes durch die kantonale Regierung können Beteiligte binnen zwanzig Tagen seit Kenntnisnahme eines Erlasses beim Bundesrate Beschwerde erheben, der endgültig entscheidet. Die Beschwerde hat nur in den Fällen aufschiebende Wirkung, für die dies in den Vollziehungsverordnungen ausdrücklich vorgesehen wird. Überdies kann die aufschiebende Wirkung bei Eingang der Beschwerde besonders angeordnet werden.

Der Bundesrat ist überdies berechtigt, von Amtes wegen jederzeit die Verfügungen zu treffen, die geeignet sind, den Vollzug des Gesetzes zu sichern.

Art. 31. Die Kantone haben ihr Gebiet in Viehinspektionskreise einzuteilen und für jeden Kreis einen Viehinspektor und Stellvertreter zu bezeichnen. Der Bundesrat bestimmt deren Pflichten und Befugnisse.

Die Kantone sorgen für angemessene Entschädigung der Viehinspektoren ; sie sind verpflichtet, Instruktionskurse anzuordnen, deren Besuch für die Viehinspektoren und deren Stellvertreter obligatorisch ist. Der Bund gewährt den Kantonen an die Kosten dieser Kurse Beiträge bis auf die Hälfte ihrer Auslagen.

Art. 32. Die Kantone organisieren im übrigen dea kantonalen und örtlichen veterinärpolizeilichen Dienst unter folgenden Vorbehalten selbständig:

401

1. Jeder Kanton bezeichnet einen Kantonstierarzt, der, sei es als ständiger Beamter, sei es als Fachexperte, die Tierseuchenpolizei unter Aufsicht der kantonalen Regierung leitet. Der Bund zahlt an die Besoldung oder Entschädigung des Kantonstierarztes die Hälfte; 2. die kantonale Organisation muss geeignet sein, die richtige Durchführung der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund derselben erlassenen Verordnungen zu sichern.

Art. 33. Die Kantone stellen innert den Grenzen der Art. 21 bis 28 Vorschriften über die Ausrichtung der Beiträge auf, die in Seuchenfällen an Tierbesitzer zu bezahlen sind; sie ordnen das in Art. 24 vorgesehene Verfahren.

Art. 34. Die Kantone werden, um einer übermässigen Vermehrung der Hunde vorzubeugen, eine Kontrolle über diese ausüben und eine Hundesteuer einführen.

Art. 35. Der Bundesrat bestimmt die Einfuhrstellen für Tiere und wählt die nötige Anzahl von Grenztierärzten. Er bestimmt deren Rechtsstellung, Befugnisse und Pflichten, sowie deren Besoldung oder Entschädigung. Die Festsetzung der Besoldungen der ständigen Grenztierärzte durch ein Gesetz über die Organisation des Volkswirtschaftsdepartements bleibt vorbehalten.

Art. 36. Der Bundesrat wird zu dem vorliegenden Gesetz die nötigen Vollziehung«Verordnungen und Ausführungsbeschlüsse erlassen und auf Zuwiderhandlungen gegen deren Vorschriften die geeigneten Strafbestimmungen dieses Gesetzes anwendbar erklären.

Er setzt die Gebühren für die Grenzuntersuchungen und für die Ausstellung von Passier- und Gesundheitsscheinen fest und bestimmt die für Kontrollen und Scheine zu verwendenden Formularien.

Der Bundesrat übt die Aufsicht über die Vollziehung des Gesetzes durch die Kantone aus.

Art. 37. Die Gebühren für die Ausstellung der Gesundheitsscheine, sowie die Bussen für strafbare Handlungen fallen den Kantonen zu.

Art. 38. Aus dem Ertrage der Gebühren, die für Untersuchungen von Tieren, Fleisch und anderen tierischen Stofifen an

402

der Grenze erhoben werden, sind zunächst die dem Bunde aus diesem Gesetze erwachsenden Ausgaben zu bestreiten. Ein allfälliger Überschuss fällt in den eidgenössischen Viehseuchenfonds.

Kapital- und Zinserträgnisse dieses Fonds dürfen nur für die Bekämpfung der Tierseuchen und die Linderung der daraus entstehenden Schäden, sowie für Zwecke der Seuchenerforschung und der seuchenpolizeilichen Versuchs- und Untersuchungstätigkoit verwendet werden. Das Kapital des Fonds darf nur ganz ausnahmsweise angegriffen werden, wenn die Einnahmen aus den Untersuchungsgebühren und die Zinse des Fonds zur Deckung der durch dieses Gesetz veranlassten Ausgaben nicht ausreichen.

in diesem Falle sind die UntersuchungsgebUhren entsprechend zu erhöhen und die entnommenen Beträge wieder zu ersetzen.

Art. 39. Der Bund kann für die Seuchenerforschung und die seuchenpolizeiliche Versuchs- und Untersuchungstätigkeit eine Anstalt errichten und Bestrebungen auf diesen Gebieten durch Beiträge unterstützen.

Art. 40. Wer vorsätzlich den Bestimmungen der Art. 6, Abs. l und 2, 8, Abs. l und 2, und 10, oder den in Ausführung dieser Bestimmungen erlassenen Vorschriften zuwiderhandelt, wird mit Busse von 10 bis 300 Franken bestraft.

Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse von 5 bis 200 Franken.

Die gleiche Strafe wird auf die Übertretung jedes Gebotes oder Verbotes gesetzt, das auf Grund dieses Gesetzes von irgend einer Behörde erlassen wird, falls dieses Gesetz oder die Verordnungen nicht eine schwerere Strafe androhen. ^ £R ^Art. 41. Wer vorsätzlich den Bestimmungen der Art. 4, 13, 14, 15, 18, 19 und 20 und den in Ausführung dieser Bestimmungen von den zuständigen Behörden des Bundes oder eines Kantons erlassenen Beschlüssen und Weisungen zuwiderhandelt, wird mit Busse von 30 bis 2000 Franken bestraft. In besonders schweren Fällen, oder wenn der Täter rückfällig ist, kann überdies auf Gefängnis bis zu vier Monaten erkannt werden.

Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse von 15 bis 1000 Franken. In Fällen grober Fahrlässigkeit kann neben der Busse auf Gefängnis bis zu zwei Monaten erkannt werden.

403

Dem Tierarzt, der sich vorsätzlich eines schweren Vergehens schuldig macht, kann der Richter überdies die Ausübung der Praxis für die Dauer von drei Monaten bis zu drei Jahren untersagen. Handelte der Tierarzt fahrlässig, so kann ihm der Richter, wenn der Täter rückfällig ist, die Ausübung der Praxis für die Dauer von einem Monat bis zu einem Jahr untersagen.

Art. 42. Wer vorsätzlich den Bestimmungen der Art. 7 und 12 zuwiderhandelt, wird mit Busse von 30 bis SOO Franken bestraft.

Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse von 15 bis 250 Franken.

Art. 43. Rückfall liegt vor, wenn jemand, der durch rechtskräftiges Urteil der Zuwiderhandlung gegen die Bestimmungen der Art. 4, 18, 19 und 20 schuldig erklärt worden ist, vor Ablauf von drei Jahren nach Vollzug oder nach Erlöschen seiner Strafe eine solche Zuwiderhandlung wieder begeht.

Art. 44. Die Zuwiderhandlungen verjähren, soweit Art. 40 in Betracht kommt, in einem Jahre, in allen übrigen Fällen in drei Jahren.

Die rechtskräftig ausgesprochenen Strafen verjähren binnen fünf Jahren.

Art. 45. Die Untersuchung und Beurteilung der in diesem Gesetz mit Strafe bedrohten Handlungen und Unterlassungen ist Sache der kantonalen Vervvaltungs- und Gerichtsbehörden.

Soweit in den Art. 40 bis 44 nichts Abweichendes bestimmt ist, findet bei der Beurteilung der auf Grund dieses Gesetzes mit Strafe bedrohten Handlungen der erste Abschnitt des Bundes.gesetzes über das Bundesstrafrecht der schweizerischen Eidgenossenschaft vom 4. Februar 1853 Anwendung.

Art. 46. Die in Anwendung von Art. 40--45 gefällten Endeotseheide der kantonalen Gerichts- oder Verwaltungsbehörden sind sofort dem Bundesrate unentgeltlich einzusenden.

Dem Bundesrat steht das Recht zu, gegen diese Entscheide nach Massgabe von Art. 161 und folgende des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege, vom 22. März 1893, die Kassationsbeschwerde zu erheben.

404

TI. Scklnssbestimnmiigeii.

Art. 47. Die Vorschriften des Bundes über Tiere, die in militärischen Kursen, Truppenübungen oder Aufgeboten verwendet oder mitgeführt werden, bleiben vorbehalten.

Art. 48. Soweit dieses Gesetz zu seiner Ausführung der Ergänzung durch kantonale Anordnungen bedarf, sind die Kantone verpflichtet, solche aufzustellen und können sie auf dem Verordnungswege erlassen. Diese Anordnungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Bundesrates.

Hat ein Kanton die notwendigen Anordnungen nicht rechtzeitig getroffen, so erlässt der Bundesrat vorläufig die erforderlichen Verordnungen an Stelle des Kantons.

Art. 49. Durch das vorliegende Gesetz werden alle eidgenössischen und kantonalen Bestimmungen über Tierseuchenpolizei, die mit diesem Gesetz in Widerspruch stehen, aufgehoben, insbesondere : 1. das Bundesgesetz über polizeiliche Massregeln gegen Viehseuchen, vom 8. Februar 1872, 2. das Bundesgesetz betreffend Zusatzbestimmungen zum Bundesgesetz über polizeiliche Massregeln gegen Viehseuchen, vom 19. Juli 1873, und 3. das Bundesgesetz betreffend eine Änderung des Bundesgesetzes vom 8. Februar 1872 über polizeiliche Massregeln,, vom 1. Juli 1886.

405 Anhang 1.

Zusammenstellung über die Verbreitung der Viehseuchen in der Schweiz in den Jahren 1886--1914.

Jahr

Rauschbrand

Milzbrand

Grossvieh

1886 1887 1888 1889 1890 1891 1892 1893 1894 1895 1896 1897 1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909 1910 1911 1912 1913 1914

Fälle

Fälle

291 342 318 333 327 376 448 533 446 675 912 672 645 820 719 719 734 698 670 843 881 927 783 758 767 741 806 835 731

254 256 248 202 242 265 265 364 361 261 291 324 306 324 166 210 300 332 264 276 441 419 201 245 233 295 245 228 197

StäbchenRotz rotlauf und und HautSchweinewurm Kleinvieh seuche

Maul- und Klauenseuche

Fälle 2,208 2,259 4,029 17,947

10,831 18,172 10,961 17,389 9,314 3,266 2,358 7,801 55,213 30,574 10,314 5,151 7,342 477 1,006 2,614 1,108 5,694 8,751 15,684 2,131 29,816 16,346 45,966 18,841

Fälle

Fälle

Fälle

756 451 1,613 3,888 2,661 10,267 4,980 6,985 4,564 1,142 466 2,541 51,671 7,730 2,142 2,959 8,210 188 478 2,080 210 1,361 5,804 3,977 311 18,672 8,8.40 23,125 5,862

37 23 40 28 26 40 21 29 81 50 37 58 42 95 93 61 39 12 23 10 7

580 489 998 641 733 1,178 1,271 1,271 1,354 4,947 6,859 3,247 1,778 2,232 2,232 2,289 2,899 2,150 2,102 1,662 1,059 1,810 2,430 2,720 3,465 2,270 1,743 1,824 1,623

5 4 27 16 25 2

3 7

406

Anhang 2.

Vieh- und Fleischeinfuhr in den Jahren 1886--1914*).

Jahr

1886 1887 1888 1889 1890 1891 1892 1893 1894 1895 1896 1897 1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909 1910 1911 1912 1913 1914

Tiere des Tiere Tiere Schweine-, des Pferde- des RinderSchafgeschlechts geschlechts und Ziegengeschlechts Stück 8,637 8,079 8,459 9,323 9,162 9,650 8,703 8,387 9,400 12,797 12,951 13,848 12,743 12,808 11,444 12,086 12,913 14,366 16,052 17,749 15,864 15,422 15,498 16,364 18,014 18,321 17,335 13,457 9,048

Stack 106,080 102,784 79,636 96,339 103,093 84,512 61,593 46,699 110,660 94,349 77,245 73,691 73,584 63,076 66,103 63,403 71,094 87,215 77,470 70,468 58,881 52,585 51,936 82,125 96,805 79,705 92,653 79,578 "46,579

Stück 120,795 145,872 121,600 143,088 208,487 156,326 136,609 111,675 196,767 200,024 175,371 203,077 187,599 179,535 158,612 167,823 184,388 196,937 197,023 179,465 198,424 206,126 171,339 169,503 237,186 199,636 147,350 137,681 108,471

Frisches Fleisch

Fleischwaren

17,064 6,317 8,464 9,310 10,210 13,127 16,157 9,200 12,296 22,851 21,729 26,297 39,631 39,220 45,923 58,015 51,780 52,083 54,233 55,054 53,294 67,806 88,533 79,655 71,349 175,528 206,709 133,294 57,765

23,035 15,599 14,249 16,531 23,581 27,274 21,409 16,043 28,209 40,348 42,954 38,050 47,029 46,834 38,940 39,479 36,099 39,468 41,431 59,268 38,926 48,891 48,997 27,614 44,510 55,832 58,380 51,014 43,626

q-

*) 1886--1913 nach den Erhebungen der Schweiz. Handelsstatistikt 1914 nach den vorläufigen Erhebungen der Schweiz. Grenztierärzte.

Anhang 3.

Vieh- und Fleischeinfuhr in den Jahren 1913 und 1914.

Rindergeschlecht

1913

1914

1913

1914

1913

Stück

Stück

StUck

StUck

Stück

Monat

Januar . . .

Februar . .

März . . .

April . . .

Mai . . . .

Juni . . .

Juli . . . .

August*) . .

September Oktober . .

November . .

Dezember . .

Total

Schweine-, Schaf- und Ziegengeschlecht

Pferdegeschlecht

1,577 1,396 1,596 1,511 1,545 1,601 1,023

901 962 957 1,027

892 14,988

889 1167 1351 1393 1500 1368 1118

33l 60

6556 y 48j

9048

6,351 3,962 6,208 3,558 6,775 4,155 7,420 4,407 8,839 5,780 10,844 10,053 7,353 6,287 7,682 746| 7,848 1,574 6,552 2,083 \* 4,745 2,075 4,757 1,899) 85,374 46,579

13,384 9,892 11,032 13,054 11,480 23,153 5,849 14,313 8,638 8,577 8,275 12,041 139,688

Frisches Fleisch

1914

1913

Stück

kg

10,747 768,420 789,503 7,199 935,643 8,691 11,736 939,831 985,593 16,262 951,623 17,071 14,626 1,027,345 726,610 1,851 1 1,271 819,928 3,238}3 1,064,786 976,908 4,635 ll,144j 898,035 108,471

1914 kg

484,775 858,714 916,585 695,643 726,695 896,875 728,897 66,471 14,993 58,377 1.4 148,619 179,954,

10,884,225 5,776,598

Fleischwaren

1913 kg

466,880 401,020 381,472 518.208 489,722 459,800 478,543 410,178 434,433 557,558 449,977 551,778

1914 ig

338,785 585,510 467,947 409,480 592,007 449,241 403,594 121,6071 157,904 156,819j5 326,685 353,106]

5,599,569 4,362,685

*) 1914: Kriegsausbruch; Ausfuhrverbote der Nachbarstaaten.

') Grenzverkehr; teilweise zum Schlachten bestimmt.

*) Schlachtvieh aus Italien im Tauschhandel gegen Schweiz. Zuchtvieh. Schlachtkälber aus der freien Zone von Hochsavoyen. Vereinzelte Tiere ans dem engeren deutschen und österreichischen Grenzverkehr.

3 ) In der Hauptsache Schlachtschweine ans Italien und aus der freien Zone von Hochsavoyen, vereinzlet aus dem Innern Frankreichs. -- Vereinzelte Schaftransporte aus Frankreich (Zone der Landschaft Gex), Deutschland und Italien.

') Schweine- nnd Kalbfleisch aus Holland und aus der zollfreien Zone von Hochsavoyen; Bindfleisch von Tieren schweizerischer Herkunft, die auf benachbartem Grenzgebiet nach jüdischem Ritus geschlachtet wurden.

°) Konserven Überseeischer Herknnft, sowie aus Frankreich, Norwegen, Holland und England. Konservierte Wurstwaren, gesalzenes, getrocknetes und geräuchertes Fleisch ans Italien. Darme ans Amerika, Indien, Deutschland, Holland und Frankreich.

408 Anhang

Eventuelle Vorschläge für Vorschriften über den Viehhandel.

1. Für die gewerbsmässige Ausübung des Viehhandels ist eine Bewilligung erforderlich, die für die ganze Schweiz von der Regierung des Wohnsitzkantons des Bewerbers gegeben wird.

Auswärtige Bewerber haben in dem ihrem Wohnsitz nächstliegenden Kanton Rechtsdomizil zu erwählen.

Die Bewilligung wird jedermann erteilt, der die gesetzlichen Erfordernisse erfüllt. Sie ist eine persönliche. Für Handelsgesellschaften und juristische Personen haben die handelnden Vertreter und Bevollmächtigten die Bewilligung auf eigenen Namen einzuholen.

2. Die Bewilligung darf nur an Bewerber erteilt werden, die sich über guten Leumund ausweisen und eine dem Geschäftsumfange entsprechend« Kaution geleistet haben. Kommen mehrere Personen als Vertreter eines Unternehmens um die Bewilligung ein, so kann die Kaution für alle gemeinsam geleistet werden.

3. Als Viehhandel im Sinne dieses Gesetzes wird betrachtet der gewerbsmässige Ankauf von Tieren des Pferde-, Rinder-, Schaf-, Ziegen- und Schweinegeschlechts im In- oder Ausland, verbunden mit dem Verkaufe in der Schweiz.

Die gewerbsmässige Vermittlung ist dem Handel gleichgestellt.

4. Der Viehhändler erhält nach Erteilung der Bewilligung Ausweiskarten für sich und allfällige Vertreter. Diese Karten sind der Polizei auf Verlangen vorzuweisen.

5. Der Viehhändler hat über seine Käufe und Verkäufe ein genaues Verzeichnis zu führen und es den zuständigen Behörden vorzulegen.

Der Viehhändler hat eine dem Geschäftsumfange entsprechende, dem Wohnsitzkanton zufallende jährliche Gebühr zu zahlen, die Fr. 500 im Jahre für ein Unternehmen nicht übersteigen soll. Für Unternehmungen, die durch mehrere Personen vertreten werden, wie Handelsgesellschaften, kann eine Erhöhung bis auf Fr. 1000 eintreten.

409 ,6. Die Bewilligung zur Ausübung des Viehhandels erlischt: «. wenn die gestellte Kaution aus irgend einem Grunde dahinfällt oder wertlos und nicht ersetzt wird; b. wenn die Gebühr nicht binnen Monatsfrist seit Verfall bezahlt wird ; c. wenn der Träger der Bewilligung die bürgerliche Ehrenfähigkeit verliert oder zu einer entehrenden Strafe verurteilt wird; d. wenn der Träger der Bewilligung in Konkurs fällt oder wenn gegen ihn ein Verlustschein ausgestellt worden ist.

7. Die erteilte Bewilligung kann gerichtlich entzogen werden, wenn ihr Träger wegen unredlicher Handlungen oder wegen wiederholter Vergehen gegen die Seuchenpolizei gestraft worden ist.

8. Der Bundesrat erlässt über den Viehhandel besondere gesundheitspolizeiliche Vorschriften.

9.. Die Viehhändler sind für die Innehaltung der sie betreffenden Vorschriften strafrechtlich und zivilrechtlich verantwortlich. Sie haben Staat und Gemeinden, sowie Privatpersonen den durch ihr Verschulden entstehenden Schaden zu ersetzen. Für Bussen, Kosten und Entschädigungen besteht an der von ihnen gestellten Kaution, falls es eine Realkaution ist, ein Pfandrecht; ist Personalkaution geleistet, so haben die Bürgen für die genannten Beträge aufzukommen.

10. (Strafbestimmungen.) Wer, ohne im Besitze einer gültigen Bewilligung zu sein, den Viehhandel ausübt, wird mit einer Busse von Fr. 50--2000 bestraft. In Wiederholungsfällen kann dazu Gefangenschaft bis auf einen Monat treten.

Der Viehhändler, der den Vorschriften der Ziffer 5, Absatz l (Führung des Verzeichnisses), nicht nachkommt, oder das Verzeichnis unrichtig führt, wird mit einer Busse von Fr. 20--500 bestraft, In Wiederholungsfällen, oder wenn Fälschungen vorliegen, kann dazu eine Gefängnisstrafe bis auf zwei Monate treten.

Strafbar ist sowohl vorsätzliche wie fahrlässige Begehung.

Bandesblatt. 67. Jahrg. Bd. I.

30

410 Anhang 5.

Übersicht über die Häufigkeit der Tierseuchen.

Rauschbrand.

1886--1.914 1894-1914 1904--1914 1909--1914

im Mittel jährlich 647 Fälle ,, ,, ,, 751 ,, ,.

,, ,, 795 ,, ,, ,, ,.

773 ,, Milzbrand.

1886--1914 1894--1914 1904--1914 1909-1914

im Mittel jährlich ., ., ,, .', 'r ,, ; ,; ,,

276 Fälle 282 ,, 277 ,, 240 ,,

Maul- und Klauenseuche (Grossvieh).

1886--1914 1894--1914 1904--1914 1909-1914

im Mittel jährlich 12,537 Fälle ., ., ,, 13,322 ,, ,.

., ,, 13,450 ,, ,' ; ,, 14,797 r Rotz und Hautwurm.

1886--1914 1894-1914 1904-1914 1909-1914

im Mittel jährlich 32 Fälle ,, ,, ,, 33 ,, ., ,, 12 ,, fl ,, ,, 13 ,, fl

Stäbchenrotlauf und Schweineseuche.

1886--1914 1894-1914 1904-1914 1909-1914

im Mittel jährlich 2065 Fälle ,, ,, ,, 2510 ,, ,, ,, ,, 2064 ,, ,, ,, ,, 2272 ,, .

411 Anhang

6.

Durchnittsberechnung des mutmasslich höchsten jährlichen Seuchenschadens von 1886--1914 und der den Viehbesitzern, den Kantonen und dem Bund jährlich zufallenden mutmasslichen Schadenanteile.

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Krankheiten

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Fr.

Fr.

Rauschbrand . . . .

650

450

292,500

58,500 234,000 117,000

Milzbrand

270

600

162,000

32,400 129,600

64,800

. . . .

4

Maul- u.Klauenseuche ) Gross vieni um100 Kleinvieh | gestanden 10 Grossviehl geKleinvieh /schlachtet Rotz

200 100 30

. .._

600 50

60,000

12,000

48,000

24,000

500

100

400

200

300') 30 l)

60,000 3,000

12,000

600

48,000 2,400

24,000

900

27,000

5,400

1,200

21,600

10,800

Schweineseuche .

. . 1,800

30")

54,000

10,800

43,200

21,600

Stabchenrotlauf .

. .

200

70 2)

14,000

2,800

11,200

5,600

Zusammen

673,000 134,600 538,400 269,200

*) Der durchschnittlic he Schau en ist be rechnet uni er Abzug cles durchseimittlichen Wertes aller nutzbaren Kadaverteile vom mittleren Effektivwert der einzelnen Tiere.

>) Die auffallende Schadendifferenz der an Schweineseuche gegenüber der an Stabchenrotlanf eingegangenen Tiere erklärt sich aas dem Umstand, dass die erstere Krankheit vorwiegend die jüngeren, die letztere dagegen mehr die alteren, wertvolleren Tiere befallt.

3) Der Anteil der Tierbesit'er am Qesamtschaden ist hier, in Rücksicht auf die Bestimmungen des Artikels 23 des Entwürfe», im Mittel mit 20 Prozent berechnet.

4 ) Es sind dies die Ergebnisse einer Dnrchschnittsberechnung der Jahre 1909-- 1913, also einer ungünstigen Periode; das Jabr 1914 konnte mit Rucksicht auf die ausnahmsweise umfangreichen Schlachtungen zum Zwecke der Armeeversorgnng nicht miteinbezogen werden.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über das Bundesgesetz betreffend die Bekämpfung von Tierseuchen. (Vom 15. März 1915.)

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