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Bundesratsbeschluss über

die Beschwerde des Johann Poster in Kloten, betreffend die Erneuerungswahlen der Gemeindebehörden von Kloten vom 13. März

1910.

(Vom 29. August 1910.)

Der schweizerische Bundesrat

hat über die Beschwerde des Johann P f i s t e r in Kloten betreffend die Erneuerungswahlen der Gemeindebehörden von Kloten vom 13. März 1910, auf den Bericht des Justiz- und Polizeidepartements, f o l g e n d e n B e s c h l u s s gefasst: A.

In tatsächlicher Beziehung wird festgestellt:

I.

Art. 11 der Verfassung des Kantons Zürich vom 18. April 1869 setzt die Amtsdauer der sämtlichen Verwaltungsbehörden auf drei Jahre fest. Gemäss § 11 des zürcherischen Gesetzes betreffend die Wahlen und die Entlassung der Beamten und öffentlichen Angestellten vom 7. Wintermonat 1869 müssen die Wahlen der Gemeindebehörden jeweilen spätestens im Monat Mai des betreffenden Jahrgangs vorgenommen werden.

In der Gemeinde Kloten musste im Jahre 1907 die Wahl des Wahlbureaus von derjenigen der übrigen Gemeindebehörden

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abgetrennt werden, weil es nicht vollständig besetzt war. Das Wahlbureau wurde am 14. April 1907 bestellt und die Gemeindebehörden am 28. gleichen Monats erneuert. Als nun im Jahr 1910 der Gemeinderat Kloten die sämtlichen Erneuerungswahlen auf den 13. März ausschrieb und somit das im April 1907 bestellte Wahlbureau, das schon die Erneuerungswahlen des gleichen Jahres leitete, auch die periodischen Erneuerungswahlen im Jahre 1910 hätte leiten müssen, beschwerte sich Johann Pfister in Kloten hierüber zunächst bei der Direktion des Innern des Kantons Zürich und, von dieser abgewiesen, beim zürcherischen Regierungsrat. Mit Beschluss dieser Behörde vom 10. März 1910 wurde aber die Beschwerde, worin Pfister verlangte, es seien die auf den 13. März 1910 angesetzten Wahlen mit Ausnahme derjenigen des Wahlbureaus zu sistieren, abgewiesen, und die Wahlen gingen am 13. März von statten.

, II.

Gegen den Entscheid des Regierungsrates legte Johann Pfister zunächst beim Bundesgericht Beschwerde ein, welches aber wegen Inkompetenz nicht darauf eintrat, und rekurrierte alsdann mit Eingabe vom 4. Mai 1910 an den Bundesrat mit dem Begehren, es seien alle am 13. März 1910 vorgenommenen Wahlen der Gemeinde Kloten mit Ausnahme derjenigen des Wahlbureaus aufzuheben.

Die Begründung der Beschwerde geht im wesentlichen dahin, es sei mit der durch Verfassung und Gesetz festgelegten dreijährigen Amtsdauer des Wahlbureaus unvereinbar, dass ein und dasselbe Wahlbureau zweimal die periodischen Erneuerungswahlen der Gemeindebehörden leite. Der Regierungsrat habe sich also der Verletzung des Art. 11 der Kantonsverfassung und des § 11 des Wahlgesetzes schuldig gemacht, indem er entschied, dass das im Jahr 1907 bestellte-, mit der Leitung der damaligen Erneuerungswahlen betraute Wahlbureau auch die Erneuerungswahlen des Jahres 1910 durchführe. Im Jahre 1910 hätte, vorgängig den Erneuerungswahlen der Gemeindebehörden ein neues Wahlbureau bestellt werden müssen, wie dies im Jahre 1907 geschehen sei und übrigens auch in ändern Gemeinden jeweilen geschehe;

m.

In seiner Vernehmlassung vom 20. Mai 1910 beantragt der Regierungsrat des Kantons Zürich Abweisung der Beschwerde.

575 Die Festsetzung einer dreijährigen Amtsdauer habe nicht die Bedeutung, dass dem Wahlbureau der Auftrag zur Vornahme einer bestimmten Zahl von Amtshandlungen erteilt werde, nämlich zur Leitung einer Serie von Gesamterneuerungswahlen und der bis zu den nächsten Gesamterneuerungswahlen nötigen Ergänzungswahlen. Vielmehr habe das "Wahlbureau alle ihm anvertrauten Verrichtungen vorzunehmen, bis es durch ein neues Wahlbureau ersetzt werde. Wenn nun die Gesamterneuerungswahlen so angeordnet werden, dass zwei Serien von Gesamterneuerungswahlen in die Amtsdauer ein und desselben Wahlbureaus fallen, so sei es verpflichtet, auch bei den zweiten Erneuerungswahlen mitzuwirken.

B.

In rechtlicher Beziehung fällt in Betracht: Der Rekurrent hat es unterlassen anzugeben, in welchem seiner ihm verfassungsmässig garantierten Rechte er sich durch den angefochtenen Entscheid verletzt glaubt, er spricht nur von einer Verletzung des Art. 11 der Kantonsverfassung und des § 11 des Wahlgesetzes. Er hat aber offenbar eine Verletzung von Art. 4 der Bundesverfassung im Auge, begangen durch willkürliche Interpretation der zitierten Verfassungs- und Gesetzesbestimmungen im regierungsrätlichen Entscheid. Hiervon kann aber nicht die Rede sein. Weder Verfassung noch Gesetz liefern einen Anhaltspunkt dafür, dass die vom Rekurrenten verteidigte Inter pretation der Bestimmungen über die dreijährige Amtsdauer des Wahlbureaux die einzig mögliche und die einzig vom Gesetzgeber gewollte sei. An sich geben diese Bestimmungen nur eine zeitliche Begrenzung der Funktionen der Behörden und Beamten, und auch diese zeitliche Begrenzung ist keine genaue, da sie weder auf das Kalenderjahr abstellt noch die 3 Jahre von Jahrestag zu Jahrestag der Wahl bemisst. Noch weniger aber kann aus der Bestimmung der Wille des Gesetzgebers abgeleitet werden^ die Amtsdauer des Wahlbureaus, wie der Rekurrent möchte, auf eine bestimmte Zahl oder Art von Wahl- oder Abstimmungsverhandlungen zu beschränken, was ja auch zu unleidlichen Konsequenzen führen müsste. Da nun überdies das Wahlgesetz es den Gemeinden vollständig freistellt, die Erneuerung der Gemeindebehörden, denen das Wahlbureau laut § 24 des Wahlgesetzes in dieser Beziehung gleichgestellt wird, in einer oder in mehreren Wahlverhandlungen vorzunehmen, so kann die gleich-

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zeitige Erneuerung des Wahlbureaus und der Gemeindebehörden in einer Wahlverhandlung jedenfalls nicht als [willkürlich bezeichnet werden. Dass andere Gemeinden nicht in gleicher Weise vorgehen, sondern die Erneuerung des Wahlbureaus von derjenigen der Gemeindebehörden trennen, ändert hieran ebensowenig als die Tatsache, dass die Gemeinde Kloten im Jahre 1907 infolge besonderer Umstände zu dieser Trennung genötigt war.

Demgemäss wird erkannt: Die Beschwerde wird abgewiesen.

B e r n , den 29. August

1910.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident:

Rächet.

Der I. Vizekanzler: David.

-»·HS«-

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Bundesratsbeschluss über die Beschwerde des Johann Pfister in Kloten, betreffend die Erneuerungswahlen der Gemeindebehörden von Kloten vom 13. März 1910. (Vom 29.

August 1910.)

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