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Bundesgesetz betreffend

das schweizerische Postwesen.

(Vom 5. April 1910.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Ausführung des Art. 36 der Bundesverfassung; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 25. Februar 1907, beschliesst:

Geltungsbereich.

Artikel eins. Das gegenwärtige Gesetz findet Anwendung auf den Postverkehr im Innern der Schweiz.

Auf den Postverkehr mit dem Auslande findet es nur insoweit Anwendung, als in den Verträgen und Übereinkommen, die auf Grund von Art. 71 abgeschlossen werden, nichts gegenteiliges vereinbart ist.

Umfang des Postbetriebes.

Art. 2.

Die schweizerische Post besorgt :

a. die Beförderung von Personen und deren Gepäck durch die regelmässigen Postkurse und durch Extraposten (Art. 20--23} ; Sundesblatt. 62. Jahrg. Bd. II.

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678 b. die Beförderung von Briefpostgegenständen (Art. 24 und 35); c. die Beförderung von Paketpostgegenständen (Art. 36) ; d. die Bestellung von gerichtlichen und Betreibungsakten (Art. 24) ; e. die Abonnemente auf Zeitungen und Zeitschriften (Art. 31) ; f. den Einzug von Geldbeträgen, sei es durch Nachnahmen auf Brief- und Paketpostgegenständen (Art. 42) oder durch Einzugsmandate (Art. 45) ; die Aufnahme von Wechselprotesten auf protestabeln Papieren, welche in Einzugsmandaten versandt werden ; ff. die Vermittlung der Zahlung von Geldbeträgen durch Postanweisungen (Art. 43 und 44); /*. die Annahme, Auszahlung und Anweisung von Geldbeträgen im Postcheck- und Giroverkehr (Art. 46--52) oder durch ein anderes Verfahren.

Art. 3. Die Bundesversammlung kann der Post weitere Dienstzweige, die sich für ihren Betrieb eignen, zur Besorgung übertragen.

Postregal.

Umfang.

Art. 4. Unter den in Art. 6 und 7 vorgesehenen Ausnahmen hat die Post das ausschliessliche Recht : a. der regelmässigen und der periodischen Beförderung von Personen, inbegriffen die Beförderung durch Extraposten; o. der Beförderung von verschlossenen Briefen und voa Karten mit schriftlichen Mitteilungen (Postkarten) ;

679 e. der Beförderung von verschlossenen Sendungen aller Art, welche das Gewicht von 5 Kilogramm nicht übersteigen.

Als verschlossen im Sinne der litera b und c sind alle Sendungen anzusehen, welche so versiegelt, verschnürt, vernagelt, zugeklebt, zugenäht, mit Schloss versehen oder sonst in ihrem Umschlag verwahrt sind, dass deren Inhalt nicht ohne Aufbrechen, Aufschneiden oder Anwendung von Schlüsseln oder ändern Instrumenten herausgenommen werden kann.

Art. 5. Es ist untersagt, einzelne der in Art. 4, lit. b und c, erwähnten Gegenstände, welche für verschiedene Personen bestimmt sind, in eine Sendung zu vereinigen, werde diese Gesamtsendung mit der Post oder mit einer ändern Verkehrsanstalt befördert.

Ausnahmen.

Art. 6. Das in Art. 4 und 5 festgestellte Regal der Post erstreckt sich nicht: a. auf die Beförderung von Personen mittelst der Bundesbahnen oder konzessionierter Verkehrsanstalten; b. auf das Versenden und Vertragen der in Art. 12 und Art. 14 bezeichneten Gegenstände, falls die Post deren Beförderung ablehnt; c. auf das Versenden und Vertragen der in Art. 4, lit. b und c, erwähnten verschlossenen Briefe, Postkarten und verschlossenen Sendungen aller Art bis zum Gewichte von 5 Kilogramm: 1. im O r t s v e r k e h r : wenn es durch deren Eigentümer selbst oder eine von ihm hierzu besonders beauftragte Person geschieht, ohne dass daraus ein

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eigentliches Gewerbe gemacht wird, oder wenn es aus blosser Gefälligkeit, somit nicht gegen Bezahlung stattfindet; Personen, welche im Dienste der schweizerischen Bundesbahnen, einer öffentlichen Verkehrsanstalt (Post, Telegraph, Telephon) oder einer vom Bunde konzessionierten Verkehrsanstalt (Eisenbahn, Dampfschiff etc.) stehen, ist jede Versendung oder Vertragung von solchen Sendungen verboten, welche ihnen Drittpersonen übertragen wollten; 2. auch a u s s e r h a l b des O r t s v e r k e h r s : wenn es zwischen den Verwaltungen der Bundesbahnen unter sich, zwischen diesen Verwaltungen und den Verwaltungen der konzessionierten Verkehrsanstalten, zwischen diesen letztern unter sich, zwischen allen vorgenannten Verwaltungen und ihren Dienststellen und zwischen diesen Dienststellen unter sich durch ihr Personal stattfindet, jedoch nur, wenn diese Sendungen den Dienst der Verkehrsanstalten betreffen.

Der Ortsverkehr umfasst in der Kegel das Gebiet derjenigen politischen Gemeinde, in welcher der Versender seinen Wohnsitz oder Geschäftssitz oder eine Filiale seines Geschäftes hat.

Wo die örtlichen Verhältnisse es rechtfertigen, können von der Oberpostdirektion über den Umfang des Ortsverkehrs ausnahmsweise im Sinne der Erweiterung andere Anordnungen getroffen werden.

Art. 7. Der Bundesrat kann in bezug auf Botenverbindungen, welche vorzugsweise örtlichen oder industriellen Bedürfnissen dienen, unter Festsetzung bestimmter Grenzen weitere Ausnahmen vom Regal gestatten.

Art. 8. Der ßundesrat erlässt die allgemeinen Vorschriften über die rege! massige und die periodische Beför-

681 derung von Personen auf Schiffen, mit Fuhrwerken, Automobilen und ändern Verkehrsmitteln.

Das Post- und Eisenbahndepartement erteilt die Konzession für die regelmässige und die periodische Beförderung von Personen auf bestimmte Zeit gegen Entrichtung der vorschriftsgemässen Gebühren.

Art. 9. Die konzessionierten Schiffahrtunternehmungeri unterliegen der Aufsicht des Bundes. Ebenso sind Automobile, Aufzüge und Luftseilbahnen, welche konzessionierten Unternehmungen angehören, bezüglich ihrer technischen Einrichtungen und ihres Betriebes der Aufsicht des Bundes unterstellt.

Alle übrigen, nicht konzessionierten Unternehmungen angehörenden Verkehrsmittel unterliegen der Aufsicht der Kantone.

Allgemeine Bedingungen der Posttoeförderung.

Postgeheimnis.

Art. 10. Das Postgeheimnis ist gemäss Art. 36, Absatz 4, der Bundesverfassung gewährleistet.

Das Postgeheimnis bedeutet das unbedingte Verbot, der Post anvertraute, verschlossene Gegenstände zu öffnen, ihrem Inhalte auf irgend eine Weise nachzuforschen, über den Postverkehr der einzelnen Personen irgendwelche Mitteilungen an Dritte zu machen oder irgend jemand Gelegenheit zu geben, solche Handlungen vorzunehmen.

Vorbehalten bleibt die postamtliche Öffnung der in Art. 16 erwähnten unanbringlichen verschlossenen Gegenstände, sowie die Nachprüfung und die Wiederverpackung von während der Beförderung beschädigten Sendungen ; Nachprüfung und Wiederverpackung haben im Beisein von wenigstens zwei Postbeamten oder Angestellten zu geschehen.

682 Die zuständigen Gerichts- und Polizeibehörden sind berechtigt, mittelst schriftlichen Begehrens von der Postverwaltung die Einsichtnahme oder Auslieferung von Postsendungen und Postcheckgeldern oder Auskunftserteilung über den Postverkehr bestimmter Personen zu verlangen in Fällen, in denen es sich um eine von Amtes wegen zu führende Strafuntersuchung oder um die Verhinderung eines Verbrechens handelt.

Bis zum Erlass eines Spezialgesetzes soll durch Verordnung des Bundesrates festgestellt werden, in welchen ändern Fällen die Verwaltung berechtigt ist, derartigen Begehren zu entsprechen, und welches Verfahren dabei zu beachten ist.

Edition von Akten.

Art. 11. Die Verwaltung ist nicht verpflichtet, an dritte Personen oder Amtsstellen Akten auszuliefern. In Streitfällen entscheidet der Bundesrat.

Gegenstände, die von der Beförderung ausgeschlossen sind.

Art. 12. Es ist verboten, zur Versendung mit der Post Gegenstände aufzugeben, deren Beförderung mit Gefahr verbunden ist, namentlich solche, die explodierbar oder durch Reibung, Luftzutritt, Druck oder auf andere Weise leicht entzündlich sind, sowie ätzende Flüssigkeiten.

Wenn Verdacht besteht, dass die Sendungen Gegenstände der obigen Art enthalten, sind die Poststellen befugt, vom Aufgeber die Angabe des Inhalts zu verlangen und, falls dieselbe verweigert wird, die Annahme der Sendung abzulehnen.

Wer derartige Sachen unter unrichtiger Angabe oder Verschweigung des Inhalts aufgibt, hat für jeden entstehenden

683 Schaden zu haften. Er kann, ob Schaden erfolgt oder nicht, nach Massgabe des Art. 117 mit einer Busse belegt werden, sofern sich nicht seine Handlung als ein schwereres Vergehen oder als Verbrechen qualifiziert.

Art. 13. Von der Beförderung mit der Post sind Sendungen ausgeschlossen, welche äusserlich Zeichen oder Bemerkungen beschimpfenden oder unsittlichen Inhalts tragen, und Postkarten oder andere unverschlossene Sendungen, bei welchen wahrgenommen wird, dass der Inhalt beschimpfender oder unsittlicher Natur ist oder zur Begehung von Verbrechen auffordert.

Gegenstände, für die kein Anspruch auf Beförderung besteht.

Art. 14. Kein Anspruch auf Beförderung durch die Post besteht für Gegenstände : «. die das Postpersonal oder die Reisenden in den Postwagen verletzen oder belästigen oder andere Gegenstände verunreinigen oder sonst beschädigen können; b. die leicht zerbrechlich und ungenügend verpackt oder selbst bei ordentlicher Behandlung dem Verderben unterworfen sind; c. die wegen ihres grossen Umfanges oder Gewichtes oder wegen ihrer Beschaffenheit sich für die Postbeförderung nicht eignen; d. für welche die verfügbaren Beförderungsmittel der Post nicht ausreichen.

Art. 15. Offene Sendungen von Lotterieanzeigen und geschlossene Sendungen, bei denen aus äusserlichen Anzeichen hervorgeht, dass sie Lotterieanzeigen enthalten, werden nur dann befördert, wenn der Aufgeber nachweist,

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dass die betreffenden Verlosungen von der zuständigen Behörde des Bestimmungsortes bewilligt worden sind.

Unanbringliche Postgegenstände.

Art. 16. Die Postgegenstände, welche aus irgend einem Grunde weder bestellt, noch dem Versender zurückgegeben werden können, ferner die liegen gebliebenen Reisegepäckstücke, sowie alle Gegenstände, die in den Diensträumen und in den Postwagen aufgefunden werden und welche dem Eigentümer nicht zugestellt werden können, sind als unanbringlich (Rebuts) zu behandeln, und zwar in folgender Weise : a. alle derartigen Gegenstände worden monatlich wenigstens einmal durch drei hierzu beauftragte Beamte der Verwaltung untersucht, die verschlossenen Sachen werden geöffnet, um festzustellen, ob sie dem Adressaten oder dem Versender eingehändigt werden können ; weiter dürfen die erwähnten Beamten vom Inhalt der brieflichen Mitteilungen nicht Kenntnis nehmen ; von den Gegenständen, die innert 2 Monaten weder dem Adressaten noch dem Versender zugestellt werden können, werden die wertlosen vernichtet, die verkäuflichen veräussert; der Verkauf findet jährlich wenigstens einmal statt; b. die aus den verwerteten Sachen sich ergebenden Erlöse, die Barsendungen, sowie Postanweisungsbeträge, welche weder dem Adressaten zugestellt, noch dem Versender zurückgegeben werden können, ferner Nachnahme- und Einzugsmandatbeträge, welche vom Adressaten eingelöst, dem Versender jedoch nicht ausbezahlt werden können, sind zur Verfügung der Berechtigten zu halten. Mit dem Ablauf von fünf Jahren fallen1 sie dem Bunde zu.

685 Art. 17. Unanbringliche Postgegenstände können sofort verwertet werden, wena sie schnellem Verderben ausgesetzt sind; ihre sofortige Verwertung oder Vernichtung ist anzuordnen, wenn dies aus gesundheitlichen Rücksichten als geboten erscheint.

Taxen und Gebühren.

Allgemeine Bestimmungen.

Art. 18. Die in diesem Gesetze festgesetzten Taxen und Gebühren sind als Höchstansätze zu betrachten.

Der Bundesrat ist ermächtigt, unter Vorbehalt der Genehmigung durch die Bundesversammlung, einzelne dieser Taxen und Gebühren herabzusetzen.

Art. 19. Wenn ein Gegenstand weder vom Empfänger noch vom Versender gegen Zahlung der darauf haftenden Taxen und Auslagen angenommen wird, so ist die Verwaltung befugt, den Versender für diesen Betrag zu belangen. Wenn die Zahlung nicht auf diese Weise bewirkt wird', so ist die Sendung als unanbringlich (Art. 16) zu behandeln.

Personenpost.

Art. 20. Die Taxen für die Personenbeförderung in Postwagen werden vom Bundesrat innerhalb eines H ö c h s t b e t r a g e s festgesetzt, welcher für jeden Kilometer Entfernung beträgt : a. auf Alpenstrassen oder ändern Strassen, auf welchen der Betrieb besondere Schwierigkeiten bietet oder mit bedeutenden Kosten verbunden ist, 30 Rappen für den Platz auf den gedeckten Aussensitzen (Coupe oder Bankette), 25 Rappen für den Platz im Innern des Wagens ;

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b. auf allen ändern Strassen 20 Rappen für den Platz auf den gedeckten Aussensitzen, 15 Rappen für den Platz im Innern des Wagens.

Die erhöhte Taxe für die Alpenstrassen soll in der Regel nur je weilen vom 15. Juni bis 15. September berechnet werden.

Für L o k a l p o s t k u r s e sollen 'die Taxen möglichst massig gehalten werden.

Art. 21. Es werden Abonnements- und Retourbillette zu ermässigten Preisen ausgegeben.

Über Erteilung von Freiplätzen in den Postwagen erlässt der Bundesrat die erforderlichen Vorschriften.

Unbefugtes Mitfahren in Postwagen wird als Verletzung des Postgesetzes bestraft.

Die Postverwaltung ist berechtigt, den Reisenden einen bestimmten Platz im Postwagen anzuweisen.

Art. 22. Jeder Postreisende kann auf Alpenstrassen bis 10 Kilogramm, auf gewöhnlichen Poststrassen bis 15 Kilogramm Gepäck frei mit sich führen. Für das Mehrgewicht ist eine Taxe zu entrichten, welche der Bundesrat durch Verordnung festsetzt.

Art. 23. Im Bedarfsfalle können E x t r a p o s t e n eingerichtet werden. Eine vom Bundesrate zu erlassende Verordnung setzt die Taxen und die bezüglichen Vorschriften fest.

Briefpost.

Art. 24. Als Briefpostgegenstände werden befördert: a. Briefe, gerichtliche und Betreibungsakten, sowie kleine Pakete bis zum Gewichte von 250 Gramm, sofern diese Gegenstände keine Wertangabe tragen und sofern bei kleinen Paketen der Versender nicht ausdrücklich die Beförderung mit der Paketpost verlangt; b. Postkarten ;

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c. Warenmuster und Drucksachen bis aum Gewichte von 500 Gramm, abonnierte Drucksachen bis zum Gewicht von 2 Kilogramm; d. abonnierte Zeitungen und Zeitschriften :, e. portofreie Sendungen bis zum Gewicht von 2 Kilogramm.

Art. 25. Für die einzelnen f r a n k i e r t e n Briefpostgegenstände werden folgende Taxen erhoben : a. für Briefe und kleine Pakete : 10 Rappen bis zum Höchstgewicht von 250 Gramm für die ganze Schweiz; 5 Rappen bis zum Höchstgewicht von 250 Gramm für den Lokalrayon, d. h. für einen Umkreis von 10 Kilometer in gerader Linie von Poststelle zu Poststelle gemessen ; die Taxen für gerichtliche und Betreibungsakten werden vom Bundesrate festgesetzt ; b. für einfache Postkarten : 5 Rappen ; Doppelpostkarten mit frankierter Antwort: 10 Rappen; c. für Warenmuster: 5 Rappen bis zum Gewicht von 250 Gramm; 10 Rappen für Sendungen von 250 bis 500 Gramm; d. für Drucksachen : 2 Rappen bis eum Gewicht von 50 Gramm; 5 Rappen für Sendungen über 50 bis 250 Gramm; 10 Rappen für Sendungen über 250 bis 500 Gramm ; 15 Rappen, den Hin- und Rückweg zusammengenommen, bis zum Gewicht von 2 Kilogramm für frankierte Drucksachen, welche zur regelmassigen Versendung abonniert sind, sowie für Büchersendungen öffentlicher Bibliotheken im Ausleihverkehr ; «. für abonnierte Zeitungen und abonnierte Zeitschriften : */* Rappen für jedes Exemplar bis

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zum Gewicht von 75 Gramm und 3/* Rappen für je weitere 75 Gramm oder Bruchteile dieses Gewichtes.

Der Bundesrat ist ermächtigt, auf ausländischen Zeitungen, die auf andere Weise als mit der Briefpost in die Schweiz eingeführt werden, die Taxe der Drucksachen für jedes Exemplar anzuwenden.

Art. 26. Die Taxe für u n f r a n k i e r t e Briefe, kleine Pakete, Postkarten und Warenmuster beträgt das Doppelte der in Art. 25, lit. a bis c, für frankierte Gegenstände vorgesehenen Taxe.

Unfrankierte Drucksachen finden keine Beförderung ; ungenügend frankierte Drucksachen unterliegen den Bestimmungen des Art. 27.

Art. 27. U n g e n ü g e n d frankierte Briefpostgegenstände werden unter Abzug des Wertes der verwendeten Postwertzeichen mit der im Art. 25, lit. a bis d, festgesetzten Taxe belegt.

Art. 28. Die Warenmuster dürfen keinen Verkaufswert haben und ausser dem auf die Sendung bezüglichen Preis- oder Warenverzeichnisse keine handschriftlichen Zusätze enthalten ; sie müssen so beschaffen sein, dass sie sich zur Beförderung mit der Briefpost eignen, und derart unverschlossen aufgegeben werden, dass ihr Inhalt leicht nachgeprüft worden kann.

Mustersendungen, welche diesen Bestimmungen nicht entsprechen, werden nicht zur ermässigten Taxe befördert.

Art. 29. Die Drucksachen müssen unter Band oder sonst derart unverschlossen aufgegeben werden, dass ihr Inhalt leicht nachgeprüft werden kann.

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Der Bundesrat erlässt die nähern Vorschriften über den Begriff der Drucksache, die zulässigen handschriftlichen Zusätze und die Beilagen, welche den Drucksachen mitgegeben werden dürfen.

Drucksachen, welche diesen Bedingungen nicht entsprechen, werden zu der in Art. 25, lit. », oder zu der in Art. 38 festgesetzten Taxe befördert.

Art. 30. Wenn ein Briefpostgegenstand am ursprünglichen Bestimmungsort nicht bestellt werden kann und an einen ändern Ort versendet wird, so wird für diese Weitersendung eine neue Taxe nicht erhoben, es sei denn, dass ein Brief aus dem Lokalrayon in den weitern Verkehr übergehe. In diesem Falle kommt, wenn die Sendung erstmals frankiert war, für die weitere Beförderung nur der fehlende Frankaturbetrag und wenn die erste Sendung unfrankiert oder ungenügend frankiert war, die in Art. 26 und 27 vorgesehene Taxe zur Anwendung.

Für die Rücksendung unbestellbarer Briefpostgegenstände an den Ort der Aufgabe wird keine Taxe erhoben.

Art. 31. Die in Art. 25, lit. e, vorgesehene Taxe gilt nur für Zeitungen und Zeitschriften, die in der Schweiz erscheinen und von den Verlegern abonnementsweise mit der Post versandt werden. Ausgeschlossen sind alle Veröffentlichungen, die bloss Geschäfts- oder Reklamezwecken dienen. Im Streitfalle entscheidet über die Frage, ob eine Veröffentlichung als Zeitung oder Zeitschrift versendet werden kann, der Bundesrat.

Die abonnierten Zeitungen und Zeitschriften müssen unverschlossen aufgegeben werden und dürfen keine handschriftlichen Zusätze enthalten.

Die in Art. 25, lit. e, festgesetzte Taxe ist spätestens am'Schlüsse des Vierteljahres zu entrichten. Der Betrag ist

690 bei jedesmaliger Ausrechnung der Gesamttaxe 5 Rappen zu ergänzen.

auf volle

Art. 32. Werden einer abonnierten Zeitung oder Zeitschrift Drucksachen beigeschlossen, die nicht eigentliche Bestandteile des Zeitungsblattes oder der Zeitschrift bilden und nicht lediglich zur Ergänzung, Erläuterung oder Illustrierung derselben dienen oder nicht im regelmässigen Abonnement in begriff en sind, so hat der Versender für dieselben die in Art. 25, lit.
Art. 33. Zeitungen' und Zeitschriften, welche weder postamtlich abonniert, noch abonnementsweise vom Verleger aufgegeben werden, unterliegen den in Art. 25, lit. d, Art. 26, 27 und 29 aufgestellten Bestimmungen betreffend die Drucksachen.

Art. 34. Für jedes postamtliche Abonnement bezieht die Post ohne Rücksicht auf seine Dauer eine vom Bundesrate festzusetzende Gebühr.

Art. 35. Alle Briefpostgegenstände, mit Ausnahme der abonnierten Zeitungen und Zeitschriften, können gegea Bezahlung einer festen Gebühr von 10 Rappen zur Einschreibung (Rekommandation) aufgegeben werden.

Die Taxen der eingeschriebenen Briefpostgegenstände müssen vom Versender entrichtet werden.

Paketpost.

Art. 36. Als Paketpostgegenstände werden befördert : a. die Sendungen mit Wertangabe; b. die Sendungen ohne Wertangabe, welche das Gewicht von 250 Gramm übersteigen ; ausgenommen sind : die Warenmuster und Drucksachen bis zum Gewichte von 500 Gramm (Art. 24, lit. c) ; die abonnierten Druck-

«91 Sachen, sowie die Büchersendungen öffentlicher Bibliotheken im Ausleihverkehr bis zum Gewicht von 2 Kilogramm (Art. 25, lit. d) ; die abonnierten Zeitungen und Zeitschriften (Art. 24, lit. cf) ; die portofreien Sendungen bis zum Gewicht von 2 Kilogramm (Art. 24, lit. e); c. kleine Pakete unter 250 Gramm, welche der Versender ausdrücklich zur Beförderung mit der Paketpost bezeichnet (Art. 24, lit. a).

Art. 37. Alle Paketpostgegenstände werden eingeschrieben und unterliegen der in den Art. 38 oder 39 festgesetzten Taxe nach dem Gewicht. Für diejenigen, welche eine Wertangabe tragen, wird der Gewichtstaxe die im Art. 40 vorgesehene Werttaxe beigefügt.

Art. 38. Die Gewichtstaxe für jeden frankierten Paketpostgegenstand beträgt ohne Rücksicht auf die Entfernung : für Stücke bis 500 Gramm Gewicht 15 Rappen ; für Stücke über 500 Gramm bis 2 */2 Kilogramm Gewicht 25 Rappen; für Stücke über 2 1/s Kilogramm bis 5 Kilogramm Gewicht 40 Rappen ; für Stücke über 5 bis 10 Kilogramm Gewicht 70 Rappen ; für Stücke über 10 bis 15 Kilogramm Gewicht l Franken für Stücke über 15 bis 20 Kilogramm Gewicht Fr. 1. 50.

Die Gewichtstaxe für Stücke über 20 Kilogramm wird nach der Entfernung berechnet. Sie beträgt für je 5 Kilogramm oder einen Bruchteil von 5 Kilogramm auf eine Entfernung von 100 Kilometern 30 Rappen, 200 Kilometern 60 Rappen, 300 Kilometern 90 Rappen, auf jede weitere Entfernung 120 Rappen.

692 Art. 39. Bei unfrankierten und ungenügend frankierten Paketpostgegenständen wird für jedes Stück eine Zuschlagstaxe von 10 Rappen erhoben.

Art. 40. Die Werttaxe darf bei Sendungen bis auf 1000 Franken 5 Rappen für je 300 Franken des angegebenen Wertes nicht übersteigen.

Jeder Bruchteil von 300 Franken wird für volle 300 Franken gerechnet.

Die Werttaxe für Sendungen mit angegebenem Wert von über 1000 Franken wird vom Bundesrat festgesetzt.

Art. 41. Wenn mehrere Paketpostgegenstände zu einer Adresse gehören, so wird für jedes einzelne Stück die Taxe selbständig berechnet.

Alle Taxbeträge sollen durch 5 teilbar sein und werden zu diesem Zwecke, soweit nötig, aufgerundet.

Nachnahmen.

Art. 42. Alle Brief- und Paketpostgegenstände mit Ausnahme der zur ermässigten Taxe aufgegebenen Büchersendungen öffentlicher Bibliotheken im Ausleihverkehr und der abonnierten Zeitungen und Zeitschriften (Art. 25, lit. d und e), ferner der gerichtlichen und der Betreibungs-Akten (Art. 25, lit. a), sowie der portofreien Sendungen (Art. 56 bis 60), können mit Nachnahme belastet werden.

Die Briefpostnachnahmen können auch zur Einschreibung (Art. 35) aufgegeben werden.

Die Nachnahme darf den Betrag von Fr. 1000 nicht überschreiten.

Ausser der gewöhnlichen Taxe unterliegen die Nachnahmen einer Gebühr von höchstens 10 Rappen für je 10 Franken oder den Bruchteil dieses Betrages. Der Bundesrat wird ermächtigt, für die Nachnahmegebühr das

693 System der im Art. 43 festgesetzten Postanweisungstaxe mit einer festen Einzugsgebühr für jede Sendung zur Anwendung zu bringen.

Die Nachnahmen sind vom Absender zu frankieren, jedoch ist letzterer berechtigt, den Betrag der Posttaxen und der Gebühr dem Nachnahmebetrag beizufügen.

Postanweisungen.

Art. 43. Die Postanweisungen sind zulässig bis zum Betrage von 1000 Franken.

Sie unterliegen folgenden Taxen : bis 20 Franken 15 Rappen, über 20 bis 100 Franken 20 Rappen, ,, 100 ,, 200 ,, 30 ,, und so fort 10 Rappen mehr für je 100 Franken oder einen Teil von 100 Franken.

Die Taxe ist stets vom Aufgeber zu erlegen.

Art. 44. Bei telegraphischen Postanweisungen werden zu den im Art. 43 festgesetzten Ansätzen die Taxen und Gebühren der Telegraphenverwaltung hinzugerechnet.

Für amtliche Postanweisungen kann der Bundesrat den Höchstbetrag auf mehr als 1000 Franken festsetzen.

Einzugsmandate.

Art. 45. Die Einzugsmandate sind zulässig bis zum Betrage von 1000 Franken und unterliegen zu Lasten des Versenders der Taxe eines eingeschriebenen Briefes (Art. 25, lit. a, und Art. 35). Nach dem Einzug wird für jedes Einzugsmandat, das heisst für den von jedem Schuldner eingezogenen Betrag, eine feste Gebühr von 10 Rappen berechnet, die bei der Übermittlung des Betrages an den Aufgeber nebst der in Art. 43 festgesetzten Postanweisungstaxe vom erhobenen Betrag abgezogen wird.

Bundesblatt. 62. Jahrg. Bd. II.

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694 Erfolgt die Überweisung des Betrages auf eine Checkrechnung, so kommt die in Art. 51, lit. a, festgesetzte Einzahlungsgebühr zur Anrechnung.

Für Einzugsmandate, die auf eine Postcheckrechnung übertragen werden, kann der Bundesrat den Höchstbetrag auf mehr als 1000 Franken festsetzen.

Postcheeks und -Giros.

Art. 46. Die Teilnahme am Postcheck- und Giroverkehr ist jedermann gestattet; ausgenommen sind nur Personen, über deren Handlungsfähigkeit Zweifel bestehen oder die sich im Konkurse befinden oder fruchtlos gepfändet worden sind.

Art. 47. Jeder Teilnehmer am Postcheck- und Giroverkehr hat eine unantastbare Stammeinlage zu leisten.

Art. 48. Es sind nur Inhaberchecks zulässig.

Im übrigen und soweit in diesem Gesetz nichts anderes vorgeschrieben ist, finden die Bestimmungen des Zivilrechtes Anwendung.

Art. 49. Die Oberpostdirektion hat die Gelder des Postcheck- und Giroverkehrs anzulegen und zu verwalten.

Art. 50. Durch Verordnung des Bundesrates werden bestimmt : «. die Höhe der Stammeinlagen ; b. der Höchstbetrag einmaliger Einlagen, wenn eine Beschränkung für gut befunden wird ; c. die Höhe der Postcheeks, die ohne Voranzeige zur Rückzahlung vorgewiesen werden können ; d. der Zinsfuss der Stammeinlagen und der Kontoguthaben über die Stammeinlagen hinaus. Der Zinsfuss für die Kontoguthaben darf 2 vom Hundert im Jahr nicht übersteigen.

695 Art. 51. Die Gebühren betragen: a. bei Einzahlungen : 5 Rappen für je 100 Franken oder einen Bruchteil von 100 Franken ; 6. bei Auszahlungen : bei jeder Rückzahlung am Schalter der Checkbureaux 5 Rappen für je 1000 Franken oder einen Bruchteil von 1000 Franken; bei Anweisungen auf Poststellen 5 Rappen für jede Auszahlung zuzüglich die Gebühr, welche für Rückzahlungen am Schalter der Checkbureaux erhoben wird.

Art. 52. Die Kündung der Konti ist für die Postverwaltung und für die Kontoinhaber jederzeit auf eine vierzehntägige Frist hin zulässig. Die Postverwaltung ist jedoch zu sofortiger Kündung befugt, wenn der Kontoinhaber über mehr verfügt, als sein Guthaben beträgt.

Fach-, Bestell- und Lagergebühren.

Art. 53. Sofern es die Dienstverhältnisse gestatten, werden zur Ablieferung von Brief- und Paketpostgegenständen bei den Poststellen auf Verlangen der Adressaten eigene Fächer gehalten, wofür je eine monatliche Gebühr bis auf l Franken 50 Rappen, mit einem Zuschlag bis auf l Franken für sogenannte Doppelfächer, zu entrichten ist.

Art. 54. Für Postgegenstände über 5 Kilogramm Gewicht oder mit angegebenem Wert über 1000 Franken, welche die Post in die Wohnung des Adressaten abliefert, wird eine massige, vom ßundesrat festzusetzende Bestellgebühr bezogen.

Ebenso wird der Bundesrat die Bedingungen aufstellen, unter denen der Absender oder der Empfänger

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verlangen kann, dass eine Postsendung ausserhalb der ordentlichen Gelegenheiten durch Expressen dem Adressaten zugestellt werde.

Art. 55. Der Bundesrat ist befugt, Gebühren für die Lagerung von Paketpostgegenständen und Reisegepäckstttcken festzusetzen.

Portofreiheit.

Art. 56. Von der Entrichtung der Posttaxen sind befreit : a. die Mitglieder der Bundesversammlung und deren Kommissionen, wenn sie sich am Sitzungsorte befinden, während der Dauer der Sitzungen, für die ein- und ausgehenden Sendungen; die Mitglieder der Kommissionen der Bundesversammlung für den amtlichen Aktenwechsel unter sich und mit den Bundesbehörden ; b. die Behörden und Amtsstellen der Eidgenossenschaft, die Generaldirektion und die Kreisdirektionen der schweizerischen Bundesbahnen, einschliesslich deren Unterabteilungen, die Behörden und Amtsstellen der Kantone, der Bezirke und Kreise, sowie die Aufsichtsbehörden der öffentlichen Schulen, für die in Amtssachen ausgehende Korrespondenz; c. die Gemeindebehörden, die staatlichen oder vom Staate als öffentlich anerkannten Pfarrämter und Kirchenvorstände, die Zivilstandsämter für die Korrespondenz, welche sie unter sich und mit den Oberbehörden in Amtssachen auswechseln ; die Betreibungsämter für die Korrespondenz in Amtssachen mit den Oberbehörden; d. das im Dienste stehende Militär für die ein- und ausgehenden Sendungen, und das nicht im Dienste stehende

697 Militär für militärdienstliche Korrespondenzen und Sendungen ; e. die Behörden und Dienststellen der Post-, Telegraphenund Telephonverwaltungen überdies für alle zur-Postbeförderung geeigneten Gegenstände, welche sie unter sich im Dienstverkehr versenden. Desgleichen sind taxfrei die in diesem Dienstverkehr aufgegebenen Telegramme und geführten Telephongespräche.

Die unter lit. « bis d bewilligte Portofreiheit erstreckt sich nur auf Postgegenstände, die das Gewicht von 2 Kilogramm nicht übersteigen, keine Wertangabe tragen und nicht zar Einschreibung aufgegeben werden. Der Bundesrat ist befugt, in einzelnen Fällen die Gewichtsgrenze der portofreien Sendungen auszudehnen.

Geldsendungen an Militärs im Dienst sind vom Porto befreit.

Art. 57. Als Amtssachen im Sinne von Art. 56 sind nur solche Mitteilungen zu bezeichnen, die im Interesse des Staates, der Gemeinde, der Kirche oder der Schule gemacht werden.

Art. 58. Kantonale und Gemeindeunternehmungen, welche wirtschaftlichen oder Erwerbszwecken dienen, gemessen keine Portofreiheit. Die Bezeichnung dieser Unternehmungen erfolgt durch den Bundesrat auf dem Wege der Verordnung.

Art. 59. Wenn die Vermutung besteht, dass die Portofreiheit unberechtigterweise in Anspruch genommen werde, so hat die Postverwaltung die betreffende Sendung als unfrankiert zu taxieren. Dem Versender und dem Empfänger bleibt überlassen, auf der Poststelle die Berechtigung zur Portofreiheit durch Öffnung der Sendung nachzuweisen.

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Wird der Nachweis erbracht, so wird die Taxe gestrichen.

Ergibt sich bei der Öffnung der Sendung ein Missbrauch der Portofreiheit, so tritt Ahndung ein gemäss Art. 117 dieses Gesetzes.

Art. 60. Der ßundesrat ist befugt, für die Beförderung sogenannter Liebesgaben zur Linderung von Notständen und für den zu diesem Zwecke unterhaltenen Brief postverkehr zeitweise Portofreiheit zu gewähren.

Der Bundesrat ist ferner befugt, im Rahmen eines jährlich von der Bundesversammlung zu bewilligenden Kredites an Anstalten, Gesellschaften und Vereine, welche sich mit Armenunterstützung befassen oder ähnliche wohltätige Zwecke verfolgen, unentgeltlich besonders gekennzeichnete Postwertzeichen für Briefpostsendungen abzugeben.

Empfangsbescheinigung. Bückscheine.

Art. 61. Von den Poststellen werden unentgeltliche Empfangscheine verabfolgt : a. für einzuschreibende Postsendungen, vorbehaltlich Absatz 2 ; b. für aufgegebene Postanweisungen, sowie bare Einzahlungen im Postcheekverkehr.

Für Paketpostgegenstände ohne Wertangabe werden auf Verlangen der Versender gegen eine Gebühr von 5 Rappen Empfangscheine ausgestellt; bei Empfangscheinbüchern beträgt die Taxe für jede taxpflichtige Bescheinigung 3 Rappen.

Art. 62. Die Postverwaltung hat sich für die Bestellung eingeschriebener Postsendungen und Postanweisungen den Empfang vom Bezugsberechtigten bescheinigen zu lassen.

Die Bescheinigung ist auch gültig, wenn sie von einem erwachsenen, mit dem bezeichneten Empfänger im gleicheu Haushalte lebenden Familiengliede abgegeben wird.

699 Gesellschaften, Genossenschaften, überhaupt juristische Personen jeder Art, haben der Poststelle eine schriftliche, beglaubigte Erklärung mit den Namen der bezugsberechtigten Personen auszuhändigen.

Art. 63. Gegen Vorausbezahlung einer Gebühr von "20 Rappen verschafft die Verwaltung dem Versender eines eingeschriebenen Briefpostgegenstandes, einer Postanweisung, eines Paketpostgegenstandes oder dem Einzahler eines Postcheckbetrages eine Empfangsbescheinigung des Empfängers (Rückschein).

Deckung der Taxen und Gebühren. Wertzeichen.

Art. 64. Die Deckung der Taxen für frankierte Briefund Paketpostgegenstände erfolgt bei der Aufgabe mittelst Wertzeichen.

Bei unfrankierten oder ungenügend frankierten Briefund Paketpostgegenständen wird der Portobetrag durch die Post mittelst besonderer Wertzeichen (Taxmarken) gedeckt und vom Empfänger eingezogen.

Die Wertzeichen werden von der Verwaltung ausgegeben oder von ihr auf Briefunischlägen und dergleichen angebracht, die ihr zu diesem Behufe von Privaten eingereicht werden.

Die Taxen für Pakete, die auf dem Abrechnungswege der Post übergeben werden, können auch in bar entrichtet werden.

Art. 65. In bezug auf die Deckung der Taxen und Gebühren der abonnementsweise aufgegebenen Zeitungen und Zeitschriften, ferner derjenigen im Check- und Giroverkehr, der Fach-, Bestell-, Lager-, Expressgebühren und so weiter erlässt der Bundesrat die erforderlichen Vorschriften.

100

Art. 66. Die Postwertzeichen werden zum Taxwerte verkauft. Der Bundesrat kann den Wiederverkäufern von Postwertzeichen eine mäßige Entschädigung bewilligen.

Die Wert/.eichen sind in der Regel auf der Adressscite der Sendung vom Aufgeber aufzukleben und werden von der Postverwaltung entwertet.

Die Wertzeichen und Bänder sind im Gewichte der Postsendungen inbegriffen.

Die Verwendung schon benutzter Postsvertzéichen ist strafbar.

Adressänderung. Rückzugsbegehren. Nachforschung.

Art. 67. Der Versender hat das Recht, aufgegebene Postgegenstände zurückzuziehen, oder zur Auslieferung an einen ändern Empfänger oder an einen ändern Ort Anweisung zu erteilen. Sobald jedoch die Sendung nach Ankunft am Bestimmungsort dem zuerst bezeichneten Empfänger gemeldet oder von diesem die Auslieferung verlangt worden ist, darf einer anderweitigen Verfugung nur mit seiner Zustimmung entsprochen werden.

Art. 68. Der Bundesrat kann für die Behandlung der in Art. 67 vorgesehenen Rückzugsbegehren oder Anweisungen für Weiterleitung, sowie für Nachforschungen nach aufgegebenen Postgcgensülnden (Reklamationen und andere gleichartige Begehren) eine massige Gebühr festsetzen.

Dio Gebühr für Nachforschung ist zurückzuerstatten, wenn ein Verschulden der Post vorliegt.

Stempelsteuerbefreiung.

Art. 69. Scheine, Checks, Rechnungen und dergleichen, die im Postverkehr von der Verwaltung oder von Privaten ausgestellt werden, sind den kantonalen Stempelsteuern nicht unterworfen.

701

Organisation.

Allgemeine Bestimmungen.

Art. 70. Die oberste Leitung des Postwesens steht dem Bundesrate zu.

Alle das Postwesen betreffenden Verfügungen gehen von ihm aus, soweit er nicht seine Befugnisse an das Postdepartement, an die Oberpostdirektion oder an die Kreispostdirektionen überträgt.

Art. 71. Der Bundesrat führt die Unterhandlungen mit dem Auslande betreffend die allgemeinen Postverträge.

Die Grutheissung solcher Verträge steht der Bundesversammlung zu.

SpezialÜbereinkommen mit ändern Staaten, auf Grundlage der allgemeinen Postverträge, können vom Bundesrate endgültig genehmigt werden.

Art. 72. Die unmittelbare Oberaufsicht und Vollziehung in bezug auf das gesamte Postwesen ist dem Postdepartement übertragen.

Die Vollmachterteilung bei Vertretung der Postverwaltung vor dem Zivil- oder Strafrichter steht dem Postdepartement zu.

Art. 73. Der Geschäftsgang der Postverwaltung wird durch eine bundesrätliche Verordnung geregelt.

Zentralverwaltung.

Art. 74. Die Zentralverwaltung der Post ist der Oberpostdirektion übertragen, an deren Spitze der Oberpostdirektor, mit dem Oberpostinspektor als Stellvertreter, steht.

Art. 75. Die Oberpostdirektion umfasst folgende Dienstabteilungen, Beamtungen und Anstellungen:

702

I. Oberpostinspektorat.

Oberpostinspektor.

1. K a n z l e i und P e r s o n e l l e s .

Sektionschef (Inspektor) ; Adjunkt ; Sekretäre I. und II. Klasse; Kanzlisten I. und II. Klasse ; Gehülfen I. und II. Klasse ; Angestellte ; Hauswarte und Abwarte.

2. T a r i f - und R e k l a m a t i o n s b u r e a u .

Sektionschef (Inspektor! ; Adjunkt ; Materialverwalter ; Wertzeichenkontrolleur ; Sekretäre I. und II. Klasse ; Kanzlisten I. und II. Klasse ; Gehülfen I. und II. Klasse ; Angestellte.

II. Postknrslnspektorat.

PostkursinspeUor.

1. K u r s b u r e a u .

Sektionschef (Inspektor) ; Adjunkt ; Sekretäre I. und II. Klasse ; Kanzlisten I. und II. Klasse ; Angestellte.

2. T r a i n b u r e a u .

Sektionschef (Traininspektor) ; Inspektoren ; Gehülfen I. und II. Klasse ; Angestellte.

703

III. Oberpostkontrolle.

Oberpostìcontrolleur.

1. A b r e c h n u n g s b u r e a u .

Sektionschef (Kontrolleur) ; Adjunkt ; Revisoren I. und II, Klasse; Gehülfen I. und II. Klasse ; Angestellte.

2. P o s t a n w e i s u n g s b u r e a u .

Sektionschef (Kontrolleur) ; Adjunkt ; Revisoren I. und II. Klasse ; Gehülfen L und II. Klasse ; Angestellte.

IV. Postcheckinspektorat.

Postcheckinspektor.

Sektionschef (Inspektor) ; Adjunkte ; Revisoren I. und II. Klasse ; Grehülfen I. und II. Klasse ; Angestellte.

Den Dienstabteilungen der Oberpostdirektion wird ferner das erforderliche Hülfspersonal nach Massgabe der jährlichen Voranschläge zugeteilt.

Kreisverwaltungen.

Art. 76. Das schweizerische Postgebiet wird in elf Kreise eingeteilt, deren Begrenzung vom Bundesrate festgesetzt wird.

Die Verwaltung der Kreise wird Kreispostdirektionen übertragen, an deren Spitze je ein Direktor steht.

70é

Art. 77. Jede Kreispostdirektion uinfasst folgende Unterabteilungen, Beamtungen und Anstellungen : "1. K a n z l e i : Adj unkte ; Bureauchefs ; Dienstchefs ; Gehülfen I. Klasse ; Kommis ; Angestellte.

2. K a s s e : Kassier ; Dienstchefs ; Gehülfen I. Klasse ; Kommis ; Angestellte.

3. K o n t r o l l e : Kontrolleur ; Bureauchefs ; Dienstchefs ; Gehülfen I. Klasse; Kommis ; Angestellte.

Art. 78. Die Vorstände der wichtigsten Bureaux I. Klasse (Postverwalter und Bureauchefs) werden den Kreisverwaltungen zugeteilt.

Postbetrieb.

Art. 79. Der Postbetrieb wird durch Bureaux, Ablagen und Agenturen besorgt. Die Bureaux zerfallen in solche L, II. und III. Klasse, die Ablagen in rechnungspflichtige und nicht rechnungspflichtige 5 die Agenturen sind die schweizerischen Poststellen im Auslande; sie werden den Bureaux II. oder III. Klasse oder den Ablagen gleichgestellt.

705 Art. 80. Bureaux I. Klasse sind die Haupt- und Filialpostbureaux, welche am Sitze einer Kreispostdirektion, sowie an solchen Orten bestehen, in denen der Betriebsdienst durch mehrere getrennte Dienstabteilungen besorgt wird.

Für die Dienstabteilungen werden unter Leitung je eines verantwortlichen Bureau- oder Dienstchefs besondere Bureaux errichtet. Diesen wird die durch den Verkehr bedingte Anzahl von Unterbureauchefs, Kommis und Angestellten zugeteilt.

Die Oberleitung der Bureaux am Sitze der Kreispostdirektionen ist letzteren, diejenige der Bureaux an den ändern Orten einem Postverwalter übertragen.

Art. 81. Als Bureaux II. Klasse werden die Poststellen bezeichnet, denen ausser dem Vorstand ständig noch wenigstens ein festbesoldeter Beamter zugeteilt ist.

An der Spitze jedes Bureaus II. Klasse steht ein Postverwalter, dem die nötige Zahl von Dienstchefs, Kommis, Gehülfen und Angestellten zugeteilt wird.

Art. 82. Bureaux III. Klasse sind diejenigen, bei denen der Vorstand der einzige festbesoldete Beamte ist. Derselbe wird als Posthalter bezeichnet.

Die Beiziehung des allfällig nötigen Hilfspersonals für die Besorgung des Post-, Telegraphen- und Telephondienstes ist dem Stelleinhaber auf seine Kosten überbunden. Je nach dem Umfange des Verkehrs können diesen Bureaux auch von der Verwaltung besoldete Aspiranten oder Lehrlinge zugeteilt werden.

Die Besorgung des Bestell- und Botendienstes kann entweder dem Posthalter überbunden oder es kann dem Bureau hierfür die nötige Zahl Angestellte zugewiesen werden.

706

Art. 83. Ablagen werden an Orten mit weniger bedeutendem Verkehr eingerichtet.

Der Stelleinhaber wird als Postablagehalter bezeichnet.

Die rechnungspflichtigen Ablagen sind zur Rechnungsführung gegenüber der Kreispostkasse verpflichtet ; die nichtrechnungspflichtigen Ablagen sind dieser Verpflichtung enthoben und verkehren in bezug auf das Rechnungswesen nur mit den rechnungspflichtigen Poststellen, mit denen sie im direkten Dienstverkehr stehen.

Wo die Besorgung des Bestell- und Botendienstes nicht dem Postablagehalter übertragen ist, wird der Ablage die hierfür nötige Zahl Angestellte zugeteilt.

Art. 84. Im allgemeinen sollen die Dienstzweige der Post, des Telegraphen und des Telephons bei den Bureaux II. und III. Elasse und bei den Ablagen in einem Bureau vereinigt oder wenigstens im nämlichen Gebäude untergebracht sein.

Über Fragen betreffend das Personal, die Aufsicht und die Lokale bei vereinigten Dienststellen hat eine Verständigung zwischen den beiden Verwaltungen stattzufinden. In Ermanglung einer Verständigung entscheidet das Postdepartement.

Die Posthalter und Postablagehalter haben in der Regel für geeignete Dienstlokale zu sorgen. Die Posthalter erhalten hierfür eine nach dem ortsüblichen Mietwert bemessene Entschädigung und werden für Beleuchtung und Beheizung des Dienstlokals angemessen entschädigt.

Art. 85. Die zur Begleitung von Postwagen, Bahn- oder Schiffskursen verwendeten Kondukteure und übrigen Angestellten werden in der Regel den Bureaux an Kursendpunkten zugeteilt.

707

Besoldungsklassen der Beamten und Angestellten.

Art. 86. Die Beamten und Angestellten der Postverwaltung werden hinsichtlich der Besoldungen folgendermassen klassifiziert: A. Z e n t r a l v e r w a l t u n g und K r e i s v e r w a l t u n g e n .

/. Klasse.

Der Oberpostdirektor; · der Oberpostinspektor, der Postkursinspektor, der Oberpostkontrolleur, der Postcheckinspektor und die Kreispostdirektoren.

II. Klasse.

Sektionschefs, Adjunkte und Inspektoren, Materialverwalter, Wertzeichenkontrolleur bei der Oberpostdirektion; Adjunkte, Kassiere, Kontrolleure bei den Kreispostdirektionen.

III. Klasse.

Sekretäre und Revisoren I. Klasse bei der Oberpostdirektion ; Bureauchefs bei den Kreispostdirektionen ; Vorstände der wichtigsten Bureaux I. Klasse.

IV. Klasse.

Sekretäre und Revisoren II. Klasse bei der Oberpostdirektion ; Dienstchefs bei den Kreispostdirektionen.

V. Klasse.

Kanzlisten und Gehülfen I. Klasse.

VI. Klasse.

Kanzlisten und Gehülferi II. Klasse, Hauswarte und Abwarte.

VII. Klasse.

Übrige Angestellte bei der Oberpostdirektion und den Kreispostdirektionen.

708

B. B e t r i e b s d i e n s t .

Die Beamten und Angestellten des Betriebsdienstes werden durch das allgemeine Besoldungsgesetz klassifiziert.

Art. 87. In bezug auf die Besoldungsansätze des Postpersonals gelten die Bestimmungen des allgemeinen Besoldungsgesetzes.

Die in demselben, für die Posthalter, Postablagehalter, Landbriefträger und Boten aufgestellten Minimalbesoldungen gelten nur für diejenigen Beamten und Angestellten, welche volljährig und im ausschliesslichen Dienste der Postverwaltung betätigt sind. Der ßundesrat bezeichnet die Beamten und Angestellten, welche als nicht im ausschliesslichen Dienste der Verwaltung betätigt zu betrachten sind, und setzt deren Besoldungen fest.

Wahl, Verantwortlichkeit und Entlassung der Beamten und Angestellten.

Art. 88. Die Postbeamten und die Angestellten mit fester Anstellung werden auf eine Amtsdauer von drei Jahren gewählt.

Zu den Angestellten gehören bei der Zentralpostvcrwaltung die Gehülfen II. Klasse, die Hauswarte, Abwarte und die Angestellten der VII. ßesoldungsklasse ; bei den Kreispostverwaltungen die Posthalter, die nicht im ausschliesslichen Dienste der Verwaltung betätigt sind, ferner die Postablagehalter, Hauswarte, Kondukteure, Automobilführer, Oberpaketträger, Obermandatfcräger, Oberbriefträger, Paketträger, Mandat- und Briefträger, Bureaudiener, Packer, Kastenleerer, Landbriefträger, Boten usw.

Postverwalter, Posthalter und Ablagehalter einerseits, Telegraphisten, Telephonisten der Bureaux III. Klasse und Inhaber von Umschaltstationen anderseits werden unter dem Vorbehalt ernannt, dass sie auch eine allfällige Wahl

709 zu einem Amte des ändern Dienstzweiges der Post, des Telegraphen oder Telephons anzunehmen verpflichtet sind.

Während einer Amtsdauer vorgenommene Wahlen von Beamten und festen Angestellten gelten nur für den Rest dieser Amtsdauer.

Es dürfen nur solche Personen im Postdienste fest angestellt werden, die im Besitze des schweizerischen Bürgerrechtes sind.

Der Austritt aus dem Postdienste kann seitens des festangestellten Personals nur auf dreimonatliche, schriftliche Voranzeige hin erfolgen.

Art. 89. Dem Bundesrat steht das Recht zu, die Beamten und Angestellten der Postverwaltung zu wählen, er kann aber dieses Recht, soweit es untergeordnete Beamte und die Angestellten betrifft, an den Vorsteher des Postdepartements oder an den Oberpostdirektor übertragen.

Art. 90. Der Bundesrat bezeichnet die Postbeamten, welche für den ihnen anvertrauten Geldverkehr Sicherheit zu leisten haben.

Art. 91. Die Beamten und Angestellten der Postverwaltung sind dem Bundesgesetze über das Bundesstrafrecht vom 4. Februar 1853, sowie unter Vorbehalt der Art. 93 und 94 des gegenwärtigen Gesetzes dem Bundesgesetz über die Verantwortlichkeit der eidgenössischen Behörden und Beamten vom 9. Dezember 1850 unterstellt.

Sie sind jedoch, wenn nicht ein strafrechtlich verfolgbares Delikt vorliegt, für den in Ausübung ihres Dienstes verursachten Schaden zivilrechtlich nur gegenüber der Postverwaltung haftbar.

Art. 92. Verletzungen des Postgeheimnisses durch Beamte und Angestellte der Postverwaltung werden in Bundesblatt. 62. Jahrg. Bd. II.

47

710

leichtern Fällen disziplinarisch nach Massgabe des Art. 93 geahndet, in schwereren strafrechtlich verfolgt.

Art. 93. Beamte und Angestellte der Postverwaltung können unter den Voraussetzungen der Art. 37 und 38 des Bundesgesetzes über die Verantwortlichkeit der eidgenössischen Behörden und Beamten vom 9. Dezember 1850 auch vom Vorsteher des Post- und Eisenbahndepartements, vom Oberpostdirektor, sowie von den Kreispostdirektoren, sofern sie diesen unterstellt sind, mit einer Geldbusse bis auf 75 Franken bestraft und, unter Vorbehalt der weiteren Verfügungen der zuständigen Oberbehörde, in ihren dienstlichen Verrichtungen und in der Besoldung eingestellt werden.

Gegen diese Disziplinarverfügungen steht den Betroffenen der Rekurs an die zunächst übergeordnete Behörde bis an den Bundesrat zu.

Art. 94. Der Vorsteher des Postdepartements ist ermächtigt, Beamte und Angestellte, deren Wahl ihm oder dem Oberpostdirektor zusteht, auf Grund der Art. 37 und 38 des Bundesgesetzes über die Verantwortlichkeit der eidgenössischen Behörden und Beamten vom 9. Dezember 1850 [zu entlassen, vorbehaltlich des Rekurses an den Bundesrat.

Haftpflicht.

Personen.

Art. 95. Wenn beim Postbetrieb ein Mensch getötet oder körperlich verletzt wird, so ist die Postverwaltung für den dadurch entstandenen Schaden ersatzpflichtig nach Massgabe des ßundesgesetzes betreffend die Haftpflicht der

711

Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen und der Pest, vom 28. März 1905.

Art. 96. Der Postverwaltung bleibt das Riickgriffsrecht nach Massgabe der Bestimmungen des Zivilrechtes vorbehalten. Beim Postwagenbetrieb steht ihr das Rückgriffsrecht gegen die Postkursunternehmer nach Massgabe der Postführungsverträge zu.

Sie soll jedoch bei ihren Regressforderungen gegenüber dem eigenen Personal und den Postkursunternehmern auf das Mass des Verschuldens und, falls der Schaden nicht durch ein Verbrechen des Regresspflichtigen verursacht wurde, auch auf dessen Verhältnisse billige Rücksicht nehmen.

Durch gütliche Erledigung der Haftpflichtansprüche seitens der Postverwaltung wird das Rückgriffsrecht derselben gegen Dritte nicht berührt. Die Einreden Dritter betreffend Pflicht und Höhe der Entschädigung werden im übrigen vorbehalten.

Art. 97. Wenn nachgewiesen werden kann, dass der G-etötete oder Verletzte sich in unberechtigter Weise mit der Postanstalt in Berührung gebracht hat, so kann kein Schadenersatz im Sinne von Art. 95 gefordert werden, selbst wenn der Unfall auch ohne sein Verschulden eingetreten sein sollte.

Art. 98. Keinen Anspruch auf Entschädigung haben Beamte und Angestellte der Postverwaltung, sowie Postillone, welchen in Bezug auf den Unfall Arglist oder schweres Verschulden zur Last fällt. Bei leichterm Verschulden soll die Entschädigung wenigstens teilweise vorabfolgt werden.

712

Art. 99. Um die Postverwaltung gegen die Folgen deiin Art. 95 ausgesprochenen Haftpflicht sicher zu stellen, soll durch alljährliche Ausscheidung aus den Erträgnissen des Postbetriebes ein besonderer Versicherungsfonds gebildet werden.

Sachen.

Art. 100. Die Postverwaltung leistet für aufgegebene Sendungen Schadenersatz in nachstehendem Umfange: a. für den V e r l u s t 1. eines eingeschriebenen Briefpostgegenstandes, einer gerichtlichen Akte oder eines Einzugsmandates: 50 Franken ; 2. eines Paketpostgegenstandes ohne Wertangabe oder eines vorschriftsgemäss aufgegebenen Reisegepäckstückes : den Wert der verlorenen Sache, höchstens aber 15 Franken für jedes Kilogramm Gewicht; 3. eines Paketpostgegenstandes mit Wertangabe: den Betrag dieser letztern ; 4. von Postanweisungsbeträgen, von Postcheckbeträgen und eingezogenen Nachnahme- und Einzugsmandatbeträgen : den vollen Ersatz ; b. für die B e s c h ä d i g u n g oder B e r a u b u n g eines Paketpostgegenstandes mit oder ohne Wertangabe oder eines vorschriftsgemäss aufgegebenen Reisegepäckstückes: Vergütung des wirklich en Schadens, höchstens aber des in Ziffer 2 oder 3 von lit. a für den Verlust der ganzen Sendung vorgesehenen Betrages; c. für die V e r s p ä t u n g über die reglementarischen Fristen hinaus 1. eines eingeschriebenen Briefpostgegenstandes, einer gerichtlichen Akte oder eines Einzugsmandates um mehr als 24 Stunden: 15 Franken;

713 2. eines Paketpostgegenstandes oder einer Postanweisung, sowie für die verspätete Auszahlung oder Gutschrift von einbezahlten Postcheckbeträgen um mehr als 24 Stunden: 15 Franken; 3. eines vorschriftsgemäss aufgegebenen Reisegepäckstückes um mehr als 24 Stunden bis 48 Stunden : 15 Franken, und für die Verspätung um je weitere 24 Stunden: weitere 15 Franken. Die Entschädigung darf jedoch den Betrag von 60 Franken nicht übersteigen.

Art. 101. Abgesehen von den in Art. 100, lit. a, vorgesehenen Entschädigungen wird die Verwaltung den Aufgebern die für die verlorenen Gegenstände bezahlten Taxen zurückerstatten.

Art. 102. Eine entsprechende Herabsetzung gegenüber der in Art. 100, lit. a, Ziffer 3, vorgesehenen Entschädigung tritt ein, wenn die Postverwaltung beweist, dass der Gegenstand zur Zeit des Verlustes einen geringern Wert hatte, als angegeben war.

Handelt es sich um den Verlust von gerichtlich amortisierbaren Wertpapieren, so hat der Eigentümer zum Zweck der Durchführung der Amortisation der verlorenen Titel der Postverwaltung bis zum Betrage des angegebenen Wertes seine Rechte abzutreten.

Ist in betrügerischer Absicht ein höherer als der wirkliche Wert angegeben worden, so verliert der Absender nicht nur jeden Anspruch auf Schadenersatz, sondern er ist auch nach den Vorschriften der Strafgesetze zu bestrafen.

Art. 103. Die Ersatzleistung kann niemals über den angegebenen Wert hinausgehen, die Rückerstattung der bezahlten Taxen gemäss Art. 101 vorbehalten.

714

Art. 104. Bei Sendungen unter Nachnahme gilt die Angabe der Nachnahme nicht als Wertbezeichnung. Falls eine Wertbezeichnung nicht beigefügt ist, wird der Gegenstand als ein solcher ohne Wertangabe betrachtet.

Art. 105. Der Inhaber von Postcheckformularen haftet für alle Folgen, welche entstehen, wenn dieselben missbräuchlich verwendet werden, verloren gehen oder sonst abhanden kommen.

Art. 106. Die Entschädigungspflicht nach Massgabe von Art, 100 fällt weg: a. wenn die Post die Sendungen auf Grund von Art. i 0 den zuständigen Gerichts- und Polizeibehörden ausgeliefert hat; b. wenn die Post freiwillig solche Gegenstände übernimmt, welche sie nach Art. 14 nicht anzunehmen pflichtig ist, und dabei ausdrücklich die Verantwortlichkeit ablehnt, sofern ihr nicht grobes Verschulden nachgewiesen wird; c. wenn die Post nachweist, dass weder sie, noch eine andere von ihr mit der Beförderung beauftragte Verkehrsanstalt den Schaden verschuldet hat, oder dass der Schaden ausserhalb des schweizerischen Verwaltungsgebietes entstanden ist; im letzteren Falle wird jedoch die Postverwaltung die nötigen Schritte tun, um, soweit dies ohne Anhebung eines Prozesses möglich ist, dem Aufgeber bei der betreffenden auswärtigen Verkehrsanstalt den gebührenden Ersatz zu verschaffen.

Art. 107. Bei vorbehaltloser Annahme einer Postsendung richtet sich die Haftpflicht der Verwaltung in bezug auf Beschädigung oder Beraubung gemäss Art. 100, lit. ô,

715 nach den Bestimmungen des Obligationenrechtes über den Frachtvertrag.

Art. 108. Die gemäss den Art. 100--104 zu leistenden Entschädigungen sind dem Berechtigten unverzüglich nach amtlicher Feststellung des Verlustes, der Beschädigung, Beraubung oder Verspätung auszurichten.

Wenn die Ersatzleistung sich um mehr als vier Wochen nach der ordentlichen Lieferfrist verzögert, so ist vom Ablauf der vierten Woche an gerechnet dem Berechtigten ausser dem Ersatzbetrag ein Verzugszins von jährlich 5 % zu vergüten.

Art. 109. Der Anspruch auf Schadenersatz ist in der Regel durch den Versender bei der Aufgabestelle oder bei der ihr übergeordneten Kreispostdirektion anzubringen, indessen ist auch der Empfänger befugt, bei der Poststelle des Bestimmungsortes oder der ihr übergeordneten Kreispostdirektion die Entschädigungsforderung geltend zu machen, wenn er hierzu vom Versender ermächtigt wird oder gemäss Art. 67 über die Sendung zu verfügen berechtigt ist.

Art. 110. Die Postverwaltung übernimmt aus dem Betrieb der gemäss Art. 8 konzessionierten Unternehmungen eine Haftpflicht nur, soweit es sich um Gegenstände handelt, die sie diesen Unternehmungen zur Beförderung übergeben hat.

Verjährung.

Art. 111.

Alle gegen die Postverwaltung gerichteten Schadenersatzansprüche verjähren in Jahresfrist, mit Ausnahme der auf Grund von Art. 95 erhobenen, welche erst nach zwei Jahren verjähren.

Die Verjährungsfrist beginnt im Fall von Tötung oder Verletzung von Personen am Tage des Unfalls, in bezug auf Sachen am Tage der Postaufgabe.

716

Die Verjährung wird nicht allein durch Anhebung der Klage oder durch den Sühneversuch, sondern auch durch die Anbringung der Reklamation bei einer Postbehörde oder Dienststelle unterbrochen. Solange die - Reklamation unerledigt bleibt, steht die Verjährungsfrist still.

Art. 112. Wird die Reklamation abgewiesen, so hat die Postverwaltung die ihr anvertrauten Beweismittel zurückzugeben, und es beginnt mit dem Empfang derselben eine neue Verjährungsfrist, die durch eine neue Reklamation gegen jenen Bescheid nicht mehr unterbrochen wird.

Gerichtsstand.

Art. 113. Die aus diesem Gesetze hervorgehenden Klagen gegen die Postanstalt werden anhängig gemacht : a. sofern der Streitgegenstand einen Hauptwert von wenigstens 3000 Franken hat, beim Bundesgerichte; b. bei geringerem Betrage : bei derjenigen zuständigen kantonalen Gerichtsbehörde, in deren Gebiet die Aufgabestelle oder, wenn der Empfänger nach Massgabe des Art. 109 den Anspruch auf Schadenersatz erheben kann, der Bestimmungsort gelegen ist; bei Sendungen aus dem Auslande, am Gerichtsorte der Bestimmungspoststelle ; bei Klagen aus Unfall, am Gerichtsorte des Gebietes, in dem sich der Unfall ereignet hat; in allen diesen Fällen unter Vorbehalt der Weiterziehung nach kantonalem und Bundesrecht.

Straf bestimmungen.

Art. 114. Betrügerische Nachahmung oder betrügerische Veränderung geltender schweizerischer Postwertzeichen, Post-

717

Stempel, Postsiegel oder in betrügerischer Absicht stattfindender Gebrauch oder Verkauf solcher Nachahmungen und Fälschungen wird nach den Bestimmungen des Art. 61 des Bundesstrafrechtes vom 4. Februar 1853 bestraft.

Die Strafbestimmungen dieses Art. 61 finden auch Anwendung auf die betrügerische Nachahmung und die betrügerische Veränderung geltender Wertzeichen anderer Staaten des Weltpostvereins, sowie auf den in betrügerischer Absicht stattfindenden Gebrauch oder Verkauf nachgeahmter Wertzeichen dieser Länder.

Art. 115. Wer ohne Bewilligung der schweizerischen Postverwaltung die geltenden Postwertzeichen, Postsiegel, Poststempel, Sackschlösser, Briefeinwürfe und Schlossfächer nachahmt oder solche Nachahmungen wissentlich gebraucht, wird bestraft mit Gefängnis oder Geldbusse unter Beobachtung der allgemeinen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Bundesstrafrecht, vom 4. Februar 1853.

Art. 116. Wer einen Postcheck verfälscht oder wer einen Postcheck geltend macht, obwohl er weiss, dass bei der Postverwaltung für den angewiesenen Betrag keine genügende Deckung besteht, wird nach den Bestimmungen des Art. 61 des Bundesstrafrechtes vom 4. Februar 1853 bestraft.

Art. 117.

Als Verletzung des Postgesetzes werden mit Bussen von l bis 500 Franken bestraft: a. die Übertretung des Postregals (Art. 4) ; b. das Vereinigen in eine Sendung von verschlossenen postregalpflichtigen Gegenständen, die für verschiedene Personen bestimmt sind (Art. 5); c. das unbefugte Mitfahren in Postwagen (Art. 21) ; d. die konzessionslose regelmässige und die periodische Beförderung von Personen auf Schiffen, mit Fuhrwerken,

718

Automobilen, Extraposten und ändern Verkehrsmitteln, sowie die Nichtbeachtung der in einem Konzessionsakte enthaltenen Bestimmungen (Art. 8) ; e. die Aufgabe von Gegenständen, deren Versendung mit der Post verboten ist (Art. 12) ; /. das Anbringen von nicht zulässigen schriftlichen Zusätzen zum Zwecke der Umgehung der Posttaxen in Warenmustern (Art. 28), Drucksachen (Art. 29), abonnierten Zeitungen und Zeitschriften (Art. 32) ; g. die nicht befugte Inanspruchnahme der Portofreiheit (Art. 56--60); h. die Verwendung schon benutzter Postwertzeichen (Artikel 66).

Überdies sind die umgangenen Posttaxen zu bezahlen.

Im Wiederholungsfalle kann die Strafe bis auf Fr. 2000 erhöht werden.

Art. 118. Die Bussen werden auf dem Verwaltungswege durch das Postdepartement ausgesprochen.

Das Postdepartement kann seine Strafbefugnis bis zum Betrage von 100 Franken den unter ihm stehenden Postbehörden abtreten.

Art. 119. Wenn sich der Übertreter dem Straferkenntnis nicht unterzieht, so ist der Fall nach Anleitung des Bundesgesetzes betreffend das Verfahren bei Übertretungen fiskalischer und polizeilicher Bundesgesetze vom 30. Juni 1849 durch das Postdepartement dem zuständigen Gerichte zur Beurteilung zu überweisen.

Art. 120. Von allen bezogenen Bussen kommt ein Dritteil dem Verzeiger zu ; der Rest fällt in die Postkasse.

Art. 121. Alle eidgenössischen Beamten und Angestellten, sowie die Polizeibehörden der Kantone sind ver-

719 pflichtet, zur Entdeckung und Verfolgung von Straffallen mitzuwirken. Die zuständige kantonale Behörde soll den unerlaubten Postbetrieb sofort einstellen lassen, und zwar nötigenfalls durch Beschlagnahme der Beförderungsmittel.

Übergangs- und Vollziehungsbestimmungeii.

Art. 122. Tatsachen, welche sich vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes ereigneten, werden nach den Bestimmungen der bisherigen Postgesetze behandelt.

Art. 123. Die gegenwärtige Amtsdauer für die Beamten und Angestellten mit fester Anstellung endigt mit dem 31. März 1912.

Art. 124. Der Bundesrat erlässt die zur Vollziehung dieses Gesetzes erforderlichen Vorschriften.

Art. 125.

gehoben :

Durch gegenwärtiges Gesetz werden auf-

das Bundesgesetz über das Postregal, vom 5. April 1894 (A. S. n. F. XIV, 385) ; das Bundesgesetz betreffend die Posttaxen, vom 26. Juni 1884, abgeändert durch das Nachtragsgesetz vom 24. Juni 1890 und das Bundesgesetz vom 17. Juni 1891 (A. S. n. F. VII, 584, XI, 720 und XII, 350) ; das Bundesgesetz betreffend den Postcheck- und Giroverkehr vom 16. Juni 1905 (A. S. n. F. XXI, 661); das Bundesgesetz über die Organisation der Postverwaltung, vom 19./25. Mai 1849 (A. S. a. F. I, 104); Art. 8 des Bundesgesetzes betreffend die Besoldungen der eidgenössischen Beamten und Angestellten, vom 2. Juli

720

1897 (A. 8. n. F. XVI, 272), soweit er die Klasseneinteilung der Beamten und Angestellten der Zentralverwaltung und der Kreisverwaltungen betrifft.

Art. 126. Der Bundesrat ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

Also beschlossen vom Ständerate, B e r n , den 4. April 1910.

Der Präsident: Usteri.

Der Protokollführer : David.

Also beschlossen vom Nationalrate, B e r n , den 5. April 1910.

Der Präsident: Rössel.

Der Protokollführer: Scliatzmami.

Der schweizerische Bundesrat beschliesst: Das vorstehende Bundesgesetz ist zu veröffentlichen.

B e r n , den 7. April

1910.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Comtesse.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

Datum der Veröffentlichung: 13. April 1910.

Ablauf der Referendumsfrist: 12. Juli 1910.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesgesetz betreffend das schweizerische Postwesen. (Vom 5. April 1910.)

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Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

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1910

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

15

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

13.04.1910

Date Data Seite

677-720

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10 023 720

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