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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Bewilligung eines Bundesbeitrages an den Kanton Thurgau für Uferschutzanlag am Bodensee, Untersee und Rhein.

(Vom 20. Juni 1910.)

Tit.

Unterm 3. Juni 1910 hat uns die Regierung des Kantons Thurgau ein Subventionsgesuch betreffend die Ausführung von Uferschutzanlagen am Bodensee, Untersee und Rhein eingereicht.

Das betreffende Schreiben lautet folgendermassen : "Unterm 3. April 1906 haben Sie uns in Beantwortung einer Zuschrift an das eidgenössische Departement des Innern Ihre Bereitwilligkeit erklärt, ein allfälliges Projekt für Uferschutzanlagen am Bodensee in Berücksichtigung zu ziehen und den eidgenössischen Räten zur Genehmigung zu unterbreiten.

-Mit Bezug auf die Art der Vorlegung eines solchen Projektes haben Sie uns an das eidgenössische Departement des Innern verwiesen, welches durch sein Oberbauinspektorat den kantonalen Baubehörden für die endgültige Festsetzung des Projektes und für die allfällige Einteilung desselben in getrennte Subventionsvorlagen Hand bieten könne.

Anlässlich einer Bereisung der Ufer" des Bodensees und Rheins durch das eidgenössische Oberbauinspektorat und die Organe des kantonalen Baudepartements wurden die Grundlinien für den rationellen Schutz dieser Ufer festgelegt und die vom

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Staat ausgeführten Versuchsbauten an verschiedenen Uferstellen auf ihre Zweckmässigkeit geprüft, sowie weitere Versuchsbauten in Aussicht genommen. Das auf Grund dieser Verhandlung aufgestellte Projekt nebst Kostenvoranschlag wurde mit Bewilligung ·des eidgenössischen Departements des Innern von Herrn Oberbauinspektor v. Morlot im Januar dieses Jahres geprüft und die vorhandenen Vorarbeiten zur Einsendung eines Subventionsgesuches an den Bundesrat zuhanden der eidgenössischen Räte für genügend erklärt.

Unterm 24. Mai dieses Jahres hat der Grosse Rat des Kantons Thurgau grundsätzliche Zustimmung zu diesem Projekt und staatliche Unterstützung bis auf 40% der Kosten beschlossen.

Dieser Beschluss ist auf die Überzeugung zurückzuführen, dass der Uferschutz am Bodensee und Rhein an vielen Stellen sehr dringlich ist und dass die Kraft des Einzelnen nicht ausreicht, der verheerenden Wirkung des Wellenschlages mit Erfolg' 'entgegenzutreten. Die Klagen der Uferanwohner über die Gefährdung ihres Grundbesitzes ertönen schon seit Jahrzehnten. Viele hundert Jucharten fruchtbaren Landes.sind im Laufe der Jahre den Wellen des Sees zum Opfer gefallen. An vielen Stellen wächst die Gefahr mit jedem Jahr. Mancherorts ist sie so gross, dass ohne schwere Schädigung und Gefährdung mit Schutzmassregeln nicht mehr zugewartet werden darf.

Die Versuchsbauten, welche der Staat seit mehr als 10 Jahren zum Teil in eigenen Kosten ausführte, zum Teil kräftig subventionierte, mussten zur Überzeugung führen, dass die Aufgabe des Uferschutzes nur dann richtig gelöst werden könne, wenn neben die kantonale Subvention diejenige des Bundes trete. Unserm Rufe gemäss und unsern einfachen Verhältnissen entsprechend hat sich das Projekt auf das Nötigste beschränkt und allen Luxus vermieden.

Es verzichtete auf eine allgemeine Uferregulierung1 und berücksichtigte nur diejenigen Uferstrecken, welche wirklich geschützt werden müssen. Dasselbe teilt den Uferschutz in mehrere Bauperioden ein. Die erste umfasst sämtliche angerissenen und unterspülten Ufer, die heute schon dringend des Schutzes bedürfen.

Auf Grund der gemachten Erfahrungen sieht das Projekt für den Obersee von Schilf- und Weidenpflanzungen gänzlich ab.

Es verwendet mit Vorliebe Mauern mit Hohlprofllen. Tn den Fällen, wo eine Böschung in Beton zur Anwendung kommen soll, erhält dieselbe einen verstärkten FUSS, weil an derartigen

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Versuchsbauten sich schon einige Untersp.ülungen bemerkbar gemacht haben. Mit Anwendung von sechs verschiedenen Uferschutztypen ergibt sich eine Kostenvoranschlagssumme von Fr. 583,700. Der Kosten veranschlag vom Jahr 1903 sah eine Kostenvoranschlagssumme von Fr. 1,128,200 vor, wovon Fr. 350,580 auf die erste, Fr. 442,420 auf die zweite und Fr. 335,200 auf die dritte Baupeiïode entfallen wären.

An den Gesamtbetrag partizipierte der Uferschutz am Bodensee mit Fr. 336,700, derjenige am Untersee mit Fr. 112,500' und Rhein mit Fr. 134,500. Die Bauperiode würde sich wahrscheinlich über mehr als 5 Jahre erstrecken. Im übrigen gestatten wir uns, auf die beiliegenden Pläne und Kostenvoranschläge und Berichte unserer technischen Organe zu verweisen..

Wir ersuchen Sie, uns gestützt auf das eidgenössische Wasserbaupolizeigesetz vom 22. Juni 1877 und dessen Vollziehungsverordnung vom 8. März 1879 eine Subvention von 40 °/o an die Uferschutzbautem in dem Sinne zu bewilligen, dass die einzelnen Detailprojekte jeweils Ihrer Genehmigung zu unterbreiten seien.11 Zu den Ausführungen im Schreiben der Regierung des Kantons Thurgau ist nun folgendes zu bemerken : Bei der Aufstellung des ersten Projektes für den Uferschutz am Bodensee, Untersee und Rhein wurde von vornherein einelange Bauzeit in Aussicht genommen, z. B. 25 Jahre, aber dann unterschieden, welche Bauten am dringendsten der Ausführung bedürfen und hierfür 3 Kategorien gebildet, für welche 3 Bauperioden von 5, 10 und 10 Jahren vorgesehen worden sind.

Damals wurde es auch als wünschbar erachtet, Versuchsbäuten auszuführen, um eine bessere Grundlage für ein späteres Ausführungsprojekt zu gewinnen, was dann auch sofort geschehen ist. Die seither gemachten Erfahrungen haben dann auch viel zur Abklärung der Sache beigetragen und konnte das nun vorliegende Projekt mit viel grösserer Sicherheit aufgestellt werden.

Nichtsdestoweniger wurde es auch jetzt noch als wünschbar erachtet, nicht sofort ein Projekt auszuarbeiten, welches alle Uferschutzbauten am Bodensee, Untersee und Rhein enthalten würde, die irgendwie erforderlich werden könnten, man begnügte sich damit, die dringendsten Arbeiten zu berücksichtigen, welche im gegenwärtigen Zeitpunkte zum Schutz der im Abbruch befindlichen Uferstellen durchaus notwendig sind und alle übrigen einem späteren Projekte zuzuweisen.

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Dieses Verfahren empfahl sich übrigens auch noch deshalb, weil man an den nun noch in grösserem Massstabe zu erstellenden Bauten Erfahrungen machen kann, .die später zu berücksichtigen sind und weil es nicht zweckmässig erschien, auf so lange Jahre hinaus Subventionen zu bewilligen.

Das vorliegende, für die erste Bauperiode geltende Projekt sieht nun Arbeiten in nachstehenden Gemeinden, sowie folgende Bauausgaben vor: I. Am B o d e n s e e .

1. Ortsgemeinde Hörn t_* 2.

Frasnacht . . .

·n Egnach .

. . .

3.

n Romapshorn . . .

4.

n Uttwil 5.

n Kesswil . . . .

6.

r> Güttingen 7.

·n Altnau . . . .

8.

n 9.

Landschlacht ·n Scherzingen .

10.

n Bottigkofen .

11.

n

Fr. 30,000 n 65,400 9,400 ·n in 90,400 8,100 n ·n 29,000 n 27,000 8,200 n 52,000 n 5,700 n 11,500 TÌ Fr. 336,700

TWnl

II. Am Un t e r s e e.

1. Ortsgemeinde "2.

,, 3.

,, 4.

,, 5.

,, 6.

^ 7. , ,, m.

Tägerwilen Gottlieben .

Ermatingen Mannenbach Steckborn .

Matnmern Eschenz .

.

.

.

.

.

. . Fr. 11,000 . . ,, 11,000 . . ,, 33,000 .

. . ,, 10,000 . . ,, 5,000 , ,, 35,000 . . . ,, 7,500 Total --

fl

112,500

Am R h e i n .

1. Ortsgemeinde Wagenhausen . . Fr. 22,000 2.

,, Rheinklingen . . . ,, 22,000 3.

,, Diessenhofen . . . ,, 63,000 4.

,, Willisdorf . . . . ,, 27,500 .

Total ,, 134,500 Gesamtbetrag

Fr. 583,700

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Am B o d e n s e e ist in den meisten Fällen als UferschutK die Erstellung von Seemauern von konkaver Form vorgesehen, da sich diese Konstruktionsart, welche den Wellenschlag vom Fusse der Mauern fernhält, bei den ausgeführten Versuchsstrecken, am besten bewährt hat. Das Fundament kann, da der Boden an vielen Stellen tragfähig genug ist, direkt auf denselben abgestellt werden, in wenigen Fällen ist ein Pfahlrost notwendig.

Bei starker Brandung sollen vor die Mauern Wellenbrecher erstellt werden, 5--6 m lang, bestehend aus Pfahlreihen mit Steinpackung-, bei geringerem Wellenschlag dürften Steinvorlagen genügenden Schutz bieten.

Unterhalb Arbon und abseits -der Ortschaften ist die Ausführung eines Böschungspflasters aus Betonplatten mit stärkerem FUSS und eisernen Klammern vorgesehen, welches auf eine Betonauffüllung zu stehen kommt, eventuell wird auch hier der FUSS noch mit Steinwurf überdeckt.

Die Regierung bemerkt in ihrem Schreiben, dass von Schilfspflanzungen ganz abgesehen werden soll, indem die Versucheam Bodensee keine guten Resultate gegeben haben. Es ist dies zu bedauern, indem damit stellenweise ein sehr wohlfeiler Uferschutz hätte erzielt werden können, es dürfte aber im Interesse der Sache liegen, dass doch noch einige weitere Versuche mit diesen Schilfpflanzungen gemacht würden.

Am U n t e r s e e und am R h e i n werden Seemauern mit konkaver Form nur ausnahmsweise erstellt werden. Der gewöhnlichste Uferschutz wird eine Böschungsmauer sein, mit mehr oder weniger Anzug, je nach den Verhältnissen, darüber kommen dann Betonplatten nebst Rasenabdeckung. An einigen Stellen können auch Wippenwuhre über einer Fussmauer ausgeführt, werden, oder es werden statt der Wippen Betonplatten verwendet, wenn man befürchten muss, dass die anschlagfähigen Holzarten infolge der Wasserstandsverhältnisse sich nicht genügend entwickeln können.

Am Untersee speziell wird man noch an einigen Stellen als Uferschutz Schilf- und Weidenpflanzungen anwenden.

Was die Einheitspreise anbelangt, so sind diese auf Grund ausgeführter Bauten bestimmt worden. Dieselben wurden dann auf Verlangen unseres Oberbauinspektorates noch etwas erhöht, da diese Arbeiten, obwohl sehr dringlicher Natur, zu ihrer Ausführung doch noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen und erfahrungsgemäss Taglöhne und Materialpreise jedenfalls eher höher steigen als wiederum fallen werden.

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Es wird nun allerseits anerkannt, dass diese Arbeiten der ersten Bauperiode zum Schutz des dem Bodensee, Untersee und Rhein anstossenden Landes durchaus notwendig sind. Dies ist auch vom Grossen Rate des Kantons Thurgau bestätigt worden, indem er prinzipiell eine Subvention von 40 °/o an diese Bauten bewilligt hat, und es wird auch von seiten des Bundes, dem Gesuche der Regierung von Thurgau entsprechend, eine Subvention daran bewilligt werden können.

Was das Beitragsverhältnis anbelangt, so wünscht die Regierung, dass dasselbe zu 40 °/o angesetzt werden möchte. Indem dies dem für ähnliche Arbeiten üblichen Prozentsatze entspricht, so ist auch hiegegen nichts einzuwenden.

Die Bauzeit wäre auf 8 Jahre anzusetzen, so dass das jähr« liehe Maximum zu Fr. 30,000 anzunehmen wäre.

Somit erlauben wir uns, den eidgenössischen Räten den folgenden Beschlussesentwurf zu unterbreiten und zur Genehmigung zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkon> menen Hochachtung.

B e r n , den 20. Juni 1910.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Comtesse.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : ' Schatzmann.

,J 216

(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Zusicherung eines Bundesbeitrages an den Kanton Thurgau für Uferschutzanlagen am Bodensee, Untersee und Rhein.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht eines Schreibens des Kantons Thurgau vom 3. Juni

1910; einer Botschaft des Bundesrates vom 20. Juni 1910; auf Grund des Bundesgesetzes betreffend die Wasserbaupolizei im Hochgebirge vom 22. Juni 1877, beschliesst: Art. 1. Dem Kanton Thurgau wird für Uferschutzanlagen am Bodensee, Untersee und Rhein ein Bundesbeitrag zugesichert.

=» Dieser Beitrag wird auf 40% der wirklichen Kosten festgesetzt bis zum Maximum von Fr. 233,480, als 40% der Kostenvoranschlagssumme von Fr. 583,700.

217" Art. 2. Für die Ausführung dieser Bauten wird eine Bauzeit von 8 Jahren, von dem Inkrafttreten der Beitragszusicherung (Art. 7} an gerechnet, eingeräumt.

Art. 3. Die Ausbezahlung der Subvention erfolgt im Verhältnis des Fortschreitens der Arbeiten, .gemäss den von der Kantonsregierung eingesandten und vom eidgenössischen Departement des Innern verifizierten Kostenausweisen ; das jährliche Maximum beträgt Fr. 30,000, Die Auszahlung desselben findet erstmals im Jahre 1911 statt.

Art. 4. Bei Berechnung des Bundesbeitrages werden berücksichtigt die eigentlichen Baukosten, emschliesslich die Expropriationen und die unmittelbare Bauaufsicht, dann die Kosten der Anfertigung des Ausführungsprojektes und des speziellen Kostenvoranschlages, ferner die Kosten der Aufnahmen des Perimeters; dagegen sind nicht in Anschlag zu bringen, irgendwelche andere Präliminarien, die Funktionen von Behörden, Kommissionen und Beamtungen (von den Kantonen laut Art. 7 a des Wasserbaupolizeigesetzes zu bestellende Organe), auch nicht die Kosten für die Geldbeschaffung und die Verzinsung.

Art. 5. Dem eidgenössischen Departement des Innern sind die Detailprojekte für die einzelnen Uferstrecken und die jährlichen Bauprogramme zur Genehmigung einzusenden.

Art. 6. Der Bundesrat lässt die planmässige Bauausführung und die Richtigkeit der Arbeits- und Kostenausweise kontrollieren. Die Kantonsregierung wird zu obigem Zwecke den Beauftragten des Bundesrates die nötige Auskunft und Hülfeleistung zukommen lassen.

Art. 7. Die Zusicherung des Bundesbeitrages tritt erst in Kraft, nachdem vom Kanton Thurgau die Ausführung dieser Arbeiten gesichert sein wird.

Bundesblatt. 62. Jahrg. Bd. IV.

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218 Für die Vorlegung des bezüglichen Ausweises wird der Regierung eine Frist von einem Jahr, vom Datum dieses Beschlusses an gerechnet, gesetzt.

Art. 8. Der Unterhalt der subventionierten Arbeiten ist gemäss dem eidgenössischen Wasserbaupolizeigesetze vom Kanton Thurgau zu besorgen und* vom Bundesrate zu überwachen.

Art. 9. Dieser Beschluss tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Art. 10. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung desselben beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Bewilligung eines Bundesbeitrages an den Kanton Thurgau für Uferschutzanlagen am Bodensee, Untersee und Rhein. (Vom 20. Juni 1910.)

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1910

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26

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

29.06.1910

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210-218

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