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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Drahtseilbahn von Planches (Montreux) nach Glion.

(Vom 6. Dezember 1897.)

Tit.

Der Verwaltungsdelegierte der E l e k t r i c i t ä t s g e s e l l s c h a f t V e v e y - M o n t r e u x reichte, namens der letztern, dem Eisenbahndepartement unterm 15. September 1897 ein Gesuch um K o n z e s s i o n i e r u n g einer D r a h t s e i l b a h n von Planches (Montreux) nach G l i o n ein.

Der allgemeine Bericht geht davon aus, daß die Quartiere Sales, Chêne und Planches, welche das alte Dorf Montreux bilden, trotz ihrer vorzüglichen Lage Gefahr laufen, in der Entwicklung zurückzubleiben, weil der Fremdenstrom abgelenkt werde. Um diese Quartiere wieder konkurrenzfähig zu machen, sollen sie durch eine Drahtseilbahn mit Glion verbunden werden, welche ihrerseits durch ein Tramway von Trait nach Planches mit der Straßenbahn Vevey-Montreux in Verbindung gebracht werde. Der direkte Anschluß der letztern an den Jura-Simplon-Bahnhof in Montreux sei nur eine Frage der Zeit. Auf diese Weise eigne sich die projektierte Drahtseilbahn dazu, dem mittleren und westlichen Teil von Montreux, die bisher gegenüber dem östlichen durch eine anormale Verkehrsentwicklung im Nachteil waren, große Vorteile zuzuwenden.

Die Bahn soll, wie im technischen Bericht gesagt wird, im großen und ganzen gebaut und betrieben werden wie die Seilbahn Territet-Glion. Indessen werde ein elektrisches Betriebssystem, wie

1187 bei der Stanserhornbahn, und statt der Zahnstange, wegen der starken Steigung, eine besondere Schiene zur Anwendung kommen, welche eine wirksamere Bremsung gestatte. Die Länge der Bahn betrage ungefähr 470 m. (horizontal 400 m.), die Höhendifferenz 238 m. Die mittlere Steigung solle ungefähr 60 °/o, die Maximalsteigung 67 °/o betragen. Die Spurweite sei zu l m. angenommen.

In der Mitte der Bahn befinde sich eine Ausweichstelle. Für den Fall, daß das Terrain nicht gestatten sollte, die Linie in gerader Richtung zu führen, sei ein Minimalradius von 170 m. in Aussicht genommen. Die Fahrt von einem Endpunkt zum ändern werde 7 Minuten dauern. Jeder der beiden Wagen solle ungefähr 30 Sitzplätze und den nötigen Raum zur Aufnahme von 3 t. Güter erhalten.

Der Kostenvoranschlag weist folgende Ansätze auf: I. Bahnbau : oder per km.

Unterbau, Mauerwerk . . . Fr. 170,000 Fr. 361,700 Oberbau und elektrische Einrichtung ,, 105,000 ,, 223,400 Stationen ,, 70,000 ,, 148,900 II. Rollmaterial: Wagen und Kabel . . . . ,, 50,000 ,, 106,400 Mobiliar und Gerätschaften . . ,, 5,000 ,, 10,600 III. Diverse Kosten: Landerwerb etc ,, 40,000 ,, 85,100 Verwaltung, Vorstudien, Unvorhergesehenes 30,000 ,, 63,800 fl Total

Fr. 470,000

Fr. 999,900

Der Staatsrat des Kantons Waadt, welchem das Gesuch zur Vernohmlassung mitgeteilt wurde, unterstützt dasselbe laut Schreibon vom 2. November 1897.

Die konferenziellen Verhandlungen fanden am 26. November abhin statt und führten zur allseitigen Annahme des nachstehenden Konzessionsentwurfes. Bei diesem Anlasse wurden die Vertreter der Konzessionsbewerberin vom Eisenbahndepartemont darauf aufmerksam gemacht, daß die höchste bisher genehmigte Maximalsteigung 60 % betrage, und daß dem Bundesrate vorbehalten bleiben müsse, die Frage, ob bei der projektierten Bahn eine höhere Steigung zugelassen werden könne, bei Anlaß der Vorlage der definitiven Baupläne zu prüfen und zu entscheiden.

1188 Der nachfolgende Beschlußentwurf entspricht im allgemeinen den für Drahtseilbahnen üblichen Konzessionsbestimmungen.

In Art. 16 wird mit Rücksicht auf das Betriebssystem, welches dazu nötigt, den Güterverkehr im gleichen Rahmen abzuwickeln wie den Gepäckverkehr, davon Umgang genommen, für jenen billigere Taxen vorzuschreiben als für diesen.

In Art. 23 wird unter litt, a festgestellt, daß der Rückkauf frühestens 30 Jahre nach der Betriebseröffnung erfolgen könne.

Wir betrachten es als Konsequenz des Bundesbeschlusses vom 14. Oktober abhin, daß diese Bestimmung in alle künftig zu erteilenden Konzessionen aufzunehmen ist.

Indem wir Ihnen den nachstehenden Beschlußentwurf zur Annahme empfehlen, benutzen wir den Anlaß, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 6. Dezember

1897.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d o n t :

Deucher.

Der I. Vizekanzler :

Schatzmann.

1189 (Entwurf.)

Bundestoeschluss betreffend

Konzession einer Drahtseilbahn von Planches (Montreux) nach Glion.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Elektricitätsgesellschaft Vevey-Montreux vom 15. September 1897 ; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 6. Dezember 1897, beschließt: Der E l e k t r i c i t ä t s g e s e l l s c h a f t V e v e y - M o n t r e u x wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer Drahtseilbahn von P l a n c h e s (Montreux) nach G l i o n unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt : Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Montreux.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

1190 Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den abgeänderten Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 2 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betriebe erforderlichen Einrichtungen, darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesratc vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind.

Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine AbänderungO derselben zu verlausen, wenn eine solche ö t durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und als Drahtseilbahn erstellt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Waadt und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt die Beförderung von Personen, Gepäck und von Stückgütern bis 100 kg. Gewicht. Zum Viehtransport ist sie nicht verpflichtet.

119Ì Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrates eingeführt werden.

Art. 14. Der Gesellschaft ist im allgemeinen anheimgestellt, die Zahl der täglichen Züge und deren Kurszeiten festzusetzen.

Immerhin sind alle daherigen Projekte, welche sich auf fahrplanmäßige Züge beziehen, mindestens 14 Tage vor dem zu ihrer Ausführung bestimmten Zeitpunkte dem Eisenbahndepartemente vorzulegen und dürfen vor ihrer Genehmigung nicht vollzogen werden.

Die Bestimmung der Fahrgeschwindigkeit bleibt dem Bundesrate vorbehalten.

Art. 15. Es wird nur eine Wagenklasse eingeführt, deren Typus durch den Bundesrat genehmigt werden muß.

Art. 16. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : Fr. --. 70 für die Bergfahrt, ,, --. 50 ,, ,, Thalfahrt und ,, 1. -- ,, ,, Hin- und Rückfahrt.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe zu zahlen.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, nach mit dem Bundesrate zu vereinbarenden Bestimmungen Abonnementsbillete zu ermäßigter Taxe auszugeben.

5 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden und für die Güter kann eine Taxe von höchstens 50 Rappen per 100 Kilogramm bezogen werden.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 17. Bei Festsetzung der Taxen gelten Sendungen bis auf 20 kg. für volle 20 kg. E>as Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg. berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 kg. für eine Bundesblatt. 49. Jahrg. Bd. IV.

81

1192 ganze Einheit gilt. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch fünf ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 18. Die im Art. 16 aufgestellten Taxbestirnmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. .Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Das Aufund Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden.

Art. 19. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 20. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens 2 Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 21. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 22: Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem ßundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 23. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Waadt, gelten folgende Bestimmungen :

1193 a. Der Rückkauf kann frühestens dreißig Jahre nach der Betriebseröffnung und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufs ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehür in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung keine Genüge gethan werden und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen 10 Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen, -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und 1. Mai 1945 erfolgt, den 221/2faeheri Wert: -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1945 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages, -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller ändern etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

1194 Art. 24. Hat der Kanton Waadt den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 23 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 25. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Drahtseilbahn von Planches (Montreux) nach Glion. (Vom 6. Dezember 1897.)

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08.12.1897

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