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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Erstellung eines Post-, Telegraphen- und Telephongebäudes in St. Gallen.

(Vom 23. September 1910.)

Tit.

Mit Beschluss vom 22. Dezember 1906 (A. S. n. F. XXII, 810) haben Sie dem zwischen dem Postdepartement, der politischen Gemeinde 8t. Gallen, der Generaldirektion der schweizerischen Bundesbahnen, der Strassenbahn St. Gallen-Speicher-Trogen und der Appenzeller Strassenbahn abgeschlossenen Vertrag, vom 11. Oktober 1906, betreffend den Ausbau des Personenbahnhofs in St. Gallen und die Verlegung des dortigen Hauptpostgebäudes die Genehmigung erteilt.

Gemäss Art. 4 und 8 des Vertrages überlasst die politische Gemeinde St. Gallen dem Bunde einen Bauplatz von 3360 m 2 zur Erstellung eines neuen Post- und Telegraphengebäudes, wogegen das jetzige Postgebäude auf den Zeitpunkt des Bezugs der neuen Diensträume in den Besitz der genannten Gemeinde übergeht.

Art. 11 bestimmt, dass über die Platzgestaltung und den einheitlichen Fassadenbau des Aufnahmsgebäudes der Bundesbahnen, des Postgebäudes, sowie der übrigen Hochbauten am Bahnhofplatz eine öffentliche Konkurrenz auszuschreiben und dem Gemeinderat der Stadt St. Gallen Gelegenheit zu geben sei, sich über die Platz- und Fassadengestaltung vernehmen zu lassen.

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Der Wettbewerb, dessen Programm nach den Angaben der beteiligten Verwaltungen vom eidgenössischen Departement -des Inner und von der Generaldirektion der schweizerischen Bundesbahnen gemeinsam ausgearbeitet worden war, wurde am 1. November 1907 mit einer Eingabefrist bis zum 31. März 1908 eröffnet. Es langten 25 Projekte ein, zu deren Beurteilung ein Preisgericht eingesetzt wurde, das seine Anträge in einem vom 25. Mai 1908 datierten Bericht niedergelegt hat. Gleich zu Beginn und dann nochmals am Ende seines Berichtes äusserte sich das Preisgericht dahin, dass die ganze Anlage durch eine Vergrösserung des Platzes zwischen Bahnhof und Postgebäude und durch eine andere Ausgestaltung der Haupthalle des Aufnahmsgebäudes der schweizerischen Bundesbahnen viel gewinnen würde,, weshalb es angelegentlich empfehle, die Sache nach dieser Seite hin zum Gegenstand einer nochmaligen Prüfung zu machen.

. Der Gemeinderat von St. Gallen gab dieser Anregung Folge,, indem er eine Umarbeitung des ursprünglichen Projektes im Sinne der Anregung des Preisgerichtes vornahm. Dabei stellte sich heraus, dass eine Vergrösserung des Bahnhofplatzes nur durch weitere Expropriationen erreicht werden könne, die natürlicherweise vermehrte Kosten zur Folge haben mussten. Unter Vorlage des abgeänderten Planes stellte der Gemeinderat von St. Gallen deshalb an das Post- und Eisenbahndepartement das Gesuch, der Bund möchte sich bereit erklären, an die auf Fr. 600,000 geschätzten Mehrauslagen einen angemessenen Beitrag zu leisten. Das Postdepartement lehnte dieses Ansinnen bestimmt ab, unter Hinweis darauf, dass das neue Projekt für das Postgebäude die gleiche Baufläche vorsehe wie das frühere, und dass auch die Bundesbahnen an der Vergrösserung des Bahnhofplatzes kein Interesse hätten. Das genannte Departement sei somit nicht in der Lage, dem Bundesrat eine über die von der Bundesversammlung bewilligten Kredite hinausgehende Beitragsleistung an die Kosten eines vergrösserten Vorplatzes zwischen dem Bahnhofgebäude und dem neuen Postgebäude zu beantragen.

Der Gemeinderat von St. Gallen erwiderte, dass es ihm weniger um finanzielle Mehrleistungen seitens der Mitunterzeichner des Vertrages vom 11. Oktober 1906 als darum zu tun sei, eine für die idealen und die Verkehrsinteressen der Stadt St. Gallen möglichst günstige Lösung der Frage
herbeizuführen. Diese Frage, fügte er bei, sei für das von ihm verwaltete Gemeindewesen so wichtig, dass man sich wenigstens dazu verstehen sollte, das von ihm ausgearbeitete, abgeänderte Projekt zu prüfen. Er schlage

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yor, zu diesem Zwecke eine von allen Beteiligten zu beschickende Konferenz einzuberufen. Das Postdepartement glaubte sich diesem Gesuche gegenüber nicht ablehnend verhalten zu sollen und erklärte sich daher mit dem beantragten Vorgehen einverstanden.

Aber nicht die Gemeindebehörde allein, sondern auch die Bevölkerung der Stadt St. Gallen hatte sich seit dem Erscheinen des Berichtes des Preisgerichtes lebhaft mit der Frage der Neugestaltung des Bahnhof'platzes beschäftigt. In den Zeitungen, sowie in öffentlichen Versammlungen wurde die Angelegenheit erörtert und es entstund eine hochgradige Erregung, die sich weiter Kreise bemächtigte. Gegen das Vorgehen des Gemeinderates wurde Stellung genommen, wobei sich ein Initiativkomitee bildete, das sich zur Aufgabe machte, eine andere Lösung der streitigen Frage herbeizuführen.

So kam es, dass die vorstehend erwähnte Kommission, als sie am 23. November 1908 in St, Gallen zusammentrat, sich nicht nur in Gegenwart des abgeänderten Planes des Gemeinderates, des sogenannten ,,Ostplatzprojektes"1 befand, sondern noch ein zweites, vom Kunstverein St. Gallen befürwortetes ,,Westplatzprojekta, dem als nennenswerter Vorteil unter anderm die Beschaffung eines grössern Bauplatzes für das Postgebäude nachgerühmt wurde, zu prüfen hatte.

Nach längern Verhandlungen, in deren Verlaufe den Befürwortern beider Projekte Gelegenheit zur Aussprache gegeben wurde, erklärten sich die Vertreter der schweizerischen Bundesbahnen und der Postverwaltung, sowie übrigens auch die ändern Beteiligten mit Ausnahme der Delegierten des kantonalen Baudepartements und der Strassenbahn St. Gallen-Speicher-Trogen, welche sich aber ebenfalls nicht bestimmt ablehnend verhielten, zugunsten des Ostplatzprojektes gegenüber dem Westplatzprojekt und insbesondere für die vom Gemeinderate vorgelegte Variante, die nach allgemeiner Ansicht vor dem ursprünglichen Projekt den Vorzug verdiente. Die Zustimmung zu der von der Ortsbehörde vorgeschlagenen Lösung der Platzfrage bedingte die Vornahme einiger Änderungen und Ergänzungen an dem von Ihnen genehmigten Vertrag vom 11. Oktober 1906. Sie sind in einem den Akten beigelegten Nachtrag zusammengefasst worden, dem wir, nachdem, nicht ohne einige Mühe, eine allseitige Verständigung erzielt worden war, mit Beschluss vom 7. Mai 1909 die Genehmigung erteilt haben.

Durch diesen Nachtrag werden den beteiligten eidgenössischen Verwaltungen vermehrte Lasten nicht überbunden. Da-

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gegen verpflichtet sich der Gemeinderat von St. Gallen durch Art. 5, der hier hauptsächlich in Betracht kommt, der Postverwaltung, sofern sie es wünscht, nebst der ihr zugesicherten Fläche von 3360 m 2 wenn möglich noch etwas mehr Baugrund abzutreten und ihr denselben gegen eine Vergütung von Fr. 300 per m 2 zu überlassen, während die Selbstkosten für die Gemeindebehörde sich nach deren Angaben auf Fr. 770 per m2 stellen.

Mit dem Abschluss dieses Nachtrages waren die Unterhandlungen soweit gediehen, dass zur Erstellung der endgültigen Baupläne geschritten werden konnte. Die Ausarbeitung derselben wurde den Architekten Pfleghard & Häfeli in Zürich übertragen, welche anlässlich des Wettbewerbes nebst zwei ändern Architektentirmen mit einem zweiten Preis ex aequo ausgezeichnet worden sind. Ein erster Preis wurde keinem Projekt zuerkannt.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 1908 hatte der Gemeinderat von St. Gallen bekannt gegeben, dass nach den bereinigten Situationsplänen anschliessend an den für das Postgebäude bestimmten Bauplatz ein Landstreifen von 170 m8 übrig bleibe, der zu den in Art. 5 des Nachtrages zum Vertrag vom 11. Oktober 1906 niedergelegten Bedingungen abgetreten werden könne.

Nachdem eine Prüfung ergeben hatte, dass bei Verwertung dieses Landstreifens eine sehr willkommene Vergrösserung des nach den frühem Plänen notgedrungen knapp bemessenen Posthofes möglich sein werde, erklärten wir uns grundsätzlich damit einverstanden, dass die Erwerbung des Platzes in Aussicht genommen werde.

Dem endgültigen Projekt zum neuen Postbau wurde demgemäss ein von 3360 m2 auf 3530 m 2 erweiterter Bauplatz zugrunde gelegt und bei der Berechnung des Kredites, um dessen Bewilligung wir hiermit einkommen, für den nachträglichen Ankauf von 170 m 2 Bauland zu Fr. 300 per m2, eine Summe von Fr. 51,000 in Rechnung gebracht.

Die Ausarbeitung der Pläne beanspruchte ziemlich viel Zeit und bot viele Schwierigkeiten, hauptsächlich deshalb, weil laut Art. 11 des Vertrages vom 11. Oktober 1906 eine einheitliche architektonische Gestaltung der Hochbauten am neuen Bahnhofplatz angestrebt und zu diesem Zweck die Aufstellung der endgültigen Fassadenpläne für die Bahnhofbaute abgewartet werden musste.

Nach dem vorliegenden Projekt, mit dem sich die beteiligten Verwaltungen, sowie auch der Stadtrat von St. Gallen, dem

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durch den bereits erwähnten Art. 11 des Vertrages vom 11. Oktober 1906 das Recht zur Mitsprache eingeräumt worden war, einverstanden erklärt haben, enthält das Gebäude die Räume der Post-, der Telegraphen- und Telephonverwaltungen in nachstehender Verteilung: . Im Untergeschoss.

Lokale für die Zentralheizung, Garderobe und Bäder, sowie Kleidertrocknungsräume, Raum für Packer und Sackwechselraum für die Postverwaltung. Raum für die Hauswartgehilfen.

Küche und Esszimmer für den Nachtdienst. -- Kabelkeller, - Makulatur, Lagerräume für die Telegraphen- und Telephonverwaltung.

Erdgeschoss (Hauptpostamt und Telegrammaufgabe).

Schalterhalle 240 m2. Schlossfächer 70 m2 . . . . 310 Briefpostbureau, Fahrpostbureau, Mandatbureau und Briefträgerbureau, zusammen 1620 Posthof 575 Passagiere 15 m2. Postremise 135 m2 150 Telegrammannahme 37 Telegrammkontrolle .

65 Ausläufer 22 Zwischenstock.

Telegrammvermittlung Ausläufernachtdienst (ohne Trockenraum) Post- und Trainmaterial

. ·.

Erster Stock (Postverwaltung).

Briefträgersaal Briefträgergarderobe Postscheck- und Girobureau Materialbureau Materialmagazin l und 2 Prüfungszimmer Konferenzzimmer Kreispostkasse Kreispostdirektor Wartezimmer Adjunkt

m2 ,, ,, ,, ,, ,, ,,

42 m2 . .

25 ,, 120 ,, 300 90 120 80 125 28 70 65 38 20 34

m2 ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,,

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Kreispostkanzlei l und 2 .

Archiv, Direktion Archiv, Kreispostkontrolle .

Train und Bekleidung Kreispostkontrolle Kontrolle, Verkehrsabteilung und Anweisungsabteilung Maschinenabteilung · . , . . .

Bahnpost l und 2 Garderobe zur Kontrolle

87 65 70 50 36 160 25 60 18

ma ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,,

Zweiter Stock (Telegraphenverwaltung).

Morsesaal 180 m* Kontrollbeamter '. .

18 ,, Hughessaal 110 ,, Chef.

33 ,, Kontrolle . .'

45 ,, Telegrammvermittlung .

27 ,, Spezialapparate 80 ,, Aufenthaltsraum 60 w Damengarderobe 45 ,, Herrengarderobe 65 w Archiv, Inspektion 75 ,,, Formulare 30 ,, Kanzlei 65 ,, Sekretär 40 ,, Kreistelegraphendirektor 36 ,, Vorzimmer 18 ,, Adjunkt 18 ,,.

Techniker 18 ,, Zeichnungszimmer 52 ,, Aufenthaltsraum und Ruhezimmer für Kondukteure , 67 w ,, * . n « Beamte . . .

75' ,, Wohnung von 7 Zimmern.

Dritter Stock (Telephonverwaltung).

Apparatensaal für interurbanen Verkehr Aufsicht Apparatensaal für Lokalverkehr Verteilerraum Zwischenverteiler und Relais Laboratorium

140 18 270 160 80 28

m2 ,, ,, ,, ,, ,,

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Monteure Monteure Akkumulatoren Maschinenraum Garderobe für Telephonistinnen Erfrischungsraum für Telephonistinnen Chef Vorzimmer Chefstellvertreter Bureau für Abonnemente und Vorzimmer Liniendienst .

Technischer Dienst Registratur Diener Chefmonteur Apparetenmagazin Bureau für Apparatendienst Wohnung von 5 Zimmern.

. . . .

35 35 70 70 60 45 36 18 21 70 32 37 36 16 l8 46 60

m2 ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ' fl -n ,, ,,

Dachstoek.

Magazine, Winterfenster, Aktenraum, Archiv der Telegraphenverwaltung, Geräteraum, 2 Wohnungen zu 3 und 4 Zimmer, 3 Terrassen.

Die vorstehenden Räume sind in dem durch feste Baulinien umschriebenen Blocke nach Art moderner Geschäftshäuser so verteilt, dass die Mehrzahl der Teilungswände nur leichte Trennungswände sind, welche im Bedarfsfalle ohne allzu grosse Kosten entfernt oder verschoben werden können. Die Lasten werden durch Säulen und Unterzüge nach unten übertragen.

Die Fundation des Hauses bereitet besondere Schwierigkeiten.

'Zahlreiche Sondierungsproben haben ergeben, dass bis auf eine Tiefe von 6--7 m Terrain lockere Erde und Torf sich vorfinden, Nachher wechselt Schlemmsand mit Lehm bis zu einer Tiefe von 10--11 m unter Terrain. Erst in dieser Tiefe tritt Kies mit Sand auf. Pur das bei der Ausführung der Fundationsarbeiten zur Anwendung zu bringende System müssen die Ergebnisse der hierfür zu veranstaltenden Submission abgewartet werden. Im Kostenanschlag sind rund Fr. 210,000 für die Extrafundation eingesetzt.

An Konstruktionsmaterialicn sind vorgesehen für die Säulen und Decken armierter Beton und für die Verkleidung der Fassaden

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grauer Sandstein aus den Brüchen von St. Margrethen. Die Dächer werden mit Ziegeln und der Turm mit Kupfer gedeckt.

Der innern Zweckbestimmung gemäss ist das Äussere in strenger Sachlichkeit gehalten. Regelnlässig und einfach sind die sämtlichen Fassaden. Die Dekorationen sind auf wenige besonders zu betonende Bauteile beschränkt. Die soliden Materialien und ihre nicht zu knappe Dimensionierung sollen für sich sprechen und zeigen, dass es sich um ein Bauwerk von hervorragender Bedeutung handelt.

Das Gebäude muss auch mit dem künftigen Bahnhofe gut zusammen wirken. Selbstverständlich lässt die völlig verschiedene Zweckbestimmung beider Bauten eine gleichartige Behandlung nicht zu, doch werden die starke Betonung der Senkrechten in den obern Etagen und besonders die reine Sachlichkeit beider Architekturen die besten Mittel sein, die Bauten zusammen zu stimmen. Die für das Erdgeschoss gewählte Bogenform der Fenster ist ein gutes Mittel, dem ungleichen Wettbewerbe mit den hohen gradlinig geschlossenen Hallenfenstern des Bahnhofes auszuweichen. Von besonderer Bedeutung für den Postbau und seine Wirkung im Platze ist der Turm. Die gebrochene Form der Hauptfassade fordert es, dass der Richtungswechsel durch ein starkes Bauglied gedeckt werde. Das wird durch den Turm in vorzüglicher Weise erreicht. Gleichzeitig aber wird dem Platze eine grössere Geschlossenheit verliehen.

Das Gebäude hat eine überbaute Fläche von 3500 m2,, welche in den obern Stockwerken nach Abzug der beiden Lichthöfe noch 3163 m a misst. Der umbaute Raum, gemessen vom Kellerboden, einschliesslich Dach, misst 84,500 m3. Gemäss dem den Akten beigelegten speziellen Kostenanschlage sind die Kosten vorgesehen wie folgt: 1. Gebäude samt Umgebungsarbeiten . . . Fr. 2,895,000' 2. Honorar für Pläne und Bauleitung samt den Kosten der speziellen Bauaufsicht . . . f l 175,000 Total Baukosten Fr. 3,070,000 3. Posttunnelanlage auf dem Areal der Bundesbahnen und des Bahnhofplatzes, laut Kostenanschlag der Bundesbahnen ,, 275,000 Innere Einrichtungen, wie Schränke und Gestelle, feste Schreibpulte, Beleuchtungskörper etc. . ,, 40,000 Übertrag

Fr. 3,385,000>

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Übertrag Fr. 3,385,000 Für Abtretung von 170 m 2 Bauterrain als Mehrmass gegenüber der vertraglich vorgesehenen Baufläche von 3360 m 2 ist der politischen Gemeinde St. Gallen Fr. 300 pro m 2 zu vergüten ,, 51,000 Gesamtsumme

Fr. 3,436,000

Die Baukosten von Fr. 3,070,000 entsprechen einem kubischen Einheitspreise von--' 0 ] ' = Fr. 36. 30 inkl. Bauleitung.

b4,500 Bei der Beurteilung dieses Preises müssen die hohen Kosten der'Extra-Fundation in Betracht gezogen werden.

Unter der Voraussetzung, dass mit den Fundationsarbeiten Ende dieses Jahres begonnen werden kann, wird das Gebäude bis zum Herbst 1913 zum Bezüge bereit gestellt werden können.

Die Notwendigkeit der Errichtung eines neuen Postgebäudes in St. Gallen ist in unserer Botschaft vom 15. November 1906 betreffend den Vertrag über die Abtretung des jetzigen Post-, Telegraphen- und Telephongebäudes in 8t. Gallen an die dortige politische Gemeinde und die Expropriation eines Bauplatzes für Errichtung eines neuen Post-, Telegraphen- und Telephongebäudes in St. Gallen eingehend begründet worden. Durch Genehmigung des vorerwähnten Vertrages haben die eidgenössischen Räte die Stichhaltigkeit der angeführten Gründe anerkannt. Wir glauben deshalb, in dieser Beziehung auf weitere Ausführungen verzichten zu können. Es sei uns nur gestattet, darauf hinzuweisen, dass der Verkehr beim Hauptpostbureau St. Gallen seit dem Jahre 1905, auf den sich unsere Ausführungen in der erstem Botschaft stützten, eine weitere nennenswerte Zunahme erfahren hat, wie dies aus den nachstehenden Zahlen hervorgeht: Briefe etc Abonnierte Zeitungen Pakete Nachnahmen (Aufgabe) Postanweisungen Postcheks Einzugsmandate Wertzeichenverbrauch

. . . .

1905

1909

10,286,098 5,340,086 1,448,206 185,659 361,820 -- 37,769

14,665,572 7,039,935 1,429,211 194,993 325,180 53,392 50,811

Fr.

Fr.

943,620

1,000,043

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Der Rückgang der statistisch ausgewiesenen Zahl der Pakete ist darauf zurückzuführen, dass für die Beförderung der mit Nachnahme oder Porto belasteten Stücke ein abgeändertes Verfahren eingeführt worden ist, und dass dieselben nun bei der Umspedition nicht mehr mitgezählt werden. Infolge dieser Änderung fiel die Zahl der in der Statistik aufgeführten umspedierten Stücke von 183,297 im Jahre 1905 auf 53,108 im Jahre 1909, während in Wirklichkeit auch hier, gleich wie dies bei den aufgegebenen und den bestellten Paketen der Fall ist, eine Vermehrung eingetreten ist. Man wird für diesen Dienstzweig bei bescheidener Berechnung eine Zunahme von 10 °/o annehmen dürfen.

Die Verminderung der Postanweisungen erklärt sich aus der Einführung des Postcheckdienstes und wird durch die Zahl, der Postchecks reichlich aufgewogen.

In einem Zeitraum von 4 Jahren ist der Verkehr beim Hauptpostbureau St. Gallen im allgemeinen um etwa 10% gestiegen und es darf angenommen werden, dass diese Steigerung nicht nur im gleichen Umfang anhalten, sondern ein bedeutend rascheres Tempo einschlagen werde, wenn einmal die Folgen der Krise, unter der die Stickereiindustrie in den letzten Jahren zu leiden hatte, überwunden -und normale Verhältnisse an deren Stelle getreten sein werden.

Der Telegraphen- und der Telephonverkehr sind ebenfalls in ständigem Wachsen begriffen. Wir geben hiernach auch für diese Dienstzweige die Verkehrsziffern der Jahre 1905 und 1909 : 1905

1909

Telegramme 566,802 607,734 Lokalgespräche 1,524,696 2,260,225 Interurbane Gespräche, Ausgang . .

269,834 383,342 Interurbane Gespräche, Eingang und Transit 390,715 536,502 Anzahl der Stationen 2,091 2,891 Anzahl der interurbanen Linien . . .

43 53 Gestützt auf diese statistischen Erhebungen glauben wir die Versicherung abgeben zu können, dass das neue Gebäude hinsichtlich der Zahl und der Grosse der Dienstlokale zwar allen berechtigten Anforderungen entsprechen wird, dass aber die Räume nirgends zu gross bemessen worden sind, und dass an eine Beschneidung des Flächenmasses nicht gedacht werden darf, wenn die Erfahrung sich nicht wiederholen soll, dass ein für die Zwecke der Post und des Telegraphen eigens erstelltes Gebäude

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sich schon nach Verfluss von 20 Jahren als vollständig unzureichend erweist, wie dies mit dem jetzigen Post-, Telegraphenund Telephongebäude in St. Gallen tatsächlich der Fall ist. Es sollen vielmehr Einrichtungen geschaffen werden, die auf eine absehbare Reihe von Jahren hinaus den stets wachsenden Bedürfnissen des Post-, Telegraphen- und Telephondienstes in dieser Stadt zu genügen vermögen.

Es ermangelt uns noch, darauf hinzuweisen, dass zu den für den Postverkehr zu erstellenden neuen Anlagen ein Verbindungstunnel zwischen dem Postgebäude und den Bahngeleisen, mit Aufzügen zu den letztern und ins Gebäude, gehört. Der Bau dieses unterirdischen Verbindungsweges ist nicht zu vermeiden, dai sich der Verkehr der Postfuhrwerke über den belebten Bahnhofplatz schwierig gestalten und der Transport der Ladungen über die Geleise von den Eisenbahnorganen überhaupt nicht gestattet werden würde.

Die genaue Lage des Tunnels kann erst nach endgültiger Bereinigung der Pläne für die Bahnhofbaute und die Geleiseanlagen bestimmt werden.

Nach der den Akten beigegebenen vorläufigen schätzungsweisen Berechnung der Generaldirektion der Bundesbahnen betragen die Kosten der Tunnelanlage, einschliesslich der Aufzüge auf ihrem Areal Fr. 275,000. Die Kosten für den Verbindungstunnel vom Postgebäude bis zur Grenze des Bundesbahnareals, resp. des Bahnhofvorplatzes, sind in der weiter oben erwähnten Bausumme von Fr. 2,895,000 inbegriffen.

Eine weitere Ausgabe wird dadurch entstehen, dass die Eidgenossenschaft gemäss den Bestimmungen von Art. 5 des Vertrages vom 11. Oktober 1906, nach welchem die Besitzergreifung der Expropriationsobjekte durch die einzelnen Kontrahenten sofort nach durchgeführter Expropriation stattzufinden hat, den neuen Bauplatz auf 1. Mai 1908 hat übernehmen müssen, ·während sie das jetzige Postgebäude, das als Kaufpreis für denselben gelten soll, der politischen Gemeinde St. Gallen erst auf
Am 1. Juli 1910 erreichten diese Passivzinsen den Betrag von Fr. 51,697. 05. Wie hoch sie sich im ganzen belaufen werden, entzieht sich heute noch der Berechnung, da der Kapitalwert des Bauplatzes bis zum Tage der Übergabe des alten PostBundesblatt. 62. Jahrg. Bd. IV.

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gebäudes an die politische Gemeinde St. Gallen verzinst werden muss und es nicht möglich ist, diesen Tag jetzt schon bestimmt festzusetzen. Wie wir bereits erwähnt haben, wird das neue Gebäude, wenn mit dem Bau noch dieses Jahr begonnen werden kann, voraussichtlich gegen Ende des Jahres 1913 zum Bezüge bereit sein.

Zum Schlüsse gestatten wir uns, darauf hinzuweisen, dass der Betrag der Ausgaben, der für das vorgeschlagene Gebäude aufzuwenden ist, aus dem von Ihnen mit Beschluss vom 24. Juni 1909 bewilligten Staatsanleihen gedeckt werden wird. Wir haben in unserer Botschaft betreffend die Aufnahme eines eidgenössischen Staatsanleihens im Betrage von 50 Millionen, vom 7. Juni 1909, die Errichtung eines Post- und Telegraphengebäudes in St Gallen unter denjenigen ausserordentlichen Ausgaben aufgeführt, für die das in Aussicht genommene Staatsanleihen werde zu dienen haben. Wir nehmen an, dass nun heute im Sinne unserer da^ maligen Auffassung zu verfahren sein werde.

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen ersuchen wir Sie, die Erstellung eines neuen Post- und Telegraphengebäudes in St. Gallen bewilligen und dem nachstehenden Entwurf eines Bundesbeschlusses Ihre Genehmigung erteilen zu wollen.

· Wir benützen den Anlass, um Sie, Tit., unserer vorzüglichen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 23. September 1910.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Comtesse.

Der I. Vizekanzler: David.

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(Entwurf.)

Bundesfeeschluss .

betreifend

Erstellung eines Post-, Telegraphen- und Telephon. gebäudes in St. Gallen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 23. September 1910, beschliesst: Art. 1. Für die Erstellung eines Post-, Telegraphenund Telephongebäudes in St. Gallen wird dem Bundesrat ein Kredit von Fr. 3,436,000 bewilligt, wovon Fr. 51,000 auf den nachträglichen Ankauf eines Landstreifens von 170 m 2 zur Vergrösserung des Bauplatzes, Fr. 3,385,000 auf die Ausführung des Baues und die Tunnelanlage vom Postgebäude bis zu den Geleisen der Bundesbahnen fallen.

Art. 2. Dieser Beschluss tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Art. 3. Der Bundesrat ist mit dessen Vollziehung beauftragt.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Erstellung eines Post, Telegraphen- und Telephongebäudes in St. Gallen. (Vom 23. September 1910.)

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Jahr

1910

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

39

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67

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

28.09.1910

Date Data Seite

661-673

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10 023 913

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