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Bundesgesetz betreffend

das Absinthverbot.

(Vom 24. Juni 1910.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung von Art. 32ter der Bundesverfassung ; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 10. Mai 1910, beschliesst: Art. 1. Fabrikation, Einfuhr, Transport, Verkauf und Aufbewahrung zum Zwecke des Verkaufes des unter dem Namen Absinth bekannten Getränkes, sowie aller Getränke, die unter irgendwelcher Bezeichnung eine Nachahmung des Absinthes darstellen, sind im ganzen Umfange der Eidgenossenschaft verboten. Das Verbot bezieht sich auch auf Absinth und Absinthnachahmungen in verdünntem oder versüsstem Zustande.

Der Durchgangstransport der verbotenen Getränke ist gestattet. Der Bundesrat hat Massnahmen zu treffen, damit die Transitsendungen nicht im Lande bleiben.

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Die Verwendung des Wermutkrautes als Heilmittel ist gestattet ; ebenso die Verwendung der daraus gewonnenen, pharmazeutischen Produkte. Es ist Sache der Kantone, dafür zu sorgen, dass diese Verwendungen über den Heilzweck nicht hinausgehen.

Art. 2. Als Absinth gilt, ohne Rücksicht auf die Art der Herstellung, jeder Branntwein, der aromatische BeL standteile des Wermutkrautes in Verbindung mit ändern aromatischen Stoffen, wie sie in Anis, Fenchel u. dgl. enthalten sind, aufweist.

Als Nachahmungen des Absinthes gelten, gleichgültig, ob sie aromatische Bestandteile des Wermutkrautes enthalten oder nicht, alle aromatisierten alkoholhaltigen Getränke, welche die äussern Eigenschaften des Absinthes aufweisen. Nach Massgabe dieser Umschreibung bezeichnet der Bundesrat in einer für die Gerichte und Verwaltungsbehörden verbindlichen Weise die Getränke, die unter den Begriff der Nachahmungen fallen.

Art. 3. Wer das Verbot des Art. l vorsätzlich übertritt, wird mit Gefängnis bis zu 2 Jahren und Busse bis zu Fr. 3000 oder bloss mit Gefängnis öder Busse, wer ihm fahrlässig zuwiderhandelt, mit Gefängnis bis zu 6 Monaten und Busse bis zu Fr. 1000 oder bloss mit Gefängnis oder Busse bestraft.

Wer Waren oder andere Gegenstände, die von den zuständigen Polizeiorganen mit Rücksicht auf das Verbot mit Beschlag belegt sind, vorsätzlich zerstört, verändert oder durch irgend ein Mittel der Behörde entzieht, wird mit Gefängnis bis zu 3 Monaten oder mit Busse bis zu Fr. 500 bestraft.

Wer' vorsätzlich die Ausführung der Kontrolle durch die zuständige Behörde verhindert oder erschwert, wird-

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mit Gefängnis bis zu einem Monat oder mit Busse bis zu Fr. 500 bestraft.

Im übrigen finden die Art. 42--52 des Bundesgesetzes betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebraucbsgegenständen vom 8. Dezember 1905 entsprechende Anwendung.

Art. 4. Den Unternehmern, Angestellten und Arbeitern der Berufskreise, die durch das Verbot unmittelbar und empfindlich geschädigt sind, wird aus Billigkeitsgründen teilweise Entschädigung gewährt. Die Berechtigung zu dieser Entschädigung, die daran zu knüpfenden Bedingungen, das Mass derselben, sowie das Verfahren für deren Ermittlung werden durch einen Bundesbeschluss festgesetzt.

Diese Entschädigung wird auch gewährt für den durch das Verbot derjenigen Getränke entstehenden Schaden, die vor dem 5. Juli 1908 im Verkehr standen und nach dem 7. Oktober 1910 als Nachahmungen des Absinthes erklärt werden.

Art. 5. Der Bundesrat wird ermächtigt, zum Zwecke der Bezahlung der Entschädigungen den Zoll auf zum Trinken bestimmtem Sprit, Spiritus und Weingeist von 10 bis auf 40 Cts. pro Grad und Meterzentner zu erhöhen.

Der Feststellung des Ertrages der Zollerhöhung ist die unter diesem Gesetze sich ergebende Einfuhrmenge zugrunde zu legen. Über Eingang und Verwendung der aufgebrachten Gelder ist in der eidgenössischen Staatsrechnung gesondert Buch zu führen.

Ist der Gesamtbetrag der Entschädigungen, mit Einschluss der Kosten des Ermittlungsverfahrens und der Zinsen, durch das Ergebnis der Zollerhöhung gedeckt, so fällt diese auf den Beginn des der Deckung folgenden Quartals dahin.

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Art. 6. Mit dem Beginne der Zollerhöhung werden erhöht : 1. die in Art. 7, Abs. l, des Bundesgesetzes über gebrannte Wasser vom 29. Juni 1900 festgesetzte Monopolgebühr von Fr. 80 per Meterzentner auf Fr. 110; 2. die in Art. 7, Abs. 2, und Art. 8 des nämlichen Gesetzes festgesetzten 'Monopolgebühren von 80 Cts.

pro Grad und Meterzentner auf Fr. 1. 10; 3. die in Art. 10 des nämlichen Gesetzes vorgesehene und in Art. 13 des Bundesgesetzes betreffend den schweizerischen Zolltarif vom 10. Oktober 1902 festgesetzte Monopolgebühr von Fr. 1. 30 pro Grad und Meterzentner auf Fr. 1. 75, entgegenstehende Bestim* mungen der Handelsverträge vorbehalten; 4. der Höchstbetrag des nach den Bestimmungen des Art. 12 des Gesetzes vom 29. Juni 1900 vom Bundesrat festzusetzenden Verkaufspreises pro Hektoliter absoluten Alkohols auf Fr. 200.

Der Verkaufspreis des Brennsprits wird auf Grund der Beschaffungskosten periodisch vom Bundesrat festgesetzt.

Art. 7. Soweit Bestimmungen der Bundesgesetze vom 29. Juni 1900 und 22. Juni 1907 über gebrannte Wasser und des Bundesgesetzes betreffend den schweizerischen Zolltarif vom 10. Oktober 1902 mit diesem Gesetz in Widerspruch stehen, sind sie aufgehoben.

Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Gesetzes beauftragt.

Art. 8. Der Bundesrat ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und das Inkrafttreten desselben festzusetzen.

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Also beschlossen vom Nationalrate, B e r n , den 24. Juni 1910.

Der Präsident: Rössel.

Der Protokollführer: Schatzmann.

Also beschlossen vom Ständerate, B e r n , den 24. Juni

1910.

Der Präsident: Usteri.

Der Protokollführer: David.

Der schweizerische Bundesrat beschliesst: Veröffentlichung des vorstehenden Bundesgesetzes.

B e r n , den 28. Juni

1910.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Comtesse.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

Note. Datum der Veröffentlichung: 6. Juli 1910.

Ablauf der Referendumsfrist: 4. Oktober 1910.

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Volksabstimmung vom 23. Oktober 1910 über das

Initiativbegehren für die Proportionalwahl des Nationalrates.

Im Jahre 1909 ist beim Bundesrate folgendes mit 142,263 gültigen Unterschriften versehenes I n i t i a t i v b e g e h r e n eingereicht worden : ,,Art. 73 der Bundesverfassung ist aufgehoben und wird durch folgenden Artikel ersetzt: · ,,Die Wahlen in den Nationalrat sind direkte. Sie finden nach dem Grundsatze der Proportionalität statt, wobei jeder Kanton und jeder Halbkanton einen Wahlkreis bildet.

,,Die Bundesgesetzgebung trifft über die Ausführung dieses Grundsatzes die nähern Beatimmungen.

,,Bis zum Erlass eines Bundesgesetzes wird die Ausführung durch eine Verordnung des Bundesrates geregelt.

,,Das proportionale Wahlverfahren findet zum erstenmale für die Gesamterneuerung des Nationalrates im Jahre 1911 Anwendung.u Der jetzige Art. 73 der Bundesverfassung lautet: ,,Die Wahlen für den Nationalrat sind direkte. Sie finden in eidgenössischen Wahlkreisen statt, welche jedoch nicht aus Teilen verschiedener Kantone gebildet werden können.tl Das Begehren ist gemäss gesetzlicher Vorschrift der Bundesversammlung zu weiterer Behandlung vorgelegt worden.

Diese hat unterm 7. Juni 1910 nachfolgenden Beschluss gefasst:

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Bundesgesetz betreffend das Absinthverbot. (Vom 24. Juni 1910.)

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06.07.1910

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