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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Beschwerde von F. und A. Senglet & Cie. und Konsorten, Drogisten in Basel, gegen den bundesrätlichen Entscheid vom 28. September 1909 betreffend Beschränkung des Verkaufs der Emulsion Scott auf die Apotheken.

(Vom 8. März 1910.)

Tit.

I.

Mit Entscheid vom 28. September 1909 haben wir eine Beschwerde der Firma F. und A. Senglet & Cie. und Konsorten abgewiesen. Die Beschwerde richtete sich gegen einen Entscheid des Regierungsrates des Kantons Baselstadt vom 10. März 1909, welcher eine den Verkauf der Emulsion Scott auf die Apotheken beschränkende Verfügung des Basler Sanitätsdepartements bestätigte.

Wir haben unsern Entscheid im wesentlichen damit begründet, dass Emulsion Scott nach dem Gutachten des schweizerischen Gesundheitsamtes, wie auch auf Grund ihrer mit der Offizinellen Lebertranemulsion fast identischen Komposition als zusammengesetztes Arzneimittel zu betrachten ist und als solches nach feststehender Praxis aus sanitätspolizeilichen Gründen auf die Apotheken beschränkt werden darf.

679 II.

Mit Eingabe vom 27. November 1909 haben die Rekurrenten unsero Entscheid an die Bundesversammlung weitergezogen und das Begehren gestellt, das Verkaufsverbot für Emulsion Scott sei aufzuheben.

Die Rekurrenten stellen sich zur Begründung ihrer Beschwerde nicht mehr, wie sie noch vor unserer Instanz taten, auf den Standpunkt, die Emulsion Scott sei ein Nährpräparat und kein Arzneimittel. Sie behaupten nunmehr, der Verkauf der Emulsion Scott müsse freigegeben werden, weil eine Verkaufsbeschränkung nur bei gefährlichen Arzneimitteln begründet sei; zu diesen gehöre die Emulsion Scott nicht, ihre Anwendung müsse nicht vom Arzt überwacht werden und ihre Abgabe erheische daher keine besondere polizeiliche Kontrolle. Dem Gutachten des schweizerischen Gesundheitsamtes, auf welchem der bundesrätliche Entscheid fusse, könne keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen angesichts der Tatsache, dass in einem Prozess in Halle alle Sachverständigen über die Harmlosigkeit der Emulsion Scott einig gewesen seien, und dass im Organ des schweizerischen Apothekervereins selbst die Freigabe des Verkaufs der Emulsion Scott als zulässig bezeichnet worden sei. Jedenfalls erscheine die Bestellung einer Oberexpertise zur Untersuchung dieser Frage dringend geboten.

Es sei auch nicht richtig, dass bei der Emulsion Scott viele Fälschungen vorkommen. Sie werde von absolut vertrauenswürdigen Fabriken hergestellt, auf deren Ruf Apotheker wie Drogist sich verlasse, so dass die Beschränkung des Verkaufs auf die Apotheken aus diesem Grund keinen Sinn habe. Auch die angeblich unzulässige Reklame und der zu hohe Preis für die Emulsion Scott berechtigen nicht zu einem Verkaufsverbot, sondern bloss zur Bestrafung wegen Betrugs oder verwandter Delikte.

III.

In seiner Vernehmlassung vom 8. Dezember 1909 führt der Regierungsrat des Kantons Baselstadt im wesentlichen folgendes aus : Die Beschänkung des Verkaufs der Emulsion Scott auf die Apotheken sei gerechtfertigt, ob man sie nun als zusammengesetztes Arzneimittel betrachte oder sie zu den medizinischen Spezialitäten und Geheimmitteln rechne. Die Beschränkung des Verkaufs dieser Artikel sei bisher von den Drogisten nicht angefochten worden, welche erst in ihrer Eingabe an die Bundesversammlung den Standpunkt einnehmen, diese Verkaufsbeschränkung sei nur für die ,,gefährlichen14 Mittel zulässig. Eine solche Unterscheidung

680 zwischen gefährlichen und ungefährlichen Mitteln sei kaum durchführbar und würde die so nötige Kontrolle über den Verkauf von Geheimmitteln und medizinischen Spezialitäten ausserordentlich erschweren. Die Emulsion Scott sei überdies keineswegs, wie die Rekurrenten behaupten, ein indifferentes Mittel. Sie bestehe in der Hauptsache aus Lebertran, und da nun die Verabreichung von Fetten und Ölen bei gewissen .Krankheiten, namentlich bei Verdauungsund Ernährungsstörungen kleiner Kinder, sehr schädlich wirken kann, so sollte die Emulsion besonders an kranke Kinder erst nach ärztlicher Untersuchung und Weisung verabfolgt werden. Endlich müsse die sanitätspolizeiliche Kontrolle auch bei ganz indifferenten Mitteln eintreten, wenn sie fälschlich für Krankheiten angepriesen werden, bei welchen ihnen überhaupt kein Heilerfolg zukommt, oder für Krankheiten, die eine möglichst rasche und sachverständige Behandlung erfordern, wie z. B. Rachenbräune, Keuchhusten, Tuberkulose, Lungenentzündung, gegen welche Scotts Emulsion als unfehlbares Heilmittel empfohlen werde; denn unter diesen Umständen müssen auch indifferente Mittel als gemeingefährlich bezeichnet werden, weil die schwindelhafte Anpreisung unbegründete Hoffnung bei den Kranken erwecke und sie vielleicht abhalte, sich rechtzeitig einer sachgemässen Behandlung zu unterziehen. Die gegenteilige Auffassung der Drogisten würde ein Einschreiten der Sanitätsbehörden auch dann ausschliessen, wenn gänzlich unwirksame Präparate zu hohem Preis als unfehlbare Heilmittel für schwere Krankheiten empfohlen würden.

IV.

Die vorliegende Beschwerde gibt uns, in Ergänzung unseres Entscheids und des Gutachtens des schweizerischen Gesundheitsamtes, auf welche hiermit verwiesen sei, nur zu folgenden wenigen Bemerkungen Anlass : Die Rekurrenten geben stillschweigend zu, dass die Emulsion Scott nicht als blosses Nährpräparat, sondern als zusammengesetztes Arzneimittel zu betrachten ist, als welches sie auch überall angepriesen wird. Schon aus diesem Grund steht die Beschränkung des Verkaufs der Emulsion Scott, wie wir im angefochtenen Entscheid ausgeführt haben, nicht im Widerspruch zu Art. 31 B. V. (vergi, das bei den Akten liegende Gutachten in Sachen zweier Drogistenrekurse vom 6. Februar 1906, I, 4); denn nach den von unparteiischer, sachverständiger Seite im zitierten
Gutachten aufgestellten Sätzen, von denen abzuweichen kein Anlass vorliegt, ist der Detailverkauf von zusammengesetzten Arzneimitteln aus sanitätspolizeilichen Gründen im Prinzip auf die Apotheken zu beschränken. Ein Unter-

681 sjehied zwischen gefährlichen und ungefährlichen Arzneimitteln wird dort nicht gemacht und ist auch wegen seiner Unbestimmtheit nicht durchführbar. Zudem ist die Emulsion Scott den medizinischen Spezialitäten beizuzählen, deren Verkauf nach dem oben .zitierten Gutachten I, 5 ebenfalls aus sanitätspolizeilichen Gründen, d. h. ohne Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit, auf die Apotheken beschränkt werden kann.

Unter diesen Umständen mag es dahingestellt bleiben, ob nicht die Sanitätsbehörden berechtigt wären, den Verkauf der Emulsion Scott, angesichts der schwindelhaften Anpreisungen, die ihr Fabrikant orlassi, überhaupt zu verbieten.

Wir stellen Ihnen, Tit., den A n tra g :

Die Beschwerde sei abzuweisen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 8. März 1910.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Comtesse.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

682 Seilage.

ßundesratsbeschluss über

die Beschwerde von F. und A. Senglet & Cie. und Konsorten, Drogisten, in Basel, betreffend Handels- und Gewerbefreiheit.

(Vom 28. September 1909.)

Der schweizerische Bundesrat

hat über die Beschwerde von F. und A. S e n g l e t & Cie. und K o n s o r t e n , Drogisten, in Basel, betreffend Handels- und Gewerbefreiheit, auf den Bericht des Justiz- und Polizeidepartements, folgenden Beschluss gefasst:

A.

In tatsächlicher Beziehung wird festgestellt:

I.

Mit Entscheid vom 10. März 1909 wies der Regierungsrat des Kantons Baselstadt einen Rekurs der Drogisten F. und A.

Senglet & Cie. und Konsorten ab, der sich gegen eine den Verkauf von Emulsion Scott auf die Apotheken beschränkende Verfugung des Basler Sanitätsdepartements richtete, im wesentlichen mit der Begründung, die Emulsion sei nicht, wie die Rekurrenten verfechten,

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ein Nährpräparat, sondern ein zusammengesetztes Arzneimittel, und als solches gemäss § 9 und 11 der baslerischen Verordnung betreffend den Verkauf von Giften und Arznei- und Geheimmitteln vom 18. Juli 1908 vom freien Verkauf ausgeschlossen.

Gegen diesen Entscheid beschweren sich F. und A. Senglet
und Konsorten mit Eingabe vom 7. Mai 1909 beim Bundesrat und stellen die Begehren, der Bundesrat wolle die Regierung des Kantons Baselstadt einladen : 1. das Verbot des freien Verkaufes der Emulsion Scott aufzuheben ; 2. zur Erledigung ähnlicher Fragen eine Expertenkommission, bestehend aus dem Stadtphysikus, dem Kantonschemiker, einem weiteren Arzte, einem Juristen und einem Kaufmann, zu bestellen.

Zur Begründung ihrer Begehren führen die Rekurrenten im wesentlichen folgendes aus : Die Emulsion Scott sei nur dann als Heil- oder Arzneimittel au betrachten, wenn sie als solches verkauft werde, dagegen als Nähr- und Stärkungsmittel, sobald ihr vom Verkäufer keine heilkräftigen Eigenschaften nachgerühmt werden. Auf diesem Standpunkte stehen die deutschen Gerichte, wie aus den beigelegten Urteilen hervorgehe. Da nun die Basler Drogisten durch einen ·auf die Originalpackung der Emulsion Scott geklebten Zettel das Präparat ausdrücklich als hervorragendes Nährpräparat anpreisen, müsse ihnen auch der freie Verkauf gemäss § ÏO der baslerischen Verordnung vom 8. Juli 1908 gestattet werden.

Die Auflassung der Basler Behörden, es komme nicht auf ·die Zweckbestimmung beim Verkaufe an, sondern darauf, ob die Substanz ihrer Natur nach als Arzneimittel betrachtet werden müsse, sei nicht stichhaltig. Sie würde zu unhaltbaren Konsequenzen führen, da schliesslich jedes Nahrungsmittel einmal als Heilmittel Verwendung finden könne. Ebenso unrichtig sei die Behauptung, von den Verkäufern der Emulsion Scott müsse die Befähigung zur vorschriftsmässigen Herstellung und genauen Prüfung des Präparates verlangt werden. Scotts Emulsion werde von einem einzigen Fabrikanten hergestellt und von diesem versiegelt und verpackt geliefert. Eine genaue Prüfung werde auch von einem Apotheker nie vorgenommen, da der Fabrikant alle Garantie für richtige Herstellung der Emulsion biete. Anders liege der Fall bei der Herstellung der offizinellen Lebertran-Emulsion der Pharmakopöe, deren Freigabe aber nie verlangt worden sei. Übrigens sei es

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nicht richtig, dass das sowohl in Scotts Emulsion, als in der offizineilen Lebertran-Emulsion enthaltene unterphosphorigsaure Natron nur in den Apotheken verkäuflich sei, denn dieses Sala werde in der IV. Auflage der Pharmakopöe nicht speziell aufgeführt.

o Wenn der Regierungsrat ferner behaupte, dass die baslerisohe Verordnung nur den Verkauf von Nährpräparaten freigebe, die nicht in der Pharmkopöe enthalten seien, so liege hier offenbar ein Irrtum vor, da die Verordnung ja Überhaupt nur von Artikeln spreche, welche in der Pharmakopöe genannt sind. Zu diesen gehöre aber die Emulsion Scott nicht, da sie mit der offizinelleu Lebertran-Emulsion nicht identisch sei.

Unverständlich sei es auch, dass die Sanitätsbehörde den Malzextrakt mit phosphorsaurem Kalk als Nährpräparat betrachte und freigebe, der Emulsion Scott aber, die doch ausser Lebertran und unterphosphorigsaurem Kalk und Natron keine wirksamen Bestandteile enthalte, diesen Charakter abspreche.

Unter der Herrschaft der früheren Verordnung vom 30. September 1899, welche, genau wie die neue Verordnung, den Verkaufzusammengesetzter Arzneimittel auf die Apotheken beschränkte, habe die Sanitätsbehörde die Emulsion Scott als Nährpräparat betrachtet und den freien Verkauf dieses Artikels gestattet ; da sei es doch unlogisch und willkürlich, die Emulsion Scott jetzt plötzlich als Arzneimittel auf die Apotheken zu beschränken. Diese Massregel sei jedenfalls durch keine sanitätspolizeilichen Rucksichten begründet; selbst die massgebenden Vertreter des Apothekerstandes erklären in der Nr. 21 der Wochenschrift für Chemie und Pharmacie vom 23. Mai 1908, also im offiziellen Organ des schweizerischen Apothekervereins, dass die Emulsion Scott neben Hommels Haematogen und andern Präparaten auch ausserhalb der Apotheken verkauft werden dürfen.

II.

In seiner Vernehmlassung vom 29. Mai 1909 beantragt der Regierungsrat Abweisung der Beschwerde. Aus dieser Vernehmlassung und einem Bericht des baslerischen Sanitätsdepartements vom 27. Februar 1909, auf welchen der Regierungsrat verweist, ist im wesentlichen folgendes zu erwähnen: Dass die Rekurrenten das Recht zum Verkauf der offizinellen Lebertran-Emulsion nie in Anspruch genommen haben, erkläre sich daraus, dass sie selbst dieses Präparat als ein dem freien Verkauf

685 richtigerweise entzogenes, zusammengesetztes Heilmittel betrachten, was es auch in der Tat sei. Von der offizineilen Lebertran-Emulsion weiche aber die Emulsion Scott in ihrer Zusammensetzung nur unwesentlich ab, wie folgende Gegenüberstellung zeige: Offizinelle

Bestandteile Lebertran arab. Gummi . . . .

Tragant Gelatine unterphosphorigsaurer Kalk

LebertranEmulsion 50,o 0,6 0,5 0,i 0,25

Emulsion Scott

nach Angabe der Drogisten 42,?

0,e 0,9 -- 1,2

nach Angabe des Kantonschemikers 44,o 0,e 0,9 -- 0,26

unterphosphorigsaures Natron 0,25 0,6 0,125 Saccharin O.oi -- -- Spiritus 2,5 3,o 3,o Potneranzenblütenwasser 2,o Glyzerin 14,2 16,o Wasser 44,o 36,s 39,625 Zimmtöl l Tropfen, arotnat. Öle 2 Tropfen.

In beiden Präparaten seien die hauptsächlich wirksamen Bestandteile (Lebertran, Kalk und Natron) in ungefähr gleichen Dosen enthalten und es liesse sich daher nicht rechtfertigen, die Emulsion Scott anders zu behandeln als das offizinelle Präparat ; der Charakter eines Nährpräparats komme ihr nicht in höherem Masse zu, als der Lebertran-Emulsion der Pharmakopöe. Nur im Preise der beiden Mittel bestehe ein Unterschied, da 400 Gramm Emulsion Scott zu 5 Franken, 500 Gramm offizineile Lebertran-Emulsion zu 3- Franken verkauft werden, aber dieser Unterschied sei bedeutungslos.

Dazu komme noch, dass die Fabrikanten Emulsion Scott, ausser als Nährpräparat, als wirksames Heilmittel gegen alle möglichen Krankheiten (englische Krankheit, Lungenleiden und Bronchialkatarrh, hartnäckigste Keuchhusten, Tuberkulose, Lungenentzündung, Abzehrung, Hautausschläge, Drüsenanschwellung, Geschwüre, Magen- und Darmkrankheiten, Augenleiden etc.) öffentlich anpreisen. Diese schwindelhafte Anpreisung und der hohe Preis habe die Frage nahegelegt, ob nicht die Ankündigung überhaupt zu verbieten sei, worüber die Sanitätsbehörden demnächst ent-

86 scheiden werden. Dass die Rekurrenten die Emulsion Scott durch Aufkleben einer Etikette nur als Nährpräparat empfehlen, sei den Basler Behörden vor dem Rekurs nicht bekannt gewesen. Übrigens sei dies auch irrelevant, da die schwindelhaften Inserate in den Zeitungen trotzdem weiter erscheinen.

III.

Das schweizerische Gesundheitsamt hat dem schweizerischen Justiz- und Polizeidepartement über die Frage, ob und welche sanitätspolizeilichen Gründe die Beschränkung des Verkaufes von ·Scotts Emulsion auf die Apotheken gerechtfertigt erscheinen lassen, folgendes Gutachten erstattet: 1. Emulsion Scott ist ein Arzneimittel, das zu Heil- und Vorbeugungszwecken bei kranken oder zu Krankheit geneigten Menschen verwendet wird, und nicht ein Nährmittel. Wenn schon ihr Fettgehalt das Nahrungsbedürfnis des Menschen an Fetten befriedigen kann, so gehört doch deswegen Lebertran bezw. Scotts Emulsion noch lange nicht zu den Nahrungsmitteln; denn kein gesunder Mensch, nicht einmal der Drogist, wird seinen täglichen Fettbedarf durch Lebertran, geschweige denn durch die teure Emulsion Scott decken, sondern sich hiefür angenehmer schmeckender, billigerer und teilweise leichter verdaulicher Präparate bedienen.

2. Im Interesse der Gesundheit und einer geordneten Sanitätsverwaltung ist es unbedingt geboten, dass der Verkauf von Arzneimitteln nicht freigegeben, sondern den Apotheken überlassen werde, welche einzig die zu deren richtigen Beurteilung und Prüfung nötigen Sachkenntnisse besitzen und Gewähr bieten dafür, dass den Kranken auch wirklich reine, unverfälschte, unverdorbene und noch wirksame Heilmittel verabreicht werden.

3. Ganz besonders ist dies notwendig bei Emulsion Scott, «inem mehrfach zusammengesetzten Arzneimittel, dessen sachverständige Kontrolle sowohl was die Richtigkeit der Mischungsverhältnisse, als was die Qualität der einzelnen Bestandteile -- deren wichtigster, der Lebertran, erfahrungsgemäss gerade vielfach verfälscht und durch minderwertige Surrogate ersetzt wird -- anbelangt, nur einem Apotheker möglich ist.

4. Infolge ihrer Zusammensetzug halten wir die Emulsion Scott ·durchaus nicht für ein indifferentes Mittel, sondern vielmehr für ein solches, dessen Gebrauch ärztlicherseits überwacht und dessen Abgabe deshalb auf die Apotheken beschränkt werden sollte.

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B.

In rechtlicher Beziehung fällt in Betracht:

I.

Auf das Begehren der Rekurrenten, dass im Kanton Baselstadt eine Expertenkommission eingesetzt werde, um zu entscheiden, welche Substanzen dem Verkauf anheimzugeben seien, kann der Bundesrat nicht eintreten, da die Organisation der Sanitätsbehörden ausschliesslich Sache der Kantone ist. Die Kompetenz des Bundesrates beschränkt sich darauf, die gegen die kantonalen Verfügungen erhobene Beschwerde nach Art. 31 der Bundesverfassung zu entscheiden und dazu, wenn nötig, das Gutachten von Experten einzuholen.

II.

Der Bundesrat hat in feststehender Praxis anerkannt, dass eine Bestimmung, die, wie § 9 der baselstädtischeu Verordnung über den Verkauf von Giften, Arznei- und Geheimmitteln, nur Ärzten und Apothekern das Recht einräumt, einfache und zusammengesetzte Arzneimittel zu verkaufen, mit Art. 31 der Bundesverfassung vereinbar ist. Streitig ist im vorliegenden Falle nur die Frage, ob die Emulsion Scott als ein zusammengesetztes Arzneimittel anzusehen sei und somit unter jene Bestimmung falle, oder ob sie als Nährpräparat zu betrachten sei. In Übereinstimmung mit den baselstädtischen Sanitätsbehörden hat das schweizerische Gesundheitsamt in seinem Gutachten festgestellt, dass Scotts Emulsion zu den Arzneimitteln zu rechnen ist. Dafür spricht auch die aus der Gegenüberstellung unter II oben ersichtliche Zusammensetzung der Emulsion Scott, die nur unwesentlich von derjenigen der Offizinellen Lebertran-Emulsion der Pharmakopöe abweicht. So gut wie diese, deren Freigabe auch von den Rekurrenten nicht verlangt wird, kann auch die Emulsion Scott ohne Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit auf die Apotheken beschränkt werden. Dass die Rekurrenten sie nur als Nähr- und Stärkungsmittel verkaufen, ändert an ihrem Charakter als Arzneimittel nichts, denn der Charakter einer Substanz wird nicht durch die Angabe des Verkäufers beim Verkauf, sondern durch ihre Zusammensetzung und 1 ihre Wirkung bestimmt. Endlich hindert auch die Tatsache, dass die Emulsion Scott bis anhin frei verkauft werden konnte, die zuständige Behörde selbstverständlich nicht, den Verkauf für die Zukunft zu beschränken, wenn sich herausstellt, dass sanitätspolizeiliche Gründe dies rechtfertigen.

Bundesblatt. 62. Jahrg. Bd. I.

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Der angefochtene Entscheid kann darnach nicht als verfassungswidrig bezeichnet werden.

Demgemäss

wird erkannt:

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B e r n , dea 28. September 1909.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Beschwerde von F. und A.

Senglet & Cie. und Konsorten, Drogisten in Basel, gegen den bundesrätlichen Entscheid vom 28. September 1909 betreffend Beschränkung des Verkaufs der Emulsion Scott au...

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1910

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16.03.1910

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678-688

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