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Bericht der

ständeräthlichen Kommission, betreffend Zusicherung eines Bundesbeitrages an den Kanton "Waadt für die Korrektion der Veveyse.

(Vom 30. September 1882.)

Tit.

Mit Dekret vom 1. Juli 1880 beschloß der Große Rath des Kantons Waadt, die Eindämmung des Wildbaches Veveyse auf einer alle betheiligten Interessen umfassenden und dem eidgenössischen Wasserbaupolizeigesetze vom 22. Juni 1877 entsprechenden Grundlage auszuführen.

Auf Grund dieses Beschlusses reichte der Staatsrath jenes Kantons mit Zuschrift vom 16. März 1882 dem Bundesrathe das Gesuch um einen Bundesbeitrag an die projektirten Werke ein.

I.

Die Korrektion der Veveyse ist eine Unternehmung, welche schon seit langer Zeit die Aufmerksamkeit der Behörden des Kantons Waadt auf sich gezogen hat und sowohl von den Lokalbehörden der betreffenden Gegend, als von den angrenzenden Grundbesitzern, für welche dabei bedeutende Interessen im Spiele sind, dringend gewünscht wird.

Diese Unternehmung, mit Berücksichtigung auch des obern im Kanton Freiburg gelegenen Theiles des Wildwassers, bildete bereits

611 den Gegenstand verschiedener Verhandlungen mit den Bundesbehörden. Auf Grund einläßlicher Studien wurde ein endgültiges und vollständiges Projekt ausgearbeitet, das, sämmtliche durch das Gesetz vom 22. Juni 1877 und die dazu gehörige Vollziehungsverordnung vorgeschriebenen Vorlagen umfassend, dem Bundesrathe zugleich mit dem Subventionsgesuche übermittelt wurde.

Bevor wir uns näher auf die vorliegende Frage einlassen, halten wir es für angemessen, den gegenwärtigen Lauf der Veveyse von der Quelle ihrer Zuflüsse bis zu ihrer Einmündung in den Genfersee in Kürze summarisch zu beschreiben.

Der eine dieser Zuflüsse trägt den Namen ,,Veveyse de ChâtelSt-Denisa und entspringt im Gebiete der zur Moléson-Kette gehörigen Freiburger Alpen; der andere Zufluß, benannt Torrent de Feygère, rührt von den am östlichen Abhänge desselben Gebirgsstockes entspringenden Gewässern her und bildet die Grenze zwischen den Kantonen Waadt und Freiburg.

Hauptsächlich an den Ufern des letztern dieser Zuflüsse machen sich Erdrutschungen bemerkbar, deren Umfang dazu angethan ist, Bedenken zu erregen. Der Boden senkt sich dermaßen, daß hie und dort der Lauf des Wildbaches vollständig verschoben wird und eine mehr und mehr schlangenförmige Gestalt annimmt, so daß die Strömung, senkrecht gegen die Ufer stürzend, Uferbrüche veranlaßt, welche ihrerseits je länger je mehr die Abhänge in Bewegung setzen.

Aehnliche topographische Verhältnisse finden wir zwischen dem Zusammenflusse der beiden Arme bis zum Eintritt des Flusses in die Ebene bei der Brücke von Gilamont.

Das Flußbett ist in Folge davon mit Gesteinmassen überladen, welche bei jedem Hochwasser in das untere Flußbecken abgeschoben werden.

In diesem untern Theile, der sogenannten ,,untern Veveysea, von der Brücke von Gilamont an, fließt der Wildbach uneingedämmt bis zu den ersten zur Bannmeile von Vevey gehörigen Häusern, den sogenannten ,,abattoirs.11 Es handelt sich nun darum, auf dieser ganzen ungefähr 800 m.

langen Strecke eine vollständige Korrektion in Gestalt einer fortlaufenden Eindämmung zu bewerkstelligen.

Von dem letztgenannten Punkte an fließt die Veveyse bis gegen die äußerste Spitze ihres Alluvionskegels zwischen zwei parallelen Mauerdämmen, deren Konstruktion allerdings nicht alle wünschbare Gewähr bietet. In der That muß Jeder, der mit den Verhältnissen

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vertraut ist, für die Sicherheit der schönen Stadt Vevey und ihrer reichen Umgebung etwelche Besorgnisse empfinden.

II.

Unter solchen Umständen läßt sich die Notwendigkeit einer Korrektion der Veveyse schwerlich in Frage stellen.

Das Korrektionswerk zerfällt in zwei deutlich geschiedene Abtheilungen, wovon die eine das -Gebii'gsgebiet oder die obere Veveyse, die andere das Gebiet der Ebene oder die untere Veveyse umfaßt.

Beide Abtheilungen bilden im Projekte ein einheitliches, in seinen verschiedenen Theilen gleichzeitig auszuführendes Ganzes.

Die für die erste Sektion -- mit einer Länge von 12 km. -- vorgesehenen Arbeiten bestehen in der successiven Erstellung : 1) von 'quer in die Bachsohle eingebauten Sperren zur Fixirung des Thalweges und Verhinderung von Unterspülungen ; 2) von Parallelwerken, womit den Ufer-Erosionen vorgebeugt und den Uferbrüchen Einhalt geboten werden soll ; 3) von Wiederaufforstungen und Drainirungsarbeiten zur Befestigung der Thalabhänge.

Die für die untere Sektion projektirten Arbeiten umfassen : 1) Die Erstellung eines neuen Flußbettes auf einer Strecke von 800m. zwischen Gilamont und ,,les abattoirs"1; 2) Korrektionsarbeiten in der Nähe der St-Antoine-Brücke auf der Landstraße nach Lausanne; 3) endlich die Verlängerung des linksufrigen Mauerdammes bei der Einmündung des Wildbaches in den See.

Der Kostenvoranschlag für diese verschiedenen Arbeiten zerfällt in die folgenden Posten: Erste Sektion oder obere Veveyse Fr. 162,000 Zweite Sektion oder untere Veveyse ,, 278,000

Total

Fr. 440,000

III.

Wir wollen auf die Prüfung des Systems und der Typen von Werken, welche man bei dieser Korrektion in Anwendung bringen

613 will, nicht eintreten; dieser Theil des Projekts ist in den Beilagen mit der größten Sorgfalt und vollkommener Sachkenntniß entwickelt, sowohl durch das eidgenössische Oberbauinspektorat als auch durch das Bureau für öffentliche Arbeiten des Kantons Waadt.

Indessen können wir doch nicht umhin, die Aufmerksamkeit der mit der Ausführung zu betrauenden Behörden auf den besondern Passus zu lenken, welcher auf die Errichtung von Sperren und zugleich auf die schalenförmige Ausmauerung der Flußsohle zwischen der Brücke von Gilamont und ,,les abattoirs1' Bezug hat.

Es scheint uns, daß, wollte man diese Arbeiten neben einander ausführen, ' die durch das eine Mittel beabsichtigten Resultate durch das andere vereitelt würden.

In der That hat die Sperre den Zweck, das Grefälle des Baches zu vermindern, während die Ausmauerung die Geschwindigkeit des Laufes so beträchtlich vermehrt, daß es in gewissen Fällen besser wäre, statt beide Werke keines von beiden auszuführen.

Man muß außerdem in Betracht ziehen, daß eine Ausmauerung der Sohle immer sehr theuer zu stehen kommt und der Unterhalt dem entsprechend ebenfalls. Daher ist es angezeigt, bevor man eine solche ausführt, sich über die Vortheile, welche sie haben kann und haben soll, genau Rechenschaft zu geben.

Wir rühren hier einfach die Frage auf in der Ueberzeugung, daß sie, wie sie es auch verdient, durch Fachmänner geprüft und entschieden werden wird.

IV.

In einem vorhergehenden Abschnitt haben wir die Nothwendigkeit der Ausführung der geplanten Arbeiten begründet durch den Hinweis auf die bedeutenden Interessen, welche sie schützen sollen ; es wäre überflüssig, diesen Punkt noch weiter zu berühren. Immerhin gibt es in dieser Angelegenheit noch ein Moment, welchem eine gewisse Wichtigkeit zugesprochen und dessen wenigstens erwähnt werden muß.

Es ist dies die Thatsache, daß das Bett der Veveyse nicht vollständig auf waadtländischem Boden sich befindet, sondern ungefähr die Hälfte, d. h. 30 von 66 km 2 , auf den Kanton Freiburg fällt, wo die Veveyse de Chatel-St-Denis herfließt.

Zwar ist in diesem Augenblicke nicht die Rede davon, auch an diesem Zuflüsse Korrektionsarbeiten vorzunehmen; jedoch hat das für die obere Veveyse vorgelegte Projekt den Zweck im Auge,

614 gegen das durch die Bergwasser herbeigeführte Geschiebe und die damit verbundenen Uebelstände Vorsorge zu treffen.

Damit diese Absicht möglichst vollständig erreicht werde, sollten die Verbauungsarbeiten an dem einen wie dem andern Zuflüsse zu gleicher Zeit in Angriff genommen werden; nur unter dieser Bedingung kann das Werk , als Mittel zur Sicherung des untern Theiles der Veveyse, dauernde Garantien bieten.

Der Staatsrath des Kantons Waadt hat auf eine diesbezügliche Anfrage des Bundesrathes unterm 8. August 1882 geantwortet, er sei überzeugt, daß er mit dem Kanton Freiburg ein Uebereinkommen werde treffen können ; außerdem beziehen sich auf diese Frage zwei besondere Artikel im Dekret des waadtländischen Großen Käthes; dieselbe ist also sozusagen in den zwischen den beiden Ständen gepflogenen Unterhandlungen auf der Tagesordnung, und Alles weist darauf hin , daß sie eine befriedigende Lösung finden werde.

V.

Eine andere Seite unseres Gegenstandes, der Finanzausweis, wird im oben erwähnten Dekret gründlieh behandelt; die einschlägigen Bestimmungen des letztern sind folgende : In Artikel 5 ist ein Bundesbeitrag für die neuen Arbeiten an der Veveyse vorausgesehen; Artikel 6 fixirt die Betheiligung des Kantons auf 40 °/o der Kosten nach Abzug des Bundesbeitrages; Artikel 7 verpflichtet die umliegenden Gemeinden, einen Theil der Kosten auf sich zu nehmen, welcher nicht unter 10 % derjenigen Beiträge betragen darf, welche zu Lasten der Grundbesitzer in der Gemeinde fallen; in Artikel 8 endlich wird die Betheiligung der Grundbesitzer bestimmt, und zwar soll dieselbe proportional dem Werthe ihres Grundeigentums sein und im Verhältniß stehen zur Größe des Interesses, welches das betreffende Grundstück an dem Unternehmen hat.

Für den Fall, daß Streitigkeiten über die Vertheilung der Beiträge auf die Grundbesitzer entstehen sollten, soll an den Staatsrath rekurrirt werden, welcher in letzter Instanz darüber zu entscheiden hat.

Wie man aus diesem Auszug aus dem waadtländischen Gesetze ersieht, ist die finanzielle Seite des Projektes zum Voraus nach so

615 klaren Sätzen geregelt, daß dieser Punkt keine ernstlichen Schwierigkeiten wird bereiten können. In dieser Hinsicht kann die Verpflichtung, welche in Artikel 6 des obigen Dekretes ausgesprochen ist, als ein überflüssiger Zusatz angesehen werden.

YI.

Die Kommission hat den Lauf der Veveyse am 29. und 30. September dieses Jahres besichtigt und sich von der Dringlichkeit der projektirten Arbeiten überzeugt.

Sie hat sowohl die Wichtigkeit des in Frage stehenden Werkes eingesehen, als auch das in Betracht kommende öffentliche Interesse konstatirt, und ist, hievon ausgehend, der Ansicht, daß es am Platze sei, für dieses Unternehmen einen Beitrag zu bewilligen, indem dasselbe die durch das Bundesgesetz über die Wasserbaupolizei im Hochgebirge vom 22. Juni 1877 vorgesehene finanzielle Unterstützung verdient.

Was das Maß der Subvention anbetrifft, so verlangt der Staatsrath des Kantons Waadt, daß dieselbe 40 % der Kosten für das g a n z e Unternehmen betragen solle; die Kommission glaubt aber diesem Gesuche nicht in seinem ganzen Umfange beipflichten zu sollen.

Sie stimmt mit dem Bundesrath darin überein, daß nur für die Arbeiten an der oberen Veveyse 40 % der Kosten sollen bewilligt werden. In diesem Abschnitt wäre nach Abzug der Subventionen der Ueberschuß der Kosten durch die entfernteren Grundbesitzer zu tragen ; die Grundstücke, von geringem Werth, sind nur wenig produktiv und haben für ihre Inhaber nur geringes Interesse; aus diesem Grunde sollen die Beitragspflichtigen dieses Terrainabschnittes in stärkerem Maße unterstützt werden.

Wenn dagegen für die Korrektion der untei-en Veveyse als Subvention nur ein Drittheil der Kosten vorgeschlagen wird, so geschieht das aus Gründen, welche denen, die zu Gunsten des anderen Abschnittes sprechen, diametral entgegengesetzt sind. In der Tiuit ist am unteren Laufe der Veveyse das Interesse, welches die Anwänder und die nächsten Grundbesitzer an der Korrektion haben, ein unmittelbares und bedeutendes: die Gegend ist sehr reich und sehr produktionsfähig. Uebrigens betrug unseres Wissens der Bundesbeitrag unter solchen Umständen niemals mehr als den normalen Ansatz von einem Dritttheil der Kosten.

Aus den angeführten Gründen gelangt die Kommission zu dein Schluß, es sei in Annahme der bundesräthlichen Botschaft dem Bundesblatt. 34. Jahrg. Bd. IV.

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Kanton Waadt für die Korrektion der Veveyse ein Beitrag von Fr. 157,400 zu bewilligen.

Was die Form der Bewilligung anbetrifft, so verlangt die Kommission einfach, daß die letzte Erwägung, beginnend mit den Worten : ,,und speziell" ... ., als überflüssig gestrichen werde.

Vi vi s, den 30. September 1882.

Die Kommission des Ständerathes, J. Chappex, Berichterstatter.

Sahli.

Hohl.

Müller.

Birmann.

Herzog.

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Bericht der

ständeräthlichen Kommission, betreffend das Gesuch des Kantons Tessin um Gewährung eines Bundesbeitrages an die Korrektion des Tessinflusses auf der Strecke von Bellinzona bis zum Langensee.

(Vom 13. November 1882.)

Tit.

Mittelst Zuschrift vom 14. Februar 1882 übermittelte der Staatsrath des Kantons Tessin dem Bundesrathe ein Gesuch um einen Bundesbeitrag an die Korrektion des Tessinflusses auf der ungefähr 11 km. langen Strecke zwischen Bellinzona und Magadino am Langensee.

Dem Gesuch waren die technischen Vorlagen , bestehend aus den auf das Korrektionsprojekt bezüglichen Plänen, Kostenvoranschlägen und Berichten, beigegeben.

Ihre Kommission hat am 1. und 2. September abhin die betreffende Gegend besichtigt und erstattet Ihnen über die Erledigung ihrer Aufgabe folgenden Bericht: I.

Wenn man die dauernden Verwüstungen betrachtet, die der Tessin an seinem Ufergebiete anrichtet, wenn man sich die Ge-

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Bericht der ständeräthlichen Kommission, betreffend Zusicherung eines Bundesbeitrages an den Kanton Waadt für die Korrektion der Veveyse. (Vom 30. September 1882.)

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1882

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23.12.1882

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