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III. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Wintersession 1910).

(Vom 2. Dezember 19JO.)

Tit.

Unter Vorlage der Akten beehren wir uns, Ihnen über folgendes Begnadigungsgesuch Bericht und Antrag zu unterbreiten.

Johann Hort, von Oberhof, Kanton Aargau, geb. 1860, Zimmermann, wohnhaft gewesen in Zürich III, zurzeit als Zuchthaussträfling verhaftet in der zürcherischen Strafanstalt in Eegensdorf, betreffend wissentliches Inverkehrbringen von Nachahmungen von Noten der schweizerischen Nationalbank.

In den Neujahrstagen 1908/09 wurden in den Kantonen Bern, Zürich und Solothurn an verschiedenen Orten gefälschte Fr. 100-Noten der schweizerischen Nationalbank in Umlauf gebracht, welche, wie sich aus einer Strafuntersuchung ergab, von dem Lithographen Arnold Oelhafen in seiner Wohnung in Dietikon, Kanton Zürich, angefertigt worden waren. Die Aushingabe der Falsifikate wurde hauptsächlich besorgt durch nahe Verwandte des Fälschers und durch den mit ihm befreundeten Johann Hort, über dessen Tätigkeit die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Zürich in dem abschliessenden gerichtlichen Verfahren sich dahin ausspricht :

635 ,,Die Angeklagten Hort und Wilhelm Köpfer haben in der Zeit vom 28. Dezember 1908 bis 2. Januar 1909 mindestens 60 Stück falsche Noten wissentlich als echt in Verkehr gebracht, indem Hort sicher in Herzogenbuchsee, Ölten, Langenthal, Zürich, Wangen, Solothurn, Wangen-Grenchen mindestens 43 Stück, und Wilhelm Köpfer in Wangen, Langenthal, Solothurn und Grenchen mindestens 17 Stück ausgabt Nach durchgeführter Untersuchung erklärten sich sämtliche Angeklagte, insbesondere auch Johann Hort, schuldig im Sinne der Anklage, worauf die Appellationskammer des zürcherischen Obergerichtes ihn in Anwendung von Art. 68 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1905 zu 2J/2 Jahren Zuchthaus, ab zwei Monate Untersuchungs- und Sicherheitsverhaft und zur Einstellung im Aktivbürgerrecht für die Dauer von fünf Jahren verurteilte. Hort hat die Freiheitsstrafe sofort angetreten und wird am 6. Dezember 1910 zwei Dritteile derselben erstanden haben. Nach den Berichten der Beamtenkonferenz und der Aufsichtskommission der Strafanstalt war seine Aufführung eine gute. Er hatte auch vor dieser Bestrafung nur wegen geringfügiger Körperverletzung zwei Vorstrafen erlitten.

Nunmehr stellt Hort das Gesuch, dass ihm der letzte Dritteil der Strafe durch Begnadigung erlassen werden möchte. Er macht geltend, dass in dem Kanton, dessen Gerichte über ihn urteilten und wo er seine Strafe absitzt, nach Gesetz die zu mehr als einem Jahr Zuchthaus Verurteilten bei gnter Führung nach Erstehung von zwei Dritteilen der Strafe die begründete Aussicht hätten, bedingt entlassen zu werden und verweist auf die Gutachten der Beamtenkonferenz und der Aufsichtskommission der Strafanstalt, sowie der zürcherischen Staatsanwaltschaft, die sein Gesuch befürworten.

Durch Art. 3 des Bundesgesetzes über die Nationalbank wird das Verbrechen des. wissentlichen Inverkehrbringens gefälschter Noten dieses Institutes im Maximum mit drei Jahren Zuchthaus bestraft. Der zürcherische Richter hat daher gegenüber Hort, mit allem Grunde, ein verhältnismässig hohes Strafmass zur Anwendung gebracht und es rechtfertigt sich jetzt, nachdem der Verurteilte sieh während zwei Dritteilen klaglos aufgeführt, ihm durch Begnadigung diejenige Milderung zu gewähren, auf welche er nach den Gesetzen des Tatortes Anspruch hätte, wenn er diese übertreten.

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A n t r a g : Es sei dem Johann Hort der letzte Dritteil der Freiheitsstrafe durch Begnadigung zu erlassen.

B e r n , den 2. Dezember 1910.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Comtesse.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

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III. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Wintersession 1910). (Vom 2. Dezember 1910.)

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1910

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07.12.1910

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634-636

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