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Botschaft über die Förderung der wissenschaftlichen Forschung in den Jahren 1980-1983

vom 5. März 1979

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, Wir unterbreiten Ihnen die Entwürfe zu einem - Bundesbeschluss über Beiträge von 610 Millionen Franken an die Stiftung «Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung» in den Jahren 1980-1983 und zu einem - Bundesbeschluss über Beiträge von 21,4 Millionen Franken an die Krebsforschung in den Jahren 1980-1983 mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

5. März 1979

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Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Hürlimann Der Bundeskanzler: Huber

1979-170

Übersicht Mit dem Bundesbeschluss über die Beiträge an die Stiftung ((Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung» in den Jahren 1980-1983 und mit dem Bundesbeschluss über die Finanzierung der Infrastrukturaufwendungen der Krebsforschung in der Schweiz für den gleichen Zeitraum sollen die entsprechenden Bundesbeschlüsse vom 1. Oktober 1974 (Nationalfonds) und vom 24. September 1974 (Krebsforschung) abgelöst werden.

Wir beantragen, dem Nationalfonds in den kommenden vier Jahren insgesamt 610 Millionen Franken zur Verfügung zu stellen, aufgeteilt in Jahrestranchen von 142 Millionen Franken (im Jahr 1980), 149 Millionen Franken (1981), 156 Millionen Franken (1982) und 163 Millionen Franken (1983). Die vorgesehenen jährlichen Tranchen entsprechen einem Anstieg von etwas mehr als 4,6 Prozent. Damit soll dem Nationalfonds angesichts verschiedener kostensteigernder Faktoren ermöglicht werden, den Umfang seiner allgemeinen Forschungsförderung in den kommenden Jahren zu halten und gleichzeitig die zweckgebundenen, auf die Lösung von Problemen unserer Gesellschaft besonders ausgerichteten Nationalen Forschungsprogramme tatkräftig weiterzuführen. Für die Nationalen Forschungsprogramme sind entsprechend der geltenden Regelung maximal 12 Prozent der Mittel des Nationalfonds vorgesehen, Der Krebsforschung sollen in den Jahren 1980-1983 21,4 Millionen Franken zur Verfügung gestellt werden. Diese Mittel sind wie bisher für Infrastrukturaufwendungen der klinischen Krebsforschung und die Betriebskosten des Schweizerischen Institutes für experimentelle Krebsforschung in Lausanne (Institut suisse de recherches expérimentales sur le cancer, ISREC) sowie neu für Beiträge an Forschungsprojekte in Zusammenarbeit mit dem Centre international de recherche sur le cancer (CIRC) in Lyon bestimmt.

Wir behalten uns vor, diese Vorschläge nach der Volksabstimmung vom 20. Mai 1979 über die Bundesfinanzreform 1978 zu überprüfen.

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Botschaft I

Allgemeiner Teil

II

Grundlegende Gedanken zur schweizerischen Forschungspolitik Letzten Endes leistet wahrscheinlich ein moderner Staat mit der Qualität seiner Politik zugunsten der wissenschaftlichen Grundlagen- und Anwendungsforschung heutzutage der Nation, für die er verantwortlich ist, die zeitgemässesten und fruchtbarsten Dienste.

Was der französische Politiker und ehemalige Ministerpräsident M. Debré kürzlich in einem Bericht an das französische Parlament schrieb, gilt sicher auch für die Schweiz angesichts der grossen Probleme, welche in den nächsten Jahren zu bewältigen sind. Es sei hier nur an einige wenige dieser Schlüsselfragen für die Zukunft des Landes erinnert: - Die weltweiten Entwicklungen in der jüngeren Vergangenheit wie auch neuerdings angestellte Studien über die Folgen des Wachstums haben deutlich gezeigt, dass mit zunehmenden Versorgungsschwierigkeiten im Bereich der industriellen Rohstoffe, der Energie und der landwirtschaftlichen Produkte zu rechnen ist. Erhöhte Bedeutung erhalten deshalb Fragen, wie diejenige, was aus dem eigenen Boden noch gewonnen werden kann und welche Ersatzmöglichkeiten sich in der Schweiz anbieten. Zu ihrer Beantwortung werden sowohl neue wissenschaftliche Erkenntnisse als auch neue in der Forschung entwickelte Verfahren benötigt.

- Der erschwerte Absatz schweizerischer Produkte hat zahlreiche schweizerische Unternehmen in Schwierigkeiten gebracht und zu einer erhöhten Arbeitslosigkeit geführt. Demgegenüber müssen in den kommenden Jahren die geburtenstarken Jahrgänge der sechziger Jahre auf dem Arbeitsmarkt ihr Unterkommen finden. Es gilt deshalb, in nächster Zeit eine bedeutende Zahl neuer Arbeitsplätze zu schaffen. Der erreichte Wohlstand kann dabei nur dann gesichert werden, wenn es gelingt, anspruchsvolle Beschäftigungen zu finden, die nicht ebensogut von billigeren Arbeitskräften in Entwicklungsländern übernommen werden können.

Dies zwingt die Schweiz, sich vermehrt auf Produkte und Dienstleistungen zu verlegen, deren Entwicklung bis zur Marktreife ein hohes technisches und wissenschaftliches Niveau voraussetzt. Beispielsweise hat die schweizerische Nachrichtenindustrie den Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung am Gesamtumsatz von 5,8 Prozent im Jahre 1974 auf 7,9 Prozent im Jahre 1977 und die Zahl der Mitarbeiter mit höhejrer Ausbildung im gleichen Zeitraum um 14 Prozent gesteigert.

- Der dank Einkommensverbesserungen stetig wachsende Konsum trägt zu einer stärkeren Belastung der Umwelt unseres Landes bei, z. B. durch Abwässer, Abwärme und Abgase. Verschlammung unserer Seen und Flüsse wegen Überdüngung durch phosphathaltige Waschmittel und die zunehmende Belastung
der Erdatmosphäre zufolge Verbrennung fossiler Brennstoffe gehören zu der Vielzahl von Problemen, die sich in diesem Zusammenhang stellen. In manchen Fällen fehlen noch wissenschaftliche Erkenntnisse, damit die Grosse und Tragweite dieser Probleme voll erfasst werden können. Sehr viel Forschungs- und Ent-

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Wicklungsarbeit ist erforderlich, damit sie mit tragbaren Kosten gemeistert werden können.

- Die Verstädterung unserer Bevölkerung, der wachsende Anteil der älteren Generation unter den Einwohnern der Schweiz und der zunehmende Wohlstand verursachen beträchtliche Wandlungen im gesellschaftlichen und kulturellen Verhalten unseres Volkes. Der Beitrag der Wissenschaft erweist sich als unerlässlich, um die sich daraus ergebenden Folgen für den Einzelnen und die Gemeinschaft rechtzeitig zu erkennen und um Massnahmen zur Verhinderung oder Behebung allfälliger Schäden vorzubereiten.

Zur Lösung dieser und anderer Schlüsselprobleme besteht in allen modernen Industrieländern eine enge Partnerschaft zwischen Staat und Privatwirtschaft, in der sie sich gegenseitig bei der Förderung und Pflege der Forschung ergänzen. Die schweizerische Industrie hat die wichtige Rolle der Forschung als Wegbereiter für die Bewältigung der Zukunft erkannt. Dies geht aus ihrem sehr bedeutenden und von Jahr zu Jahr ständig zunehmenden finanziellen Einsatz für die Forschung hervor: während eine Erhebung für das Jahr 1969 einen Forschungs- und Entwicklungsaufwand der schweizerischen Industrie im Inland von 1,3 Milliarden Franken ergab, stieg er bei der nächsten Umfrage für das Jahr 1975 schon auf 2,4 Milliarden Franken. International gesehen befindet sich damit unsere Industrie auf diesem Gebiet in einer Spitzengruppe.

Die öffentliche Hand muss sich vor allem jener Gebiete der Forschung annehmen, die wegen ihrer langfristigen Natur oder ihrer ausserhalb der industriellen Fragestellungen liegenden Thematik nicht unmittelbar die Industrie interessieren. Dies hat auch in der Schweiz in den letzten Jahrzehnten zu einer ansehnlichen Aufstokkung der Bundesmittel in einer gewissen Parallelität zur Entwicklung in der Privatwirtschaft geführt. Die bekannten Schwierigkeiten im Bundeshaushalt der letzten Jahre haben uns allerdings gezwungen, auch bei den Forschungskrediten das geplante Wachstum erheblich zu bremsen. In den Richtlinien der Regierungspolitik in der Legislaturperiode 1975-1979 (BEI 7976 I 442, Ziff. 416) sind die Ziele unserer Forschungspolitik wie folgt umschrieben worden: Im Bereich der Forschung gilt es, den erreichten Stand zu halten und die Wissenschaft vermehrt zur Lösung aktueller Probleme unseres Landes herbeizuziehen. Als
unerlässliche Grundlage für die wissenschaftliche und technische Leistungsfähigkeit der Schweiz und als wesentlicher Teil unseres Kulturgutes muss die freie Grundlagenforschung weiterhin mit Bundesmitteln im bisherigen Rahmen tatkräftig unterstützt werden. Auf lange Sicht sollte auch die anwendungsorientierte Forschung in der Schweiz mit Bundeshilfe verstärkt werden, damit die schwierigen Zukunftsaufgaben unseres Staates und unserer Wirtschaft gemeistert werden können. Die Nationalen Forschungsprogramme sind berufen, in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle zu spielen. Wir werden darauf achten, dass sie sich auf wesentliche Anliegen unserer Gesellschaft und unseres Staates konzentrieren. Die forschungspolitischen Massnahmen auf nationaler Ebene sollen ergänzt werden durch eine Weiterführung der Beteiligung der Schweiz an internationalen wissenschaftlichen und technischen Unternehmungen. Dabei wird besonders die Entwicklung von Wissenszweigen mit Schlüsselfunktionen für den Fortschritt einer Vielzahl von Gebieten und Wissenschaften berücksichtigt werden müssen (z. B. Informatik, Dokumentationswesen).

Diese Zielvorstellungen besitzen sicher auch heute noch ihre Gültigkeit, wobei allerdings die knappen Bundesmittel die Möglichkeiten, ihnen nachzuleben, einschränken.

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Die Schweiz muss sich dabei wegen ihrer vielfältigen Verflechtungen mit dem internationalen Geschehen auf wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und andern Gebieten bewusst sein, dass sie ihre forschungspolitischen Entscheidungen nicht bloss aufgrund der Lage im Lande selbst treffen kann. Wenn bei uns nur noch spärliche öffentliche Mittel der Forschung zur Verfügung gestellt werden könnten, während im Ausland die Wissenschaft weiterhin vom Staat grosszügig und sogar zum Teil noch vermehrt gefördert wird, so hätte dies bedenkliche Folgen. In den ersten Jahren nach dem zweiten Weltkrieg bestand eine solche Situation, die zu einer besorgniserregenden Abwanderung hervorragender junger schweizerischer Hochschulabsolventen nach den finanziell reichlicher ausgestatteten amerikanischen Forschungsstätten führte. Dieser damals «Brain Drain» genannte Verlust an hochqualifizierten Fachleuten gab einen der wesentlichen Anstösse zur Schaffung und zum raschen Ausbau des Nationalfonds.

Nicht bloss Befürchtungen vor Verlusten und Überlegungen über die Bedeutung der Forschung für unsere Exportindustrie lenken unseren Blick über die Grenzen.

Es steht dahinter auch der feste Wille, dass die Schweiz als wohlhabendes Industrieland mit den andern modernen Staaten zur Erhaltung und Entwicklung des menschlichen Wissens das Ihre beizutragen hat. Die weit verbreitete Freude und der 'allgemeine Stolz, den das Schweizervolk jüngst über die Verleihung des Nobelpreises an den Basler Professor Dr. W. Arber gezeigt hat, illustriert diese Überzeugung sehr anschaulich.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris hat kürzlich den aufschlussreichen Bericht «Perspektiven der Wissenschaftsund Technologiepolitik» veröffentlicht, in welchem die heute vorherrschenden internationalen Tendenzen in der Forschungsförderung dargestellt werden. Aus einer Analyse der Forschungs- und Entwicklungsausgaben und anderen forschungspolitischen Informationen ihrer Mitgliedstaaten ergeben sich eine Reihe von interessanten Feststellungen, von denen einige der wichtigsten kurz angeführt seien.

Vor dem Hintergrund bedeutender wirtschaftlicher Schwierigkeiten gingen die öffentlichen Aufwendungen für die Forschung besonders in einigen grossen Ländern anfangs der siebziger Jahre etwas zurück. In neuester Zeit ist hingegen,
besonders in den USA, eine Tendenzwende zu verzeichnen. Ganz allgemein haben in den letzten zehn Jahren die Forschungsaufwendungen im zivilen Bereich (der in der Schweiz im Gegensatz zu Verhältnissen bei den Grossmächten von jeher für die Forschung gewichtiger als der militärische war) zugenommen. Wesentlich sind die Ausgaben für Forschungen angestiegen, die für die Verbesserung der Lebensqualität bedeutsam sein könnten. Darin kommt ein weit verbreiteter Wille zum Ausdruck, die Forschung vermehrt in den Dienst nationaler Aufgaben zu stellen. In diesem Zusammenhang haben nicht nur die Schweiz, sondern auch verschiedene andere Staaten die eine oder andere Art von nationalen Forschungsprogrammen entwickelt, um zur Lösung von aktuellen Problemen der Gesellschaft wissenschaftliche Beiträge zu erhalten. Dies vergrössert natürlich in der Forschungspolitik den bestehenden Zwiespalt einerseits zwischen dem Bestreben, entsprechend der Natur der Forschung mit ihren Ungewissheiten und Überraschungen die Forschungsförderung in einer langfristigen Perspektive zu pflegen, und anderseits der Forderung, von der Forschung eine Hilfe bei der Bewältigung der gegenwärtigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schwierigkeiten zu erhalten. Während anfangs dieses

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Jahrzehnts vor allem in den USA eine gewisse Enttäuschung über die Forschung festzustellen war - man warf ihr unter anderem vor, sie schaffe mehr Probleme als sie löse, und kürzte die Kredite für die Grundlagenforschung - wird in neuester Zeit wieder vermehrt ihre ausserordentliche Wichtigkeit erkannt.

Alle diese Informationen und Überlegungen sprechen dafür, dass der Bund seine Forschungsförderung angemessen fortführt. Im Interesse einer gedeihlichen Zukunft der Schweiz müssen wir unsere Forschung tatkräftig und ausreichend unterstützen, damit sie ihre national und international anerkannten Leistungen fortsetzen kann.

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Die Forschungsforderung des Bundes

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Die Forschungsgelder des Bundes und ihre Verteilung

Die Anstrengungen des Bundes für Forschung und Entwicklung haben heute ein bedeutendes Ausmass erreicht. Sie können für das Jahr 1978 auf 670 Millionen Franken veranschlagt werden. Die Bundesgclder kommen der Forschung auf verschiedenen Wegen zu. Unter dem Gesichtspunkt der Zuständigkeit für deren Verteilung können zwei Gruppen unterschieden werden : - In der ersten Gruppe finanzieren Verwaltungsstellen und andere Bundesorgane die Forschung direkt aufgrund der im jährlichen Haushalt eingestellten Kredite.

- Zur zweiten Gruppe gehören privatrechtliche Institutionen, die Bundessubventionen erhalten, um damit die Forschung zu fördern.

Die Finanzierung der Forschung durch Bundesorgane kann in folgende vier Kategorien eingeteilt werden: 1. Die Ausgaben für die sogenannte Ressortforschung, d. h. für die Forschung, die von der Bundesverwaltung zur Erfüllung ihrer Aufgaben in eigenen Einrichtungen betrieben oder Dritten in Auftrag gegeben wird. Sie betrugen 1978 rund 140 Millionen Franken.

2. Die Aufwendungen des Bundes für die Forschung im Bereich des Schweizerischen Schulrates, d. h. für die Forschung an den beiden Eidgenössischen Technischen Hochschulen in Zürich (ETHZ) und Lausanne (ETHL) und an den fünf ihm unterstellten Annexanstalten (Eidg. Materialprüfungs- und Versuchsanstalt/EMPA, Eidg. Institut für Reaktorforschung/EIR, Eidg. Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz/EAWAG, Eidg. Anstalt für das forstliche Versuchswesen/EAFV, Schweiz. Institut für Nuklearforschung/SIN). Sie betrugen im Jahre 1978 etwa 255 Millionen Franken.

Die Annexanstalten finanzieren dabei einen Teil der Ressortforschung aus ihren Krediten, da die Bundesämter ihre Aufträge entsprechend den Vorschriften des Finanzhaushaltgesetzes vom 18. Dezember 1968 nicht bezahlen müssen.

3. Bundesmittel, welche die einzelnen Departemente der Forschung zusprechen aufgrund von Empfehlungen speziell für diese Zwecke gebildeter Kommissionen. Als Beispiel sei der Kredit für die Förderung der angewandten Forschung beim Delegierten für Konjunkturfragen genannt; seine Verwendung

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empfiehlt die Kommission für wissenschaftliche Forschung (1978 6,3 Mio. Fr.). In diese Kategorie fallen auch die Kredite, die beim Eidgenössischen Gesundheitsamt aufgrund des Bundesbeschlusses vom 1. Oktober 1974 über die Beiträge an die Infrastrukturaufwendungen der Krebsforschung in der Schweiz eingestellt sind (1978 4,4 Mio. Fr.). In diesem Zusammenhang namentlich zu erwähnen sind die Sachinvestitionsbeiträge, die das Departement des Innern den Hochschulkantonen aufgrund von Empfehlungen der Schweizerischen Hochschulkonferenz und des Schweizerischen Wissenschaftsrates nach Hochschulförderungsgesetz vom 28. Juni 1968 (SR 414.20) zusichert (1978 wurden 90 Mio. Fr. ausbezahlt). Von den 278 Millionen Franken, die der Bund 1978 an Investitionen und Betrieb der kantonalen Hochschulen auszahlte, entfiel ungefähr ein Viertel bis ein Drittel auf die Forschung. Wegen der Schwierigkeiten, an den Hochschulen zwischen den eng verbundenen Tätigkeiten in Lehre und Forschung klar zu unterscheiden, kann der Anteil der Mittel, die der Forschung zugute kommen, nicht genau angegeben werden.

4. Beiträge des Bundes an die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit.

Es geht hier einesteils um intergouvernementale Gemeinschaftsunternehmen, wie das Europäische Kernforschungszentrum CERN in Genf, die Europäische Weltraumorganisation ESA in Paris, das Europäische Molekularbiologie-Laboratorium EMBL in Heidelberg und in Zukunft auch um die gemeinsame Europäische Fusionsanlage JET in Culham (Grossbritannien). Diese von den westeuropäischen Staaten getragenen Unternehmungen bauen und unterhalten eigene Forschungseinrichtungen. Die schweizerischen Wissenschafter erhalten so Zugang zu Anlagen, die auf nationaler Grundlage kaum zur Verfügung gestellt werden könnten. Andernteils handelt es sich um die Mitarbeit der Schweiz bei der dezentralisierten Durchfìihrung internationaler Forschungsprogramme, wie die sogenannten COST-Aktionen, bei denen die Schweiz zusammen mit den Staaten der Europäischen Gemeinschaften und weiteren europäischen Ländern angewandte Forschung im Bereich des Fernmeldewesens, der Industrietechnik, des Umweltschutzes, der Wettervorhersage usw. betreibt; dazu gehören auch die Forschungsvorhaben der Internationalen Energie-Agentur in Paris und das Grundlagenprogramm der EURATOM zur Erforschung der
kontrollierten Kernfusion. Charakteristisch für die meisten dieser Forschungsprogramme ist, dass sie auf «Naturalleistungen», vorwiegend auf Forschungsarbeiten aufbauen, die in bereits bestehenden nationalen wissenschaftlichen und technischen Einrichtungen ausgeführt werden. Der Bund gab 1978 55 Millionen Franken für die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit aus.1' Die Forschungsförderung durch privatrechtliche Institutionen, welche die zweite Gruppe darstellt, erfolgt vor allem durch den Nationalfonds, aber auch durch die wissenschaftlichen Dachgesellschaften und Akademien (Schweiz. Naturforschende Gesellschaft, Schweiz. Geisteswissenschaftliche Gesellschaft und Schweiz. Akade-

" Ohne die vom Nationalen Energieforschungsfonds für die Projekte der Internationalen Energie-Agentur aufgebrachten Mittel.

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mie der medizinischen Wissenschaften). Über diese Kanäle fördert der Bund vor allem die Grundlagenforschung an unseren Hochschulen, dann die mit ihr verbundene Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses und nicht zuletzt auch die Herausgabe wissenschaftlicher Werke. Auf dem Wege über die privatrechtlichen Institutionen der Forschungsforderung flössen der Forschung 1978 135 Millionen Franken zu.

Die wissenschaftlichen Dachgesellschaften und Akademien spielen im wissenschaftlichen Leben der Schweiz eine bedeutende Rolle. Ihre Mittel verwenden sie vor allem dazu, - wissenschaftliche Erkenntnisse zu verbreiten, die das Verständnis der Öffentlichkeit für die Wissenschaft verbessern können ; - die Zusammenarbeit und den Gedankenaustausch zwischen den Forschern zu fördern, insbesondere durch Veranstaltung und Unterstützung wissenschaftlicher Tagungen; - die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit mit ähnlichen ausländischen oder internationalen Institutionen zu pflegen ; - wissenschaftliche und wissenschaftspolitische Studien und Erhebungen durchzuführen; - wissenschaftliche Zeitschriften und andere Veröffentlichungen zu unterstützen; - langfristige wissenschaftliche Projekte durchzuführen oder durchführen zu lassen; - wissenschaftliche Hilfsdienste zu schaffen und zu betreiben.

Über den Nationalfonds wird im Kapitel 13 berichtet.

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Probleme der zukünftigen Forschungspolitik des Bundes

Einen Grossteil der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen der Schweiz (etwa drei Viertel) trägt die Industrie, was im Vergleich mit dem Ausland einen relativ hohen Anteil darstellt. Der Rest wird zur Hauptsache vom Bund und von den Kantonen finanziert. Dabei fällt dem Bund, auch nach vorherrschender Auffassung der Industrie, die Aufgabe einer ausgleichenden, verhältnismässig starken Förderung der Grundlagenforschung zu, deren Ziele primär von wissenschaftlichen Bedürfnissen bestimmt werden. Ein bedeutender Teil dieser Bundesgelder kommt, wie wir in Ziffer 121 dargelegt haben, der Hochschulforschung zugute.

In neuester Zeit sind zwei neue, wesentliche Tendenzen festzustellen, welche die zukünftige Forschungspolitik des Bundes beeinflussen : 1. Die verschiedensten Kreise, z. B. gewisse Industriezweige, Organisationen des Umweltschutzes und der Energiepolitik, fordern für die kommenden Jahre eine vermehrte Bundeshilfe für anwendungsorientierte Forschungen. Insbesondere wird ein bedeutender Ausbau der Energie- und Umweltforschung sowie der staatlichen Unterstützung der Industrieforschung vor allem für Kleinund Mittelbetriebe verlangt.

2. Wegen der wachsenden Studentenzahlen werden die Mittel vor allem der kantonalen Hochschulträger stärker für die Lehre beansprucht, was eine Beeinträchtigung der Hochschulforschung und damit auch der Grundlagenforschung zur Folge hat.

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Die Grundlagenforschung als Fundament der schweizerischen Forschung kann und darf nicht eingeschränkt werden. Dies schliesst besonders im Hinblick auf die Rollenverteilung zwischen Bund und Industrie aus, dass der Bund die anwendungsorientierte Forschung auf Kosten der Grundlagenforschung vermehrt unterstützt.

Die verstärkte Förderung der anwendungsorientierten Forschung muss deshalb durch die Massnahmen gesichert werden, die im Hinblick auf die entsprechenden nationalen Ziele zu treffen sind. Gemäss dieser Erkenntnis enthält beispielsweise der kürzlich von der Eidgenössischen Kornmission für die Gesamtenergiekonzeption publizierte Schlussbericht auch Vorschläge, die eine gesonderte Sicherstellung der Finanzierung einer verstärkten Energieforschung beinhalten. In diesem Zusammenhang müssen selbstverständlich auch andere Möglichkeiten der Mittelbeschaffung geprüft werden.

Die beschriebene Vielfalt der Wege, auf denen der Bund Forschungen selbst betreibt und fördert, entspricht dem unterschiedlichen Charakter und den vielgestaltigen Bedürfnissen wissenschaftlicher Tätigkeiten. Sie ist notwendig, schafft aber auch Probleme : insbesondere führt das Nebeneinander von Instanzen zu Abgrenzungs- und Koordinationsproblemen, die im Interesse eines optimalen Einsatzes der verfügbaren knappen Mittel noch besser gelöst werden müssen.

Im Forschungsartikel Artikel 27""" der Bundesverfassung wird dem Bund ausdrücklich die Kompetenz gegeben, die Forschungsförderung mit Koordinationsauflagen zu verbinden. Im Bundesgesetz über die Förderung der Hochschulen und die Forschung, das im Mai 1978 von Volk und Ständen abgelehnt wurde, waren rechtliche Instrumente für die Durchführung dieser Koordination vorgesehen.

Wenn auch alle beteiligten forschungspolitischen Organe des Bundes und die mit Bundesmitteln arbeitenden privatrechtlichen Organisationen sich selbst ohne eine solche gesetzliche Basis um eine gute Koordination bemühen, so bleibt doch das Bedürfnis nach Ausführungsbestimmungen zum erwähnten Verfassungstext bestehen. Wir beabsichtigen deshalb, im Laufe der nächsten Legislaturperiode auf unsere ursprüngliche Absicht zurückzukommen, Ihnen ein Forschungsgesetz vorzulegen, in dem auch gleichzeitig der mehrfach aus Ihrer Mitte geäusserte Wunsch nach einer gesetzlichen Verankerung des Nationalfonds sowie der
wissenschaftlichen Dachgesellschaften und Akademien erfüllt würde. So hoffen wir, noch bessere Instrumente zu schaffen, um eine vorausschauende, optimal koordinierte Forschungspolitik im Interesse des Landes und der Wissenschaft betreiben zu können.

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Der Schweizerische Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung

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Organisation, bisherige Tätigkeit und finanzielle Mittel des Nationalfonds

Der Nationalfonds ist eine privatrechtliche Stiftung im Sinne der Artikel 80 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches. Er wurde 1952 gegründet und hat gemäss Statuten die Aufgabe, die wissenschaftliche Forschung in der Schweiz dort zu fördern, wo die Mittel aus anderen Quellen nicht ausreichen und wo es sich nicht um Forschung mit kommerziellem Zweck handelt. Er finanziert teilweise oder ganz For1158

schungsprojekte innerhalb oder ausserhalb der Hochschulen. Seine Zusprachen dienen u. a. dazu, Forschungsassistenten und wissenschaftliche, technische und administrative Hilfskräfte zu besolden sowie wissenschaftliche Apparate, Einrichtungen und Materialien anzuschaffen. Ferner entrichtet er Beiträge an wissenschaftliche Publikationen und gewährt Stipendien an jüngere und an fortgeschrittene Wissenschafter, um ihnen Forschungsarbeiten und die wissenschaftliche Weiterbildung zu ermöglichen.

Oberstes Organ des Nationalfonds ist der Stiftungsrat, in welchem die Hochschulen, wissenschaftliche Körperschaften, eidgenössische und kantonale Behörden, kulturelle Institutionen und Organisationen der Wirtschaft vertreten sind. Die aus seiner Mitte gebildete Geschäftsprüfungskommission bereitet die wichtigeren Geschäfte vor und übt eine unmittelbare Aufsicht über die Tätigkeit des Exekutivorgans des Nationalfonds, des Nationalen Forschungsrates, aus.

Der Nationale Forschungsrat setzt sich vorwiegend aus Wissenschaftern zusammen, welche die hauptsächlichsten Fachgebiete vertreten. Seine wichtigsten Aufgaben sind, die Forschungsgesuche zu begutachten und die erforderlichen Mittel zuzusprechen. Zur Vorbereitung seiner Geschäfte ist er in vier Abteilungen aufgeteilt: die Abteilung Geisteswissenschaften, die Abteilung Exakte und Naturwissenschaften, die Abteilung Biologie und Medizin und die Abteilung Nationale Forschungsprogramme. Die Forschungskommission für die Gesundheit, welche 1970 mit dem Ziel, sozial- und präventivmedizinische Untersuchungen zu unterstützen, geschaffen worden war, wurde 1975 aufgelöst. Ihre Funktionen hat die Abteilung Biologie und Medizin übernommen, welche sich neu in die Sektion Biologie und experimentelle Medizin und die Sektion Klinische, Sozial- und Präventivmedizin gliedert.

Als Verbindungsorgan zum Nationalfonds amtet an jeder Hochschule eine Forschungskommission. Für Wissenschafter, die keiner Hochschule angehören, bestehen Forschungskommissionen der wissenschaftlichen Dachgesellschaften und eine Forschungskommission für die italienischsprachige Schweiz.

Die administrativen Aufgaben werden von einer Geschäftsstelle wahrgenommen, die vom Generalsekretär und dessen Stellvertreter geführt wird. Die Gliederung der Geschäftsstelle entspricht derjenigen des Forschungsrates. Jeder
Abteilung ist ein wissenschaftlicher Sekretär mit einem bis zwei Adjunkten und einem Rechnungsführer zugeordnet. Als zentrale Dienste sind femer die Fachstelle für Stipendien, die Fachstelle für wissenschaftliche Apparate, die Fachstelle für Information und Dokumentation, die Buchhaltung und das Finanzinspektorat zu nennen. 1978 beschäftigte die Geschäftsstelle 46 Personen.

Der Nationalfonds unterbreitet dem Bundesrat jedes Jahr einen Voranschlag und einen Verteilungsplan zur Genehmigung, in denen er die geplante Verwendung seiner Mittel darlegt. Zudem legt er dem Bundesrat zuhanden der Bundesversammlung einen jährlichen Bericht über seine Tätigkeit vor.

Abgesehen von einigen wenigen, relativ kleinen Spenden erhält der Nationalfonds seine Mittel vom Bund. Die Entwicklung der Bundesbeiträge der letzten zehn J.ahre zeigt die Tabelle l :

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Bundesbeiträge an den Nationalfonds 1970-1979

(in Millionen Franken)

Tabelle l

Jahr

Ausbezahlte Jahresbeiträge

Jahresbeiträge, wie sie im Bundcsbeschluss für die Bcittagsperiode 1975-1979 vorgesehen waten

1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979

70 75 88 95 100 106 116 126 131 136

_ 112 122 132 142 152

Der nominelle Zuwachs der Bundesmittel ist anfangs der siebziger Jahre durch die Geldentwertung weitgehend absorbiert worden, so dass das Forschungsförderungsvolumen sich nur wenig veränderte. Ein leichter Anstieg dieses Volumens ist dank dem Rückgang der Teuerung ab 1976 festzustellen.

Den grössten Teil der Mittel nehmen die Forschungsbeiträge, inklusive zweckgebundene Rückstellungen, in Anspruch: 1978 waren es 118,9 Millionen Franken oder 86,4 Prozent. Die dem Nationalfonds zugesprochenen Gelder decken in der Regel die Aufwendungen der unterstützten Forschungsprojekte nur zum Teil. Wesentliche Leistungen werden durch die Gesuchsteller erbracht, welche zum grössten Teil vollamtliche Professoren und Lehrbeauftragte von Hochschulen sind und deshalb persönlich keine Entschädigungen vom Nationalfonds erhalten. In den meisten Fällen stellen die Hochschulen die erforderliche Infrastruktur bereit und ermöglichen dadurch eigentlich erst die Durchführung der vom Nationalfonds finanzierten Forschungsprojekte.

Die Unterstützung des Nationalfonds hat ausgesprochen subsidiären Charakter und konzentriert sich auf Forschungen von hoher wissenschaftlicher Qualität. Für die Nachwuchsförderung, welche in den letzten Jahren stark ausgebaut wurde, wurden 1978 9,7 Millionen Franken oder 7,0 Prozent des gesamten Jahresaufwandes in Form von Stipendien ausbezahlt. Die restlichen Mittel entfallen auf Publikationsbeiträge, persönliche Beiträge (Forschungsprofessuren) und auf die administrativen Aufwendungen. Der prozentuale Anteil der Verwaltungskosten erreicht nur etwa die Hälfte des entsprechenden Prozentsatzes vergleichbarer Organisationen im Ausland. Dies ist nicht zuletzt auf das Milizsystem zurückzuführen, dessen sich die Nationalfonds-Organisation weitgehend bedient.

Die Verteilung der Forschungsbeiträge auf die vier Abteilungen des Forschungsrates ist aus Tabelle 2 ersichtlich.

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Prozentuale Verteilung der Forschungsbeiträge auf die vier Abteilungen des Forschungsrates 1978 Tabelle 2 Abteilung Geisteswissenschaftler!

Abteilung Exakte und Naturwissenschaften Abteilung Biologie und Medizin Abteilung Nationale Forschungsprogramme (inkl. Rückstellungen)

14,3 Prozent 34,2 Prozent 38,4 Prozent 13,1 Prozent

Ein etwas anderes Bild ergibt sich aus Tabelle 3, wenn man die Verteilung der Stipendien für die Nachwuchsförderung darstellt.

Prozentuale Verteilung der Anzahl der Stipendien auf die vier Abteilungen des Forschungsrates 1978 Tabelle 3 Abteilung Geisteswissenschaften Abteilung Exakte und Naturwissenschaften Abteilung Biologie und Medizin Abteilung Nationale Forschungsprogramme

26 Prozent 32 Prozent 42 Prozent 0 Prozent

Der bedeutend grössere Anteil der Abteilungen Exakte und Naturwissenschaften sowie Biologie und Medizin erklärt sich aus dem Umstand, dass die naturwissenschaftliche und medizinische Forschung meist teurere Apparate, Einrichtungen und Materialien als die geisteswissenschaftlichen Studien benötigt. Gesamthaft gesehen wandte der Nationalfonds 1978 19 Prozent seiner Mittel für die Förderung der Geisteswissenschaften auf. In Anbetracht des erwähnten geringeren Mittelbedarfs der Geisteswissenschaften für den Sachaufwand kann somit festgehalten werden, dass der Nationalfonds die Geisteswissenschaften gleichberechtigt mit den Naturwissenschaften und der Medizin fördert.

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Die Nationalen Forschungsprogramme

Der Bundesbeschluss vom 1. Oktober 1974 (AS 1974 1535) brachte als Neuerung die Nationalen Forschungsprogramme. Nach Artikel 2 Absatz 2 dieses Beschlusses kann der Bundesrat dem Nationalfonds die Durchführung von Forschungsprogrammen im Ausmass von insgesamt 12 Prozent der für die Periode 1975-1979 vorgesehenen Beitragssumme übertragen. Mit diesen Programmen wird angestrebt, das Forschungspotential, namentlich auch an den Hochschulen, vermehrt zur Lösung wichtiger aktueller Probleme heranzuziehen, denen unser Land und unsere Gesellschaft sich gegenübergestellt sehen. Nach Artikel 2 Absatz 3 des erwähnten Bundesbeschlusses haben wir am 3I.März 1976 eine Verordnung (SR 420.11) erlassen, welche die Festlegung dieser Programme und das Verfahren regelt.

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Die Nationalen Forschungsprogramme stellen ein wesentliches neues Element der Aktivität des Nationalfonds dar. Die neue Förderungsart unterscheidet sich von der bis anhin gepflegten Normalförderung dadurch, dass die Forscher ihre Gesuche in den Rahmen eines Programmes zu stellen haben, das der Nationalfonds im Auftrag des Bundesrates ausgearbeitet hat. Dabei ist nicht wie bei der Normalförderung nur die wissenschaftliche Qualität der eingereichten Forschungsprojekte für die Bewilligung eines Beitrages ausschlaggebend. Es wird auch beurteilt, inwiefern das vorgeschlagene Vorhaben Resultate im Sinne des Ausführungsplanes erwarten lässt.

Zur Verwirklichung der Nationalen Forschungsprogramme mussten neue Verfahren der Forschungsförderung entwickelt werden. Zu diesem Zweck hat der Nationalfonds als vierte Abteilung des Forschungsrates die Abteilung Nationale Programme geschaffen. Vorbereitung, Administration und Programmbegleitung sind sehr arbeitsintensiv. Von der Vorbereitungsphase an ist jedem Programm eine Expertengruppe von Fachleuten und Vertretern aus Kreisen, die an den Ergebnissen interessiert sind, zugeordnet. Die Koordination der einzelnen Programme obliegt einer Programmleitung, die meist aus einem nebenamtlichen Programmleiter und einem oder mehreren teil- oder vollamtlichen Projektleitern besteht.

Wir haben den Nationalfonds in den letzten Jahren mit der Durchführung folgender Programme beauftragt : ~ Prophylaxe der Herz-und Kreislauferkrankungen (1975) - Grundlegende Probleme des schweizerischen Wasserhaushaltes (1975) - Probleme der sozialen Integration in der Schweiz (1975) - Forschung und Entwicklung im Bereich der Energie (1975) - Regionalprobleme in der Schweiz, namentlich in den Berg- und Grenzgebieten, (1976) mit Unterprogramm: Sozio-ökonomische Entwicklung und ökologische Belastbarkeit im Berggebiet (Schweizerisches «Man and Biosphere»-Programm (MAB) der UNESCO) - Entscheidungsprozesse in der schweizerischen Demokratie (1976) - Rohstoff-und Materialprobleme (1976) - Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit im schweizerischen Gesundheitswesen (1976) - Mechanismen und Entwicklung der schweizerischen Wirtschaft und deren soziale Auswirkungen ( 1976) - Bildung und das Wirken in Gesellschaft und Beruf (1976) - Sicherheitspolitik (1978) Der Nationalfonds hat die Durchführung der Programme
unverzüglich an die Hand genommen. Für den Stand der Arbeiten verweisen wir auf die Eingabe des Nationalfonds (Anhang l, Kap. II Ziff. 2).

Die eigentlichen Forschungsarbeiten setzten 1976 ein mit den Programmen Wasserhaushalt, Kreislaufkrankheiten und Energieforschung. 1978 hat der Nationalfonds insgesamt 7,9 Millionen Franken für die Durchführung von Forschungsprojekten im Rahmen der Nationalen Forschungsprogramme zugesprochen und Rückstellungen von 7,6 Millionen Franken vorgenommen, was 11,3 Prozent seines gesamten Budgets entspricht.

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Die Nationalen Forschungsprogramme weisen einen ausgeprägt interdisziplinären Charakter auf. Sie stellen hohe Anforderungen an das Anpassungsvermögen der beteiligten Forscher und verlangen eine enge Zusammenarbeit zwischen den Forschern und den an den Resultaten interessierten Kreisen ausserhalb der Hochschulen. Manche Mitwirkende schätzen die in diesen Programmen gebotene Möglichkeit, ihre wissenschaftliche Arbeit in einen grösseren Zusammenhang mit einem unmittelbaren Bezug zu aktuellen Landesproblemen zu stellen.

Die anfanglich auftretenden mannigfaltigen Probleme konnten dank der Zielstrebigkeit und der Kooperationsbereitschaft aller Beteiligten befriedigend gelöst werden. Gesamthaft gesehen sind die gemachten Erfahrungen positiv und sprechen für eine pragmatische Fortführung und Weiterentwicklung des vielversprechenden Experimentes der Nationalen Forschungsprogramme in der nächsten Beitragsperiode.

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Die Krebsforschung in der Schweiz

Der Krebs umfasst eine Vielfalt von Krankheiten verschiedenen Ursprungs, die eine grosse Zahl von Organen befallen. In der Schweiz wie im Ausland tritt er in der Bevölkerung aller Altersstufen auf. Gewisse Krebstypen entwickeln sich allerdings vorzugsweise im Alter, während andere eher Kinder oder junge Erwachsene angreifen. Schlechtere Umweltsbedingungen und veränderte Lebensweise haben in neuerer Zeit dazu geführt, dass gewisse Krebstypen bei immer jüngeren Leuten auftreten.

Die Krebsforschung in der Schweiz ist in den folgenden drei Hauptgebieten tätig: Klinische Krebsforschung, Ursachen und Wirkungsmechanismen der Krankheit, Verhütung. Einige Probleme seien nachstehend kurz angedeutet : - Klinische Krebsforschung: Wie kann die Diagnose und die Behandlung der Krebskranken verbessert werden? (Beispiel: Entwicklung und Einführung relativ schmerzloser Therapien mit guten Heilungsaussichten.)

- Ursachen und Wirkungsmechanismen der Krankheit : Warum und wie wandelt sich eine gesunde Zelle in eine kranke um? Warum besitzt die Mehrzahl der Krebszellen die Tendenz, in benachbartes, gesundes Gewebe vorzudringen und sogar entferntere Organe zu besiedeln?

- Verhütung : Wie kann die Häufigkeit des Auftretens von Krebs in der Schweiz zunächst einmal-im Falle der verbreitetsten Typen vermindert werden?

Es ist offensichtlich, dass diese drei Gruppen von Problemen vielfältig miteinander verbunden sind. Beispielsweise ist die Verhütung nur möglich, wenn man die Krebsursachen kennt oder mindestens einigermassen begründet vermuten kann.

Die klinische Krebsforschung bemüht sich um den krebskranken Patienten. Es geht dabei unter anderem auch um vergleichende Studien mit verschiedenen Therapien, die häufig im Rahmen internationaler Programme geprüft werden. Mehr als hundert Mediziner aus der ganzen Schweiz tragen zu diesen Arbeiten bei. Die Mehrzahl unter ihnen gehört der «Schweizerischen Arbeitsgruppe für klinische Krebsforschung» an. Die klinische Krebsforschung unseres Landes wird an den Krebsforschungsstationen betrieben, die Universitäts- und Kantonsspitälern angegliedert sind. Die Kantone tragen damit in bedeutendem Ausmass an die klinische

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Krebsforschung tei. Auch die Industrie beteiligt sich sehr aktiv an der klinischen Krebsforschung, besonders indem sie neue Medikamente für die Chemotherapie des Krebses und Prüfverfahren für die frühzeitige Erkennung der Krankheit entwickelt.

Der Bund unterstützt die klinische Krebsforschung aufgrund des Bundesbeschlusses vom 24. September 1974 (BEI 1974 II 890). Er hat in den Jahren 1975-1979 insgesamt für 6 Millionen Franken Subventionen an Infrastrukturkosten vergeben.

Unterstützt wurden die Anschaffung von Ausrüstungen, experimentelle Erhebungen, die Organisation von Versuchssystemen, Koordinationstagungen usw. Neben den Aufwendungen der Kantone und der Privatwirtschaft erscheinen die vom Bund aufgewendeten Mittel als bescheiden. Es kommt ihnen aber doch eine wesentliche Bedeutung zu, da sie erlauben, Experimente im nationalen und internationalen Massstab durchzuführen und das bestehende Potential maximal zu nutzen.

Die Arbeiten über die Ursachen und Wirkungsmechanismen werden in der Schweiz vor allem am «Institut suisse de recherches expérimentales sur le cancer» (ISREC) in Lausanne ausgeführt, das eng mit mehreren schweizerischen und ausländischen Hochschulinstituten auf dem Gebiet der Molekularbiologie, der Virologie, der Immunologie und der Biochemie zusammenarbeitet. Das ISREC konzentriert sein ganzes Forschungspotential, das ungefähr 45 Forscher umfasst, auf Probleme des Krebses. Andere schweizerische Institute liefern ebenfalls wesentliche Beiträge zur Erforschung des Krebses, sie untersuchen jedoch biologische Grundlagenfragen, ohne deren Beziehung zum Krebs in den Vordergrund zu stellen.

Die Aufgaben des ISREC beschränken sich nicht darauf, zum besseren Verständnis der Ursachen und der Mechanismen der Krebswucherungen beizutragen. Darüber hinaus sammelt und verarbeitet das ISREC das vorhandene Wissen auf diesem Gebiet, übermittelt es an die in der klinischen und präventiven Krebsforschung tätigen Wissenschafter und beantwortet allfällige Fragen der Adressaten dieser Information. Das ISREC bildet ausserdem fortgeschrittenere Krebsforscher in praktischen und theoretischen Kursen aus.

Entsprechend dem Bundesbeschluss vom 24. September 1974 hat der Bund von 1975 bis 1979 dem ISREC insgesamt fast 14 Millionen Franken zur Verfügung gestellt, mit denen annähernd 90 Prozent seiner
Betriebskosten gedeckt werden konnten. Es handelt sich dabei um Aufwendungen für die allgemeinen Dienste und für die Saläre der permanenten Angestellten und der langzeitig verpflichteten Forscher. Während der gleichen Periode hat der Nationalfonds besondere Forschungsprojekte des ISREC irn Umfang von 8 Millionen Franken unterstützt.

Beim Nationalfonds steht das ISREC in Konkurrenz mit andern schweizerischen Forschungsgruppen, was die Qualität seiner Forschung fördert, während die direkten Bundesleistungen die Kontinuität der ISREC-Tätigkeiten sicherstellen und so komplementär zu den Nationalfonds-Leistungen sind. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch private Gruppen einige Forschungsarbeiten des ISREC unterstützen.

Die Forschungen auf dem Gebiet der Verhütimg des Krebses befinden sich in der Schweiz erst im Anfangsstadium. Mit Hilfe der Bundessubventionen an die klinische Krebsforschung konnte in den letzten Jahren ein Netz von Registern der

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Krebserkrankungen aufgebaut werden. Dieses wird erlauben, Besonderheiten im Auftreten bestimmter Krebstypen und damit auch deren Ursachen besser zu erkennen. Ausserdem wird das ÌSREC dank seines neuen Departementes für chemi.sche Karzinogenese in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Institut für Toxikologie der ETH Zürich vermehrt in der Lage sein, die Krebsgefahrdung durch die chemischen Verunreinigungen in der Umwelt zu identifizieren und abzuschätzen. Es sei auch erwähnt, dass einige Universitätsinstitute für Präventiv- und Sozialmedizin in bescheidenem Masse erste Versuche für die Verhütung des Krebses durchgeführt haben. Wir müssen in der Schweiz im Hinblick auf die Leiden, die verhindert werden können, und auch auf die finanziellen Einsparungen, die möglich sind, die Forschung über die Krebsverhütung ausbauen.

Allgemein darf festgehalten werden, dass die schweizerische Krebsforschung im Verein mit gleichgerichteten ausländischen Anstrengungen schon heute bemerkenswerte Resultate erzielt hat. Diese haben zur Verbesserung der Aussichten auf Heilung bei verschiedenen Krebstypen beigetragen. Die Leistungen der schweizerischen Forscher auf diesem Gebiet werden international anerkannt. Heute verfügt die Schweiz über ein Forschungspotential und über Forschungseinrichtungen, die uns erlauben, mit besseren Erfolgsaussichten als früher die noch zahlreichen ungelösten Probleme des Krebses anzugehen.

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Die Unterstützung des Nationalfonds und der Krebsforschung in der Schweiz

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Die Eingabe des Nationalfonds

In seiner Eingabe vom Dezember 1978, die im Anhang l im Wortlaut wiedergegeben ist, legt der Nationalfonds eingehend aus seiner Sicht die gegenwärtige forschungspolitische Situation in der Schweiz dar und leitet daraus seine finanziellen Bedürfnisse für die Jahre 1980-1983 ab. Angesichts der schwierigen Finanzlage des Bundes verzichtet der Nationalfonds darauf, einen substantiellen Ausbau der Forschungsförderung zu fordern. Seine Sorge und sein Hauptanliegen gelten der Erhaltung des nicht zuletzt dank seiner Förderung erreichten qualitativ hohen Standes der wissenschaftlichen Forschung in der Schweiz namentlich an den Hochschulen. Deshalb beschränkt er sich im wesentlichen darauf, die Mittel zu verlangen, die ihm die Weiterführung seiner Forschungsförderung wenigstens im bisherigen Umfange erlauben.

Der Nationalfonds weist darauf hin, dass sein Anteil von nur etwas über 3 Prozent an den gesamten schweizerischen Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen bescheiden sei. Ein wesentliches Element der schweizerischen Forschung, nämlich die Grundlagenforschung und die verschiedenen Bereiche der angewandten Forschung, die nicht primär wirtschaftlichen Zielen dienen, hänge aber entscheidend von der Förderung des Nationalfonds ab. Längerfristig komme für die gedeihliche Entwicklung unseres Landes der Grundlagenforschung eine wesentliche Rolle zu, weil diese immer wieder neue Erkenntnisse zu liefern vermag, die Grundlagen zur Lösung der morgen an uns herantretenden Probleme sein werden. Die Aufrechterhaltung eines angemessenen Potentials auch in der Grundlagenforschung stelle eine unerlässliche und lohnende Investition dar. Eine ganz entscheidende Funktion

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erfülle die vom Nationalfonds geförderte Forschung in der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses, sind es doch vorwiegend junge Wissenschafter, welche in den vom Nationalfonds finanzierten Forschungsprojekten für eine befristete Zeit arbeiten und auf diese Weise eine vertiefte Ausbildung für ihre spätere Tätigkeit in der Wirtschaft, den öffentlichen Verwaltungen, an den Hochschulen selbst und in andern Wirkungsbereichen erhalten.

Der Nationalfonds entwickelt seine Vorstellungen über die Forschungsförderung im Kapitel II «Zentrale Anliegen der Forschungsforderung für die Beitragsperiode 1980-1983» der Eingabe (Anhang 1). Für einzelne Punkte verweisen wir auf dieses Kapitel, von dem zur Charakterisierung hier nur die Titel der einzelnen Abschnitte wiedergegeben seien : - Angemessene Weiterentwicklung eines flexiblen Forschungspotentials im Rahmen der allgemeinen Förderung, - Spezialförderung im Rahmen der Nationalen Forschungsprogramme, - Nachwuchsförderung, - Wissenschaftliche Apparate und Einrichtungen, - Koordinations-und Planungsrnassnahmen, - Rechtsschutz (Rekurswesen), - Internationale Zusammenarbeit.

Der Nationalfonds beziffert die von ihm benötigten Mittel für die Jahre 1980-1983 auf 618 Millionen Franken. Er geht von einem Bundesbeitrag für 1979 von 138 Millionen Franken aus, wie er im Finanzplan vom 15. März 1978 figurierte, und rechnet mit einem jährlichen Mehrbedarf von 4,6 Prozent. Es ergibt sich die folgende Beitragsskala : · 1980 1981.

1982 1983

144 Millionen 151 Millionen 158 Millionen 165 Millionen

Franken Franken Franken Franken

Total

618 Millionen Franken

Der Nationalfonds unterstellt dabei, dass keine starke Teuerung eintrete, dass er keine wesentlichen zusätzlichen Förderungsaufgaben zu übernehmen habe und dass keine neuen Beitragsarten eingeführt werden. Der Anteil für die Nationalen Forschungsprogramme soll auf 12 Prozent als obere Grenze belassen werden. Den Wunsch nach zusätzlichen Mitteln begründet er mit der Erwartung eines teuerungs- und realbedingten Mehraufwandes für Saläre für die etwa 2200 Mitarbeiter, die im Rahmen der von ihm finanzierten Forschungsprojekte tätig sind und so mittelbar von ihm abhängen. Eine zusätzliche Anstrengung möchte der Nationalfonds zugunsten des wissenschaftlichen Nachwuchses unternehmen, der sich gegenwärtig mangels geeigneter Stellen in einer prekären Situation befindet.

Ferner sieht der Nationalfonds für die nächsten Jahre einen Nachholbedarf für wissenschaftliche Apparate voraus, die infolge der anteilmässig gestiegenen Personalkosten schon seit einiger Zeit nicht in erforderlichem Umfange erneuert werden konnten. Der Nationalfonds rechnet auch damit, dass die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit, beispielsweise im Bereiche der Energieforschung, zu zusätzlichen Begehren an den Nationalfonds führen werde. Die immer noch stei-

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genden Studentenzahlen dürften auch zur Folge haben, dass in den kommenden Jahren mehr qualifizierte junge Forscher dem Nationalfonds Gesuche einreichen werden.

Um alle diese zusätzlichen Bedürfnisse einigermassen berücksichtigen zu können, sollten nach Ansicht des Nationalfonds die Mittel für die Löhne pro Jahr um 2-3 Prozent, und diejenigen für apparative Ausrüstung und die internationale Zusammenarbeit um 0,5-1 Prozent erhöht werden können. Die erhöhte Nachfrage nach Forschungsmitteln als Folge der zunehmenden Zahl potentieller Gesuchsteller dürfte eine jährliche Zuwachsrate von 2 Prozent erfordern. Gesamthaft kommt so der Nationalfonds auf einen um 4,5-6 Prozent pro Jahr steigenden Mittelbedarf.

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Die Bedürfnisse der Krebsforschung

Die Anliegen der Krebsforschung sind im folgenden in grossen Zügen wiedergegeben. Für zusätzliche Informationen verweisen wir auf den Bericht des Eidgenössischen Gesundheitsamtes (Anhang 2).

Zur Ermittlung der benötigten Bundessubventionen im Zeitraum 1980-1983 wurde von den Bedürfnissen der Infrastruktur für die klinische Krebsforschung und für das ISREC sowie von einer Teilnahme am «Centre international de recherche sur le cancer» (CIRC) in Lyon ausgegangen. Die Konsolidierung der Tätigkeiten im Bereiche der klinischen Krebsforschung und des ISREC sollte das eine Ziel der Fortsetzung der Bundeshilfe bilden. Mit der Beteiligung am CIRC wird neu der Zugang zu einer internationalen Forschungseinrichtung angestrebt.

In der Periode 1975-1979 erhielt die klinische Krebsforschung erstmals eine direkte Bundeshilfe. Drei Viertel der verfügbaren Summe gingen an die Regionalzentren für klinische Krebsforschung. Sie erlaubten den Betrieb von sieben Zentren in Basel, Bern, Genf, Lausanne, St. Gallen, Bellinzona und Zürich sowie von acht Satellitenstationen in Chur, Münsterlingen, Winterthur, Aarau, Luzern, Solothurn, Ölten, Neuenburg und Altdorf U R. Auf diese Weise ist ein Netz von Stätten der angewandten Forschung in Verbindung mit Behandlungszentren für Krebspatienten entstanden.

Die Übersicht über die Mittelverteilung (Anhang 2, Ziff. 811) zeigt, wie sich die Struktur der klinischen Krebsforschung erweitert hat, ausgehend von der Sektion innere Medizin auf die Sektion Kinderheilkunde, dann auf diejenigen für Radiotherapie und Chirurgie. Dies entspricht dem Erfordernis, in der Krebsbehandlung und den dazugehörigen Untersuchungen multidisziplinär zu arbeiten. Die zugesprochenen Mittel halfen der klinischen Krebsforschung auch, die Probleme der Krebsverhütung anzupacken. Dazu dienen die diagnostische Onkologie und die schweizerischen Krebsregister.

In den kommenden Jahren soll der Ausbau der Strukturen der klinischen Krebsforschung fortgesetzt und bis zum Ende der Beitragsperiode zu einem gewissen Abschluss gebracht werden. So hat die erwähnte Schweizerische Arbeitsgruppe für die klinische Krebsforschung bereits beschlossen, eine gynäkologische Sektion zu schaffen. Des weitern besteht der Wunsch, eine Sektion für Psychoonkologie zu bilden. Die Anstrengungen, Methoden für die frühzeitige Krebserkennung bereitzustellen und Kombinationen geeigneter Krebstherapien zu erforschen, sollen ver-

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stärkt werden. Sodann ist beabsichtigt, die Krebsregister, unerlässliche Instrumente der Krebsbekämpfung, auszubauen. In der Tabelle 4 sind für die Jahre 1980-1983 die Kosten der Infrastruktur für die klinische Krebsforschung, inbegriffen die Tumorregister, geschätzt worden. Diese Zahlen basieren einerseits auf dem Budget der Schweizerischen Arbeitsgruppe für klinische Krebsforschung für das Jahr 1979 und andererseits auf einem vorgesehenen jährlichen Ausgabenwachstum von vier Prozent. Für vier Jahre ergibt dies einen Beitrag von 7,52 Millionen Franken.

Gewünschte Entwicklung der Ausgaben für die klinische Krebsforschung, Tumorregister Inbegriffen, und für das ISREC in den Jahren 1980-1983

(in Franken)

Tabelle 4

Jahr

Klinische Krebsforschung und Turaorrcgister

1980 1981 1982 1983

1 768 000 1 841 000 1917000 1 994 000

Total

7 520 000

ISREC

3210000 3 274 000 3 340 000 3 406 000 13 230 000

Totiil

4 978 000 5 115000 5 257 000 5 400 000 20 750 000

Wie bereits in Ziffer 14 erwähnt, deckt die direkte Bundessubvention an das ISREC den Grossteil des Betriebsaufwandes, nämlich etwa 90 Prozent. Den Rest trägt die ISREC-Stiftung.

Die Schätzung für die weitere Entwicklung des Betriebsbudgets des ISREC (Tab. 4) geht vom Betriebsbudget 1979 aus, beschränkt indessen die jährliche Erhöhung auf 2 Prozent. Letzteres in der Meinung, dass heute ein ausreichender Stand in der Sicherung der Basisfinanzierung durch den Bund erreicht worden ist, wobei vorausgesetzt wird, dass keine wesentliche Teuerung eintritt. Insgesamt werden demnach für das ISREC in den nächsten vier Jahren Bundesbeiträge von 13,23 Millionen Franken als notwendig erachtet.

Die Beteiligung der Schweiz am «Centre international de recherche sur le cancer» (CIRC) in Lyon sollte neu eine dritte Säule für die Infrastruktur der schweizerischen Krebsforschung schaffen.

Das CIRC wurde 1965 durch die Weltgesundheitsorganisation gegründet. Die folgenden zehn Staaten sind Mitglieder des CIRC : Belgien, Frankreich, die Bundesrepublik Deutschland, Holland, Italien, Grossbritannien, die USA, die UdSSR, Japan und Australien.

Die Tätigkeiten des CIRC konzentrieren sich auf das Studium der epidemiologischen Aspekte des Krebses, d. h. auf die Probleme des Auftretens und der Verbreitung dieser Krankheit. Bessere Kenntnisse darüber erweisen sich als äusserst wichtig für die Entwicklung vorbeugender Massnahmen. Das CIRC ist auf allen Kontinenten tätig. Es hat einen umfassenden Überblick über die Verbreitung des Krebses und über andere seiner Charakteristiken, was ihm bei der Beratung der Mit1168

gliedstaaten bei der Entwicklung ihrer Politik für die Krebsprophylaxe zustatten kommt.

Das CIRC beschäftigt sich auch mit dem Studium der krebserzeugenden Stoffe in unserer Umwelt und besitzt grosse Erfahrung, die Beziehungen zwischen dem Vorhandensein dieser Stoffe und dem Auftreten des Krebses zu erkennenEine weitere Aufgabe des CIRC besteht in der Spezialausbildung junger Wissenschafter mit Kursen, Stipendien oder Studienaufenthalten, welche dem Nachwuchs Gelegenheit geben, im «Felde», in spezialisierten Laboratorien oder in Zentren zu arbeiten, wo Informationen über den Krebs gesammelt und verwertet werden.

Eine Vollmitgliedschaft beim CIRC würde der Schweiz in den nächsten vier Jahren Kosten gemäss Tabelle 5 verursachen.

Aufgrund des provisorischen Budgets des CIRC berechnete schweizerische Jahresbeiträge 1980-1983 Tabelle 5 Jahr

Budget CIRC

Beitrag der Schweiz US S

1980 1981 .

1982 1983 Total

Franken ( l U S t = 1.70 Fr.)

6 553 000 7 208 000 7 929 000 8 722 000

507 000 557 000 613000 674000

861000 947000 1 042 000 1 146 000

30412000

2351000

3996000

Der Beitragssatz der Schweiz an das Budget des CIRC würde etwa 8 Prozent betragen. Dieser Satz kommt dadurch zustande, dass 70 Prozent des Voranschlages von allen Mitgliedstaaten zu gleichen Teilen zu finanzieren sind und nur bei den verbleibenden 30 Prozent Rücksicht auf das unterschiedliche Bruttosozialprodukt genommen wird.

Die schweizerische Krebsforschung befürwortet eine Vollmitgliedschaft im CIRC aus den folgenden Gründen : - Die besonderen Erfahrungen des CIRC werden sehr gute Dienste bei den geplanten epidemiologischen Forschungen in der Schweiz leisten. Ohne die Unterstützung des CIRC müssen der klinischen Krebsforschung und dem 1SREC voraussichtlich noch mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden, will man gleich rasch und gleich weit kommen.

- Das Potential der Krebsforschung in der Schweiz ist heute soweit entwickelt, dass unser Land sich an den Arbeiten des CIRC beteiligen kann und damit aus dem in den letzten Jahren erfolgten Aufbau den grössten Nutzen ziehen wird.

- Die Ratschläge des CIRC sind den verantwortlichen Gesundheitsbehörden bei der Formulierung einer Politik für die Krebsverhütung wertvoll.

- Das Zentrum in Lyon bietet Ausbildungsmöglichkeiten für junge schweizerische Wissenschafter auf dem Gebiete der Krebsepidemiologie, wie sie in unserem Lande fehlen. Diese Spezialausbildung wird für den Ausbau der Massnahmen zur Krebserfassung und -Verhütung in der Schweiz sehr nützlich sein.

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153

Stellungnahme des Wissenschaftsrates zur Eingabe des Nationalfonds und zu den Begehren für die Krebsforschung

Die Eingabe des Nationalfonds und der Bericht über die Krebsforschung wurden dem Wissenschaftsrat zur Prüfung vorgelegt. Er hat sich mit diesen beiden Dokumenten eingehend im Lichte der gegenwärtig für die Forschungspolitik des Bundes relevanten Faktoren und Randbedingungen auseinandergesetzt. Aus seiner Stellungnahme, die im Wortlaut im Mitteilungsblatt der schweizerischen wissenschaftspolitischen Instanzen, «Wissenschaftspolitik», erscheinen wird (Heft l, S.Jahrgang, April 1979), greifen wir die folgenden für diese Vorlage zentralen Punkte heraus : - die neuen wissenschaftspolitischen Rahmenbedingungen der Schweiz, - die zukünftige Gestaltung der Forschungsfördemngspolitik des Nationalfonds, - die Anliegen der schweizerischen Krebsforschung, - die Entwicklung der Forschungsförderungskredite des Bundes in den nächsten Jahren, - abschliessende Meinungsäußerung zur Eingabe des Nationalfonds und zu den Begehren der schweizerischen Krebsforschung.

Zu den neuen wissenschaftspolitischen Rahmenbedingungen schreibt der Wissenschaftsrat : Die Rolle und der Stellenwert, welche der Forschung in einem Land wie der Schweiz zufallen, gehen aus den folgenden wichtigen Veränderungsfaktoren unserer Zeit deutlich hervor: - Entwicklung der wirtschaftlichen Lage. Es wird allgemein anerkannt, dass die Forschung der Wirtschaft wichtige Impulse zu verleihen vermag und mithin zur Sicherung der langfristigen Wirtschaftsdynamik (Innovation, Diversifikation) namentlich im Produktionssektor Wesentliches beiträgt.

- Sozialer Wandel. Die Stellung des Individuums in der Gesellschaft sowie seine Beziehungen zum Mitmenschen sind wegen der raschen Umweltveränderungen einem ständigen Wechsel unterworfen. Die Familie, das politische Leben, das kulturelle Leben, die Beschäftigung, die Lehre und die Bildung werfen allesamt Probleme auf, die durch Forschung besser durchleuchtet und verstanden werden können.

- Demographische Entwicklung. Der Eintritt geburtenstarker Altersklassen in den höheren Bildungsbereich sowie ins aktive Leben, gefolgt von einem demographischen Wellental, wird im Beschäftigungssektor etliche Probleme hervorrufen. Was die Forschung betrifft, muss die Kontinuität des wissenschaftlichen Nachwuchses sichergestellt werden können.

- Die Verantwortung der Wissenschaften gegenüber der Gesellschaft. Die Sensibilisierung
der öffentlichen Meinung in bezug auf die Folgen der Wissenschaften und der Technologie lässt die Frage nach den Beziehungen zwischen Wissenschaft und Gesellschaft in einem neuen Licht erscheinen ; dies kann für die Entwicklung der Forschung in der Schweiz sowohl einschränkende wie auch positive Folgen mit sich bringen.

Für die zukünftige Gestaltung der Forschungsförderungspolitik des Nationalfonds formuliert der Wissenschaftsrat eine Reihe von Empfehlungen, unter denen die folgenden im Zusammenhang mit der Vorlage von Interesse sind : - Prioritäten der Forschungsförderung. Sogar im Falle einer realen Steigerung der Bundessubvention könnte der Nationalfonds nicht alle auf hohem Niveau stehenden wissenschaftlichen Projekte mit Beiträgen unterstützen. Der

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Nationalfonds wird daher eine Auswahl treffen müssen, welche neben der Qualität weitere Kriterien berücksichtigt, insbesondere dasjenige der Prioritäten, die er verschiedenen Wissenschaftsbereichen zuerkennen will. Es ist deshalb notwendig, dass die «Akzente», welche der Nationalfonds als kurzöder mittelfristige Orientierungen der Forschung zu setzen beabsichtigt, in Übereinstimmung mit der Forschungspolitik des Bundes gebracht werden.

Zu diesem Zweck sollten die Prioritäten des Nationalfonds in den jährlichen Verteilungsplänen deutlich zum Ausdruck kommen.

Der Wissenschaftsrat vertritt die Ansicht, wonach sich zwischen der Beitragspolitik des Nationalfonds und den Politiken der verschiedenen Hochschulen - die eine der Hauptstützen der Forschung sind - eine bessere Koordination entwickeln sollte. Diese Koordination sollte gesamtschweizerisch zu einer optimalen Aufteilung der Kräfte führen, zuweilen sogar, sofern dies als wünschbar erscheint, zur Bildung von eigentlichen Schwerpunkten.

Gemeinsames Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses zwischen Nationalfonds und Hochschulen. Angesichts der oben genannten Probleme der demographischen Entwicklung sowie der Altersstruktur der Forscher sollte die Nachwuchsförderung im Rahmen der Politik des Nationalfonds einen wichtigen Platz einnehmen. Eingedenk seiner subsidiären Funktion sowie der zeitlichen Limitierung seiner Stipendien sollte der Nationalfonds in Zusammenarbeit mit den Hochschulen ein Nachwuchsförderungsprogramm erarbeiten, welches der Entwicklung des Arbeitsmarktes für Wissenschafter Rechnung trägt. Die Ausarbeitung eines solchen Programmes ist dringend. In Zeiten geringer Rotation des Forschungspersonals wäre es namentlich wünschenswert, dass besonders begabte junge Wissenschafter ihre Forschungsarbeiten an den Hochschulen ausscrhalb des vom Kanton bezahlten Personalbestandes fortführen könnten. In dieser Richtung sollte vom Nationalfonds nach einer Lösung des Nachwuchsproblems gesucht werden.

Fortsetzung des Experimentes der Nationalen Forschungsprogramme. Aus den in der Beitragsperiode 1975-1979 eingeführten Nationalen Forschungsprogrammen lassen sich - weil sie alle erst seit relativ kurzer Zeit laufen - noch keine endgültigen Schlüsse ziehen. Weil kein Programm endgültig abgeschlossen ist, kann namentlich noch kein
Urteil aus der Sicht der Forschungsergebnisse abgegeben werden. Die bisherigen Arbeiten weisen indes gleichwohl bereits einige positive Punkte auf, so insbesondere die von den Programmen hervorgerufene Koordination zwischen einzelnen Forschern; diese positiven Aspekte rechtfertigen eine Weiterverfolgung des Experimentes in der Beitragsperiodc 1980-1983.

Eine Ausweitung der Nationalen Forschungsprogramme sollte im wesentlichen auf das verfügbare Forschungspotential Rücksicht nehmen sowie auf die Ftihrungskapazitäten des Nationalfonds, weil der Erfolg der Programme zu einem grossen Teil von der Qualität ihrer Vorbereitung und von ihrer Betreuung abhängt.

In der nächsten Beitragsperiode sollte der Beendigung der laufenden Programme, der Evaluation und der Verwertung ihrer Forschungsergebnisse der Vorrang eingeräumt werden. Schliesslich verdient die Evaluation der Erfahrungen bei der Programmentwicklung und -durchführung besondere Aufmerksamkeit; sie sollte sowohl aus der Sicht der Forschungsförderung wie auch aus der Sicht der an der Verwirklichung der Programme beteiligten Institute erfolgen.

Verbreitung und Auswertung der Forschungsergebnisse. Gegenwärtig werden die Ergebnisse der Forschungsprojekte vorwiegend mittels wissenschaftlicher Publikationen verbreitet. Diese Verbreitung beschränkt sich indes hauptsächlich auf den Kreis der Wissenschafter. Wohl finanziert der Nationalfonds wissenschaftliche Publikationen, doch hat er bis heute wegen unzureichender Mittel der Verwertung von Forschungsergebnissen, namentlich

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einer weiteren Verbreitung der Ergebnisse sowie der Auswertung von Erkenntnissen der Grundlagenforschung kein grösseres Gewicht beimessen können. Der Wissenschaftsrat ist der Meinung, diese Funktion sollte im Tätigkeitsfeld des Nationalfonds inskünftig grösseren Raum einnehmen. Zu diesem Zweck drängt sich die Schaffung neuer Instrumente auf. Im Fall der Nationalen Forschungsprogramme wäre es vielleicht sogar angebracht, im Hinblick auf die Auswertung der gewonnenen Ergebnisse besondere Aktionen vorzusehen.

Zu den Anliegen der Krebsforschung führt der Wissenschaftsrat aus : Der Bundesbeschluss vom 24. September 1974 hatte hauptsächlich zum Ziel, die Finanzierung von Infrastrukturaufwendungcn sicherzustellen, welche der Nationalfonds nicht zu decken vermag. Nunmehr wird vorgeschlagen, diesen Bundesbeschluss zu erneuern und ihn gleichzeitig auf eine Beteiligung der Schweiz am Internationalen Zentrum für Krebsforschung (CIRC) in Lyon, einem Institut der Weltgesundheitsorganisation, auszudehnen.

- Schweizerisches Institut für experimentelle Krebsforschung in Lausanne (ISREC). Angesichts des nationalen Charakters des ISREC anerkennt der Wissenschaftsrat die Notwendigkeit, diesem Institut weiterhin eine zusätzl iche Bundessubvention zuzusprechen.

- Klinische Krebsforschung. Im Bereich der klinischen Medizin war der Anspruch auf eine Sonderförderung durch den Bund für den Ausbau der Forschungsinfrastruktur wegen eines erwiesenen Nachholbedarfs berechtigt.

Eine Zeitspanne von 5 Jahren war indes zu kurz, um diesem Forschungszweig genügend Impulse zu verleihen, weshalb eine Verlängerung der Bundeshilfe um 4 Jahre notwendig ist. Ziel der nächsten Beitragsperiode muss sein, die Forschungsaktivitäten mittels der in den letzten Jahren aufgebauten Forschungsinfrastruktur wesentlich zu steigem.

- Centre international de recherche sur le cancer, Lyon (CIRC). Der Wissenschaftsrat hat sich bereits in seiner Stellungnahme zum Bundesbeschluss vom 24. September 1974 zur Frage einer schweizerischen Mitgliedschaft im CIRC geäussert. Er unterstrich zwar die Wichtigkeit eines Beitritts, erachtete es indessen wegen der kurzen Zeitspanne der Förderung der Krebsforschung durch den Bund als unmöglich, sich gleichzeitig an drei Projekten zu beteiligen. Er empfahl deshalb, dem ISREC und der klinischen Krebsforschung den
Vorrang einzuräumen. Zudem hätte eine Mitgliedschaft der Schweiz im CIRC eine aktive Mitarbeit schweizerischer Forscher im Zentrum vorausgesetzt. Diese Bedingung ist heute erfüllt.

Eine Teilnahme am CIRC würde der Schweiz nicht nur den Zugang zu internationalen Forschungsarbeiten und -ergebnissen öffnen, sondern es würde zudem vermieden, in unseren Instituten Probleme zu erforschen, welche im CIRC bereits bearbeitet werden. Der für die Teilnahme am CIRC angeforderte Beitrag von 3,8 Millionen Franken ist angesichts der zu erwartenden Ergebnisse als bescheiden zu bezeichnen.

Verglichen mit den andern Aufgaben der Forschungsförderung erscheint dem Wissenschaftsrat das für die Beitragsperiode 1980-1983 vorgesehene Wachstum der Subventionen zugunsten der Krebsforschung als zu hoch. Wenn der angeforderte Betrag von 24,4 Millionen Franken reduziert werden sollte, so sollte seiner Ansicht nach eher eine Plafonierung der Beiträge an das ISREC und an die klinische Krebsforschung vorgenommen werden als eine Zurückstellung der schweizerischen Mitgliedschaft im CIRC.

Zur Entwicklung der Mittel für die Forschungsförderung, welche der Bund in den nächsten vier Jahren zugunsten des Nationalfonds, der Krebsforschung und im Rahmen der Massnahmen zur Milderung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten zur Verfügung stellen soll, macht der Wissenschaftsrat die folgenden Feststellungen :

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Wegen ihrer Auswirkungen auf die kulturelle, soziale und wirtschaftliche Entwicklung ist die Forschung in jedem Land den lebensnotwendigen Aktivitäten zuzurechnen. Die Bedürfnisse unserer Gesellschaft, im besonderen jedoch die Bedürfnisse unserer Wirtschaft sowie die Probleme unserer Hochschulen erfordern eine Steigerung der vom Bund für die Forschung aufgewendeten Mittel.

Die vorgeschlagenen Massnahmen zugunsten des Nationalfonds, der Krebsforschung und der Wirtschaft (im Rahmen der «Massnahmen zur Milderung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten») drücken sich für die Beitragsperiode 1980-1983 in einem durchschnittlichen jährlichen Mittelzuwachs von 6 Prozent aus, gegenüber 7,3 Prozent in der 5-jährigen Vorperiode (1975-1979). Dieses Wachstum ist zwar höher als dasjenige des Voranschlages der Eidgenossenschaft, scheint indes dem Wissenschaftsrat wegen der folgenden Erfordernisse berechtigt zu sein : - Aufrechterhaltung eines Forschungspotentials von hoher Qualität in einem rohstoffarmen Land, dessen Zukunft weitgehend von seiner Kreativität und seinem Know-how abhängt; - Sicherstellung eines Beitrages der Schweiz an den internationalen Wissensfortschritt sowie Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes; - Leistung von Forschungsarbeiten, welche sich im Zusammenhang mit der Erfüllung der öffentlichen Aufgaben als notwendig erweisen (Gesundheit, Umwelt, Erziehung usw.); - Vermittlung von Impulsen für die Wirtschaft dadurch, dass Forschung sich auf Innovation und Diversifikation im Produktionssektor auswirken kann; - Sicherung des wissenschaftlichen Nachwuchses unseres Landes durch entsprechende Förderung der jungen Forschergenerationen sowie Sicherung der ständigen Erneuerung des Forschungspersonals unter Beachtung der Auswirkungen der demographischen Entwicklung und der gegenwärtigen Stellenplafonierung auf die Altersstruktur der Forscher; - Unterstützung der Kantone zum Ausgleich der für die Forschungstätigkeit negativen Auswirkungen durch die durch den Übertritt geburtenstarker Altersklassen in den Hochschulbereieh verursachten Überlastung des Lehrkörpers.

Auf der Basis dieser Überlegungen und Empfehlungen fasst der Wissenschaftsrat seine Meinung über die Anliegen des Nationalfonds und der schweizerischen Krebsforschung in den nachstehenden Schlussfolgerungen zusammen: - Angesichts der erhöhten Verantwortung des Nationalfonds im Bereich der Förderung der Hochschulforschung und der Förderung der Grundlagenforschung vertritt der Wissenschaftsrat die Auffassung, dass eine Erhöhung der Bundessubvention an den Nationalfonds gerechtfertigt sei. Der vom Nationalfonds in seiner Eingabe für eine Zeitspanne von vier Jahren angeforderte Betrag in der Höhe von 618 Millionen Franken wird für die Durchführung einer den Bedürfnissen unseres Landes entsprechenden Forschungspolitik als unerlässlich erachtet. Der Wissenschaftsrat empfiehlt, den in bezug auf die Forschungsförderungspolitik des Nationalfonds formulierten Vorschlägen die notwendige Beachtung zu schenken.

- Der Wissenschaftsrat befürwortet die Erneuerung der Bundessubventionen zugunsten der Krebsforschung. Der Rat empfiehlt namentlich den Beitritt der Schweiz zum Internationalen Zentrum für Krebsforschung (CIRC). Er ist der Meinung, dass diesem Projekt gegenüber einer realen Steigerung der Bundesbeiträge an das ISREC und an die klinische Krebsforschung der Vorrang eingeräumt werden muss. Deshalb findet der Rat, die Beiträge an diese beiden Zweige der Krebsforschung sollten auf der Höhe des 1979 ausbezahlten Betrages stabilisiert werden, was eine Verminderung der Bundessubvention an die Krebsforschung von 24,4 auf 23,4 Millionen Franken erlaubte.

53 ßundesblait. 131.Jahrg. Bd.I

1173

Des weitem empfiehlt der Rat, die Strukturen und die Finanzierung der Krebsforschung in der Zeitspanne bis 1983 einer Überprüfung zu unterziehen.

154

Würdigung der Eingabe des Nationalfonds und der Begehren der Krebsforschung

154.1

Nationalfonds

Aufgrund der Eingabe des TSIationalfonds und der Stellungnahme des Wissenschaftsrates kommen wir zu den folgenden Schlussfolgerungen : Damit Leistungsfähigkeit und Qualität der schweizerischen Hochschulen, diesen Schlüsseln für eine gedeihliche Zukunft unseres Landes, erhalten bleiben, muss der Nationalfonds auch in den kommenden Jahren als Hauptaufgabe die Entwicklung und Aufrechterhalrung einer genügend breiten Forschungsbasis an diesen Institutionen durch Förderung der Grundlagenforschung tatkräftig unterstützen. Gerade in einem Zeitpunkt, wo die finanziellen Mittel der Hochschulen stärker als bis anhin durch die unmittelbaren Bedürfnisse des Unterrichts beansprucht werden - bedingt durch den für die kommenden Jahre erwarteten Andrang von Studenten -, ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass dies nicht auf Kosten der Forschung geschieht.

Wir begrüssen es daher, wenn der Nationalfonds auch in Zukunft der Grundlagenforschung im universitären Bereich grösste Beachtung schenkt.

Die Spezialförderung von Forschungen über aktuelle Problemstellungen unseres Landes wurde dem Nationalfonds vor vier Jahren in Form von Nationalen Forschungsprogrammen neu übertragen. Mit Befriedigung haben wir festgestellt, dass sich der Nationalfonds entsprechend unserem Wunsche den Nationalen Forschungsprogrammen besonders angenommen und die dazu erforderlichen neuen Verfahren entwickelt hat. Eine für die Betreuung dieser Programme eigens geschaffene Abteilung hat zielstrebig und geschickt trotz mannigfaltiger Schwierigkeiten die Vorbereitung und Durchführung dieser Programme vorangetrieben. Dank dieser Anstrengungen bearbeitet die Hochschulforschung heute wesentlich mehr als früher aktuelle Probleme unseres Landes, wobei sie sich in verschiedenen Gebieten auf das mit Hilfe des Nationalfonds entwickelte Forschungspotential abstützen kann.

Wir teilen die Ansicht des Wissenschaftsrates, dass in den nächsten Jahren das Hauptgewicht auf dem Abschluss der laufenden Programme liegen soll. Angesichts der verhältnismässig langen Vorbereitung, welche diese Programme erheischen, sind indessen die Vorarbeiten für weitere Programme zeitig in Angriff zu nehmen.

Wir beabsichtigen, je nach der Aktualität gewisser Problemkreise, dem Nationalfonds neue Themen zur Bearbeitung zu übergeben. Der Nationalfonds selbst hat in seiner Eingabe
drei interessante Themen vorgeschlagen : «Verhütung angeborener Krankheiten und Gebrechen», «Kulturelle Vielfalt und Kommunikationsforschung in der Schweiz» und «Erhaltung von Kulturgütern». Diese Vorschläge gilt es, zusammen mit weiteren aktuellen Problemen zu prüfen, wie z. B. die Wechselwirkungen zwischen den öffentlichen Haushalten und der Gesamtwirtschaft oder die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Sozialversicherung, bevor wir nach Rücksprache mit den forschungspolitischen Instanzen dem Nationalfonds Aufträge zur Durchführung neuer Programme erteilen.

1174

Der Vorschlag des Nationalfonds, auch in der neuen Beitragsperiode wiederum maximal 12 Prozent des gesamten Bundesbeitrages für die Nationalen Forschungsprogramme aufzuwenden, ist im Lichte der bisherigen Erfahrungen angemessen, und wir sind damit einverstanden.

Mit der steigenden Zahl der Hochschulabsolventen gewinnt die Nachwuchsförderung des Nationalfonds zunehmend an Bedeutung. Vor allem begrüssen wir es, dass der Nationalfonds gemeinsam mit den Hochschulen nach Möglichkeiten sucht, wie der in den nächsten Jahren drohenden Überalterung der Lehrkörper an unseren Hochschulen begegnet werden kann.

Wer an der Spitze der internationalen Forschung mithalten will, bedarf dazu geeigneter wissenschaftlicher Apparate und Einrichtungen. Wir teilen die Ansicht des Nationalfonds, dass in den nächsten Jahren mit einem gewissen Nachholbedarf zu rechnen ist, dies nicht zuletzt auch deshalb, weil die Hochschulen bei der Anschaffung neuer Apparate in den letzten Jahren sehr zurückhaltend waren, um die stetig steigenden Bedürfnisse der Lehre finanzieren zu können.

Wir anerkennen die Anstrengungen des Nationalfonds für eine Koordination und Planung seiner Massnahmcn. Unser Ziel ist es, die forschungsförderndcn Massnahmen aller Instanzen unter Wahrung der Eigenständigkeil der einzelnen Bereiche in einen grösseren Rahmen zu stellen, um eine optimale Verwendung der Bundesmittel zu erzielen. Einen guten Ansatz dazu bildeten die im abgelehnten Bundesgesetz über die Förderung der Hochschulen und die Forschung vorgesehenen Koordinationsmassnahmen. Wir werden auf dieses Anliegen bei der allfälligen Vorbereitung eines Forschungsgesetzes zurückkommen.

Wir begrüssen es, dass der Nationalfonds beabsichtigt, sein Rekursverfahren vollständig zu überprüfen. Bei der Vorbereitung des Bundesgcsetzes über die Förderung der Hochschulen und die Forschung sind wir zum Schluss gelangt, dass eine Unterstellung der Verfügungen unier das Verwaltungsverfahrensgesetz (S R 172.021) die mit der Rechtsform einer privatrechtlichen Stiftung angestrebte Autonomie der Forschungsförderung praktisch illusorisch macht: Deshalb hallen wir damals die Einführung eines unabhängigen, den besonderen Bedürfnissen der Institutionen der Forschungsförderung angepassten Rekursverfahrens im erwähnten Gesetzesentwurf vorgesehen. Im Hinblick darauf unterstützen
wir mit Nachdruck die Anstrengungen des Nationalfonds, durch die Verbesserung seines bereits bestehenden internen Rekursverfahrens den Rechtsschutz der Gesuchsteller auszubauen.

Entsprechend der steigenden Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit pflegt der Nationalfonds selbst in zunehmendem Masse die iniernalionalen wissenschaftlichen Kontakte. Er und der Wissenschaftsrat sehen eine wichtige Aufgabe darin, sie zu fördern, und wünschen eine vermehrte Absprache zwischen politischen Instanzen und wissenschaftspolitischen Gremien, bevor allfällige Beschlüsse über die schweizerische Beteiligung an neuen Projekten gefasst werden. Wir teilen diese Auffassung und werden dafür sorgen, dass ihr in Zukunft noch stärker Beachtung geschenkt wird. Im Hinblick auf die eigenen Initiativen des Nationalfonds auf diesem Gebiet legen wir Wert auf eine gegenseitige Konsultation.

Angesichts dieses umfangreichen Spektrums wichtiger Aufgaben würde sich eine bedeutende Steigerung der Bundesbeiträge durchaus vertreten lassen. Im Bewusst-

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sein der momentanen Finanzlage des Bundes hat der Nationalfonds jedoch beschlossen, in seiner Eingabe eine Steigerung von nur 4,6 Prozent pro Jahr zu beantragen, was insgesamt 618 Millionen Franken für die kommenden vier Jahre ergibt. Damit strebt der Nationalfonds an, in einer Konsolidierungsphase den erreichten Stand der Wissenschaft an den schweizerischen Hochschulen zu halten.

Auf zusätzliche grosse forschungspolitische Vorhaben, wie z. B. neuartige Förderungsprogramme, wird verzichtet und der Akzent auf die Fortführung der bewährten Förderungstätigkeiten gelegt.

Wenn auch die Forschungsförderung zu den wichtigsten Aufgaben des Bundes gehört, so gestattet die gegenwärtige Finanzlage des Bundes nicht, auch diese zurückhaltenden Wünsche des Nationalfonds zu erfüllen. In der Eingabe wird bei der Berechnung der Finanzbedürfnisse für die nächste Beitragsperiode davon ausgegangen, dass die Bundessubvention für das laufende Jahr 138 Millionen Franken betragen würde, was schon einer Kürzung von 14 Millionen Franken gegenüber dem Bundesbeschluss vorn 1. Oktober 1974 entspricht. Die Notwendigkeit zusätzlicher Einsparungen zur Verringerung des Defizites im Bundeshaushalt zwang zu einer Senkung dieses Kredites um weitere 2 Millionen Franken auf 136 Millionen Franken. Indem wir uns an diesen reduzierten Ausgangspunkt anpassen, beantragen wir die folgenden Beiträge für den Nationalfonds : 1980 142 Millionen Franken 1981 149 Millionen Franken 1982 156 Millionen Franken 1983.

163 Millionen Franken Total 154.2

610 Millionen Franken

Krebsforschung

Die Anliegen der Krebsforschung, wie sie in Ziffer 152 und im Anhang 2 beschrieben sind, zeigen eindrücklich die Wichtigkeit und Notwendigkeit einer weiteren bedeutenden Bundeshilfe. Der Krebs als zweithäufigste Todesursache in der Schweiz hat an Bedrohlichkeit nichts eingebüsst. Zwar haben die medizinischen Wissenschaften bei seiner Bekämpfung in den letzten Jahren Fortschritte erzielt; sehr viele Probleme bleiben jedoch noch aufzuklären, so dass weitere Forschungsanstrengungen unternommen werden müssen, um neue Erfolge in der Verhütung und Bekämpfung des Krebses zu erzielen.

Mit seinen direkten Beiträgen hat der Bund die Existenz des international anerkannten Forschungszentrums ISREC in Lausanne gesichert sowie zum Aufbau von Krebsforschungs-Stationen an kantonalen Spitälern und zur Koordination der Anstrengungen bei der Krebsverhütung und der Entwicklung von Behandlungsmethoden wesentlich beigetragen. Um diese Anstrengungen im bisherigen Rahmen weiterführen zu können, möchten wir den Begehren nach Unterstützung der Infrastrukturaufwendungen der Krebsforschung in gleicher Weise entsprechen wie denjenigen des Nationalfonds.

Ausgebend von den im Budget 1979 enthaltenen Krediten für die Infrastrukturaufwendungen der Krebsforschung von 4,65 Millionen Franken ergibt dies bei einer 4,6prozentigen Steigerung für die nächsten vier Jahre einen Gesamtkredit von 20,8

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Millionen Franken. Um in diesem Finanzrahmen zu bleiben, gleichzeitig aber den Ausbau von Tumorregistern als Grundlage der epidemiologischen Forschung in der Schweiz zu ermöglichen, werden die Beiträge an das ISREC real kaum erhöht (2%) und die Mittel wie folgt aufgeteilt: ISREC 13,3 Millionen Franken, Klinische Krebsforschung und Tumorregister. '.

7,5 Millionen Franken.

Als problematisch erweist sich aus unserer Sicht der im Bericht des Eidgenössischen Gesundheitsamtes vorgeschlagene Beitritt zum CIRC. Wir teilen die Ansicht, dass ein Beitritt zum CIRC für die Krebsforschung in der Schweiz von grosser Bedeutung sei. Auch der Wissenschaftsrat unterstützt dieses Anliegen aus forschungspolitischen Gründen.

Dennoch sind wir zum Schluss gelangt, im jetzigen Zeitpunkt angesichts der Finanzsituation des Bundes von einem Beitritt der Schweiz abzusehen. Der Jahresbeitrag wäre mit rund l Million Franken verhältnismassig hoch und vergleichbar mit demjenigen der USA oder der Bundesrepublik Deutschland.

Es ist jedoch notwendig und möglich, auch ohne einen formellen Beitritt an einigen für unser Land besonders wichtigen Projekten des CIRC teilzunehmen. Zu diesem Zweck sehen wir für die Periode 1980-1983 einen Betrag von 600 000 Franken vor.

Es können so auch noch vermehrt Erfahrungen gesammelt werden. Die Frage des Beitritts zum CIRC ist zu gegebener Zeit erneut zu prüfen.

Zusammen mit den Infrastrukturaufwendungen für die Krebsforschung ergibt dies ein Total von 21,4 Millionen Franken für die Jahre 1980-1983.

2

Besonderer Teil

Wie vor fünf Jahren unterbreiten wir Ihnen zwei Bundesbeschlüsse, einen über die Beiträge an den Schweizerischen Nationalfonds, den andern über die Beiträge an die Krebsforschung.

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Bundesbeschluss über die Beiträge an die Stiftung «Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung» in den Jahren 1980-1983

Artikel l Absatz l bestimmt die Höhe der Beiträge. Leicht abweichend von der heute geltenden Regelung haben wir eine vierjährige Beitragsperiode gewählt. Damit wird eine Parallelität zu Planungsperioden in andern Bereichen erzielt, insbesondere in der Bundesverwaltung; dies ermöglicht uns auch, die Forschungspolitik jeweils im Hinblick auf die Regierungsrichtlinien zu überprüfen.

Ausgehend vom Beitrag 1979 (136 Mio. Fr.) sehen wir eine leichte Erhöhung von jährlich 4,6 Prozent vor; dies soll dazu dienen, trotz der in den nächsten Jahren zu erwartenden Teuerung den Umfang der erreichten Forschungsförderung zu halten.

Die Summe der vier Jahrestranchen beträgt 610 Millionen Franken.

Angesichts der unsicheren Finanzlage des Bundes und der nicht voraussehbaren Entwicklung, z. B. im Bereich der Teuerung, haben wir in Artikel l Absatz 2 vorgesehen, mit dem jährlichen Budget allfällig erforderliche Anpassungen zu beantra-

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gen. Wir sind uns bewusst, dass bei der praktisch völligen Abhängigkeit des Nationalfonds von den Bundessubventionen die Stiftung für eine sinnvolle und zweckmässige Gestaltung ihrer Tätigkeit möglichst frühzeitig die Höhe der Bundesbeiträge kennen sollte. Sie ist auch gegenüber dem Bund verpflichtet, einen jährlichen Verteilungsplan vorzulegen ; dies kann sie auf vernünftige Weise nicht erfüllen, wenn die ihr versprochenen Mittel im Rahmen der Budgetdebatten noch wesentlich beschnitten werden.

Der Verteilungsplan stellt aber eine wichtige Unterlage dar nicht nur für die innere Führung des Nationalfonds, sondern auch für die Koordination mit den andern Stellen, welche die Hochschulforschung zu finanzieren haben. In diesem Zusammenhang vielleicht noch bedeutsamer ist die Tatsache, dass sich viele Forschungsvorhaben über mehrere Jahre erstrecken; eine stark schwankende Forschungsförderung würde die Aussicht, die gesteckten Forschungsziele zu erreichen, stark erschweren, wenn nicht überhaupt verhindern. Deshalb soll eine Reduktion der Subvention nicht ohne Not in Erwägung gezogen werden.

Die Artikel 2-5 entsprechen der heute geltenden Regelung, die sich bewährt hat.

Ursprünglich hatten wir erwogen, den in Artikel2 Absatz 2 vorgesehenen Anteil der Nationalen Forschungsprogramme in der neuen Beitragsperiode auf etwa 15 Prozent zu erhöhen. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben indessen gezeigt, dass die bisherige Proportion zwischen der allgemeinen Förderung und den Nationalen Forschungsprogrammen ungefähr im selben Umfang weiterbestehen sollte, weshalb wir Ihnen wiederum einen Anteil von 12 Prozent vorschlagen.

Die in Artikel 2 Absatz 3 und Artikel 4 Absatz 3 vorgesehene Regelung haben wir am 31. März 1976 erlassen (SR 420.11). Sie soll im Wesentlichen auch in der neuen Beitragsperiode beibehalten werden.

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Bundesbeschluss über Beiträge an die Krebsforschung

Artikel l legt fest, dass die Krebsforschung in der Schweiz in den Jahren 1980-1983 mit einem Beitrag von 21,4 Millionen Franken unterstützt werden soll. Die entsprechenden jährlichen Kredite werden im Voranschlag des Gesundheitsamtes eingestellt.

Nach Artikel2 sind die Mittel wie bisher einzusetzen für Beiträge an die Infrastrukturaufwendungen der klinischen Krebsforschung (Bst. a) und die Betriebskosten des Schweizerischen Instituts für experimentelle Krebsforschung (Bst. b) sowie neu für Beiträge an Forschungsprojekte in Zusammenarbeit mit dem «Centre international de recherche sur le cancer» in Lyon.

Das vom Departement des Innern aufgrund des heute geltenden Beschlusses bereits erlassene Reglement soll mit den allenfalls notwendigen Anpassungen gestützt auf Artikel J'auch in der neuen Beitragsperiode Geltung haben.

Artikel4 gibt zu keinen besonderen Bemerkungen Anlass.

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3

Finanzielle und personelle Auswirkungen

31

Finanzielle Auswirkungen

Die von uns vorgeschlagenen jährlichen Beiträge an den Nationalfonds sowie die Beiträge an die Krebsforschung für die Jahre 1980-1983 belaufen sich auf total 631,4 Millionen Franken. Sie sind in der Finanzplanung des Bundes für diesen Zeitraum berücksichtigt. Wir behalten uns vor, diese Vorschläge nach der Abstimmung vom 20. Mai 1979 über die Bundesfmanzreform 1978 zu überprüfen.

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Personelle Auswirkungen

Da sich die Vorlage im grossen und ganzen im Rahmen der heute geltenden Regelung bewegt, wird für deren Realisierung kein zusätzliches Personal benötigt.

4

Verfassungsmässigkeit

Grundlage der Vorlage bildet Artikel 27scxics der Bundesverfassung, der den Bund ermächtigt, die wissenschaftliche Forschung zu unterstützen.

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Bundesbeschluss über die Beiträge an die Stiftung «Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung» in den Jahren 1980-1983

Entwurf

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 27seli" der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 5. März 1979 D, beschliesst :

Art. l 1 Der Bund gewährt der Stiftung «Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung» in den Jahren 1980-1983 folgende Beiträge : 1980 142 Millionen Franken 1981 149 Millionen Franken 1982 156 Millionen Franken 1983 163 Millionen Franken 2 Diese Beiträge können mit dem Bundesbeschluss über den Voranschlag geänderten Verhältnisseh angepasst werden.

Art. 2 1 Die zur Verfügung gestellten Mittel sind nach den Statuten der Stiftung zur Anregung und Unterstützung der wissenschaftlichen Forschung sowie zur Aus- und Weiterbildung von Forschern zu verwenden.

2 Der Bundesrat kann der Stiftung die Durchführung von Forschungsprogrammen im Ausmass von insgesamt 12 Prozent der in Artikel l genannten Beiträge übertragen.

3 Der Bundesrat regelt die Festlegung dieser Programme und das Verfahren.

Art. 3 1 Der Genehmigung durch den Bundesrat unterliegen : a. Änderungen der Stiftungsurkunde und der Statuten; b. Projekte für die Errichtung neuer Forschungsinstitute, deren Betrieb vollständig vom Nationalfonds finanziert werden soll ; c. die Zuspräche von Beiträgen an Einrichtungs- und Bauvorhaben einzelner Forschungsinstitute im Ausmass von mehr als 2 Millionen Franken ; » BEI 197911150

1180

Förderung der wissenschaftlichen Forschung d. Zusicherungen von Dauerbeiträgen an die Betriebskosten einzelner Forschungsinstitute.

2 Die Rechtsform der vom Nationafonds geplanten Institute wird vom Bundesrat festgelegt.

3 Der Bundesrat entscheidet nach Anhören des Schweizerischen Wissenschaftsrates.

Art. 4 1 Die Stiftung legt dem Bundesrat einen begründeten und detaillierten jährlichen Verteilungsplan vor.

2 Ausserdem erstattet sie dem Bundesrat zuhanden der Bundesversammlung jährlich einen ausführlichen, dokumentierten Bericht über die Tätigkeit im vergangenen Jahr.

3 Der Bundesrat erlässt nähere Bestimmungen.

Art. 5 1 Dieser Beschluss ist nicht allgemeinverbindlich; er untersteht nicht dem Referendum.

2 Er tritt am l. Januar 1980 in Kraft.

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Bundesbeschluss über Beiträge an die Krebsforschung in den Jahren 1980-1983

Entwurf

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 27 sexies der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 5. März ] 979 ' ', beschliesst :

Art. l 1 Der Bund unterstützt die Krebsforschung in den Jahren 1980-1983 mit einem Beitrag von 21,4 Millionen Franken.

2 Die jährlichen Zahlungskredite sind jeweilen in den Voranschlag einzustellen.

Art. 2 Dieser Beitrag ist zu verwenden für: a. die Infrastrukturaufwendungen der klinischen Krebsforschung (Stationen der klinischen Krebsforschung, Tumorregister u. a.); b. die Betriebskosten des Schweizerischen Instituts für experimentelle Krebsforschung (ISREC) ; c. Forschungsprojekte in Zusammenarbeit mit dem «Centre international de recherche sur le cancer» (CIRC).

Art. 3 Das Eidgenössische Departement des Innern stellt ein Reglement mit Richtlinien für die Gewährung der Beiträge auf.

Art. 4 1 Dieser Beschluss ist nicht allgemeinverbindlich; er untersteht nicht dem Referendum.

2 Er tritt am l. Januar 1980 in Kraft.

6481

D BEI 197911150

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Anhang l

Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung

Dezember 1978

Eingabe an den Bundesrat für die Beitragsperiode 1980-1983 Inhaltsübersicht Zur Einführung

I. Allgemeine Überlegungen zur Forschungsförderung l. Die Bedeutung der Forschung für unser Land 1. Der Nationalfonds und die Forschung 3. Die Notwendigkeit der Weiterführung der Forschungsförderung II. Zentrale Anliegen der Forschungsförderung für die Beitragsperiode 1980-1983 1. Angemessene Weiterentwicklung eines flexiblen Forschungspotenlials im Rahmen der allgemeinen Förderung a) Im Bereich der Geisteswissenschaften b) Im Bereich der Exakten und Naturwissenschaften c) Im Bereich der Biologie und Medizin 2. Spezialförderung im Rahmen der Nationalen Forschungsprogramme 3. Nachwuchsförderung 4. Wissenschaftliche Apparate und Einrichtungen 5. Koordinations- und Planungsmassnahmen a) Koordination auf der Ebene der schweizerischen Wissenschaftspolitik und auf der Ebene der Forschungsförderung b) Planung c) Salärpolitik 6. Rekurswesen 7. Internationale Zusammenarbeit III. Finanzielle Aspekte 1. Bisherige Ausgabenstruktur 2. Finanzbedarf für die Beitragsperiode 1980-1983 Anhang

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Zur Einführung Der Nationalfonds ist der Ansicht, dass fìir die Vierjahresperiode von 1980 bis 1983 die Aufrechterhaltung der wissenschaftlichen Aktivitäten in der Schweiz auf dem erreichten Qualitütsstand das vorrangige Ziel bildet. Durch eine eingehende Analyse ist er zur Überzeugung gelangt, dass - unter Berücksichtigung aller massgebenden Faktoren - dieses Ziel nur dann erreicht werden kann, wenn der Bundesbeitrag jährlich um 4-5 Prozent ansteigt. Dies mag bei einigen Leuten Erstaunen auslösen, aber nur deshalb, weil ihnen ein entscheidendes Moment bei der Beurteilung der Situation entgeht: die Universitäten und Hochschulen, die im wesentlichen die Grundlagenforschung durchführen, werden in den kommenden Jahren einen starken Andrang von Studenten zu bewältigen haben, der durch den grossen Geburtenzuwachs der frühen Sechzigerjahre ausgelöst wird. Die finanziellen Mittel der Hochschulen, die im Augenblick nur von den acht Universitätskantonen, von Basel-Landschaft sowie vom Bund stammen, werden deshalb viel stärker als bis anhin durch die unmittelbaren Bedürfnisse des Unterrichts beansprucht werden. Zudem wird die Zeit, die den Dozenten für ihre Forschungsarbeiten noch übrig bleibt, stets knapper werden. Es ist daher wichtig, das Kader für die Forschung zu verstärken. Hier stellt sich dem Nationalfonds eine zusätzliche Aufgabe, die gleichzeitig auch eine Belastung ist. Wenn er sie nicht übernähme, bestünde für die Schweiz das grosse Risiko, in ihren gesamten wissenschaftlichen Aktivitäten quantitativ und qualitativ unter das internationale Niveau zufallen, das sie dank der enormen Anstrengungen der vergangenen drei Jahrzehnte erreicht hat.

Der Nationalfonds ist sich der schwierigen Lage, in der sich die Bundesfinanzen befinden, voll bewusst, ebenso wie der Tatsache, dass in unmittelbarer Zukunft keine Aussicht auf eine Besserung besteht. Deshalb beschränkt er sich darauf, mit voller Überzeugung aus den oben erwähnten Gründen ein bescheidenes Wachstum seines Bundesbeitrages zu beantragen. Er hat daher auch bewusst auf Vorschläge verzichtet, die ihn mit neuen wesentlichen Aufgaben betraut hätten, wie er dies bis jetzt immer getan hat.

In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass der Nationalfonds 1963 seine Tätigkeiten auf die Förderung der Atomwissenschaften ausgedehnt hat, die vorher von
einer Ad-hoc-Kommission betreut worden war. Im gleichen Jahr hat er die Unterstützung verschiedener Forschungsinstitute übernommen, die der Bund vorher direkt subventioniert hatte (die Hochalpine Forschungsstation Jungfraujoch, das Schweizerische Forschungsinstitut Davos, das Tropeninstitut Basel bis 1973, die Forschungsstation Adiopodoumé an der Elfenbeinküste).

1968 hat er zudem vorgeschlagen, dass der Bund ihn mit der vermehrten Förderung der Sozial- und Präventivmedizin betraue, und der Nationalfonds hat ein besonderes Organ, die Forschungskommission für die Gesundheit, geschaffen. 1973 hat er sich für die Einführung Nationaler Forschungsprogramme eingesetzt, die zur Lösung von Problemen beitragen sollen, die sich dem Staat und der Gesellschaft stellen (bei sechs dieser Programme laufen die Forschungsarbeiten bereits, sechs weitere sind in Vorbereitung) ; ausserdem erklärte sich der Nationalfonds bereit, Beiträge an die vier Nationalen Wörterbücher zu leisten, die bisher direkte Bundesbeiträge erhalten hatten.

1184

Es ist weder Einfallslosigkeit noch Resignation, wenn der Nationalfonds dieses Mal nichts ähnliches vorschlägt: er tut dies vielmehr- wie bereits dargelegt - mit der festen Überzeugung, dass in der gegenwärtigen Phase seine Hauptaufgabe darin besteht, das internationale Niveau der wissenschaftlichen Aktivitäten in der Schweiz aufrechtzuerhalten. Das soll nicht etwa heissen, dass einmal errungene Positionen unangefochten bleiben sollen. In der Forschung ist alles in steter Bewegung. Es ist deshalb wesentlich, flexibel zu bleiben, auf das eine zu verzichten, um das andere tun zu können, sich ständig den Wandlungen anzupassen, mit einem Wort: bei einem Wettbewerb von internationalem Charakter mithalten zu können.

Es ist klar, dass der Nationalfonds -falls er über die Mittel verfügen würde - durchaus bereit wäre, seine Tätigkeit auszuweiten, insbesondere um qualifizierten Forschern, die auf dem Höhepunkt ihrer Schaffenskraft stehen und zu deren Ausbildung der Nationalfonds beigetragen hat, die ihnen oft fehlenden Arbeitsmöglichkeiten, Mitarbeiter und Ausrüstungen -u verschaffen. Dadurch könnte die Mitwirkung der Schweiz an den internationalen Anstrengungen der Wissenschafter nach einer besseren Kenntnis der Welt, in der wir leben, erheblich verstärkt werden. Die Entwicklung in Deutschland, wo das Heisenbergprogramm zur Unterstützung jüngerer etablierter Forscher angelaufen ist und wofür Ì979 gegenüber dem Vorjahr bei den Aufwendungen für die Forschung ein Zuwachs von 14 Prozent vorgesehen ist, zeigen, dass sich offensichtlich auf politischer Ebene die Frage nach der Priorität stellt, die den Investitionen für die wissenschaftliche und technologische Forschung zukommt. Wenn man den Nationalfonds auffordern würde, Vorschläge für eine Ausweitung seiner Tätigkeit während der Jahre 1980 bis 1983 zu machen, käme er darob nicht in Verlegenheit. Er ist nämlich bereits jetzt gezwungen, fast ein Drittel der verlangten Summen abzulehnen, und seit vielen Jahren (real haben seine Mittel für die allgemeine Forschungsförderung seit 1971 nicht zugenommen) muss er auch der qualitativ guten Forschung empfindlich ins Fleisch schneiden. Der Nationalfonds hat es aber für richtig erachtet, seine Eingabe in den gegebenen politischen und finanziellen Rahmen einzufügen.

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I. Allgemeine Überlegungen zur Forschungsförderung 1. Die Bedeutung der Forschung für unser Land Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zeigte sich deutlich, dass die Wissenschaft in den kriegführenden Ländern mit Riesenschritten vorangekommen war, während sie in der Schweiz im wesentlichen auf dem Vorkriegsstand stehengeblieben war. Angesichts der geringen Mittel, über welche die Institute unserer kantonalen Universitäten verfügten, konnten sie bloss Forschungen auf einem «handwerklichen» Niveau durchführen, und auch die Eidgenössische Technische Hochschule hatte Mühe, ihren Platz behaupten zu können.

Die Erkenntnis dieser Lage wirkte wie ein Schock. Der Rückstand musste aufgeholt, das internationale Niveau wieder erreicht werden. Ein Land, dessen Wohlstand eng mit dem Export von Gütern hochentwickelter Technologie verknüpft ist, kann es sich nicht leisten, in der wissenschaftlichen Forschung hinterherzuhinken.

Es muss vielmehr in der Forschung unbedingt an vorderster Front stehen.

Die Aufgaben der wissenschaftlichen Forschung

Forschung stellt eine der wesentlichsten Komponenten unserer Vorbereitung auf die Zukunft dar. Die nicht unmittelbar anwendungsorientierte Forschung soll unser Wissen ohne Vorgabe konkreter Ziele mehren, denn es ist nicht möglich, in zuverlässiger Weise die für die Bewältigung der Zukunft notwendig werdenden Erkenntnisse im voraus zu bestimmen. Die Forschungsanstrengungen unseres Landes müssen daher zu einem erheblichen Teil in Form der sogenannten Grundlagenforschung gefördert werden. Wenn wir heute ideenreichen Forschern ermöglichen, wissenschaftliches Neuland zu erschliessen, so schaffen wir damit die Grundlagen für Erkenntnisse, die zur Lösung der morgen an uns herantretenden Probleme unerlässlich sein werden.

Diese Forschung, die besonders seit dem Zweiten Weltkrieg vornehmlich an den Hochschulen, zum Teil aber auch in der Industrie betrieben wird, hat vielfältige' Auswirkungen gehabt, die aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken sind. Greifen wir aus mehreren Beispielen die Bekämpfung der Kinderlähmung heraus: Noch im Jahre 1954 erkrankten in der Schweiz 1628 Personen an dieser Infektionskrankheit, und 114 starben daran. Man beurteilte die Chancen, dieser schrecklichen Krankheit Herr zu werden, als gering. In den letzten zehn Jahren sind Fälle von Kinderlähmung äusserst selten geworden; die erfolgreiche Entwicklung eines Impfstoffes durch die Amerikaner Salk und Sabin hat diese Krankheit zum Verschwinden gebracht. Warum trat dieser Erfolg erst so spät ein? Schliesslich wusste man seit 1913, dass die Kinderlähmung durch eine Virusinfektion bedingt ist, und das Prinzip der Schutzimpfung gegen Infektionskrankheiten, wie z. B. Pocken, ist seit 200 Jahren bekannt. Es war eben so, dass den Wissenschaftern bis dahin die Grundlagen für die Entwicklung eines Impfstoffes gegen Poliomyelitis gefehlt hatte. Viren sind winzige und sehr anspruchsvolle Lebewesen; sie werden erst mit dem Elektronenmikroskop sichtbar und können sich nur in Zellen höherer Lebewesen vermehren. In den letzten Jahrzehnten haben aber Biochemiker, Zellbiologen und Molekularbiologen der ganzen Welt in zahllosen Einzeluntersuchungen die meist nichts mit Poliomyelitis zu tun hatten - unsere Kenntnisse über das Wesen von Zellen und von Viren weit vorangetrieben ; an diesen Arbeiten waren di1186

rekt oder indirekt auch Schweizer Forscher verschiedener Fachrichtungen massgeblich beteiligt. Schliesslich waren die Forschungen so weit gediehen, dass die Züchtung von Polioviren im Reagenzglas möglich wurde. Der letzte Schritt, die Entwicklung eines Impfstoffes, konnte damit getan werden. Mit anderen Worten: die Forschung, die auf ein präzises Ziel - die wirksame Bekämpfung der Kinderlähmung an ihrer Wurzel, der Infektion mit Polioviren - ausgerichtet war, konnte erst erfolgreich sein, nachdem ausreichende Grundlagenkenntnisse vorlagen.

Ein weiteres Beispiel für die verschlungenen Wege, die von zunächst reiner Grundlagenforschung schliesslich zu bedeutenden Anwendungen führen können, stellt der 1978 dem Schweizer Mikrobiologen und Genetiker, Prof. Werner Arber vom Biozentrum Basel, zugesprochene Nobelpreis für Physiologie und Medizin dar.

Arber befasste sich schon zu Beginn der sechziger Jahre mit der Frage, weshalb sich gewisse Bakterien nicht durch Bakterienviren infizieren lassen ; dies war damals ein wissenschaftliches Problem ohne offenkundige Bedeutung für irgendwelche Anwendung. Arber entdeckte - vom Nationalfonds wurde er durch einen persönlichen Beitrag und durch Forschungskredite unterstützt -, dass diese Bakterien Enzyme enthalten, welche die Erbsubstanz des Virus in spezifischer Weise aufspalten. Es brauchte Jahre der Kleinarbeit, an der Forscher zahlreicher Disziplinen auf der ganzen Welt beteiligt waren, bis der genaue Wirkungsmechanismus dieser sogenannten «Restriktionsenzyme» aufgeklärt war. Heute sind diese Enzyme unerlassliche Hilfsmittel bei der Entschlüsselung der Erbmasse.

Der Medizin stellen sich nach wie vor mannigfaltige ungelöste Probleme: als Beispiele seien Krebs, Arteriosklerose und Rheumatismus angeführt. Zur Entwicklung echter Lösungen, die diese Krankheiten ursächlich bekämpfen, fehlen uns noch entscheidende Grundlagen. Dies ist beim Krebs besonders gut erkennbar.

Trotz der bis heute weltweit in die Milliarden gehenden Investitionen in zielorientierte Krebsforschung ist es noch nicht gelungen, das Übel an seiner Wurzel zu fassen. Welche Grundlagen fehlen? Wenn wir das wüssten, wäre das Problem bereits weitgehend gelöst. Vielleicht werden sie von der Zellbiologie oder der Molekularbiologie, möglicherweise aber von der Verhaltensforschung oder von der Umweltforschung
geliefert werden, vielleicht aber auch von Wissenschaften, deren künftige Bedeutung wir heute noch nicht abschätzen können. Die Geschichte der wissenschaftlichen Forschung zeigt eindeutig, dass ein steter Fortschritt der allgemeinen Kenntnisse immer wieder Früchte trägt und die Lösung konkreter Probleme die stete Verbreiterung, Vertiefung und Abrundung der Grundlagenkenntnisse voraussetzt. Die angemessene Förderung der Forschung, die diese Ziele verfolgt, ist demnach unerlässlich und stellt zudem eine lohnende Investition dar.

Die Frage ist berechtigt, weshalb denn die Kosten der wissenschaftlichen Forschung während der letzten Jahrzehnte so stark zugenommen haben. Dies hat seinen Grund vor allem in der Tatsache, dass mit jedem Erkenntnisfortschritt die Komplexität der anstehenden Probleme wächst. Ihre Erforschung ruft nach immer raffinierteren und kostspieligeren Hilfsmitteln.

Die Forscher sind gezwungen, ihr Tätigkeitsfeld immer mehr einzuengen. Gewiss ist diese Spezialisierung unerlässlich, damit die Qualität der Forschungsleistungen gesichert bleibt; sie birgt aber natürlich die Gefahr in sich, dass der Sinn für die Zusammenhänge verloren geht und ein Projekt zum Selbstzweck wird. Es gehört zu den wichtigsten, aber auch schwierigsten Aufgaben des National fonds, solche

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Erscheinungen zu erkennen und zu vermeiden. In den letzten Jahren ist aber erfreulicherweise auf verschiedenen Gebieten die Notwendigkeit zur Koordination der Forschungsanstrengungen erkannt worden. Nicht nur innerhalb der einzelnen Fachgebiete sind bereits vorhandene Ansätze zur Zusammenarbeit verstärkt worden. Darüber hinaus sind Arbeitsgemeinschaften zwischen Spezialisten verschiedener Fachrichtungen entstanden. Solche Bemühungen um Koordination sind forschungspolitisch aus mehreren Gründen zu begrüssen : einmal führen sie zu einer ganzheitlichen Betrachtung unserer komplexen Welt; das Einzelwissen erhält ja erst durch seine Einordnung in das gesamte Wissen sein wirkliches Gewicht. Sie bieten zudem einen Ansatz, um den Stellenwert einzelner Forschungsvorhaben aus übergeordneter wissenschaftlicher Zielsetzung abzuschätzen. Schliesslich sind sie langfristig gesehen auch ökonomischer, weil sich durch den Austausch von Erfahrungen und die gemeinsame Benützung kostspieliger Apparaturen zweifellos Rationalisierungsmöglichkeiten ergeben. Der Nationalfonds betrachtet die Förderung solcher Integrationsbestrebungen als eine dringende und bedeutende Aufgabe. Gerade die Tatsache, dass in einem kleinen Staat nur wenige gleichorientierte Spezialisten arbeiten, ist für eine Integration der Forschungsbemühungen nur von Vorteil: der Anreiz ist grösser, auch mit Forschern anderer Fachgebiete zusammenzuarbeiten. Integrierte Forschung ist \eute vielleicht gar die Chance des Kleinstaates.

Forschung als Element der Bildung Die Forschung spielt aber auch eine wichtige Rolle im Bildungswesen. Die Hochschulen können ihre Bildungsaufgabe ohne aktiv betriebene Forschung nicht erfüllen ; doch die Forschung strahlt weit über die Hochschulen hinaus. Es geht um das allgemeine Niveau unserer Aktivitäten in den verschiedensten Bereichen: Industrie, Landwirtschaft, öffentliche Verwaltung, Dienstleistungszweige und Unterricht auf der Primär- und Mittelschulstufe. Entweder werden unsere Kader weiterhin an Fakultäten und Instituten ausgebildet, die - in der Forschung an vorderster Front stehend - am grossen internationalen wissenschaftlichen Abenteuer der Entdeckungen teilnehmen, die über die neuesten Forschungen auf dem laufenden sind und die die fortgeschrittensten Techniken beherrschen, oder aber: sie werden von Lehrern ausgebildet,
die alles nur aus zweiter Hand kennen und ihnen nur eine scholastische, mittelmässige Ausbildung vermitteln können.

Der kulturelle Wert der Forschung Der Endzweck der wissenschaftlichen Forschung ist nicht in erster Linie die technologische Entwicklung. Nicht etwa, dass die Anwendung der Forschungsresultate nebensächlich ist, doch hat die Erweiterung des Wissens mehr als nur eine Dimension. Eine dieser Dimensionen ist die Entfaltung der Kultur.

Oft wird dem Nationalfonds vorgeworfen, er unterstütze Forschungen, deren unmittelbares Interesse denjenigen, die nur durch die Brille des Nützlichkeitsdenkens blicken, nicht einleuchtet. Die Tätigkeit verschiedener Gelehrten wird als Hobbyforschung bezeichnet. Und es wird kritisiert, dass der Bund über den Nationalfonds Geld ausgebe, das diesen Wissenschaftern ermögliche zu erforschen, was ihnen gefällt. Es handelt sich hier um eine sehr kurzsichtige Betrachtungsweise. Denn auch die Forschungen, die zur besseren Kenntnis und zum vertieften Verständnis des Universums beitragen, sind wertvoll. Innerhalb des Universums ist es immer

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noch der Mensch, der am meisten Rätsel aufgibt. Über die Strukturen seines Geistes, über die Vielfalt der Sprachen, über die künstlerischen Schaffensprozesse, über das Entstehen, die Blütezeit und das Erlöschen von Zivilisationen oder über soziale Verhaltensweisen gibt es noch vieles zu erforschen und zu entdecken.

Solche Fragen finden auch ein grosses Echo über den Bereich der Fachwissenschafter hinaus. Man denke an den Erfolg der Volkshochschulen oder an die Faszination, welche neue Entdeckungen auf dem Gebiet der Archäologie oder der biologischen und medizinischen Wissenschaften auf breite Kreise ausüben.

Die Forschung als Faktor der wirtschaftlichen Entwicklung Für unser räumlich begrenztes, rohstoffarmes Land mit einer stark exportorientierten Industrie, die sich auf die Veredelung von Erzeugnissen mit hoher Wertschöpfung spezialisiert hat, erhält die Forschung am Ende einer Periode raschen Bevölkerungs- und Wirtschaftszuwachses auch in wirtschaftlicher Hinsicht eine wachsende Bedeutung.

Die erwerbsfähige Bevölkerung der Schweiz wird langfristig stagnieren. Vom Kapital besagt eine ökonomische Faustregel, dass weitere Investitionen bei hohem, aber stagnierendem technischem Niveau nur zu einem langsamen und immer geringer werdenden Zuwachs des Sozialprodukts führen. So bleibt der technische Fortschritt als einziger wirksamer Motor für eine weitere Steigerung unserer Wirtschaftskraft. Diese ständige Produktivitätsverbesserung - verbunden mit einem Strukturwandel - ist in hohem Grade notwendig. Nur so können wir im verschärften Wettbewerb gegenüber dem Ausland bestehen, und nur auf diese Weise können wir aus dem Produktionsertrag eines kleiner werdenden Erwerbstätigenanteils an der Gesamtbevölkerung unseren Sozialstaat ungeschmälert weiterfinanzieren.

Am Anfang jeder technischen und industriellen Innovation steht aber die Forschung.

Es ist allerdings nicht Aufgabe des Nationalfonds, neue Produktionsverfahren und neue Produkte zu kreieren oder Rezepte zur Heilung von Krankheiten zu geben.

Er fördert hauptsächlich die nicht auf unmittelbare Anwendung gerichtete Forschung; von ihr bis zur Marktreife führt meistens ein langer Weg. Aber es besteht doch ein unauflöslicher Zusammenhang, wie dies gerade in jüngster Zeit von berufener Seite, nämlich vom Direktor des US Office of Technology Assessment,
hervorgehoben wurde: «Wenn wir nicht fortfahren, die Grundlagenforschung substantiell und zu keinem andern Zweck als zur ungehinderten Suche nach Erkenntnis zu fördern, werden wir das eigentliche Fundament des technischen Fortschritts auslaugen». Dies trifft erst recht auch für unser Land zu.

Die für die technologische Erneuerung und Weiterentwicklung unentbehrlichen Grundlagenelemente werden demnach von Forschergruppen erarbeitet, die nicht primär auf deren Anwendung hinzielen. Ihre Arbeitsergebnisse gelangen jedoch in der Regel direkt zu den interessierten Stellen der öffentlichen Institutionen und der Privatwirtschaft, wo sie gegebenenfalls ausgewertet werden. Der Nationalfonds ist aber nicht in der Lage, zentral die Rolle eines Diffusionskanals zwischen den erwähnten Forschergruppen und der anwendungsorientierten Industrie zu übernehmen. Er trägt jedoch wesentlich dazu bei, dass diese für die Technologie notwendigen Grundlagen überhaupt erarbeitet werden, indem er die entsprechenden Forschungsarbeiten unterstützt. Im Rahmen seiner Möglichkeiten wird sich der Na-

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tionalfonds besonders ira Zusammenhang mit den Nationalen Forschungsprogrammen bemühen, weiterhin seinen Beitrag zur Nutzbarmachung der Ergebnisse der Grundlagenforschung zu leisten und seine Anstrengungen auf diesem Sektor zu verstärken. Allerdings stellt dies an die Forscher wie an deren Partner in den öffentlichen Institutionen und in der Privatwirtschaft ebenfalls zusätzliche Anforderungen, vor allem auch im Bemühen, die gegenseitigen Verständigungsschwierigkeiten zu überwinden.

2. Der Nationalfonds und die Forschung Im internationalen Vergleich figuriert unser Land unter den forschungsintensivsten Staaten, wenn der nationale Gesamtaufwand für Forschung und Entwicklung, bezogen auf das Bruttosozialprodukt, als Mass benützt wird. Diese Spitzenposition ist massgeblich bestimmt durch den überdurchschnittlich hohen privatwirtschaftlichen Anteil von nahezu 80 Prozent am gesamten Aufwand unseres Landes.

Innerhalb dieser Aufwendungen (1977: insgesamt rund 3,4 Mia. Fr.) nimmt der Nationalfonds in finanzieller Hinsicht einen eher bescheidenen Platz ein (siehe Abbildung 1). Sein Anteil betrug rund 3,5 Prozent, der allerdings wesentlich höher ist (rund 16%), wenn der von der Öffentlichen Hand finanzierte Forschungsaufwand als Basis gewählt wird.

Der wirkliche Stellenwert des Nationalfonds im gesamtschweizerischen Forschungs- und Entwicklungssystem lässt sich jedoch nicht allein aufgrund statistischer Grossen bestimmen. Es ist vielmehr notwendig, die äusserst vielfältigen Zusammenhänge zwischen der Forschung auf der einen Seite und der Entwicklung und technischen Innovation auf der andern Seite zu berücksichtigen. Innerhalb dieses Komplexes hat der Nationalfonds weiterhin eine wesentliche Aufgabe zu erfüllen.

Die Schaffung Nationaler Forschungsprogramme Im Verlauf der letzten Jahrzehnte hat sich die Stellung der Forschung im öffentlichen Leben gewandelt. Vor dem Zweiten Weltkrieg noch weitgehend der Initiative der einzelnen Hochschullehrer überlassen, wurde Forschung in den fünfziger und sechziger Jahren zu einer eminenten öffentlichen Aufgabe, zu einer wesentlichen Komponente im Wettstreit der Nationen, mit entsprechender finanzieller Förderung. Weltweit wurden grosse Erwartungen in kurzfristige Erfolge der Wissenschaft gesetzt. In den .siebziger Jahren erfolgte eine gewisse Ernüchterung. Überall,
auch bei der Forschung, begann man .nach den Resultaten der grossen Investitionen zu fragen und verwies auf die vielen noch ungelösten Probleme. Um dieser Entwicklung gerecht zu werden, schlug der Nationalfonds die Schaffung anwendungsorientierter Nationaler Forschungsprogramme vor, bei denen Forschungsanstrengungen gezielt auf die Lösung konkreter Probleme unserer Gesellschaft ausgerichtet und intensiviert werden.

Seither betreibt der Nationalfonds zwei Arten der Forschungsförderung: erstens mit der «allgemeinen Förderung» die Unterstützung und Koordination von Projekten, bei denen Problemauswahl und Fragestellung - aufgrund der internationalen Entwicklung der Wissenschaft - der Initiative der Forscher entspringen; zweitens mit der «Spezialförderung» die Anregung und Unterstützung von For-

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schungsanstrengungen, die im Rahmen eines «Nationalen Programms» auf die Lösung von Problemen ausgerichtet sind, welche nicht in erster Linie von den Forschern selbst, sondern von Kreisen ausserhalb der Wissenschaft vorgeschlagen und vom Bundesrat beschlossen werden. Durch Ausschreibung werden alle fachlich ausgewiesenen Forscher zur Bewerbung um die Mitarbeit aufgerufen. Die Erfahrungen der ersten Jahre haben gezeigt, dass die Forscher - trotz einer anfänglichen Skepsis - willens sind, an solchen Nationalen Forschungsprogrammen aktiv mitzuwirken und so unmittelbar zur Überwindung konkreter Problemlagen beizutragen, auch wenn dies von ihnen gewisse Einschränkungen der Forschungsfreiheit verlangt. Allerdings ist sich der Nationalfonds darüber im klaren, dass die Durchführung Nationaler Forschungsprogramme auch mit besonderen Risiken verbunden ist : es kann nämlich nicht von vornherein garantiert werden, dass nach Ablauf einer bestimmten Frist tatsächlich anwendbare Forschungsresultate vorliegen werden. Was die Frage des finanziellen Anteils der Nationalen Forschungsprogramme am gesamten Bundesbeitrag betrifft, erachtet der Nationalfonds die bisherige Regelung auch künftig als durchaus angemessen.

Die Zusammenarbeit des Nationalfonds mit den Hochschulen Indern die Mehrheit des Schweizervolkes den kantonalen Universitäten den Zuwachs an Finanzmitteln verweigert hat, der ihnen durch das Hochschulfördenmgsund Forschungsgesetz zugedacht gewesen wäre, hat sie ihre Opposition gegen eine als übermässig empfundene Entwicklung der Universitäten und Hochschulen zum Ausdruck gebracht. Gleichzeitig hat sie die Überzeugung ausgesprochen, dass die den Universitäten gegenwärtig zur Verfügung stehenden Mittel bei einem rationellen Einsatz ausreichen sollten, um den Verpflichtungen nachzukommen. Hingegen hat sich die Mehrheit des Volkes keineswegs für ein Absinken des Niveaus der wissenschaftlichen Tätigkeiten in Lehre und Forschung ausgesprochen. Mit anderen Worten : soweit sich die Gründe für den negativen Volksentscheid überhaupt erkennen lassen, darf doch angenommen werden, dass quantitative, nicht qualitative Gesichtspunkte für den Entscheid ausschlaggebend waren.

Die Universitäten sind einem starken Druck ausgesetzt, der durch den Andrang der Studenten der geburtenstarken Jahrgänge bedingt ist. Die Anforderungen
an den Unterricht werden steigen. Dadurch werden sowohl die finanziellen Mittel wie die dem Lehrkörper zur Verfügung stehende Zeit immer stärker beansprucht. Die Unterrichtenden sind jedoch gleichzeitig auch die Forschenden. Die acht Hochschulkantone, denen man kaum noch zusätzliche Leistungen zumuten kann, müssen möglichst bald geeignete Massnahmen treffen. Sie werden der Forschung, die sie zum grössten Teil tragen müssen, zugunsten der Lehre einige Opfer zumuten.

Es sei denn, dass die Nichthochschulkantone substantiell an die Kosten der Hochschulen beitragen, wozu sie sich eigentlich entschliessen sollten, doch wird dies seine Zeit brauchen. Es müssen daher vorübergehend Überbrückungsmassnahmen getroffen werden, wenn nicht die wissenschaftlichen Errungenschaften aufs Spiel gesetzt werden sollen. Aus all diesen Überlegungen ergibt sich, dass der Nationalfonds in der Übergangsphase eine entscheidende Rolle zu spielen hat. Falls er die entsprechenden Mittel erhält, ist er allein in der Lage, der schweizerischen Forschung diejenige Unterstützung zu geben, die es ihr erlaubt, ihre Aktivitäten auf dem bisherigen Niveau auszuüben.

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Ausgaben für Forschung und Entwicklung in der Schweiz 1977, nach finanzierenden Stellen, in Millionen Franken (ohne Investitionsausgaben)

Abbildung l

Zu beachten: Es handelt sich teilweise um Schätzungen, da eine eindeutige Ausscheidung zwischen Lehre und Forschung nicht möglich ist und zudem einzelne Positionen für 1977 extrapoliert wurden.

Anmerkungen: ' Nur Aufwand in der Schweiz 3 umfasst: - Ressortrorschung inkl. Aufträge -- ETH-Forschung ('A der Betriebsausgaben) - Annexanstalten -- Regiebetriebe inkl. Aufträge - Beiträge an Internationale wissenschaftliche Organisationen 1 inkl. Investitionen (Apparate von bleibendem Wert) von 11 Mio Fr.

4 umfassl: - Kommission zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung - Schweiz. Geisteswissenscnalliiche Gesellschalt - Schweiz. Naturforschende Gesellschaft -- Geologische Landesuritersuchung Quellen: - Eidg. Statistisches Amt - Eidg. Finanzverwaltung -- Handels- und Induslrieverein, Bericht des Vororts im Jahre 1976 über F+ E in der Schweiz. Privatwirtschaft

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Die Förderung des Nachwuchses Die Ratschläge derjenigen, die aus Spargründen für einen Abbau der Nachwuchsförderung plädieren, können nicht befolgt werden : Sicher muss die Förderung selektiver werden, aber eine Verlangsamung oder ein Unterbruch würde die Zukunft in Frage stellen : das Kader der Forscher muss jung bleiben. Wenn man es überaltem lässt, schwächt man es. Bereits jetzt droht die Gefahr der Überalterung. Die Inhaber der Lehrstühle, in der Schweiz wie im Ausland, sind mehrheitlich Männer und Frauen auf dem Höhepunkt ihrer Leistungsfähigkeit, die während 10 bis 15 Jahren die Mehrzahl der festen Stellen blockieren werden, weshalb die Laufbahn vieler jüngerer Wissenschafter ungewiss ist. Gerade dadurch gehen der Wissenschaft besonders begabte Kräfte verloren. Aus diesem Grund ist die Nachwuchsförderung durch den Nationalfonds wichtig, wobei diese Förderung der eben geschilderten Situation angepasst werden muss; sie ist integrierender Bestandteil der Politik des Nationalfonds, die in der Schweiz durchgeführte Forschung in den internationalen Rahmen zu stellen: deshalb verbringt die überwiegende Mehrheit der Stipendiaten ihren Forschungsaufenthalt im Ausland, wo sie ihre Ausbildung vervollständigen und Verbindungen zu Wissenschaftern anderer Länder anknüpfen kann.

Die Kriterien der Forschungsförderung durch den Nationalfonds Für alle Formen der Forschungsförderung gilt Qualität als oberstes Gebot, wobei die Beurteilung der Qualitätsanforderungen allerdings schwierig ist. Am sichersten lässt sich die bisherige Leistung des Projektverfassers als Forscher beurteilen. Der Erfolg eines Vorhabens, das nicht ausgetretene Pfade geht, lässt sich aber nicht voraussagen, sondern bestenfalls im nachhinein, oft erst viel später, aufzeigen.

Forschungsförderung wird also immer mit einem verhältnismässig hohen Risiko verbunden sein. Aber Forschung ohne Risiko ist keine gute Forschung; und so ist auch Forschungsförderung ohne Risiko keine gute Forschungsförderung.

Seit vielen Jahren ist der Nationalfonds nicht mehr in der Lage, alle vom Forschungsrat nach diesen Qualitätskriterien als förderungswürdig angesehenen Projekte zu unterstützen; die Ablehnungs- und Kürzungsquote liegt bei rund 30 Prozent der verlangten Kredite. Durch Einstufung der unterstützungswürdigen Projekte in Prioritätsklassen aufgrund
verschiedener Qualitätskriterien wird darauf geachtet, dass bei der Mittelverteilung die besten Projekte am stärksten gefördert werden, denn der beste Schwerpunkt der Forschungsförderung ist jene Forschergruppe, die erstrangige Forschung leistet.

Der Forschungsrat muss jedoch auch darauf achten, dass gewisse an den Hochschulen unterdotierte Fachrichtungen ebenfalls gefördert werden, denn es kann für unser Land von Bedeutung sein, zu gegebener Zeit auf möglichst vielen Gebieten über ein gutes Forschungspotential zu verfügen, wie dies beispielsweise die Entwicklung der Plasmaphysik beweist. Die Kernfusionsforschung hatte Ende der fünfziger Jahre einen Stand erreicht, der ihre baldige Anwendung erhoffen liess.

Mit der Methode des magnetischen Einschlusses waren derartige Fortschritte erzielt worden, dass die Herstellung von Plasmen mit Fusionseigenschaften nur eine Frage der Zeit schien. In der Schweiz beschäftigte sich damals niemand mit Plasmaphysik; es drohte deshalb die Gefahr, von der internationalen Entwicklung überrollt zu werden. Der Nationalfonds beschloss anfangs der sechziger Jahre, die

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Plasmaphysik in der Schweiz gezielt zu fördern. 1961 wurde in Lausanne ein spezielles, nationalfondseigenes Laboratorium für Plasmaphysik gegründet- Dies geschah in der Absicht, Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Plasmaphysik zu betreiben, damit der Zugang zur einschlägigen Information gewahrt war und zu gegebener Zeit ausgebildete Plasmaphysiker zur Verfügung stünden. 1973 wurde das Laboratorium in die ETH Lausanne eingegliedert. Die gleichzeitig erfolgte Einladung des EURATOM an die Schweiz, am gemeinsamen Forschungsprogramm teilzunehmen, bedeutet eine nachträgliche Bestätigung des seinerzeitigen Entschlusses des Nationalfonds.

Der Nationalfonds ist im weiteren bestrebt, vermehrt gute Forschungsprojekte auch ausserhalb der Hochschulen und der Hochschulkantone zu fördern.

3. Die Notwendigkeit der Wetterführung der Forschungsforderung Durch die Anstrengungen der letzten 25 Jahre hat sich die Schweiz international auf ein beachtliches Niveau aufgeschwungen. In vielen Bereichen hat sich die schweizerische Forschung Achtung verschafft, und dadurch hat sich eine Zusammenarbeit mit den grossen Nationen angebahnt. Die Rolle des Nationalfonds war dabei entscheidend. Er hat die zusätzliche Leistung erbracht, ohne die der Start nicht so erfolgreich verlaufen wäre. Aber man darf nicht vergessen, dass die Basisanstrengungen, welche die Erfolge ermöglichten, von den Hochschulkantonen und - für die Eidgenössische Technische Hochschule - vom Bund erbracht wurden. Der Nationalfonds hat immer eine subsidiäre Rolle gespielt, die aber gleichwohl sehr wichtig war.

Es lässt sich feststellen, dass das Ziel erreicht wurde und die Schweiz über ein sehr beachtliches Forschungspotential verfügt (wäre dies nicht der Fall gewesen, so wäre es kaum möglich geworden, sich mit einiger Aussicht auf Erfolg an das schwierige Unternehmen der Nationalen Forschungsprogramme zu wagen) ; unbestritten ist, dass die Schweiz zum Kreis der führenden, wissenschaftlich hochentwickelten Länder gehört.

Heute aber ist das Resultat der harten Arbeit eines Vierteljahrhunderts gefährdet.

Wenn die Schweiz in ihren Anstrengungen nachlässt, wird sie in kurzer Zeit distanziert sein.

Die Schweiz ist gewillt, sich in jeder Beziehung - einschliesslich der Wissenschaft und Forschung - dem internationalen Wettbewerb zu stellen. Sie ist dazu
gezwungen und imstande. Die Infrastruktur besteht. Damit sie auf wirkungsvolle Weise ausgenützt werden kann, ist es unbedingt notwendig, dass unseren Wissenschaftern die Mittel, derer sie bedürfen, zur Verfügung gestellt werden. Gewiss schafft das Geld allein noch keine Forschung. Es ermöglicht sie aber dort, wo die Bedingungen zu ihrer Entfaltung vorhanden sind. In der Schweiz existieren aber solche Bedingungen in fast allen Bereichen der Wissenschaft.

Als Schlussfolgerung drängt sich auf: in der Schweiz sind die wissenschaftlichen Aktivitäten an allen Fronten der Forschung - von denen kein Teil von vornherein vernachlässigt werden darf - auf dem bisherigen hohen Niveau sicherzustellen.

Gleichzeitig ist das anspruchsvolle Unternehmen der Nationalen Forschungsprogramme, die auf die Lösung unmittelbar anstehender Probleme unseres Landes

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ausgerichtet sind, weiterzuführen. Deshalb ist es unter allen Umständen wünschbar, dass trotz der schwierigen Finanzlage des Bundes der Globalbeitrag an den Nationalfonds in den nächsten Jahren einen gewissen Zuwachs erfährt.

II. Zentrale Anliegen der Forschungsförderung für die Beitragsperiode 1980-1983 Wie in den vorangehenden Abschnitten dargelegt wird, ist es das Hauptanliegen des Nationalfonds, das in langjähriger Anstrengung aufgebaute Forschungspotential im Interesse des ganzen Landes im bisherigen Umfang zu erhalten und unter Gewährleistung der notwendigen Erneuerungen und Anpassungen qualitativ weiterzuentwickeln. Aus den folgenden Ausführungen geht hervor, dass dieses Anliegen in den wissenschaftlichen Hauptdisziplinen und den einzelnen Beitragsarten auf verschiedene Weise verwirklicht werden soll.

1. Angemessene Weiterentwicklung eines flexiblen Forschungspotentials im Rahmen der allgemeinen Förderung a) Im Bereich der Geisteswissenschaflen Die Förderung der geisteswissenschaftlichen Forschung durch den Nationalfonds wird in den kommenden Jahren vor allem durch drei Umstände wesentlich bestimmt werden : 1. durch die grosse Bedeutung der Nationalen Forschungsprogramme in den Gesellschaftswissenschaften (Politologie, Sozialpsychologie, Soziologie, Bildungswissenschaften, Wirtschaft und Recht); 2. durch den überaus breiten Fächer von Disziplinen, nämlich denjenigen, die an allen Fakultäten mit Ausnahme der Naturwissenschaften und der Medizin gelehrt werden, und 3. durch die anrollende Welle von Studenten in der Periode ausgesprochener Finanzknappheit.

Auch wenn die Mehrzahl der bisher schon beschlossenen Nationalen Programme geisteswissenschaftliche Themen behandeln, können diese Programme trotz ihrer grossen Bedeutung lediglich bestimmte Ausschnitte aus dem gesamten Forschungsspektrum der Geisteswissenschaften abdecken. Andere Probleme unserer Gesellschaft müssen auf dem Weg der allgemeinen Forschungsförderung gelöst werden.

Im Bereich der Geisteswissenschaften im engern, traditionellen Sinn ist es unumgänglich, die kontinuierliche Fortführung der langfristigen Forschungsvorhaben zu fördern. Eine der Aufgaben der Abteilung besteht darin, über einen längeren Zeitraum hinweg Forschungsprojekte zu unterstützen, deren Ziel die Schaffung von Arbeitsinstrumenten ist, die für das Fortschreiten
der Geisteswissenschaften unerlässlich sind. Es handelt sich dabei insbesondere um Wörterbücher und Lexika (z. B. das Französische Etymologische Wörterbuch von W. von Wartburg, das Wörterbuch der sdweizerdeutschen Sprache, das Glossaire des patois de la Suisse romande, das Vocabolario dei dialetti della $\i~-era italiana und das Dicziunari rumänisch griscltun) sowie um Sprachatlanten; ausserdem entstehen Sammlungen

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von Geschichtsquellen (z.B. die Veröffentlichung der Documents diplomatiques suisses 1848-1945, das Chronicon Helveticum von Aegidius Tschudi usw.) und kritische Werkausgaben (u. a. die Gesammelten Werke von Jean-Jacques Rousseau, von Johann Heinrich Pestalozzi, von Leonhard Ragaz usw.). Schliesslich unterstützt der Nationalfonds die Veröffentlichung von Briefwechseln (z. B. von Theodore de Bèze, Heinrich Bullinger, Madame de Charriere usw.) sowie die Inventarisierung und Erschliessung verschiedener Nachlässe (Karl Barth, Karl Jaspers, Cari Jakob Burckhardt) und der Archives Jean Piaget.

Neben der Unterstützung der Forschungsarbeiten darf dabei die Verbreitung der Ergebnisse nicht vernachlässigt werden. Die Gewährung von Veröffentlichungsbeiträgen, für die deshalb die entsprechenden Mittel bereitgestellt werden müssen, ist nach wie vor in erster Linie für den gesamten Bereich der Geisteswissenschaften von grosser Bedeutung.

Im folgenden werden einige kurze Hinweise auf die zu erwartende Entwicklung in den verschiedenen Disziplinen gegeben.

Philosophie und Theologie: Schwerpunkte bilden die Wissenschaftstheorie, insbesondere die Fragen nach Ziel, Stellenwert und Methoden des wissenschaftlichen Fortschritts, sodann die Sozialethik im Grenzbereich zwischen Theologie und übrigen Geisteswissenschaften sowie die praktische Theologie - vor allem die Stellung der Kirche in der heutigen Welt, Fragen der Ökumene und der Dialog mit anderen Religionen.

Psychologie: In verschiedenen Bereichen dieser Disziplin hat die schweizerische Forschung international ein hohes Ansehen erreicht. Dieses Niveau gilt es beizubehalten : so u. a. in der Epistemologie, in der experimentellen Erforschung der menschlichen Wahrnehmung, Erkenntnis- und Lernfähigkeit sowie des Spracherwerbs vom Kleinkind bis zum Erwachsenen, in den zwischenmenschlichen Beziehungen wie in der klinisch-psychologischen Grundlagenforschung bei geistig Behinderten und Kranken.

Pädagogik und Bildungs-wissenschaft-. Die Berufsbildung ist Gegenstand eines Nationalen Forschungsprogramms («Bildung und das Wirken in Gesellschaft und Beruf»), ausserdem wird in den nächsten Jahren der Erforschung der Medienwirkung im Unterricht sowie der systematischen Unterrichtsbeobachtung (u. a. Wechselwirkungen zwischen Schüler- und Lehrerverhalten) vermehrte Bedeutung
zukommen.

Geschichte: In den letzten Jahren förderte der Nationalfonds insbesondere die Herausgabe einer Reihe wichtiger Quellenwerke zur mittelalterlichen, neueren und neuesten Geschichte (u.a. der «Documents diplomatiques suisses 1848-1945»); diese Unterstützung sollte unbedingt weitergeführt werden. Daneben ist aber auch neuen methodologischen Ansätzen in der Geschichtsforschung, z. B. durch Einsatz des Computers, Starthilfe zu geben.

Archäologie und Altertumswissenschaften: Der Nationalfonds wird sich wegen der beschränkten Mittel auf jene schweizerischen Ausgrabungen konzentrieren, von denen voraussichtlich am ergiebigsten Aufschluss über ungeklärte Fragen der Urund Frühgeschichte unseres Landes zu erwarten ist. Grabungen - zum Teil Notgrabungen - im Zusammenhang mit dem Nationalstrassenbau und der Juragewässerkorrektion sind abzuschliessen und auszuwerten. Dafür ist der Beizug moderner

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naturwissenschaftlicher Methoden wie z. B. der Dendrochronologie (Altersbestimmung des Holzes) unerlässlich geworden. Auch in Zukunft ist die Beteiligung an internationalen Projekten vorgesehen, deren finanzielle Belastung aber eher bescheiden bleiben wird: dazu gehören die griechisch-schweizerischen Ausgrabungen in Eretria (Griechenland), die sowohl als interessantes Forschungsobjekt wie als Ausbildungsmöglichkeit für den Nachwuchs bedeutungsvoll sind.

Sprach- und Literaturwissenschaften: Es liegt im Wesen der viersprachigen Schweiz, dass die Bedeutung dieser Forschung traditionsgemäss über die Landesgrenzen hinaus reicht, denn in der Schweiz begegnen sich der germanisch-deutsche und der romanische Kultur- und Sprachkreis, und zudem sind aus der älteren Zeit noch Spuren des Keltischen, Rätischen und Lateinisch-Römischen vorhanden. In der Erforschung weiterer Gebiete europäischer und aussereuropäischer Sprachen und Literaturen manifestiert sich die weltoffene Stellung der Schweiz. Die Unterstützung dieser vielseitigen Tätigkeiten durch den Nationalfonds stellt demnach ein Spiegelbild der thematisch weitgespannten Lehre und Forschung an unseren Universitäten dar. Neben den vier Nationalen Wörterbüchern sind grössere Forschungs- und Sammelarbeiten zur Gegenwartssprache der Schweiz zu fördern; der linguistischen und literaturwissenschaftlichen Forschung ist die Möglichkeit zu Untersuchungen mit neuen Methoden und interdisziplinären Verfahrensweisen zu geben.

Ethnologie und Kunstwissenschaften : Der wesentlichste Akzent in der schweizerischen Volkskunde wird auch künftig auf die Bauernhausforschung gesetzt, einem wichtigen Bereich schweizerischer Eigenart, der aber einem raschen Substanzverlust unterliegt. Ethnologische Forschungen im Ausland sind vielfach notwendige Voraussetzung einer wirkungsvollen Entwicklungshilfe. Für die Bearbeitung von Schätzen der Architektur aus verschiedenen Epochen sowie von Kunstwerken und Volksmusikinstrumenten werden ebenfalls Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen. Der Trend zur Intensivierung von Forschungsarbeiten in den Kunstwissenschaften wird wahrscheinlich weiterhin anhalten.

Politikwissenschaft und Soziologie : Die gesellschaftliche Entwicklung bringt es mit sich, dass der Problemlösungsbedarf auch in diesen Gebieten weiterhin ansteigt.

Beispiele sind
die Migration - auch innerhalb der Schweiz -, der Parlamentarismus und die sozialen Auswirkungen der wirtschaftlichen Entwicklung.

Wirtschaftswissenschaften: Verschiedene Problembereiche werden weiterhin von grosser Aktualität sein, so z, B. die Strukturwandlungen demographischer, sozialer, betrieblicher, branchenmässiger und regionaler Natur unseres Landes im Zeichen stagnierender Bevölkerung und gebremsten Wirtschaftswachstums ; die Zu- .

sammenhänge zwischen Umwelt und Energie ; die Wirkungen der internationalen .

Währungsfragen auf die Schweiz; die Wettbewerbsstellung der schweizerischen Wirtschaft; das Problem der Weltmärkte für Rohstoffe und die Zukunft der wirtschaftlich unterentwickelten Dritten Welt.

Rechtswissenschaften: Neben der Weiterführung einiger wichtiger Langzeitprojekte sind neue Gesuche namentlich im Bereich des Verfassungsrechtes, der europäischen Rechtsvereinheitlichung, des Wirtschaftsverwaltungsrechts und der Sozialversicherung zu erwarten. Zunehmen wird auch das Interesse an interdisziplinären, besonders juristisch-volkswirtschaftlichen Untersuchungen etwa in der Raumplanung und im Umweltschutz.

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b) Im Bereich der Exakten und Naturwissenschaften Für die kommenden Jahre zeichnen sich auf dem ganzen Gebiet der Exakten und Naturwissenschaften bereits jetzt bestimmte Schwerpunkte ab. In der Mathematik, der Grundlage aller exakten Wissenschaften, entstehen neue Spezialgebiete, und gewisse Randgebiete, die bisher kaum zur Mathematik gezählt wurden, werden mehr und mehr integriert, z. B. die Informatik und die Linguistik. Die gegenseitige Befruchtung zwischen Mathematik und theoretischer Physik wird anhalten und zur Entwicklung neuer Methoden der Grundlagenforschung beitragen.

Seit der Entdeckung neuer Teilchen und der Bestätigung der bisher hypothetischen Quarks (Ur-Teilchen der Materie) ist eine Aktivität der experimentellen und theoretischen Forschung zu beobachten, wie wir sie in der Physik seit den zwanziger Jahren nicht mehr erlebt haben. Diese Entwicklung beruht auf einem entscheidenden Durchbruch in der Erforschung der Kräfte zwischen den Bausteinen der Materie. Diese Kräfte scheinen einfachen Grundgesetzen zu gehorchen, die in den kommenden Jahren einer eingehenden Prüfung unterzogen werden sollen.

Die Fortschritte auf dem Gebiete der Elementarteilchenphysik dürften sich indirekt auch auf die Kernphysik auswirken. Die Untersuchung von Teilchen/KemWechselwirkungen in «exotischen» Atomen, empfindliche Tests der Quantenelektrodynamik und der Symmetrie der schwachen Wechselwirkung werden Schwerpunkte der Forschungstätigkeit, insbesondere am Schweizerischen Institut für Nuklearforschung (SIN), bilden.

Nicht nur die «exotischen» Atome (Pionium, Baryonium), auch die «gewöhnlichen» Atome bleiben im Zentrum des Interesses : Neue Methoden wie die Spektroskopie mit Hilfe von Laserlicht, die Kombination von Laser und Massenspektrometer sowie von Gaschromatographie und Massenspektrometer oder neue Ideen in der Kernresonanzspektroskopie werden Untersuchungen von bisher unerreichter Präzision erlauben, beispielsweise den Nachweis einzelner Atome und den Nachweis der meisten Gifte weit unterhalb der Toleranzkonzentration.

Noch besser ist es, wenn Gifte überhaupt nicht hergestellt werden : Die synthetischorganische Chemie wird deshalb in den nächsten Jahren Methoden entwickeln, die bessere Rücksichtnahme auf die Umwelt gestatten.

Naturstoffchemie ist in der Schweiz von jeher ein Schwerpunkt gewesen,
und seine Aufrechterhaltung und gezielte Verstärkung ist eine wichtige Aufgabe der Zukunft. Fortschritte auf diesem Gebiet dürften es ermöglichen, schädliche Organismen wirksamer zu bekämpfen, wobei die Erkenntnisse aus der Koordinationschemie einen wichtigen Beitrag leisten werden.

Das Studium der Gasphasenreaktionen, der Festkörperreaktionen, der Reaktionskinetik in Lösung und in der Gasphase, wird zu jenem vertieften Verständnis der chemischen Prozesse beitragen, das für die Erfindung neuartiger Materialien (keramische Stoffe, Materialien für die Elektronik, Supraleiter usw.) und für die Entwicklung und Verbesserung entsprechender Fabrikationsprozesse benötigt wird.

Angespornt durch die Aussicht, Sonnenenergie in chemische Energie umwandeln zu können, dürfte schliesslicb das Studium photochemischer Prozesse zu einem neuen Schwerpunkt der chemischen Forschung werden.

Es ist zu erwarten, dass neue Methoden auch vermehrt Eingang in die Festkörperphysik finden werden, wo sich die Forscher nunmehr komplexeren Systemen und

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Verbindungen zugewandt haben. Fundamentale Probleme der Phasentransformation und der Supraleitung stehen weiterhin im Zentrum des Interesses ; neu dürfte die Physik der Polymere hinzukommen.

Wesentliche Impulse der Supraleiterforschung, aber auch in der Physik der amorphen Stoffe und der Polymere, sind in der Vergangenheit von der Anwendungsseite hergekommen. Dies dürfte in Zukunft in verstärktem Masse der Fall sein, wie die Anwendung der Physik in Technik und Ingenieurwissenschaften ganz allgemein wahrscheinlich immer rascher vor sich gehen wird. Physikalische und chemische Messmethoden werden in der Hydrologie, der Ozeanographie, der Glaziologie, der Klimatologie und anderen geographischen Forschungszweigen immer dringender benötigt.

In den Erdwissenschaften (Geologie, Mineralogie usw.) hat die Anwendung moderner Forschungs- und Messmethoden bereits eine Periode stürmischer Entwicklung eingeleitet. Die Entdeckung der Plattentektonik hat die Erforschung der Gebirgsbildung und der Erdbebentätigkeit (und -voraussage) sowie die Erzlagerstätten-Prospektion auf eine neue, wissenschaftliche Basis gestellt.

Auch der Weltraum gehört zu unserer Umwelt. Die Weltraumtechnik hat das Versuchsstadium überwunden; sie wird sich in den nächsten Jahren auf Anwendungen konzentrieren können, nämlich neue Möglichkeiten für die Materialtechnik und neue Beobachtungsmöglichkeiten für die Geowissenschaften sowie für die Astronomie zu schaffen. Für diese Forschungsdisziplin, die in den letzten Jahren eine starke Entwicklung erlebt hat, sind damit die Voraussetzungen für die Erforschung neuer Fragestellungen in der Kosmologie und in der Sternentwicklung gegeben.

In allen experimentellen Wissenschaften ist in den nächsten Jahren eine starke Umschichtung im Instrumentarium zu erwarten. Die Erfindung des Mikroprozessors, also eines billigen Kleincomputers, der ein Experiment steuert, die Daten erhebt und gleichzeitig verarbeitet, hat nicht nur die Experimentiermethoden grundlegend verändert, sondern wird auch ganz neuartige Experimente ermöglichen.

c) Im Bereich der Biologie und Medizin Der Nationalfonds beabsichtigt, seiner Förderungstätigkeit auf dem Gebiet der Biologie und Medizin in den nächsten Jahren Akzente nach zwei Gesichtspunkten aufzusetzen- Der eine geht davon aus, dass in den letzten Jahren auf einigen Gebieten
der Grundlagenwissenschaften bedeutende Durchbrüche erfolgt sind; es sollen jene Gebiete besonders gefördert werden, welche eine Nutzbarmachung dieser neuen Erkenntnisse erwarten lassen. Der zweite Gesichtspunkt orientiert sich an anstehenden, erkannten Problemen, für deren Lösung wesentliche wissenschaftliche Grundlagen noch zu erarbeiten sind. In beiden Fällen wären solche Richtungen besonders zu fördern, für welche in der Schweiz ein Forschungspotential vorhanden ist, das ein Erreichen der Ziele als aussichtsreich erscheinen lässt.

Biomedizinische Grundlagenforschung, die sich aus dem Stand der Wissenschaft ableitet In den letzten zehn Jahren sind - zum Teil dank technischer Entwicklungen, insbesondere in der Elektronik - neue und ausscrordcntlich leistungsfähige Analyseund Messmethoden entwickelt worden. Damit können neue Einblicke in Bau und

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funktionelles Verhalten von Molekülen, in ihr Zusammenwirken in komplexen Zellbestandteilen wie auch in die Funktionen ganzer Organe und Organsysteme gewonnen werden. Entscheidende Kenntnisfortschritte sind in den letzten Jahren besonders in der Molekularbiologie erlangt worden. Die Vorstellung, man könnte das Erbgut von Lebewesen durch gezielte Eingriffe verändern, gehörte noch vor wenigen Jahren der Science Fiction an ; heute ist sie in die Reichweite der Wissenschaft gerückt, seit es gelungen ist, das Trägermolekül der Erbmerkmale, die Desoxyribonukleinsäure, im Laboratorium zu spalten und neu zusammenzufügen, wobei dies auch mit Molekülen verschiedener Herkunft gelingt. Die konsequente Weiterführung solcher Experimente der Gen-Rekombination kann zu sehr bedeutenden Erfolgen führen, die sich sowohl in der Medizin wie auch in der Agrarwirtschaft auswirken werden. Die Wissenschafter haben zum vornherein erkannt, dass der Veränderung der Erbmasse auch gewisse Risiken innewohnen. Wie die meisten ausländischen forschungsfördernden Institutionen macht deshalb auch der Nationalfonds die Unterstützung solcher Gen-Rekombinationsversuche davon abhängig, dass sie unter strengen, den US-Normen entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt werden.

Auf dem Hintergrund dieser Fortschritte erscheinen Forschungsarbeiten in folgenden Richtungen besonders aussichtsreich : - Die meist an einfacheren Zellen gewonnenen Erkenntnisse der Molekularbiologie sollen auf das Studium von Zellen und Organismen einer höheren Organisationsstufe ausgedehnt werden. Das Zusammenwirken dieser Zellen ist kompliziert ; man kann heute vor allem von Untersuchungen über Regulationsmechanismen der Zelltätigkeit, über die Vorgänge, wie Zellen miteinander kommunizieren und Informationen austauschen, über die Differenzierung von Zellen auf besondere Aufgaben, entscheidende neue Erkenntnisse erwarten. In diesem Zusammenhang dürften auch Arbeiten eine besondere Förderung verdienen, die sich mit der Frage, wie Pharmaka auf Zellen einwirken, oder wie immunologische Abwehrreaktionen vermittelt werden, befassen.

- Grosse Bedeutung kommt Forschungen über die Entartung von Zellen zu Krebszellen unter der Einwirkung von physikalischen und besonders von chemischen Faktoren zu. Eine zentrale ungelöste Frage liegt nach wie vor in der Wucherung
und Metastierung von Krebszellen, die letztlich für die Schädigung und Zerstörung des Organismus verantwortlich sind. Es soll geprüft werden, ob der Stand der zellbiologischen Wissenschaft bereits genügend fortgeschritten ist, um dieses Problem gezielt anzugehen. Ebenfalls in das Gebiet der Zellpathologie gehören Untersuchungen über angeborene und erworbene Stoffwechselstörungen, die insbesondere in der Endokrinologie, in der Neurologie und in der Psychiatrie bedeutende Auswirkungen haben könnten.

Medizinische Forschung zur Lösung bedeutender aktueller Krankheitsprobleme Zahlreiche Probleme der Medizin harren einer Lösung durch wissenschaftlich fundierte Massnahmen, ohne dass die dazu nötigen Grundlagenkenntnisse vorhanden wären. Man weiss, dass sowohl die Ursachen von Krankheitsgeschehen wie auch ihre Auswirkungen auf den kranken Menschen meist mehrere Faktoren umfassen : neben körperlichen treten auch psychische und umweltbedingte Ursachen auf, und jede Erkrankung hat sowohl körperliche wie psychische Auswirkungen auf den

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Kranken selbst, abgesehen von den Rückwirkungen der Krankheit auf Mitmenschen und Gesellschaft. Die Entflechtung solcher Ursache-Wirkung-Beziehungen ist ein schwieriges Unterfangen und setzt eine Arbeitsgemeinschaft von Medizinern experimenteller und klinischer Richtung, Psychologen und Soziologen voraus. Es ist ein Anliegen des Nationalfonds, die Bildung und Tätigkeit solcher Arbeitsgemeinschaften zu fördern.

Im Rahmen der klinischen Forschung verdienen Anstrengungen sowohl zur verbesserten Erfassung des Krankheitsgeschehens und der Therapieerfolge am Menschen als auch zur Entwicklung adäquater Modelle, die eine detaillierte und kontrollierte Untersuchung krankhafter Veränderungen ohne Belastung der Patienten gestatten, eine verstärkte Förderung.

Der rasche Wandel der Umwelt und der Gesellschaft macht zugleich in vermehrtem Masse Studien zur Epidemiologie verschiedener Erkrankungen notwendig. In diesem Zusammenhang wird der präventiv- und sozialmedizinischen Forschung auch nach der Integration der «Forschungskommission für die Gesundheit» in die Abteilung für Biologie und Medizin weiterhin ein besonderes Gewicht zukommen.

Vor allem erscheinen gut fundierte Längsschnittuntersuchungen, deren Zielsetzung die primäre Prophylaxe und die Früherkennung krankhafter Erscheinungen und damit die Frühbehandlung und die Rehabilitation von Patienten ist, als sehr unterstützungswürdig.

Im Bereich der Medizin sind folgende Problemkreise als Prioritäten identifiziert worden : angeborene Krankheiten und Gebrechen, chronische Erkrankungen wie Diabetes und andere Stoffwechselstörungen, degenerative Krankheitsbilder, Herzund Kreislaufkrankheiten, Arteriosklerose, Krebsleiden, psychische Störungen mit ihren sozialen Folgeerscheinungen.

Biologische Forschung zur Lösung bedeutender aktueller Umweltprobleme Es gehört auch zum Aufgabenbereich biologischer Forschung, sich mit den mannigfaltigen Störungen des biologischen Gleichgewichts in der zivilisierten Umwelt und den Wechselwirkungen zwischen Individuen und Gesellschaft auseinanderzusetzen. Der Nationalfonds ist bereit, Forschungsvorhaben zu unterstützen, welche unser Verständnis für die komplexen Verflechtungen und Abhängigkeiten zwischen belebter Natur und vom Menschen veränderter Umwelt fördern können.

2, Spezialförderung im Rahmen der Nationalen Forschungsprogramme
In der Eingabe an den Bundesrat für die Beitragsperiode 1975-19791> schlug der Nationalfonds vor, die systematische Pflege von Forschungsgebieten, die im nationalen Interesse liegen, zu intensivieren, um so vermehrten und neuen Anforderungen des Landes an die Forschung Rechnung zu tragen. Diese Aufgabe sollte einerseits durch die Einrichtung Nationaler Forschungsprogramme, anderseits durch zusätzliche Koordination der Forschung im Bereich der Normalförderung geschehen.

" Anhang zur Botschaft des Bundesrates über die Förderung der wissenschaftlichen Forschung in den Jahren 1975-1979, insbesondere über die Neufestsetzung der Beiträge an den «Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung» vom 11. März 1974; BEI 197411099.

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Die Idee der Nationalen Forschungsprogramme fand im Parlament eine gute Aufnahme. Für die Durchführung sollten bis zu 12 Prozent der Beiträge des Bundes an den Schweizerischen Nationalfonds eingesetzt werden.

Es versteht sich von selbst, dass für diese Art der Forschung, neben dem zentralen Beurteilungskriterium der wissenschaftlichen Qualität, weitere Kriterien zu berücksichtigen sind, nämlich : - Die Problemstellung ist von nationaler Bedeutung.

- Die geplante Forschung soll nach einer bestimmten Frist mit hoher Wahrscheinlichkeit Resultate liefern, die in der Praxis (Verwaltung, Rechtssetzung, Wirtschaft usw.) angewendet werden können.

- Es muss die Möglichkeit einer konzentrierten Forschungstätigkeit in der Schweiz oder ein nachgewiesener Bedarf nach Schaffung eines geeigneten Forschungspotentials bestehen. Ein Forschungsziel kann nur durch koordinierte Anstrengungen über Hochschul- und/oder Disziplinengrenzen hinaus erreicht werden.

- Das Programm soll in sinnvoller Weise Forschungsanstrengungen auf internationaler Ebene ergänzen.

Auch in bezug auf seine innere Organisation und Arbeitsweise musste der Nationalfonds neue Wege beschreiten. Im Januar 1976 waren diese Vorbereitungen bereits soweit gediehen, dass der erweiterte Forschungsrat die Realisierung der ersten Programme an die Hand nehmen konnte.

Stand der Arbeiten an den Nationalen Forschungsprogrammen

Im Jahre 1975 beschloss der Bundesrat vier, 1976 sechs und 1978 zwei Forschungsprogramme, deren Themen vom Eidgenössischen Departement des Innern in Zusammenarbeit mit den anderen Departementen des Bundes, dem Wissenschaftsrat und dem Nationalfonds erarbeitet worden waren. Insgesamt wurden dafür 71,75 Millionen Franken vorgesehen ; dies entspricht rund 12 Prozent der gesamten Bundesbeiträge für die Jahre 1975 bis 1979.

Gegenwärtig laufende Programme : Prophylaxe der Herz- und KreisTeilprogramm A : lauferkrankungen Erarbeitung und experimentelle Prüfung eines Ver(4,75 Mio. Fr.)

fahrcns zur Beeinflussung des Gesundheitsverhaltens Beginn der Forschungsarbeiten: grösserer Bevölkerungsgruppen, im vorliegenden 1916 Fall der Einwohner von Aarau und Nyon.

Teüprogramm B: Frühentdeckung angeborener und postnataler Risikofaktoren für Herz- und Kreislauferkrankungen bei Kindern und Jugendlichen.

Grundlegende Probleme des schweizerischen. Wasserhaushaltes (6 Mio. Fr.)

Beginn der Forschungsarbeiten : 1976 '

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Teilprogramm A : Erarbeiten von Methoden zur Ermittlung der Ergiebigkeit von Grundwasservorkommen und zur Erfassung von Qualitätsveränderungen beim Infiltrationsprozess.

Teilprogramm B: Beschaffung vertiefter Kenntnisse über Mischungsund Strömungsverhältnisse in Seen als Grundlage für die Planung von Wassereinleitungen und -entnahmen.

Probleme der sozialen Integration in der Schweiz (5 Mio. Fr.)

Beginn der Forschungsarbeiten : 1977

Erarbeitung von Methoden für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit sozialer Einrichtungen und Betreuungsstrategien für gefährdete Jugendliche und für Betagte.

Forschung und Entwicklung im.

Bereich der Energie (8 Mio. Fr., Aufstockung auf 10 Mio. Fr. geplant) Beginn der Forschungsarbeiten: 1976

Erforschung von Möglichkeiten der Beeinflussung der Bevölkerung im Hinblick auf eine sparsamere Energieverwendung bei der Gebäudeheizung und -klimatisierung und bei der Warmwasseraufbereitung (Isolation, alternative Heizanlagen, Nutzung von Niedertemperaturwärme), Aufbau und Erhaltung eines leistungsfähigen Forschungspotentials für die Handhabung neuer Technologien für Energietransport, -speicherung und -gewinnung (z. B. Wasserstoff).

Regionalpr-ablerne in der Schweiz, namentlich in den Berg- und Grenzgebieten (10 Mio. Fr.)

Beginn der Forschungsarbeiten: 1978

Aufzeigen der Gründe für regionale Disparitäten und deren Behebung sowie die Schaffung günstiger Randbedingungen für das Weiterbestehen regionaler Eigenständigkeiten; Evaluation bestehender Instrumente und Bereitstellung von Grundlagen für alternative Strategien zur Intervention in benachteiligten Regionen oder solchen mit besonderen Problemen (Grenzgebiete, Städte).

Sozio-ökonomische Entwicklung und ökologische Belastbarkeit im Berggebiet (MAß) (2 Mio. Fr.)

Beginn der Forschungsarbeiten: 1979

In ausgewählten Testgebieten werden Belastungen in unseren Berggebieten untersucht. Sozio-ökonomiscbe Entwicklungen werden den ökologischen Anforderungen gegenübergestellt. Entscheidungsgrundlagen für eine langfristige Sicherung unserer Berggebiete als Lebens- und Wirtschaftsraum sollen erarbeitet werden.

Entscheidungsprozesse in der schweizerischen Demokratie (4 Mio. Fr.)

Beginn der Forschungsarbeiten: 1979

Analysen über legislatorische Prozesse sowie über Vollzug und Auswirkung staatlicher Massnahmen und Programme. Untersuchungen über die Rolle der parastaatlichen öffentlichen Verwaltung und der «aktiven Bürger» bei Entscheidungsabläufen.

Rohstoff- und Materialprobleme (10 Mio. Fr.)

Beginn der Forschungsarbeiten: 1979

Forschung an neuen und alternativen Materialien für spezifische Anwendungen, an Wiederverwendund Verwertbarkeitsprozessen sowie Erfassung landeseigener Rohstoffvorräte und Evaluation ihrer optimalen Verwendung.

Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit, im schweizerischen Gesundheitswesen (6 Mio. Fr.)

Beginn der Forschungsarbeiten: 1979

Optimalisierung des medizinischen Versorgungssystems im ambulanten Bereich mit Einschluss der Arbeitsmedizin ; Erarbeitung methodologischer Grundlagen für die Verbesserung der Datenbasis; Prüfung der Rolle und der Möglichkeiten der Versicherung mit besonderer Berücksichtigung des Kostenpro"blems; Verbesserungsmöglichkeiten in der medizinischen Administration und Planung.

Mechanismen und Entwicklung der schweizerischen Wirtschaft und deren soziale Auswirkungen (6 Mio. Fr., Aufstockung auf 8 Mio. Fr. geplant) Beginn der Forschungsarbeiten: 1979

Analyse der selbst- und fremdverursachtcn Schwierigkeiten unserer Wirtschaft und Bereitstellung von Grundlagen für ihre Bewältigung.

1203

Bildung und das Wirken in Gesellschqft und Beruf (8 Mio. Fr.)

Beginn der Forschungsarbeiten: 1980

Sicherheitspotitik (2 Mio. Fr.) " Beginn der Forschungsarbeiten : 1979

Analyse und Evaluation des schweizerischen Berufsbildungssystems mit dem Ziel, eine optimale berufliehe Mobilität und Grundlagen für die Bewältigung neuer technologischer, aber auch gesellschaftlicher und besonders staatsbürgerlicher Anforderungen durch Vorschläge geeigneter Massnahmen zu ermöglichen. Bereitstellung eines qualifizierten Forscherpotentials in diesem Bereich Analyse der Auslandabhängigkeit unseres Staates im allgemeinen und unserer Wirtschaft im besonderen, Evaluation von Massnahmen zur Bewältigung möglieber Versorgungsengpässe und Krisen in enger Zusammenarbeit mit derh Forschungsprogramm «Mechanismen und Entwicklung der schweizerischen Wirtschaft».

1976 'konnten die ersten Zusprachen für Forschungsprojekte gemacht werden: 5,8 Millionen Franken; 1977 wurden 10,2 Millionen Franken eingesetzt. Für 1978 und 1979 sind wesentlich höhere Beiträge für die Nationalen Forschungsprogramme vorgesehen, was dank der zweckgebundenen Rückstellungen der Vorjahre ohne Schwierigkeiten möglich ist.

Besondere Aspekte der nationalen Forschungsprogramme: Nationale Forschungsprogramme sind, da Projektgruppen in der ganzen Schweiz, an Hochschulen und ausserhalb derselben koordiniert werden müssen, in bezug auf Verwaltung und Projektbegleitung personälintensiv. Jedes Programm wird von einer Expertengruppe, die der Nationale Forschungsrat aus kompetenten Fachleuten und Vertretern der interessierten Kreise zusammensetzt, vorbereitet und während der Durchführung überwacht. Eine Programmleitung besorgt die Koordination der Forschungsarbeiten. Je nach Umfang und Inhalt des Programms besteht die Programmleitung aus einem meist nebenamtlichen Programmleiter und einem oder mehreren neben-, teil- oder vollamtlichen Projektleitern. Zurzeit arbeiten über 100 Experten und Programmleiter/Projektleiter im Milizsystem an den zwölf genannten Programmen.

Diesen Umständen gilt es bei der Einführung neuer Programme Rechnung zu tragen ; zudem ist zu bedenken : neun der zwölf von 1975 bis 1978 beschlossenen Programme sind ganz oder zum Teil sozial- und wirtschaftswissenschaftlicher Natur.

Es muss darauf geachtet werden, dass das schweizerische Forschungspotential in diesen Bereichen nicht überbeansprucht wird, damit eine hohe wissenschaftliche Qualität im Rahmen der Nationalen Forschungsprogramme und der allgemeinen Förderung der Sozialwissenschaften gewährleistet bleibt.

Weitere Programme : Bis Ende 1979 sollten voraussichtlich alle bisher beschlossenen Programme laufen und zum Teil finanziert sein, auch wenn sie erst 1981 bis 1984 abgeschlossen werden. Der Nationalfonds hat aus diesem Grund bereits Vorstudien für einige weitere Forschungsprogramme unternommen, für deren Durchführung in unserem Land ein qualifiziertes Forschungspotential, z. B. im Bereich der Naturwissenschaften und der Medizin, vorhanden ist, und die auf ein grosses öffentliches Interesse stossen dürften. Der Nationalfonds prüft deshalb, ob den Gremien, die gemäss der Verordnung zum Bundesbeschluss über die Beiträge an den Schweizeri-

1204

sehen Nationalfonds vom 3l. März 1976 (SR 420..11) für die Vorbereitung der Nationalen Forschungsprogramme zuständig sind, folgende Programme vorgeschlagen werden sollen, die ab 1980 stufenweise in Gang gesetzt werden könnten: - Verhütung von angeborenen Krankheiten und Gebrechen - Kulturelle Vielfalt der Schweiz und Probleme des Verständnisses und der Verständigung ; - Erhaltung von Kulturgütern.

Diese Programmvorschläge werden im Anhang zur Eingabe kurz skizziert. Ferner dürften - im Anschluss an das Nationale Forschungsprogramm «Wasserhaushalt» - Forschungsarbeiten über die Lufthülle der Erde und ihre Wechselwirkungen mit Land und Wasser im Vordergrund des allgemeinen Interesses stehen. Die Lufthülle ist infolge ihrer geringen Masse besonders anfällig für Störungen. Sie ist Transportmedium für Energie sowie für viele Nutz- und Schadstoffe, die in biologische Gleichgewichte eingreifen können. Diese Transport- und Austauschvorgänge sind noch weitgehend unerforscht.

3. Nachwuchsförderung Der Nationalfonds hat seit seinem Bestehen der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses seine besondere Aufmerksamkeit gewidmet, denn er war sich stets bewusst, dass die Qualität der Forschung wesentlich vom kontinuierlichen Zustrom leistungsfähiger Nachwuchskräfte abhängt. Neben den zahlreichen jungen Mitarbeitern, die im Rahmen von Forschungsprojekten tätig sind, hat der Nationalfonds den Nachwuchs auch systematisch durch die Zuspräche von Stipendien in zwei Kategorien - gefördert. Die 14 Forschungskommissionen der Hochschulen, der wissenschaftlichen Körperschaften und der italienischsprechenden Schweiz verleihen Stipendien an angehende junge Forscher, die ihr Studium vor kurzem abgeschlossen haben, während der Nationale Forschungsrat im Anschluss an eine jährlich durchgeführte Ausschreibung fortgeschrittenen jungen Forschern, die bereits selbständig abgeschlossene Forschungsarbeiten vorweisen können, Stipendien zuspricht. Für einzelne Forschungsdisziplinen delegiert der Nationale Forschungsrat die Zuspräche von Stipendien an aussenstehende Gremien, so z. B.

an die Schweizerische Stiftung für medizinisch-biologische Stipendien, die von der chemischen Industrie und vom Nationalfonds partnerschaftlich finanziert wird.

Die Stipendien des Nationalfonds gaben jungen Forschern aus allen Bereichen der Wissenschaft
die Gelegenheit, ihre wissenschaftliche Ausbildung meist an ausländischen Forschungsstätten zu vervollständigen. Mit einzelnen forschungsfördernden Institutionen anderer Länder hat der Nationalfonds Austauschabkommen abgeschlossen, so z. B. mit der britischen Royal Society, der British Academy, den amerikanischen National Institutes of Health und der Japan Society for thè Promotion of Science. Bevorzugte Studienländer sind immer noch die USA (34%) und Grossbritannien (13%).

Eine im Jahre 1976 durchgeführte Umfrage bei den Stipendiaten der Jahre 1969-1974 hat ergeben, dass mehr als die Hälfte der ehemaligen Stipendiaten im univcrsitären Bereich tätig ist, was der primären Zielsetzung der Nachwuchsförderung durch den Nationalfonds entspricht. Es ist aber erfreulich, dass ein beträchtlicher Teil der ehemaligen Stipendiaten in der Privatwirtschaft, an Mittelschulen 54

Bundesblaii. 131.Jahrg. Bd.I

1205

und in der öffentlichen Verwaltung arbeiten, denn ihre vertiefte wissenschaftliche Ausbildung wirkt sich ebenfalls in diesen Tätigkeitsfeldern befruchtend aus.

Der Nationalfonds wird auch in Zukunft der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses besondere Bedeutung beimessen. Das Ansteigen der Anzahl Hochschulabsolventen in den achtziger Jahren wird sicher zu einer Zunahme der Stipendiengesuche führen; der Nationalfonds wird auf verschiedene Weise darauf reagieren müssen. Eine Verschärfung der Selektion - unter Wahrung der Chancengleichheit - wird unumgänglich sein.

Ein besonderes Problem stellt sich heute für den fortgeschrittenen Nachwuchs am Ende seiner Weiterbildungszeit. Während der Zeit des Wachsturas sind die neugeschaffenen Lehrstellen an den Hochschulen mit jungen Leuten besetzt worden ; sie befinden sich heute in der aktivsten und fruchtbarsten Phase ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit. Das Durchschnittsalter der Hochschuldozenten beträgt etwa 46 Jahre; rund 80 Prozent sind jünger als 55 Jahre (siehe Dritter Ausbaubericht des Schweizerischen Wissenschaftsrates). Dies bedeutet, dass in den nächsten 10-15 Jahren die natürlichen Abgänge sehr gering sein werden, so dass in der heutigen Phase der Stellenplafonierung die Chancen der gut ausgebildeten Nachwuchsforscher auf eine Anstellung als unabhängige Hochschullehrer und -forscher ungewöhnlich klein geworden sind. Wie an anderer Stelle (Kap. I Ziff. 2) ausgeführt wurde, bringt dies auch eine gefahrliche Überalterung des Lehrkörpers an den Hochschulen mit sich. Die Forschung lebt aber von der Erneuerung und damit von der steten Verjüngung der Forschenden. Der Nationalfonds sucht deshalb nach Möglichkeiten, wie diesen Gefahren durch gezielte Massnahmen begegnet werden kann, wobei er eng mit den Hochschulen zusammenarbeiten muss.

4. Wissenschaftliche Apparate und Einrichtungen Die Aufwendungen des Nationalfonds für wissenschaftliche Apparate erreichten im Jahre 1973 ein Maximum (17% der Forschungsbeiträge) und nahmen dann bis 1976 stetig ab (9,8%), während gleichzeitig der Anteil der Salärkosten ständig stieg. Angesichts dieser Entwicklung stellt sich die Frage, ob nicht gegenwärtig an den schweizerischen Hochschulen eine Personalvermehrung auf Kosten der Erneuerung des Apparateparks im Gange ist, so dass sich in absehbarer Zeit ein
Nachholbedarf für wissenschaftliche Geräte einstellen wird, der sich auch in den Forschungsgesuchcn an den Nationalfonds niederschlagen dürfte.

Allerdings ist zu beachten, dass die vom Nationalfonds finanzierten Geräte keinen selbständig verwendbaren, in sich geschlossenen Apparatepark bilden, sondern nur eine Ergänzung derjenigen Einrichtungen darstellen, die von den Hochschulträgern - teilweise mit Bundessubventionen im Rahmen des Hochschulförderungsgesetzes - bezahlt werden. Die Nachfrage nach Nationalfondsmitteln wird also davon abhängen, wieviel die Hochschulträger selbst beitragen können. Es ist jedoch zu erwarten, dass die künftigen, an den Nationalfonds gerichteten finanziellen Anforderungen für apparative Aufwendungen in den nächsten Jahren wieder zunehmen werden, da ja die Erneuerung des bestehenden Geräteparks gewährleistet sein muss. Dieser Erneuerungsbedarf für die heute eben verebbte «Investitionswelle» wird sich schon in wenigen Jahren bemerkbar machen. Somit wird sich der finanzielle Druck auf den Nationalfonds verstärken. Es ist daher vorauszusehen, dass der Kostenanteil der apparativen Aufwendungen des Nationalfonds wieder den

1206

Stand von 1973 erreichen wird, umso mehr als das Aufkommen neuartiger, teurer Geräte oder die Entwicklung von Disziplinen mit grossem Gerätebedarf erhöhte finanzielle Anforderungen nach sich ziehen werden.

5. Koordinations- und Planungsmassnahmen a) Koordination auf der Ebene der schweizerischen Wissenschaftspolitik und auf der Ebene der Forschungsförderung Die Koordinationsprobleme, die sich dem Nationalfonds in diesen beiden Ebenen stellen, sind nicht voneinander zu trennen, sondern durch vielfältige Wechselwirkungen gekennzeichnet.

Wie bereits oben dargelegt wurde, ist es für den Nationalfonds unerlässlich, mit den Hochschulen und wissenschaftlichen Dachgesellschaften eng und kontinuierlich zusammenzuarbeiten und seine Förderungsmassnahmen ständig mit ihnen abzustimmen. Diese Zusammenarbeit ist in erster Linie dadurch gewährleistet, dass dem Stiftungsrat und dem Nationalen Forschungsrat zahlreiche Dozenten aus allen schweizerischen Universitäten und Hochschulen angehören. Zudem bilden die Forschungskommissionen der Hochschulen, der wissenschaftlichen Dachgesellschaften sowie der italienischsprechenden Schweiz wertvolle Bindeglieder, die in vielen Fällen durch ihre genauen Kenntnisse der lokalen Gegebenheiten wesentliche Informationen vermitteln können. Durch statutarisch festgelegte Vertretungen im Stiftungsrat werden daneben die unerlässlichen Querverbindungen mit dem Parlament, dem Bund, den Kantonen (über drei Delegierte der Erziehungsdirektorenkonferenz) sowie mit verschiedenen weiteren Institutionen sichergestellt.

Darüber hinaus ist zu betonen, dass der Nationalfonds fest in das Gefüge der gesamtschweizerischen Wissenschaftspolitik eingebettet ist. Erwirkt durch seine Vertreter aktiv in denjenigen Gremien mit, in denen Fragen der Wissenschaftspolitik im allgemeinen oder der Forschungsförderung im besonderen beraten oder entschieden werden.

Im weiteren ergibt sich laufend - so bei der Unterbreitung des jährlichen Verteilungsplanes an den Bundesrat oder in den verschiedenen Phasen der Ausarbeitung und Ausführung der Nationalen Forschungsprogramme - ein enges Zusammenwirken mit dem Schweizerischen Wissenschaftsrat, dem Amt für Wissenschaft und Forschung, der Eidgenössischen Finanzverwaltung und mit verschiedenen weiteren Bundesstellen. Aus diesen wenigen Hinweisen geht deutlich hervor,
dass der Nationalfonds seine Förderungstätigkeit, für die er allein die Verantwortung trägt, im engen Einvernehmen mit den andern betroffenen Instanzen oder Institutionen ausübt.

Auf der Ebene gerade dieser konkreten Förderungstätigkeit ist der Nationalfonds bestrebt - worauf in dieser Eingabe schon verschiedentlich hingewiesen wurde -, durch ein koordinierendes Vorgehen die Qualität der Forschungsarbeiten zu erhalten und zu verbessern und dabei auch einen rationellen Einsatz der verfügbaren Mittel sicherzustellen. Dies geschieht nach Bedarf auf verschiedene Weise: einerseits werden z. B. die Forscher bestimmter Gebiete dazu veranlasst, sich über eine vermehrte Arbeitsteilung zu verständigen oder sie werden zu vermehrter interdisziplinärer Zusammenarbeit angehalten; anderseits trägt der Nationalfonds durch seine Mittelzusprachen zur Schaffung oder Verstärkung von Forschungszentren

1207

mit besonderer Ausstrahlung bei. In verschiedenen Disziplinen (u. a. in der Archäologie, der Kernphysik, der Krebsforschung, um nur diese zu nennen) übt der Nationalfonds auf diese Weise bereits wichtige Koordinationsfunktionen aus.

Aber - und hier liegen auch die Grenzen seines Wirkens - dies alles darf nicht zu einer dirigistischen Einengung führen, denn dadurch würde zweifellos die Eigeninitiative der Forscher beeinträchtigt. Der Nationalfonds ist sich jedoch bewusst, welch weiterer Anstrengungen es bedarf, um bei den Wissenschaftern selbst noch vermehrt die Einsicht zu stärken, dass an ihre mit öffentlichen Mitteln unterstützte Tätigkeit auch legitimerweise die Forderung nach möglichst grosser Koordination und Kooperation gestellt werden muss.

b) Planung Der Nationalfonds hat die Aufgabe, die wissenschaftliche Forschung zu fördern.

Wenn man also von Planung spricht, geht es gemäss diesem Mandat um eine Planung der Forschungsförderung und nicht um eine Planung der Forschung. Der Spielraum des Nationalfonds für seine Planung ist begrenzt: einmal werden die Planungsmöglichkeiten ganz allgemein durch die Eigendynamik der Forschung eingeschränkt ; gerade aus dem ständigen Kontakt der vom Nationalfonds unterstützten Forscher mit Wissenschaftern anderer Länder resultieren oft unerwartete Einsichten, und es eröffnen sich Wege zu neuen, vorgängig nicht planbaren Forschungszielen. Sodann hat der Nationalfonds verschiedene Rahmenbedingungen zu berücksichtigen, namentlich auch die Bundesbeschlüsse über die Bundesbeiträge sowie die entsprechende Verordnung des Bundesrates. Zudem gehört der Ausbau der Infrastruktur an den Hochschulen und ausseruniversitären Forschungsstätten in den Bereich der schweizerischen Wissenschaftspolitik, in deren Rahmen der Nationalfonds tätig ist.

Die Hauptplanungsinstrumente des Nationalfonds sind die vier (früher fünf) Jahre umfassende Eingabe an den Bundesrat, der jährliche Verteilungsplan und die Ausführungspläne für die Nationalen Forschungsprogramme. Im besondern wird für den Verteilungsplan eine begründete Aufgliederung der verfügbaren Mittel auf wissenschaftliche Disziplinen und Beitragsarten angestrebt. Ausgangspunkt ist die zu erwartende oder verlangte Summe der Gesuche. Als wesentliche Unterlagen dienen die Daten über die Gesuchsbehandlung der letzten Jahre sowie
Informationen über die laufenden und geplanten Forschungsarbeiten an den Hochschulen, Mit der Zunahme der verfügbaren Daten ist es auch besser möglich, die Auswirkung der Planungsmassnahmen zu überprüfen. So wird namentlich der jährliche Verteilungsplan, der ein wichtiges Steuerelement darstellt, anhand der Jahresrechnung mit den effektiven Aufwendungen verglichen; dieser Vergleich ist im Jahresbericht enthalten.

Abgesehen von den kurz- bis mittelfristigen Planungsinstrumenten (Verteüungsplan und Eingabe) hat der Nationalfonds seit jeher auch langfristige Zielvorstellungen anvisiert; dies ist z. B. im Bereich der Nachwuchsförderung (Stipendienprogramme) der Fall. Neben den formellen werden natürlich auch informelle Planungsmassnahmen getroffen, wie dies im Abschnitt über die Koordination auf der Ebene der Forschungsförderung dargelegt wurde.

Aus der Sicht des Nationalfonds kommt im Rahmen der Planung den personellen Fragen grosse Bedeutung zu, besonders im Zusammenhang mit der Erhaltung des

1208

Forschungspotentials. Im Personalsektor gilt für den Nationalfonds nach wie vor die Regel, dass ein zeitlich befristetes Anstellungsverhältnis angestrebt wird und damit jüngeren Forschern ebenfalls eine Chance für eine Forschungstätigkeit geboten wird.

Auch nach der Ablehnung des Bundesgesetzes über die Förderung der Hochschulen und die Forschung in der Volksabstimmung vom 28. Mai 1978 wird sich der Nationalfonds im Hinblick auf einen möglichst rationellen Einsatz der verfügbaren Mittel weiterhin für eine verstärkte Koordination zwischen den zuständigen Gremien einsetzen. Eine solche Koordination bedingt allerdings, dass auch andere Institutionen in den kommenden Jahren ihre Planungsmassnahmen verbessern, wofür sich ebenfalls der Wissenschaftsrat in seinem Dritten Ausbaubericht mit Nachdruck einsetzt.

c) Salärpolitik Die grosse Mehrheit der vom Nationalfonds finanzierten Forschungsprojekte wird nicht von isoliert dastehenden Gruppen durchgeführt, sondern von Hochschulinstituten und Forschungsgruppen, die über eine - auch personelle - Infrastruktur verfügen. Die Hilfe des Nationalfonds ist in der Regel subsidiär; er kann deshalb nicht massiv in die Struktur dieser Gruppen eingreifen. Er betrachtet die von ihm finanziell unterstützten Personen nicht als seine Mitarbeiter und tritt demnach nicht als Arbeitgeber auf.

Die föderalistische Struktur unseres Landes bringt es mit sich, dass die Besoldungsstrukturen der verschiedenen Hochschulen sehr stark voneinander abweichen. So war es bis vor kurzem nichts Aussergewöhnliches, wenn für die gleiche Arbeit an einer Universität das Doppelte von dem bezahlt wurde, was an einer anderen üblich war. Der Nationalfonds darf es sich nicht erlauben, solchen Zuständen Vorschub zu leisten. Seine Mittel stammen aus der Bundeskasse; eine Zuteilung nach derart unterschiedlichen Kriterien wäre einem Missbrauch gleichgekommen. Er ist deshalb dazu übergegangen, die kantonalen Besoldungsordnungen etwas flexibler als die Kantone selbst anzuwenden und auszulegen, mit dem Ziel, die tatsächlich ausbezahlten Saläre an den verschiedenen Hochschulen für die gleiche Funktion einander so weit wie möglich anzugleichen. Ohne dass eigentliche Nationalfonds-Normen eingeführt werden mussten, war es auf diese Weise möglich, die Saläre gesamtschweizerisch so weit anzugleichen, dass sie,
unter gleichartigen Voraussetzungen, von Ort zu Ort nicht mehr als 10-15 Prozent voneinander abweichen. Alle entsprechenden Massnahmen wurden mit den zuständigen kantonalen Instanzen vorbesprochen, und ihre Durchführung hat bisher zu keinen namhaften Schwierigkeiten geführt.

6. Rekurswesen Der Entwurf des Bundesgesetzes über die Förderung der Hochschulen und die Forschung regelte in den Artikeln 57-59 das Rekursverfahren gegen Entscheide der Institutionen, die mit der Forschungsförderung beauftragt sind. Diese hatten im Vernehmlassungsverfahren den vorgeschlagenen Prozeduren zugestimmt. Mit der Ablehnung des Gesetzes ist inbezug auf die angestrebten Grundsätze keine neue Situation eingetreten; diese haben vielmehr ihre volle Gültigkeit behalten, 1209

und der Nationalfonds ist gewillt, ihre Anwendung sicherzustellen. Aus diesem Grund hat er die Rekurskommission des Stiftungsrates beauftragt, das gegenwärtige Rekursverfahren zu überprüfen, wobei im Rahmen des Möglichen die im Gesetzesentwurf niedergelegten Bestimmungen berücksichtigt werden sollen.

7. Internationale Zusammenarbeit . In den letzten Jahrzehnten hat die Internationalität der Wissenschaft an Bedeutung gewonnen, und die Zusammenarbeit ist in einem Grade intensiviert worden, der in der Geschichte einzig dasteht. Der Hauptgrund dafür ist sicher in der wachsenden Spezialisierung und in der Verfeinerung der wissenschaftlichen Methoden zu suchen.

Es ist zu bedenken, dass gerade in den «big sciences» durch die enormen Kosten für wissenschaftliche Grossinstrumente gemeinsame Anstrengungen auf internationaler Ebene unerlässlich sind. Es besteht auch ein Bedürfnis nach einem weitgespannten kritischen Forum ; ein entscheidender Beurteilungsfaktor für die Qualität von Forschungsvorhaben liegt in ihrer wissenschaftlichen Anerkennung auf internationaler Ebene.

Wissenschafter verschiedener Nationen mit gleichartigen oder ähnlichen Zielen stehen häufig untereinander in Verbindung. Eine wichtige Aufgabe der Forschungsförderungsorganisationen besteht darin, diese Kontakte zu erleichtern.

Der Nationalfonds trägt hierzu bei, durch Förderungsmassnahmen im Rahmen der Forschungsbeiträge, von Stipendienprogrammen und- in einem betragsmässig beschränkten Ausmass - durch formelle Austauschprogramme mit ähnlichen ausländischen Institutionen. Es besteht die Absicht, in den nächsten Jahren diese Massnahmen gezielt zu verstärken.

Die direkten Kontakte des Nationalfonds mit ausländischen Parallelorganisationen dienen besonders der Abstimmung von Förderungsmassnahmen und dem Erfahrungsaustausch in verschiedenen Bereichen, u. a. auch für Prioritätsprogramme, wozu die Nationalen Forschungsprogramme gehören.

Die praktischen Erfahrungen des Nationalfonds und anderer Institutionen zeigten, dass die Anstrengungen der einzelnen westeuropäischen Staaten im Forschungsbereich bis anhin nur teilweise koordiniert wurden. Aus diesem Grund wurde 1974 in Strassburg die Europäische Wissenschaftsstiftung (European Science Foundation, ESF) gegründet. Sie ist eine nichtstaatliche Institution, die derzeit 46 Forschungsförderungsorganisationen
aus 17 Ländern umfasst. Ihrem beschränkten finanziellen Budget entsprechend (Voranschlag 1978: 1,5 Mio. sFr.) sieht die ESF ihr Ziel vor allem in der Koordination und Harmonisierung der Forschungsförderung zwischen den einzelnen Ländern und damit im möglichst rationellen Einsatz der verfügbaren Mittel. Von Anfang an hat der Nationalfonds durch seine Vertreter an der Gründung und dem Aufbau der ESF ganz wesentlich mitgewirkt. Auch in Zukunft wird hier für den Nationalfonds ein Schwerpunkt für die Koordination auf internationaler Ebene liegen.

Auf der gleichen Ebene haben sich anderseits in den letzten Jahren mit direkter staatlicher Beteiligung verschiedene Organisationen gebildet, die sich zum Ziel gesetzt haben, besonders kostspielige und aufwendige Forschungseinrichtungen zu betreiben. Ein typisches Beispiel dafür ist die Organisation Européenne pour la Recherche Nucléaire (CERN). Die Schweiz ist einigen dieser Organisationen beige-

1210

treten und hat die mit der Mitgliedschaft verbundenen sehr erheblichen Kosten aufgebracht. Das Hauptziel besteht darin, den einzelnen Forschern die Teilnahme an internationalen Forschungsprojekten zu ermöglichen. Für den Nationalfonds bedeutet dies, dass er in der Lage sein muss, gute Forschungsprojekte im Rahmen internationaler Organisationen zu unterstützen.

Es liegt in der Art dieser internationalen Zusammenarbeit, dass über die schweizerische Beteiligung hauptsächlich aufgrund politischer Erwägungen beschlossen wird. Die Bedeutung der wissenschaftlichen Opportunität, die auch für die Privatwirtschaft ins Gewicht fällt, lässt eine vermehrte Abstimmung zwischen politischen Instanzen und wissenschaftspolitischen Gremien, einschliesslich des Nationalfonds, bereits in einem frühen Stadium als unbedingt notwendig erscheinen. Neben der Entrichtung der Mitgliederbeiträge sollten auch Mittel für die eigentliche Forschungsarbeit sichergestellt werden.

III. Finanzielle Aspekte 1. Bisherige Ausgabenstruktur des Nationalfonds Allgemeine finanzielle Entwicklung Die dem Nationalfonds zur Verfügung gestellten Mittel bestehen praktisch ausschliesslich aus Bundesbeiträgen und nur zu einem geringen Teil aus Schenkungen und Zinserträgen aus dem Stiftungskapital. Trotz wesentlicher Kürzungen gegenüber dem Bundesbeschluss vom 1. Oktober 1974 für die Periode 1975-1979 sind diese Beiträge in den letzten Jahren nominell deutlich angestiegen und erreichten 1978 eine Summe von 131 Millionen Franken.

Das reale Förderungsvolumen hat sich jedoch wegen der Teuerung erheblich langsamer entwickelt (Abb. 2). Von 1970 bis 1975 veränderte es sich nur wenig. Erst nach dem Abklingen der Teuerungswelle nach 1975 nahm es erneut zu. Im Jahre 1977 wurde - wenn man von den zusätzlichen Aufwendungen für die neu geschaffene Beitragsart der Nationalen Forschungsprogramme absieht - wiederum der Stand von 1972 erreicht.

In bezug auf die Gesamtaufwendungen sind einige Vergleichswerte mit ausländischen Forschungsförderungsorganisationen in Abbildung 3 dargestellt. Die Angaben basieren auf einer Erhebung der Europäischen Wissenschaftsstiftung in Strassburg. Im Gegensatz zum Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) in Frankreich, der Nederlandse Organisatie voor Zuiver-wetenschappelijk Onderzoek (ZWO), dem Fonds National de la
Recherche Scientifique (FNRS) in Belgien und - weniger ausgeprägt - der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) wird die finanzielle Entwicklung des Nationalfonds zwischen 1970 und 1976 durch eine Stagnationsphase gekennzeichnet.

Die prozentuale Aufgliederung der Gesamtausgaben zeigt, dass der Nationalfonds in den letzten fünf Jahren 97-98 Prozent der Mittel direkt für die Forschungsförderung eingesetzt hat (Tab. 1). Der Anteil der Ausgaben für die wissenschaftliche Begutachtung der Gesuche und für die Verwaltung konnte trotz der wachsenden und neuen Aufgaben auf dem bisherigen Stand gehalten werden. Die Verwaltungskosten liegen damit prozentual deutlich unter jenen der vergleichbaren ausländischen Institutionen.

1211

Finanzielle Entwicklung des Nationalfonds seit 1966

N a tionale l e Forsch ungspro

rog ra

Abbildung 2

m N a c h w u c h s s s l i p e n d i e n d i e n

Aufwand für Verwaltung und Begutachtung

Persönliche Beiträge

PublikationsbeitForschojsch

ungsbei t rage

Teuerung

Effektives vom NF unterstütztes Forschungsvolum e n

Entwicklung der Förderungsbeiträge von 1970 bis 1976; Vergleich zwischen Nationalfonds und ausländischen Organisationen Abbildung 3

(teuerungsbereinigt)

ZWO (Holland) CNRS (Frankreich) FNRS (Belgien)

DFG (BHD) NF (Schweiz)

Quelle: Europäische Wissenschadsstiftung

Aufteilung der Gesamtausgaben des Nationalfonds für die Jahre 1973-1977 (in Prozenten)

Tabelle l

Jahr

ForschungsFörderung

Bcgulnchtungcn

Vcrwaliung

1973 1974 1975 1976.

1977

97,2 97,1 97,0 96,9 97,1

0,6 0,6 0,6 0,7 0,6

2,2 2,3 2,4 2,4 2,3

Aufteilung der verwendeten Mittel nach Beitragsarten und wissenschaftlichen Haupidisziplinen Die Aufgliederung der für die Forschungsförderung eingesetzten Mittel nach Beitragsarten von 1966 bis 1977 geht aus Abbildung 2 hervor. Im Vordergrund stehen mit über 80 Prozent der jährlichen Aufwendungen die Forschungsbeiträge, die jedoch in den letzten Jahren anteümässig eine leichte Abnahme verzeichnen. Die jungen Forschern zugesprochenen Stipendien lassen anfangs der siebziger Jahre eine beschränkte Mittelvermehrung erkennen. Die Ausgaben für die Publikationsbeitrage sind konstant, während die Persönlichen Beiträge (Forschungsprofessu-

1213

ren) prozentual allmählich zurücktreten. Bei den Aufwendungen für die Nationalen Forschungsprogramme zeichnet sich für J977 und auch für 1978 eine wesentliche Zunahme ab. Die Mittelzuteilung für die verschiedenen Beitragskategorien spiegelt die - auch nach Rücksprache mit aussenstehenden Gremien - festgelegte forschungspolitische Zielsetzung des Nationalfonds wider.

Tabelle 2 enthält die Aufteilung der Aufwendungen auf die wissenschaftlichen Hauptgebiete und Beitragsarten im Durchschnitt der Jahre 1975 bis 1977.

2. Finanzbedarf für die Beitragsperiode 1980-1983 Bei der Festlegung der Mittclzuteilung an den Nationalfonds fällt die ungünstige Lage des Bundeshaushaltes ins Gewicht. Verschiedentlich haben in den letzten Jahren Souverän und Parlament ihre Abneigung gegen die Übernahme neuer Aufgaben durch den Bund zum Ausdruck gebracht. Der Nationalfonds ist sich dieser Situation bewusst und auch bereit, Einschränkungen soweit als möglich auf sich zu nehmen. Er verzichtet darauf, für die kommende Beitragsperiode Vorschläge für wesentliche zusätzliche Förderungsmassnahmen oder Beitragsarten vorzubringen.

Es geht ihm in erster Linie darum, das in vieljähriger Aufbauarbeit geschaffene Forschungspotential zu erhalten und zu erneuern. Zu dessen laufender Erneuerung will er besonders durch Förderungsmassnahmen zugunsten der Etablierung erfolgreicher junger Forscher beitragen, ohne dadurch das Rendement der guten laufenden Forschungsarbeiten durch zu starke Mittelbeschränkungen zu gefährden. Der Nationalfonds ist überzeugt, auf diese Weise gerade in einer Phase wirtschaftlich gebremsten Wachstums zur Auslösung unerlässlicher neuer Impulse beizutragen.

Ein besonderes Problem stellt sich in diesem Zusammenhang bei der Erhaltung guter juriger Kräfte durch den Mangel an Stellen des oberen Mittelbaus an den Hochschulen, bedingt durch die bereits dargelegte Altersstruktur des Lehrkörpers. Der Nationalfonds wird mit den zuständigen Behörden der Kantone und Hochschulen prüfen müssen, wie er in den kommenden Jahren im Rahmen der bestehenden Beitragsarten diesen ernsthaften Schwierigkeiten begegnen kann.

Der Einsatz der Nationalfonds-Mittel wird auch in der kommenden Beitragsperiode von der Infrastruktur an den Hochschulen und ausseruniversitären Forschungsstätten abhängen; gemäss seinem Mandat setzt der Nationalfonds seine Mittel dort ein, wo wissenschaftliche Forschungsarbeiten aus anderen Quellen nicht genügend finanziert werden können. In diesem Zusammenhang ist die Koordination mit den Universitäten und den Eidgenössischen Technischen Hochschulen wichtig, wobei den Forschungskommissionen des Nationalfonds eine besondere Bedeutung zukommt. Aus finanziellen Gründen sind die Erweiterungsmöglichkeiten für die Forschungsinfrastruktur begrenzt, z. B. in bezug auf die Schaffung neuer Lehrstühle oder gar neuer Institute. Die
verfügbaren Planungsunterlagen weisen daraufhin, dass die Aufgliederung der Mittel des Nationalfonds zwischen den wissenschaftlichen Hauptdisziplinen (Geisteswissenschaften, Exakte und Naturwissenschaften, Biologie und Medizin) in der Beitragsperiode 198(^-1983 gegenüber der laufenden Beitragsperiode 1975-1979 keine wesentlichen Verschiebungen erfahren wird. In Anlehnung an die statistischen Gegebenheiten der Vorjahre (Tab. 2) wird sich somit für die nächsten Jahre prozentual folgende finanzielle Aufteilung ergeben (unter Vorbehalt kleiner Verschiebungen) :

,1214

Betragsmässige und prozentuale Aufteilung der Aufwendungen auf die wissenschaftlichen Hauptgebiete und Beitragsarten

Mittel der Jahre 1975-1977

Tabelle 2 Forschungsbeiträge

Veröffent.

Hchungsbeilräge

Persönliche Beiträge

Stipendien fortgeschrittene Forscher

Stipendien angehende Forscher

Weitere Beiträge u

Nationale Forschungsprogramme "

Total

in Millionen Franken Geisteswissenschaften . .

Exakte und Naturwissenschaften Biologie und Medizin. . .

15,300

1,197

1,633

1,019

1,614

0,032

1,436

22,231

38,171 42,809

0,070 0,056

0,911

1,032

0,763 1,764

1,546 2,066

0,074 0,225

4,116 2,447

45,651 50,399

Total

96,280

1,323

3,576

3,546

5,226

0,331

7,999

118,281

16,0

90,8

45,8

28,7

31,0 '

8,9

14,4

18,9

39,6

5,1 4,1

25,5 28,7

21,5 49,8

29,5 39,5

20,5 70,6

48,6 37,0

42,8

in Prozenten Geisteswissenschaften . .

Exakte und Naturwissenschaften Biologie und Medizin , , .

44,4

Total

100

n Mittel der Jahre 1976/77

100

100

100

100

100

100

38,3

100

Geisteswissenschaften Exakte und Naturwissenschaften Biologie und Medizin

knapp 20 Prozent etwa 38 Prozent etwa 42 Prozent

Innerhalb dieser wissenschaftlichen Hauptgruppen werden gemäss den vorangegangenen Darlegungen gezielte Mittelumlagerungen vorgesehen. In bezug auf die zukünftige Mittelzuteilung nach Beitragsarten ist ebenfalls auf Tabelle 2 zu verweisen. Auch in der nächsten Beitragsperiode werden die Forschungsbeiträge weiterhin eine dominierende Stellung einnehmen, doch wird eine Akzentverschiebung zugunsten der Nationalen Forschungsprogramme erfolgen.

Die Analyse der bisherigen Ausgabenstruktur und die Extrapolation für die folgende Beitragsperiode ergeben, dass eine leichte Steigerung der verfügbaren Mittel notwendig ist, um die angestrebte Erhaltung und Erneuerung des Förderungsvolumens im bisherigen Umfang zu gewährleisten. Hier ist besonders daraufhinzuweisen, dass von den Forschungsbeiträgen rund 70 Prozent der Nationalfonds-Mittel für Saläre von Mitarbeitern eingesetzt werden (Tab. 3). Es wird nicht möglich sein, diesen hohen Lohnanteil wesentlich zu senken. Die entsprechenden Rationalisierungsrnassnahmen sind praktisch ausgeschöpft; das vom Nationalfonds verfolgte Ziel einer Angleichung der an den Hochschulen vorherrschenden unterschiedlichen Salärnormen in den letzten Jahren hat bereits dazu geführt, dass die aus NationalfondsMitteln bezahlten Mitarbeiter an einigen Universitäten infolge der vom National fonds veranlassten generellen Kürzungen nur 70-80 Prozent der kantonalen Lohnansätze beziehen. Dieses Vorgehen hat bisher ermöglicht, die Stellenzahl für Nationalfonds-Mitarbeiter trotz der steigenden Lohnkosten beizubehalten und jungen, gut ausgewiesenen Nachwuchskräften eine Chance zur Forschungstätigkeit zu geben. Die Durchführung dieser Massnahmen hat zu erheblichen Einsparungen geführt, doch ist für die kommenden Jahre zu berücksichtigen, dass die von Bund und Kantonen festgelegten Saläre weitgehend indexiert sind. Der Nationalfonds muss für den Teuerungsausgleich aufkommen und gerechtfertigten Beförderungen zustimmen. Dies gilt nicht nur für die Mitarbeiter im Rahmen von Forschungsprojekten, sondern auch für die langfristig gewährten Persönlichen Beiträge (Forschungsprofessuren). Die entsprechende teuerungs- und realbedingte Erhöhung der Salärkosten beträgt derzeit rund 2 'A Prozent pro Jahr; für 1977 hat das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (BIGA) einen durchschnittlichen Anstieg
von 2,9 Prozent ermittelt. Falls die Teuerung in den nächsten Jahren stärker zunehmen sollte, würden die Personalkosten noch weiter anwachsen. Dieser möglichen Entwicklung sollte in der Mittelzuteilung Rechnung getragen werden.

Nicht berücksichtigt ist die noch Ungewisse Einführung der zweiten Säule, die den obligatorischen Beitritt aller Arbeitnehmer in eine Pensionskasse und damit die Leistung entsprechender Arbeitgeberbeiträge vorsieht, was für den Nationalfonds eine wesentliche Mehrbelastung nach sich ziehen würde.

Falls die leichte Gesatnterhöhung der Lohnsumme nicht gewährt werden kann, wird der Nationalfonds gezwungen sein, im Rahmen der von ihm finanzierten Forschungsprojekte, in denen total etwa 2200 Mitarbeiter tätig sind, jährlich ungefähr 50 Stellen, d. h. in der Beitragsperiode 1980-1983 rund 200 Stellen, weniger zu bewilligen.

Es ist nicht möglich, einen allfälligen Rückgang der Mitarbeiterstellen durch eine Steigerung der Produktivität der einzelnen Forscher zu kompensieren, denn die For-

1216

Aufgliederung der Forschungsbeiträge nach Verwendungsart

(in Prozenten)

Saläre (inkl. Sozialabgaben) Wissenschaftliche Apparate Forschungsmaterial ohne bleibenden Wert Weitere Ausgaben {Feldspesen, Computerkosten usw.).

Total

·· 1971

1972

64 17 14 5

66 16 13 5

100

100

Tabelle 3

l l >74

l l )75

I'JK>

IV17

63 17 13 7

66 14 13 7

68 11 13 8

71 10 13 6

70 11 13 6

100

100

100

100

100

lW

schungstätigkeit ist nicht zu vergleichen mit der teilweise automatisierbaren industriellen Massenproduktion.

Wie bereits erwähnt, zeichnet sich für die nächsten Jahre ein Nachholbedarf für den Ersatz wissenschaftlicher Apparate ab. Dabei handelt es sich meist nicht um Standardgeräte, sondern um technisch neuartige und entsprechend kostspielige Forschungsapparate, deren Einsatz im Hinblick auf die zunehmende Komplexität der Forschungsgegenstände notwendig ist. Der Nationalfonds rechnet damit, dass in der kommenden Beitragsperiode jährlich 1-1,5 Millionen Franken zusätzlich für diesen Zweck zur Verfügung gestellt werden müssen.

Auch wenn die schweizerische Mitwirkung im Rahmen miernationaler Forschungsprojekte auf ein Minimum beschränkt wird, sind im Hinblick auf Mitgliedschaften der Schweiz in internationalen Organisationen und die vermehrte wissenschaftliche Zusammenarbeit mit dem Ausland zusätzliche Aufwendungen nicht zu umgehen. Ein klarer Schwerpunkt zeichnet sich insbesondere auf dem Gebiete der Energieforschung ab, wo sich die Schweiz an den vielfältigen Gemeinschaftsprojekten der Internationalen Energie-Agentur und voraussichtlich auch am Forschungsprogramm des Euratom für Kernfusion beteiligen wird. Da die meisten dieser Vorhaben auf kooperativer Basis verwirklicht werden, führen sie auch zu verstärkten Forschungstätigkeiten schweizerischer Wissenschafter auf den entsprechenden Gebieten. Verschiedene neue Programme der Europäischen Raumforschungsorganisation ESA werden, besonders im Zusammenhang mit dem Spacelab, weitere Forschungsaufwendungen nach sich ziehen. Ferner ist die Mitarbeit schweizerischer Wissenschafter in einzelnen Forschungsvorhaben zu berücksichtigen, denen innerhalb der Europäischen Wissenschaftsstiftung von den massgebenden westeuropäischen Förderungsorganisationen eine besondere Priorität zuerkannt wird. Im Zeitraum von 1980 bis 1983 werden dem Nationalfonds für diese internationalen Programme und Projekte gesamthaft zusätzliche Forschungsausgaben von jährlich mindestens 1,5 Millionen Franken erwachsen.

Generell ist festzuhalten, dass im Hinblick auf die steigenden Studentenzahlen und die weitgehend stagnierenden Mittel in den nächsten Jahren an den Hochschulen die Lehrtätigkeit im Vordergrund stehen, wird. Damit wird das Gleichgewicht zwischen Lehre und Forschung
gestört und zu ungunsten der Forschung verschoben werden.

Abbildung 4 zeigt, dass seit 1966 der Zuwachs des durch den Nationalfonds unterstützten Forschungsvolumens nicht mit der Erhöhung der Anzahl der Hochschuldozenten Schritt gehalten hat. Falls nicht eine Verbesserung dieses Verhältnisses erreicht werden kann, wird die Diskrepanz zwischen der verlangten Gesuchssumme und den zur Verfügung stehenden Mitteln weiter zunehmen. Gleichzeitig verzeichnen die Studentenzahlen einen wesentlichen Anstieg : Juhr

1973 1974 1975 1976 1977 1218

Touü Sluücmcn

48628 ... 50 663 52623 ... 54198 55 898

Zuwachsrate gegenüber Vorjahr

3 Prozent 4 Prozent 4 Prozent 3 Prozent 3 Prozent

Durch den Nationalfonds gefordertes Forschungsvolumen von 1966 bis 1977 (Index: 1966 = 100) ( I n d e x : 1966

Abbildung 4

100)

Anzahl Hochschuldozenten 3/4 vollamtlich und 'A nebenamtlich) Reales Forschungsvolumen Forschungsvolumen je Dozent für dessen Ermittlung wurde das reale Forschungsvolumen durch einen Index der Anzahl Forscher geteilt)

Gemass dem Dritten Ausbaubericht des Schweizerischen Wissenschaftsrates werden zwischen 1978 und 1983 die Studentenzahlen jährlich weiterhin um 2-4 Prozent anwachsen. Diese laufende Erhöhung wird zur Folge haben, dass in den nächsten Jahren qualifizierte junge Forscher dem Nationalfonds vermehrt Gesuche einreichen werden, was einen verstärkten finanziellen Druck bewirken wird. Dieser Entwicklung an den schweizerischen Hochschulen sollte durch eine leichte Anhebung von 2 Prozent des jährlichen Bundesbeitrages an den Nationalfonds (entsprechend der voraussehbaren Mindestzunahme der Studentenzahlen) Rechnung getragen werden.

Die zusätzlichen finanziellen Bedürfnisse pro Jahr für Lohnkosten (2-3%), wissenschaftliche Apparate und internationale Zusammenarbeit (zusammen 0,5-1%), die teilweise Berücksichtigung des Gleichgewichtes von Lehre und Forschung bei steigenden Studentenzahlen (etwa 2%) würden gesamthaft einer jährlichen Steigerungsrate von 4,5-6 Prozent für die ßeitragsperiode 1980-1983 entsprechen.

Der Nationalfonds ist sich im klaren darüber, dass trotz dieser begründeten Anliegen die finanzpolitischen Gegebenheiten eine Erhöhung der Mittel für die Beitragsperiode 1980-1983 nur in begrenztem Umfang gestatten. Zur Erfüllung seiner Aufgaben hält er jedoch eine durchschnittliche jährliche Zunahme des Bundesbeitrages um 4,6 Prozent ala erforderlich. Ausgehend von einem im ursprünglichen Finanzplan vom 15. März 1978 vorgesehenen Bundesbeitrag von 138 Millionen Franken für 1979, dem letzten Jahr der laufenden Beitragsperiode, ergibt sich dementsprechend für die neue Beitragsperiode 1980-1983 folgende Skala : 1980 144 Millionen Franken 1981 151 Millionen Franken 1982 158 Millionen Franken 1983 165 Millionen Franken Total 618 Millionen Franken Diese Beitragsabstufung beruht auf der Voraussetzung, dass die Zunahme der Teuerung sich weiterhin im bisherigen beschränkten Rahmen hält. Falls der teuerungsbedingte Anstieg der Forschungskosten sich beschleunigen sollte oder falls dem Nationalfonds wesentliche zusätzliche Aufgaben übertragen werden, sollte die Möglichkeit bestehen, unter Berücksichtigung der Finanzlage des Bundes eine entsprechende Anpassung vorzunehmen.

Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die bisherige Proportion zwischen den Anteilen der allgemeinen Förderung und der
Spezialförderung beibehalten bleiben sollte. Auf diese Weise ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den beiden Arten der Forschungsförderung gewährleistet. Der Nationalfonds schlägt deshalb vor, wiederum die Regelung vorzusehen, wonach der Bundesrat dem Nationalfonds die Durchführung von Nationalen Forschungsprogrammen im Ausmass von bis zu 12 Prozent der insgesamt zur Verfügung gestellten Summe übertragen kann.

1220

Anhang Im folgenden werden gemäss den Ausführungen im Kapitel II Ziffer 2 (Weitere Programme) drei Projekte Nationaler Forschungsprogramme, deren Eignung der Nationalfonds gegenwärtig prüft, in Kurzskizzen vorgestellt.

Verhütung von angeborenen Krankheiten und Gebrechen Mehr als 40 Prozent aller Kinder und Jugendlichen in unserem Land erhalten mindestens einmal während Kindheit oder Adoleszenz einen Beitrag der Invalidenversicherung. Wenn diese erstaunlich hohe Zahl auch viele Routinefälle einschliesst, weist sie doch auf die grosse Bedeutung einer wirksamen Prophylaxe der schweren angeborenen Krankheiten und Gebrechen hin, deren Häufigkeit zu vermindern Ziel des vorliegenden Forschungsprogramms ist.

Die angeborenen Krankheiten und Gebrechen umfassen gewisse Erbkrankheiten (Mukoviszidose, Haemophilie, progressive Muskeldystrophie), die Trisomie 21 (Mongolismus), die Myelomeningozelen sowie Zerebralschäden infolge Infektionen, Intoxikationen und Sauerstoffmangel, welche vor bzw. während der Geburt erworben werden. Sie betreffen insgesamt 4-5 Prozent der Neugeborenen, d. h. bei 70 000 Geburten pro Jahr in der Schweiz mindestens 280 Kinder.

Es gibt für die meisten der genannten Krankheiten und Gebrechen Methoden zu ihrer Früherfassung und Verhütung. Sie werden aber derzeit weder optimal ausgenützt, noch stehen sie der ganzen Schweizer Bevölkerung gleichermassen zur Verfügung, hauptsächlich aus zwei Gründen : a) Es fehlt eine sorgfältige und weitgefächerte Information der Ärzteschaft, der paramedizinischen Berufsgruppen sowie der Bevölkerung selbst ; b) Es fehlt in unserem Land ein zuverlässiges System zur Erfassung aller angeborenen Krankheiten und Gebrechen. Ihre Häufigkeit, die Umstände ihres Auftretens und ihre Verbreitung sind deshalb nur teilweise bekannt, und ebensowenig kennt man alle von dem Risiko betroffenen Individuen, Ehepartner, Familien, Bevölkerungsgruppen und Regionen, welche von den Früherfassungs- und Verhütungsmassnahmen profitieren könnten. Ausserdem ist es mangels einer zuverlässigen Erfassung nicht möglich, unbekannte, neue teratogene Einflüsse festzustellen. Gerade auf diesem Gebiet befindet sich die Schweiz ausgesprochen im Rückstand.

Das vorgeschlagene Programm umfasst demnach : a) den Aufbau eines zuverlässigen Systems zur Erfassung aller angeborenen Krankheiten und
Gebrechen; b) eine sorgfältige Ausbildungs- und Aufklärungsarbeit, die Voraussetzung für eine allgemeine und optimale Benützung der verfügbaren Verhütungsmethodenist; c) die Anwendung der Früherfassungs- und Verhütungsmassnahmen nach bestem Wissen und Gewissen und d) die Forschung über Ursachen, Verhütung, Frühdiagnose und Behandlung von angeborenen Krankheiten und Gebrechen anzuspornen.

Zahlreiche biologische und medizinische Fachrichtungen werden sich an einem solchen Forschungsprogramm beteiligen müssen:

1221

- Sozial- und Praeventivmedizin, - Geburtshilfe, - Perinatologie, - Pädiatrie, - Genetik, - Teratologie, - Fetologie, - Pharmakologie, - Biochemie, - Endokrinologie, - Radiologie.

Auf allen diesen Gebieten verfügt die Schweiz über eine Infrastruktur und über ein Forscherpotential, welche bei einiger Förderung in der Lage sein sollten, das vorgeschlagene Programm zu greifbaren Erfolgen zu führen.

Der Nutzen, der sich aus einem Rückgang der angeborenen Krankheiten und Gebrechen ergäbe, ist enorm: bezüglich der körperlichen und geistigen Gesundheit unserer Bevölkerung, aber auch an finanziellen Einsparungen.

Kulturelle Vielfalt und Kommunikationsforschung in der Schweiz In mancher Hinsicht ist die Schweiz heterogen zusammengesetzt : vielsprachig und mundartreich, ist sie auch mannigfaltig in ihrer Kultur. Diese Verschiedenheit wirkt sich aus auf den Bereich ihrer Institutionen und auf das nationale Zusammengehörigkeitsgefühl, welches, wenn es auch nicht immer den Anschein hat, durch viele Faktoren gefährdet ist. Sicherlich sind die Probleme von Gegend zu Gegend verschieden: das Französische der Westschweiz hat seine Eigenheiten, ebenso das Italienische des Tessins ; in der deutschen Schweiz ergeben sich Verschiebungen zwischen den Mundarten und der «Hochsprache» (die wiederum eine Variante des «Hochdeutschen» ist). Die Vielsprachigkeit Graubündens ist ebenfalls eine Tatsache. Minderheitsprobleme bestehen - es wäre falsch, sie zu verneinen, noch sollte man sie überschätzen -, sie sind aber in bezug auf ihre Entstehung und ihre Auswirkungen auf die Betroffenen und die Gemeinschaft unzureichend analysiert. Methodische Untersuchungen sind nötig, um mit Genauigkeit die Mechanismen aufzuzeigen, welche die kulturelle Integration oder Auflösung bestimmen. Die Mechanismen sind verschiedener Art : historischer, sprachlicher, soziologischer, pädagogischer usw. Die Ergebnisse solcher Untersuchungen, die mit geringem Aufwand erreicht werden könnten, sollten es ermöglichen, Vorschläge vorzubringen zur Verbesserung der Permeabilität zwischen, den vier sprachlichen und kulturellen Gemeinschaften des Landes sowie zwischen den Individuen, aus denen sie sich zusammensetzen.

Unser Staat beruht auf der Anerkennung und Respektierung des Pluralismus und der Minderheiten. Was ist zu unternehmen, um diese föderalistische
Einheit aufrechtzuerhalten, gegebenenfalls zu intensivieren? Welche Rolle kommt dabei den Massenmedien, der Schule, der Verwaltung, dem Ausland zu?

All dies sind Probleme, für die es gerade in der heutigen, den Pluralismus wieder stärker betonenden Zeit ohne Verzug eine Antwort zu finden gilt, denn sie stehen mit der Vollzugsfähigkeit unserer Institutionen, ja unserer Zukunft als solcher in engem Zusammenhang.

1222

Erhaltung von Kulturgütern «Eine Zukunft für unsere Vergangenheit» war die Devise des Europäischen Jahres für Denkmalpflege und Heimatschutz von 1975. Für eines der kommenden Jahre sieht der Europarat ein «Europäisches Jahr für Archäologie» vor.

Die Pflege der Kunstdenkmäler und die gezielte Entwicklung der Archäologie können unter Beizug der verschiedensten wissenschaftlichen Disziplinen gesichert werden. So kann etwa ein Bauwerk nur erhalten und geschützt werden, wenn man das mögliche Verhalten der Baumaterialien unter den verschiedensten Umwelteinflüssen erforscht, wie das Beispiel der Akropolis von Athen zeigt. Vor etwa 50 Jahren hatte der Architekt Balanos Eisen und Beton zur Sicherung von Mauern und Säulen des Parthenon verwendet. Inzwischen ergab sich, dass sich diese Materialien unter dem Einfluss der Temperaturschwankungen und der Luftfeuchtigkeit ganz anders verhalten als der Marmor des Tempels. Eines der Meisterwerke der abendländischen Architektur ist dadurch in höchstem Masse von der Zerstörung bedroht, wenn die von Balanos verwendeten Materialien nicht durch andere ersetzt werden können, die sich gleich verhalten wie der Marmor des Bauwerks. Wäre dieser vor dem Eingriff der Restauratoren wissenschaftlich sorgfältig erforscht worden, hätte die Katastrophe wohl vermieden werden können. Ein anderes Beispiel: Erst vor kurzem wurden einige der schönsten Glasfenster des Mittelakers konserviert, ohne dass die Zusammensetzung der Glasmasse eingehend studiert worden wäre. Eine schleichende Zersetzung der Silikate ist die traurige Folge dieser Unterlassung.

Die klassische Archäologie hat sich stark gewandelt. Sie bedient sich heute einer Reihe von naturwissenschaftlichen Methoden und Techniken: Fernerkundung und geo-elektrische Sondierungen erfassen die Spuren versunkener Kulturgüter im Boden, die Photogrammetrie erlaubt die präzise Aufnahme eines Bauwerks, die wissenschaftliche Analyse der Zusammensetzung von Erzen und Metallen führt zur Identifikation ihrer Herkunftsorte, während Methoden wie Dendrochronologie, Thermolumineszenzmessung und C14-Bestimmung sehr genaue Auskünfte über das Alter von Kulturgütern geben. Die Paläobotanik, die Palynologie, die Archäologie wiederum geben dem Forscher Aufschluss über die natürliche Umwelt, in der frühere Generationen lebten, über die Pflanzen, von
denen sie sich ernährten und die Tiere, die sie sich hielten oder die sie jagten, während der Körperbau und die Herkunft der Menschen, ihre Krankheiten und ihre Lebensdauer von der Anthropologie aufgeschlüsselt werden können.

Der Archäologe von einst grub Objekte aus, zeichnete Lagepläne und zerstörte bei seiner Arbeit unzählige Informationen für immer. Heute trägt er in Zusammenarbeit mit Chemikern, Physikern, Geologen, Anthropologen und anderen Spezialisten ohne grosse Einwirkungen auf die Gegenstände der Forschung ein grosses Wissen über das Leben unserer Vorfahren zusammen, das uns in weit grösserem Ausmass selbst über die relativ junge Vergangenheit fehlt, als man gemeinhin annimmt. Wer weiss schon Genaues über das Alltagsleben der Menschen, die im 13. Jahrhundert die Eidgenossenschaft begründeten? Wenn man ihr die nötigen Mittel in die Hand gibt, kann die Archäologie in enger Zusammenarbeit mit den Naturwissenschaften manche Antwort auf solche Fragen geben.

In Kenntnis der beschriebenen Umstände hat der Forschungsrat beschlossen, ein Nationales Forschungsprogramm mit dem Titel «Erhaltung von Kulturgütern»

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vorzuschlagen. Im Rahmen dieses Programms soll es in erster Linie darum gehen, bereits laufende Bestrebungen zu koordinieren, eine kohärente Gruppe spezialisierter Dienste aufzubauen, Fachleute auszubilden und Ausrüstungen zu beschaffen. Ein solches Werk würde es dem Bund und den Kantonen erlauben, eine wichtige Aufgabe in einem Bereich von hoher kultureller Bedeutung, für den sie verantwortlich sind, besser zu meistern.

Das Programm könnte als erstes unser naturwissenschaftliches Potential in den Dienst der Geisteswissenschaften und insbesondere der Erforschung, Darstellung und Bewahrung unserer Kultur stellen. Während sich die bisher beschlossenen zwölf Forschungsprogramme zur Hauptsache entweder auf die Natur- oder auf die Sozialwissenschaften abstützten, böte sich hier die Gelegenheit zu einem im weitesten Sinne interdisziplinären Vorhaben, das die Forscher wertvolle Erfahrungen sammeln liesse über Methoden der gemeinsamen Zieldefinition und Arbeit.

1224

Anhang 2 Eidgenössisches Gesundheitsamt

Dezember 1978

Bericht über die besondere Förderung der Infrastruktur der Krebsforschung in der Schweiz Inhalt 1. Einleitung 2. Stand der Beiträge gemäss Bundesbeschluss vorn 24. September 1974 im Rahmen der Finanzierung der Krebsforschung in der Schweiz 3. Schweizerisches Institut für experimentelle Krebsforschung (ISREC) 4. Klinische Krebsforschung 5. Epidemiologische Forschung und Centre international de recherche sur le cancer (CIRC) in Lyon 6. Die Schweiz als Mitglied des CIRC 7. Zusammenfassung der zukünftigen Aufgaben der klinischen und epidemiologischen Krebsforschung in der Schweiz 8. Finanzielles 9. Schlussfolgerung

1225

I

Einleitung

II

Der Begriff Krebs

«The term cancer encompasses a large variety of différent diseases, all characterized by thè property that cells grow when they should not» (J. D. Watson, Nobelpreis 1962).

Man findet den Krebs sowohl im Pflanzen- wie im Tierreich vor, und zwar erscheint er in einer unendlichen Vielfalt, je nach Art der befallenen Spezies und Organe. Der Krebs ist mit dem Phänomen des Lebens eng verbunden.

Jede Krebsart beginnt mit der Umwandlung einer normalen Zelle in eine Krebszelle. Während Wachstum und Tätigkeit der normalen Zellen sehr genau gelenkt werden, gehorchen Krebszellen diesen regulierenden Mechanismen nicht mehr. Es gibt nicht nur einen, sondern eine ganze Reihe vielfältiger Wirkstoffe, die eine normale Zelle in eine Krebszelle verwandeln können: Diese Wirkstoffe können physikalisch (ionisierende Strahlen, ultraviolette Strahlen), chemisch (Asbest, Benzpyren usw.) oder viraler Natur (Virus von Rous für Hühnchen, Polyoma Virus für Mäuse und andere Säugetiere und vielleicht auch für den Menschen) sein.

Ausser ihrem regellosen Wachstum haben Krebszellen die Eigenschaft, benachbarte Gewebe zu überwuchern und sich auf entfernten Organen anzusiedeln (Metastasen). Dieses «asoziale» Verhalten ist eine Grundeigenschaft der Krebszellen, die teilweise mit einer Veränderung in den Zellmembranen verbunden ist. Dadurch wird eine der wichtigsten Funktionen der Membrane, die Kommunikation der Zellen untereinander, gestört.

Die Schwierigkeit, diese Gruppe von Krankheiten zu bekämpfen, rührt einerseits von der Vielfalt der Krebsarten und ihrer Ursachen her, anderseits davon, dass man die Regulationsmechanismen und das Zellverhalten ungenügend kennt.

Die Gefahren einer Krebserkrankung sind unterschiedlich gross je nach Beruf, Lebensstil und Erbanlagen. Doch stellt man allgemein eine Vermehrung der Gefahren für die gesamte Bevölkerung fest; unsere Industriegesellschaft bringt eine stetig wachsende Vielfalt von Krebserregern hervor.

Für jede Krebsart stellt sich das Problem anders. So hat die Häufigkeit des Blasenkrebses, der besonders das in der Synthetisierung der Farbstoffe beschäftigte Personal befiel, beträchtlich abgenommen, da man im Fabrikationsprozess das Hantieren mit Derivaten aus Anilin, die sich als stark krebsverursachend erwiesen haben, hat vermeiden können.

Anderseits stellt man eine vermehrte
Ausbreitung des Brustkrebses fest, der jetzt auch jüngere Bevölkerungsschichten befällt. Verschiedene und noch zuwenig bekannte Faktoren sind offenbar an dieser unliebsamen Entwicklung beteiligt.

Die Bemühungen um ein besseres Erkennen dieser aus mehrfachen Ursachen entstehenden Krebsarten werden noch dadurch erschwert, dass ein langer, oft Jahrzehnte dauernder Zeitraum vom Beginn der Gefährdung bis zum Erscheinen der ersten Symptome verstreichen kann. Anders ausgedrückt: Die nachfolgende Generation wird die Folgen sehen, die sich aus der Art und Weise, wie wir heute die verschiedenen Aspekte des Krebsproblems angehen, ergeben werden.

1226

Eine langandauernde Anstrengung ist unerlässlich, nicht nur, um die Biologie des Krebses besser kennen zu lernen, sondern auch, um wirksame und verhältnismässig schmerzlose therapeutische Möglichkeiten zur Behandlung der Patienten bereitstellen zu können. Heute dauern die Behandlungen sehr lange und vergleichende Versuche sind schon aus ethischen Gründen schwierig. Demnach darf man keine raschen Fortschritte erwarten.

Gegenwärtig nimmt man an, dass es gegen den Krebs nie ein Wundermittel geben wird. Die Hoffnung, die Ausbreitung dieser Krankheitsgruppe eindämmen zu können, stützt sich auf ein Zusammenspiel von Massnahmen, die sich je nach Krebsart unterscheiden werden.

12

Die verschiedenen Ebenen der Krebsforschung in der Schweiz

In der Schweiz, wie auf internationaler Stufe, wickelt sich die Krebsforschung auf verschiedenen Ebenen ab. Die sogenannte Grundlagenforschung richtet sich auf ein besseres Erkennen der Regulationsmechanismen des Zellwachstums. In der Schweiz geschieht dies vornehmlich in Hochschulinstituten für Molekularbiologie, Immunologie und Virologie. Die klinische Forschung sucht die unerwünschte Ausbreitung bösartiger Zellen beim Patienten mit vielerlei Mitteln zu hemmen. In der Schweiz erfolgt sie in klinischen Krebsstationen, die den Universitäts- und Kantonsspitälern angeschlossen sind. Die sogenannte Experimentalforschung steht zwischen der Grundlagen- und der klinischen Forschung, indem sie den Krebs an Versuchsmodellen von Zeli- und Gewebesystemen und an Labortieren studiert. Sitz dieser Forschungsart in der Schweiz ist das «Institut suisse de recherches expérimentales sur le cancer» (ISREC). Die letzte Ebene, auf der sich die Krebsforschung abspielt, ist diejenige der Vorbeugung (Prävention). Diese befindet sich in der Schweiz noch im Anfangsstadium.

Die oben erwähnten Abgrenzungen der Forschungsarten sind fliessend. In Wirklichkeit besteht zwischen den einzelnen Ebenen der Forschung ein reger Erfahrungsaustausch, da jede Gruppe aus den Ergebnissen der andern Nutzen zieht. Es ist daher nicht möglich, zwischen den einzelnen Gebieten der Krebsforschung klare Grenzen zu ziehen. Der Wirkungsbereich des ISREC berührt somit auch die Grundlagenforschung und die Vorbeugung.

Der vorliegende Bericht, der sich auf die Infrastrukturaufwendungen bezieht, berührt die Tätigkeiten, Pläne und Bedürfnisse der Experimentalforschung, der klinischen Forschung und der Vorbeugung.

2

Stand der Beiträge gemäss Bundesbeschluss vom 24. September 1974 im Rahmen der Finanzierung der Krebsforschung in der Schweiz

Aufgrund dieses Beschlusses hat der Bund von 1975 bis 1979 die Globalsumme von 20 Millionen Franken eingesetzt (BB1 J974 II 890). Davon decken 14 Millionen einen grossen Teil der Betriebskosten des ISREC und 6 Millionen tragen zur Vergrösserung und Nutzung der klinischen Krebsstationen bei. Diese Subventionierung ergänzt die Beiträge aus mehreren öffentlichen und privaten Quellen.

1227

So wurden die Neubauten für das ISREC in Epalinges bei Lausanne zur Hälfte, d. h. mit rund 9 Millionen Franken aus der Hochschulförderung durch den Bund finanziert. Die Finanzierung der andern Hälfte sicherten mehrere Quellen, insbesondere der Kanton Waadt, die Schweizerische Krebsliga, die Loterie Romande, die Stiftung Tossizza und das ISREC selbst.

Der Schweizerische Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung unterstützt die Forschungsprojekte des ISREC mit Beiträgen, die für die Periode 1975 bis 1979 rund 10 Millionen Franken betragen. Private Vereinigungen, insbesondere der Verband schweizerischer Zigarettenfabrikanten, unterstützen gewisse Forschungen des ISREC.

Man darf hier bemerken, dass der Nationalfonds mit seinen zeitlich begrenzten Zuschüssen, die zudem nur für wohlbegründete Gesuche gewährt werden, die er geprüft bat, eine dynamische Forschungsweise beim ISREC gewährleistet. Der Bund wiederum sichert durch Übernahme der Betriebskosten (allgemeine Verwaltung, Entlöhnung der Angestellten und der langfristig verpflichteten Wissenschafter) den ungehinderten Fortgang der Forschungen. Dies ist besonders für die Krebsforschung wichtig, die einen langzeitlichen finanziellen und menschlichen Einsatz erfordert. Was nun die Errichtung und den Betrieb von klinischen Krebsstationen betrifft, so leisten hier die Kantone einen sehr wichtigen Beitrag, gehen doch die regionalen Zentren der Krebsforschung zu ihren Lasten.

Nicht minder wichtig, aber ganz anderer Art ist der Beitrag, den der private Sektor aufbringt. Er setzt bedeutende Mittel ein für die Erforschung und Entwicklung neuer Medikamente zur chemotherapeutischen Behandlung des Krebses und für die Ausarbeitung von Tests zur Frühdiagnose: Auch darf man das Institut Ludwig nicht vergessen. Diese private Stiftung fördert die Erforschung der Ursachen, der Vorbeugungsmöglichkeiten, der Diagnostik und der Behandlung des Krebses, d. h.

die klinische Forschung im weitesten Sinne. Sie stellt in verschiedenen Ländern Forschungsgruppen zusammen, die bereits bestehenden Instituten zugewiesen werden. Eine davon arbeitet beim ISREC in Lausanne.

Diese Bemerkungen machen klar, dass die vom Bund für die klinische Forschung geleisteten 6 Millionen Franken nur einen bescheidenen Zuschuss darstellen verglichen mit den Aufwendungen der
Kantone und des privaten Sektors. Trotzdem ist dieser Beitrag ausschlaggebend, denn er wertet die grossen Investitionen auf, welche die Durchführung wissenschaftlicher Versuche ermöglichen, die schliesslich der besseren Pflege der Patienten zugute kommen und die Heilungsmöglichkeiten verbessern.

3

Schweizerisches Institut für experimentelle Krebsforschung (ISREC) (Institut suisse de recherches expérimentales sur le cancer)

31

Aufgaben und Struktur des ISREC

Das ISREC hat drei wesentliche und sich ergänzende Aufgaben zu erfüllen. Die erste wurde bereits erwähnt: sie betrifft die Erweiterung unserer Kenntnisse der Krebsentstehung. Die zweite bezweckt das Sammeln der erworbenen Kenntnisse,

1228

um sie für klinische und präventive Forschung und Praxis zugänglich zu machen und damit bei der Lösung klinischer Probleme zu helfen. Es handelt sich hier also um eine Dienstleistung. Die dritte Aufgabe des ISREC ist die Ausbildung und Weiterbildung von Wissenschaftern ; zu diesem Zwecke werden regelmässig praktische und theoretische Kurse für Leute mit Universitätsabschluss durchgeführt.

Die Struktur des ISREC ist diesen schwierigen Aufgaben angemessen : verschiedene Forschungsgruppen sind im Institut vereinigt, von denen jede in einer besonderen Fachrichtung spezialisiert ist. Mehr als 40 Wissenschafter sind in enger Zusammenarbeit auf den Gebieten der Molekularbiologie, der Virologie, der Immunologie, der Zellbiologie, der chemischen Karzinogenese und der Genetik tätig. So können verschiedene Aspekte des Krebses parallel angegangen werden, was die Aussichten auf neue und nützliche Erkenntnisse verbessert. Das ISREC befasst sich nicht selber mit klinischen Studien, doch zieht es Nutzen aus der Anwesenheit des Ludwig-Institutes für Krebsforschung im gleichen Gebäude, welches sich dem Studium der Immunität beim Krebs der Menschen widmet.

32

Übersicht der beim ISREC erzielten Forschungsergebnisse während der Periode 1975-1978

Die Leistungen des ISREC sollten nicht isoliert gewertet werden, da dieses Institut eng mit anderen in- und ausländischen Forschungszentren und Universitätsinstituten zusammenarbeitet. Man muss sie eher als einzelne Steine im Mosaik der international erworbenen Kenntnisse betrachten.

Wie man im folgenden, vom ISREC verfassten Text feststellen kann, hat dieses Institut interessante Beiträge auf verschiedenen Gebieten der experimentellen Krebsforschung geliefert, insbesondere über die Aktivität der Gene und deren Regulierung, die Rolle der Viren, die Zellteilung, das Bewegungsvermögen der Zellen (Metastasen), die immunologischen Abwehrmöglichkeiten: Das Verhalten einer Zelle wird durch zahlreiche im Kern befindliche Gene gesteuert. Während man die Grundstruktur der Gene (DNS) gut kennt, bleibt die Art ihrer Anlage in den Chromosomen noch unklar. Das ISREC hat auf diesem Forschungsgebiet einen wichtigen Beitrag geleistet. So haben jüngste Arbeiten es möglich gemacht, die Struktur gewisser Gene, die in mehreren Exemplaren in der gleichen Zelle vorkommen, zu ermitteln. Diese Studien wurden stark erleichtert durch eine neue Technik der biochemischen Analyse von Nukleinsäuren, die bereits von zahlreichen ausländischen Laboratorien übernommen worden ist. Über die Struktur der Chromosomen wurden ebenfalls interessante Ergebnisse erzielt. Insbesondere konnte die Dynamik der Bindung gewisser Proteine an die DNS in den Chromosomen der menschlichen Zellen abgeklärt werden. Unser Verständnis der Regulierung der Aktivität menschlicher Gene hat sich dadurch vertieft.

Seit einigen Jahren wissen wir, dass Gene von Viren in den Chromosomen der Zellen von Säugetieren eingebaut sein können. Diese Viren sind den krebserzeugenden Viren, die bei verschiedenen Tieren Leukämien und Sarkome hervorrufen, sehr ähnlich. Aufgrund der Arbeiten im ISREC kennt man jetzt die Einzelheiten der Synthese von Proteinen bei diesen Viren relativ gut. Das Vorhandensein ähnlicher Viren beim Menschen konnte bis heute nicht nachgewiesen werden. Da von den meisten Säugetieren - Affen eingerechnet - krebserzeugende Viren isoliert werden konnten, wäre es nicht unerwartet, wenn solche auch beim Menschen entdeckt würden.

1229

Die Zellen des Organismus erfüllen sehr genau umschriebene Aufgaben im Verband des Gewebes oder Organs, dem sie angehören. Der Prozess der Differenzierung führt dazu, dass Zellen spezialisierte Aufgaben übernehmen können.

Da eine Störung bei der Differenzierung einer Zelle zu Krebs führen kann, haben die Forscher des ISREC ein Verfahren entwickelt, um die Differenzierung in Zellkultur zu studieren. Somit können ausserhalb des Organismus die Entstehung von roten und weissen Blutkörperchen analysiert werden, sowie Störungen in diesem Prozess, die zu Leukämiezellen führen. Aber auch Entdifferenzierung von Zellen kann zu Krebs führen. In diesem Zusammenhang wurden Arbeiten ausgeführt über die Regeneration der Augenlinse, die durch Entdifferenzierung von Iriszellen (Zellen der Regenbogenhaut) zustande kommt.

Aus offensichtlichen Gründen kann man an krebskranken Patienten keine Versuche ausführen. Im allgemeinen werden menschliche Krebsarten unter den Bedingungen der Zellkultur studiert. Ein neues Verfahren, das am ISREC entwickelt wurde, umgeht die Zellkultur: Teile von wegoperiertem menschlichem Krebsgewebe werden auf «nackte» Mäuse verpflanzt. Da diese Mäuse keine zelluläre Immunität aufweisen, wird das Krebsgewebe nicht abgestossen und das Wachstum menschlicher Krebsarten, ihre Bösartigkeit und die Bildung von Metastasen können unter kontrollierbaren und zu Versuchszwecken geeigneten Bedingungen untersucht werden.

Das Immunsystem vermag artfremde Substanzen im Organismus zu erkennen und zu vernichten. Die durch Impfungen erlangte Immunität beruht auf solchen Abwehrmechanismen. Auf gleiche Weise werden auch bei Organtransplantationen die verpflanzten Organe als Fremdkörper erkannt und in der Folge abgestossen. So wird auch die Vernichtung von Krebszellen, analog zur Abstossung von verpflanzten Organen, möglich. Die Immunologen des ISREC haben wesentlich dazu beigetragen, den Abstossmechanismus bei Mäusen aufzuzeigen, indem sie eine neue Methode für die quantitative Analyse der Zerstörung von Krebszellen im Reagenzglas entwickelten. Auf diese Weise konnten sie das Vorkommen von spezifischen weissen Blutkörperchen (cytotoxische Lymphozyten) nachweisen, die Krebszellen angreifen und vernichten. Eine neue Forschergruppe für Genetik arbeitet direkt mit den Immunologen zusammen. Dank neuer Methoden ist es kürzlich gelungen, in vitra grosse Mengen von Lymphozyten zu züchten, was nun erlaubt, ihre Wirkungsart bei der Immunreaktion viel besser zu studieren.

33

Zukunftsperspektiven

Mehrere Gebiete der Krebsforschung sind am ISREC nicht vertreten, so z. B. die experimentelle Chemotherapie. Angesichts der schwierigen Finanzlage des Bundes zieht es das ISREC vor, die bestehenden Forschungseinheiten zu konsolidieren, statt neue zu schaffen. Immerhin wurde die Bildung einer Forschungsabteilung für chemische Karzinogenese (Krebsentstehung) beschlossen. Dieser Beschluss wird sicher die künftige Entwicklung des ISREC und der Krebsforschung in der Schweiz ganz allgemein beeinflussen. Es scheint in der Tat wahrscheinlich, dass die Mehrzahl der Krebserkrankungen beim Menschen auf chemische Substanzen zurückzuführen sind. Es ist daher wichtig, die Forschung auf dem Gebiet der chemischen Krebsentstehung zu entwickeln, besonders wenn man die grosse Zahl der jedes Jahr neu auf den Markt geworfenen synthetisierten chemischen Produkte in Rechnung stellt. Die neue Forschungsabteilung des ISREC, die im Oktober 1978 in Betrieb genommen wurde, soll ein eigentliches Forschungszentrum auf diesem Gebiet werden und die Arbeiten des Toxikologischen Instituts der ETH Zürich ergänzen.

1230

Diese neue Abteilung wird dazu beitragen, einerseits die Methoden für das Aufspüren von krebsfördernden chemischen Substanzen zu vervollkommnen, anderseits auch ihre Wirkungsart besser zu verstehen.

Man darf für die nächsten Jahre einen bedeutenden Fortschritt im Verständnis der Zellmechanismen erwarten, deren Störung zur Krebsbildung führen kann. Es ist indessen schwierig vorauszusagen, wann und wie diese neuen Kenntnisse genutzt werden können, um das Los der Patienten und die Wirksamkeit der Vorbeugung zu verbessern. Es ist immerhin ermutigend festzustellen, dass es bereits Fälle gibt, wo die Forschungen des ISREC zur klinischen Anwendung geführt haben. Eine davon ist die Anwendung von immunologischen Tests mit Hilfe der cytotoxischen Lymphozyten. Man darf erwarten, dass das ISREC unter Beibehaltung seiner Forschungstradition auf dem Gebiet der Krebsbiologie bald einmal imstande sein wird, der klinischen und präventiven Forschung Grundlagen zu vermitteln, die ihr erlauben werden, ihre Anstrengungen gezielter auszurichten und so wertvolle Zeit zu gewinnen.

4

Klinische Krebsforschung

41

Gegenwärtige Organisation

Klinische Krebsforschung befasst sich immer direkt oder indirekt mit dem Patienten. Sie kann das Gebiet der Vorbeugung, der Frühdiagnose oder der Behandlung betreffen. In der Schweiz wurde in den letzten Jahren vor allem die nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten kontrollierte medikamentöse Behandlung gewisser bösartiger Tumoren und Blutkrankheiten vorangetrieben. Der grösste Teil dieser Studien wickelt sich im Rahmen der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für klinische Krebsforschung (SAKK) ab, wobei jedoch zu beachten ist, dass auch wertvolle klinische Studien ausserhalb der Organisation SAKK erfolgen. Einerseits werden eigene schweizerische Studien durchgeführt, anderseits arbeiten verschiedene schweizerische Onkologen auch an internationalen Forschungsprojekten mit.

Dass sich die klinische Krebsforschung bis jetzt vor allem mit der medikamentösen Therapie maligner Tumoren beschäftigte, ist dadurch bedingt, dass in der SAKK vorerst insbesonders Spezialärzte für Innere Medizin als Onkologen tätig waren.

Die frühzeitige Diagnosestellung und epidemiologische Forschung, wodurch schlussendlich im Zusammenhang mit der Grundlagen- und experimentellen Forschung die primäre Prävention erst möglich wird, gehören jedoch ebenso dazu. Die SAKK hat deshalb in letzter Zeit, nachdem zuerst das Net- der onkologischen Zentren in der Schweiz dichter gestaltet und bereits eine Sektion für pädiatrische Onkologie gegründet worden war, auch die Bildung einer radiotherapeutischen, chirurgischen und «psycho-onkologischen» Sektion, und anderer Sektionen in die Wege geleitet. Eine solche engere interdis:iplinäre Zusammenarbeit wird für den Patienten positive Auswirkungen haben und ist prinzipiell zu begrüssen.

Die onkologischen Zentren und ihre Satellitenstationen sind heute praktisch über das ganze Land verteilt, so dass auch in der Peripherie dem Patienten und seinem Arzt die Möglichkeit einer fachgerechten Beratung für eine wissenschaftlich kontrollierte Behandlung bösartiger Tumoren und Blutkrankheiten zur Verfügung steht.

1231

Ein Grossteil der onkologischen Zentren ist heute so ausgebaut, dass sie, wie andere Institutionen, aus der Struktur der medizinischen Versorgung für die Bevölkerung der betreffenden Region nicht mehr wegzudenken sind. Über die Phase der Erprobung hinausgewachsen, leisten sie neben der wissenschaftlichen Arbeit heute gute Dienste in der praktischen Behandlung der Tumorpatienten.

42

Heutiger Stand der Heilungsmöglichkeiten bei bösartigen Tumoren

Es gibt bösartige Tumorformen und Blutkrankheiten, bei denen in den letzten Jahren wesentliche Fortschritte in Behandlung und Heilung erzielt wurden, wie z. B.

bei Erkrankung an gewissen Knochentumoren und bei akuter lymphatischer Leukämie im Kindesalter. Die bösartigen Tumoren im. Kindesalter weisen eine ganz besondere Problematik auf, aber gerade auf diesem Gebiet wurden in den letzten Jahren beträchtliche Erfolge in der Frühdiagnose und Behandlung erzielt. So können z. B.

heute 90 Prozent der Kinder mit einem malignen Lymphom vom Typus M. Hodgkin bei optimaler Ausnutzung aller Behandlungsmöglichkeiten einer Dauerheilung zugeführt werden.

Auch Kinder, die an einem Medulloblastom (Hirntumor) erkranken, könnten bei optimaler Therapie in rund 60 Prozent aller Fälle geheilt werden. Mit modernen Laboratoriumsmethoden können Rückfälle früh erfasst und wieder einer intensiven Behandlung zugeführt werden. Mit diesen neuen Möglichkeiten wurde gerade bei den Kindern nicht nur eine Verlängerung der Lebenszeit, sondern eine wirkliche Verbesserung der Lebensqualität erreicht. Ärzte und Patienten müssen dringend über diese Heilungsmöglichkeiten noch vermehrt aufgeklärt werden.

Hingegen ist beim Brustkrebs der Frau trotz grossen Bemühungen die Heilungsrate in den letzten 30-40 Jahren leider dieselbe geblieben. Man weiss, dass beim Brustkrebs Hormone eine gewisse Rolle spielen und dass er in den letzten Jahren häufiger schon bei Frauen unter 45 Jahren auftritt; ob dabei die Lebensweise der Frauen in den industrialisierten Ländern, ob medikamentös bedingte Veränderungen des natürlichen hormonalen Gleichgewichts eine Rolle spielen, ist noch nicht geklärt. Vielleicht spielen hier und bei der Entstehung anderer bösartiger Tumoren auch gewisse psychische Faktoren mit.

Weltweite Erhebungen, die im Centre international de recherche sur le cancer der OMS (CIRC) in Lyon koordiniert und evaluiert werden, könnten auch für die Schweiz wertvolle Erkenntnisse bringen.

43

Die Früherkennung

Die Früherkennung der meisten Krebsformen ist heute oft noch sehr problematisch. Erst die letzten Jahre haben aufgrund von Resultaten aus der Grundlagenforschung (z. B. Horaionrezeptoren) und der Zytologie neue Möglichkeiten eröffnet, sodass in Zukunft gewisse Risikogruppen unter Umständen einer Untersuchung zur Früherfassung zugeführt werden können, wie dies für den Gebärmutterhalskrebs schon seit Jahren der Fall ist.

1232

Wie bei allen Krankheiten, so sind auch bei der Krebskrankheit für eine sinnvolle Früherkennung die richtige Auswahl der zu untersuchenden Risikogruppe und eine ständige Qualitätskontrolle der angewandten Untersuchungsmethoden von grösster Wichtigkeit. Diese haben sowohl für die Motivierung der Risikogruppen, als auch für die Kosten-Nutzen-Analyse grosse Bedeutung.

44

Die Prävention

Die primäre Prävention in der Krebsbekämpfung ist bei uns noch wenig entwickelt, weil sie nicht nur aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse über krebserzeugende Umwelteinflüsse durchgeführt werden kann, sondern in erster Linie auch von der Bereitschaft unserer menschlichen Gesellschaft für eine Veränderung der Lebensgewohnheiten abhängt. Mit gesetzlichen Bestimmungen, wie in der Arbeitsmedizin oder in der Lebensmittelindustrie und im Bereich der ionisierenden Strahlen, kann nur ein Teil von vorbeugenden Massnahmen durchgeführt werden.

Die sekundäre Prävention, die bei gewissen Krebsformen einen Erfolg bringen kann, wird in Form von gezielten regelmässigen Reihenuntersuchungen bei bestimmten Risikogruppen durchgeführt, wodurch eine möglichst frühzeitige Diagnosestellung und Behandlung erreicht werden soll.

Die primäre Prävention ist dort, wo krebserregende Faktoren in der Umwelt sicher bekannt sind, wirksam möglich und muss vermehrt eingesetzt werden. Niemand bestreitet heute, dass je nach Krebsform bis 90 Prozent aller Krebserkrankungen in direkter oder indirekter Beziehung zu Umweltfaktoren im weitesten Sinne (Boden-Luft-Wasserverschmutzung) stehen und zum grössten Teil vermeidbar wären.

Als Beispiel einen Krebses mit bekannter Ursache, bei dem die Entstehung durch Umweltfaktoren bedingt ist, sei das Bronchialkarzinom genannt, welches auch in der Schweiz die meisten Todesfalle von allen Krebsarten verursacht. An erster Stelle ist der Tabakmissbrauch als sichere Ursache zu nennen. In diesem Falle muss man sich fragen, ob es richtig ist, weiterhin Forschungsgelder zur Erprobung neuer Behandlungsmethoden zur Verfügung zu stellen, oder ob diese finanziellen Mittel nicht besser zur primären Prävention, einer breitangelegten Bekämpfung des Tabakmissbrauchs und der Luftverschmutzung, eingesetzt werden sollten. «II vaut mieux prendre des mesures préventives que d'attendre de pouvoir compter sur des spectaculaires découvertes thérapeutiques» (Pressemitteilung 26 vom 23. Juni 1978 der Weltgesundheitsorganisation). Auf dem Gebiet der Lebensmittelkontrolle ist diese Forderung in der Schweiz durch Ausschaltung aflatoxinhaltiger Lebensmittel, die als eine Ursache der Entstehung des Leberkrebses in Frage kommen, bereits weitgehend verwirklicht.

5

Epidemiologische Forschung und Centre international de recherche sur le Cancer (CIRC) in Lyon

51

Die Epidemiologie

Die Epidemiologie erforscht Ursachen und Verteilung von Krankheiten in bestimmten Personengruppen und in verschiedenen Gegenden, damit wirksame 1233

Massnahmen zur Krankheitsverhütung und -bekämpfung eingesetzt werden können.

Diese angewandte Wissenschaft hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen; speziell im Hinblick auf die Möglichkeit einer primären Prävention bei Krebserkrankungen, die durch Umweltfaktoren bedingt sind. Um zu schlüssigen Resultaten zu kommen, müssen epidemiologische Studien auch international durchgeführt und ausgewertet werden.

52

Die Krebsregister

Die Krebsregister sind ein Teil der notwendigen Infrastruktur für die epidemiologische Forschung. Zur Zeit der Botschaft vom 11. März 1974 waren die epidemiologischen Krebsregister in der Schweiz erst im Aufbau begriffen, weshalb damals der Zeitpunkt für eine fruchtbare epidemiologische Zusammenarbeit mit dem CIRC in Lyon als verfrüht betrachtet wurde. Der Beitritt zu dieser internationalen Organisation, die zur Weltgesundheitsorganisation gehört, wurde auf eine spätere Phase im Programm der klinischen Krebsbekämpfung verschoben, obwohl man sich bewusst war, dass die experimentelle, die klinische und die epidemiologische Forschung ineinander übergreifen und dass der Krebs ein weltweites Problem ist.

Für den Einsatz der limitierten Geldmittel gab man deshalb 1974 der klinischen Forschung die Priorität.

Heute haben wir in der Schweiz in den Kantonen Neuenburg, Genf, Waadt, Basel-Stadt, St. Gallen, Appenzell epidemiologische Bevölkerungsregister, die in den letzten Jahren ausgebaut und dem internationalen Standard angepasst wurden. In Zürich wird nach einem Unterbruch ein früher bereits aufgebautes Krebsregister jetzt wieder aktiviert und verbessert. Für die epidemiologische Krebsforschung in der Schweiz ist somit eine genügende Grundlage geschaffen, die schon heute und auch in Zukunft eine fruchtbare internationale Zusammenarbeit ermöglicht.

Der Ausbau der epidemiologischen Krebsregister wurde von 1975 bis 1979 mit Bundessubventionen von rund 560 000 Franken aus den Krediten der klinischen Krebsforschung unterstützt.

53

Centre international de recherche sur le cancer (CIRC) in Lyon

Das CIRC wurde 1965 gegründet als Centre international de recherche sur le Cancer der Weltgesundheitsorganisation, hat aber ein selbständiges Budget. 1977 waren folgende zehn Länder Mitglied: Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Niederlande, Italien, Grossbritannien, Belgien, USA, UdSSR, Japan, Australien.

Die Aktivitäten des CIRC betreffen vor allem : Die epidemiologische Krebsforschung auf weltweiter Ebene. Schliesslich können bestimmte Studien überhaupt nur in Entwicklungsländern, in denen noch ursprüngliche Umweltverhältnisse herrschen, durchgeführt werden. Nicht selten führen die daraus gewonnenen Resultate zu wichtigen Massnahmen zur Verhinderung bestimmter in den Industrieländern auftretender Krebsformen.

1234

Die Karzinogenese. Es werden vor allem chemische Umweltnoxen untersucht, wobei unter anderem geprüft wird, wie weit das, was für das Tier schädlich ist, auch beim Menschen karzinogen wirkt (z. B. Asbest, PVC, Nitrosamine, Aflatoxine).

Morbiditätsvergleiche werden aufgestellt durch die Verbindung von epidemiologischen und analytischen Studien. In vielen Fällen ergeben sich konkrete Tatsachen ; so werden z. B. regelmässig Listen von karzinogenen Stoffen publiziert. Aufgrund solcher Ergebnisse können behördliche Erlasse geschaffen werden, welche unter Umständen zu wichtigen Präventivmassnahmen zum Schütze ganzer Bevölkerungsgruppen führen (z. B. Asbest, Aflatoxine, Nitrosamine usw.).

Die Ausbildung junger Wissenschafter ist eine weitere wichtige Aufgabe des CIRC.

Es werden Kurse organisiert, Stipendien ausgerichtet, aber auch hochspezialisierte Laboratorien mit ihren Einrichtungen zur Verfügung gestellt.

6

Die Schweiz als Mitglied des CIRC

61

Entwicklung der Infrastruktur der Krebsforschung in der Schweiz 1975-1979

Sowohl auf dem Gebiet der Epidemiologie, als auch der Untersuchung der karzinogenen Umweltnoxen hat in unserem Land eine nicht zu übersehende Entwicklung stattgefunden. Heute verfügen wir durchaus über die notwendige Infrastruktur, um aktiv auf beiden Gebieten an den Forschungsarbeiten des CIRC mitzuwirken und die dabei gewonnenen Erkenntnisse unserer Bevölkerung zugute kommen zu lassen. Viele Aufgaben der Krebsforschung wie der Forschung überhaupt sind nur in internationaler Zusammenarbeit zu lösen. So ist auf dem Gebiet der chemischen Karzinogenese die internationale Zusammenarbeit nicht zuletzt auch für unsere Industrie unumgänglich (z. B. neue Baumaterialien: Prüfung, ob krebserzeugend oder nicht; Aufführung in internationalen Listen für die Zulassung in bestimmten Ländern). Epidemiologische Studien können langfristig nur auf internationaler Ebene zu aussagekräftigen Resultaten führen. So müssen auch die in den jetzt gut ausgebauten Krebsregisiern in der Schweiz gesammelten Daten mit Ergebnissen anderer Länder verglichen werden können. Obwohl die Schweiz bis jetzt nicht Mitglied war, hat das CIRC Experten zur Verfügung gestellt, damit unsere Krebsregister nach den internationalen Normen strukturiert werden konnten. Heute ist deshalb bereits eine vergleichende Evaluation der Basisdaten nach bestimmten Gesichtspunkten möglich, wie z. B. Ernährungsfaktoren, Tabak, Alkohol, Luftverschmutzung, menschliche Verhaltensweise. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass das CIRC auch in Zukunft in der Lage sein wird, bei der grossen Nachfrage (siehe Jahresbericht CIRC 1977) einem Nichtmitglied Experten zur Verfügung zu stellen.

Wenn das bis jetzt erreichte Niveau unserer epidemiologischen Forschung nicht absinken soll, ist heute die Mitgliedschaft der Schweiz beim CIRC dringend notwendig.

Die in den letzten Jahren geleisteten Sonderbeiträge des Bundes und der Kantone an die Infrastruktur der Krebsforschung in der Schweiz sind nur sinnvoll gewesen, wenn nun in Zukunft diese verbesserte Infrastruktur voll ausgenützt wird, erreichte Forschungsresultate optimal evaluiert werden und möglichst rasch den Krebspa1235

tienten zugute kommen. Wenn in den nächsten Jahren nicht eine sehr enge und aktive internationale Zusammenarbeit stattfindet, müsste man den bis jetzt beschrittenen Weg mit den bereits eingesetzten finanziellen Beiträgen von Bund und Kantonen als eine Fehlplanung betrachten.

Ein Beitritt zum CIRC in Lyon, welches als einziges Institut der Welt über alle Kontinente hinweg Krebskrankheiten registriert und deshalb weltweite Vergleiche zwischen der Häufigkeit des Vorkommens von bösartigen Tumoren anstellen kann, ist heute unumgänglich. Es handelt sich beim Beitritt zum CIRC um einen selbstverständlichen, konsequenten Schritt, der übrigens bereits klar erkannt wurde in der Botschaft vom 11. März 1974 (BEI 197411128), wo gesagt wird, dass die Bedürfnisse des ISREC, der klinischen Krebsforschung und der Beitritt zum CIRC in einem inneren Zusammenbang und im allgemeinen Rahmen der zukünftigen Forschungspolitik des Bundes betrachtet werden müssen.

62

Die Ausbildung junger Wissenschafter

Die jungen Forscher können heute weniger denn je nur in unserem eigenen kleinen Land ausgebildet werden, da wir die notwendigen materiellen Mittel unmöglich aufbringen können und da für eine fruchtbare und qualitativ erstklassige Forschertätigkeit internationale Kontakte heute unbedingt notwendig sind. Das CIRC bietet auch in dieser Hinsicht verschiedene gute Möglichkeiten: Seminarien, Stipendien und Spezialeinrichtungen. Die Qualität unserer Forscher ist das wichtigste Glied in der Infrastruktur der Krebsbekämpfung, und die Schweiz sollte die erstklassigen vorhandenen Ausbildungsmöglichkeiten im CIRC nutzen können.

63

Vorteile einer Mitgliedschaft beim CIRC

Nachdem bereits grosse Geldbeträge in die Krebsforschung investiert wurden, kann es sich die Schweiz nicht leisten, infolge ungenügender internationaler Zusammenarbeit einen Rückschritt in der Bekämpfung der Krebskrankheiten in Kauf zu nehmen; besonders nicht in einem Zeitpunkt, in welchem wesentliche neue Erkenntnisse vorliegen, die den Weg zur Verhütung vieler Krebsformen aufzeigen. In der jetzigen Phase der Krebsbekämpfung sollte, wenn immer möglich, ein Beitritt der Schweiz zum CIRC erfolgen, wenn auf lange Sicht die Infrastruktur der Krebsforschung optimal koordiniert, genutzt und weiterentwickelt werden soll.

In diesem Fall würden in Zukunft unsere Krebsregister laufend über die erforderlichen statistischen Techniken beraten; sie könnten von den Erfahrungen der weltweiten Erhebungen des CIRC profitieren, so dass aufgrund gemeinsamer Evaluationen auch für unser Land bestimmte präventive Massnahmen zur Krebsverhütung getroffen werden könnten. Ferner würden den jungen Forschern im CIRC ausgezeichnete Weiterbildungsmöglichkeiten geboten; auf dem Gebiet der chemischen Karzinogenese könnten Arbeitsteilungen erfolgen.

Dies sind alles Aufgaben, die wir im Alleingang nicht bewältigen können, auch nicht mit beträchtlich höherem materiellem Einsatz, als für die Jahre 1980-1983

1236

vorgesehen ist. Der Mitgliederbeitrag der Schweiz im CIRC ist, gemessen an den gesamten Krebsforschungsbeiträgen, nicht als übermässig zu bezeichnen, insbesondere nicht, wenn man berücksichtigt, dass ohne Beitritt zum CIRC vor allem für die epidemiologische Krebsforschung und für die Analyse bestimmter karzinogener Noxen wesentlich höhere Beiträge eingesetzt werden müssten. Neben all diesen materiellen Vorteilen darf aber unser Land auch nicht ganz vergessen, dass wir bis jetzt in Zentraleuropa das einzige Land sind ausser Österreich, das noch abseits steht. Wir haben bis jetzt von den Arbeiten des CIRC schon viel profitiert, ohne eine Gegenleistung zu erbringen. Es ist auch ein Gebot der Solidarität, Mitglied des CIRC zu werden und regelmässig unsere materielle Unterstützung und unsere Forschungsbeiträge zu leisten.

64

Stellung des Bundesrates zu einem Beitritt zum CIRC

Der Bundesrat wäre grundsätzlich nicht gegen einen Beitritt der Schweiz zum CIRC, hat er doch auch das Postulat Schalcher vom 23. Juni 1977 angenommen.

Dieses fordert u. a. eine bessere Zusammenfassung und Koordination der Bemühungen, aber auch eine Konzentration und Intensivierung in der Krebsforschung, sowohl auf nationaler wie internationaler Ebene.

Ferner erwähnte er in seiner Antwort vom 27. 2.1978 auf die Einfache Anfrage Spiess vom 6. Dezember 1977 im Nationalrat einen Beitritt zum CIRC als weitere Möglichkeit der intensiveren internationalen Zusammenarbeit in der Krebsforschung für die Zukunft.

7

Zusammenfassung der zukünftigen Aufgaben der klinischen und epidemiologischen Krebsforschung in der Schweiz

Berücksichtigt man den jetzigen Entwicklungsstand der klinischen Krebsforschung und die Resultate, die in der Grundlagen- und experimentellen Krebsforschung erreicht wurden, so kommt man zum Schluss, dass für die nächsten Jahre folgende Aufgaben in erster Linie in Angriff genommen und die dafür notwendige Infrastruktur verbessert werden sollten :

71

Eine noch bessere und engere Kontaktnahme und Zusammenarbeit zwischen den Forschern der Klinik und des experimentellen Bereichs drängt sich auf. Beim Aufbau von klinischen Studien sollten die in der experimentellen Forschung erarbeiteten «Facts» vermehrt mitberücksichtigt werden.

72

Der Prävention ist Priorität einzuräumen bei denjenigen Krebsformen, deren Ursache in einer sicher und genau definierten Urnweltnoxe liegt. Diese kann in die 55

Bundcsbtell. 131.Jahrg. Bd.l

·

1237

Gruppe der sogenannten natürlichen karzinogenen Stoffe gehören, wie z. B. die Aflatoxine, Asbest, Betelnuss, Tabak usw., oder die Noxe findet sich in chemisch synthetisierten Medikamenten, wie z.B. in gewissen Hormonpräparaten und «alkylating agents», bei denen, als Antikrebsmittel eingesetzt, in neuester Zeit gewisse krebsfördernde Nebeneffekte erkannt wurden. In diesem Zusammenhang ist auch das Problem der endogenen Entstehung von karzinogenen Verbindungen aus zwei nicht krebserzeugenden Stoffen zu beachten (Nitrosamine). Tn den nächsten Jahren sollten wissenschaftliche Feldstudien durchgeführt werden, wo sie notwendig für eine bessere Prävention sind.

73

Die Frühdiagnose ist gezielt zu intensivieren, insbesondere bei denjenigen Krebsformen, von denen uns noch kein exogener vermeidbarer Schaden Faktor bekannt ist. Die letzten Jahre haben verschiedene, verbesserte Untersuchungsmöglichkeiten gebracht, welche die positiven Resultate der Frühdiagnostik stark verbessert haben. Denken wir an immunologische Tests (z. B. cytotoxische Lymphocyten), oder auch an die zytologischen Untersuchungen basierend auf Feinnadelpunktionen beim Brust- oder Prostatakrebs. Auf diesen Gebieten, speziell in der Zytologie, muss deshalb die Verbesserung der Infrastruktur durch Förderung der Ausbildung von qualitativ hochstehenden Zytologen und Zytologielaborantinnen vorangetrieben werden. Die Frühdiagnose wird umso wichtiger, je gezielter und wirkungsvoller die Therapie in Zukunft sein wird.

74

Die Behandlung bösartiger Tumoren und Blutkrankheiten erfordert heute in den meisten Fällen eine interdisziplinäre Zusammenarbeit. Dank genauerer diagnostischer Methoden wie z.B. der Bestimmung der Hormonrezeptoren beim Brustkrebs oder des «carcinoembryonic Antigen» (CEA) beim Dickdarmkrebs, kann eine verbesserte und gezieltere Therapie durchgeführt werden. Ferner wird man in Zukunft auch neue Erkenntnisse über die Wärmeeinwirkung oder über die Wirkung gewisser pflanzlicher Substanzen auf Tumorzellen erarbeiten und als eventuelle Therapiemöglichkeit prüfen müssen.

75

Die Krebsregister sind weiterzuführen ; und in den nächsten Jahren sollen in erster Linie vergleichbare Evaluationen der gesammelten Daten der häufigsten Tumorarten auf schweizerischem und internationalem Gebiet den Vorrang haben, damit die Forschung dadurch zu praktischen Schlussfolgerungen für die Prävention gelangt.

Die Zukunft wird zeigen, ob uns eventuell auch ein zentrales Tumorregister in einem grossen Spitalzentrum rasch wesentliche Erkenntnisse für die Krebsforschung bringen kann.

1238

8

Finanzielles

Aufgrund des Bundesbeschlusses vom 24. September 1974 über die Beiträge an die Infrastrukturaufwendungen der Krebsforschung in der Schweiz wurden einerseits für die klinische Krebsforschung Kredite von 6 Millionen Franken und anderseits für die Betriebskosten des Schweizerischen Instituts für experimentelle Krebsforschung (ISREC) Beiträge von 14 Millionen Franken zur Verfügung gestellt, also insgesamt 20 Millionen Franken. Sie sind wie folgt verwendet worden (für 1979 wurde der Voranschlag berücksichtigt).

81

Klinische Krebsforschung und ISREC

811

Klinische Krebsforschung 1975-1979

Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für klinische Krebsforschung (SAKK) benützt zur Fortsetzung ihrer kontrollierten therapeutischen Studien die bestehenden Einrichtungen für die klinische Krebsforschung in folgenden Zentren: Bern, Zürich, Basel, Genf, Lausanne, St. Gallen, Bellinzona und ferner die Satelliten-Stationen in Solothurn, Neuenburg, Münsterlingen, Chur, Winterthur, Aarau, Luzern und Altdorf UR. Während der vom vorgenannten Bundesbeschluss umfassten Zeitperiode standen diesen Zentren folgende Beiträge zur Verfügung (Abrechnungen der SAKK für die Jahre 1975 (ab 1. Okt. 1975), 1976 und 1977 und Budget 1978 und 1979): Fr 1. Oktober 1975-31. Dezember 1976 l 079 000 1. Januar 1977-31. Dezember 1977 l 189 000 1. Januar 1978-31. Dezember 1978..."

l 245 000 1. Januar 1979-31. Dezember 1979 l 712 000 Total

5 225 000

Hinzuzuzählen sind jene Beiträge, die der Arbeitsgruppe der Schweizerischen Krebsregister und verschiedenen Forschern entrichtet wurden, deren Arbeiten nicht in den Rahmen der Aktivität der SAKK fallen. Somit wird die für die Jahre 1975-1979 zur Verfügung stehende Summe von 6 Millionen Franken für den vorgesehenen Zweck aufgebraucht.

In dieser gleichen Periode hat die SAKK ihren Forschungsbereich ausgeweitet auf Pädiatrie-, Radiotherapie- und Chirurgiestationen und neuerdings auf onkologische Diagnostik ; daraus ergibt sich folgende Verteilung der Beiträge : Fr.

Onkologische Zentren Pädiatrische Sektion Radiotherapeutische Sektion Chirurgische Sektion Onkologisch-diagnostische Gruppe Pilot-Studien

2 700 000 l 000000 150 000 285 000 85 000 300 000

Total

4 520 000

%

75,4 1239

Dokumentation, Material, Publikationen sämtlicher der SAKK zugeteilten Sektionen und Sekretariatskosten

Fr

%

720 000

12

Schweizerische Krebsregister enthaltend die Zentren von Basel, Genf, Neuenburg, St. Gallen/Appenzell, Waadt, Zürich, die eine Bevölkerung von 3 Millionen umfassen

560 000

.9,3

Übrige der klinischen Forschung gewährte Subventionen :

200 000

3,3

Total

812

6000000

100

Schweizerisches Institut für experimentelle Krebsforschung (ISREC) 1975-1979

Das Institut basiert finanziell hauptsächlich auf den drei folgenden Quellen: der Eidgenossenschaft (BB vom 24. Sept. 1974), dem Schweizerischen Nationalfonds für die wissenschaftliche Forschung und der Stiftung ISREC. Die Betriebskosten werden seit 1977 zu 90 Prozent durch die Eidgenossenschaft getragen (88% im Jahre 1975 und 89% 1976), der verbleibende Rest wird durch die Stiftung ISREC gedeckt. Aufgrund der Jahresrechnung und gestützt auf den Verteilungsschlüssel nach dem Reglement des Eidgenössischen Departements des Innern wurden folgende Beiträge an das ISREC entrichtet: Fr 1975 2200000 1976 2630000 1977 2726099 1979 }

gemäSS

Vorschlag

Total Diese Ausgaben setzen sich wie folgt zusammen : Löhne und Soziallasten Betriebskosten Ausrüstung Verschiedene Ausgaben/Sekretariat Bibliothek

{

3%ggg 13 766 099 %

71,8 13,8 8,3 4,2 1,9 100

Im Sommer 1978 waren im ISREC 45 Akademiker (darunter 7 Stipendiaten) und 58 technische und administrative Angestellte tätig, somit total 103 Personen, davon 17 als Teilzeitbeschäftigte.

1240

813

Finanzierung für die Periode 1980 bis 1983

In den Jahren 1975 bis 1979 wurden insgesamt 20 Millionen Franken ausbezahlt.

Für die Periode 1980 bis 1983 wird folgende Finanzierung vorgeschlagen: 1983

Toi;

Klinische Krebsforschung und Krebsregister ISREC

1 768 000 1 841 340 1 916890 1 993 470 7519700 3210000 3 274 200 3 339 680 3 406 420 13230300

Total

4 978 000 5 115540 5 256 570 5 399 890 20 750 000

Für die Infrastruktur der klinischen Krebsforschung wurde für das Jahr 1980 auf den Voranschlag der SAKK für 1979 als Rechnungsbasis abgestellt mit einer jährlichen Zuwachsrate von 4 Prozent.

Die Beiträge für die klinische Krebsforschung sollten wie bis anhin auf Vorschlag der vom Eidgenössischen Departement des Innern mit Reglement vom 9. September 1975 eingesetzten Konsultativkommission entrichtet werden. Dieses Vorgehen garantiert eine ausgewogene und den Leistungen in den verschiedenen Forschungsgebieten entsprechende Verteilung.

Die Beiträge an das ISREC wurden lediglich mit einer jährlichen Zuwachsrate von 2 Prozent gerechnet, die indessen allfälligen Teuerungszulagen auf Gehälter nicht Rechnung trägt; gegebenenfalls müssen diese bezahlt werden. Wie für die Jahre 1975 bis 1979 sind die Beiträge an das ISREC aufgrund eines Satzes von 90 Prozent der Betriebskosten zu berechnen. Die gewünschten finanziellen Mittel für die Periode 1980 bis 1983 sind praktisch die gleichen wie für die Periode 1975 bis 1979, jedoch aufgeteilt auf vier statt auf fünf Jahre. Die benötigten Beträge für die Fortsetzung der Forschung auf der Basis des Jahres 1979 wurden mit einer jährlichen mittleren Zuwachsrate von 2 Prozent berechnet, was eine Intensivierung der Forschung auf verschiedenen Gebieten erlaubt, z. B. Frühdiagnose für die klinische Anwendung und chemische Karzinogenese auf dem Gebiete der experimentellen Forschung.

Die Verwaltung des Gesamtkredites sollte wiederum dem Eidgenössischen Gesundheitsamt anvertraut werden.

82

Internationales Zentrum für die Krebsforschung (C1RC)

Wenn die Beiträge an die Krebsforschung in der Schweiz stabilisiert werden können und sollen, ist dies nur möglich durch einen Beitritt der Schweiz zum CIRC.

Die gewünschten Beträge zur Unterstützung und Förderung der klinischen und experimentellen Forschung wurden unter der Annahme einer engen Zusammenarbeit und Unterstützung der Forschung durch das CIRC errechnet. Die Unterstützung durch das CIRC würde eine sonst notwendige Erhöhung der Mittel zur Erreichung der gewünschten Resultate kompensieren und gäbe gleichzeitig unseren schweizerischen Forschern die Möglichkeit, die Kontakte mit ihren Kollegen in den Mitgliedländern zu verstärken und aktiv an den Arbeiten des CIRC teilzunehmen.

1241

In der Annahme, dass der Direktionsrat des CIRC die notwendigen Massnahmen im Hinblick auf eine Erhöhung der Lebenskosten und einer allfälligen Inflation ergreifen wird, ergeben sich für die Jahre 1980 bis 1983 folgende provisorischen Budgetbeträge : us.j 1980 1981 1982 1983

6 553 000 7208000 7 929 000 8 722 000

Total

30 412 000

Nach den Statuten des CIRC und nach den Massstäben der Weltgesundheitsorganisation (OMS) ergeben sich für die Schweiz folgende Beiträge :

US-Dollars In Schweizerfranken

9

1980

1981

506659 861320

557301 947412

1982

1983

Tomi

613047 674360 2351367 1042180 1146412 3997324

Schlussfolgerung

Diese Erörterungen mögen aufzeigen, dass in den jüngst vergangenen Jahren dank der finanziellen Beihilfe des Bundes (im Rahmen seiner allgemeinen Forschungspolitik und derjenigen für die Krebsforschung im besonderen) wesentliche Fortschritte erzielt worden sind.

Die Krebskrankheiten im Keime ersticken zu wollen, mag heute noch utopisch erscheinen; doch wird nichtsdestoweniger der Fortgang der bisherigen Anstrengungen weitgehend dazu beitragen, dem krebskranken Menschen sowohl physisch wie psychisch Erleichterung zu verschaffen und den von dieser Krankheit Bedrohten wirksam zu schützen (sei es noch in der jetzigen oder in der kommenden Generation). Der Mensch ist schwerlich imstande, seine übernommenen Lebensgewohnheiten so zu ändern, dass er sich selber vor gewissen Gefahren zu schützen vermöchte. Er erwartet daher Hilfe von der Wissenschaft. Diese aber kann ihrerseits nur mit der Unterstützung der Gesellschaft durch entsprechendes Verhalten in der primären Prävention, in der Erziehung und im Umweltschutz ihre Erkenntnisse in der Wirklichkeit des Alltags erfolgreich zur Anwendung bringen. Es setzt eine möglichst enge Zusammenarbeit voraus zwischen der experimentellen und der klinischen Forschung sowohl auf nationaler wie auf internationaler Ebene, aber auch mit andern Gruppen und Institutionen, die dazu einen Beitrag leisten können.

Mit der Annahme einer Zuwachsrate von ungefähr 2 bzw. 4 Prozent in bezug auf die Ausgaben des ISREC und der klinischen Krebsforschung für 1979 wird es möglich sein, die in den letzten Jahren unternommenen Arbeiten fortzusetzen und nachdrücklich zu fördern. Ausserdem sollte eine enge Zusammenarbeit mit dem CIRC die Schliessung einer Lücke auf dem Gebiet der epidemiologischen Forschung und der chemischen Krebsentstehung in der Schweiz ermöglichen.

1242

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft über die Förderung der wissenschaftlichen Forschung in den Jahren 1980-1983 vom 5. März 1979

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Feuille fédérale

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Foglio federale

Jahr

1979

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

18

Cahier Numero Geschäftsnummer

79.015

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

08.05.1979

Date Data Seite

1150-1242

Page Pagina Ref. No

10 047 678

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