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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Gewährleistung einer theilweisen Revision der Verfassung des Kantons Neuenburg.

(Vom 14. April 1882.)

Tit.

Der Verfassungsrath des Kantons Neuenburg hat am 3. Dezember!

1881 die Revision der Artikel 33, 38 und 42 der Verfassung dieses] Kantons beschlossen. Bei der Abstimmung am 21./22. Januar 1882 wurden die revidirten Artikel vom Volke angenommen. Nachdem diese Thatsache in der Sizung vom 3. April 1882 von dem Verfassungsrathe konstatirt worden, hat der Staatsrath des Kantons Neuenburg mit Schreiben vom 8. April 1882 diese Verfassungsrevision uns Übermacht und damit das Gesuch verbunden, daß wir in der nächsten Session der Bundesversammlung deren Gewährleistung im Sinne der Bundesverfassung veranlaßen möchten.

Der bezügliche Beschluß des Verfassungsrathes lautet wie folgt:

Der Verfassungsrath der Republik und des K a n t o n s Neuenburg, nach Einsicht der Protokolle über die am 21. und 22. Januar 1882 stattgefundene Volksabstimmung, woraus sich ergibt, daß die am 3. Dezember 1881 revidirten Art. 33, 38 und 42 der kantonalen Verfassung vom Volke angenommen worden sind und zwar :

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der erste mit 7801 Stimmen von 8326 Stimmenden, ,, zweite ,, 8128 ,, ,, 8324 ,, und der dritte ,, 4283 ,, ,, 8334 ,, beschließt:

Art. 1.

Die Artikel 33, 38 und 42 der kantonalen Verfassung werden durch folgende Artikel ersezt: Art. 33. Es können weder Wähler noch wahlfähig sein : 1. diejenigen, welche die politischen Rechte außerhalb des Kantons ausüben ; 2. diejenigen, welche im Dienste eines auswärtigen Staates stehen; 3. diejenigen, welche wegen einfachen oder betrügerischen Bankerottes verurtheilt worden sind ; 4. die Bevormundeten und diejenigen, welche zu einer entehrenden Strafe verurtheilt sind; 5. diejenigen, denen gerichtlich die Ausübung der bürgerlichen Rechte zeitweise entzogen ist, während der Dauer dieser Strafe.

Art. 38. Das Recht der Initiative steht zu: dem Volke; allen Mitgliedern des Großen Rathes und der Regierung.

Die Volksinitiative besteht in dem Rechte, bei dem Großen Rathe die Annahme, die Ausarbeitung und Abänderung, oder die Aufhebung eines Gesezes oder eines Dekretes beantragen zu können.

Der Antrag muß von wenigstens 3000 Wählern unterstüzt werden.

Wenn der Große Rath den Antrag ablehnt, oder den Wortlaut eines Entwurfes abändert, dessen vollständige Annahme verlangt worden ist, so wird der Vorschlag der Volksabstimmung unterstellt, wobei der Große Rath die Gründe seiner Ablehnung oder einen besondern Antrag dem Volke vorzulegen berechtigt ist.

Das Gesez wird das Verfahren bei Ausübung des Initiativrechtes ordnen.

Art. -42. Die Vollziehungsgewalt und die allgemeine Verwaltung des Kantons sind einem aus fünf Mitgliedern bestehenden Staatsrathe übertragen, welche durch den Großen Rath gewählt werden.

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Art. 2.

Der Staatsrsth ist beauftragt, dieses Dekret in gehöriger Form zu publiziren und die eidgenössische Gewährleistung dafür einzuholen.

N e u e n b u r g , den 3. April 1882.

Der Inhalt, dieser Verfassungsrevision veranlaßt uns zu keinen besonderu Erörterungen.

Wir beschränken uns, darauf hinzuweisen, daß der Art. 33 wörtlich übereinstimmt mit demjenigen Art. 33 der Neuenburger Verfassung, welcher am 27. Januar 1874 die Gewährleistung des Bundes erhalten hat, mit der wesentlichen Aenderung jedoch, daß die Revision von 1873 noch eine Ziffer 4 enthielt, welche damals von der ständeräthlichen Kommission in ihrem Berichte vom 23. Januar 1874 kritisirt wurde, jezt aber gestrichen ist. (Bundesblatt 1874, I, 313.)

Nach dieser Ziffer 4 waren auch die Steuerpflichtigen, welche mit der Bezahlung der Staatssteuern mehr als ein Jahr, außer dem Laufenden, im Rükstande waren, vom Sl immrechte ausgeschlossen.

Nachdem nun diese Bestimmung im Kanton Neuenburg weggefallen ist, besteht, so viel uns bekannt, eine ähnliche Vorschrift nur allein noch im Kanton Tessin.

Im Uebrigen finden wir, daß diese Verfassungsrevision nichts enthält, was mit der Bundesverfassung im Widerspräche wäre.

Da sie auch die Ausübung der politischen Rechte nach republikanischen Formen sichert, ja sogar gegenüber der bisherigen Verfassung des Kantons Neuenburg diese Rechte erweitert und nach Art. 82 der bisherigen Verfassung die Revision für jeden Zeitpunkt gesichert ist, so steht der Gewährleistung nichts entgegen.

Wir beantragen daher: Es möge der erwähnten Verfassungsrevision durch Annahme des beiliegenden Entwurfes zu einem Bundesbeschlusse die eidgenössische Gewähi'leistung ertheilt werden.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 14. April 1882.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Bavier.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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(Entwurf)

Bundesbeschluß betreffend

die Gewährleistung einer theilweisen Revision der Verfassung des Kantons Neuenburg.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom, 14. April 1882 über die Revision der Artikel 33, 38 und 42 der Verfassung des Kantons Neuenburg vom 21. November 1858; in Erwägung: daß diese Revision nichts enthält, was mit den Bestimmmungen der Bundesverfassung im Widerspruche wäre ; daß dieselbe von der Mehrheit 'der stimmenden Bevölkerung des Kantons Neuenburg angenommen worden ist, beschließt: 1. Dem Verfassungsdekret des Kantons Neuenburg vom 3. Dezember 1881 wird die Gewährleistung des Bundes^ ertheilt.

2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Bericht des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend den Rekurs der Eheleute Emmenegger, aus dem Kanton Luzern, gegen ihre Ausweisung aus dem Kanton Basellandschaft.

(Vom 14. April 1882.)

Tit.

I. Gemäß Beschluß des Nationalraths vom 24. Januar abhin haben wir hiemit die Ehre, Ihnen gegenwärtigen Bericht zu erstatten, dem wir eine kurze Darstellung der faktischen Verhältnisse vorausschiken.

Die Eheleute Jakob und Katharina Emmenegger von Schüpfheim, Kanton Luzern, Holzschuhmacher in Läufelfingen (Baselland), sind durch Beschluß der Regierung des Kantons Basellandschaft vom 19. Juni 1880 aus dem dortigen Kanton ausgewiesen worden.

Am 24. Juli rekurrirte dieselben hiergegen an den Bundesrath.

Lezterer wies am 19. Oktober 1880 den Rekurs als unbegründet ab. Hierauf rekurrirten die Eheleute Emmenegger an die Bundesversammlung; Sie haben jedoch, unterm 30. April 1881, den Rekurs ebenfalls als unbegründet abgewiesen.

Die Rekurrenten verließen aber den. Kanton nicht, sondern wollten sich in Bukten festsezen. Das Statthalteramt erklärte ihnen jedoch, ihre Ausweisung erstreke sich nicht bloß auf die Gemeinde Läufelfingen, sondern auf den ganzen Kanton. Hier-

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Gewährleistung einer theilweisen Revision der Verfassung des Kantons Neuenburg. (Vom 14. April 1882.)

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19.04.1882

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