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Aus den Verhandlungen des Bundesrates.

(Vom 14. Oktober 1910.)

L Mit Urteil vom 19. April 1910 hat die III. Appellationskammer des Obergerichts des Kantons Zürich die Elisabetha Jannasch, Ehefrau des Gustav Adolf Jannasch, von Dresden, wegen Abtreibung zu einem Jahr Arbeitshaus und nachheriger fünfjähriger Verweisung aus dem Gebiete der Eidgenossenschaft verurteilt.

II.

Namens der Elisabetha Jannasch beschwert sich Dr. D. Farbstein in Zürich beim Bundesrat darüber, dass die über die Beschwerdeführerin verhängte Landesverweisung nicht auf das Gebiet des Kantons Zürich beschränkt wurde. Er verlangt Aufhebung des Urteils, soweit dasselbe auf Verweisung auch aus den übrigen Schweizerkantonen lautet.

Der Bundesrat hat befunden :

I.

Aus dem am 17. Juni 1812 abgeschlossenen Konkordat betreffend die Polizeiverfügungen gegen Gauner, Landstreicher und gefährliches Gesindel, dem die grosse Mehrzahl der Kantone bedingungslos beigetreten ist (vgl. alte Gesetzsammlung, Bd. I, S. 307 ff.), ergibt sich, dass schon damals die Mehrzahl der Kantone Ausländer nicht nur aus dem betreffenden Kanton, sondern aus dem Gebiete der ganzen Eidgenossenschaft auswies, und dass die Kantone sich gegenseitig für die Vollziehung solcher Ausweisungen Rechtshülfe leisteten. Es ergibt sich das namentlich aus Ziffern 3 und 5 des erwähnten Konkordates, die folgendermassen lauten : Ziffer 3 : "Von allen Ständen wird der Grundsatz als verpflichtend angenommen, keine der gemeinen Sicherheit gefahrliche Schweizer zu verbannen, sondern sie in einheimischen oder ausländischen Anstalten in Erhaltung zu setzen; in Hinsicht der Bundesblatt.

62. Jahrg.

Bd. V.

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Ì92 Fremden aber solche Massnahmen zu treffen, dass ihre Wegschaffung aus der Schweiz den Mitständen nicht gefährlich werde.01 Ziffer 5 : ,,Die signalisierten Verwiesenen, vorzüglich wenn es landsfremde sind, sollen von der Polizeibehörde des Kantons, wo sie aufgegriffen werden, womöglich über die Grenze der Eidgenossenschaft gebracht, falls aber deren Wegschaffung über die Grenze nicht möglich wäre, diese Verwiesenen wiederum dem Kanton zugeführt werden, welcher die Verbannungsstrafe gegen sie ausgesprochen hat; die Signalisierten hingegen, deren Arrestation verlangt wird, sollen derjenigen Behörde ausgeliefert werden, von der sie ausgeschrieben worden sind.a Auch heute noch kennt die Mehrzahl der kantonalen Strafgesetze als Strafe nicht nur die Ausweisung aus dem Kanton, sondern auch die Verweisung aus der ganzen Eidgenossenschaft.

Die Entwicklung des schweizerischen Staatsrechtes hat also in dieser Richtung keine Änderung erfahren, wie denn auch die unter Ziffer 5 des erwähnten Konkordats aufgestellten Grundsätze noch als allgemein geltend betrachtet werden können. (Vgl. auch Bundesbl. 1886, I, 912.)

n.

Diesem Stande der schweizerischen Gesetzgebung entsprechend, sind dann auch die Niederlassungsverträge mit den fremden Staaten abgeschlossen worden. Speziell steht der mit Deutschland abgeschlossene Niederlassungsvertrag, wie sich aus dem klaren Wortlaut der Art. 4 und 8, Absatz l, desselben ergibt, der Ausweisung deutscher Staatsangehöriger aus dem ganzen Gebiete der Schweiz nichts entgegen, sofern diese Ausweisung sich auf eine der in Art. 4 genannten Voraussetzungen stützt.

Letzteres trifft aber im vorliegenden Fall zweifellos zu. Die Ausweisung der Elisabetha Jannasch erfolgte nach Massgabe der zürcherisehen Strafgesetzgebung durch ein zürcherisches Gericht, dessen Zuständigkeit zur Beurteilung des Deliktes von der Beschwerdeführerin selbst nicht bestritten wird.

Der Bundesrat ist daher auf die Beschwerde, soweit sie die angebliche Verletzung der Art. 3 und 5 der Bundesverfassung und von sämtlichen Kantonsverfassungen zum Gegenstand hat, wegen Unzuständigkeit nicht eingetreten.

Soweit die Beschwerde die behauptete Verletzung des schweizerisch-deutschen Niederlassungvertrages zum Gegenstand hat, hat er sie als unbegründet abgewiesen.

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(Vom 21. Oktober 1910.)

Dem Gesuche des Herrn Pfarrer Johannes D i e m in Zürich um Entlassung als protestantischer Peldprediger des Divisionslazaretts 7 wird unter Verdankung der geleisteten Dienste entsprochen.

Herr Dr. Adolf Oste r w a l d e r , von Erlen, Thurgau, Assistent L Klasse der Versuchsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau in Wädenswil, wird zum Adjunkten der pflanzenphysiologischen und pathologischen, sowie der bakteriologischen und gährungstechnischen Abteilung befördert.

(Vom 22. Oktober 1910.)

Dem Gesuche des Herrn Dr. Heinrich D u p e r t h u i s um Entlassung von seiner Stelle als 2. Assistent des chemischen Laboratoriums des eidgenössischen Gesundheitsamtes wird unter Verdankung der geleisteten Dienste entsprochen.

(Vom 24. Oktober 1910.)

Für das diesjährige Rütlischiessen der Vier-Waldstätte wird als Ehrengabe ein Ordonnanzgewehr verabreicht.

Gestützt auf Art. 11 des Reglements betreffend die Ausrichtung von Bundesbeiträgen an Kantone und Gemeinden zur Bekämpfung gemeingefährlicher Epidemien, vom 4. November 1887, wird der Sanitätsdirektion des Kantons Bern, zuhanden des Gemeinderates von Bassecourt an die Anschaffungskosten eines Formaldehydapparates in der Höhe von Fr. 211. 50 ein Beitrag von 50 °/o, mithin Fr. 105. 75, zugesichert.

Oberst Fritz G e r t s c h wird vom Kommando der 6. Infanteriebrigade enthoben und unter die nach Art. 51 der Militärorganisation zur Verfügung des Bundesrates stehenden Offizieren versetzt.

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Wahlen.

(Vom 24. Oktober 1910.)

Militärdepartement.

Departementssekretär: Major Trüb, Arnold, bisher II. Sekretär des Départements.

Post- wid Eisenbahndepartement.

Postverwaltung.

Posthalter und Briefträger in Rupoldsried : Gilomen, Rosette, von Scheunenberg (Bern), in Rupoldsried.

Postdienstchef in La Chaux-de-Fonds : Calarne, Arthur, von Le Locle und La Brévine (Neuenburg), Postcommis in La Chauxde-Fonds.

Postcommis in Oerlikon : Suter, Adolf, von Borgen, Postcommis in Zürich.

Schellenberg, Heinrich, von Wangen (Zürich), Postaspirant in Uster.

Postcommis in Zürich : Enz, Walter, von Mettlen (Thurgau), in Zürich.

Edelmann, Fridolin, von Muolen (St. Gallen), in St. Gallen.

Froté, Josef, von Miecourt (Bern), in Bern.

Hürlimann, Ernst, von Hombrechtikon (Zürich), in Zürich.

Keller, Friedrich, von Weinfelden, in Zürich.

Pflugshaupt, Hermann, von Kallnach (.Bern), in Wolfhalden.

Rahm, Erwin, von Unterhallau (Schaffhausen), in Zürich.

Waldburger, Paul, von und in Zürich.

(Alle 8 Postaspiranten.)

Posteommis in Wil : Ammann, Eugen, von Bischofis/ell, Postcommis in Ebnat-Kappel.

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02.11.1910

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