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Schweizerisches Bundesblatt.

49. Jahrgang. III.

Nr. 18.

5. Mai 1897.

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aus den Verhandlungen des Schweiz, Bundesrates, (Vom 23. April 1897.)

Der Bundesrat hat den Rekurs des Gottfried B ü r k i , in Mühlenen (Bern), betreffend Verweigerung eines Wirtschaftspatentes, gestützt auf folgende Erwägungen als unbegründet abgewiesen : 1. Der Rekurrent behauptet, daß die im Jahre 1885 vorgenommene Revision von Art. 31 der Bundesverfassung nicht gegen die Entstehung neuer Wirtschaften überhaupt gerichtet war, sondern nur solcher, die infolge besonderer Verhältnisse als dem öffentlichen Wohle schädlich erscheinen. Dem gegenüber ist zu betonen, daß der revidierte Artikel 31, litt, c, der Bundesverfassung sowohl bei seiner Entstehung als auch bei seiner Anwendung immer in dem Sinne verstanden und ausgelegt wurde, daß er den Kantonsbehörden das Recht gebe, bei der Beurteilung von Wirtschaftspatentbegehren im Interesse des öffentlichen Wohles im allgemeinen die Bedürfnisfrage zu stellen.

2. In seinem in der gleichen Sache getroffenen Entscheide vom 2. November 1895 weist der Regierungsrat des Kantons Bern in überzeugender Weise nach, daß im vorliegenden Falle die Bedürfnisfrage verneint werden muß.

Der Rekurrent führt aus, wenn die Vermehrung der im Winter bestehenden Wirtschaften mangels eines Bedürfnisses eine Gefahr für die dortige Bevölkerung bilde, so müßte dies, was die Regierung durch Bewilligung eines Sommerpatentes verneint habe, auch im Sommer der Fall sein, da die einheimische Bevölkerung im Sommer nicht zunehme; eine solche Gefahr bestehe indessen weder Im Sommer noch im Winter.

Dieser Schlußfolgerung kann nicht beigetreten werden.

Bundesblatt. 49. Jahrg. Bd. III.

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Der Rekurrent leugnet nicht, daß im Winter, wo der Fremden^ verkehr still steht, eine kleinere Anzahl von Wirtschaften ausreichen würde, als im Sommer ; er ficht vielmehr die Richtigkeit des Satzes selbst an, daß eine über das Bedürfnis hinausgehende Zahl von Wirtschaften eine Gefahr für das öffentliche Wohl bilde..

Nun handelt es sich aber hier um eine Erfahrungstatsache, die durch die Revision des Art. 31 der Bundesverfassung vom Jahre 1885 als solche ist anerkannt worden, und es hat der Berner Regierungsrat, indem er dem Rekurrenten die Umwandlung seines Sommerpatentes in ein Jahrespatent im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Mangels eines Bedürfnisses verweigerte, von einem den Kantonen verfassungsmäßig zustehenden Rechte Gebrauch gemacht.

3. Auch darin liegt kein hinreichender Grund zur Anfechtung des regierungsrätlichen Entscheides, daß der Rekurrent, wie er in seiner Rekursschrift erwähnt, während der Zeit, wo seine Wirtschaft geschlossen sei, seine einheimische Kundschaft verliert. Denn wie er selbst bemerkt, wurde ihm das Sommerpatent hauptsächlich mit Rücksicht auf den Fremdenverkehr bewilligt; sein privates Interesse an der Erlangung eines Patentes für das ganze Jahr konnte für den Regierungsrat gegenüber der damit verbundenen Gefahr für das öffentliche Wohl nicht in Betracht kommen.

4. Angesichts aller in Betracht fallenden thatsäehlichen und rechtlichen Verhältnisse liegt ein Grund zur Veranstaltung einer die Bedürfnisfrage prüfenden Expertise für die eidgenössische Instanz, nicht vor.

(Vom 30. April 1897.)

Der Bundesrat hat den Rekurs A n d i n a und Konsorten in Baierna, betreffend Stimmrecht, gestützt auf folgende Erwägungen als unbegründet abgewiesen : I. Der Staatsrat des Kantons Tessin führt in seiner Vernehmlassung aus, die Frist, welche Art. 13 des Tessiner Verfassungsgesetzes vom 5. Dezember 1892 zur Einreichung von Stimmrechtsbeschwerden festgesetzt und welche 10 Tage vor dem Abstimmungstage abläuft, sei eine peremtorische.

Gegen diese Auslegung des tessinischen Gesetzes ist vom bundesrechtlichen Standpunkte aus nichts einzuwenden. Die Bundesbehörden haben zu verschiedenen Malen die Ansicht vertreten, da& die Ordnungsvorschriften, welche im Interesse des Zustandekommens eines auf Wahrheit beruhenden Ergebnisses der Wahl oder Ab-

217 Stimmung in Bezug auf die Anerkennung der Eigenschaft eines Stimmberechtigten oder die Feststellung der Zahl der Stimmberechtigten aufgestellt sind, und eine solche liegt hier vor, nicht angefochten werden können, wenn sie auch gewisse Einschränkungen der Stimmberechtigung zur Folge haben; so könne es auch nicht als eine unbefugte Beeinträchtigung der politischen Rechte der Bürger betrachtet werden, wenn peremtorische Fristen zur Anhebung von Einsprachen gegen das Stimmregister festgesetzt werden (vergi. Rekursentscheid vom 11. November 1895 in Sachen Louis Chappuis und Konsorten in Delsberg [Bundesbl. 1895, IV, 112 und 109]).

Im gegenwärtigen Rekursfalle ist die gesetzliche Frist zur Einreichung von Stimmrechtsbeschwerden, welche mit dem 10. Februar abgelaufen war, nicht eingehalten worden. Die Beschwerde des Andina und Konsorten ist daher vom Staatsrate des Kantons Tessia mit Recht abgewiesen worden. Infolgedessen kann der Rekurs, den Andina und Konsorten gegen diesen Staatsratsbeschluß: an den Bundesrat gerichtet haben, nicht gutgeheißen werden.

II. Dadurch wird indessen dem Rechte der Rekurrenten nicht Eintrag gethan, in der Zukunft ihre Stimmberechtigung geltend zu machen und zur Anerkennung zu bringen, sofern sie unbegründeterweise ihnen bestritten werden sollte (vergi. Entscheide des Bundesrates in Sachen J. Kaufmann in Winikon [Bundesbl. 1893, IV, 893] und Peter Käch und Genossen in Solothurn [Bundesbl. 1895, II, 812]).

Grundsätzlich wurde vom Bundesrat unterm 7. Juli 1881 die Verabfolgung von Abzeichen für Pontonfahrer I. Klasse und unterm 15. Juni 1892 auch die Abgabe von solchen für gute Richtkanoniere beschlossen, die betreffenden Modelle sind indessen bis jetzt vom Bundesrate noch nicht genehmigt worden.

Das Abzeichen der Pontonfahrer wurde bisanhin auf dem linken Oberarm getragen, ebenso dasjenige der Richtkanoniere; es hat dies jedoch den Nachteil, daß das Abzeichen durch die Feldbinde verdeckt wird, so daß es zweckmäßiger wäre, dasselbe am rechten Oberarm anzubringen. Von den Pontonfahrern I. Klasse wird überdies ein gestanzter kleiner Anker auf der Polizeimütze getragen, der bis jetzt vom Manne selbst angeschafft wurde. -Nach Antrag des Militärdepartements wird beschlossen : 1. Es seien die vorgelegten Modelle für Abzeichen für gute Richtkanoniere und Pontonfahrer I. Klasse als Ordonnanz erklärt ;

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2. die Abzeichen seien auf dem rechten Oberärmel des Waffenrockes bezw. der Bluse (Richtkanoniere) zu tragen 5 3. den Pontonfahrern I. Klasse sei der bisherige, an der Mütze getragene, kleine Anker auf Rechnung des Bundes zu verabfolgen.

Das griechische Generalkonsulat in Genf macht mit Note vom 28. April dem Bundesrat die Mitteilung, daß die griechische Regierung ihren Befehlshabern zu Wasser und zu Land Befehl erteilt habe, im Laufe des griechisch-türkischen Krieges den neutralen Staaten gegenüber die völkerrechtlichen Vorschriften gewissenhaft zu beobachten und sich insbesondere an die durch die Pariser Konferenz am 16. April 1856 vereinbarte Erklärung zu halten, welcher Griechenland im Juni gleichen Jahres beigetreten sei und welche nachfolgende Grundsätze aufgestellt habe: 1. Die Kaperei ist und bleibt abgeschafft.

2. Die neutrale Flagge schützt die feindliche Ladung, mit Ausnahme der Kriegskonterbande.

3. Die neutrale Ladung, mit Ausnahme der Kriegskonterbande, kann unter feindlicher Flagge nicht als Prise erklärt werden.

4. Blokaden müssen, um verbindlich zu sein, wirklich bestehen, d. h. durch genügende Kräfte ausgeführt werden, um das Betreten der feindlichen Küsten wirksam zu verhindern.

Die griechische Regierung hege hinwieder die Zuversicht, daß die schweizerischen Behörden und die schweizerische Bevölkerung ihrerseits die ihnen durch eine strikte Neutralität auferlegten Verpflichtungen innehalten werden.

Der Bundesrat hat dem griechischen Generalkonsulat den Empfang dieser Note bescheinigt mit der Beifügung, die griechische Regierung dürfe versichert sein, daß er über die Beobachtung strengster Neutralität während der ganzen Dauer des Krieges wachen werde.

Herrn Leopold Dia z in Genf wird als Generalkonsul der Argentinischen Republik das Exequatur erteilt.

219 Der Bundesvat hat das eidgenössische Versicherungsamt zur Veröffentlichung seines Berichtes über die privaten Versicherungsunternehmungen in der Schweiz im Jahre 1895 ermächtigt.

(Vom 1. Mai 1897.)

Nach Eingang der Bewilligung der k. türkischen Regierung werden auf den türkischen Kriegsschauplatz vom schweizerischen Bundesrat folgende zwei Offiziere abgeordnet: Herr Alfred Boyd e - l a - T o u r , von Courtelary, Oberst im Generalstab und Stabschef des I. schweizerischen Armeecorps, Instruktor I. Klasse der Infanterie, und Herr Moriz von W a t t e n w y l , Hauptmann im Generalstab, Instruktor II. Klasse der Artillerie, von Bern.

Zu der griechischen Armee wird, unter Vorbehalt der Bewilligung der griechischen Regierung *), abgeordnet : Herr Robert W e b e r , Oberst im Generalstab und Stabschef des III. Armeecorps, in Bern.

(Vom 4. Mai 1897.)

Dem Finanzausweis der elektrischen Straßenbahn Zürich-ÖrlikonSeebach wird die Genehmigung erteilt.

Der Bundespräsident hat heute den neu ernannten außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Rußlands, Herrn Geheimrat und Bitter Alexander von J o n i n , zur Entgegennahme seines Beglaubigungsschreibens empfangen.

*) Seither eingelangt.

220 "Wahlen.

(Vom 30. April 1897.)

Finanz- und Zolldepartement.

Zollverwaltung.

Zolleinnehmer in Caslano : Herr Donato Greppi, von Caslano.

Post- und Eisenbahndepartement.

Eisenbahnabteilung.

Kontrollingenieur für Bahnbau und Bahnunterhalt mit Sitz in St. Gallen : Herr Hugo Studer, von St. Gallen.

Postverwaltung.

Postcommis in Aarau : Postcommis in Basel: Postcommis in Glarus :

Postcommis in Schwyz :

Herr ,, ,, ,,

Rudolf Weber, von Egliswil.

Julius Matter, von Kölliken.

Eugen Froidevaux, von Noirmont.

Jobs. Hösli, von Glarus, Postcommis in St. Gallen.

,, Mathias Schönenberger, von Mitlödi, Postcommis in Rheineck.

,, Wilhelm Weber, von Schwyz, Postcommis in Luzern.

Posthalter, Briefträger und Bote in Twann: Frau Wwe. Adele Hubler, von und in Twann.

Telegraphenverwaltung.

Telephongehülfen in Bern : Herr Rudolf Leuenberger, von Bern, ,, Christian Hößli, von Hinterrhein, beide Telegraphisten in Bern.

221

(.Vom 4. Mai 1897.)

Post- und Eisenbahndepartement.

Postverwaltung.

sPosthalter in Romainmôtier: Frl. Marie Meylan, von Le Chenit, Postgehülfiü in Romainmôtier.

IPostcommis in Zürich (Enge): Herr Edwin Bliggenstorfer, von Wettswil.

Posthalter in Hirzel : ,, Jakob Hofmann, von Wädensweil.

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