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44c.

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn (teilweise Zahnradbahn) von Brig über Riederalp und Eggishorn zum Aletschgletscher beim Märjelensee.

(Vom 31. Mai 1910.)

Tit.

I.

Mittelst Eingabe vom 11. September 1907 an das Eisenbahndepartement ersuchte Herr J. Isler, Elektrotechniker in Goldau, namens eines Initiativkomitees, dessen Zusammensetzung sich inzwischen zweimal teilweise geändert hat, um die Erteilung einer Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Zahnradbahn (teilweise Adhäsionsbahn) von Brig rechts der Massa nach Zenbächen am Aletschgletscher. Unterm 1. Oktober 1907 reichte ferner Herr Isler im Auftrage desselben Initiativkomitees eine Variante zu diesem Konzessionsgesuche ein, die eine vom ursprünglichen Tracé bedeutend abweichende Linie links der Massa in Aussicht nahm. Da das erste Tracé später von den Initianten fallen gelassen wurde und alle ferneren Verhandlungen in dieser Angelegenheit sich auf das zweite Projekt stützten, gestatten wir uns, von weiteren Angaben betreffend das Tracé Brig-Zenbächen Umgang zu nehmen und nachstehend nur die projektierte Linie links der Massa von Brig zum Aletschgletscher beim Märjelensee zu besprechen.

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Der allgemeine Bericht macht geltend, die projektierte Schmalspurbahn bilde die erste Strecke einer zum Teil mittelst einer sogenannten Schlittenbahn zu erstellenden Bahnverbindung vom Wallis nach der Jungfrau und Interlaken durch Anschluss an die Jungfraubahn im Jungfraujoch. Von der Bernerseite her sei durch die Jungfraubahn ein gewaltiges Gebirgsmassiv zugänglicher gemacht. Zweck der vom Initiativkomitee geplanten gesamten Anlage sei ausser der erwähnten Verbindung des Wallis mit dem Berner Oberlande, die Besteigung einer ganzen Reihe von Berggipfeln, wie das Eggishorn, die Fiescherhörner u. s. w.

bequemer zu machen. Dabei werde dem Reisenden schon von Brig bezw. Naters an während der Fahrt eine prachtvolle Aussicht auf das Panorama der in Schnee und Bis starrenden Gipfel der penninischen Alpen geboten. Zudem bediene das Tracé links der Massa einige sehr besuchte Hotels wie Riederalp, Riederfurka und Eggishorn.

Das in Aussicht genommene Tracé beginne beim Bahnhof Brig S. B. B., setze über die Rhone, kreuze die Strasse BrigGletsch und erreiche zunächst die in der Nähe des Dorfes projektierte Station Naters. Nach der Kreuzung der Grimselstrasse biege die Linie nach rechts, überbrücke die Massa und gelange nach einer längeren Steigung von 200 %o über Bitsch und Eiholz, ob dem Dörfchen Ried hinauf, zum Plateau der Riederalp, etwas westlich vom Hotel, wo eine Station vorgesehen sei. Von Riederalp werde beinahe in gerader Richtung über Salzgeb die Bettmeralp erreicht. Etwas weiter nähere sich die Bahn dem Saumweg, folge demselben bis zum Hotel Jungfrau-Eggishorn nnd weiter bis nach Märjelen. Nach der Märjelenalp gelange die Linie zum Aletschgletscher, in unmittelbarer Nähe des Märjelensees.

Dem technischen Berichte entnehmen wir folgende Hauptangaben : Länge der Bahn: 22,300 m (Adhäsion 15,350 m und Zahnstange 6950 m).

Spurweite : l m.

Maximalsteigung : Adhäsion 65 %o, Zahnstange 200 °/oo.

Höhenkoten: Brig 677 m, Aletschgletscher 2430 m.

Minimalradius : Adhäsion 60 m, Zahnstange 80 m.

Zwischenstationen: 6.

Betriebssystem : Elektrizität, oberirdische Kraftzuleitung.

Der summarische Kostenvoranschlag setzt sich aus folgenden Posten zusammen :

^59 Vorstudien, Bauleitung, Bauzinsen . . . . Fr. 209,720 Landerwerb ,, 342,000 Unterbau ,, 1,219,700 Oberbau ,, 1,028,900 Hochbau u n d Stationseinrichtungen . . . . r/ 410,400 Elektrische Ausrüstung ,, 250,800 Signale ,, 34,200 Rollmaterial ,, 224,000 Mobiliar und Gerätschaften ,, 79,800 Unvorhergesehenes ,, 50,480 Total

Fr. 3,850,000

·oder zirka Fr. 172,600 per Kilometer.

Die Rentabilitätsberechnung stützt sich auf die Frequenzziffern der Jungfraubahn und stellt für die gesamte Anlage (inklusive der später zu erstellenden Schlittenbahn über den Aletschgletscher zum Jungfraujoch) eine Verzinsung des Aktienkapitals von zirka 4 °/o in Aussicht.

U.

Unterm 20. Dezember 1907 reichte das eingangs erwähnte Konsortium dem Eisenbahndepartement ein zweites Konzessionsgesuch ein für eine elektrische Verbindungsbahn von der Station Fiesch der zukünftigen Gromserbahn (Brig-Gletsoh) nach der Station Hotel Jungfrau der projektierten Brig-Aletschgletscher-Bahn.

Ein weiteres Konzessionsgesuch für eine Bahnverbindung von der Station Fiesch nach dem Hotel Jungfrau und dem Aletschgletscher wurde unterm 21. März 1908 von Herrn A. Hurter, Ingenieur in Oerlikon, namens des Herrn 0. Kluser, Advokat in Brig, eingereicht. Dieses letztere Projekt konkurrenziert die vom Initiativkomitee Isler und Mithafte projektierte Verbindungsbahn FieschHotel Jungfrau und den letzten Teil Hotel Jungfrau-Aletschgletscher der unter Ziffer I hiervor beschriebenen Brig-AletschgletscherBahn. Da die Verbindungslinie Fiesch-Hotel Jungfrau Gegenstand ·einer späteren Vorlage sein wird, nehmen wir für heute von einer näheren Beschreibung des zweiten Konzessioasgesuches der Herren Isler und Konsorten und des von Herrn 0. Kluser zur Konzessionierung angemeldeten Bahnprojektes Umgang und erwähnen sie nur zur Erläuterung des mit dem letzten Teilstück '(Hotel Jungfrau-Aletschgletscher) der Linie Brig-Aletschgletscher entstandenen Konkurrenzverhältnisses.

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Alle drei Projekte wurden vom Eisenbahndepartement sukzessive der Regierung des Kantons Wallis zur Vernehmlassung zugesandt mit der Einladung, sich über die Konkurrenzfrage zu äussern. Unterm 1. April 1908 teilte der Staatsrat des Kantons Wallis dem Eisenbahndepartement mit, der Grosse Rat habe in seiner Sitzung vom 28. März 1908 die Erteilung der von den Herren Isler und Konsorten für ihro Bahnprojekte Brig-Aletschgletscher und Fiesch-Hotel Jungfrau nachgesuchten Konzessionen unter folgenden Bedingungen befürwortet: 1. Der rechtliche Wohnsitz der Bahngesellschaft solle im Kanton Wallis gewählt werden.

2. Je ein Mitglied des Verwaltungsrates sei durch den Staatsrat des Kantons Wallis zu ernennen.

3. Den von den interessierten Gemeinden gestellten Bedingungen betreffend Landentschädigungen, Einfriedungen u. s. w.

habe die zukünftige Bahngesellschaft zu entsprechen.

4. Die Frage der Taxen bleibe noch vorbehalten.

Über das Projekt des Herrn Fürsprech Kluser sprach sich die Regierung des Kantons Wallis in ihrer Vernehmlassung vom 14./26. November 1908 in ablehnendem Sinne aus.

Das Eisenbahndepartement teilte hierauf Herrn Kluser den Entscheid der Behörden des Kantons Wallis mit und verband damit die Anfrage, ob er unter diesen Umständen sein Konzessionsgesuch aufrecht erhalten wolle. Unterm 11. Februar 1909 erklärte Herr Ingenieur A. Hurter namens des Herrn Kluser^ dieser letztere sei gerne bereit, zu gunsten der Herren Isler und Konsorten auf die Strecke Hotel Jungfrau-Aletschgletscher zu verzichten, wenn diese sich dazu entschliessen würden, ihr zweites Konzessionsgesuch (Verbindungsbahn Fiesch-Hotel Jungfrau) zu seinen Gunsten zurückzuziehen. Falls die Herren Isler und Konsorten nicht geneigt sein würden, auf diesen Vorschlag einzugehen, so halte Herr Kluser dafür, dass er berechtigt sei, sein Konzessionsgesuch voll und ganz aufrecht zu erhalten. Er werde eventuell den Nachweis bringen, dass sein Projekt demjenigen der Herren Isler und Konsorten technisch und finanziell überlegen sei und daher eher Aussicht habe, bald zur Ausführung zu gelangen. Um diesen Nachweis zu führen, müsse ihm aber eine gewisse Frist eingeräumt werden.

Dieses Begehren des Herrn Kluser wurde vom Eisenbahndepartement der Regierung des Kantons Wallis zur Ansichtsäusserung mitgeteilt. In seinem Schreiben vom 27. Februar 1909

861 das letztere Datum den Beginn der im dritten Absatz von Art. 8 vorgesehenen Frist von zwei Jahren bilden.

: Wenn Signatarstaaten, deren Zustimmung einer der Hauptgründe für den Beitritt der übrigen Länder war, deshalb, weil sie nicht rechtzeitig die Ratifikationsurkunde deponieren konnten, sich eine Fristverlängerung zunutze machen könnten, die nicht auch für die übrigen kontrahierenden Teile gälte, würde die Situation in der Tat nicht mehr dieselbe sein.

Was speziell Belgien anbetrifft, so muss der Herr Minister der Industrie und der Arbeit des fernem feststellen, dass, in Anbetracht der beschränkten Dauer der laufenden parlamentarischen Session, die Zeit bis zum 1. Januar 1911 nicht hinreicht, um von den gesetzgebenden Kammern den Brlass des wichtigen Gesetzes zu erlangen, das der Anwendung der Übereinkunft vorausgehen muss. (Mitteilung des schweizerischen Generalkonsulats in Brüssel vom 10. März.)

F r a n k r e i c h . Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten übermittelt nachstehende Äusserung des Ministers der Arbeit und der sozialen Fürsorge: Sie haben mir Abschrift einer Mitteilung zugestellt, durch die der schweizerische Minister in Paris Ihnen von den Antworten Kenntnis gibt, die der Bundesrat in bezug auf den Beginn der Fristen für das Inkrafttreten und die Dauer der internationalen Übereinkunft betreffend Nachtarbeit der Frauen erhalten hat.

Angesichts dieser Antworten hält der Bundesrat seinen frühem Vorschlag, es seien für die 11 Staaten, die die Übereinkunft unterzeichnet und die Ratifikationsurkunden vor dem in Art. 8 der Konvention festgesetzten Datum, d. h. vor dem 31. Dezember 1908, deponiert haben, die Fristen von letzterm Datum an zu berechnen, während für die Signatarstaaten : Dänemark, Spanien, Italien und Schweden, die an jenem Tage die Hinterlegung ihrer Ratifikationsurkunden noch nicht bewerkstelligt hatten, wie für die Staaten, die die Übereinkunft noch nicht unterzeichnet haben, die Fristen gemäss Art. 9 der Übereinkunft vom Datum ihres Beitrittes an laufen sollten.

Der ßundesrat tut in seiner Note vom 25. Januar 1910 Prankreichs als eines Staates Erwähnung, der dem Vorschlage zugestimmt habe.

Diese Auffassung unserer Antwort scheint uns nicht ganz richtig zu sein. Im Verfolge derselben Note vom 25. Januar Bundesblatt. 62. Jahrg.

Bd. IÏ. '

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wird die Antwort Frankreichs mit folgenden Worten wiedergegeben : Wenn man nach Ansicht des Herrn Arbeitsministers ohne schwere Inkonvenienzen den im Verzüge sich befindenden Staaten eine neue Frist für die Hinterlegung der Ratifikationsurkunden gewähren kann, so darf die Fristverlängerung doch nicht zur Folge haben, dass diese Staaten ermächtigt würden, die Anwendung der Übereinkunft hinauszuschieben.

Wir halten also dafür, dass die Hinterlegung der Ratifikationsurkunden der sich im Verzüge befindenden Staaten vor dem Inkrafttreten der Übereinkunft, d. h. vor dem 1. Januar 1911, stattfinden sollte und dass das Datum, an dem diese Hinterlegung erfolgt, keinen Einfluss auf die Festsetzung des Ausgangspunktes der übrigen von der Konvention festgesetzten Fristen haben darf. Diese Fristen beginnen für diese Staaten, wie für die übrigen, vom 1. Januar 1909 an zu laufen.

Unser Vorschlag ging also dahin, den Staaten, die am 31. Dezember die Übereinkunft noch nicht ratifiziert hatten, zu gestatten, die Formalität später zu erfüllen; d a b e i a b e r h i e l t e n w i r d a r a n f e s t , dass f ü r d i e s e S t a a t e n d e r 31. D e z e m b e r 1908 als B e g i n n der F r i s t e n für die Inkraftsetzung und die Dauer der Ü b e r e i n k u n f t zu g e l t e n h a b e . Eine Ausnahme wurde natürlich hinsichtlich Dänemarks gemacht, das nur unter dem Vorbehalte, dass es an den für die Ratifikation festgesetzten Termin nicht gebunden sei, die Konvention unterzeichnet hatte.

Der Vorschlag, den wir gemacht haben, kann in dem Wortlaut, in dem ich ihn formuliert habe, nicht mehr als zulässig betrachtet werden. Italien und Schweden haben erklärt, der Übereinkunft gemäss den Bestimmungen des Art. 9 zuzustimmen, die den Beitritt der Staaten im Auge haben, die die Konvention nicht unterzeichnet haben. Für diese Staaten laufen die Fristen zur Inkraftsetzung nach Art. 10 vom Datum ihres Beitrittes. Es kann also nicht mehr davon die Rede sein, den 31. Dezember 1908 als Ausgangspunkt der Fristen vorzuschlagen, da Italien und Schweden ihre Absicht kundgegeben haben, auf die Wohltat des Art. 10 Anspruch zu erheben.

Welche Stellung soll nun Frankreich gegenwärtig einnehmen ?

Soll es, wie zufolge der jüngsten Note des Herrn Lardy Deutschland, Österreich, Grossbritannien, Ungarn, Luxemburg, die Niederlande es getan haben, vorbehaltlos dem am Eingang

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dieses Schreibens erwähnten Vorschlage Bundesrates zustimmen?

des schweizerischen

Ich wäre ganz geneigt, diese Lösunng anzunehmen, sogar ohne den Beitritt Dänemarks und Spaniens abzuwarten, wenn sie wenigstens von Belgien angenommen würde.

Unter den obwaltenden Umständen glauben wir, dass folgendes Verfahren geeignet scheint, von Belgien angenommen zu werden und am raschesten das Inkrafttreten der Übereinkunft herbeiführen dürfte.

Über den Beitritt Dänemarks, dessen Unterzeichnung der Konvention nur eine bedingte war, und derjenigen Spaniens, dessen Zustimmung Belgien nicht dieselbe Wichtigkeit beizumessen scheint, wie derjenigen Italiens, würde man zur Tagesordnung schreiten.

Für die übrigen 12 Signatarstaaten, von denen 10 ihre Ratifikationsurkunden vor dem 31. Dezember 1908 und die beiden andern am 29. Dezember 1909 und 14. Januar 1910 deponiert haben, würde das Protokoll betreffend die Hinterlegung der Ratifikationsurkunden als an letzterem Tage geschlossen betrachtet werden.

Für alle diese Staaten würden wir also als Ausgangspunkt der Frist zur Inkraftsetzung der Konvention den 14. Januar 1910, das Datum des Beitrittes der schwedischen Regierung, vorschlagen.

Diese Lösung würde übrigens mit dem Sinn von Art. 8 der Konvention nicht im Widerspruch stehen. Dieser Artikel bestimmt in der Tat in seinem ersten Absatz, dass die Ratifikationen der Konvention spätestens am 31. Dezember 1908 beim schweizerischen Bundesrat hinterlegt sein sollen, und in seinem zweiten Absatz, dass die Übereinkunft zwei Jahre nach Schluss des Hinterlegungsprotokolls in Kraft treten soll. Aus einer Vergleichung der beiden Bestimmungen geht hervor, dass das Datum, an dem das Protokoll betreffend die Hinterlegung der Ratifikationsurkunden geschlossen wird, für den Ausgangspunkt der Frist zur Inkraftsetzung der Übereinkunft massgebend ist und dass dieses Datum nicht notwendigerweise der 31. Dezember 1908 ist. Die Möglichkeit eines spätem Datums ist auch anlässlich der diplomatischen Konferenz vom Jahre 1906 ins Auge gefasst worden. (Akten der diplomatischen Konferenz betreffend den Arbeiterschutz 1906, Seite 124). Dem Datum kommt also eher die Bedeutung eines Hinweises, eines Fingerzeiges, zu.

664 Mein Vorschlag würde sonach in Kürze darauf hinauslaufen, es sei den Staaten, die die Übereinkunft unterzeichnet und bereits ratifiziert oder ihren Beitritt erklärt haben, zu beantragen, das Protokoll betreffend die Hinterlegung der Ratifikationsurkunden sei als am 14. Januar 1910 geschlossen zu erklären, und von diesem Datum an sollen, gemäss Art. 8, Absatz 3, und Art. 11 der Übereinkunft, die Fristen für die Inkraftsetzung und die Dauer der letztern laufen.

Diese Lösung würde für die Staaten, die wie Belgien keinerlei Vorkehr für die Abänderung der internen Gesetzgebung getroffen haben, solange sie nicht sicher sind, dass entsprechende Massnahmen in den übrigen Staaten ergriffen werden, den Vorteil haben, dass ihnen vom Datum an, wo die Konvention definitiv wird, die Wohltat der Frist von 2 Jahren erhalten bliebe, die für die Anwendung der Übereinkunft festgesetzt worden ist.

Mit diesem Vorschlag verbindet Frankreich die Absicht, unter den gegenwärtigen Verhältnissen die grossén Industriestaaten Europas, entsprechend dem Geiste der Berner Konvention, solidarisch zu machen, und es liegt ihm dabei auch der Erfolg der zukünftigen, die Arbeit betreffenden internationalen Übereinkünfte am Herzen. Seit langem wendet Frankreich die Grundsätze der Berner Konvention an; durch den Zehnstundentag hat es seit 5 Jahren indirekt die grosse elfstündige Nachtruhe gesichert; noch jüngst hat es die Nachtwachen, die bedeutendste Abweichung vom Verbote der Nachtarbeit der Frauen, aufgehoben. Es gibt in Frankreich fast keine Frauen mehr, die in der Industrie des Nachts arbeiten, abgesehen von den in der Konvention vorgesehenen Ausnahmen.

Herr Pichon fügt bei, dass die französische Regierung sich glücklich schätzen würde, wenn die Anregung ihres Arbeitsministers im Interesse der zukünftigen, das Los der Arbeiter zu verbessern bestimmten Reglementierung eine günstige Aufnahme fände. (Mitteilung der schweizerischen Gesandtschaft in Paris vom 23. März.)

I t a l i e n . Die kgl. Regierung teilt die Anschauungsweise des h. Bundesrates bezüglich der Anwendung von Art. 10 der Übereinkunft auf Italien. (Mitteilung der schweizerischen Gesandtschaft in Rom vom 16. Februar.)

Unser Vorschlag betreffend das Inkrafttreten der Konvention hat also nicht einstimmige Annahme gefunden und fällt deshalb dahin.

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Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, dass Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlass geben u öd gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Ebenso hat er das Recht, zu verlangen, dass Mitglieder der Verwaltung, welchen vorübergehend oder dauernd Funktionen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind und die in der Ausübung derselben Anlags zu begründeten Klagen geben, dieser Funktionen enthoben werden.

Art. 12. Die Gesellschaft bat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können solche erst eingeführt werden, nachdem sie vom Bundesrat genehmigt worden sind.

Art. 13. Die Gesellschaft Übernimmt die Beförderung von Personen, Gepäck und Gütern.

Zum Transport von lebenden Tieren ist die Gesellschaft nicht verpflichtet.

Art. 14. Der regelmässige Betrieb kann auf die SommerSaison beschränkt werden. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens 4 mal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum andern und mit ' Anhalten auf allen Stationen, erfolgen.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt.

Art. 15. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen mit nur einer Klasse aufstellen, deren Typus vom Bundesrat genehmigt werden muss.

Die Gesellschaft hat dafür zu sorgen, dass alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden, wenn immer möglich, durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Art. 16. Für die Beförderung von Personen können folgende Taxen bezogen werden : ganze Strecke Brig-Naters: einfache Fahrt 10 Rappen, Hin- und Ruckfahrt 15 Rappen.

Strecke Naters-Aletschgletscher : einfache Fahrt (per km der Bahnlänge) 90 Rappen.

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Für Hin- und Rückfahrten sind die Personentaxen auf der Strecke Naters-Aletschgletscher mindestens 20°/o niedriger anzusetzen als für doppelte einmalige Fahrten.

Kinder unter vier Jahren sind gratis zu befördern, sofern fllr solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird.

Für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zwölften Altersjahre ist die Hälfte der Taxe zu zahlen.

Der einheimischen Bevölkerung hat die Bahngesellschaft auf der Strecke Naters-Aletschgletscher Billette zu halber Taxe zu gewähren.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbillette zu reduzierter Taxe auszugeben.

Art. 17. Für die Beförderung von Armen, welche sich alssolche durch Zeugnis der zuständigen Behörden ausweisen, ist die halbe Personentaxe zu berechnen.

Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Behörden sind auch Arrestanten zu transportieren.

Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 18. Jeder Reisende ist berechtigt, zehn Kilogramm Reisegepäck taxfrei zu befördern, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für anderes Reisegepäck kann eine Taxe von höchstens 40 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Mit Zustimmung des Bundesrates kann für das Reisegepäck ein Abfertigungsverfahren mit einer einheitlichen Taxe eingeführt werden. In diesem Falle setzt der Bundesrat die Taxe fest.

Art. 19. Für die Beförderung von Gütern kann eine Taxe von höchstens 20 Rappen per 100 Kilogramm und Kilometer bezogen werden.

Art. 20. Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzeugnissen, sowie Handwerkszeug für den persönlichen Gehrauch des Aufgebers, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besonderen Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sofort wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 15 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu erheben.

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Art. 21. Für Gepäck- und Gütersendungen kann eine Mimmaltaxe erhoben werden, die den Betrag von 40 Rappen für eine einzelne Sendung nicht übersteigen darf.

Art. 22. Die vorstehenden Taxbestimmungen besehlagen bloss den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsverladplätze aufzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür nicht erhoben werden.

Art. 23. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

Bezüglich des Gewichtes werden Gepäck- und Gütersendungen bis auf 10kg. für volle 10kg. gerechnet; das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg. berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 kg. für eine ganze Einheit gilt.

Wenn die genaue Ziffer der so berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so wird sie auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgerundet, sofern der Rest mindestens einen Rappen beträgt.

Art. 24. Für die Einzelheiten des Transportdienstes Réglemente und Tarife aufzustellen.

sind

Art. 25. Sämtliche Réglemente und Tarife sind mindesten» drei Monate, ehe die Eisenhahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 26. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismässig herabzusetzen. Kann hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschliesslich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 27. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äufnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für d«s

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Personal eine Kranken- und UnterstUtzungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Ferner sind die Reisenden und das Personal bei einer Anstalt bezuglich derjenigen Verpflichtungen zu versichern, welche aus dem Haftpflichtgesetz vom 28. März 1905 mit bezug auf Unfälle beim Bau, beim Betrieb und bei Hülfsgeschäften sich ergeben.

Art. 28. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Wallis, gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen. Vom Entschluss des Ruckkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Ruckkauf wird der Rückkäufer Eigentumer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen Übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstiltzungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge getan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuer unga- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismässiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

£. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1950 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalenderjahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Ruckkauf zwischen dem 1. Januar 1950 und I.Januar 1965 erfolgt, den 22V2fachen Wert; -- wenn der Ruckkauf zwischen dem 1. Januar 1965 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20faohen Wert des oben beschriebenen Reinertrages ; -- unter Abzug der Erneuerungsand Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzessionierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluss aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

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d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

·e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Ruckkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Ruckkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 29. Hat der Kanton Wallis den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, ao ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Rückkaufsrecht, wie es im Art. 28 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 30. Der Bundesrat ist mit dem Vollzüge der Vorschriften dieses Beschlusses, welcher am 1. Juli 1910 in Kraft tritt, beauftragt.

Bundesblatt. 62. Jahrg. Bd. in.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn (teilweise Zahnradbahn) von Brig über Riederalp und Eggishorn zum Aletschgletscher beim Märjelensee. (Vom 31. Mai 1910.)

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23

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08.06.1910

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