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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Neubewaffnung der schweizerischen Positionsartillerie.

(Vom 21. November 1882.)

Tit.

Zur Zeit der Militärorganisation von 1817 bestand die Bewaffnung der Positionsartillerie aus bloß 30 Geschützen, nämlich aus 2 Stück 16 Pfd. Kanonen, 11 ,, 12 6

1 2

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kurzen 24 Pfd. Haubitzen, 10 zölligen Mörsern,

2

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30 Stück Geschütze.

Anläßlich der Revision dieses Militärgesetzes von 1817 in den Jahren 1840 und 1841 wurde das Personal der Positionsartillerie von demjenigen der Feldartillerie abgetrennt und in 10 Kompagnien mit einem Bestände von je 73 Mann formirt.

Das Positionsgeschütz erhielt sodann die Bezeichnung von Reservegeschütz und wurde beträchtlich verstärkt, indem nicht bloß den Kantonen die Stellung von 100 Geschützen, nämlich von 18 Stück 12 Pfd. Kanonen, 70 ,, 6 und 8 Pfd. oder langen 4 Pfd. Kanonen, 12 ,, 24 Pfd. kurzen Haubitzen,

378 auferlegt wurde, sondern zudem die gesammte Eidgenossenschaft noch weitere 60 Geschütze anzuschaffen hatte, nämlich : 30 Stück 12 Pfd. Kanonen, 20 ,, 24 ,, Haubitzen, 10 ,, 8 zöllige Mörser.

Es bestand somit die damalige Bewaffnung der Positionsartillerie nach Vollendung dieser Anschaffungen aus 48 Stück 12 Pfd. Kanonen, 70 ,, Kanonen leichtern Kalibers, 32 ,, kurzen 24 Pfd. Haubitzen, 10 ,, 8 zölligen Mörsern, Total 160 Geschützen.

Bei der Reorganisation der schweizerischen Armee im Jahre 1850 wurde das Ungenügende dieser Armirung sowohl mit Bezug auf Zahl als auf Geschützart erkannt und eine weitere Vermehrung des Bestandes an Positionsgeschützea angebahnt, indem der Bund die Stellung einer größern Anzahl von Geschützen übernahm.

Das Bundesgesetz über die Beiträge der Kantone und der Eidgenossenschaft zum Bundesheer, vom 27. August 1851, setzte hierüber Folgendes fest: 1) Durch die Kantone werden geliefert: 30 Stück 12 Pfd. Kanonen, 56 ^ 6 und 8 Pfd. Kanonen, 16 ,, 24 Pfd. Haubitzen, 102 Stück Geschütze.

2) Durch den Bund: 60 Stück 12 Pfd. Kanonen, 30 ,, 24 ,, Haubitzen, 10 ,, 8 zöllige Mörser, 100 Stück Geschütze, Zu jedem Geschütz sollten' ferner gestellt werden: je 150 Schüsse und l Caisson per leichtes und 2 per schweres Geschütz (12 Pfd. Kanonen und 24 Pfd. Haubitzen).

Im Ganzen waren daher 202 Positiousgeschütze zu beschaffen, was einer Vermehrung von 42 Stück gleichkam.

Nach diesem Gesetze war den Kartonen gestattet, in Ermanglung ordoimanzmäßiger Geschütze einstweilen zu stellen : statt eid-

379 genössischen 6 Pfd. Kanonen lange oder auch kurze französische 8 Pfd. und Berner 6 Pfd. oder in Ermanglung solcher 6 und 8 Pfd.

Geschütze, sogar bloß lange 4 Pfd. Kanonen. Es durften ferner statt 24 Pfd. Haubitzen eidgenössischer Ordonnanz französische kurze 15 Pfd. Haubitzen oder österreichische 7 Pfd. (Steingewicht) Haubitzen gestellt werden.

L:\nge Jahre hindurch boten dadurch die Bestände der Kantone ein sehr buntes Gemisch von nach Art, Kaliber .und Gewicht sehr verschiedenen Geschützgattungen, und ähnlieh stund es mit deren Laffetirung und Munition.

Anschließend an die Reorganisation der schweizerischen Armee im Jahre 1850 wurde 1851 eine neue Ordonnanz für 6 und 12 Pfd.

Kanonen und 1853 eine solche für lange 12 und 24 Pfd. Haubitzen erlassen, nach welchen Ordonnanzen fernerhin die Bewaffnung der Feld- und der Positionsartillerie sich gestalten sollte. Der Bund machte die ihm zufallenden Neuanschaffungen nach diesen Ordonnanzen und ersetzte zugleich die von früher vorhandenen wenig wirksamen kurzen 24 Pfd. Haubitzen nach Ordonnanz von 1819 durch neue lange 24 Pfd. Haubitzen nach Ordonnanz 1853, wodurch eine weitere Verbesserung der Bewaffnung der Positionsartillerie erreicht wurde.

Von den Kantonen dagegen fanden sich nur wenige veranlaßt, im Laufe der Jahre ihre altern Geschütze durch solche nach eidgenössischer Ordonnanz zu ersetzen,' und erst bei Anlaß der Umwandlung der glatten Geschütze in gezogene gelang es, die vielerlei Arten nicht ordonnanzmäßiger Geschütze zu beseitigen, welche stets noch die kantonalen Zeughäuser anfüllten.

Mit der Vermehrung und Verbesserung der Positionsgeschütze im Jahr 1850 fand gleichzeitig die Erhöhung der Zahl der Positionskompagnien auf drei ganze Kompagnien des Auszuges und acht ganze und zwei halbe der Reserve statt, erstere mit einem Bestände von 80, letztere mit einem solchen von je 48 Mann.

Ein weiterer gi-oßer Schritt in der Entwicklung unserer Positionsartillerie geschah sodann durch die im Jahr 1866 bei derselben begonnene Einfuhrung des Systems gezogener Geschütze mit Lauggeschossen, welche mit der Verbesserung der Bewaffnung zugleich auch noch eine Vermehrung der Geschütze brachte.

Durch Bundesbeschluß vom 19. Juli 1866 wurden nämlich durch Einführung schwerer gezogener Geschütze bei der Feldartillerie überflüssig gewordene 28 Stück 12-Pfd. Kanonen ebenfalls der Positiousartillerie zugewiesen und dadurch die Zahl der von Bund

380

und Kantonen zur Positionsartillerie zu stellenden 12 Pfd. Kanonen von 90 auf 118 Stück gebracht und in gezogene 12cm. Hinterlader umgewandelt. Diese Umwandlung geschah nach dem Muster ·der bei der deutschen Festungs- und Belagerungsartillerie eingeführten umgeänderten 12 cm. Hinterlader, und ließ sich für die Mehrzahl der Geschütze durch bloße Umänderung der glatten Rohre bewerkstelligen, so daß nur ein kleinerer, schon stark abgenutzter Theil der 12 Pfd. Kanonenrohre umgegossen werden mußte. Es war dann dieser gezogene 12 cm. Hinterlader, mit 14,2 kg. schweren Langgeschossen und 1,06 kg. Ladung das beste Geschütz unserer Positionsavtillerie, was sich nach dern damaligen Stande der Konstruktion gezogener Geschütze und mit möglichst geringen Kosten schaffen ließ. Die vielen Versuche, welche der Annahme dieses Geschützmodells vorangegangen waren und deren Hauptergebnisse in der Botschaft vom 26. Juni 1866 niedergelegt sind, leisteten den Beweis, daß dasselbe damals von keinen gleichartigen Geschützen unserer Nachbarstaaten übertroffen wurde. Unser 12 cm.

Hinterlader kam an Wirkung dem 12 em. Hinterlader der deutschen Belagerungsartillerie gleich, der noch im Kriege 1870/71 bei den Belagerungen der französischen Festungen eine · Hauptrolle spielte und sich den französischen Vorderladern sehr überlegen zeigte.

Ein späterer Bundesbeschluß vom 27. Juli 1869 räumte mit den 4, 6 und 8 Pfd. Kanonen und kurzen Haubitzen aller Art auf, sowie auch mit den langen 12 Pfd. Haubitzen, welche bei Umänderung der Bewaffnung der leichten Feldbatterien von diesen her der Positionsartillerie zugewiesen worden waren.

Aus allen diesen Geschützen wurden durch Umguß der Rohre ·und theilweise neue Laffetirung 43 Stück gezogene 10,5 cm.

Hinterlader und 45 Stück gezogene 4 Pfd. Vorderlader gleichen Modells, wie die damals bei der Feldartillerie eingeführten schweren und leichten Feldgeschütze (beim 10,5 cm. Hinterlader jedoch die Rohre von Bronze statt von Gußstahl) erstellt. Auch mit diesen gezogenen Geschützen stellte sich, besonders mit dem 10,5 cm.

Hinterlader, die Bewaffnung der Positionsartillereie, was leichte Geschütze anbetrifft, ganz auf die Höhe der damaligen Zeit. Sie waren den von den auswärtigen Artillerien geführten Feld- und leichten Positionsgeschützen wenigstens ebenbürtig und wurden dies noch vollständiger,
als der Bundesbeschluß vom 21. Juli 1871 betreffend Umgestaltung der gezogenen Vorderlader auch bei der Positionsartillerie noch den für die Feld artillerie angenommenen 8,4 cm.

Hinterlader neuester Konstruktion an Stelle der gezogenen 4 Pfd.

Vorderlader setzte.

381 Nach Ausführung der erwähnten Bundesbeschlüsse verfügte d:.e Positionsartillerie in den letzten Jahren der alten MiKtärorganiSiition über 206 gezogene Hinterlader, nämlich: 118 12cm. Geschütze, 43 lO^crn.

,, 45 8,4 cm. ,, Dazu kamen noch an glatten Geschützen 46 16crn. (früher 24 Pfd.) Haubitzen und 10 22 cm. (früher 8 zöllige) Mörser.

Mangel an Mitteln und die Ansicht, daß die glatten 16 cm.

Haubitzen immer noch nützliche Dienste würden leisten können, hatten es noch nicht zu einer Umwandlung dieser Geschütze kommen lassen; die Mörser aber erschienen bei ihrer geringen Zahl zu bedeutungslos und die Konstruktion gezogener Mörser lag noch in den ersten, zu unsichern Anfängen, als daß die Notwendigkeit einer Umwandlung dieser Geschützart sieh aufgedrängt hätte.

Die neue Militärorganisation vom 13. November 1874 erhöhte socann den Personalbestand der Positionsartillerie, gab demselben eine bessere Organisation und bahnte eine bessere Instruktion an ; in c.er Bewaffnung erhöhte sie bloß den höchst ungenügenden Munitionsbestand auf 200 Schüsse per Geschütz, was zur Beschaffung von geeigneten Munitionskisten als weitere Zuthat zum Materiale der Positionsartillerie führte. Im Uebrigen beschränkten sich alle seit der Ausführung des letzten, die Positionsartillerie berührenden Bundesbeschlusses vom 21. Juli 1871 in der Bewaffnung und Ausrüstung der Positionsartillerie vorgenommenen Aenderungen und Neuerungen f.uf Beschaffung von Hemmkeilen und Richtstäben, einer Anzahl von erhöhten Positionslaffeten für 8,4 cm. und 10,5 cm. Geschütze und allmälige Anschaffung von 6 Stück neuer kurzer 15 cm. Hinterlader mit Rohreu von Bronze.

Seit dieser Zeit, insbesondere aber im Laufe der 70er Jahre, liât sich bei der Artillerie aller unserer Nachbarstaaten eine großartige , tiefgehende Umgestaltung der Bewaffnung der gesammten Artillerie angebahnt, welche bis jetzt größtenteils schon vollzogen ist.

Infolge der gesteigerten Wirkung des Infanteriefeuers, der vermehrten und bessern Anwendung und der Vervollkommnung von Deckungsmitteln sind seit dem deutsch - französischen Kriege and andern seitherigen Kriegen die Anforderungen an die Wirkung der Geschütze aller Arten gewaltig gestiegen; ebenso haben sich auch die Mittel vermehrt und vervollkommnet, welche Wissenschaft

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und Technik bieten, um diesen Anforderungen entgegenzukommen.

Sämmtliche Nachbarstaaten haben in den letzten 10 Jahren von diesen Mitteln ausgedehntesten, vor keinen Kosten zurückschreckenden Gebrauch gemacht, um zunächst ihre Feldartillerien, dann auch ihre Belagerungs- und Festungsartillerie mit ganz neuen, vervollkommneten Geschützen von sehr gesteigerter Feuerwirkung zu bewaffnen , welche unsern bisherigen Geschützen gleicher Art und ähnlichen Kalibers in erdrückendem Maße überlegen sind.

Was zur Zeit der Konstruktion unserer bisherigen gezogenen Hinterlader noch nicht erreichbar schien, ist seitdem erreicht worden. Anwendung vervollkommneten Materials und Ausbeutung der Methode der Beringung der Rohre gestatten nun, den Geschützrohren bei verhältnißmäßig geringem Gewichte eine solche Festigkeit zu geben, daß sie im Verhältniß zum Geschoßgewicht viel stärkere Ladungen zu ertragen und so dem Geschosse bedeuleud größere Anfangsgeschwindigkeit als früher zu verleihen vermögen. Während wir bei unsern bisherigen Geschützen noch mit Ladungen von höchstens lk Geschoßgewicht zur Erreichung einer Anfangsgeschwindigkeit von 300 bis höchstens 400 m. uns begnügen mußten, hat es nun keine Schwierigkeit, Rohre für Ladungen von übßr 1U Geschoßgewicht zur Erreichung einer Anfangsgeschwindigkeit von 450 bis über 500 m. zu erstellen, wie solche jetzt zur Erfüllung der gesteigerten Anforderungen an die Wirkung der Geschütze verlangt werden müssen. Hand in Hand mit diesen Fortschritten in der Konstruktion der Geschützröhren und Verbesserungen in der innern Einrichtung derselben für die Führung des Geschosses sind auch solche in der Erstellung der Geschosse gegangen, so insbesondere durch Vervollkommnung der genauen Führung im Rohre, durch günstigere Konstruktion des Geschosses hinsichtlich des Luftwiderstandes im Fluge.

Infolge dieser Verhältnisse vermögen die neuern Geschütze ihren Geschossen nicht nur viel größere Anfangsgeschwindigkeit, sondern mit Hülfe dieser letztern auch viel größere Schußweite und rasantere Flugbahn zu geben, ihnen größere Endgeschwindigkeit beim Auftreffen am Ziele und dadurch größere Durchschlagskraft zu bewahren ; zugleich ist ihre Trefffähigkeit eine wesentlich gesteigerte. Zu einer Erhöhung der Wirkung der Geschoße tragen bei den neuern Geschützen ferner die in der Anfertigung
ersterer aus Hartguß oder aus Stahl gemachten Fortschritte bei; aus Hartguß oder Stahl lassen sich jetzt die Geschosse fest und hart genug zur Zerstörung selbst der stärksten Ziele herstellen.

Diese Fortschritte wurden nicht unwesentlich unterstützt durch die Verbesserungen in der Herstellung des Pulvers. Man hat gelernt,

383 durch die Fabrikation des Pulvers, besonders was die Größe und Fcrm der Körner anbetrifft, die Wirkung desselben im Rohre in weitgehendem Maße zu reguliren und durch Erstellung von Pulver von sehr vergrößertem Korne die zur Erzielung der gesteigerten Anfangsgeschwindigkeiten erforderliche gewaltige forttreibende Wirkt.ng auf das Geschoß zu erhalten, ohne daß dabei das Rohr durch einen bei der Verbrennung der Ladung gar rasch und hoch ansteigenden Druck der Pulvergase in gefährlicher Weise angegriffen wird. Unsere Pulverfabrikation hat bereits den Beweis geleistet, daß sie den auswärts gemachten Fortschritten zu folgen und allen Ansprüchen, welche die Erstellung neuer Geschütze an sie stellen kannte, zu genügen vermag.

Wenn es bei den im Laufe der letzten 10 Jahre im Geschützwesen gemachten Fortschritten eine Zeit laug schien , als ob das althergebrachte Rohrmaterial, die Bronze, ganz dem Stahle weichen müsse, so hat sich doch schließlich, Dank den in der Herstellung von Rohren aus Bronze gemachten Fortschritten, dieses Material wieder zu behaupten vermocht. Durch besondere Behandlung des Rohrmaterials beim Guß und der weitern Ausarbeitung ist es gelungen, der Bronze eine stahlartige Festigkeit und Härte zu verleihen und damit Rohre aus Bronze herzustellen, welche, wenigstens so lange es sieh nicht um solche größern Kalibers, über 15 cm., handelt, Rohren aus Stahl an Festigkeit kaum nachstehen und genügende Ausdauer besitzen. Die Herstellung derartiger HartbronzeSohre bietet unserer Industrie keine unüberwindlichen Schwierigkeiten, ist auch bereits mit einem 8,4 cm. und einem 15 cm. Rohre für verstärkte Ladungen von derselben versucht worden, wobei sich gezeigt hat, daß es auch bei uns gelingen wird, eine brauchbare Hartbronze herzustellen.

Die nachstehende Umschau über die neueste Bewaffnung der Festungs- und Belagerungsartillerie der uns umgebenden Staaten zeigt, wie alle in der Konstruktion und Fabrikation der Geschützröhren, Geschosse und des Pulvers gemachten Fortschritte in der dort durchgeführten oder in Ausführung begriffenen Neubewaffnung der gesarnniten Artillerie ihren Ausdruck finden.

In Frankreich finden wir an die Stelle der frühern Vorderladerrohre folgende Hinterlader gesetzt : a. Ein 12 cm. Rohr in beringtem Gußstahl, Modell 1878.

Dieses Rohr wiegt 1200 kg. und hat eine Totallänge von 3,260 m. Die Ladung beträgt 4,5 kg. und ertheilt dem 17,fS kg.

schweren Geschoß eine Anfangsgeschwindigkeit von 480 m. Der

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Verschluß ist ein Schraubenverschlußsystem mit dem Gasabschluß oder Liderung nach System Bange. Die hiezu gehörende Laffete ist eine erhöhte Blechlaffete mit Zahnstangenrichtmaschirie, die Wände von starkem Stahlblech konstruirt. Gewicht 1130 kg. ohne und 1570 kg. mit Rädern, ohne Protze.

b. Das 15,5 cm. Rohr, Modell 1877, im Gewicht von 2530 kg.

und Totallänge von 4,2oo m., welches mit einer Ladung von 9 kg.

einem 40 kg. schweren Geschoß eine Anfangsgeschwindigkeit von 464 m. ertheilt. Verschluß und Liderung ähnlich wie beim 12 cm. Rohr, ebenso Bau der erhöhten Stahliaffete, deren Gewicht mit Rädern 3255 kg. beträgt.

Außer den Granaten werden aus beiden Geschützen auch Shrapnels geschossen, wovon beispielsweise dasjenige des 15,5 cm.

Geschützes 41 kg. wiegt und 270 Kugeln von 16,7 mm. enthält.

c. Zu diesen zwei ganz neuen Stahlrohren gesellt sich noch als leichtes Festungsgeschütz das für den Feldkrieg als zu schwer befundene, ursprüngliche 9,5 cm. Lahitolle-Geschütz, dessen Rohrgewicht 706 kg. beträgt.

Dieses Geschützrohr schießt mit der Ladung von 2,1 kg. eine beinahe 11 kg. schwere Granate, der eine Anfangsgeschwindigkeit von 443 m. ertheilt wird. Die Laffete mit Rädern wiegt 892 kg.

und das aufgeprotzte ausgerüstete Geschütz 2328 kg.

Es ist hier kaum der Ort, auch der altern Geschütze näher zu gedenken, welche noch zu Zwecken der Positionsartillerie disponibel sind , wie der Kanone von 13,8 cm. , welche durch das Umwandeln der glatten 16-Pfünder-Kanone in ein Hinterladerrohr geschaffen wurde, der alten Vorderladerrohre vom Kaliber der 12- und 24-Plünder glatten Rohre, der kurzen 15,5 cm'.

Kanone und der 24 cm. Rohre in Gußeisen und in beringter Stahlkonstruktion, welche mehr der Festungs- und namentlich der Küstenartillerie angehören, wie auch des Mörsers vom Kaliber 27 cm., der ein 180 kg. schweres Spitzgeschoß wirft. Wohl aber ist zu erwähnen , daß auch die französische Artillerie im Begriffe steht, einen leichten Mörser vom Kaliber 9 cm. einzuführen, welcher bei einem Rohrgewicht von bloß 70 kg. und einer eben so schweren Laffete eine Granate von 8 kg. Gewicht schleudert, welche eine Tragweite bis über 2000 m. erreicht.

Ebenso hat Italien in den jüngsten Jahren' seine Positionsgeschiitze gänzlich umgewandelt, indem an die Stelle der gezogenen Vorderlader lauter Hinterlader sowohl in beringtem Gußeisen als in Gußstahl und theilweise auch in Bronze-Hartguß getreten sind.

38 Abgesehen von Küstengeschützen führte die italienische Artillerie folgende Positionsgeschütze ein: a. Ein 9 cm. Rohr gleicher Konstruktion wie das 9 cm. Rohr der Feldartillerie, in beringtem Gußstahl vom Kaliber 8,7 cm., Rohrlänge 2,1 m. und 492 kg. Gewicht, welches bei der Ladung von 1,450 kg. Kieselpulver der 6,73 kg. schweren Granate eine Anfangsgeschwindigkeit von 454 m. ertheilt.

Dieses Geschütz ist mit Ringgranaton, Shrapnels und Büchsenkartätschen ausgerüstet. Das 9 cm. Rohr, in Hartbronze erstellt, ist etwas kürzer, als das stählerne, und wiegt, 482 kg. Es verfeuert die gleichen Geschoße ebenfalls mit der Ladung von 1,460 kg. bei ungefähr den nämlichen Anfangsgeschwindigkeiten wie das Stahlrohr.

fa. Ein 12 cm. Rohr in beringtem Gußeisen, 1510 kg., in Hartbronze, 1206 kg., in beringtem Gußstahl, 1400 kg. schwer.

Diese drei Rohre haben insgesammt die gleiche äußere Länge von 2,815 m. , die gleiche Anzahl von Zügen (36), jedoch verschiedenen Drall, indem er bei dem Hartbronzerohr 37,5 Kaliber beträgt, bei den beiden andern Rohren dagegen 50 Kaliber.

Diese letztern ertheilen dem 16,5 kg. schweren Geschoße mit ^.-,5 kg. Pulverladung eine Anfangsgeschwindigkeit von 508 m., während das Bronzerohr bloß die Ladung von 3,6 kg. erträgt, mit welcher eine Anfangsgeschwindigkeit von 445 m. erzielt wird.

Diese Rohre werden entweder auf erhöhte Laffeten von Stahlblech oder auf Rahmenlaffeten gelegt, welche als Walllafi'eten sowohl als für Kasematten verwendet werden können.

c. Eine gezogene 15 cm. Haubitze von Gußeisen, beringt und ils Hinterlader eingerichtet.

Dieses Geschützrohr hat ein Gewicht von 1440 kg. Aus demselben werden sowohl 30,4 kg. schwere Granaten als 35 kg. schwere Shrapnels mît 1,5 kg. Ladung verfeuert, welche denselben eine Geschwindigkeit von 260, resp. 230 m. verleiht.

Dieses Geschütz ist besonders zum indirekten Schuß bestimmt, sowohl zum Brescheschießen als zum Entiliren von feindlichen Werken.

d. Eine 15 cm. Kanone in beringtem Gußeisen, mit dem nämlichen Schraubenverschluß und gasdichtem Abschluß nach französischem System, wie beim 15 cm. Haubitzrohr, zu;1 Verwendung im direkten Schuß, besonders als Bresehegeschütz.

Dieses Geschützrohr wiegt 3300 kg. und ertheilt mit 9 kg.

Ladung der 30,4 kg. schweren Granate eine Anfaugsgeschwindig-

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keit von 510 m. und eine lebendige Kraft von 403 M. Tonnen.

Auch dieses Geschütz ist mit Shrapnels von 35 kg. Gewicht ausgerüstet , welche 355 Stück 23 Gramm schwere Bleikugeln enthalten.

e. Die 21 cm. Haubitze, in beringtem Gußeisen mit Schraubenverschluß. Rohrlänge 2,456 m., Rohrgewicht 2850 kg., Gewicht der Laffete 1800 kg.

Dieses Geschütz ist speziell für die Fälle bestimmt, wo im indirekten Wurf besonders die Perkussionskraft des Geschosses zur Geltung gelangen soll,, wie zum Durchschlagen von Deckungen, Gewölben u. s. w. Dieses wiegt 79 kg. und erhält mit der Ladung von 3,5 kg. eine Anfangsgeschwindigkeit von 235 m.

f. An Mörsern sind folgende Geschützrohre bei der italienischen Artillerie noch im Stadium der Versuche begriffen: Kaliber 24cm.

14,9cm.

8,7cm.

Art des Verschlusses

.

. {Schraubenverschluss"} kg.

Geschoßgewicht .

.

Sprengladung der Granate Wurfladung .

.

.

In Geschoßgewicht .

.

.

.

.

Keilverschluß kg.

kg.

117 8,3 6,0 1 /19

30,4 6,73 1,7 0,20 1,5 -- 1/21 -- m.

m.

Größte Schußweite .

.

3700 3000 Alle diese Mörserrohre werden in Hartbronze angefertigt.

Die deutsche Artillerie führt als Positionsgeschütz in den neuen Beständen folgende neue Geschütze: a. 9 cm. Kanone in Hartbronze, incl. Laffete 1200 kg. schwer, welche mit der Ladung von 1,5 kg. eine 7 kg. schwere Granate mit 444 m. Anfangsgeschwindigkeit und ein 8,15 kg. schweres Shrapnel mit 417 m. Anfangsgeschwindigkeit schießt. Sie ist bestimmt, namentlich gegen Truppen verwendet zu werden, kann aber auch zum Demontiren auf kleinere Entfernungen dienen.

b. Schwere 12 cm. Kanone aus Hartbronze, besonders zur Bekämpfung der feindlichen-Artillerie, sowie zum Demontiren leichterer Deckungen und Mauern, und auch zum Sbrapnelschuß bestimmt. Gewicht von Rohr und Laffete 2290 kg., Rohr mit Verschluß 1300 kg.

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Granatgewicht 16,3 kg. i T , OKI Shrapnelgewicht 19,6 ° / LadunS 3'5 k§' Anfangsgeschwindigkeit der Granate 430 m.

,, des Shrapnels 390 ,, e. Kurze 15 cm. Kanone, Modell 1870, zum indirekten Schuß und zum Demoliren von Erd- und Mauerwerk bestimmt. Gewicht des Rohres 1500 kg. Feuert eine 27,7 kg. schwere Langgranate, enthaltend 1,9 kg. Sprengladung, mit der Ladung von 1,5 kg., und ein Shrapnel von 31 kg.

d. 15 cm. Ringkanone, Modell 1872, Rohrgewicht 3012 kg.

mit Verschluß, welche mit 6,2 kg. prismatischen Pulvers der 27,7 kg. schweren Langgranate eine Anfangsgeschwindigkeit von 485 m. ertheilt, dem 39 kg. schweren Shrapnel eine solche von 404 m. und der 35,5 kg. schweren Hartgußgranate eine solche von 420 m. Findet besonders Verwendung für das Bombardement auf weite Distanzen bis über 8500 m. und zur Zerstörung von Mauerwerk und von Panzerungen mittelst der Hartgußgranaten.

Aeußerst ergiebige Shrapnelwirkung selbst bis über 3000 m.

e. Lange 15 cm. Ringkanone, Modell 1873, welche zwar nur in geringer Zahl in Festungen vorkommt und mehr als Küstenund Schiffsgesehütz verwendet wird. Gewicht mit Verschluß 4000 kg.

Sie schießt die Langgranaten mit 7 kg. prismatischen Pulvers und die Hartgußgranaten mit 8,5 kg.

f. Kurze 21 cm. Kanone. Mit derselben wird die Zerstörung von todten Zielen auf größere Distanzen oder von bedeutender Widerstandskraft bezweckt, gegen welche die Wirkung des kurzen 15 cm. nicht ausreicht. Dieselbe soll die 80 kg. schwere Granate mit der Ladung von 4,750 kg. bis auf 5000 m. werfen.

Die Sprengladung der Granate beträgt 4,75 kg.

g. 21 cm. Mörser, Modell 1871, in Hartbronze, ebenfalls zu dem Zweck bestimmt, Deckungen aller Art zu zerstören, wirft die 80 kg. schwere Granate mit Ladungen von l bis 3,soo kg. bis auf 3900 m.

h. 9 cm. Mörser von Bronze mit Sehrauben Verschluß und Pulverkammer in der Schraube selbst. Kaliber 8,8 cm.

Der Mörser ist 104 kg. schwer, die Laffete hat ungefähr dasselbe Gewicht. Ladungen von 90 bis 180 g. Pulver werden den verschiedenen Entfernungen bis 1700 m. entsprechend, angewendet.

Die Granate wiegt 7 kg., gleich derjenigen der schweren 9 cm.

Kanone. Dieser Mörser ist hauptsächlich zur Verwendung gegen Bundesblatt. 34. Jahrg. Bd. IV.

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388 Truppen und feindliche Geschütze bestimmt, zur Bewerfung derselben hinter Deckungen.

Die Österreichische Artillerie hat für ihre Positionsgeschütze nach jahrelangen Proben und Versuchen sich als Material die sogenannte Uchatius- oder Hartbronze ausgewählt und in den jüngsten Jahren die Kaliber von 12, 15 und 18 cm. angenommen, zu denen sich noch von früher her ein 21 cm. Mörser in Gußeisen gesellt und nächstens noch leichte Mörserrohre beigefügt werden.

a. Das 12 cm. Rohr von Hartbronze hat eine Rohrlänge von 3,2m. oder 26,7 Kalibern und ein Gewicht von 1700 kg. Die dazu gehörige Laffete aus Stahlblech gibt dem Rohre eine Lagerhöhe von 1,9 m., gestattet eine Elevatiou bis zu 30 Graden und wiegt 1800 kg. Aus diesem Geschütz werden 2,8 Kaliber lange Granaten von 16,7 kg. Gewicht mit 4,8 kg. Würfelpulver von 13 mm.

mit einer Anfangsgeschwindigkeit von 516 m. geschossen.

Die Shrapnels von 2,5 KaliberLänge, 19,5 kg. im Gewicht, 240 Bleikugeln enthaltend, erhalten eine Anfangsgeschwindigkeit von 484 m.

Dieses Geschütz bildet den Hauptbestandteil der österreichischen Belagerungs- und Pestungsartillerie und eignet sich ebensogut zur Bekämpfung von Truppen als zur Zerstörung feindlichen Artilleriematerials und der Deckungen (Demontiren).

b. Das 15 cm. Rohr von Hartbronze, hauptsächlich zur Wirkung aus großer Ferne, sowie gegen feste Ziele (Brustwehren und Mauern) bestimmt, wird sehr große Erfolge gegen Truppen mit Shrapnels erzielen und dient auch mittelst Hartgußgranaten zur Zerstörung von Panzerungen. Dieses Geschütz hat eine Länge von 3,600 in. oder von 24 Kaliber und wiegt 3200 kg. Dessen Laffete, ebenfalls aus Stahlblech und mit Richtapparat mit Zahnbogen, wie beim 12 cm. Rohr, gestattet eine größte Elévation von, 28° und wiegt 2080 kg. Es schießt die 31,5 kg. schwere Granate mit der Ladung von 7,8 kg. Würfelpulver von 13 mm. mit einer Anfangsgeschwindigkeit von 480 m. und ertheüt der Hartgußgranate von 38 kg. Gewicht eine solche von 450 m.

Die Shrapnels vom Gewichte 36,9 kg. und 380 Bleikugeln von 16 mm. Durchmesser und 24 Gramm Gewicht fassend, erhalten eine Anfangsgeschwindigkeit von 450 m. und sind wirksam bis auf 3000 m., indem die einzelnen Kugeln auf dieser Distanz noch das Durchschlagvermögen eines Gewehrgeschosses auf 225 m. besitzen.

389 c. Das 18 cm. Rohr ist hauptsächlich zur Verwerthung im indirekten Schusse bestimmt. Das Rohr hat eine Länge von 2,225 m. oder 12 Kaliber und wiegt 2000 kg. Es paßt auf dieselbe Laffete, die für das 15 cm. Rohr bestimmt ist. Die Granate wiegt 56 kg. und hat eine Sprengladung von 3,45 kg. Das Shrapnel wiegt 64 kg. und hat eine Füllung von 500 Bleikugeln.

Die Ladungen für den Granatwurf betragen je nach der Entfernung 0,9 bis 3,2 kg. Letztere Ladung gibt der Granate eine Anfangsgeschwindigkeit von 252 m. und eine lebendige Kraft von 181 Metertounen, daher die Geschosse der 18 cm. Kanone eine große Ueberlegenheit gegenüber den Geschossen der 15 cm. Haubitze zeigen, welche auch in Bezug auf Präzision des Schusses sehr übertroffen werden. Vermöge der starken Sprengladung ist die minenartige Wirkung in Erdwerken eine sehr große, zirka das Dreifache derjenigen der 12 und 15cm. Granate. Ebenso,ist die Wirkung der 18 cm. Shrapnels eine ganz vorzügliche, namentlich beim Bewerfen traversirter Linien.

d. Im Stadium der Versuche sind noch ein leichter 9 cm.

Hinterladermörser von 0,687 m. Länge und dem Gerichte von 72 kg. zur Hervorbringung von Wurffeuer im Belagerungs- und Festungskrieg. Mit der Laffete wiegt dieses Geschützrohr 127 kg.

und kann solches durch eine Achse und zwei Räder leicht fahrbar gemacht und von einem Manne gezogen werden. Bei 0,12 kg.

Ladung und 45 ° Elévation ergibt sich eine Wurfweite von 1200 m.

e. Der 21 cm. Hinteiiadermörser, in Hartbronze erstellt, soll den schweren eisernen 21 cm. Mörser ersetzen. Er ist 3362 kg.

schwer, die dazu gehörende Laffete 2350 kg. Es wurden die Versuche mit 2,5 und mit 2.8 Kaliber langen Spitzgeschossen von 84,5 respektive 94 kg. Gewicht gemacht und bei Ladungen von l bis 6,5 kg. recht günstige Resultate erzielt, besonders mit den 2,8 Kaliber langen Geschossen. Mit der Ladung von 6,5 kg.

wurde unter 45 ° Elévation die Wurfweite von 6600 m. erzielt.

f. Als leichtes Positionsgeschütz kann die österreichische Artillerie jeden Augenblick die 9 cm. Kanone ihrer Feldartillerio verwerthen.

Aus diesem Ueberblick über die Bewaffnung der FestungKuud Belagerungsartillerie unserer Nachbarstaaten läßt sich der Schluß ziehen, daß die Frage der Bewaffnung derselben eine so ziemlich abgeklärte geworden ist und daß sich bei allen Artillerien das Bedürfniß nach folgenden Geschülzarten und Kalibern erkennen läßt:

390 1) einem leichtern Feldgeschütze vom Kaliber von 8 bis 9 cm.

behufs Deckung der Flanken, Verwendung in Zwischenbatterien oder in Stellungen, wo schwere Geschütze kaum hinzubringen sind ; 2) einem leichten wirklichen Positionsgeschütze vom Kaliber 12 cm., verwendbar gegen Truppen sowohl als gegen feste Ziele, Brustwehren und leichteres Mauerwerk, als hauptsächlichstes, -jn allen Staaten in stärkster Proportion bei Belagerungsparks wie bei der Geschützdotirung der Festungen verwendetes Geschütz ; 3) einem schweren Positionsgeschütze, zur Wirkung auf große Entfernungen bestimmt und gleichzeitig geeignet, feste Hindernisse von größerer Widerstandskraft, sogar leichtere Panzerungen zu bewältigen und von größter Wirkung im Shrapnelschuß. Es ist dies die lange 15cm. Kanone; 4) einem Geschütze, welches sich besonders für den indirekten Schuß gegen Ziele hinter Deckungen eignet, welche der Wirkung der Kanonen großentheils entzogen sind. Dies sind die kurzen 15 cm. Kanonen oder 15 cm. Haubitzen, für welche in einigen Artillerien die Kaliber sogar bis 18 cm. und 21 cm.

erhöht wurden, um gegen Gewölbe und Deckungen noch kräftigere Wirkungen zu erzielen; 5) einem leicht transportabeln Mörser von kleinem Kaliber zur Beunruhigung des Feindes in gedeckten Stellungen aller Art.

Kaliber 8--12cm.

6) einem schwereren Mörser zur minenartigen Wirkung gegen Brustwehren, Zusammenschlagen von gemauerten Eindeckungen, Kaliber 15--21 cm.

Die vorstehenden, wie die noch nachfolgenden, hauptsächlich in Betracht kommenden Angaben über die verschiedenen Geschütze mit Bezug auf Geschoßgewicht, die Anfangsgeschwindigkeit der Geschoße, die Flugbahnverhältnisse, Endgeschwindigkeiten und Trefffähigkeit auf verschiedene Entfernungen lassen gleich erkennen, wie in allen diesen Punkten selbst unsere gezogenen Hinterlader -- mit Ausnahme des als Ersatz für den successiven Abgang in den Feldbatterien eingeführten Ringgeschützes -- von den gleichartigen neuen Geschützen von ähnlichem Kaliber der ausländischen Artillerien überholt wurden, und daß deßhalb vollends nicht mehr daran gedacht werden kann, in unserem Park für Positionsartillerie glatte Geschütze, wie die 16 cm. Haubitzen oder den 22 cm. Mörser, fortzuerhalten, deren allzu geringe Tragweite und Trefffähigkeit dieselben für den Geschützkampf ganz werthlos macht und denselben nur

391

noch eine in seltenen Fällen ausreichende Wirkung gegen todte und lebende Ziele auf nahe Entfernungen zukommt; endlich unsern 12cm. Kanonen annähernd die gleiche Unzulänglichkeit anhaftet.

Um die für uns passende Bewaffnung der Positionsartillerie festzustellen, ist vor Allem zu ermitteln, welche Aufgabe derselben im Kriege zukommen dürfte. Wir glauben auch an diesem Orte der Anschauung entgegentreten zu sollen, als sei unsere Positionsartillerie dasselbe, was die Nachbarstaaten als Festungs- und Belagerungsartillerie bezeichnen. Sie ist Positionsartillerie in dieses Wortes eigenster Bedeutung; sie schließt sich mehr an die Feldartillerie an und nach unserer Militärorganisation und unsern Verhältnissen wird ihre Aufgabe naturgemäß im Wesentlichen bestehen : 1) In der Armirung und artilleristischen Verteidigung von provisorischen Befestigungen, welche auf den Flanken oder im Rücken der Armee oder auf deren Marschlinien /u errichten sind, wie: von Brückenköpfen, von Befestigungen an Defilen, von Aufnahmspositionen für eventuellen Rückzug, von wichtigen Eisenbahnknotenpunkten oder Etappenplätzen zur Ansammlung von Munition, Lebensmittel und Fouragevorräthen.

2) In Defensivschlachten mitzuwirken zur Verstärkung und Vertheidigung wichtiger Stellungen in der Schlachtlinie, wie es z. B. 1871 bei Montbéliard und an der Lisaine der Fall war, wo 37 Geschütze von der Belagerungsartilleiie von Beifort abgegeben wurden, um die Stellungen der Deutschen zu verstärken.

Eine Verwendung der schweizerischen Positionsartillerie bei Belagerungen wird dagegen nicht so bald in Aussicht stehen und dürfte sich auf den artilleristischen Angriff einer allenfalls vom Feinde eingenommenen Stellung beschränken.

Nach obigen Auseinandersetzungen über das Wesen und die Bestimmung der Positionsartillerie, die ihr zufallenden Aufgaben und an sie zu stellenden Anforderungen ergibt sich, daß sie folgernde Geschütze zu ihrer Bewaffnung bedarf: In der Hauptsache muß sie ein Geschütz besitzen, mit dem der Kampf gegen die feindliche Artillerie mit Erfolg aufgenommen werden kann und das im Stande ist, diese möglichst weit und möglichst lange fern zu halten ; es erfordert dies ein Geschütz, das an Trag-

392 weite und Wirkung der Geschosse und an Trefffähigkeit den Feldgeschützen, mit deoen der Gegner in erster Linie uns gegenübertreten wird, entschieden überlegen ist, mit dem die Brustwehren gewöhnlicher Batterien bis auf größere Entfernungen noch durchschossen werden können, ein Geschütz, das den Gegner zwingt, zur Durchführung des Artilleriekampfes stärkere Geschütze als seine Feldgeschütze heranzuziehen und das auch den leichteren Belagerungsgeschützen, welche dann der Feind zunächst heranbringen wird, noch Stand zu halten vermag. Es muß ein kräftiges Demontirgeschütz, eine Kanone mit verhältnißmäßig starker Ladung sein; das Geschoßgewicht braucht kein sehr großes zusein, das Geschütz darf jedoch nicht sehr schwer sein, indem es noch ohne Schwierigkeit unzerlegt auch auf weniger guten Wegen überall hin transportiron und leicht dahin, wo man es braucht, in Stellung sich bringen lassen muß.

Das Gewicht desselben sollte demnach 3000 kg. erfahrungsgemäß nicht überschreiten. Das Beispiel der ausländischen Artillerien und der von Krupp konstruirten Geschütze zeigt, daß es möglich ist, innerhalb dieser Gewichtsgrenze eine Kanone mit hoher Positionslaffete herzustellen, welche fähig ist, Geschosse von 16--20 kg.

Gewicht mit einer Ladung zu verschießen, welche dem Geschosse eine Anfangsgeschwindigkeit von wenigstens 470 m. verleiht. Eine kleinere Anfangsgeschwindigkeit ist unzulässig, wenn das Geschütz den gestellten Anforderungen soll entsprechen können. Ein größeres Geschoßgewicht ist für die beabsichtigte Wirkung gegen die hauptsächlich vorauszusehenden Ziele nicht dringend erforderlich. Erst eine bedeutende Steigerung des Gewichtes würde zu einer erheblich gesteigerten Geschoßwirkung führen, dagegen aber auch ein bedeutend schwereres, weit über die einzuhaltenden Gewichtsgrenzen hinausgehendes, für Positionsartillerie zu wenig bewegliches Geschütz bedingen und wobei überdieß die schwerere Munition die Versorgung mit Munition, erschweren würde.

Zu obigem Hauptgeschütze, welches als Demontirgeschütz für verhältnißmäßig starke Ladungen konstruirt,i mit seinen in rasanter O O Flugbahn sich bewegenden Geschoßen besonders auf kleinere und mittlere Entfernungen nicht hinter oder auf Deckungen hinunter zu wirken vermag, bedarf die Positionsartillerie als Ergänzung noch eines Wurfgeschützes. Es gehört
deßhalb zu ihrer Bewaffnung in zweiter Linie ein Mörser zum Einschlagen von Eindeckungen, unter denen der Angreifer Mannschaft, Munition oder Material birgt, zur Wirkung gegen Geschütze und Mannschaft etc.

des Feindos, welche sich hinter Deckungen, vom Demontirungsgeschütz nicht oder nur schwer erreichbar, befinden, zur Beunruhigung des Feindes, wo er hinter natürlichen oder künstlichen Deckungen vor der Wirkung des Demontirgeschützes sich zu bergen vermag.

393

Für ausgiebige, kräftige Wirkung gegen Eindeckungen müssen diese Mörser viel Sprengladung fassende Geschosse werfen; indessen werden die Eindeckungen, die zu bewerfen sein werden, noch nicht so starker Natur sein, daß gegen dieselben ein Geschoß von gleichem Gewichte und Kaliber wie das des Demontirgeschützes nicht mehr auszureichen vermöchte. Ein solches Geschoß wird zugleich gestatten, das Gewicht des ganzen Geschützes in Grenzen zu halten, welche demselben eine bedeutende Beweglichkeit sichern und dabei doch noch gestatten, Ladungen anzuwenden, welche ermöglichen, die Geschosse bis auf große Entfernungen zu werfen.

Soll der Mörser die nöthige Verwendbarkeit besitzen, so darf er an Beweglichkeit und Leichtigkeit der Bedienung einem Feldgeschütze nicht wesentlich nachstehen und muß seine Geschoße bis auf wenigstens 2500 m. mit großer Präzision werfen können. Die Einrichtung der Mörser für gleiche Geschosse, wie das Demontirgeschütz schießt, gewährt auch den nicht zu unterschätzenden Vortheil der Vereinfachung der Munitionsausrüstung.

Wenn bei den ausländischen Festungs- und Belagerungsartillerien sich zwischen Demontirgeschütze und Wurfgeschütze in der Regel noch ein Mittelding unter der Bezeichnung .,,kurze Kanone'1 oder ,,gezogene Haubitze" eingeschoben findet, so können wir für die Bewaffnung unserer Positionsartillerie uns dagegen einer solchen Aushilfe füglich entschlagen, indem wir mit unsern Demontirgeschützen durch Anwendung der schwachen Ladungen oder auch mit dem Mörser in denjenigen seltenen Fällen uns zu behelfen im Stande sein werden, wo solche Geschütze kleinen Kalibers in Thätigkeit zu treten hätten.

Bei der Vertheidigung einer Stellung wird die Positionsartillerie nicht nur gegen die Artillerie des Feindes, dessen Angrifl'siiud Deckungsbauten, dessen verdeckt befindliche Mannschaften und Kriegsmaterial zu wirken, sondern auch gegen die mehr oder weniger ungedeckt, stehend oder bewegend in den verschiedensten Lagen und Formationen sich zeigenden feindlichen Truppen unter mannigfachen Umständen aufzutreten haben. Es bedarf daher die Positionsartill crie in dritter Linie noch besonderer Geschütze, die eine größere Beweglichkeit besitzen, aber auch mit leichtern Geschossen sich begnügen können. Da von diesen Geschützen keine andere Wirkung als wie von Feldgeschützen zu verlangen ist,
so läßt sich für dieselben gleiches Geschoßgewicht wie bei der Feldartillerie annehmen; daneben müssen es aber Geschütze sein, welche vor Allem einen kräftigen, ausgiebigen, weitreichenden Shrapnelschuß besitzen, an Tragweite und Genauigkeit des Schießens den besten Feldgeschützen nicht nachstehen und unter Anwendung schwacher Ladungen nötigenfalls auch noch als

394

Wurfgeschütz gegen feindliche Truppen hinter Deckungen nützlich sich verwenden lassen.

Diesen Anforderungen an die Bewaffnung der Positionsartillerie vermögen unsere bisherigen gezogenen Geschütze, wie wir bereits früher schon gezeigt, durchaus nicht mehr zu genügen. Die glatten Geschütze wurden schon bei den letzten Verbesserungen bloß mehr als Lückenbüßer für ausnahmsweise Fälle beibehalten, und es sind die 8,4cm., 10,5cm. und 12cm. in ihren Wirkungen durch die neuern Geschütze so überholt, daß mit denselben einem Feinde nicht wirksam entgegengetreten werden kann.

In Zusammenfassung des Gesagten bedarf unsere Positionsartillerie daher folgende gezogene Hinterladungsgeschütze : 1) als Hauptgeschütz ein starkes, jedoch nicht über 3000 kg, schweres Demontirgeschütz, dessen Geschoße von wenigstens 16 kg. Gewicht eine Anfangsgeschwindigkeit von mindestens 470 m. besitzen ; 2) als Nebengeschütz zu diesem Demontirgeschütz ein Wurfgeschütz in Gestalt eines Mörsers der gleiche Geschoße bis auf wenigstens 2500 m. Entfernung zu werfen vermag; 3) als leichtes Positionsgesehütz : eine Kanone, welche wenigstens gleiche Leistungen wie das neue Feldgeschütz aufweist.

Was die nähere Einrichtung dieser neuen Geschütze anbetrifft, so fragt es sich zunächst, welches Kaliber dem schweren Geschütz und dem Mörser, der gleiche Geschosse zu schießen hat, zu geben ist. Die Uebersicht über die Bewaffnung der Belagerungsartillerie unserer Nachbarstaaten zeigt, daß dort allgemein für Geschütze mit einem Geschoßgewicht von 16--20 kg. das Kaliber von 12 cnu gewählt worden ist. Man hat inzwischen auch Untersuchungen darüber walten lassen, ob nicht für unsere Verhältnisse ein auf 10,5 cm. reduzirtes Kaliber genüge; allein die Vergleichung der Vor- und Nachtheile beider Kaliber und die von der eidgenössischen Artilleriekommission mit Positionsgeschützen von 10,5cm. und 12cm.

von Krupp angestellten vergleichenden Proben, welche für den 12cm.

ein für die Bedienung besseres Verhalten des Geschützes und eine bessere Wirkung der Geschosse erkennen ließen, führten zu dem Antrage, dem Kaliber von 12 cm. mit einem Geschoßgewicht von 18 kg. und einer Ladung, die eine Anfangsgeschwindigkeit von mindestens 480 m. voraussetzen läßt, den Vorzug zu geben, um dieses schwere Positionsgeschütz auch den stärksten ausländischen 12 cm. Geschützen ebenbürtig zu machen.

395

Zur Beschaffung neuer 12 cm. Rohre werden wir vorerst auf solche von Gußstahl von Krupp angewiesen sein, jedoch nach einigen Proben später auch im Lande selbst Rohre von Hartbronze herstellen lassen können.

Für den neuen 12 cm. Hinterladermörser dürfen wir von vornherein Erstellung des Rohres im Inlande aus Hartbronze in Aussicht nehmen, da dieses Rohr, welches keine starke Ladung auszuhalten hat und kleiner und leichter ist, weniger schwer herzustellen sein wird.

Für das neue leichte Positionsgeschütz liegt es am nächsten, das Rohr von 8,4 cm. Kaliber mit der Einrichtung und der Munition der neuen 8,4 cm. Feldgeschütze und mit der hohen Positionslaffete der bisherigen leichten Positionsgeschütze in Aussicht zu nehmen.

Das neue 8,4 cm. Feldgeschütz ist den neuea ausländischen Feldgeschützen ganz ebenbürtig und zeichnet sich durch einen kräftigen, sichern und weitreichenden Shrapnelschuß aus. Es wäre eine unnütze Komplikation, für das neue leichte Positionsgeschütz ein besonderes Kaliber und besondere Munition einführen zu wollen, und würde um so weniger passen, als oft genug Feld- und Positions-Artillerie im Kriege neben und mit einander aufzutreten haben, in welchen Fällen ein gegenseitiges Aushelfen mit Munition nur erwünscht sein kann. In Hinsicht auf Erstellung der neuen 8,4 cm. Rohre aus Hartbronze im Inlande ist bereits an die Anfertigung von zwei Versuchsrohren gegangen worden.

Bei allen diesen Gechützen sollen die gewohnten Geschoßarten, Granaten und Shrapnels, zur Verwendung kommen, denen bei den leichten Positionsgeschützen, die in erster Linie zur Abwehr allfälliger überraschender Anfälle berufen sind, noch ein ganz kleiner Theil Büchsenkartätschen zugetheilt wird. Für das schwere Geschütz tritt seiner Zweckbestimmung gemäß das Shrapnel gegenüber der Granate zurück, um so mehr, als für Wirkung gegen lebende Ziele die leichten Geschütze mit ihren Schrapnels vorgesehen sind; jenes deßhalb seine Shrapnels nur für das seltenere Schießen gegen lebende Ziele auf ganz große, außer Bereich des Schrapnelschusses der leichten Geschütze liegende Entfernungen bedarf, sich deßhalb mit Shrapnels im Betrage von 1U seiner Munitionsausrüstung begnügen kann.

Größere Bedeutung gegenüber der Granate erhält das Shrapuel von Stahl mit starker Ausstoßladung beim Mörser, der hauptsächlich feindlichen Truppen,
die hinter Deckungen stehen, in ausgiebiger Weise beizukommen bestimmt ist. Für den Mörser ist wenigstens ein Shrapnel auf zwei Granaten zu rechnen. Beim leichten Positionsgeschütze, das hauptsächlich gegen lebende Ziele

396 zu wirken bestimmt ist, tritt dagegen naturgemäß das Shrapnel gegenüber der Granate noch mehr in den Vordergrund, diese wird nur zum Einschießen und etwa noch in ganz besondern Ausnahmefällen gebraucht werden und dürfte im Verhältniß von einer Granate auf vier Shra.pnels und Kartäschen ausreichend vertreten sein.

Zur Unterstützung dieser Auseinandersetzungen fügen wir die nachstehenden Erhebungen über unsere bisherigen und die neuern Geschütze bei:

Vergleichung bezüglich der Abgangwinkel, der Fallwinkel und der bestrichenen Bäume für Granatschuß.

Eidgenössischer 12 cm. Hinterlader, Ordonnanz 1869.

Entfernungen : Meter.

1000 2000 3000 4000

Abgangwinkel.

3° 8° 14° 22°

50,3' 34,3' 36' 56'

Bestrichene Räume Fallwinkel, gegen 1,8 m. hohes Ziel, in Meter.

4° 10» 20° 41°

14' 33' 8' 8'

24,5 10,0 5,0 2,5

Krupp'scher 12 cm. Hinterlader, Modell 1875.

Entfernungen: Meter.

Abgangwinkel.

Bestrichene Räume Fallwinkel, gegen 1,8m. hohes Ziel, in Meter.

1000 1° 33' 1° 50' 56 2000 3° 41' 4° 53' 21 3000 6° 29' 9° 27' 10,8 4000 10° 11' 15° 54' 6,3 Aus dieser Zusammenstellung ist ersichtlich, daß die bestricheuen Räume beim 12 cm. Ringgeschütz auf allen Distanzen mehr als das Doppelte von denjenigen unseres bisherigen 12cm. Rohres betragen.

Vermöge des größern G-eschoßgewichts von 16,4 kg. beim Ringgeschütz gegenüber bloß 14,2 kg. beim 12 cm. Rohr, Ordonnanz 1869, somit größerer Querschnittbelastung, in Verbindung sodann mit beträchlich größerer Anfangsgeschwindigkeit der Geschosse, fallen auch die Endgeschwindigkeiten und die dem Geschosse ertheilten lebendigen Kräfte beim 12 cm. Ringrohr bedeutend größer aus, als bei demjenigen Ordonnanz 1869, wie folgende Vergleichungen zeigen :

397

Eidgenössischer 12 cm. Hinterlader, Ordonnanz 1869.

Entfernungen.

An der Mündung auf 1000 m.

,, 2000 ,, 3000 ,, fl ,, 4000 ,,

Geschwindigkeit Lebendige Kraft in Meter.

in Metertonnen.

282,0 244,6 211,0 180,0 152,0

Durchschlagskraft der Granate. *)

57,5 43,3 32.2 23,45 16,7

1,0 0,75 0,56 0,41 0,29

Krupp'scher 12 cm. Hinterlader, Modell 1875.

Entfernungen.

Geschwindigkeit in Meter.

An der Mündung auf 1000 m.

,, 2000 ,, ,, 3000 ,, ,, 4000 ,,

476 362 304.

269 248

Lebendige Kraft in Metertonnen.

189,3 109,5 77,2 · 60,5 51,6

Durchschlagskraft der Granate. *)

3,3 1,9 1,3 1,1 0,9

Die lebendige Kraft der Granate aus dem 12 cm. Ringgeschütz; ist somit durchschnittlich drei Mal so groß, wie diejenige der jetzigen 12 cm. Granate, bei welcher sie sogar kleiner ist, als bei deiGranate aus dem neuen 8,4 cm. Ringgeschütz, die das Rohr mit einer lebendigen Kraft von 68 Metertonnen verläßt, gegenüber 57 x /2 Metertonaen beim 12 cm. Ordonnanzgeschütz.

Bei den Versuchen vom Jahr 1865 wurde eine Mauer aus guten Kalksteinen von 1,05 m. Dicke, 3 m. hoch und 4,5 m.

Breite, mit 1,05m. breiten, 0,6m. dicken Strebepfeilern an den Enden unterstützt, durch 15 Schüsse aus dem Ordonnanz 12 cm.

Rohr auf 860 Meter zertrümmert, woraus der Schluß gezogen werden darf, daß das Demoliren von Mauerwerk noch auf viel größere Entfernungen und in viel kürzerer Zeit durch das neue 12 cm. Rohr vermöge der dreifachen lebendigen Kraft seiner Granate bewerkstelligt werden könnte.

Die vorzügliche Wirkung der 12 cm. Granate gegen Erdwerke hat sich auch bei den Versuchen in Thun im Mai 1882 gegen eine Batterie dokumentirt, deren Brustwehr durch einschlagende Granaten übel zugerichtet wurde.

*) Diejenige der Granate der eidgenössischen 12 cm. beim Kohraustritt zu l angenommen.

398 Zudem ist noch zu betonen, daß der neu zu erstellenden 12 cm.

Kanone durch die Erhöhung des Geschoßgewichts auf 18 kg. und durch Verstärkung der Ladung behufs Erzielung einer Anfangsgeschwindigkeit von 480 m. ein neuer Zuwachs an Rasanz- und Wirkungsfähigkeit, namentlich auf größere Distanzen, zu Theil werden wird.

Was das neue 8,4 cm. Rohr anbetrifft, welches an Stelle des jetzigen 8,4 cm. Rohres von 1871 zur Verwendung kommen soll, so sind die Unterschiede in den bestrichenen Räumen, den Endgeschwindigkeiten und der Perkussionskraft zwar verhältnißmäßig im Vergleiche zum bisherigen 8,4 cm. Rohre 1871 nicht so beträchtlich, wie zwischen den beiden 12 cm. Rohren, jedoch immerhin derart, daß das vorgeschlagene neue Geschütz einen beträchtlichen Vorsprung, namentlich im Granatkartätschschuß, aufsuweisen hat, wie zahlreiche Versuche darthun, und ist auch dessen Trefffähigkeit eine größere, als diejenige des bisherigen 8,4 cm. Rohres, wie aus nachfolgenden Tabellen ersichtlich ist : ^

Yergleichung bezüglich der Abgangwinkel, Einfallwinkel und bestrichenen Räume für Granatschuß.

Altes 8,4cm. Geschütz, Modell 1871.

Entfernungen: Meter.

Abgangwinkel.

1000 2000 3000 4000

2° 5° 9° 14°

25' 30' 28' 42'

Bestrichene Räume Fallwinke], gegen 1,8 m. hohes Ziel in Meter. "

2° 6° 13° 24°

43' 57' 30' 12'

37,5 14,7 7,6 4,2

Neues 8,4 cm. Geschütz, Modell 1879.

Entfernungen : Meter.

1000 2000 3000 4000

Abgangwinkel.

1° 33' 4» 4' 7° 19' 11° 19'

Bestrichene Bäume Fallwinkel, gegen 1,8 m. hohes Ziel, in Meter.

2" 5» 36' 10« 44' 17°

51 18,4 9,6 6,6

399

Yergleichimg bezüglich der Geschwindigkeit und der Durchschlagskraft der Granaten.

Altes 8,4cm. Geschütz, Modell 1871.

Entfernungen.

Geschwindigkeit in Meter.

Lebendige Kraft in Metertonnen.

Durchschlagskraft der Granate. *)

An der Mündung auf 1000 m.

,, 2000 ,, ,, 3000 ,, ,, 4000 ,,

396 321 264 206 178

44,7 29,4 19,9 13,3 9,0

l 0,66 0,44 0,30 0,20

Neues 8,4 cm. Geschütz, Modell 1879.

Entfernungen.

Geschwindigkeit in Meter.

Lebendige Kraft in Metertonnen.

Durchschlagskraft der Granate. *)

An der Mündung auf 1000 m.

,, 2000 ,, ,, 3000 ,, ,, 4000 ,,

465 344 277 234 206

68,3 37,4 30,5 17,3 13,4

1,5 0,84 0,68 0,39 0,30

Vergleichung in Bezug auf Treiffähigkeit im Granatschusse.

Altes 8,4 cm. Geschütz, Modell 1871.

Entfernung in Meter.

1000 2000 3000 4000 1000 2000 3000 4000

Streuung der bessern Hälfte der Schüsse nach Höhe.

m.

0,9 2,3 6,5 18,8

nach Breite, nach Schuß weite.

m.

m.

Neues 8,4 cm. Geschütz, 0,4 1,4 3,6 8,0

1,0 2,6 5,6 10,7

Modell 1879.

0,5 1,4 2,8 5,0

19 19 28 45

13 14 19 27

*) Diejenige der Granate der alten 8,4 cm. be:m Eohraustritt zu l angenommen.

400

Die neuen gezogenen Hinterladungsmörser sind den alten glatten Mörsern vor Allem an Trefffähigkeit in einem Maße überlegen, welches diese ganz unhaltbar .macht. Unser bisheriger glatter 22 cm.

Mörser zeigt im Weifen Längenstreuungen seiner Geschosse , die bis 25 °/o und Seitenstreuungen, die bis 9 °/o der Entfernung des beworfenen Zieles betragen, so daß das Treffen selbst größerer Ziele bloßer Zufall ist. Von neuen gezogenen Hinterladungsmörsern ergeben dagegen z. B. der Krupp'sche 15 cm. Mörser Streuungen nach der Länge oder Wurfweite und nach der Seite im Betrage von höchstens 4 % und 1,5 °/o der Entfernung des Zieles.

Da die Trefffähigkeit wesentlich nur von der Einrichtung des Rohres und Geschosses, weniger vom Kaliber abhängt, so wird der neue 12 cm. Hintorlader dem bisher erprobten Krupp'sehen 15 cm.

kaum nachstehen. Er wird auch, wie dieser, vor dem alten glatten Mörser noch den höchst bedeutenden Vortheil eines wirksamen Shrapnelwurfes bieten, dessen der glatte Mörser nicht fähig ist.

Als durch die Militärorganisation von 1874 der Personalbestand der Positionsartillerie auf 10 Kompagnien zu 122 Mann im Auszug und 15 in der Landwehr, oder im Ganzen auf circa 3000 Mann erhöht wurde, geschah dies in der Absicht, wenigstens das nöthige Personal zur Bedienung der damals vorhandenen Zahl von 262 Positionsgeschützen zu organisiren, wobei die Berechnung zu Grunde lag, daß einer Kompagnie durchschnittlich 10 Geschütze zur Bedienung zugewiesen werden können. Diese Berechnung wird auch für die zu beschaffenden neuen Geschütze zutreffend bleiben , und wenn wenigstens 250 neue Positionsgeschütze verlangt werden, wird diese Zahl nicht zu hoch sein im Verhältniß zur Stärke des zur Bedienung bereitstehenden Personals. Für die Landesvertheidigung wäre eine bedeutend größere Zahl wünschbar, und würden nicht die großen Kosten der Neubewaffnung zur weitestgehenden Einschränkung zwingen, so könnten Rücksichten auf den jetzigen, leicht und ohne viel Kosten zu erhöhenden Bestand des Personals nicht davon abhalten, eine größere Zahl neuer Geschütze zu fordern.

Die bisher vorhandenen Positionsgeschütze setzen sich der Zahl nach zu circa */2 aus schweren, ïls aus Wurfgcschützen (Haubitzen und Mörser) und 1la aus leichten Geschützen zusammen, und auch für die Neubewaffnung der Positionsartillerie erscheint es
nach der Bedeutung der verschiedenen Geschütze und der Vorstellung, die man sich von der Art und Weise des Auftretens und der Verwendung der Positiousartillerie im Kriege zu machen hat, am angemessensten , diesem Verhältniß zu folgen. Bei Festsetzung der Zahl der zu beschaffenden neuen Positionsgeschütze auf 250 ergibt sich demnach folgende Zusammensetzung:

401 125 12 cm. Kanonen, 50 12 cm. Mörser, 75 8,4 cm. Kanonen, zusammen 250 Geschütze.

In Bezug auf Munitionsdotation beschränkt sich das Militärgesetz, wie bereits früher erwähnt, auf die bescheidene Anzahl von 200 Schüssen, während bei den Feldgeschützen 400 Schüsse zur Verfügung stehen.

In den Nachbarstaaten, welche die Erfahrungen der Kriege für sich haben, findet ein umgekehrtes Verhältniß statt.

Die Belagerungs- und Festuugsgeschütze werden mit weit mehr Munition ausgerüstet, als deren für die Feldgeschütze veranschlagt wird.

Bei der englischen Artillerie werden jedem Belagerungsgeschütz 500 Schüsse nachgeführt als erste Muuitionsausrüstung.

Die russische Artillerie rechnet für jede Belagerungskanone 1000 Schüsse und für jeden Mörser 700 Würfe.

Bei den Belagerungsparks der italienischen Artillerie werden 1100 Schüsse per Geschütz nachgeführt, theilweise auf Fuhrwerken, theilweise in Kisten verpackt behufs Transport mittelst Eisenbahnen.

Bei der deutschen Belagerungsartillerie hat man 5 Belagerungsparks zu je 240 Geschützen organisirt, wovon 2 als Reserve gelten.

Eine jede Kanone ist mit 1000 Granaten und 200 Shrapnels ausgerüstet , jeder Mörser mit 1000 Granaten. Für die Festungsgeschütze werden gerechnet per Kanone 600 Granaten und 100 Shrapnels, per Mörser 500 Granaten.

In der französischen Artillerie waren früher festgesetzt für jede schwere Belagerungskanone (15 cm.) 920 Schüsse, für jede leichtere (14 cm.) 1100 Schüsse, für Haubitzen 900 und für Mörser 750 bis 1000 Würfe. Die Zahl der Schüsse für jedes Geschütz auf der Angriffsfront einer großen Festung betrug 1000 Schüsse per Kanone, 800 per Haubitze, 800 à 1000 per Mörser.

Für die Ausrüstung der Feldartillerie bei den Batterien , in den Parks und in den Munitionsdepots i werden bei den fremden Mächten im Durchschnitt nie mehr als 400 Schüsse gerechnet.

Während unser Munitionsbestand der Feldartillerie dem ausländischen gleichsteht, ist derselbe für unsere Positionsartillerie gesetzlich ausnahmsweise tief und unzureichend gehalten.

402

Um diesem entschiedenen Uebelstande eines viel zu kleinen Munitionsbestandes der Positionsartillerie mit bloß 200 Schüssen, welcher kaum für ein anhaltendes Feuern während 2 mal 24 Stunden ausreicht, einigermaßen zu begegnen, ist eine Erhöhung des Munitionsbestandes unbedingt geboten, und deßhalb im Rohgeschoßdepot noch einen Vorrath von 100 Geschoßen per Geschütz in nicht laborirtem Zustande nebst Zündungen u. s. w. bereit zu halten.

Wenn unsere Positionsartillerie die an sie zu stellenden Aufgaben lösen soll, so genügt aber das bloße Vorhandensein gewisser Munitionsvorräthe noch keineswegs, sondern es müssen Mittel vorhanden sein, um solche, wenigstens theilweise, mit thunlichster Beförderung an die Punkte zu bringen, wo man sich deren zu bedienen hat, unter gleichzeitiger Sicherung der Munition gegen die Einflüsse von Feuchtigkeit und der Erschütterungen beim Transport. Hiezu bedarf es einer Anzahl von Fuhrwerken, die ähnlich wie die Caissons der Feldartillerie eingerichtet sind, nebst einer großen Anzahl von Geschoß- und von Patronenkisten, welche sich zur Fortschaf"fung der Munition mittelst Eisenbahnen oder auf Landfuhrwerken eignen. Zur Ersparung von Kosten ist darauf Bedacht genommen worden, zu ersterem Zwecke die vorhandenen Caissons zu den jetzigen Positionsgeschützen, 200 an der Zahl, sodann die frühern 50 Raketenwagen und Gribeauval-Caissons zu benutzen , so daß wenigstens jedem Geschütz ein Caisson zugetheilt werden kann.

Auch der Besitz des zunächst erforderlichen Munitionsquantums bietet noch keine Garantie für eine ergiebige Verwendung von Positionsgeschützen, wenn nicht zugleich auch über das erforderliche Schanzzeug, Bettungsmaterial, Feuerwerker- und Handwerks.geräthe verfügt werden kann.

Es muß endlich auch vorgesorgt werden, um in ausgedehntem wichtigern Stellungen, welche die Positionsartillerie zu vertheidigen hat, behufs einheitlicher Aktion der räumlich getrennten Batterien diese unter sich und mit dem Kommandirenden in möglichst rasche, bequeme Verbindung setzen zu können und zur Entdeckung und Beschießung der Bewegungen und Arbeiten des Feindes bei Nacht das Vorterrain weithin genügend zu erhellen im Stande zu sein.

Rascheste und bequemste Verbindung bieten Telegraph und Telephon; ihre Anwendung muß auch bei uns wie in den Nachbarstaaten der Positionsartillerie
dienstbar gemacht werden und zur hinlänglich starken Erhellung des Vorterrain einer Stellung bei Nacht über elektrisches Licht verfügt werden können. Die Anwendbarkeit desselben für derartige Kriegszwecke ist durch die neueren betreffenden Apparate bereits so sicher gestellt, daß dessen Benützung nicht umgangen werden kann. Es sind daher zur Aus-

403

rüstung der Positionsartillerie auch Telegraphen- und Telephon-Einrichtungen und Apparate für elektrische Beleuchtung, wenn auch nur in bescheidenem Umfange, zu beschaffen.

Die Kosten der projektirten Anschaffung von Positionsgeschützeu und zugehörigen Materials berechnen sich wie folgt: a. Geschütze und Ausrüstung.

125 Stück 12 cm. Hinterlader, Gußstahlringgeschütz oder aus Hartbronze, wovon vier bereits beschafft, à Fr. 9000 Fr. 1,089,000 Laffeten und Protzen (abzüglich des hiefür gewährten Kredites von Fr. 72,000) ,, 553,000 Ausrüstung, Bettungsholz, Hebezeug etc ,, 144,750 50 Stück gezogene 12cm. Mörser Rohr à Fr. 2400 Ì Laffeten, Ausrüstung, Bettun- \ Fr. 6000 ,, 300,000 gen etc. à Fr. 3600 J 75 Stück 8,4 cm. Ringkanone oder aus Hartbronze, Rohre à Fr. 4800 ,, 360,000 Laffeten mit Protzen, Ausrüstung, Bettung u. s. w.

(abzüglich Werth von 50 vorhandenen Laffeten) a, Fr. 3700 ,, 142,500 Fr. 2,589,250 1) Für Je ,, ,, ,,

b. Munition.

12cm. G e s c h ü t z e (Kanonen).

240 Granaten à Fr. 18 Fr. 4320 60 Shrapnels à Fr. 50 ,, 3000 300 Patronen à Fr. 8 ,, 2400 375 Zündpatronen à Fr. --. 50 ,, 188

Für 125 Geschütze . . . . à Fr. 9908 = ,, 1,238,500 2) Für 12 cm. M ö r s e r .

Je 200 Granaten à Fr. 18 Fr. 3600 ,, 100 Shrapnels à Fr. 50 ,, 5000 ,, 300 Patronen à Fr. 2 ,, 600 ,, 375 Zündpatronen à Fr. --. 50 ,, 188 Für 50 Mörser

à Fr. 9388 = ,, üebertrag

Bundesblatt. 34. Jahrg. Bd. IV.

469,400

Fr. 4,297,150 28

404

3) Für Je ,, ,, ,, ,,

Uebertrag Fr. 4,297,150 8,4cm. K a n o n e n .

60 Granaten à Fr. 8 Fr. 480 225 Shrapnels à Fr. 13 ,, 2925 15 Büchsenkartätschen à Fr. 6 ,, 90 300 Patronen à Fr. 3. 50 ,, 1050 375 Zündungen à Fr. --. 50 ,, 188

Für 75 Geschütze

à Fr. 4733= ,,

G e s c h ü t z e und M u n i t i o n

354,975

Fr. 4,652,125

c. Umänderung der Munitionsfuhrwerke und Anschaffung von Munitionskisten.

1) Zu 12cm. K a n o n e n .

Erhöhung und Neueintheilung der Kasten von 125 Caissons à Fr. 135 Fr. 16,875 Anschaffung von 1020 Patronenkisten à Fr. 10 ,, 10,200 Anschaffung von 5250 Geschoßkisten à Fr. 8 ,, 42,000 Munitionstransportmittel für 12 cm.

Kanonenmunition Fr. 69,075 23 Für 12cm. M ö r s e r .

Neueintheilung von 50 Raketenwagen undGribeauvalcaissons à Fr. 135 Fr. 6,750 Anschaffung von 158 Patronenkisten à Fr. 10 ,, 1,580 Anschaffung von 2100 Geschoßkisten à Fr. 8 ,, 16,800 ,, 25,130 3) Für 8,4cm. K a n o n e n .

Theilweise Erhöhung und Neueintheilung von 75 Protzkasten à Fr. 45 Fr. 3,375 Uebertrag Fr. 3,375 Fr. 94,205 Fr. 4,652,125

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Uebertrag Fr. 3,375 Fr. 94,205 Fr. 4,652,125 Theihveise Erhöhung und Neueintheilung der Kasten von 75 Caissons à Fr. 135 ,, 10,125 Anschaffung von 263 Patronenkisten à Fr. 7. 50 ,, 1,973 Anschaffung von 525 Geschoßkisten à Fr. 9 ,, 4,725 ,, 20,198 Unvorhergesehenes ,, 17,472 ,, 131,875 d. Schanzzeug und Parkfurhrwerke, Apparate zum Positionsartilleriematerial.

16 Schanzzeugwagen à Fr. 3500 Fr. 56,000 4 Batterierüstwagen à Fr. 5000 ,, 20,000 4 Feldschmieden à Fr. 4000 ,, 16,000 10 Fourgons à Fr. 1400 ,, 14,000 4 Feuerwerkerwägen à Fr. 3600 ,, 14,400 4 elektrische Leuchtapparate à Fr. 4000 ,, 16,000 4 Telegraphen-Apparate à Fr. 2900 ,, 11,600 Transporte, Spesen, Unvorhergesehenes ,, 6,000 ---- ,, G*esammttotal

154,000

Fr. 4,938,000

Die Ausgaben, welche diese Neubewaffnung unserer Positionsartillerie erheischen, sind große und bedingen ein neues, schweres Opfer, welches der Bund der Erhaltung und Stärkung seiner Wehrkraft zu bringen hat. So schwer dieses Opfer auch sein mag, so ist es unausweichlich geworden und muß gebracht werden, damit unsere Positionsartillerie im Ernstfälle ihre Aufgabe ganz zu erfüllen im Stande sei, die Landesvertheidigung sich auf dieselbe verlassen und ihre Mannschaft auf ihre Geschütze volles Vertrauen haben kann. Zum Ausbau der neuen Militärorganisation, die ein verstärktes, besser organisâtes und ausgebildetes Personal der Positionsartillerie geschaffen hat, gehört naturgemäß auch eine den jetzigen Anforderungen entsprechende Bewaffnung, wenn der in erstorer Rieh- tung gemachte Fortschritt nicht fruchtlos bleiben und das nöthigc Vertrauen zu jener genommen werden soll. Bei keinem Heere aber muß mehr als bei unserm Militzheere dafür gesorgt werden, daß die

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Mannschaft mit ihren Waffen einem entgegentretenden Feinde mindestens sich ganz gewachsen fühle.

Das Volk und seine Behörden haben diese Nothwendigkeit von jeher rückhaltlos anerkannt und, besonders in der neuern Zeit, bei den raschen und großen Fortschritten in der Bewaffnung, wiederholt die nöthigen Opfer bewilligt, sobald die eine oder andere Waffe unseres Heeres denjenigen unserer Nachbarn nicht mehr ebenbürtig sich zeigte. Eine Ueberholung trifft nun in gewaltigem Maße bei unserer Positionsartillerie zu, und es ist geboten, diese Lücke in unserem Wehrwesen baldigst zu heben. Wir haben die Begehren auf das zuläßigste Maß reduzirt, und es ist nicht zu befürchten, daß die in Aussicht genommenen Geschützanschaffungen so bald von den Geschützen unserer Nachbarstaaten wieder überholt werden möchten, zumal auch diese mit der Neubewaffnng ihrer Artillerie kaum erst abgeschlossen haben und die Gleichmäßigkeit, welche sich nach einer längern Gährungsperiode schließlich in der Bewaffnung der verschiedenen Artillerien eingestellt hat, ein sicheres Anzeichen -dafür ist, daß nun eine verhältnißmäßige Ruhe in der Entwicklung des Geschützwesens folge.

Wir wiederholen zum Schlüsse, daß es in unserer bestimmten Absicht liegt, diese Geschütze, so viel immer thunlich, in Verwerthung unseres eigenen Materiales aus Hartbronze und im Inland erstellen zu lassen, und wir nehmen auch für diese Gesammtanschaffungen einen Termin von wenigstens drei Jahren in Aussicht.

Dadurch wird die Aufbringung der erforderlichen Summe seitens der Bundeskasse ohne Erhebung eines besondern Anleihens eher möglich und durch die vorgeschlagene Amortisation dieser Ausgabe während des Zeitraums von zehn Jahren das Jahresbüdget nur in dem Maße belastet, daß auch für andere außerordentliche Zwecke diejenigen Summen verfügbar bleiben sollten, die der Bund während dieser Zeit allfällig zu verausgaben in die Lage kommen dürfte.

Wir beantragen Ihnen die Genehmigung des nachstehenden Bundesbeschlusses und benutzen den Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 21. November 1882.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n dcsp räsi d e n t :

Bavier.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Riiigier.

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(Entwurf)

Bundesbeschlnß betreffend

die Neubewaffnung der schweizerischen Positionsartillerie, Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 21. November 1882, beschließt: Art. 1. Zur Neubewaffnung der Positionsartillerie, Ergänzung ihrer Ausrüstung und Erstellung der zugehörigen Geschützmunition sind nach und nach folgende Anschaffungen zu machen : A. An Geschützen: a. 125 Stück 12 cm. Ring-Geschütze [von Gußstahl oder Hartbronze ; b. 50 Stück 12 cm. gezogene Mörser von Hartbronze; c. 75 Stück 8,4 cm. Ring-Geschütze von Gußstahl oder von Hartbronze.

Total 250 Geschütze.

B. An Ausrüstungsgegenständen: a. Die zu den erwähnten 250 Geschützen erforderlichen Laffeten, Protzen, Ausrüstungen, Bettungsmaterialien u. s. w., sowie die für die Munition nöthigen Transportmittel, beziehungsweiseUmänderung älterer Caissons und Anschaffung von Patronen- und Geschoßkisten;

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b. die nöthigen Schanzgeräthe, die Werkzeuge für die Handwerker und für die Laboratorien, sowie die Apparate zur elektrischen Beleuchtung und das Material für Telegraphen- und Telephonlinien.

C. An Munition: Je 300 Schüsse per Geschütz, bestehend aus 200 fertig laborirten Schüssen in den Magazinen und 100 unlaborirte Schüsse im Rohgeschoßdepot.

Art. 2. Dem Bundesrathe werden die durch diese Neuanschaffungen außer Dienst kommenden Geschütze, beziehungsweise deren Metall, zur Verfügung gestellt und zur Deckung der Kosten der Neubewaffnung ein Kredit von Fr. 4,938,000 bewilligt.

Art. 3. Der Bundesrath ist ermächtigt, diese Kosten nach Bedarf vorschußweise aus der Staatskasse zu decken; die ganze Kreditsumme jedoch in zehn gleichmäßigen Jahresraten von 1884 an, auf dem Wege des Budgets, zu amortisiren.

Art. 4. Der Bundesrath ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Beschlusses zu veranstalten.

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# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Fristverlängerung für die Straßenbahn von Ponte-Tresa bis an die italienische Grenze bei Fornasette (Luino).

(Vom 21. November 1882.)

Tit.

Mit Schreiben vom 8. dieses Monats theilte die Bank der italienischen Schweiz in Lugano mit, daß sie auch jetzt noch nicht in der Lage sei, dem Bundesrath die im Artikel 5 der Konzession für die Straßenbahn von Ponte-Tresa nach Fornasette geforderten Vorlagen zu machen, und zwar aus dem Grunde, weil die Fortsetzung der Bahn auf italienischem Gebiet noch nicht bewilligt sei. Man sei daher gezwungen, nochmals um Fristverlängerung nachzusuchen, und bitte, diese in der Art zu gewähren, daß die technischen und finanziellen Vorlagen bis am 1. Dezember 1883 eingereicht werden können und mit dem Beginn der Erd arbeiten bis zum 1. Januar 1884 zugewartet werden dürfe.

Die Regierung des Kantons Tessin ist mit der Bewilligung des Gesuches einverstanden.

Auch wir halten dafür, daß demselben unbedenklich entsprochen werden kann. Wir haben nur die Bemerkung beizufügen, daß die Bank der italienischen Schweiz nach Art. 5 der Konzession gleichzeitig mit den technischen und finanziellen Vorlagen auch die Statuten der von ihr zu gründenden Bahngesellschaft vorlegen muß und, da sie damit ebenfalls noch im Rückstande ist, der Fristverlängerungsbeschluß hierauf ebenfalls Bedacht zu nehmen hat, sowie

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Neubewaffnung der schweizerischen Positionsartillerie. (Vom 21. November 1882.)

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Bundesblatt

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Jahr

1882

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

55

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

25.11.1882

Date Data Seite

377-409

Page Pagina Ref. No

10 011 679

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