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Bericht der

Commission des Nationalrathes zu dem Gesetzesentwurf betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst.

(Vom 12. Juni 1882.)

Tit.

Der Bundesrath hat in seiner Botschaft vom 9. Dezember 1881 die Gründe angegeben, welche ihn veranlaßt haben, schon jetzt einen Gesetzesvorschlag, betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst, einzubringen. Die Commission theilt diese Gründe vollkommen und fügt denselben nur noch bei, daß insbesondere in den Kreisen unserer einheimischen Künstler die beförderliche Erlassung eines Bundesgesetzes über den angeregten Gegenstand lebhaft gewünscht wird, um dem noch in manchen Kantonen vollkommen gesetzlosen, in andern durch das Konkordat vom 3. Dezember 1856 nicht genügend geregelten Zustande ein baldiges Ende bereitet und denselben durch eine für alle Kantone verbindliche, der heutigen Gesetzgebung entsprechende Ordnung ersetzt zu sehen. Es darf daher schon jetzt gesagt werden, daß hinreichende Motive vorliegen, auf den Gesetzesentwurf einzutreten.

Die erwähnte Botschaft des Bundesrathes hat im Fernern in die Motivirung des Entwurfes allgemeine Erörterungen aufgenommen über den Begriff des Urheberrechtes, über die Art und Weise, wie sich dasselbe äußert, über die Berechtigung des Urhebers auf die materiellen Vortheile, welche aus seiner geistigen

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Arbeit gezogen werden können, sowie auch über die Begrenzung, welche das Interesse der Gesellschaft dem Urheberrecht entgegen setzt. Es erscheint nun um so überflüssiger, in diesem Berichte in ähnliche Erörterungen einzutreten, als die Commission den vom Bundesrathe gebrachten beipflichtet und daher einfach auf dieselben verweisen kann.

Was den bundesräthlichen Gesetzesentwurf anbelangt, so ist derselbe sorgfältig vorbereitet und in den betheiligten Kreisen des Landes beifällig aufgenommen worden. Die Commission wird indessen außer mehrfachen Redaktionsverbesserungen auch einige sachliche Aenderungen und in den Strafartikeln und den Uebergangsbestimmungen auch einige Zusätze beantragen, wodurch, wie sie glaubt, der Gesetzesentwurf an Vollständigkeit und Klarheit gewinnen dürfte. Der gegenwärtige Bericht wird sich auf die Motivirung dieser Abänderungen am bundesräthlichen Entwurfe beschränken und nur da in allgemeinere Erörterungen eintreten, wo es des Verständnisses der Sache wegen nöthig erseheint.

Bevor zu dieser Berichterstattung übergegangen wird, sind noch einige Eingaben zu erwähnen, welche seit dem Abschluß ihrer Berathungen an die Commission gelangt sind.

Die erste dieser Eingaben geht, von einer großen Anzahl schweizerischer Künstler aus, spricht in allgemeinen Sätzen den lebhaften Wunsch aus, daß in dem zu erlassenden Gesetze das Urheberrecht des Künstlers in seinem ganzen Umfange geschützt, der Entwurf des Bundesrathes nicht modifizirt und namentlich der Artikel 5 desselben unverändert belassen werde.

Die zweite, vom 3. Juni datirte Eingabe ist von dem Präsidenten und dem Sekretär der Gesellschaft der schweizerischen Maler und Bildhauer eingereicht worden. Sie spricht sich gegen den Art. 6 des Commissionalentwurfes aus, indem sie wünscht, daß der Architekt dem Maler und Bildhauer in dem Sinne gleichgehalten werde, daß die Veräußerung von Plänen dem Erwerber derselben, wenn keine gegenteiligen Stipula tionen stattfinden, nicht schon das Recht der Ausführung gewähre. Sodann verbreitet sie sich über,den bei Art. 8, B, Ziff. 6 des Commissionalentwurfes vorgemerkten Minderheitsantrag und drückt die Erwartung aus, daß derselbe nicht angenommen werde. Endlich verwirft sie die in Art. 18, litt, c des Commissionalentwurfes enthaltene Vorschrift in Betreff der Vervielfältigung durch Photographie eines Kunstwerks, welches noch nicht Gemeingut geworden ist, und wünscht deren Streichung.

203 Die dritte Eingabe beschlägt einen in der Genfersehen Zeitschrift ,,la Semaine judiciaire" enthaltenen Aufsatz des Herrn Alfred van Muyden, Maler in Genf. Indem sie die allgemeinen Grundsätze der Entwürfe billigt, spricht sie sich ebenfalls, wie die Eingabe der Gesellschaft der schweizerischen Maler und Bildhauer, gegen den erwähnten Minoritätsantrag und die in Art. 18, litt, c enthaltene Vorschrift aus.

Wir werden bei Behandlung der einzelnen Artikel auf die verschiedenen über dieselben gemachten Bemerkungen zurückkommen.

Art. l des Commissionalantrages hat einige redaktionelle Aenderungen erlitten, indem die Worte ,,durch irgend ein Verfahren11 als überflüssig weggestrichen, dagegen der ,,Vorbehalt der in Art. 8 enthalteneu Ausnahmen" in denselben aufgenommen worden ist.

Wichtiger sind die bei Art. 2 erfolgten Aenderungen und Zusätze. Hier handelt es sich zunächst um die D a u e r des Urh e b e r r e c h t e s . Dieselbe wird, wie der Botschaft des Bundesrathes entnommen werden kann, in den verschiedenen Gesetzgebungen sehr ungleichartig bestimmt, je nachdem auf die privatrechtlichen Interessen des Urhebers und seiner Erben oder .auf die öffentlichen Interessen ein größeres oder geringeres Gewicht gelegt wird. Was die erstem anbelangt, so scheint vor Allem unbestreitbar, daß das Recht einmal auf die ganze Lebenszeit des Urhebers ausgedehnt werden muß. Soll der Schriftsteller und Künstler einen zureichenden materiellen Nutzen aus dem Produkte seiner geistigen Thätigkeit ziehen können, den er in der Vervielfältigung desselben findet, so muß ihm das ausschließliche Recht der letztem zunächst während der ganzen Lebenszeit zustehen. · Beinahe alle Gesetzgebungen sind über diesen Punkt einig. Aber auch über die Lebenszeit hinaus soll dieses Recht seinen Erben, also namentlich seiner engern Familie, gewahrt bleiben. Der Schriftsteller und der Künstler, der sein Leben in geistiger Arbeit aufzehrt und bei seinem oft vorzeitigen Tode seiner Familie kein oder nur wenig baares Vermögen hinterläßt, soll ihr in seinen Werken die Möglichkeit einer sorgenfreien oder doch erträglichem Existenz gewähren.

Man will die Bemerkung gemacht haben, daß gerade schweizerischen Schriftstellern und Künstlern oft erst spät die Anerkennung in weitern Kreisen zu Theil wird, welche ihre Werke in Anspruch nehmen dürfen. Sie finden selbstverständlich einen weit

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größero Markt in dem benachbarten, sprachlich mit dem eigenen Lande verwandten Ausland. In diesem aber kommt der Werth literarischer und künstlerischer Produkte oft nur langsam zur verdienten Geltung; daher sollte gerade im Interesse der eigenen Schriftsteller und Künstler das Urheberrecht nicht schon in dem Zeitpunkt erlöschen, in welchem es erst recht fruchtbar zu werden beginnt. Eine Verlängerung desselben über die Lebenszeit hinaus ist daher ohne Zweifel geboten. Der bundesräthliche Entwurf setzte diese Verlängerung der Dauer des Urheberrechts auf dreißig Jahre nach dem Tode des Urhebers fest. Die Commission glaubte sie indessen auf zwanzig Jahre reduziren zu sollen. Die unbeschränkte Vervielfältigung von literarischen und künstlerischen Werken, welche für die Allgemeinheit von besonderm Interesse sind, soll erleichtert werden, um diese Werke durch die zu erzielenden billigeren Ankaufspreise allem Volke zugänglicher zu macheu, und damit zu rascherer Verbreitung der in ihnen enthaltenen Ideen und überhaupt zur Bereicherung des geistigen Lebens beizutragen. Hat der Schriftsteller und Künstler aus dem Gesammtleben seiner Zeit die Anregungen und Stoffe zu seinen Werken gezogen, so sollen letztere der Gesammtheit auch wieder möglichst unbeschränkt dienstbar werden, nachdem den Rücksichten Rechnung getragen worden ist, welche billiger Maßen auf den Urheber und dessen Familie genommen werden mußten. Verhehlt darf hiebei indessen nicht werden, daß das Urheberrecht in Deutschland dreißig, in Frankreich fünfzig Jahre nach dem Tode des Urhebers fortdauert, und daß in Oesterreich und Italien, wenn auch in anderer Form, dem Urheber und dessen Familie günstigere Bedingungen eingeräumt werden, als unser Entwurf gewährt. Auch ist nicht zu übersehen, daß schweizerische Schriftsteller und Künstler einen größern Vortheil finden werden, sich an deutsche statt an schweizerische Verleger zu wenden. Denn das deutsche Gesetz stellt Werke ausländischer Urheber, welche bei inländischen (deutschen) Verlegern erscheinen, unter seinen Schutz und gewährt demnach eine längere Schutzfrist als nach dem vorliegenden Entwurf dem schweizerischen Urheber und Verleger zugewendet werden könnte.

In Bezug auf das Uebersetzungsrecht des Urhebers schien angemessen, eine neue Bestimmung aufzunehmen. Ist ihm zwar dieses Recht gewahrt,
insoweit es sich selbstverständlich nicht etwa um eine metrische Uebersetzung handelt, welche als eine selbstständige geistige Arbeit des Uebersetzers zu betrachten wäre, so soll es doch verwirkt sein, wenn während zehn Jahren kein Gebrauch davon gemacht wird. In einem Lande, welches drei Nationalsprachen be- .

sitzt, scheint die freie Uebertragung von Schriftwerken aus der

205 einen in eine andere Sprache durchaus begünstigt werden zu sollen.

Es darf daher nicht schlechthin von dem guten Willen oder der Unbeholfenheit des Autors abhängig gemacht werden, ob eine Schrift von allgemeinem Interesse auf längere Zeit der Uebersetzung entzogen werde.

In diesem Artikel sind endlich auch die Autorrechte des Bundes, der Kantone, der juristischen Personen und Vereine gewahrt worden.

Die folgenden Artikel 3, 4 und 5 haben mit Ausnahme einiger redaktioneller Verbesserungen keine Aenderungen erlitten. Insbesondere wird der Artikel 5, wie er hier vorliegt, den Wünschen des Vereins schweizerischer Maler und Bildhauer vollständig entsprechen.

Ueber Artikel 6 und Artikel 8 B, Ziffer 8 des Commissionalentwurfes sind einige nähere Erörterungen nothwendig. In dem ursprünglichen Entwurf des Departementes waren die Architekten gar nicht erwähnt, was zu lebhaften Reklamationen des schweizerischen Architektenvereins führte. In Folge dessen nahm der Bundesrath in Art. 6- seines Entwurfes die Bestimmung auf, daß die Veräußerung des Veröffentlichungsrechtes von architektonischen Plänen und Zeichnungen erstellter oder nicht erstellter Gebäude an sich noch nicht die Veräußerung des Ausführungsrechtes und die Veräußerung des letztern an sich noch nicht die Veräußerung des Veröffentlichungsrechtes in sich schließe.

In Art. 8, Ziff. 8 wurde dann beigefügt, daß das Urheberrecht nicht verletzt werde durch die Ausführung von Plänen und Zeichnungen, welche nach bereits erstellten Gebäuden angefertigt worden sind. Die Commission geht nun zwar im Prinzip mit dem Bundesrathe einig, hat jedoch demselben eine andere Form gegeben. Indem sie in einem besonderû Artikel sagt, daß dem Erwerber von architektonischen Plänen das Recht zustehe, dieselben vervielfältigen und ausführen zu lassen, wenn keine gegentheilige Vereinbarung vorliege, so legt sie dem Architekten die Pflicht auf, durch die Vereinbarung dafür zu sorgen, daß von den veräußerten Plänen nicht derjenige Gebrauch gemacht werde, welchen er nicht gestatten will. Während das Vervielfältigungsrecht des Malers an seinem verkauften Gemälde von Gesetzeswegen und daher ohne besondere Vereinbarung mit dem Käufer gewahrt bleibt, muß sich der Architekt, wenn er das Vervielfältigungs- oder das Ausführungsrecht vorbehalten will, durch eine besondere Verständigung mit dem Käufer der Pläne sicher stellen. Diese Behandlung des Architekten rechtfertigt sich einmal durch die Stellung welche der

206 Baukunst auch in andern Gesetzgebungen angewiesen wird. Schon frühere bezügliche deutsche Landesgesetze und das gegenwärtige Reichsgesetz vom 9. Januar 1876, betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste, finden keine Anwendung auf die Baukunst, ,,weil bei den Bauwerken die materielle Produktion und die mechanische Ausführung bei weitem die geistige Konzeption überwiegen, daß nicht der Stoff, wie bei den Gemälden und Bildwerken, bloß Träger der geistigen Form ist". Gegen den Nachdruck von Plänen und Zeichnungen wird der Architekt zwar geschützt, ähnlich wie geographische, technische und ähnliche Zeichnungen, welche nach ihrem Hauptzwecke nicht als Kunstwerke zu betrachten sind, geschützt werden. Dagegen verbietet das deutsche Gesetz nicht, daß nach diesen Plänen von einem andern Architekten ein gleiches Bauwerk ausgeführt wird. Auch in Frankreich soll die Gesetzgebung der Architektur keinen besondere Schutz gewähren, wenn auch die Jurisprudenz sich dahin neige, die Werke der Architektur gegen Abbildung und Vervielfältigung zu schützen.

Es kann daher schon aus diesen Gründen, denen nicht alle Berechtigung abgesprochen werden darf, nicht auffällig erscheinen, wenn in unserm Gesetz die Architektur nicht einfach den übrigen bildenden Künsten gleichgestellt wird. Sodann kann wohl als Regel angenommen werden, daß architektonische Pläne und Zeichnungen mit Rücksicht auf einen zu erstellenden Bau angefertigt werden.

Die Erwerbung der Pläne involvirt bei dieser Voraussetzung das Ausführungsrecht. Es ist daher in den am häufigsten vorkommenden Fällen gar nicht nöthig, dem Urheber des Planes das Recht auf dessen Ausführung besonders vorzubehalten, da der Plan gerade der Ausführung wegen angefertigt worden ist. Werden aber Pläne für wissenschaftliche Zwecke, zum Gebrauch für technische Schulen u. s. w. angefertigt, so steht dem Urheber derselben selbstverständlich das gleiche Recht gegen Nachbildung zu. welches der Künstler besitzt, der Vorlagen für den Zeichnungsunterricht komponirt und in besondern Werken herausgibt. Endlich ist es dem Architekten stets leicht, sein Urheberrecht bei Abgabe von Plänen zu wahren, indem er auf denselben in geeigneter Weise die Vorbehalte, unter denen die Abtretung stattfindet, vormerkt. Da sich der Maler oder Bildhauer beim Verkaufe von Gemälden oder
Skulpturwerken eine ähnliche Garantie gegen unbefugte Verwendung nicht selbst in ausreichender Weise verschaffen kann, so mußte sein Urheberrecht von Gesetzeswegen geschützt werden. Die von der Commission gewählte Redaktion dürfte daher die Urheberrechte der Architekten in genügender und jedenfalls in ausgiebigerer Weise schützen, als es die deutsche und französische Gesetzgebungen thun.

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Was schließlich die in Art. 8 B., Ziff. 8 enthaltene Bestimmung anbelangt, daß Aufnahme und Ausführung von Plänen bereits erstellter Gebäude keine Verletzung des Urheberrechtes involvire, vorbehalten immerhin Theile von Gebäuden, welche einen spezifisch künstlerischen Charakter durch Anbringung von Malereien, Skulpturwerken und dergleichen erlangt haben, so schließt sich der Commissionalentwurf demjenigen des Bundesrathes mit einer kleinen, wohl selbstverständlichen Erweiterung an.

Der Art. 7, aus welchem die im bundesräthlichen Entwurf enthalten gewesenen, auf die Architektur bezüglichen Bestimmungen weggelassen und in den neuen Artikel 6 verwiesen worden sind, hat nur einige redaktionelle Verbesserungen erlitten.

Der wichtige Artikel 8, welcher die Fälle aufzählt, in denen eine Verletzung des Autorrechtes nicht stattfindet, ist von der Commission mit einigen Redaktionsverbesserungen nach dem Entwurf des Bundesrathes angenommen worden und bedarf hier daher keiner weitern Erläuterung. Bei Ziff. 6 ist aber ein Minderheitsantrag vorgemerkt worden, über welchen nothwendig einige Bemerkungen beigefügt werden müssen, nachdem sich die Commission ursprünglich beinahe einstimmig zu demselben' bekannt hatte und erst in einer zweiten Berathung in Mehrheit wieder davon zurückgetreten ist.

Das österreichische Gesetz vom 19. Oktober 1846 und verschiedene ältere deutsche Gesetze, wie diejenigen von Preußen, Bayern, Braunschweig und Sachsen-Weimar, betrachteten es nicht als verbotene Nachbildung, wenn ein Kunstwerk als Muster für Industrieerzeugnisse oder, wie es wörtlich im österreichischen Gesetze heißt: ,,als Muster für die zu einem wirklichen materiellen Gebrauche dienenden Erzeugnisse der Manufakturen, Fabriken und Handwerke'1 benützt worden ist. Und noch bei den im Jahr 1870 im norddeutschen Parlamente stattgefundenen Berathungen des Gesetzentwurfs, betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste u. s. w., wurde sowohl vom Bundespräsidium als von der betreffenden Commission des Parlamentes beantragt, in das Gesetz die Bestimmung aufzunehmen: ,,Die Benutzung von Werken der bildenden Künste als Muster zu den Erzeugnissen der Industrie, der Fabriken, Handwerke und Manufakturen ist gestattet".

Es hat auch, wer wollte es läugnen, etwas Bestechendes, die Produkte der schönen Künste der Kunstindustrie
in möglichst unmittelbarer Weise dienstbar zu machen, da hiedurch die Kunstindustrie an geistigem Gehalt und ästhetischer Entwicklung ja nur ungemein gewinnen sollte, ohne daß dabei, wie man anzunehmen geneigt ist, der Künstler in seinen Interessen geschädigt sei, wobei er vielBundesblatt. 34. Jahrg.

Bd. III.

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208 mehr indirekte nur gewinnen würde durch Popularisirung seiner Ideen und Verbreitung seines Namens in weitere Kreise. Man ist jedoch in Deutschland von diesen Anschauungen vollkommen zurückgekommen. Gerade im Gegensatz zu den frühern Entwürfen ist in § 5 des Reichsgesetzes vom 9. Januar 1876 die Bestimmung aufgenommen worden : ,,Jede Nachbildung eines Werkes der bildenden Künste, welche in der Absicht, dieselbe zu verbreiten, ohne Genehmigung der Berechtigten hergestellt wird, ist verboten. Als verbotene Nachbildung ist es auch anzusehen, wenn die Nachbildung eines Werkes der bildenden Künste sich an einem Werke der Baukunst, der Industrie, der Fabriken, Handwerke oder Manufakturen befindet". Die Kunstindustrie darf also ohne Zustimmung des Urhebers dessen Werke nicht nachbilden. Für den Fall, daß er es gestattet, sichert ihm § 14 Schutz gegen weitere Nachbildungen in folgender Weise: ,,Wenn der Urheber eines Werkes der bildenden Künste gestattet, daß dasselbe an einem Werke der Industrie, der Fabriken, der Handwerke oder Manufakturen nachgebildet wird, so genießt er den Schutz gegen weitere Nachbildungen an Werken der Industrie u. s. w. nicht nach Maßgabe des gegenwärtigen Gesetzes, sondern nur nach Maßgabe des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Mustern und Modellen" (vom 11. Januar 1876). In diesem Falle muß daher das Kunstwerk in das Musterregister eingetragen und eine Abbildung davon deponirt werden. Die Schutzfrist dauert in der Regel ein bis drei, höchstens fünfzehn Jahre.

Wie in Deutschland, so haben' sich nun auch in der Schweiz die Künstler mit aller Entschiedenheit gegen das im Minoritätsantrag enthaltene Prinzip und die letztern speziell auch gegen den Wortlaut des Antrages ausgesprochen. Die Gesellschaft der schweizerischen Maler und Bildhauer bemerkt darüber : ,,Es sei nicht nothwendig, aufmerksam zu machen, in wie hohem Maße die Worte : ,,die zu einem materiellen Gebrauch dienenden Erzeugnisse der Industrie und des Handwerks" die Thiiren zu allen möglichen unerfreulichen Nachbildungen öffnen und zum Vorwand für eine wahre Verschwendung mehr oder weniger populärer Darstellungen führen können. Solche Nachbildungen werden um so leichter und um so häufiger erstellt werden, als ihnen die heutigen Tages so zahlreichen mechanischen, physischen, chemischen u. s. w. Mittel der Industrie
zu Gebote stehen. Der Künstler würde demnach Gefahr laufen, sein Werk in Tausenden von Exemplaren auf Tapeten, Stoffen, Vorhängen, Kamindeckeln, Nastüchern und andern, dem materiellen Gebrauch dienenden Gegenständen nachgebildet zu sehen." Hierin erblicken die Künstler und insbesondere auch Herr van Muyden nicht nur eine Herabwürdigung des Kunstwerkes, sondern auch eine er-

209 hebliche Gefährde für den Künstler selbst, indem letzterer viel schwerer und unter viel unvorteilhaftem Bedingungen die Vervielfältigung seines Kunstwerkes bewerkstelligen könnte, wenn letzteres in der angedeuteten Weise der Kunstindustrie preisgegeben werde. Herr van Muyden glaubt auch, daß die Industrie die Dienste, welche ihr die schönen Künste leisten können, anzuerkennen und sich, wenn sie die Beihülf'e des Künstlers bedürfe, an denselben zu wenden habe. Die Kunstindustrie werde selbst herabgewürdigt, wenn man von der Voraussetzung ausgehe, daß sie trotz aller Kunstgewerbeschulen, welche in neuerer Zeit in ihrem Interesse gegründet worden sind, nicht von ihren eigenen Schöpfungen leben könne.

Ja, man würde ihr einen Dienst leisten, wenn man ihr die Nachbildung von Kunstwerken verbieten würde, welche für ganz andere als für gewerbliche Zwecke geschaffen werden.

Die Commissionsmehrheit mußte sich schließlich davon überzeugen, daß sich unser Gesetz auch in diesem Punkte den neuern Gesetzen anzusehließen habe, und daher von der im Auge gehaltenen Begünstigung der Industrie Umgang zu nehmen sei. Außer den oben hiefür angegebenen Gründen mag hier noch hervorgehoben werden, daß sich nur außerordentlich schwer die für alle vorkommenden Fälle ausreichende Grenze finden ließe, wo das Urheberrecht des Künstlers aufzuhören hätte. Möchte man auch den Wortlaut des Minderheitsantrages, welcher den m a t e r i e l l e n G e b r a u c h eines Industrieerzeugnisses als das wesentliche Kriterium der Befreiung vom Urheberrecht darstellt, enger fassen und diese Befreiung vorschreiben oder verweigern, je nachdem das Wesentliche an dem nachgebildeten Kunstwerke in seinem ä s t h e t i s c h e n W e r t h e oder aber im G e b r a u c h s w e r t h e Hege, so ließe sich die Grenze doch gerade in den wichtigern Fällen nur schwer finden. Denn gerade bei der fortschreitenden Entwickelung der Kunstindustrie werden je länger je mehr Produkte des Gewerbefleißes erstellt, welche- in engerm oder weiterm Sinne dem Gebrauche dienen, sich gleichzeitig aber auch durch Schönheit und Stylmäßigkeit auszeichnen, so daß die Entscheidung .oft schwer fallen dürfte, welcher von beiden Werthen überwiege. Aber abgesehen hievon hätte die Sache auch kaum einen so großen praktischen Werth für die Industrie, daß darüber das widerstreitende
unleugbar große Interesse des Künstlers geopfert werden dürfte. Ja, bei näherer Betrachtung wird anerkannt werden müssen, daß der Kunstindustrie selbst beim Schütze des Urheberrechtes des Künstlers besser gedient ist. So empfand man es namentlich in Deutschland, daß die freie Benutzung von Kunstwerken für die Industrie, so lange sie dort bestund, die Anwendung echten künstlerischen Schaffens auf Gegenstände des täglichen Gebrauchs beinahe unmöglich gemacht

210 hat. Denn der Künstler konnte sich nicht veranlaßt sehen, Arbeiten, wie die Modellirung eines schönen Leuchters, eines andern Geräthes, der Zeichnung oder Farbenskizze von Teppichen, Tapeten u s. w. hinzugeben, so lange die Nachbildung gestattet und die Arbeit des Künstlers gewinnlos war. Die industrielle Nachbildung verfiel daher ungeschickten Händen, und die Folge davon war, daß die Kunstindustrie nicht recht aufkommen konnte, während die eleganten und feinen Gegenstände der Produktion Frankreichs, wo die Kunstwerke gegen industrielle Nachbildungen bereits geschützt und die besten Künstler für die Industrie thätig waren, überall den Markt beherrschten. Aehnliche Verhältnisse walten auch in der Schweiz, wo übrigens gewisse Industrien, durch ihre eigenen Interessen angeleitet, bereits, wie in der Stickerei, ihre eigenen selbstständig arbeitenden Zeichner besitzen oder, wie in der Möbelschreinerei, von Architekten Zeichnungen anfertigen lassen.

In den übrigen Bestimmungen dieses Art. 8 schließt sich die Commission mit Vorbehalt einiger Redaktionsverbesserungen dem Entwurfe des Bundesrathes an.

Art. 9, welcher vom Schadenersätze im Falle der Verletzung des Urheberrechtes spricht, und Art. 10, welcher die Strafmaße bestimmt, sind den Art. 8 und 9 des bundesräthlichen Entwurfes gegenüber etwas vervollständigt-worden.

In den Commissionalentwurf sind die Art. 11, den Prozeßgang, und Art. 13, vorsorgliche Verfügungen beschlagend, neu aufgenommen worden, und zwar theils in wörtlicher, theils in analoger Anwendung der Art. 20 und 21 des Bundesgesetzes betreffend den Schutz der Fabrik- und Handelsmarken vom 19. Dezember 1879.

Eine wesentliche Umgestaltung hat Art. 11 des bundesräthlichen Entwurfes durch den Art. 12 des Commissionalentwurfes erlitten, indem letzterer die civilrechtlichen Beziehungen als überflüssig wegläßt und in Betreff der strafrechtlichen (Anstifter, Theilnehmer, Versuch) statt auf das ,,gemeine Recht* auf das Bundesstrafrecht verweist.

In Art. 14 ist die Verjährungsfrist, analog mit der in Art. 20 des Gesetzes betreffend den Schutz der Fabrik- und Handelsmarken enthaltenen Bestimmung, von einem auf zwei Jahre ausgedehnt worden.

Art. 15 hat die wichtige Aenderung erlitten, daß die darin vorgesehene Konfiszirung nicht in jedem Falle ausgesprochen werden muß, sondern daß es dem richterlichen Ermessen anheim gestellt bleibt, sie zu verhängen. Es lassen sich nämlich Fälle

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denken, wo eine Konfiskation an sich unmöglich ist, z. B. eines Hauses, das in Verletzung des Urheberrechtes des Architekten nach einem Plan desselben gebaut worden ist, oder wo der Werth des zu konfiszirenden Gegenstandes den dem" Urheber verursachten Schaden, für welchen nach Art. 9 Entschädigung geleistet wird, in ganz außerordentlichem Maße übersteigt, oder wo endlich andere Gründe die Konfiszirung unthunlich erscheinen lassen. Auch das Markenschutzgesetz sieht in Art. 22 den Fall vor, daß mit Beschlag belegte Gegenstände, insbesondere auch mit gefälschten Marken versehene Waaren. unter gewissen Umständen sogar dem verurtheilten Fälscher durch Richterspruch wieder überlassen werden können.

In Art. 16 wurde die vom Bundesrath in Art. 13 seines Entwurfes aufgenommene Bestimmung,, daß die Bußen in die betreffende Kantonskasse fallen, weggestrichen, nachdem durch Art. 20 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1880 festgesetzt worden ist, daß alle derartigen Bußen der Bundeskasse anheim fallen, dem Bunde aber die Bezahlung der Kosten des Verfahrens, wenn sie vom Schuldigen oder vom Ankläger nicht erfolgen kann, obliegt.

Art. 17 hat einige Redaktionsverbesserungen erlitten.

Wichtig ist Art. 18, die Photographie mit allen ihren Arten betreffend. Wir wollen hier zunächst nicht untersuchen, ob von ihr, als wesentlich auf einem mechanischen Verfahren beruhend, in einem Gesetze zum Schütze des Urheberrechtes an Werken der Kunst die Rede sein dürfe. Wir sind damit einverstanden, daß sie des Schutzes würdig und bedürftig sei und daß ihr derselbe in angemessener Weise in dem Gesetze gewährt werden kann, welches Gegenstand unserer Berichterstattung ist. Dagegen erscheint es nöthig, auf die zwei Wege aufmerksam zu machen, aufweichen die Photographie ihre Thätigkeit entwickelt. Auf dem einen bringt sie Darstellungen nach der Natur hervor, resp. von Gegenständen, welche Gemeingut und daher Jedermann zugänglich sind. Dieß sind die sogenannten Originalphotographien. Einmal sollen dieselben einregistrirt werden, weil die Dauer des Urheberrechtes nur auf eine beschränktere Zeit eingeräumt und nicht, wie bei Kunstprodukten, vom Todestage des Künstlers an berechnet wird. Die Berechnung erfolgt daher vom Datum der Einregistrirung an.

Sodann besitzt der Photograph ein Urheberrecht nicht, wenn er die Photographie auf
Bestellung hin macht, während der Maler oder Bildhauer das Urheberrecht auch an dem bestellten Kunstwerke nicht verliert, sofern es nicht ein Porträt ist. Die Dauer des Vervielfältigungsrechtes wird endlich auf. 10 Jahre beschränkt, nach

212 deren Ablauf die Photographie Gemeingut wird und von Jedermann nach Belieben vervielfältigt werden kann. Anders muß es sich aber verhalten, wenn die Photographie nicht nach der Natur, sondern nach einem Kunstwerke gemacht wird, welches noch nicht Gemeingut geworden ist. In diesem Fall soll sich die Dauer des Vervielfältigungsreehtes nach der zwischen dem Künstler und dem Photographen getroffenen Vereinbarung richten, und, wo keine solche vorhanden ist, auf 10 Jahre erstrecken. Gegen diese letztere Bestimmung reklamiren nun sowohl die Gesellschaft der schweizerischen Maler und Bildhauer als Hrn. van Muyden. Sie sagen, daß diese scheinbar nur den Photographen treffende Verkürzung der Dauer des Urheberrechtes im Grunde den Künstler selbst benachtheilige. Denn wenn, in Ermanglung einer besondern Uebereinkunft, der Photograph für die nach seinem Kunstwerk gefertigte Photographie nach Verfluß von zehn Jahren das Urheberrecht verliere, so verliere es zugleich auch der Künstler, indem nun nach dieser Photographie alle beliebigen Nachbildungen gemacht werden dürfen und damit das Vervielfältigungsrecht des Künstlers allen Werth verliere. Sie sind daher der Ansicht, daß es wohl viel korrekter wäre, die Nachbildung von Kunstwerken durch die Photographie unter die allgemeinen Bestimmungen fallen zu lassen, dieselbe in Art. 18 daher gar nicht zu erwähnen und diesen Artikel demgemäß lediglich auf sogenannte Originalphotôgraphien zu beziehen. Diese Auffassung ist jedoch eine irrthümliche. Indem die angefochtene Stelle des Art. 18 in Ermanglung einer Vereinbarung eine zehnjährige Frist aufstellt, will sie nicht sagen, daß mit deren Ablauf die Photographie Gemeingut werde, sondern nur, daß das dem Photographen vom Urheber cedirte Recht erlösche. Der Letztere tritt daher nach Ablauf dieser Frist wieder in das ihm durch Art. 2 gewährte Recht der freien Verfügung ein. Um alle Zweideutigkeit zu vermeiden, dürfte dem Satze: ,,In Ermanglung einer hierauf bezüglichen Vereinbarung bleibt die Dauer auf zehn Jahre bestimmt"1 -- der Zusatz beigefügt werden: ,,nach deren Ablauf der Urheber des Kunstwerkes oder dessen Rechtsnachfolger wieder in alle ihm durch Art. 2 gewährten Rechte eintritt."1 Von den noch folgenden vier Artikeln sind die Art. 20 und 21 von der Commission neu hinzugefügt worden. Der Art. 20 erklärt das
Gesetz anwendbar auf alle von demselben beschlagenen schon vor dessen Inkrafttreten erschienenen Werke, selbst wenn sie nach bisherigem Rechte keinen Schutz genossen haben. Sie werden also von Stund an der Wohlthaten des Gesetzes theilhaftig. Der Art. 21 gewährt die dem bisherigen Rechte gegenüber verlängerte Schutzfrist nur dem Urheber und dessen Erben,

213 nicht aber einem andern Cessionar, weil dieser das Vervielfältigungsrecht unter der Voraussetzung der früheren kürzeren Schutzfrist erlangt und daher auch nur für diese entsprechende Bezahlung geleistet hat. Würde er dem Urheber und dessen Erben in diesem Punkte gleichgehalten, so würde ihm ein unverdienter Vortheil zugewendet werden. Dagegen bleibt auch dem Cessionar die erworbene Schutzfrist gewahrt, selbst wenn sie länger ist, als die durch das Gesetz gewährte.

B e r n , den 12. Juni 1882.

Die Mitglieder der Commission: Aepli, Berichterstatter.

Evêquoz.

Forer.

Klein.

Moos-Siegwart.

Morel.

Seiler.

Sträub.

Thommen.

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Antrag der Commission des Nationalraths.

Bnndesgesetz betreffend

das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Ausführung des Art. 64 der Bundesverfassung; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesraths vom 9. Dezember 1881, beschließt : Art. 1. Das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst besteht, unter Vorbehalt der im Art. 8 enthaltenen Ausnahmen, in dem ausschließlichen Recht, diese zu vervielfältigen, beziehungsweise darzustellen.

Dieses Recht steht dem Urheber oder seinen Rechtsnachfolgern (Erben oder Cessionäreii) zu.

Von dem Schriftsteller oder Künstler, der für Rechnung eines andern Schriftstellers oder Künstlers arbeitet, wird angenommen, er habe diesem sein Urheberrecht abgetreten, sofern nicht eine gegentheilige Vereinbarung vorliegt.

Das Urheberrecht begreift auch das Uebersetzungsrecht in sich.

215 Art. 2. Das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst dauert während der ganzen Lebenszeit des Urhebers und während eines Zeitraums von zwanzig Jahren, vom Tage seines Todes an.

Wenn es sich um ein nachgelassenes Werk oder ein solches handelt, welches vom Bund, von einem Kanton, einer juristischen Person oder einem Verein veröffentlicht wird, so dauert das Urheberrecht dreißig Jahre, vom Tage der Veröffentlichung an.

Wenn der Urheber während zehn Jahren von dem Uebersetzungsrecht keinen Gebrauch gemacht hat, so erlischt dasselbe.

Art. 3. Nachgelassene und andere im Art. 2, Alinea 2, genannte Werke sind längstens binnen 3 Monaten nach ihrer Veröffentlichung in ein vom schweizerischen Handelsdepartement doppelt geführtes Register einzutragen.

Für andere Werke ist der Urheber zur Sicherung seines Rechtes an keine Formalitäten gebunden, kann aber immerhin nach Belieben seine Werke auch in obbenanntes Register eintragen lassen.

Die Gebühr für die Einschreibung darf zwei Franken für ein Werk nicht übersteigen.

Der Bundesrath wird zur Ausführung dieses Artikels die nöthigen Detailbestimmungen erlassen.

Art. 4. Für die Rechtsverhältnisse zwischen Urheber und Verleger literarischer oder künstlerischer Werke ist das Bundesgesetz über das Obligationenrecht maßgebend.

Art. 5. Sofern nicht gegenteilige Vereinbarungen vorliegen, hat der Erwerber eines Werkes der bildenden Künste nicht das Recht, es vor Ablauf des im Art. 2 vorgesehenen Zeitraumes vervielfältigen su lassen.

Das Vervielfältigungsrecht gilt indessen als mitveräußert, wenn es sich um ein bestelltes Porträt oder eine Porträtbüste handelt.

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Weder der Urheber eines Kunstwerkes, noch seine Rechtsnachfolger können behufs Ausübung ihres Vervielfäldgungsrechtes den Eigenthümer des Werkes in seinem Besitze stören.

Art. 6. Sofern nicht gegentheilige Vereinbarungen vorliegen , ist. der Erwerber von architektonischen Plänen berechtigt, dieselben vervielfältigen und einmal oder mehrmal ausführen zu lassen.

Art. 7. Die Veräußerung des Veröffentlichungsrechtes von dramatischen, musikalischen oder dramatisch-musikalischen Werken schließt an sich nicht schon die Veräußerung des Aufführungsrechtes in sich, noch umgekehrt, Der Urheber eines solchen Werkes kann die öffentliche Aufführung desselben an spezielle Bedingungen knüpfen, sofern er diese an der Spitze des Werkes veröffentlicht.

Die Tantième soll jedoch den Betrag von 2 % der Bruttoeinnahme der betreffenden Aufführung nicht übersteigen.

Wenn die Bezahlung der Tantième gesichert ist, so kann die Aufführung eines schon veröffentlichten Werkes nicht verweigert werden.

Art. 8. Eine Verletzung des Urheberrechtes wird nicht begangen : A. an Werken der Literatur:

1) durch die unter Angabe der benutzten Quelle erfolgende Aufnahme von Auszügen oder ganzen Stücken aus belletristischen oder wissenschaftlichen Werken in Kritiken oder literarisch-historischen Werken oder Sammlungen zum Schulgebrauch; 2) durch die Vervielfältigung der öffentlichen Gesetze und Erlasse und Verhandlungen von Behörden und der öffentlichen Verwaltungsberichte ;

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3) durch die Veröffentlichung von Berichten über öffentliche Versammlungen; 4) durch den unter Quellenangabe erfolgenden Abdruck von Artikeln aus Tagesblättern und Zeitschriften, es sei denn, daß der Urheber in dem betreffenden Tagesblatt oder der Zeitschrift ausdrücklich den Abdruck verboten hat ; für Artikel politischen Inhalts, welche in den Tagesblättern erschienen sind, ist ein solches Verbot unwirksam; 5) durch den Abdruck von Tagesneuigkeiten, selbst wenn die Quelle derselben nicht angegeben wird; B. an Werken der bildenden Künste: 6) durch die theilweise Wiedergabe eines den bildenden Künsten angehörigen Werkes in ein für den Schulunterricht bestimmtes Werk; Mj.nclerli.ei'tsaiïtragr : 6*) durch Benutzung als Muster für die zu einem materiellen Gebrauch dienenden Erzeugnisse der Industrie nnd des Handwerks ;

7) durch die Nachbildung von Kunstgegenständen, welche sich bleibend auf Straßen oder öffentlichen Plätzen befinden, vorausgesetzt, daß diese Nachbildung nicht in derselben Kunstform stattfindet; 8) durch die Aufnahme oder Ausführung von Plänen und Zeichnungen bereits erstellter Gebäude oder Theile derselben, sofern diese letztern nicht einen spezifisch künstlerischen Charakter haben ; C. an dramatischen und musikalischen Werken: 9) durch die Aufnahme bereits veröffentlichter, kleinerer musikalischer Kompositionen in ein speziell für die

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Schule oder Kirche bestimmtes Sammelwerk, mit oder ohne Originaltext, unter der Voraussetzung, daß die Quelle angegeben wird ; 10) durch die Aufführung von dramatischen oder musikalischen Werken in Schulen, Erziehungsanstalten, Privatgesellschaften oder solchen Liebhabergesellschaften, welche die Aufführung ohne Absicht auf Gewinn veranstalten; 11) durch die Benutzung musikalischer Kompositionen für Spieldosen und andere ähnliche Instrumente.

Art. 9. Wer vorsätzlich oder aus grober Fahrläßigkeit Werke der Literatur und Kunst unerlaubt vervielfältigt, beziehungsweise aufführt, oder sich des Imports oder des Verkaufs von nachgedruckten oder nachgebildeten Werken schuldig macht, hat den Urheber oder dessen Rechtsnachfolger auf deren Klage hin zu entschädigen.

Wer ohne jedes Verschulden eine unbefugte Vervielfältigung vornimmt oder einen Nachdruck oder eine unerlaubte Nachbildung verbreitet oder eine unzuläßige Aufführung veranstaltet, kann nur auf Unterlassung weiterer Störung und für den entstandenen Schaden auf Herausgabe der Bereicherung belangt werden.

In allen Fällen setzt der Richter die Höhe der Entschädigung nach freiem Ermessen fest.

Art. 10. Wer aus Vorsatz oder grober Fahrläßigkeifr das Urheberrecht verletzt, kann überdies auf Klage des Geschädigten zu einer Geldbuße bis auf Fr. 2000 oder zu Gefängniß bis auf ein Jahr verurtheilt werden. Wurde auch der Name oder die Märke des Urhebers oder des Verlegers nachgebildet, so kann auf Gefängniß bis auf zwei Jahre oder zu Geldbuße und Gefängniß innerhalb der angegebenen Begrenzung erkannt werden.

Im Rückfall kann die Strafe bis auf das Doppelte erhöht werden.

219 Art. 11. Die Strafverfolgung geschieht nach der Strafprozeßordnung desjenigen Kantons, in welchem die Klage angestrengt wird. Diese kann entweder am Domizil des Angeschuldigten oder am Orte, wo das Vergehen begangen wird, erhoben werden. In keinem Falle dürfen für das gleiche Vergehen mehrere strafrechtliche Verfolgungen eintreten.

Art. 12. Die Strafbarkeit des Anstifters und der Theilnehmer am Nachdruck und der Nachbildung oder unbefugten Aufführung, sowie diejenige des Versuchs, richten sich nach dem Bundesstrafrechte.

Art. 13. Nach Einleitung der Klage können auf Begehren des Klägers vom Richter die nöthigen vorsorglichen Verfügungen (Arrest, Kaution, Verbot der Weiterproduktion u. s. w.) getroffen werden.

Art. 14. Sowohl die civil- als die strafrechtliche Klage ist nicht mehr zuläßig, wenn mehr als zwei Jahre verflossen sind, seitdem der geschädigte Urheber oder sein Rechtsnachfolger von dem Nachdruck, der Nachbildung oder der Aufführung und der Person des Schuldigen Kenntniß erlangt haben.

Art. 15. Sowohl gegen den Nachdrucker oder Nachbildner als gegen den Importeur und Verkäufer kann der Richter nach freiem Ermessen auf Konflszirung des nachgedruckten oder nachgebildeten Werkes erkennen. Ebenso soll es mit den speziell für den Nachdruck oder die Nach, bildung bestimmten Instrumenten und Geräthschaften gehalten werden.

Wenn es sich um die Aufführung eines dramatischen oder musikalischen oder dramatisch-musikalischen Werkes handelt, so kann der Richter die Konfiszirung der Einnahmen verfügen.

Das Ergebniß der Konfiskation oder die konfiszirten Einnahmen sind zunächst zur Ausbezahlung der Civilentschädigung des Eigenthümers des Werkes zu verwenden.

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Art. 16. Bei Ausfallung einer Geldbuße hat der Richter für den Fall der Nichteinbringlichkeit derselben eine entsprechende Gefängnißstrafe festzusetzen, welche an die Stelle der erstem tritt.

Art. 17. Die Urheber von Werken, die im Auslande erscheinen oder aufgeführt werden, sollen die gleichen Rechte genießen, wie die Urheber von Werken, die in der Schweiz erscheinen oder dargestellt oder aufgeführt werden, wenn für die letzteren im betreffenden auswärtigen Lande Gegenseitigkeit geübt wird.

Art. 18. Erzeugnisse der Photographie genießen die Vortheile des gegenwärtigen Gesetzes unter folgenden Vorbehalten : a. das Werk muß nach Artikel 3 einregistrirt sein ; b. wenn das Werk auf Bestellung ausgeführt worden ist, so wird angenommen, der Urheber desselben habe auf das Vervielfältigungsrecht verzichtet, es sei denn, daß gegentheilige Vereinbarungen getroffen worden sind; c. die Dauer des Vervielfältigungsrechtes wird auf zehn Jahre festgesetzt, vom Tage der Einschreibung an gerechnet. Wenn es sich um die Vervielfältigung eines noch nicht zum Gemeingut gewordenen künstlerischen Werkes handelt, so richtet sich die Dauer des Vervielfältigungsrechtes nach der Vereinbarung zwischen dem Photographen und dem Berechtigten.

In Ermanglung einer hierauf bezüglichen Vereinbarung bleibt die Dauer auf zehn Jahre bestimmt.

Art. 19. Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem . . .

. i n Kraft.

Durch dieses Gesetz werden die mit demselben in Widerspruch stehenden Bestimmungen der kantonalen Gesetze und Verordnungen und im Besondern das Konkordat vom 3. Dezember 1856 (Amtliche Sammlung, Bd. V, S. 494) aufgehoben.

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Art. 20. Das gegenwärtige Gesetz findet auf alle vor dem Inkrafttreten desselben erschienenen Schriften, Kunstwerke, musikalischen Compositionen und dramatischen Werke Anwendung, selbst wenn dieselben nach dem bisherigen kantonalen Rechte keinen Schutz gegen Nachdruck, Nachbildung oder öffentliche Aufführung genossen hatten.

Art. 21. Die durch Art. 2 bestimmte, den bisherigen gesetzlichen Vorschriften gegenüber verlängerte Schutzfrist kommt nur dem Urheber und dessen Erben, nicht aber dem Verleger oder einem andern Cessionaren zu gut. Ist die Schutzfrist nach gegenwärtigem Gesetze kürzer, so bleiben die nach bisherigen gesetzlichen Vorschriften erworbenen Rechte gleichwohl fortbestehen.

Art. 22. Der Bundesrath wird beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten.

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# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Fristverlängerung für die Straßenbahn Ponte Tresa bis an die italienische Grenze bei Fornasette (Luino).

(Vom 16. Juni 1882.)

Tit.

Die Bank der italienischen Schweiz in Lugano stellt mit Eingabe vom 4. d. Mts. das Gesuch um Verlängerung der im Art. 5 der Konzession vom 30. Januar 1882 für die Straßenbahn von Ponte Tresa bis Fornasette angesetzten Fristen für die Einreichung der Statuten der zu bildenden Gesellschaft, der technischen und finanziellen Vorlagen um sechs Monate und der Frist für den Beginn der Erdarbeiten bis zürn 1. Januar 1883. Die Vollendung der technischen Vorlagen auf den ursprünglich anberaumten Termin sei nicht möglich gewesen, da der damit beauftragte Ingenieur durch Arbeiten, welche der Konzessionsbewerbung auf italienischem Gebiet vorausgehen müssen, in besonderem Maße in Anspruch genommen worden sei ; man hoffe indessen, daß dieselben, und damit auch die finanziellen Nachweisungen, im Laufe des Monats August gemacht werden können ; mit dem weiter gehenden Fristverlängerungsgesuch wolle man nur allfälligen weitern Hindernissen zum voraus begegnen.

Die Regierung des Kantons Tessin erhebt keinerlei Einwendungen ; auch wir finden uns zu solchen nicht veranlaßt, und beantragen, dem gestellten Gesuch durch Annahme des nachstehenden Beschlußentwurfes zu entsprechen.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Commission des Nationalrathes zu dem Gesetzesentwurf betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst. (Vom 12. Juni 1882.)

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Bundesblatt

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Jahr

1882

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

33

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

24.06.1882

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201-222

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10 011 549

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