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Schweizerisches Bundesblatt.

34. Jahrgang. L

Nr. 8.

18. Februar 1882.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

Einrükungsgebühr per Zeile 15 Ep. -- Inserate sind franko an die Expédition einzusenden Druk und Expedition der Stämpflischen 'Buchdrukerei in Bern.

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Bericht des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Entwurf eines neuen Posttaxengesezes.

den

(Vom 17. Februar 1882.)

Tit.

Der Ständerath hat durch seine Beschlüsse vom 24., 25. und 27. Januar 1882 den Entwurf eines neuen Posttaxengesezes, wie wir ihn mit Botschaft vom 31. Mai vorigen Jahres vorgelegt haben, in verschiedenen wesentlichen Punkten abgeändert, dabei sich aber den Entscheid über die ganze Vorlage vorbehalten.

Dieser Entscheid, sowie die bezüglichen Verhandlungen und Beschlüsse des Nationalrathes und die allfällig weiter notwendigen Diskussionen und Entscheide der Bundesversammlung sind nun einer spätem Session desselben vorbehalten.

Unter diesen Umständen erachtet es der Bundesrath als in seiner Pflicht liegend, über die sehr wichtige Angelegenheit sich nochmals auszusprechen.

Bei Abfassung unserer Botschaft vom 31. Mai 1881 konnten wir uns dahin aussprechen, daß die erfreulichen finanziellen Ergebnisse der Postverwaltung es uns ermöglichten, den fiskalischen Standpunkt in den Hintergrund treten zu lassen und der Bundesversammlung einen Gesezesentwurf vorzulegen, der nach sorgfältiger Berechnung einen Ausfall von Fr. 267,000 (Beilage Nr. 3 zur Botschaft) für die Staatskasse zur Folge haben würde.

Bundesblatt. 34. Jahrg. Bd. I.

22

314 Einen Ausfall von d i e s e m Betrage glaubten wir und glauben wir jezt noch verantworten zu können, namentlich Angesichts der roßen V e r e i n f a c h u n g e n und der daraus sich ergebenden r b e i t s e r l e i c h t e r u n g für das Postpersonal, welche unser Entwurf in der Berechnung und Kontrolirung der Posttaxen und im Postdienste überhaupt herbeiführen würde.

g

Diese Grenzen der jährlichen Einbuße sind aber durch die oben erwähnten Beschlüsse des Ständerathes weit überschritten, die finanzielle Einbuße ist mehr als verdoppelt, und überdies sind die administrativen Vortheile unsers Entwurfes in Frage gestellt.

Der Ständerath hat nämlich von den von uns vorgeschlagenen Aenderungen gegenüber dem bisherigen Gesez a l l e diejenigen angenommen, welche eine E i n n a h m e n - V e r m i n d e r u n g mit sich bringen, von denjenigen aber, die eine E i n n a h m e n - V e r m e h r u n g nach sich ziehen, die hauptsächlichsten gestrichen, wie die. Aufhebung des Brieflokalrayons; die Erhöhung der Taxen von Druksachen und Waarenmustern über 250 g.

.

Die finanzielle Tragweite unsers Entwurfs einerseits, der Ständerathsbeschlüsse vom 24., 25. und 27. Januar 1882 anderseits, ergibt sich aus nachstehender Z u s a m m e n s t e l l u n g .

Voraussicht!]ehe jährliche Voraussichtliehe jährliche MehrMehrMinderMindereinnahme einnahme einnahme einnahme nach Entwurf nach Beschluß des Bun< esrathes des Stäiideraths

G-esezentwurf des Bundesrathes.

Artikel Aufhebung des Brieflokalrayons 2 Ausdehnung der einfachen Brieftaxe bis 250 g.

2 Erhöhung der Taxe von Druksachen über 250 -- 500 g.

2 ,, ,, ,, ,, ,, 500-lOOOg.

2 Erhöhung der Taxe von Waarenmustern über 2 250--500 g Reduktion d e r Rekommandationsgebühr . . . .

7 _ ~ Fahrposttaxen 14 17 nnd 18 Werthtaie bis Fr. 100 20 Deklarirungszwang für Baarsendungen 21 Reduktion des Minimums der Provision von Fahrpostnachnahmen 22 Reduktion der Greldanweisungstaxe 23 Erhöhung der Passavie rgepäk taxe .

. . . .

. .

Jährlicher Ausfall

. .

Fr.

Fr.

Fr.

165,000

165,000

85,000 280,000

85,000 280,000

72,000 27,000 14,000 50,000 50,000

50,000 50,000

50,000 145,000 35,000

35,000 458,000 --

50,000 145,000

725,000 458,000

135,000

725,000 135,000

267,000

--

590,000

315

Total

Fr.

210,000

316 Wir glauben nach nochmaliger reiflicher Erwägung erklären zu sollen, daß wir für ein Posttaxengesez nach den vorliegenden Ständerathsbeschlüssen und für den daraus sich ergebenden jährlichen Ausfall von Fr. 590,000 die Verantwortlichkeit n i c h t übernehmen könnten. Wir wiederholen die Erklärung, welche wir am 31. Mai vorigen Jahres, .am Schlüsse der von diesem Tage dafirten Botschaft, abgaben : ,,Wir glauben noch betonen zu sollen, daß unser Entwurf ein zusammenhängendes Ganzes bildet und daß es unzuläßig wäre, nur gewisse Theile davon für sich ins Auge zu fassen. So bringen unsere Anträge bezüglich der Fahrpost, der Geldanweisungen und Nachnahmen Konzessionen und finanzielle Opfer mit sich, welche u n m ö g l i c h wären, wenn andere Theile unsers Entwurfes, z. B.

die Aufhebung des Brieflokalrayons, unberüksichtigt blieben."· Wir erachten eine Revision des Posttaxengesezes nur dann vereinbar mit den Erfordernissen eines befriedigenden Postbetriebs, daher einer gehörigen Bedienung des Publikums im Allgemeinen, sowie den Interessen des Bundes überhaupt, wenn gegenüber den vom Ständerathe beschlossenen Erleichterungen und daherigen finanziellen Einbußen für die Postverwaltung (im Ganzen Fr. 725,000 per Jahr) e n t w e d e r der Brieflokalrayon ganz beseitigt oder doch wenigstens auf 5 km. reduzirt, o d e r das Minimum der Fahrposttaxe von Rp. 15 auf 20 erhöht, o d e r e n d l i c h die Portofreiheit für alle Poslsachen, mit Ausnahme derjenigen für Militär im Dienste und in Armensachen, sowie für gemeinnüzige und wohlthätige Zweke überhaupt, aufgehoben wird.

Was den B r i e f - L o k a l r a y o n betrifft, so halten wir an dem io unserer Botschaft vom 31. Mai 1881 Gesagten fest. Die vollständige Aufhebung dieses Rayons erschiene gerechtfertigt, nicht nur als wohlbegründete theilweise Kompensation für die weitgehenden Erleichterungen, die dem Publikum durch den neuen Gesezentwurf geboten werden, sondern auch wegen der großen Vereinfachung, die dadurch im Posttarifwesen gesichert werden könnte.

Will man aber einen Lokalrayon durchaus beibehalten, so erschiene dann wenigstens die R e d u k t i o n desselben auf 5 km.

nothwendig. Das aus den vorläufigen Beschlüssen des Ständerathes sich ergebende Defizit würde dadurch um zirka Fr. 100,000 reduzirt, demnach aber immerhin noch Fr. 490,000 per
Jahr betragen.

In finanzieller Beziehung würde die hievor in z w e i t e r Linie erwähnte Aenderung, nämlich die E r h ö h u n g der T a x e f ü r F a h r ' p o s t s t ü k e - bis 250 g. von 15 auf 20 Rp. die besten

317 Resultate ergeben. Die bezügliche direkte Mehreinnahme auf den zirka 1,400,000 per Jahr versandten Fahrpoststüken bis 250 g.

würde Fr. 70,000 per Jahr ausmachen. Bei einer Minimalfahrposttaxe von 20 Rp. wäre man aber auch der Notwendigkeit enthoben, a. die einfache Brieftaxe (außerhalb des Lokalrayons) bis 250 g.

gelten zu lassen -- Verminderung des Ausfalls um Fr. 165,000 per Jahr; b. die Rekommandationsgebühr für eingeschriebene Briefpostgegenstände zu ermäßigen -- Verminderung des Ausfalls um Fr. 85,000; c. die Geldanweisungstaxe zu ermäßigen, wenigstens um mehr als 5 Rp. -- Verminderung des Ausfalls um zirka Fr. 70,000 per Jahr.

In Bezug auf die Geldanweisungstaxe bemerken wir, daß, wenn die Art. 16, 17 und 22 nach der Fassung des Ständerathes angenommen werden, wir den V e r s u c h machen werden, die bisherigen Geldanweisungstaxen beizubehalten. Da aber dann eine Geldanweisung bis Fr. 100 30 Rp., eine entsprechende Baarsendung, welche das Gewicht von 250 g. nicht übersteigt (was nicht der Fall ist, wenn der größere Theil ;ius Gold oder Banknoten besteht), aber nur 20 Rp. kostet, so müssen wir darauf gefaßt sein, daß die Groups wieder die Anweisungen zum kleinern oder größern Theile verdrängen, was im Interesse des Publikums sowohl als auch der Verwaltung zu bedauern wäre. Behufs Vermeidung dieses Rükschritts würde sich also die N o t w e n d i g k e i t der Reduktion der Geldanvveisungstaxe um je 10 Rp. ohne Zweifel ergeben. In der Berechnung der finanziellen Tragweite haben wir demnach den bezüglichen Ausfall im Betrage von Fr. 145,000 beibehalten.

Bei Annahme einer Taxe von 20 Rp. für die Fahrpoststüke bis 250 g. und Beibehaltung .der bisherigen doppelten Brieftaxe von 20 Rp., der dermaligen Gebühr von 20 Rp. für die Rekommandation von Briefpostgegenständen und der Reduktion der Geldanweisungstaxe um höchstens 5 Rp. würde sich der ganze Ausfall auf Fr. 200,000 per Jahr reduziren.

Wir machen aber darauf aufmerksam, daß bei einer MinimalFahrposttaxe von 20 Rp. gewisse Landestheile und Industrien eine Beeinträchtigung ihrer Verkehrsinteressen erbliken würden, obschon dieser Betrag an und für sich Angesichts der Leistungen der Post bei der Spedition und Bestellung der Fahrpoststüke sicherlich nicht zu hoch ist. (In Deutschland z. B. kostet das kleinste Paket, ohne Werthangabe, auf die geringste Entfernung 25 Pfennig oder 3l1/* Rp.

318

Bei der kleinsten Werthangabe kommen noch 10 Pfennig Versicherungsgebühr dazu.)

Die dritte und lezte von uns angedeutete Eventualität wäre d i e A u f h e b u n g d e r P o r t o f r e i h e i t , oder vielmehr d i e Beschränkung derselben auf die Korrespondenz und die Gelder der Militärs im Dienste und in Armensachen, sowie für besondere wohlthätige oder gemeinnüzige Zweke.

Diese Beschränkung würde dem B u n d eine Mehreinnahme von zirka Fr. 400,000 per Jahr sichern, demnach den aus-den Beschlüssen des Ständerathes sich ergebenden Ausfall auf zirka Fr. 190,000 per Jahr reduziren, eine Lösung, die wir nur empfehlen könnten. Wir berufen uns dabei auf diejenigen Gründe, welche wir schon wiederholt für eine Beschränkung der Portofreiheit geltend gemacht haben.

Nachdem wir uns nun über die durch die Ständerathsbeschlüsse vom 24., 25. und 27. Januar 1882 geschaffene Sachlage ausgesprochen, müssen wir die weitere Behandlung der Revision des Posttaxengesezes den fernem Berathungen und Beschlüssen der Bundesversammlung anheimstellen, erlauben uns aber, die Hoffnung auszuzprechen, es werde kein Gesez zu Stande kommen, welches dazu beitragen würde, das nunmehr glüklicherweise wieder hergestellte Gleichgewicht in den finanziellen Resultaten der Postverwaltung, wie in denjenigen des Bundes, wieder zu zerstören.

Wir benuzen diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 17. Februar 1682.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Bavier.

.

«

·

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Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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18.02.1882

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