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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Genehmigung des zwischen der Gesellschaft der Eisenbahn Clarens-Chailly-Blonay und der Gesellschaft der Montreux-Berner Oberland-Bahn abgeschlossenen Betriebsvertrages nebst Nachtrag.

(Vom 20. Dezember 1910.)

:

Tit.

Mittelst Eingabe vom 30. November/3. Dezember 1909 stellte die Gesellschaft der Montreux-Berner Oberland-Bahn das Gesuch um Genehmigung des von ihr am 12. März 1909 mit der Gesellschaft der Eisenbahn Clarens-Chailly-Blonay abgeschlossenen Betriebsvertrages.

Gemäss Art. 6 des genannten Vertrages übernimmt die Gesellschaft der Montreux-Berner Oberland-Bahn unter anderem folgende Verpflichtungen : a. die Anstellung und Ausbildung des nötigen Personals; b. die Erstellung und Einführung sämtlicher Tarife für die Beförderung von Personen, Gepäck, lebenden Tieren und Gütern; den Abschluss von Konkurrenzverträgen betreffend den Personen-, Gepäck- und Güter-Transport; c. die Feststellung und Veröffentlichung der Fahrpläne im Einvernehmen mit der Gesellschaft der Clarens-Chailly-Blonay.Bahn;

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d. die Überwachung und den Unterhalt sämtlicher Teile und!

Einrichtungen der Bahn und ihrer Zubehörden, den Stationsdienst, den Zugsdienst, die Lieferung der elektrischen Kraft und sämtlicher Materialien und Gebrauchsgegenstände; e. den Bezug und die Kontrolle der Einnahmen, die Kontrolle' der Ausgaben, die Buch- und Kassaführung für den Bau und Betrieb, vom Augenblicke der Betriebseröffnung an; f. die Versicherung des Personals, der Reisenden- und der Drittpersonen gegen Unfälle, eventuell auch die Versicherung des Gepäcks und der Güter, sowie die Versicherung des Mobiliars und des Rollraaterials gegen Feuerschaden; g. die Erledigung der den Betrieb der Gesellschaft ClarensChailly-Blonay-Bahn betreffenden Reklamationen und Prozesse, mit Ausschluss derjenigen, die sich auf den Bau und die Unfälle während desselben beziehen; h. den Verkehr mit den Behörden; i. die Erstellung der Entwürfe der Geschäftsberichte und.

Jahresrechnungen; k. den allfälligen Reklamedienst.

Nach Art. 7 ist die Anstellung, Beförderung und Entlassung des Personals ausschliesslich der Gesellschaft der Montreux-Berner Oberland-Bahn vorbehalten, ebenso die Aufsicht über das Personal samt den zu treffenden Disziplinarmassnahmen. Dagegen' ist sie auf Verlangen der Gesellschaft der Clarens-Chailly-BlonayBahn verpflichtet, jeden Angestellten, der zu begründeten Klagen Anlass geben sollte, zu versetzen oder zu entlassen.

In Art. 10 wird bestimmt, dass, falls sich für das ersteJahr oder die ersten Jahre aus den für die Linie der ClareosChailly-Blonay-Bahn geführten Spezialrechnungen ein Defizit zu: Lasten der Montreux-Berner Oberland-Bahn ergeben sollte, diesesDefizit nebst dem zum Kontokorrcntzinsfuss der Bank von Montreux berechneten Zins der Montreux-Berner Oberland-Bahn vorab vollständig zurückzuzahlen ist, sobald die Rechnungen mit einem Aktivsaldo abschliessen. Nach erfolgter Rückzahlung ist der verfügbare Saldo in einem solchen Verhältnisse zu teilen, dass der Gesellschaft der Clarens-Chailly-Blonay-Bahn 1/s und der Montreux-Berner Oberland-Bahn "/a zufallen.

Von ihrem Anteile hat die Clarens-Chailly-Blonay-Bahn vorab die zur Speisung des Erneuerungsfonds notwendige Summe mit mindestens Fr. 900 per Kilometer zu entnehmen. Der Betrag;

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der definitiven Einzahlung wird übrigens von der kompetenten Behörde festgesetzt werden. Wenn während der ersten Jahre der Erneuerungsfonds nicht in regelmäßiger und normaler Weise gespeist werden kann, so hat die Gesellschaft der Clarens-Chailly- · Blonay-Bahn von dem Zeitpunkte an, in welchem die Rechnungen mit einem Reingewinn abschliessen, ihren Anteil zur Ergänzung der unterlassenen Einzahlungen zu verwenden. Die Montreux-Berner Oberland-Bahn hat das Recht, aus dem Erneuerungsfonds diejenigen Summen zu erheben, welche nach den Vorschriften der Bundesbehörden zu ihren Lasten fallen, und zwar selbst dann, wenn dieser Fonds nicht genügend dotiert sein sollte.

G-emäss Art. 12 behält sich der Verwaltungsrat der ClarensChailly -Blonay-Bahn die Entscheidung über folgende Punkte vor: 1. Jahresrechnungen und Geschäftsberichte; 2. Neubauten, Ankauf neuen Rollmaterials, Hochbauten etc. ; 3. Beschlüsse betreffend die Verwaltungsbehörden (Aktionärversammlung, Verwaltungsrat, Direklionskomitee).

Gemäss Art. 13 tritt der Vertrag in Kraft, sobald er von den Aktionärversammlungen der beiden Gesellschaften genehmigt worden ist; er ist auf eine Dauer von 10 Jahren abgeschlossen, vom 1. Januar desjenigen Jahres an gerechnet, in welchem die Linie der Clarens-Chailly-Blonay-ßahn dem regelmässigen Verkehr übergeben wird. Wenn der Vertrag nicht von der einem oder ändern Gesellschaft mindestens ein Jahr vor seinem Ablauf mittelst eingeschriebenen Briefes gekündet wird, so gilt er jeweilen ohne weiteres für ein Jahr erneuert.

Wenn jedoch nach Ablauf dieser 10 Jahre die Betriebsrechnung noch immer ein Defizit aufweist, so kann die Gesellschaft der Clarens-Chailly-Blonay-Bahn den Vertrag nur auflösen, nachdem sie dieses Defizit nebst den laut Art. 10 zu berechnenden Zinsen der Gesellschaft der Montreux-Berner Oberland-Bahn vollständig zurückbezahlt hat.

Im Falle der Auflösung des Vertrages ist die MontreuxBerner Oberland-Bahn verpflichtet, das von der Clarens-ChaillyBlonay-Bahn zu bezeichnende neue Personal im Dienste der Clarens-Chailly-Blonay-Bahn auszubilden, und zwar vor Ablauf dieses Vertrages.

Im Art. 14 ist vorgesehen, dass alle Streitigkeiten, die zwischen den beiden vertragschliessenden Gesellschaften in bezug auf diesen Betriebsvertrag entstehen könnten, durch ein aus drei

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Mitgliedern bestehendes Schiedsgericht zu entscheiden sind, das, falls die Parteien sich nicht einigen können, vom Präsidenten des Bundesgerichtes zu ernennen ist.

Mit Sehreiben vom 15./21. Februar 1910 legte die Gesellschaft der Montreux-Berner Oberland-Bahn behufs Genehmigung ·noch einen Nachtrag zn diesem Betriebsvertrage vor. Dieser Nachtrag vom 15. Februar 1910 enthält folgende Bestimmungen: a. Die Bahnpolizei wird von der Gesellschaft der MontreuxBerner Oherland-Bahn ausgeübt. Diese Gesellschaft übernimmt auch den Unterhalt des Rollmaterials der Linie Clarens-ChaillyBlonay.

b. Die im Art. 10, Absatz l (des Betriebsvertrages) vorgesehene Verteilung des Reingewinnes findet erst nach Einzahlung der für die Speisung des Erneuerungsfonds notwendigen Summe statt, deren Betrag von der Montreux-Berner OberlandBahn im Einvernehmen mit der Bundesbehörde festgesetzt wird.

Die Regierungen der beteiligten Kantone Waadt, Freiburg und Bern erklärten in ihren Vernehmlassungen, dass sie gegen diesen Betriebs vertrag und den ihn ergänzenden Nachtrag nichts «inzuwenden haben.

Da auch wir keine Bemerkungen zu machen haben, so empfehlen wir Ihnen den nachstehenden Beschlussesentwurf zur Annahme, der den üblichen Vorbehalt enthält, dass für die Erfüllung der von der betriebsführenden Gesellschaft übernommenen gesetzlichen und konzessionsmässigen Verpflichtungen auch die Bahneigentümerin haftet.

Wir benützen auch diesen Anlass, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 20. Dezember

1910.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Comtesse.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

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(Entwurf.)

Bundesbeschl uss betreffend Genehmigung des zwischen der Eisenbahngesellschaft ClarensCliailly-Blonay und der Gesellschaft der MontreuxBerner Oberland-Bahn abgeschlossenen Betriebsvertrages nebst Nachtrag.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. der Eingaben der Direktion der Montreux-Berner Oberland Bahn vom 30. November/3. Dezember 1909 und 15./21. Februar 1910; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 20. Dezember 1910, beschliesst: 1. Dem unterm 12. März 1909 zwischen der Eisenbahngesellschaft Clarens-Chailly-Blonay und der Gesellschaft der Montreux-Berner Oberland-Bahn abgeschlossenen Betriebsvertrag, sowie dem Nachtrage hierzu vom 15. Februar 1910 wird die Genehmigung mit dem Vorbehalt erteilt, dass für die Erfüllung der von der Gesellschaft der Montreux-Berner Oberland-Bahn übernommenen gesetzlichen und konzessionsmässigen Pflichten im Sinne des Art. 28 des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1872 über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft auch die Bahneigentumerin haftet.

2. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses, welcher am 1. Januar 1911 in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Genehmigung des zwischen der Gesellschaft der Eisenbahn Clarens-Chailly-Blonay und der Gesellschaft der Montreux-Berner Oberland-Bahn abgeschlossenen Betriebsvertrages nebst Nachtrag.

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1910

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135

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28.12.1910

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