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Bericht der

Kommission des Nationalrates in Sachen der Motion des Herrn Forrer, betreffend Protokollgenehmigung.

(Vom 10. Oktober 1882.)

Tit.

Herr Nationalrat Forrer hatte am 19. Dezember 1881 betreffend Abänderung von Artikel 25 des nationalrätlichen Réglementes die Motion gestellt: ,,Das Protokoll einer jeden Sizung ist am folgenden, oder spätestens am zweitfolgenden Tage durch das Bureau zu prüfen und nach erfolgter Genehmigung von den Mitgliedern des Bureaus zu unterzeichnen."

Diese Motion wurde am 28. April abbin erheblich erklärt und an eine Kommission gewiesen, welche das Bureau bestellte aus den Herren : Schieß, Burckhardt, Forrer, Frei (abw.), Karrer (Bern), Künzli und Philippin (abw.).

Die Kommission versammelte sich infolge dieses Auftrages am 9. laufenden Monats Oktober hier in Bern, und zwar vollständig, mit Ausnahme der Herren Frei und Philippin. Der erstere, Herr

268 Frei, ist nämlich als schweizerischer Gesandter in Washington an seine Bestimmung abgegangen; der zweite, Herr Philippin, konnte wegen dringender Geschäfte an der Beratung sich nicht beteiligen.

Zur Sache selbst haben wir die Ehre, Ihnen im Namen der Kommission den angefügten Beschlußentwurf zur Würdigung zu unterbreiten, welcher wesentlich der Motion Forrer Rechnung tragen will. (Beilage 1.)

Die Protokollgenehmigung hat bis jezt bekanntlich der Nationalrat in corpore vorgenommen; ein Verfahren, das, wie Sie den Akten entnehmen wollen, so ziemlich überall bei den gesezgebendeu Räten eingeführt ist. (Beilage 2, Notizen.)

Insbesondere wird dieser Modus auch in unsern Kantonen gehandhabt, in denen sämtlich, mit AQsnahme von dreien (Zürich, Baselstadt und Obwalden) die Gesezgebung die Genehmigung ihres Protokolles direkt vorzunehmen pflegt.

Unsererseits wären wir nicht im Falle, dieses Verfahren an und für sich zu bemängeln, indem wir gegenteils dasselbe als das logisch Richtige anerkennen und dafür halten müßen, ein in solcher Weise hergestelltes Protokoll biete für alle Zukunft die größtmögliche Gewähr dar und könne in keiner Weise angefochten werden. Somit stünden wir auf dem Standpunkte, der bis jezt auch bei uns gegolten hat.

Auf der andern Seite können wir auch nicht verhehlen, daß der bisherige Modus denn doch auch sehr erhebliche Bedenken in sich birgt. Die Verlesung eines gewöhnlich längeren Protokolles in einer zahlreichen Versammlung und dazu in einem akustisch nicht immer günstigen Säle bietet unstreitig große Bedenken dar.

So ist von jeher bei uns Klage geführt worden, daß die Verlesunghäufig nicht verstanden werden könne, und daß nicht selten in der Versammlung die nötige Ruhe nicht vorwalte, die ein angerneßenes Verständnis des Verlesenen bedingen würde.

Die Richtigkeit dieser Ausstellungen läßt sich nicht bestreiten und wir glauben daher, daß einer Beseitigung dieses Uebelstaudes Vorschub geleistet werden sollte, und wäre es auch dadurch, daß für die Protokoll-Verlesung und -Genehmigung ein neues Verfahren eingeschlagen werden müßte.

In dieser Absicht beantragt die vorliegende Motion, von der Verlesung des Protokolles im Rate abzusehen und die Genehmigung des Protokolles dem Bureau zu übertragen.

Dieses Bureau hat aber bekanntlich ganz wesentlich die Funktionen der Stimmenzählung zu versehen und die Bestellung

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der vorberatenden Kommissionen vorzunehmen. Von der nun sehr wichtigen Aufgabe der Protokollgenehmigung wurde bei der Bestellung des Bureaus natürlich ganz abgesehen, weil dieser wichtige Zweig der Administration dem Bureau nicht übertragen war.

Abgesehen aber auch hievon schiene es uns unangemessen, das Bureau, welches, wie bekannt, mit seiner jezigen Aufgabe vielfach beschäftigt und in manchen Richtungen in Anspruch genommen ist, nun auch noch mit der täglichen Durchlesung, Bereinigung und Genehmigung des Protokolles belasten zu wollen.

Angemeßener erschiene es uns, wenn dieser neue Zweig der Tätigkeit einer besondern Kommission übertragen würde, welche im Hinblike auf diese neue Tätigkeit auszuwählen wäre.

Dieses Verfahren entspräche auch beßer dem Grundsaze der Arbeitsteilung, den - man beobachten soll und dem man auch bis jezt, wo es sich tun ließ, Rechnung getragen hat.

Diese, nennen wir sie Protokollkommission, wäre, wie die übrigen organischen Kommissionen, alljährlich zu bestellen, wobei, um die Aufgabe zu erleichtern, hie und da ein Wechsel in den Personen nur ersprießlich sein dürfte, und womit der bereits erwähnten Arbeitsteilung in schiklicher Weise Rechnung getragen werden könnte.

In dieser Aufstellung einer besonderen Kommission gipfelt unser heutiger Antrag. Um aber, da hier ein kleines Kollegium die Aufgabe des bisherigen großen Kollegiums übernehmen soll, das einzelne Mitglied vor Uebereilung zu wahren und ihm die bisherige Möglichkeit zu geben, sich vor unrichtigen Auffassungen, die ja leicht unterlaufen können, zu schüzen, beantragen wir ferner, das Protokoll jeweilen für einen Tag auf den Kanzleitisch zu legen, damit jedem Mitgliede es möglich werde, gegen den einen oder andern Punkt Einsprache zu erheben, sofern es glaubt, daß der eine oder andere Punkt des Protokolls unrichtig aufgefaßt sein möchte. Die Möglichkeit einer solchen Einsprache muß um so gewißenhafter gewahrt werden, weil es nach unserm Réglemente jedem Mitgliede unbenommen ist, selbständige Anträge zu stellen, oder Modifikationen an andern Anträgen zur Beschlußfassung vorzulegen.

Geht die Protokollkommissiou auf derartige Modifikationen nicht ein und beharrt sie auf ihrer Anschauung, so bleibt zur Hebung des Zweifels oder Zwistes wohl nichts anderes übrig, als die Berufung an die Versammlung, deren autentische
Interpretation natürlich aber nicht weiter angefochten werden kann, sondern als das vom Rat Beschloßene gelten muß. Hierauf beziehen sich unsere Artikel 3 und 4.

270 Dieses eben näher geschilderte Verfahren hätte nach unserem Artikel 5 natürlich auch dann einzutreten, wenn für die Genehmigung des Protokolls in der Kommission eine Einheit nicht zu erzielen wäre. Ein Fall, der wohl so leicht nicht eintreten wird, der aber immerhin nicht außer Acht gelassen werden durfte.

In Beziehung auf das lezte Protokoll einer Session so glaubten wir uns kurz dahin faßen zu dürfen, daß deßen Genehmigung kurzer Hand dem Nationalrat selbst überlaßen werden solle. Man weiß aus langer Erfahrung, daß derartige lezte Protokolle in der Regel keine größere Bedeutung mehr haben und haben können, da sie keine eigentlichen tiefergehenden Beschlüße beschlagen, sondern hauptsächlich darin bestehen, die Beschlüße des andern Rates entgegenzunehmen, bereits gefaßte Beschlüße neuerdings zu bestätigen, oder den Beitritt zu den Beschlüßen des andern Rates zu erwähnen, also die Uebereinstimmung beider Räte zu erhärten.

Hiezu bedarf es nach Erfahrung einer weitläufigen Verhandlung nicht, und es würde eine solche nur dann eintreten können, wenn auch in dieser Lage eine neue BeratungO förmlich eintreten müßte:t O alsdann aber wäre der Gegenstand für die abgelaufene Session nicht mehr zu behandeln, sondern er müßte auf eine nächste Session ohnehin verschoben werden.

Die Kornmission hat nun die Ehre, Ihnen den Bescblußentwurf, wie sie ihn als notwendig erachten müßte, zur weitern Prüfung einzubegleiten, indem sie nur noch hervorhebt, daß nach ihrer Ansicht der Präsident des Nationalrates ohne Weiteres auch das Präsidium in der Protokollkommission führen sollte. In dem Präsidenten des Nationalrates konzentriren sich die sämtlichen Verhandlungen der Gesezgebung so wesentlich, daß deßen Leitung der Verhandlungen in jeder Beziehung nur ersprießlich sein kann.

Die vier weitern Beisizer aber wären ohne weiteres frei aus der Mitte sämtlicher Mitglieder des Rates zu bezeichnen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, Herren Nationalräte, die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 10. Oktober 1882.

Im Namen der nationalrätlichen Kommission, Der B e r i c h t e r s t a t t e r :

Schieß.

271 Beilage I.

Beschliußentwurf.

1. Die Prüfung und beziehungsweise Genehmigung des Protokolls des Nationalrates wird einer Kommission übertragen, welche alljährlich bestellt und aus dem Präsidenten des Nationalrates und vier frei gewählten Mitgliedern bestehen soll. .

2. Nach der Genehmigung ist das Protokoll zur Einsicht der Mitglieder des Nationalrates während eines Tages auf den Kanzleitisch niederzulegen.

3. Sieht sich ein Mitglied veranlaßt, gegen einzelne Punkte Einsprache zu erheben, so hat dasselbe der Prüfungskommission innerhalb jener Frist davon Kenntnis zu geben und einen schriftlichen Gegenantrag beizulegen.

4. Tritt die Kommission auf diese Einsprache und schriftlichen Gegenantrag nicht ein, so steht es dem Einsprecher frei, die Beanstandung an den Nationalrat selbst zu bringen, welcher darüber endgültig zu entscheiden hat.

5. Das gleiche Verfahren -- Berufung an den Nationalrat -- ist zu beobachten, wenn in der Kommission für die Genehmigung des Protokolls eine Stimmeneinheit nicht hätte erzielt werden können.

6. Das definitiv genehmigte und von der Kommission unterzeichnete Protokoll hat die Kommission sofort zu weiterer Amtshandlung -- Registratur und Reinschrift -- an die Bundeskanzlei abzugeben.

7. Das Protokoll der lezten Sizung einer Session wird von der Versammlung selbst genehmigt.

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Beilage II.

Notizen betreffend

dio JProtokollg-eneliinig-ii.ng'.

A. Kantone.

Zürich.

Das Bureau des Kantonsrats besteht aus dem Präsidenten, 2 Vizepräsidenten, 4 Sekretären und 8 Stimmenzählern. Sekretäre, welche nicht Mitglieder des Kantonsrates sind, haben im Bureau nur beratende Stimme. Geschäftsordnung vom 2. März 1870 (Art. 15).

Art. 19. Den Sekretären liegt die Abfaßung der Protokolle und Ausfertigungen ob.

Art. 21. Die Protokolle sind von sämtlichen Mitgliedern zu unterzeichnen und in der folgenden Sizung den Mitgliedern des Kantonsrates zur Einsicht offen zu legen. Reklamationen gegen die Richtigkeit sind vor dem Schluß dieser Sizung dem Präsidenten schriftlich einzureichen und von diesem sobald als möglich zur Verhandlung zu bringen.

Das Protokoll der lezten Sizung einer Session soll am Schluß derselben behufs seiner Gutheißung durch die Versammlung verlesen werden.

Bern.

Das Protokoll wird jeweilen anfangs der folgenden Sizung verlesen und von der Versammlung selbst mit oder ohne Abänderung genehmigt. Diese Prüfungsweise hat bisanhin befriedigt.

Luzern.

Geschäftsordnung für den Großen Rat vom 1. September 1863, revidirt 25. Oktober 1871.

273 § 73. Das Protokoll über jede Sizung des Großen Rates wird, nachdem die Sekretäre es eingesehen haben, in der nächst, darauf folgenden Sizung abgelesen und entweder genehmigt oder berichtigt.

Das Protokoll der lezten Sizung einer Versammlung wird entweder vom Großen Rate sofort genehmigt oder dem Präsidenten, Vizepräsidenten und den beiden Sekretären zur vorläufigen Genehmigung überwiesen.

Uri.

Die Verlesung, Prüfung und Genehmigung sämtlicher Protokolle findet jeweilen in der nächstfolgenden Sizung statt. Diese Prüfungsweise hat bisher befriedigt.

Schwyz.

Das Protokoll wird bei Eröffnung der Tagessizungen in pieno verlesen und gutgeheißen. Eine Delegation an das Bureau oder ein Ausschuß findet nicht statt. Das bisherige Verfahren hat stets befriedigt.

Obwalden.

Bei der Protokollgenehmigung haben jedenfalls die Mitglieder des Bureaus gegenwärtig zu sein.

In der Regel wohnt der Verlesung außer dem Bureau niemand bei. Bisher haben sich keine Uebelstände ergeben, und man darf diesen Modus als befriedigend erklären.

Nidwaiden.

Sowohl die Protokolle der Landsgemeinde als des Landrats werden vor lezterer Behörde verlesen und in pieno geprüft und genehmigt. Diese Weise ist nicht beanstandet.

Glarus.

Das Protokoll der Landsgemeinde und der gesezgebenden Versammlung wird in der nächstfolgeoden Sizung von Landammann und Rat in pieno geprüft und genehmigt. Keine Uebelstände.

Zug.

Die Protokollgenehmigung wird vom Kantonsrate selbst vorgenommen uod zwar nach vorgängiger Prüfung durch den Rat in pieno. (Keine Anstände.)

Bundesblatt. 34. Jahrg. Bd. IV.

19

274 Freiburg.

Das Protokoll jeder Sizung wird Tags darauf im Rate verlesen und von diesem genehmigt. Das Protokoll der lezten Sizung einer Session wird allein vom Bureau gutgeheißen. (Unbeanstandet).

Solothurn.

Das Protokoll wird von der Behörde selbst geprüft und genehmigt.

Das Protokoll einer lezten Sizung kann dem Bureau überlaßen werden. (Unbeanstandet.)

Basel-Stadt.

Das Protokoll liegt im Konzept vom 2. bis 5. Tag nach jeder Sizung den Mitgliedern zur Einsichtnahme offen, und der Statsschreiber nimmt etwaige Wünsche für Berichtigungen entgegen; darauf wird es dem Präsidenten zur Genehmigung vorgelegt, und falls dieser mit den verlangten Berichtigungen nicht einverstanden ist, so entscheidet in der nächsten Sizung die Versammlung. (Unbeanstandet.)

Basel-Landschaft.

Das Protokoll wird jeweilen unmittelbar nach Durchberatung der vorliegenden Geschäfte verlesen und von der Behörde selbst genehmigt. (Unbeanstandet.)

Schaffhausen.

Das Protokoll der gesezgebenden Behörde wird in pieno verlesen und von der Behörde selbst geprüft und gutgeheißen. In jüngster Zeit Motion: ,,es möchte in Zukunft die Prüfung und Genehmigung dem Bureau überlaßen werden, um Zeit zu gewinnen.tt (Hierüber scheint noch nicht entschieden zu sein.)

Appenzell A.-Rh.

a. Das Landsgemeindeprotokoll wird vom Regierungsrate sofort in der ersten Sizung nach der Landsgemeinde geprüft und genehmigt. Das genehmigte Protokoll fällt iri's Amtsblatt.

b. Das Protokoll des Kantonsrats wird je am Ende einer Sizung der Behörde verlesen. (Unbeanstandet.)

275 Appenzell l.-Rh.

Die Genehmigung des Protokolls findet gewöhnlich in der nächstfolgenden Sizung der Behörde in pieno statt. · Gegen diese Prüfungsweise ist noch keine Einsprache erfolgt.

St. Gallen.

Der Große Rat nimmt in pieno die Verlesung seines Protokolls entgegen und spricht dessen Genehmigung aus.

Das Protokoll der lezten Sizung wird in dieser sofort verlesen, wenn die Behörde diesfalls nicht anders verfügt.

Graubünden.

Das Protokoll des Großen Rates wird jeweilen vor der Behörde selber in Plenarsizungen verlesen und von ihr gutgeheißen, beziehungsweise bereinigt, mit Ausnahme desjenigen der lezten Sizung, zu dessen Prüfung eine besondere dreigliedrige Kommission bestellt wird. (Unbeanstandet.)

Aargau.

Das Protokoll des Großen Rates wird jedesmal in der folgenden und dasjenige des lezten Tages einer Sizungsperiode am Schluße derselben verlesen, beziehungsweise genehmigt. Das lezte Protokoll einer Session wird inzwischen seit Jahren dem Bureau zur Genehmigung überlaßen.

Vor etwa zwei Jahren wurde aus der Mitte des Großen Rates beantragt: das Protokoll nicht mehr zu verlesen, sondern zur Einsicht der Behörde aufzulegen. Der Antrag blieb ohne Folge. Gegenwärtig liegt der Antrag vor: ,,es seien künftig- substantielle Protokolle anzufertigen." Hierüber ist aber noch nicht entschieden.

Thurgau.

Gemäß den Geschäftsreglementen für den Großen Rat hat dem Namensaufrufe unmittelbar die Verlesung des Protokolls der vorangegangenen Sizung zum Zweke der Genehmigung oder Berichtigung durch den Rat selbst zu folgen.

Ausnahmen von dieser Regel finden in der Weise statt, daß die Behörde am lezten Sizungstage einer Periode die Prüfung und Genehmigung des Protokolls seinem Bureau überträgt.

Bisanhin sind keine Aenderungen beantragt worden.

276 Tessici.

Die Verlesung und Genehmigung des Protokolls erfolgt jeweilen in der nächstfolgenden Sizung des Großen Rates. Hievon ist lediglich das Protokoll der lezten Sizung ausgenommen.

Der Große Rat entscheidet in pieno über Genehmigung oder Abänderung des Protokplls.

Jeder Abgeordnete und jedes Mitglied des Statsrates kann Berichtigungen im Protokolle verlangen, über deren Begründung der Rat entscheidet.

Waadt.

Der Große Rat entscheidet jeweilen in pieno über die Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sizung. (Unbeanstandet.)

Wallis.

Die Genehmigung des Protokolls erfolgt in der nächsten Sizung durch den Großen Rat selbst.

Hinwider unterliegt das Protokoll einer lezten Sizung der Periode der Gutheißung einer Kommission von drei Mitgliedern des Großen Rates, welche der leztere selbst bestellt. (Unbeanstandet.)

Neuenburg.

Das Protokoll wird vor dem Großen Rate in pieno verlesen und ebenso wird von der Behörde über deßen Annahme entschieden.

Um Zeit zu gewinnen, wurde am 29. Dezember 1876 vorgeschlagen : ,,Die Protokolle.nicht mehr öffentlich zu verlesen, sofern der Große Rat nicht wegen eines Spezialfalles" anders verfüge."

,,Das Bureau bezeichnet zu Anfang einer Session eine Kommission, die mit der Prüfung und Genehmigung des Protokolls beauftragt ist."

,,Das Protokoll einer Sizung soll bei Eröffnung der folgenden Sizung aufgelegt und während dieser Sizung den Abgeordneten zur Verfügung gestellt werden."

,,Einsprachen sind dieser Spezialkommission schriftlich einzureichen, die zu Ende der Sizung darüber entscheidet.ct Dieser Antrag wurde jedoch zurükgezogen und seither nicht wieder aufgenommen.

277 Genf.

Das Protokoll jeder Sizung wird vor dem Großen Rate verlesen, und dieser entscheidet selbst über die Annahme desselben.

B. Ausland.

Deutscher Reichstag.

Vorausgeschikt wird, daß im Reichstage sowohl als im Abgeordnetenhause die Verhandlungen mit großer Genauigkeit stenographisch aufgezeichnet werden, so daß hiedurch dem Protokolle, sowie deßen Genehmigung mehr nur eine formelle Bedeutung beizumeßen ist.

Die maßgebenden Bestimmungen verordnen : daß ein vom Präsidenten und zwei Schriftführern vollzogenes Protokoll, welches die gefaßten Beschlüße, die Interpellationen (beide in wörtlicher Faßung) und die amtlichen Anzeigen des Präsidenten enthalten soll, während der nächsten Sizung zur Einsicht ausgelegt, und wenn dagegen bis zum Schluß der Sizung kein Einspruch erhoben ist, als genehmigt erachtet wird.

Wird gegen die Faßung Einspruch erhoben, der sich durch die Erklärung der darüber zu hörenden Schriftführer nicht heben läßt, so befragt der Präsident die Versammlung; im Falle der Einspruch für begründet erachtet wird, muß noch während der Sizung eine neue Faßung der betreffenden Stelle vorgelegt werden. (Also Mitwirkung nicht total ausgeschloßen.)

Französische Kammern.

Das Protokoll der vorhergehenden Sizung wird von einem Sekretär verlesen und von der Kammer genehmigt.

Italien.

Das Protokoll einer Sizung wird in der nächstfolgenden der Kammer vorgelesen und von dieser in pieno genehmigt oder berichtigt.

Oesterreich.

Ueber jede Sizung ist durch die hiezu bestellten Beamten ein Protokoll zu führen, welches von den fungirenden Schriftführern

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verifizirt und im Bureau des Hauses den Tag nach der Sizung durch 24 Stunden zur Einsicht aller Mitglieder des Hauses aufgelegt wird.

Bedenken gegen die Faßung oder deu Inhalt des Protokolles sind dem Präsidenten mitzuteilen, welcher, wenn er dieselben begründet findet, die Berichtigung vornimmt.

Sollte der Präsident die geforderte Berichtigung verweigern, so steht es dem dieselbe fordernden Mitgliede frei, in der nächsten Sizung den Antrag auf Berichtigung zu stellen.

In diesem Falle ist die beanstandete Stelle des Protokolls, sowie die beantragte Aenderung zur Verlesung zu bringen und -wird hierüber vom Hause Beschluß gefaßt.

(Geschäftsordnung des Reichsrates vom 10. November 1873.

§ 49.)

(Ganz ähnliche Bestimmungen enthält der § 22 der Geschäftsordnung des Herrenhauses.)

Vom Präsidium des Herrenhauses wurde speziell hervorgehoben,' daß der Präsident der bestehenden Uebung gemäß bei Eröffnung einer jeden Sizung. ausdrüklich erkläre: das Protokoll der lezten Sizung sei geschäftsordnungsmäßig aufgelegt gewesen, konstatirt, daß eine Einsprache gegen dasselbe nicht erhoben wurde und die Frage stellt, ob eine solche aus dem Schöße der Versammlung angeregt werden will und erst, wenn dies nicht der Fall ist, das Protokoll als genehmigt bezeichnet.

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Bericht des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Beschwerde von Peter Binz, Uhrenmacher, von Winznau (Solothurn), wegen Arrestlegung auf ein Lohnguthaben des Beschwerdeführers.

(Vom 24. August 1882.)

Tit.

Mittelst Eingabe vom 22. Januar 1882 hat Peter B i n z , von Winznau, Kantons Solothurn, Uhrmacher", wohnhaft zu Malleray, bernischen Amtsbezirks Münster, Beschwerde geführt gegen eine Verfügung des Gerichtspräsidenten von Münster, d. d. 13.14. Januar 1882, wodurch dem Gläubiger des Petenten, Daniel Leu, Käser, auf Champoz, Amtsbezirks Münster, für ein Guthaben infolge Butterlieferungen ein Arrest auf das Lohnguthaben des Binz bei seinen Fabrikherren Koller & Comp. in Malleray bewilligt wurde.

Binz erhob Einrede der Inkompetenz, weil, obwohl er seit 12. April 1881 in der Uhrenfabrik Koller & Komp. in gedachtem Malleray arbeite, er dennoch seinen festen Wohnsitz in seiner Heimatgemeinde Winznau beibehalten habe, wo seine Frau- und Kinder wohnen, welche er alle drei oder vier Monate einmal besuche; nach Artikel 56 der Bundesverfassung sei deßhalb das Richteramt OltenGösgen allein zuständig.

Unterm 24. Januar 1882 wurde dem Rekurrenten geantwortet, daß der Bundesrath nicht kompetent sei, auf diese Angelegenheit einzutreten, weil die Frage, ob durch die Verfügung des Gerichts-

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Bericht der Kommission des Nationalrates in Sachen der Motion des Herrn Forrer, betreffend Protokollgenehmigung. (Vom 10. Oktober 1882.)

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1882

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4

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52

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

04.11.1882

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267-279

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10 011 661

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