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Schweizerisches Bundesblatt mit schweizerischer Gesetzsammlung,

67. Jahrgang.

Bern, den 24. November 1915.

Band IV.

Erscheint wöchentlich. Preis 10 Franken im Jahr, B Franken im Halbjahr, zuzüglich ,,Nachnahme- und Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr: 15 Rappen die Zelle oder deren Baum. -- Anzeigen franko an die Buchdruckerei Stampfli & de. in Bern.

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Wintersession 1915).

(Vom 19. November 1915.) .

Wir beehren uns, unter Vorlage der Akten Ihnen über nachfolgende Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen: 1.

2.

3.

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5.

6.

Alfred Benkert, Schreiner, Rodtmattstrass 85, Bern.

Rudolf Brawand, Zimmermann in Grindelwald.

Alfred Engler, von und in Binningen.

Theodor Felber, Posamenter in Birsfelden.

Albert Jufer, Uhrenmacher in Grenchen.

Hans Kocher, Techniker in Ostermundigen.

(Nichtbezahlung der Militärsteuer.)

Die vorgenannten Militärsteuerpflichtigen wurden wegen schuldhafter Nichtbezahlung der Militärtaxe verurteilt: a. Alfred Benkert wegen einer Steuerforderung für 1914 einschliesslich Gebühren von Fr. 22. 30 vom Polizeirichter von Bern am 29. Mai 1915 zu zwei Tagen Gefängnis, sechs Monaten Wirtshausverbot und den Kosten; 6. Rudolf Brawand wegen einer Steuerforderung für 1914 einschliesslich Gebühren von Fr. 22. 30 vom Polizeirichter von Interlaken am 4. Oktober 1915 zu zwei Tagen Gefängnis, sechs Monaten Wirtshausverbot und den Kosten; Bandesblatt. 67. Jahrg. Bd. IV.

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66 e. Alfred Engler wegen einer Steuerforderung für 1912 und 1913 von Fr. 12 vom Polizeirichter von Ariesheim am 17. September 1914 zu drei Tagen Gefängnis und den Kosten; d. Theodor Felber wegen einer Steuerforderung für 1914 von Fr. 6 vom Polizeirichter von Ariesheim am 27. Mai 1915 zu zehn Tagen Gefängnis, einem Jahr Wirtshausverbot und den Kosten ; e. Albert. Jufer wegen einer Steuerforderungsrestanz für 1911, 1912 und 1913 von Fr. 18 vom Amtsgericht SolothurnLebern zu drei Tagen Gefängnis und den Kosten ; f. Hans Kocher wegen einer Steuerforderung für 1914 einschliesslich Gebühren von Fr. 49. 30 vom Polizeirichter von Bern zu zwei Tagen Gefängnis, sechs Monaten Wirtshausverbot und den Kosten.

Die Genannten ersuchen um Erlass der ausgesprochenen Strafen und machen zur Begründung ihrer Gesuche im einzelnen folgendes geltend: vor der Urteilsfällung die schuldige Militärsteuer bezahlt; hätten und dass ihre Bestrafung deshalb zu Unrecht erfolgt sei. In der Tat ergibt sich aus den Akten, dass 4. September 1914 auf dem Bureau des Sektionschefs von Binningen bezahlt hat. Da er aber davon dem Polizeigericht Ariesheim keine Mitteilung machte und an der Verhandlung vom 17. September 1914 trotz gehöriger Vorladung nicht erschien, so erfolgte seine Bestrafung. Diesen Umständen kommt nach dem Wortlaut des Bundesgesetzes vom 29. März 1901 und konstanter Praxisstrafbefreiende Wirkung zu.

Anders dagegen verhält es sich mit dem Gesuche des Alfred Benkert. Dieser hat nur einen Teil der Steuer vor Urteilsfällung bezahlt; mehr als die Hälfte davon hat er erst neun Tage nachher entrichtet. Dieser nachträglichen Zahlung kommt keine strafbefreiende Wirkung zu ; sie lässt im Gegenteil darauf schliessen, dass es dem Gesuchsteller mit einigem guten Willen möglich gewesen M'äre, seine Steuer rechtzeitig zu zahlen, was übrigens vom städtischen Polizeirichter von Bern bestätigt wird. Die Abweisung seines Gesuches ist daher trotz Empfehlung dieser Behörde wie des Regierungsstatthalters l von Bern gerechtfertigt.

Die ü b r i g e n B e s t r a f t e n machen geltend, dass sie infolge Krankheit, Arbeitslosigkeit, schlechten Geschäftsganges u. dgl.

nicht imstande gewesen seien, ihre Steuerbetreffnisse rechtzeitig zu entrichten.

Der Gesetzgeber hat bei der Aufstellung der Vorschriften über Bestrafung wegen Nichtbezahlung von Militärpflichtersatz

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den Pflichtigen Gelegenheit geboten, sich darüber auszuweisen, dass ihnen die Entrichtung der Taxe ohne eigene Schuld unmöglich war. Auch die Richter pflegen den Verzeigten noch besondere Fristen zu nachträglicher Zahlung zu gewähren und geben ihnen durch Vorladung zu mündlicher Verhandlung Gelegenheit, ernstliche Hinderungsgründe noch im letzten Augenblicke geltend zu machen. Die sämtlichen Gesuchsteller haben diese Gelegenheiten zur Wahrung ihrer Interessen im administrativen und gerichtlichen Verfahren gehabt, aber versäumt; sie können von der Begnadigungsinstanz nicht noch nachträglich gehört werden, um so weniger, als sie alle, ohne Ausnahme, nachgewiesenermassen erwerbsfähig sind.

Im einzelnen ist noch zu bemerken, dass K o c h e r die Gefängnisstrafe bereits verbüsst hat und nur um Aufhebung des Wirtshausverbotes nachsucht. Einem solchen Begehren wird nach feststehender Praxis nur dann entsprochen, wenn ganz besondere zwingende Gründe vorliegen, was hier keineswegs der Fall ist. Die blosse Vermutung des Gesuchstellers, es könnte ihm infolge der Publikation des Verbotes jede Arbeits- und Erwerbsgelegenheit genommen werden, ist ungenügend und übrigens nicht begründet.

Schliesslich ist noch hinsichtlich F e l b e r, der mit einer aussergewöhnlich hohen Strafe belegt wurde, zu erwähnen, dass die Gefängnisstrafe von zehn Tagen -- wovon bereits fünf Tage verbüsst sind -- durch sein Verhalten durchaus gerechtfertigt wird. Nach dem Bericht des Gemeinderates von Birsfelden ist Felber ein liederlicher, arbeitsscheuer Mensch, der seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, obschon dies ihm leicht möglich wäre. Trotz unzähligen Stundungen hat er die Steuern für 1910, 1911 und 1912, zusammen Fr. 22. 50 ausmachend, bis heute noch nicht und diejenigen von 1913 und 1914 erst nach Urteilsfällung bezahlt. Eine Begnadigung ist auch hier nicht angezeigt.

A n t r a g : Es sei dem Alfred Engler die ihm auferlegte Gefängnisstrafe zu erlassen ; dagegen seien die Begnadigungsgesuche Alfred Benkert, Rudolf Brawand, Theodor Felber, Albert Jufer, und Hans Kocher abzuweisen.

7. Elisa Santschi, geb. Baur, St. Fiden (Kanton St. Gallen).

(Fälschung einer Bundesakte.)

Im November 1914 übergab Elisa Santschi dem Postbureau Kronthal einen Geldbetrag von Fr. 10 an die Adresse Justitz-

68 Aufriebt, Zürich, und erhielt den entsprechenden Postempfangschein. Da der Ehemann ihr aber Fr. 20 zur Aufgabe übergeben hatte und sie davon Fr. 10 für die Haushaltung zurückbehielt, verfälschte sie, um ihren Mann zu täuschen, die auf Fr. 10 lautende Quittung durch Ändern der Zahl 10 in 20. Als der Geldempfänger Justitz-Aufricht auf die mangelhafte Zahlung aufmerksam machte, blieb Frau Santschi bei ihrer Behauptung, Fr. 20 einbezahlt zu haben, und veranlasste so ihren Ehemann, sich beim Aufgabepostbureau zu beschweren. Bei diesem Anlasse wurde die Fälschung entdeckt und eine Strafuntersuchung eingeleitet, in der erst Frau Santschi ihre Schuld gestand. Das Bezirksgericht Tablât verurteilte sie wegen Fälschung einer Bundesakte zu einem Tag Gefängnis und Fr. 10 Busse.

Frau Santschi bittet nun um Erlass der Gefängnisstrafe durch Begnadigung; sie macht geltend, sie habe ohne jede betrügerische Absicht, in momentaner Geldverlegenheit gehandelt und sei dadurch, dass ihr Ehemann infolge ihrer Tat seine Stelle in der Gemeinde Tablât verloren habe, schwer genug bestraft.

Das Gericht hat bei der Urteilsfällung bereits in Berücksichtigung gezogen, dass die Gesuchstellerin nicht vorbestraft war, dass sie sich der Tragweite ihrer Handlung nicht voll bewusst gewesen und auch ein Schaden daraus nicht entstanden ist. Infolgedessen wurde auf das Mindestmass der vom Gesetze vorgesehenen Strafe erkannt. Noch weiter zu gehen und die Gefängnisstrafe durch Begnadigung ganz zu erlassen, könnte somit nur in Frage kommen, wenn ganz besondere Milderungsgründe vorlägen, namentlich wenn nachgewiesen wäre, dass Frau Santschi gänzlich unüberlegt gehandelt hätte, in der Meinung, lediglich ihren Ehemann vorübergehend über eine Geldverlegenheit zu täuschen.

Dies ist aber keineswegs der Fall. Die Reklamation des Geldempfängers, Justitz-Aufricht, und der Entschluss Santschis, bei der Post vorstellig zu werden, haben jedenfalls zu einer Auseinandersetzung zwischen den Ehegatten geführt, wobei die Ehefrau Gelegenheit hatte, sich über die Bedeutung ihrer Handlungsweise klar zu werden. Dass sie bei diesem Anlasse ihre Behauptung, den ganzen Betrag von Fr. 20 einbezahlt zu haben, aufrecht erhielt, spricht sehr gegen sie und lässt auf einen Grad von Verschulden schliessen, dem gegenüber eine Begnadigung nicht gerechtfertigt erscheint.

A n t r a g : Elisa Santschi sei mit ihrem Begnadigungsgesuch abzuweisen.

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8. Frau Magdalena Lauper, in Schmitten, gewesene Bahnwärterin der S. B. B., Haltstelle Fillisdorf.

(Fälschung von Bundesakten.)

Frau Lauper hat im Jahre 1913 in zwei Fällen Arbeiterabonnemente, welche für die Strecke Fillisdorf-Bern gelöst und mit je Fr. 8. 80 bezahlt wurden, im Stamm des Abonnementsbüchleins mit falschen Namen der Berechtigten versehen und als für die Strecke Fillisdorf-Düdingen mit Fr. 1. 80 bezahlt eingetragen. Sie wurde hierfür vom Tribunal correctionnel de la Singine am 28. Dezember 1914 wegen Fälschung von Bundesakten zu einem Monat Gefängnis verurteilt, welche Strafe sie am 16. Mai 1914 angetreten und zur Hälfte verbüsst hat. Am 31. Mai wurde sie nach Einreichung eines Begnadigungsgesuches einstweilen auf freien FUSS gesetzt.

Frau Lauper macht zur Begründung ihrer Bitte um Erlass der noch nicht verbüssten zweiten Hälfte der Strafe geltend, dass ihr Ehemann, Bahnangestellter in Schmitten, durch seinen Dienst, worunter häufig Nachtdienst, so sehr in Anspruch genommen werde, dass er ihre fünf kleinen Kinder -- das älteste ist erst 12 Jahre alt -- nicht bewachen könne und daher, wenn sie wieder ins Gefängnis zurückkehren müsse, niemand da sei, der sich der Kleinen annehmen könne. Eine Magd zu bezahlen, sei ihnen ihrer ärmlichen Verhältnisse wegen unmöglich.

Mit Rücksicht auf die Geringfügigkeit des bei der Fälschung in Frage kommenden Betrages (Fr. 7) und die bereits ausgestandene lötägige Freiheitsstrafe rechtfertigt es sich, den schwierigen Familienverhältnissen der Gesuchstellerin Rechnung zu tragen und ihr den noch nicht verbüssten Teil der Gefängnisstrafe in Gnaden zu erlassen.

A n t r a g : Es sei der Frau Lauper der noch nicht verbüsste Teil der ihr auferlegten 30tägigen Gefängnisstrafe zu erlassen.

9. Johann Rudolf LUthi, geb. 1889, gew. Briefträger in Langnau, zurzeit in der kantonalen bernischen Strafanstalt Witzwil.

(Fälschung von Bundesakten.)

Johann Lüthi hat im Jahre 1911 als Briefträger in Langnau Gelder, die ihm in dienstlicher Eigenschaft anvertraut worden waren, sich rechtswidrig angeeignet und einen amtlichen Empfangsschein sowie eine Privatquittung gefälscht. Er ergriff dann die

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Flucht und konnte erst im August 1914, als er sich anlässlich der Kriegsmobilisation bei seinem Truppenkörper stellte, verhaftet werden. Die ihm zur Last gelegten Handlungen gestand er ohne weiteres ein und wurde am 14. Januar 1915 von der Assisenkammer des Kantons Bern wegen Fälschung einer Bundesakte, Fälschung von Privaturkunden, Unterschlagung und Amtspflichtverletzung zu 15 Monaten Zuchthaus, abzüglich zwei Monate Untersuchungshaft, verurteilt.

Aus der Strafanstalt Witzwil, wo er gegenwärtig die Strafe verbüsst und durch sein Betragen und seine Arbeitsleistungen die Anstaltsdirektion befriedigt, reicht nun Lüthi ein Begnadigungsgesuch ein, in welchem mit Hinweis auf das jugendliche Alter des Fehlbaren und die guten Arbeitszeugnisse, über die er verfügt, um Erlass der Strafe gebeten wird.

Die dem Gesuchsteller auferlegte Strafzeit geht Mitte Februar 1916 zu Ende, es handelt sich somit um Erlass von zirka zwei Monaten. Diese im Verhältnis zur ausgestandenen Haft nicht bedeutende Herabsetzung der Strafe erscheint unter den obwaltenden Umständen als angemessen. Sie wird gerechtfertigt durch die Jugend Lüthis zur Zeit der Tat und durch seine gute Aufführung in der Strafanstalt, wie vorher schon während der drei im Ausland nach seiner Flucht aus der Schweiz verbrachten Jahre, die dafür spricht, dass ein ernster Wille zur Besserung vorliegt.

A n t r a g : Es sei dem Johann Lüthi der noch nicht verbüsste Rest der Strafe zu erlassen.

10. Arnold Oelhafen, geb. den 20. Juni 1876, Lithograph, wohnhaft gewesen in Dietikon, zurzeit in der Strafanstalt Regensdorf.

(Bundesgesetz über die Nationalbank : Fälschung von Banknoten.)

Arnold Oelhafen, der am 6. Mai 1909 von der III. Appellationskammer des Obergerichtes des Kantons Zürich wegen Fälschung von Banknoten im Sinne des Art. 66 des Bundesgesetzes über die Nationalbank verurteilt worden ist und am 11. Januar 1914 ein Gesuch um Erlass des Restes der Strafe durch Begnadigung einreichte, das von der Bundesversammlung in der Sommersession 1914 abgewiesen wurde, wiederholt diese Bitte in einer Eingabe vom 3. Oktober 1915, nachdem seine Mutter bereits im September 1915 um Begnadigung ihres Sohnes nachgesucht hat.

Im Berichte vom 19. Mai 1914 des Bundesrates an die Bundes-

71 Versammlung über das erste Begnadigungsgesuch Oelhafens wurde in tatsächlicher Beziehung folgendes festgestellt: ,,Arnold Oelhafen ist seit dem 22. August 1903 mit Elise Koepfer, geb. 4. Januar 1884, jetzt wohnhaft in Zürich, verheiratet.

Er ist Vater von drei unerwachsenen Kindern. Nächste An* verwandte der Frau sind deren Brüder Theodor Koepfer, Taglöhner, und "Wilhelm Koepfer, Commis und Portier, ferner ihre Mutter Frau Elise Koepfer.

Arnold Oelhafen wurde am 22. März 1898 vom Bezirksgericht Aarau wegen Pfandverweigerung mit Fr. 20 Busse bestraft, ferner am 9. Juni 1898 vom Kriminalgericht des Kantons Aargau wegen Banknotenfälschung mit vier Jahren und zwei Monaten Zuchthaus und sechs Jahren Ehrverlust (siehe Akt. 49 der Strafprozedur). Er hat diese Strafen erstanden, und zwar wurde er, nachdem ihm der Grosse Rat des Kantons Aargau ·ein Jahr der Zuchthausstrafe erlassen, am 25. August 1900 bedingt auf Wohlverhalten hin in Freiheit gesetzt (Bericht der Direktion der Strafanstalt Lenzburg bei den Akten). Später fand «r in Zürich Arbeit und Verdienst als Lithograph und liess sich mit seiner Familie in Dietikon nieder. Im Jahre 1908 aber schritt er neuerdings zur Verübung des Verbrechens der Banknotenfälschung, zu dem ihn seine Berufskenntnisse besonders befähigten.

Er erwarb eine Autographiepresse und die nötigen Steine, liess die Presse am 14. Dezember 1908 durch seine Ehefrau und seinen Schwager Wilhelm Koepfer von Zürich aus nach Dietikon schaffen und fertigte in seiner Wohnung auf von seiner Ehefrau in einem Papiergeschäft in Zürich gekauftem Papier zirka 120 Stück Fr. 100Noten der Schweizerischen Nationalbank an, unter abwechselnder Beihülfe seiner Schwäger Wilhelm Koepfer und Theodor Koepfer, die die gravierten Lithographiesteine abwaschen, mit Farbe versehen, die Autographiepresse festhalten und deren Kurbel drehen halfen. Der Verwahrungsort der Noten war nur ihm und seiner Ehefrau bekannt. Letztere übergab eine nicht näher bestimmbare Anzahl der Falsifikate dem Zimmermann Johann Hort in Zürich und ihrem Bruder Wilhelm Koepfer, welche in der Zeit vom 28. Dezember 1908 bis 2. Januar 1909 mindestens 60 Stück, und zwar Hort sicher in Herzogenbuchsee, Ölten, Langenthal, Zürich, Wangen, Solothurn, Grenchen mindestens 43 Stück, Wilhelm Koepfer in Langenthal, Wangen, Solothurn und Grenchen
mindestens 17 Stück dieser falschen Noten in Verkehr setzten. Die Ehefrau Oelhafen liess sodann auch Fr. 1000, von denen sie wusste, dass eie den Erlös aus vertriebenen falschen Noten bildeten, durch ihre

72 Mutter Elise Koepfer zu einem Bekannten nach Unter-Kulm bringen.

Zugleich nahm sie von Wilhelm Koepfer der getroffenen Abrede gemäss Fr. 700 in Empfang, die den Erlös aus vertriebenen falschen Noten bildeten, und bewahrte sie auf. Am 2. Januar 1909 wurden Johann Hort und Wilhelm Koepfer in Ölten und die Eheleute Oelhafen, Theodor Koepfer und Frau Elise Koepfer in Dietikon verhaftet.

Sämtliche Angeschuldigte gestanden in der Strafuntersuchung ihre Tat ein. Der Bundesrat überwies den Fall zur Untersuchung und Beurteilung an die Behörden des Kantons Zürich, und am 6. Mai 1909 verurteilte die III. Appellationskammer des Obergerichtes den Arnold Oelhafen wogen Fälschung von Banknoten im Sinne des Art. 66 des Bundesgesetzes über die Nationalbank vom 6. Oktober 1905 zu acht Jahren Zuchthaus, abzüglich zwei Monate, erstanden durch den Untersuchungs- und Sicherheitsverhaft, und ferner zu zehnjähriger Einstellung im Aktivbürgerrecht. Als Teilnehmer an dem von Oelhafen begangenen Verbrechen wurden bestraft: Wilhelm Koepfer wegen wissentlichen Inverkehrbringens und wegen Gehülfenschaft bei Anfertigung falscher Noten zu I1/a Jahren Zuchthaus, Theodor Koepfer wegen Gehülfenschaft bei Anfertigung falscher Noten zu einem Jahr Zuchthaus, Hort wegen wissentlichen Inverkehrbringens von falschen, Noten zu 2 ijz Jahren Zuchthaus und zu je fünfjähriger Einstellung im Aktivbürgerrecht, unter Abrechnung von zwei Monaten Freiheitsstrafe, die als durch den Untersuchungs- und Sicherheitsverhaft erstanden galten. Die Ehefrau Oelhafen wurde mit acht Monaten Gefängnis und Frau Koepfer mit drei Wochen Gefängnis bestraft.tt In seinem Gesuche führt Oelhafen aus, er werde bald sein siebentes Strafjahr verbüsst haben, er sei durch Krankheit, Schicksalschläge in seiner Familie, auch abgesehen von seiner Strafe, sehr hart geprüft worden ; man möge ihm mit Rücksicht auf seinen Fleiss und sein gutes Betragen in der Anstalt durch Entlassung ermöglichen, seiner in Not geratenen Familie zu Hülfe zu kommen ; Arbeit sei ihm zugesichert worden.

Oelhafen hat sich während der Verbüssung der Strafe gut verhalten. Wie schon im Jahre 1914 äussert sich die Beamtenkonferenz der Strafanstalt Regensdorf auch zum neuen Gesuch in empfehlendem Sinne und bezeichnet Oelhafen als fleissigen, exakten Arbeiter, der seiner tadellosen Haltung wegen schon
Ende 1913 durch Versetzung in die dritte Arbeitsklasse ausgezeichnet worden sei.

Im oben genannten Berichte an die Bundesversammlung hat der Bundesrat zur Begründung seines Antrages auf Abweisung

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des ersten Gesuches namentlich auf folgende Tatsachen abgestellt und sie als entscheidend bezeichnet : Oelhafen hat sich, nachdem er im Jahre 1900 wegen Banknotenfälschung mehr als zwei Jahre Zuchthausstrafe verbilsst hatte, durch den schweren Rückfall in das nämliche Verbrechen als ein hartnäckiger, gemeingefährlicher Fälscher erwiesen. Ein erneuter Rückfall steht bei ihm, wenn er in Freiheit gesetzt würde, keineswegs ausser Frage, denn die gute Führung während der abgelaufenen Strafzeit unter der strengen Aufsicht und Bewachung bietet keine Gewähr für wirkliche nachhaltige Besserung. Seine Straftat war deshalb besonders verwerflich und bedeutungsvoll, weil er sein verbrecherisches Tun auf einen grossen Kreis von Verwandten und nahen Bekannten übertragen hat und diese vorher unbescholtenen Personen in sein Treiben hineinzuziehen wusste.

Diese Erwägungen treffen heute noch zu ; die Verhältnisse sind die gleichen und verdienen gleiche Beurteilung. Einzig, dass die verbiisste Strafzeit nunmehr um 18 Monate länger geworden ist, ist neu ; ein Umstand indessen, dem keine entscheidende Bedeutung zukommt, da -- wie schon im Jahr 1914 bemerkt wurde -- Verbüssung der g a n z e n Strafe gefordert werden muss.

Heute wie damals führt zur Verweigerung der Begnadigung die Überlegung, dass der schwere Rückfall und der unheilvolle Einfluss, den der Täter auf seine Umgebung ausgeübt hat, Aus-druck eines tief eingewurzelten -verbrecherischen Willens waren, dem gegenüber die verhängte Strafe als richtig bemessen erscheinen muss.

A n t r a g : Es sei das Begnadigungsgesuch des Arnold Oelhafen abzuweisen.

11. Ernst Meyer, Federmacher in Brügg, Kanton Bern.

(Übertretung des Fischereigesetzes.)

Am 20. März 1915 verurteilte der Polizeirichter von Nidau den Ernst Meyer wegen Fischens mit der Juckschnur in Anwendung von Art. 5, Zififer 5, und 31, Ziffer 2, des Bundesgesetzes betreffend die Fischerei zu Fr. 50 Busse.

Meyer, kommt nun um teilweisen Erlass der Strafe durch Begnadigung ein. Die von ihm angeführten Gründe, guter Leumund, geringer Verdienst und Unterhaltspflicht gegenüber seinem alten, kränklichen Vater, werden vom Gemeinderat von Brügg

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als richtig bezeichnet und das Gesuch empfohlen. Der Regierungsstatthalter von Nidau beantragt Erlass der Hälfte der Strafe.

Man könnte sich allerdings fragen, ob die dem Gesuchsteller auferlegte Strafe nicht deshalb unverhältnismässig schwer ausgefallen sei, weil der Richter die Ziffer 2 des Art. 31 leg. cit.

zur Anwendung gebracht hat, obschon darin der Gebrauch der Juckschnur nicht erwähnt wird, woraus man schliessen könnte, diese Übertretung falle unter Ziffer l mit einer Mindeststrafe nicht von Fr. 50, sondern von Fr. 5.

Nachdem nun aber der eingeholte Bericht der Oberforstdirektion in Übereinstimmung mit dem Urteil die Anwendung der Ziffer 2 des Art. 31 als richtig bezeichnet, so hat der Richter das Minimum der angedrohten Strafe auf die Übertretung angewendet und liegt kein Grund zu deren Milderung vor.

A n t r a g : Das Begnadigungsgesuch des Ernst Meyer sei abzuweisen.

12. Johann Zwygart, Gärtner in Treiten, Bezirk Erlach, Kanton Bern.

(Übertretung des Jagdgesetzes.)

Anfangs Februar 1915 beschäftigte sich der in Siselen stationierte bernische Landjäger mit Überwachung des Johann Zwygart in Treiten, der ihm als gewohnheitsmässiger Falleoleger und Wilderer verzeigt worden war. Als er am Morgen des 4. Februar in die Nähe des Hauses des Verdächtigen kam und dessen Hund laut wurde, ertönte ein Schuss, von welchem Schrotkörner im Grase rauschten. Etwa zehn Minuten später sah der Landjäger, als er sich von einer ändern Seite dem Hause näherte, den Zwygart schussbereit mit einer Doppelflinte stehen, deren einer Lauf noch mit einer scharfen Patrone geladen war, der rechte Abzug zeigte Spuren von Einkerbungen, geeignet, Schlingen zu Selbstschüssen anzubringen. Nach Beiziehung eines zweiten Landjägers wurde dann bei Zwygart Haussuchung gehalten und zwei Fuchsfelle und ein Hasenfell beschlagnahmt, die er in einem Nachbarhause versteckt hatte und erst nach langem Leugnen zum Vorschein brachte. Ferner fand sich noch eine zweite, einläufige, scharf geladene Flinte vor, ebenfalls mit Einkerbungen zum Anbringen von Selbstschüssen versehen.

Zwygart behauptete dem Landjäger gegenüber, er habe den einen Fuchs und den einen Hasen, deren Felle bei ihm be-

75 èchlagnahmt wurden, in der Nähe seines Hauses geschossen, den ändern Fuchs aber im Bau ausgeräuchert. Vor Gericht bestätigte er die letztere Angabe, und wollte er die ändern Tiere durch Selbstschüsse getötet haben, die er in seinem Eigentum gegen Füchse gerichtet habe, um seine Hühner vor diesen Räubern zu schützen.

Das Amtsgericht Erlach und die erste Stratkammer des Kantons Bern stellten in tatsächlicher Beziehung auf die gerichtlichen Geständnisse des Zwygart ab und erklärten ihn schuldig der Übertretung des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz, durch Legen von Selbstschüssen und unbefugtes Erlegen von Wild zur Nachtzeit. Die Appellationsinstanz verhängte eine Gesamtstrafe von Fr. 550 Busse, verbunden mit Kostenauflage.

Nunmehr ersucht Zwygart um Begnadigung, indem er behauptet, er sei sich der Strafbarkeit seiner Handlungen nicht bewusst gewesen und habe geglaubt, sich auf seinem Grundeigentum in der geschehenen Weise gegen die Schädigung durch Füchse schützen zu dürfen. Er sei auch nicht in der Lage, die hohe Busse zu bezahlen, und müsste geradezu den Verlust seines mit grossen Entbehrungen erworbenen Heimwesens riskieren.

Aus der Sachdarstellung des verzeigenden Landjägers und den Ergebnissen der gerichtlichen Untersuchung geht indessen hervor, dass Zwygart ein gefährlicher Wilderer ist, der die ihm auferlegte Strafe voll und ganz verdient hat.

A n t r a g : Es sei das Begnadigungsgesuch des Johann Zwygart abzuweisen.

13. Gottfried Kissling, Giessereiarbeiter in Härkingen, Kanton Solothurn.

(Übertretung des Jagdgesetzes.)

Das Amtsgericht von Balsthal hat am 22. März 1915 den Gottfried Kissling schuldig befunden, im Januar 1915 eine Anzahl von Drahtschlingen zum Einfangen von Wild im Erlenwald in der benachbarten Gemeinde Neuendorf angebracht zu haben, und ihn dafür in Anwendung von Art. 21, Ziffer 2, des Bundesgesetzes betreffend Jagd und Vogelschutz zu einer Busse von F . 300 verurteilt.

Kissling bittet um Erlass dieser Strafe durch Begnadigung.

Er hat von Anfang an jede Schuld bestritten und gibt heute

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noch zur Begründung seines Gesuches an, dass er die Drahtschlingen nicht gelegt habe.

Die Schuldfrage ist durch das Gericht endgültig entschieden worden und die Begnadigungsinstanz daher nicht zuständig, die Behauptung des Gesuchstellers, er sei zu Unrecht verurteilt worden, zu berücksichtigen. Den finanziellen Verhältnissen Kisslings ist' dadurch, dass das Gericht auf das Mindestmass der im Gesetze vorgesehenen Strafe erkannt hat, bereits in genügender Weise Rechnung getragen worden; weiterzugehen, liegt angesichts der durchaus spärlichen diesbezüglichen Angaben des Gesuches keine Veranlassung vor.

A n t r a g : Das Begnadigungsgesuch des Gottfried Kissling sei abzuweisen.

14. Adolf Mischler, Christians, geb. 21. Dezember 1896, von Rüschegg, Landarbeiter in Jolimont, Gemeinde Saulcy, Bezirk Delémont.

(Übertretung des Jagdgesetzes.)

Am 8. Dezember 1914 beobachteten zwei bernische Landjäger den Adolf Mischler, als er in einer Hecke in der Nähe der Ferme de Jolimont, die von seinem Vater beworben wird, eine Falle richtete, offenbar in der Absicht, damit Wild einzufangen. Er befand sich dabei an einer Stelle, wo Wild zu wechseln pflegt, und die Falle war nach der Beschreibung, ' welche die Landjäger geben, sehr geeignet, um Wild irgendwelcher Art oder auch Hunde zu töten, die sich ihr näherten.

Vor dem Polizeirichter von Delémont bestritt Adolf Mischler die Richtigkeit der gegen ihn gemachten Vorzeigung, trotzdem die beiden Landjäger auf den Angaben beharrten und Teile der schweren Falle dem Richter vorlegten. Die Schuldfrage wurde bejaht und der Verzeigte verurteilt zu Fr. 150 Busse, bei Unerhältlichkeit umgewandelt in 30 Tage Gefängnis, und zur Tragung der Kosten.

Nunmehr ersucht der Vater Mischler namens seines minderjährigen Sohnes um gänzlichen oder teilweisen Erlass der Busse durch Begnadigung. Er bringt vor, weder er noch sein Sohn seien in der Lage, die hohe Busse zu bezahlen, und die Erstehung der eventuellen Freiheitsstrafe wäre zu hart mit Rücksicht auf das Alter des Fehlbaren und den Charakter der begangenen Übertretung.

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Die in Frage kommende Übertretung ist durch Art. 21, Ziffer 3, des Bundesgesetzes mit Busse von Fr. 100 bis Fr. 400 bedroht. Die vom Richter verhängte Strafe entspricht deshalb den Verumständuogen des Falles bei Berücksichtigung der besondern Gefährlichkeit des angewendeten Instrumentes und des frechen Leugnens des Beschuldigten, der nicht mehr in so jugendlichem Alter steht, dass er deswegen besondere Milde verdienen würde.

A n t r a g : Es sei das Begnadigungsgesuch des Adolf Mischler abzuweisen.

15. Emil Bretscher, Betriebschef der Elektrizitätsgesellschaft Zofingen, wohnhaft in Zofingen, geb. 1870, und Arthur Bretscher, Sohn, Elektrikerlehrling, in Zofingen, geb.

1897.

(Übertretung des Bundesgesetzes betreffend Jagd und Vogelschutz.)

Durch Urteil des Obergerichtes des Kantons Aargau, Abteilung Strafsachen, vom 17. März 1915, wurde Emil Bretscher schuldig erklärt der Übertretung des Bundesgesetzes betreffend Jagd und Vogelschutz und verurteilt zu Fr. 50 Busse und Entzug der Jagdberechtigung für die Dauer von drei Jahren von der Rechtskraft des Urteils an gerechnet; Arthur Bretscher, Sohn, der Begünstigung der von seinem Vater begangenen Übertretung unter Auflegung einer Busse von Fr. 10, im Falle der Nichtzahlung umgewandelt in zwei Tage Freiheitsstrafe. Dabei wurden die Gerichtskosten den Verurteilten je zur Hälfte aufgelegt unter solidarischer Haft für das Ganze.

Der unbestrittene Tatbestand, der diesem Urteil zu Grunde liegt, besteht darin, dass der Vater Emil Bretscher während geschlossener Jagdzeit am 6. und 13. Juli 1914 auf Gebiet der Gemeinde Staffelbach (Kt. Aargau) Wildtauben schoss, und dass der Sohn Bretscher mit Jagdhunden die getöteten Vögel aufsuchte. Der Richter wendete bei Ausmessung der Strafe gegenüber dem Vater Bretscher die Bestimmung von Art. 21, Ziffer 5, litt, a, des Buudesgesetzes an, indem er dabei den Umstand, dass der Fehlbare sich im Rückfall befand, gemäss Art. 23, Art. 2 daselbst durch Entzug der Jagdberechtigung auf die Dauer des gesetzlichen Mindestmasses würdigte. Emil Bretscher wurde nämlich im Jahre 1912 vom Obergerichte des Kantons Luzern wegen

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Vergehen gegen das Jagdgesetz (Dressur von Hunden im Banngebiet) mit Fr. 100 Busse bestraft. Bei dem Sohne Breischer erfolgte die Strafausmessung wegen Begünstigung gemäss den Vor-1 Schriften des Art. 24 des Bundesstrafrechtes vom 4. Februar 1853.

Laut Bescheinigung der Gerichtskanzlei Zofingen hat der Vater Bretscher die ihm aufgelegte Busse und sämtliche Gerichtskosten bezahlt. Dagegen wird ein Begnadigungsgesuch gestellt in dem Sinne, dass dem Vater Bretscher gegenüber der Entzug der Jagdberechtigung und dem Sohne gegenüber die Busse von Fr. 10 erlassen werden möchte. Zur Begründung dieses Gesuches wird vorgebracht: a. Bezüglich des Vaters Bretscher: Derselbe sei Jagdpächter und habe für den Abschuss von Wildtauben um Bewilligung von der Finanzdirektion des Kantons Aargau nachgesucht, die ihm mit dem bei den Akten liegenden Schreiben vom 15. Juli 1014 für seine Jagdreviere Attelwil und Reidnau erteilt worden sei. Was das Revier Staffelbach anbetrifft, so behauptet Emil Bretscher, er habe von den Inhabern desselben die Erlaubnis gehabt, geschossene Wildtauben dort abzuholen. Im weitern bringt Bretscher vor, er beschäftigte sich mit grossem Erfolg und mit Anerkennung durch die Fachkreise mit der Dressur von Jagdhunden, und es würde diese auch für die Allgemeinheit nützliche Tätigkeit ihm durch längeren Entzug der Jagdberechtigung verunmöglicht.

6. Bezüglich des Sohnes Bretscher : Die Bestrafung wegen Begünstigung einer Übertretung sei juristisch anfechtbar. Im vorliegenden Falle aber hätte dieselbe auch deswegen nicht stattfinden sollen, weil der kaum ins strafmündige Alter eingetretene Sohn Bretscher lediglich eine Anordnung seines Vaters vollzogen habe, von der er nicht habe wissen können, dass sie gesetzwidrig sei.

Der Staatsanwalt des Kantons Aargau hatte bei Überweisung der Sache an das kantonale Obergericht den Antrag gestellt, dass dem Vater Bretscher zwar die Jagdberechtigung entzogen, dagegen unter Berücksichtigung der Geringfügigkeit des Deliktes eine Empfehlung der Begnadigung ins Urteil aufgenommen werde.

Das Gericht ist diesem Antrage nicht gefolgt. Das schweizerische Oberforstinspektorat erklärt nach Einsicht der Akten, dass nach seiner Ansicht keine Veranlassung vorliege, dem Begnadigungsgesuche zu entsprechen, da eine Übertretung des Jagdgesetzes

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unzweifelhaft begangen worden sei und die ausgesprochene Strafe wegen der Rückfälligkeit des verurteilten Vaters Bretscher einer positiven Gesetzesvorschrift entspreche.

Was das Gesuch des Sohnes Bretscher anbetrifft, so ist auf dasselbe nicht einzutreten, weil die Begnadigungsinstanz die Richtigkeit der angezweifelten Gesetzesanwendung nicht zu überprüfen hat, und auch wegen der Geringfügigkeit der in Frage stehenden Busse. Der dem Vater Bretscher aufgelegte Entzug der Jagdberechtigung aber entspricht nicht nur dem Wortlaute des Gesetzes, sondern ist auch in dessen Tendenz durchaus begründet und es kann auf die Eigenschaft des Verurteilten als Dresseur von Jagdhunden umsoweniger zu seinen Gunsten Rücksicht genommen werden, als die Vorstrafe im Kanton Luzern gerade wegen Übertretung des Jagdgesetzes bei der Dressur von Hunden, ausgesprochen wurde.

A n t r a g : Es sei das Begnadigungsgesuch des Vaters und des Sohnes Bretscher abzuweisen.

16. Josef Meier, Knecht in Meisterswil bei Hünenberg (Kt. Zug).

(Übertretung des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz.)

Josef Meier hat im Dezember 1914 drei Stück Wildenten, die sein Mitknecht Alois Männer, ohne im Besitze einer Jagdberechtigung zu sein, geschossen und ihm unentgeltlich überlassen hatte, urn je Fr. l an den Wirt Hägi in Perlen verkauft, in Kenntnis der Tatsache, dass es sich um gefreveltes Wild handelte.

Die Finanzdirektion des Kantons Zug belegte ihn hierfür am 2. Juli 1915 in Anwendung des Art. 21, Ziffer 5, litt, d, des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz mit einer Busse von Fr. 40. Meier stellte darauf an den Regierungsrat des Kantons Zug das Gesuch um gänzlichen oder teilweisen Erlass der Busse mit der Begründung, er sei sich einer strafbaren Handlung nicht bewusst gewesen und habe die Enten nur aus dem Grunde genommen, weil Männer sie vergraben wollte ; die Mittel zur Bezahlung der Busse habe er nicht, und man möge mit Rücksicht auf seine zahlreiche Familie ein Einsehen haben. Der Regierungsrat des Kantons Zug erklärte sich zur Behandlung dieses Gesuches nicht zuständig, es Meier überlassend, ein Begnadigungsgesuch an die Bundesversammlung zu richten, was dieser nun unter Wiederholung der oben genannten Gründe tut.

80 Die Finanzdirektion des Kantons Zug hat sich zum Gesuche Meiers an den Regierungsrat geäussert und Abweisung beantragt.

Sie wies darauf hin, dass Meier in seiner ersten Einvernahme die ihm zur Last gelegte Handlungsweise schlechtweg ableugnete und erst im weitern Verhör, nachdem er überwiesen war, eingestand, und dass ferner die Finanzdirektion bei der Bussausfällung das Mindestmass der gesetzlich vorgesehenen Strafe angewendet habe.

A n t r a g : Josef Meier sei mit seinem Begnadigungsgesuche abzuweisen.

17. Johann Ulrich Harrisberger. Maurer in Sumiswald.

(Übertretung des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz.)

Im Amtsanzeiger von Trachselwald Nr. 46, vom 16. November 1912, Hess der Gemeinderat von Sumiswald folgende Publikation erscheinen : ,,Für den Abschuss von Krähen wird ein Schussgeld von 30 Rp. per Stück durch die Mitglieder des Gemeinderates entrichtet."

Auf erfolgte Reklamationen hin wurde dieses Recht durch Gemeinderatsbeschluss vom Januar 1913 in der Weise beschränkt, dass es nur auf eigenem Grund und Boden ausgeübt werden könne. Die Gemeinderatsmitglieder, welche die Abschussgebühren auszurichten hatten, sollten hiervon dea Überbringern von Krähenköpfen Mitteilung machen; eine diesbezügliche Publikation erfolgte nicht.

Am 8. Februar 1915 übergab Harrisberger der Ortspolizei von Sumiswald zwölf von ihm erlegte Krähen und verlangte das entsprechende Schussgeld, das er auch erhielt. Da er jedoch nicht Grundeigentümer war und auch nicht im Auftrage eines solchen gehandelt hatte, wurde er verzeigt und vom Polizeirichter von Trachselwald in Anwendung des Art. 21, Ziffer 5, litt, a, des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz zu Fr. 40 Busse verurteilt.

Harrisberger bittet um gnadenweisen Erlass der Busse mit der Begründung, er habe sich im Vertrauen auf die Publikation des Gemeinderates zum Abschuss der Krähen berechtigt geglaubt und habe von der nachträglichen Beschränkung der Erlaubnis keine Kenntnis gehabt.

81 Das Gesuch wird vom Gemeinderat von Sumiswald zur Berücksichtigung empfohlen, desgleichen vom Regierungsstatthalter von Trachselwald, der Herabsetzung der Busse auf Fr. 10 beantragt.

Die Untersuchung hat keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme ergeben, dass dem Gesuchsteller die nachträgliche Einschränkung der Abschussbewilligung bekannt gewesen sei. Vielmehr steht fest, dass die Ortspolizeibehörde von Sumiswald ihm das Schussgeld bezahlte, obschon ihr bekannt war, dass er die Krähen auf fremdem Boden erlegt haben musste, was darauf schliessen lässt, dass die einschränkende Vorschrift jedenfalls nicht strenge gehandhabt wurde.

Unter diesen Umständen ist am guten Glauben des Gesuchstellers nicht zu .zweifeln und erscheint deshalb ein teil weiser Erlass der Strafe im Sinne des Antrages des Regierungsstatthalters von Trachselwald als angemessen.

A n t r a g : Es sei die dem Johann Harrisberger auferlegte Busse von Fr. 40 auf Fr. 10 herabzusetzen.

18. Frau Elise Fllickiger, geb. Lanz, in Obergrasswil, Kanton Bern.

(Übertretung des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz.)

Elise Flückiger fand Montag den 14. Juni 1915 im sogenannten Grossholz, bei Grasswil, beim Beerensuchen ein brütendes Rebhuhn, das sie nach Hause trug. Dort angelangt, erklärte ihr Ehemann, das Einfangen dieses Tieres sei nicht erlaubt, worauf das Rebhuhn unverzüglich in Freiheit gesetzt wurde.

Auf erstattete Anzeige hin verurteilte der Polizeirichter von Wangen Elise Flückiger in Anwendung von Art. 21, Ziffer 5, lit. a, des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz zu Fr. 40 Busse. Sie kommt nun um gänzlichen oder teilweisen Erlass der Strafe ein und behauptet, den Vogel nicht gekannt nnd aus Gesetzesunkenntnis gehandelt zu haben; sie könne die Busse ohne Beschränkung ihres Lebensunterhaltes nicht bezahlen. Der Gemeinderat von Seeberg, der Regierungsstatthalter von Wangen und der urteilende Richter empfehlen das Gesuch zur Berücksichtigung.

Unter diesen Umständen kann der Gesuchstellerin, namentlich auch mit Rücksicht darauf, dass sie das Tier sofort nach Bundesblatt. 67. Jahrg. Bd. IV.

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Erkenntnis der Rechtswidrigkeit ihrer Tat wieder frei liess, die Busse erlassen werden.

A n t r a g : Es sei die der Elise Flückiger auferlegte Busse zu erlassen.

19. Arthur Karlsberg, von Pforzheim, geb. 1900, Gärtner in Neu-Reinach, Baselland.

(Übertretung des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz.)

Die Überweisungsbehörde in Strafsachen des Kantons Baselland belegte mit bedingtem Strafbefehl vom 3./l7. August 1915 den Arthur Karlsberg wegen Jagens am Sonntag und Töten geschützter Vogelarten mit einer Busse von Fr. 60.

Der Gebüsste hat auf gerichtliche Beurteilung verzichtet; er gibt zu, Werktags wie Sonntags auf Sperlinge geschossen zu haben, behauptet aber, das Verbot der Sonntagsjagd sei ihm nicht bekannt gewesen. Er bestreitet auch, auf geschützte Vogelarten geschossen zu haben. Gestützt darauf, hat er ein Begnadigungsgesuch eingereicht, in welchem insbesondere noch hervorgehoben wird, dass die Bezahlung der Busse für den in bescheidenen Verhältnissen lebenden Vater des Bestraften eine sehr schwere Belastung bedeuten würde.

Die Begnadigungsinstanz kann die Feststellungen des Richters hinsichtlich des Beweisergebnisses, sowie der Frage, ob der Angeschuldigte, welcher das sechszehnte Altersjahr noch nicht zurückgelegt hat, die zur Unterscheidung der Strafbarkeit seiner Handlung erforderliche Urteilskraft besass, nicht nachprüfen; sie ist an diese Feststellungen gebunden.

Das jugendliche Alter des Angeschuldigten indessen und die Geringfügigkeit der Übertretung rechtfertigen eine milde Beurteilung und empfiehlt es sich unter diesen Umständen gemäss Art. 23, Ziffer 3, des Bundesgesetzes unter das gesetzliche Mindestmass zu gehen und dem Gesuchsteller die Hälfte der Busse zu erlassen.

A n t r a g : Es sei die dem Arthur Karlsberg auferlegte Busse auf Fr. 30 zu ermässigen.

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20. Charles Briand, von Reverolles, wohnhaft in Lavigny, Kanton Waadt.

(Übertretung des Jagdgesetzes.)

Charles Briand wurde Ende des Monates März 1914 verzeigt, weil er einige Zeit vorher im Walde von ,,Chaney" hinter Villars sur Yens einen, durch metallene Schlingen gefangenen Fuchs behändigt und verkauft hatte. Wer die Schlingen gelegt, konnte nicht festgestellt werden, -- trotzdem Briand bestritt, es selbst getan zu haben, verurteilte ihn der Präfekt von Morges wegen Jagens und Einfangens eines Fuchses mit metallenen Schlingen zu einer Busse von Fr. 300 (Art. 21, Ziffer 2, des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz).

Briand hat sich diesem Urteil unterzogen und nachdem die Busse in Gefängnis umgewandelt worden war, einige Tage abgesessen, -- er wurde indessen von den kantonalen Behörden provisorisch entlassen mit Rücksicht auf seine ärmlichen Verhältnisse und seine acht im Alter von einigen Monaten bis zehn Jahren stehenden Kinder. Er wendet sich nunmehr mit dem Gesuche um Begnadigung an die Bundesversammlung und vom Syndic der Gemeinde Lavigny und dem Präfekten von Morges wird die Ermässigung der Busse auf Fr. 100 warm empfohlen.

Die Familienverhältnisse des Gesuchstellers sind so prekäre, dass es sich rechtfertigt, durch Herabsetzung der Busse die Dauer der entsprechenden Freiheitsstrafe zu mildern. Immerhin dürfte es richtig sein, dabei nicht unter die Hälfte des gesetzlichen Mindestmasses herunterzugehen.

A n t r a g : Es sei die dem Charles Briand aufgelegte Busse auf Fr. 150 zu ermässigen.

21. Fritz Hostettler, Ausläufer, geb. 1892 und Otto Hostettler, Ausläufer, geb. 1896, beide wohnhaft in Biel.

(Bundesgesetz betreffend die Fischerei.)

Wegen Fischfanges an einer als Schongebiet bezeichneten Stelle des Bielersees bei der Einmündung der Schüss, im April 1915, verurteilte der Polizeirichter von Nidau Fritz und Otto Hostettler in Anwendung von Art. 3 und 31 des Bundesgesetzes betreffend die Fischerei je zu einer Polizeibusse von Fr. 5.

Die Bestraften ersuchen um Erlass der Busse mit der Begründung, sie hätten das Verbot zu fischen nicht gekannt und

84 könnten, weil arbeits- und mittellos, die Busse unmöglich bezahlen.

Diesem Gesuch kann nicht entsprochen werden, und zwar, ganz abgesehen davon, dass die Anbringen der Gesuchsteller nicht glaubwürdig erscheinen, schon deshalb, weil die ausgesprochene Strafe den Charakter einer geringfügigen Ordnungsbusse trägt.

A n t r a g : Das Begnadigungsgesuch der Fritz und Otto Hostettler sei abzuweisen.

22. Felix Boutou, Direktor der Papierfabrik in Courtelary, Kanton Bern.

(Übertretung des Fischereigesetzes.)

Felix Boutou ist durch Urteil der I. Strafkammer des bernischen Obergerichts vom 28. April 1915 wegen chemischer Verunreinigung der Suze durch Abwasser aus der Papierfabrik in Courtelary und der damit verbundenen Schädigung des Fischbestandes zu Fr. 800 Busse verurteilt worden. Er reicht nun ein Begnadigungsgesuch ein und bittet um Erlass der Busse mit der Begründung, die Papierfabrik habe ihr Möglichstes getan, um die Verunreinigung des Flusses durch ihre Fabrikabgänge zu verhindern ; sie habe umfangreiche Klärungsanlageu erstellen lassen, deren dreimalige Reinigung im Jahr eine Auslage von Fr. 3000 bis Fr. 3600 bedeute; sie habe sich auch bereit erklärt zu einer gründlichen Beseitigung der bestehenden Übelstände in Verbindung mit den staatlichen Organen Hand zu bieten. Mehr könne von ihr nicht verlangt werden und sie sei daher für die ihr zur Last gelegte Schädigung des Fischbestandes nicht verantwortlich.

Die kantonale Forstdirektion hält die Abweisung des Gesuches für gerechtfertigt. Sie führt aus, dass schon seit dem Jahre 1900 immer wieder Klagen gegen die Papierfabrik von Courtelary laut geworden sind, dass Unterhandlungen um sie zur Anbringung verbesserter Ableitungs- und Klärungsvorrichtungen zu veranlassen, am bösen "Willen der Fabrikleitung gescheitert sind, so dass ein strafgerichtliches Vorgehen schliesslich nicht mehr vermieden werden konnte. Sie weist endlich darauf hin, dass erfahrungsgemäss solche Fabriken sich meistens erst dann zur Verbesserung der Installationen entschliessen, wenn sie einsehen, dass die Höhe der Bussen und Entschädigungssummen, die sie bezahlen müssen, den Kosten der erforderlichen Umbauten

85 gleichkomme und dass infolgedessen die Abweisung des Begnadigungsgesuches dringend wünschbar sei.

Der schweizerische Oberforstinspektor schliesst sich der Auffassung der kantonalen Behörde in allen Teilen an und hebt hervor, dass gegen die zunehmende Verschmutzung der öffentlichen Gewässer im Interesse der Fischereiwirtschaft mit aller Schärfe eingesehritten werden müsse, dass deshalb ein auch nur teilweiser Erlass der im Verhältnis zum angerichteten Schaden keineswegs zu hohen Busse eine übelangebrachte Milde wäre, deren nachteilige Folgen nicht ausbleiben würden.

Gestützt auf die Ausführungen dieser Behörden, denen beizupflichten ist, empfiehlt es sich, das Gesuch abzuweisen.

A n t r a g : Felix Boutou sei mit seinem Begnadigungsgesuche abzuweisen.

23. Christian Rubin, Maschinenarbeiter in Unterseen (Kt. Bern).

(Übertretung des Fischereigesetzes.)

Der Polizeirichter von Thun verurteilte am 3. Mai 1915 Christian Rubin wegen Fischens mit einem Grundnetz im Thunersee, im Schongebiet bei Weissenau, zu einer Busse von Fr. 20.

Rubin bittet um gänzlichen oder doch teilweisen Erlass der Busse, die er wegen seiner überaus ärmlichen Verhältnisse und zahlreichen Familie unmöglich bezahlen könne. Er verdiene einen Stundenlohn von nur 45 Rp. und müsse für den Unterhalt von dreizehn Kindern sorgen, wovon erst zwei der Schule entwachsen, fünf schulpflichtig seien und sechs die Schule noch nicht besuchen. Der Gemeinderat von Unterseen bescheinigt die Richtigkeit der Angaben Rubins, schildert ihn als soliden und fleissigen Arbeiter, der sich alle Mühe gibt, seine Familie ohne fremde Hülfe zu erhalten, und empfiehlt das Gesuch zur Berücksichtigung in vollem Umfange.

Unter diesen Umständen, und mit Rücksicht darauf, dass der Gesuchsteller seine Handlung sofort eingestanden und 'das ihm eröffnete Eventualurteil ohne weiteres angenommen hat, rechtfertigt sich ein teilweiser Erlass der Strafe.

A n t r a g : Es sei die dem Christian'Rubin auferlegte Busse auf Fr. 10 zu ermässigen.

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24. Alfred Laubacher, geb. 1893, Küfer In Walchwil (Kt. Zug).

(Übertretung des Fischereigesetzes.)

Durch Urteil des Bezirksgerichtes Muri vom 7. Juni 1915 wurde Alfred Laubacher schuldig erklärt der Übertretung des Bundesgesetzes betreffend die Fischerei und verurteilt zu Fr. 50 Busse und den Kosten, zugleich aber zur teilweisen Begnadigung empfohlen.

Diesem Urteil liegt die von Laubacher zugestandene Tatsache zugrunde, dass er am 1. Mai 1915 bei der Reinigung des sogenannten Brunnbaches in Muri-Hasli (Kanton Aargau) durch Entfernen der Schleusen und Verstopfen des Einlaufes den Fischweiher des Fischzüchters Hartmann teilweise trocken legte, wodurch zirka 200 Forellen umkamen.

Der Verurteilte ersucht um vollständigen Erlass der Busse durch Begnadigung mit der Begründung, er habe eine Schädigung des Fischbestandes in keiner Weise beabsichtigt, sondern lediglich aus Unbedachtsamkeit gehandelt. Auch das urteilende Gericht hat angenommen, dass bei dem Angeschuldigten nicht böser Wille, sondern mehr Unkenntnis der Tragweite seiner Handlungsweise vorlag, und hat daher das Mindestmass der gesetzlichen Strafe zur Anwendung gebracht. Damit ist den gegebenen Umständen in angemessener Weise Rechnung getragen worden ; es liegt eine ganz grobe Nachlässigkeit vor; denn bei Anwendung geringster Aufmerksamkeit hätte der Gesuchsteller einsehen müssen, dass durch sein Vorgehen der fragliche Weiher trockengelegt, und damit der Fischbestand gefährdet würde. Gleichgültigkeit und Bequemlichkeit waren offenbar der Grund zum gesetzwidrigen Vorgehen, das daher auch Strafe verdient.

A n t r a g : Alfred Laubacher sei mit seinem Begnadigungsgesuch abzuweisen.

ö 25. Achille Tièche, Landwirt in Movelier (Kanton Bern).

(Übertretung des Forstgesetzes.)

, Im November 1914 stellte Achille Tièche bei der Forstdirektion des Kantons Bern das Gesuch um Erteilung von Bewilligung für einen Holxschlag, den er in seinem Walde, genannt ,,En Bêchetc, in Movelier vornehmen wollte. Ein Forstbeamter begab sich an Ort und Stelle und zeichnete das Holz, welches gefällt werden durfte, machte aber dabei Tièche nicht darauf aufmerksam, dass der Holzschlag erst nachdem die schriftliche

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Bewilligung eingelangt sei, vorgenommen werden dürfe. Ohne das Einlangen einer solchen Bewilligung abzuwarten, fällte Tieche 75 Ster Holz, 50 Festmeter ausmachend, und wurde dafür vom Polizeirichter von Delsberg am 28. April 1915 wegen Übertretung des Bundesgesetzes vom 11. Oktober 1902 zu Fr. 100 Busse., dem gesetzlichen Mindestmass, verurteilt.

Tièche ersucht um Erlass der Busse, die zu zahlen ihm ausserordentlich schwer fallen würde, und beruft sich daraufs dass er im guten Glauben gehandelt habe, die Erteilung der Bewilligung sei, nachdem der Forstbeamte die Zeichnung vorgenommen, nur noch eine Formsache, von der die Berechtigung zum Holzschlag nicht abhängig sei.

Der Regierungsstatthalter von Delsberg beantragt teilweisen Erlass der Busse, und die Forstdirektion des Kantons Bern empfiehlt, gestützt auf Nachfragen bei den zuständigen Forstbeamten, dem Gesuch zu entsprechen.

Da Achille Tièche unzweifelhaft aus Unkenntnis der bestehenden Vorschriften die Übertretung begangen hat, so rechtfertigt es sich, dem Antrag der kantonalen Forstdirektion gemäss zu entscheiden.

A n t r a g : Es sei die dem Achille Tièche auferlegte Busse in Gnaden zu erlassen.

26. Jules Salgat, Landwirt in Movelier (Kanton Bern).

(Übertretung des Forstgesetzes.)

Der Polizeirichter von Delsberg verurteilte am 28. April 1915 Jules Salgat wegen unbewilligtem Schlagen von 30 Festmeter Tannenholz im Walde, genannt ,,La Gotte'1, in Movelier zu Fr. 60 Busse.

Salgat bittet um Erlass dieser Busse durch Begnadigung mit der Begründung, er habe ein Gesuch um Bewilligung eingereicht, sei dann aber vor ihrem Eintreffen durch dringende Schulden gezwungen worden, den Holzschlag vorzunehmen, wobei er sich darauf verlassen habe, dass die Bewilligung erteilt werde.

Der Regierungsstatthalter von Delsberg empfiehlt teilweisen Erlass der Busse, die Forstdirektion des Kantons Bern dagegen, auf Grund der von ihren Forstbeamfcen erhaltenen Auskünfte, Abweisung des Gesuches.

Den Erhebungen dieser Behörde zufolge hat Salgat mit Wissen gegen die gesetzlichen Bestimmungen gehandelt. Es ist in der Tat nicht anzunehmen, dass er sich zum Holzschlage berechtigt hielt, da er wissen musste, dass das zu fällende Holz vorher noch durch den zuständigen Forstbeamten bezeichnet werden musste.

Der Gesuchsteller kann somit einzig momentane finanzielle Bedrängnis zu seiner Entlastung anrufen, ein Umstand, dem bereits dadurch Rechnung getragen ist, dass der Richter das gesetzliche Mindestmass zur Anwendung brachte ; den gnadenweisen Brlass der Busse rechtfertigt er aber nicht.

A n t r a g : Das Begnadigungsgesuch des Jules Salgat sei abzuweisen.

27. Peter Feuz, Landwirt in Lauterbrunnen (Kanton Bern).

(Übertretung des Forstgesetzcs.)

Der Polizeirichter von Interlaken verurteilte am 16. Juli 1913 Peter Feuz wegen Holzschlages ohne Bewilligung, bzw.

Überschreitung erteilter Holzschlagsbewilligung, zu Fr. 245 (49 mal Fr. 5) Busse.

Der Verurteilte stellt ein Gesuch um Erlass dieser Busse auf dem Begnadigungswege, zu dessen Begründung er sich auf seine Vermögens- und Verdienstlosigkeit und ausserdem noch darauf beruft, dass er aus dem Verkauf des geschlagenen minderwertigen Holzes einen ganz kümmerlichen Erlös gezogen hat.

Die Forstdirektion des Kantons Bern beantragt Herabsetzung der Busse auf Fr. 98. Sie berücksichtigt dabei, dass Feuz anfänglich die gesetzlichen Vorschriften durch Einholung der Bewilligung einzuhalten suchte und erst bei Ausführung des Schlages sich verleiten liess, das bewilligte Maas zu überschreiten ; dass er offenbar durch die allgemeine Verdienstlosigkeit im Oberland gezwungen wurde, sich durch einen Holzverkauf die nötigen finanziellen Mittel zu verschaffen, und dass es sich infolgedessen rechtfertige, die Busse auf das gesetzliche Mindestmass, 2 Fr.

für jeden Festmeter, herabzusetzen.

Dem Vorschlage der kantonalen Behörde kann aus den von ihr genannten Gründen beigestimmt werden.

A n t r a g : Es sei die dem Peter Feuz auferlegte Busse auf Fr. 98 herabzusetzen.

28. Frau Luise Muff, geb. Kühn, Hausfrau, in Wettingen, Kanton Aargau.

(Übertretung des Lebensmittelpolizeigesetzes).

Das Bezirksgericht Baden verurteilte am 8. Juni 1915 Luise Muff wegen Hausierens mit Wurstwaren in Anwendung von Art. 41 des Bundesgesetzes betreffend den Verkehr niit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen und Art. 23 und 62 der Verordnung vom 29. Januar 1909 betreffend das Schlachten, die Fleischschau und den Verkehr mit Fleisch und Fleischwaren zu einer Busse von Fr. 5.

Luise Muff kommt um gnadenweisen Erlass der Busse ein mit der Begründung, sie habe das Verbot des Hausierens mit Wurstwaren nicht gekannt; sie beruft sich ausserdem noch auf ihre vollständige Mittellosigkeit.

Das urteilende Gericht hat bereits die Tatsache berücksichtigt, dass die Gesuchstellerin in Unkenntnis der Strafbarkeit ihres Gebahrens und aus Not gehandelt hat, und sich daher veranlasst gesehen, eine ganz geringfügige Strafe zu verhängen, die den Charakter einer blossen Ordnungsbusse an sich trägt. Diese zu erlassen, liegen keine hinreichende Gründe vor.

A n t r a g : Luise Muff sei mit ihrem Begnadigungsgesuche abzuweisen.

29. Gottfried Binggeli, Handlanger, Gerbergasse 8, Bern.

(Übertretung des Lebensmittelpolizeigesetzes.)

Gottfried Binggeli hat im November 1914, als er als Aushülfe in den Schlachthofanlagen auf dem Wyler in Bern angestellt war, aus dem Konfiskationskessel des städtischen Schlachthauses ein 5--6 kg schweres Stück krebskrankes Schweinefleisch entwendet. Auf erstattete Anzeige hin wurde Binggeli aus seiner Stellung entlassen und vom Polizeirichter von Bern am 26. Mai 1915, in Anwendung von Art. 29 des Bundesgesetzes betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, zu Fr. 50 Busse verurteilt.

Binggeli ersucht um Erlass der Strafe durch Begnadigung und gibt an, durch Arbeitslosigkeit derart finanziell in Rückstand gekommen zu sein, dass ihm die Bezahlung der Busse unmöglich sei ; er geniesse einen unbescholtenen Leumund und sei sich nicht bewusst gewesen, unrecht zu handeln. Der städtische Polizei-

90 direkter beantragt Herabsetzung der Busse auf Fr. 10, gestützt auf den Bericht des Quartieraufsehers, der die Angaben des Gesuchstellers hinsichtlich seines Leumundes und seiner finanziellen Verhältnisse als richtig bezeichnet und ihn als nüchternen, arbeitsamen Mann schildert. Diesem Antrage schliesst sich der Regierungsstatthalter I von Bern aus den gleichen Gründen an und hebt insbesondere hervor, dass Binggeli durch die Entlassung aus seiner Stellung schon empfindlich gestraft ist.

Ein teilweiser Erlass der Strafe erscheint unter den gegebenen Umständen als gerechtfertigt und die Herabsetzung der Busse auf Fr. 10 mit Rücksicht darauf, dass keine Gewinnabsicht vorlag und sich der Fall überhaupt als geringfügig charakterisiert, als angemessen.

A n t r a g : Es sei die dem Gottfr. Binggeli auferlegte Busse von Fr. 50 auf Fr. 10 herabzusetzen.

30. Christian Gerber, geb. 1845, gew. Wasenmeister, in Bärau zu Langnau, Kanton Bern.

(Übertretung der Lebensmittelpolizeivorschriften.)

Christian Gerber hat in der Zeit vom 5. August bis 5. Sep^ tember 1914, während er im Auftrage seines Sohnes dessen Funktionen als Wasenmeister stellvertretungsweise besorgte, zu zwei verschiedenen Malen von Pferden, die ihm von der Pferdekuranstalt zum Verscharren übergeben worden waren, Fleisch behändigt und mit seiner Familie verspeist, auch zugelassen dass beim Verscharren behülfliche Personen solches Fleisch an sich nahmen und zum Hausgebrauch verwendeten, obschon es von den Organen der Pferdekuranstalt ungeniessbar erklärt worden war. Der korrektioneile Einzelrichter von Signau verurteilte ihn hiefür am 6. Mai 1915 wegen Widerhandlung gegen die Lebensmittelpolizeivorschriften zu vier Tagen Gefängnis.

Gerber reicht nun ein Begnadigungsgesuch ein und bittet unter Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses und einer Armutsbescheinigung der Armenbehörde Langnau um Erlass der Strafe mit der Begründung, er sei sich der Bedeutung seiner Handlungsweise nicht bewusst gewesen und habe keinerlei gewinnsüchtige Absicht verfolgt ; auch habe der Genuss des Fleisches für niemand nachteilige Folgen gehabt. Schliesslich weist er darauf hin, dass er, ein alter gebrechlicher Mann, die Gefängnisstrafe nicht ohne

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bleibenden Schaden verbüssen würde. Der Regierungsstatthalter von Langnau empfiehlt dieses Gesuch.

Der Gesuchsteller ist bis zum Jahre 1901 als Wasenmeister der Gemeinde Langnau tätig gewesen ; er kannte somit, als er im Sommer 1914 seinen Sohn vertrat, die Obliegenheiten, denen er nachzuleben hatte, genau, und war sich der Verantwortlichkeil seiner Stellung bewusst. Ferner kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass er mehrfach vorbestraft ist, worunter einmal zu einer Zuchthausstrafe und im Jahre 1907 zu Gefängnis und Busse wegen Widerhandlung gegen die Vorschriften über die Beseitigung abgestandener Tiere. Unter diesen Umständen ist eine Begnadigung nicht am Platze, um so weniger, als bereits der Richter in weitgehendster Weise allen Tatsachen Rechnung getragen hat, die für eine milde Bestrafung sprechen.

A n t r a g : Das Begnadigungsgesuch des Christian Gerber sei abzuweisen.

31. Albert Margot, Weinhandlung, rue Servette 34, Genf.

(Übertretung des Lebensmittelpolizeigesetzes.)

Albert Margot hat im Jahre 1914 in verschiedenen Tagesblättern der Schweiz, unter anderem auch in den Kantonen Aargau und Basel-Land, ein Inserat erscheinen lassen, in welchem er Präparate zur Herstellung von Kunstwein zum Kaufe anbot. Er wurde wegen Übertretung des Kunstweinverbotes von der Überweisungsbehörde des Kantons Basel-Land durch in Rechtskraft erwachsenen bedingten Strafbefehl vom 17./31. Oktober 1914 mit einer Busse von Fr. 30 und vom Bezirksgericht Aarau durch Urteil vom 28. November 1914 mit einer solchen von Fr. 200 belegt.

Der Gebüsste behauptet, zu Unrecht bestraft worden zu sein, weil der Verkauf von Präparaten zur Herstellung von Kunstwein für den Hausgebrauch überhaupt nicht strafbar sei und ferner weil er, entgegen der Vorschrift des Art. 51, Abs. 2 des Bundesgesetzes betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und Verbrauchsgegenständen, in drei verschiedenen Kantonen verfolgt und bestraft worden ist, obschon es sich um zusammenhängende Delikte handelte, die in einem und demselben Verfahren hätten beurteilt werden sollen. Gestützt darauf stellt Margot das Gesuch um gnadenweisen Erlass der Bussen, die er, da sein Tagesverdienst von Fr. 5 kaum für den Unterhalt seiner Familie ausreiche, nicht werde bezahlen können.

92 Auf die Anbringen rechtlicher Natur ist nicht einzutreten v weil die Begnadigungsinstanz die Richtigkeit der angezweifelten Gesetzesanwendung nicht zu überprüfen hat. Es stand Margot frei, sich dem bedingten Strafbefehl der Überweisungsbehörde des Kantons Basel-Land zu widersetzen und im gerichtlichen Verfahren seinen Standpunkt geltend zu machen; ebenso konnte er das Urteil des Bezirksgerichtes Aarau mit dem Rechtsmittel des Rekurses anfechten. Was aber die behauptete Armut anbetrifft, so sind keine Anhaltspunkte zur Annahme vorhanden, dassdie Vermögens- und Familienverhältnisse des Gesuchstellers eine Ermässigung der Bussen rechtfertigen würden, vielmehr liegt nach seinen eigenen Angaben Arbeitslosigkeit nicht vor und ist seine Familie nicht zahlreich.

A n t r a g : Albert Margot sei mit seinem Begnadigungsgesuche abzuweisen.

32. Secondo Prasso, Wirt, rue du Temple 35, Genf.

(Übertretung des Bundesgesetzes betreffend das Absinthverbot.)

Bei einer am 29. März 1915 in der Wirtschaft des Secondo Prasso vorgenommenen Haussuchung wurde festgestellt, dass er zahlreichen Kunden in der anliegenden Küche Absinth verabreichte. Sechs Flaschen dieses Getränkes wurden beschlagnahmt.

Auf erstattete Anzeige hin verurteilte am 10. Mai 1915 der Polizeirichter von Genf den Prasso in Anwendung der Art. l, 2 und 3 des Bundesgesetzes betreffend das Absinthverbot und Art. 42 bis 54 des Bundesgesetzes betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen zu acht Tagen Gefängnis und Fr. 100 Busse, wobei als Erschwerungsgrund in Berücksichtigung gezogen wurde, dass der Angeklagte bereits in den Jahren 1911, 1912 und 1913 bei Widerhandlungen gegen das Absinthverbot ertappt und am 1. Dezember 1913 wegen dieser Übertretung zu einer Busse von Fr. 80 verurteilt worden war. Das Urteil des Polizeirichters von Genf vorn 10. Mai 1915 wurde oberinstanzlich bestätigt.

Prasso hat die ihm auferlegte Busse von Fr. 100 bezahlt, bittet aber um Erlass der Gefängnisstrafe durch Begnadigung mit Rücksicht darauf, dass er sich verpflichtet habe, keinen Absinth mehr zu verkaufen und demnächst zum italienischen Kriegsdienst berufen werde.

93 Für die Beurteilung dieses Gesuches ist entscheidend, dass Prasso sich im Rückfall befindet, seit Jahren schon dem Absinthverbot zuwiderhandelt und daraus finanzielle Vorteile zieht, die ihn die auferlegten Bussen leicht tragen lassen. Eine Gefängnisstrafe ist unter diesen Umständen durchaus angemessen.

A n t r a g : Das Begnadigungsgesuch des Secondo Prasso sei abzuweisen.

33. Adolf Muffler-Schatzmann, Blauensteinerstrasse 18, Basel.

(Übertretung des Viehseuchenpolizeigesetzes.)

Adolf Muffler wurde wegen Laufenlassens seines Hundes ·ohne Maulkorb am 4. Mai 1915 vom Polizeigerichtspräsidenten ·des Kantons Baselstadt mit einer Busse von Fr. 10 bestraft. Er bittet um gnadenweisen Erlass dieser Strafe und macht geltend, Drittpersonen hätten ohne sein Wissen und Wollen den Hund auf die Strasse gelassen ; er fügt bei, dass er schon zweimal wegen des Militärdienstes seine Stelle verloren habe.

Wenn Muffler bestreiten wollte, für das Herumlaufen des Hundes verantwortlich zu sein, so konnte er gegen den Straftefehl Einsprache erheben, was er jedoch unterliess. Was im weitern die Höhe der Busse anbetrifft, so ist massgebend, dass die Übertretung zu einer Zeit begangen wurde, da in Basel wegen Ausbruchs von Wut der Hundebann verhängt worden war; sie fiel deshalb unter den Art. 36 des Bundesgesetzes über polizeiliche Massregeln gegen Viehseuchen, der eine Mindeststrafe von Fr. 10 androht, im Gegensatz zu den kantonalen Vorschriften über die Hundepolizei, die blosse Ordnungsbussen von Fr. l an vorsehen.

Die Verfügung des Polizeigerichtspräsidenten von Basel entspricht somit den tatsächlichen Verhältnissen.

A n t r a g : Ad. Muffler-Schatzmann sei mit seinem Begnadigungsgesuche abzuweisen.

34. Franz Joseph Blättler, Handelsmann in Fenkrieden (Kt. Aargau).

(Übertretung des Patenttaxengesetzes.)

Durch Urteil des Bezirksgerichtes Muri vom 28. September 1914 wurde Blättler wegen Übertretung des Patenttaxengesetzes ;zu einer Busse von Fr. 30 verurteilt, weil er seinen Angestellten ·Gottfried Limacher im Jahre 1914 mehrmals verschiedene Häuser

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in der Umgegend besuchen liess, um Bestellungen aufzunehmen, ohne dass ein Patent gelöst worden wäre.

Blättler bestreitet, sich einer strafbaren Handlung schuldig gemacht zu haben, und behauptet, dass seine Frau das Geschäft führe und Limacher beauftragt habe, auf die Reise zu gehen, dass aber ihm selbst von der Sache nichts bekannt gewesen sei und daher auch jede böse Absicht gefehlt habe. Gestützt darauf ersucht er um Erlass der Busse durch Begnadigung. Durch den Justizdirektor des Kantons Aargau zur Ansichtsäusserung veranlasst, hat das Bezirksgericht Muri einstimmig beschlossen, zu dem vorliegenden Begnadigungsgesuch nicht Stellung zu nehmen, eventuell für den Fall, dass demselben entsprochen würde, nur teilweise Begnadigung zu beantragen.

Die Feststellungen des urteilenden Gerichtes hinsichtlich der Schuldfrage sind für die Begnadigungsinstanz'massgebend, weshalb die Behauptung Blättlers, er sei zu Unrecht verurteilt worden, nicht berücksichtigt werden kann. Andere Gründe, die den Erlass der geringen Busse von Fr. 30 rechtfertigen würden, werden vom Gesuchsteller nicht geltend gemacht.

A n t r a g : Das Begnadigungsgesuch des Joseph Blättler sei abzuweisen.

35. Georges Verney, geb. 1889, Reisender, Rue de Monthoux 40, Genf.

(Übertretung des Patenttaxengesetzes.)

Am 18. März 1915 wurde Georges Verney von der Ortspolizei von Bonfol wegen Widerhandlung gegen das Patenttaxengesetz verzeigt, weil er an diesem Tage daselbst verschiedene Geschäfte besucht hatte, um Bestellungen auf Waren der Fabrique Franco-Suisse de Brosserie in Genf, deren Reisender er ist, aufzunehmen. Verney anerkannte die Richtigkeit der Anzeige und unterzog sich ohne weiteres dem ihm vom Polizeirichter von Porrentruy am 27. April 1915 eröffneten Eventualurteil, lautend auf Fr. 100 Busse und Tragen der Kosten.

Er ersucht nunmehr um Erlass der Busse durch Begnadigung mit der Begründung, er sei gänzlich vermögenslos und müsse aus seinem Verdienst den Unterhalt seiner Familie und seiner Mutter bestreiten.

Erhebungen der Polizei in Genf haben nicht ergeben, dassdie Familien- und Vermögensverhältnisse des Gesuchstellers derart

95 schwierige wären, dass sie den Erlass der Busse rechtfertigen würden, und da Verney andere Gründe nicht geltend macht und das Urteil freiwillig angenommen hat, ist sein Gesuch abzuweisen.

A n t r a g : Georges Verney sei mit seinem Begnadigungsgesuche abzuweisen.

36. Léonie Séverain, ungere, Rue Grenus 3, Genève.

(Übertretung des Bahnpolizeigesetzes.)

Am 15. April 1915, morgens, bestieg Léonie Séverain in Genf den bereits in Bewegung befindlichen 9 Uhr-S. B. B.-Zug Genf-Lausanne, konnte sich indes auf dem Trittbrett nicht halten und fiel zu Boden, wobei sie sich leicht verletzte. Der Polizeirichter von Genf verurteilte sie wegen Übertretung des Bahnpolizeigesetzes zu einer Busse von Fr. 5, um deren gnadenweisen Erlass die Bestrafte nun bittet, mit dem Hinweis auf ihren geringen Verdienst und die erlittene Verletzung.

Diesem Gesuch zu entsprechen, liegt angesichts des ganz geringfügigen Betrages der ausgesprochenen Busse keine Veranlassung vor.

A n t r a g : Léonie Séverain sei mit ihrem Begnadigungsgesuche abzuweisen.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 19. November 1915.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Motta.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Wintersession 1915). (Vom 19. November 1915.) .

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