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Schweizerisches Bundesblatt.

34. Jahrgang. I.

Nr. 2.

14. Januar 1882.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

E i n r ü k u n g s g e b ü h r per Zeile 15 Ep. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden Druk und Expedition der Stämpflischen Buchdrukerei in Bern.

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Bundesrathsbeschluß betreffend

den Rekurs des Hrn. Jacques Bourguet in Avry-devantPont, Kts. Freiburg, wegen Gültigkeit seiner Wahl in den Kirchenrath der Pfarrei Avry-devant-Pont.

(Vom 4. November 1881.)

Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r a t h hat

in Sachen des Hrn. Jacques B o u r g u e t in Avry-devant-Pont, betreffend Gültigkeit seiner Wahl in den Kirchenrath der Pfarrei Avry-devant-Pont ; nach angehörtem Berichte des Justiz- und Polizeidepartements und nach Einsicht der Akten, woraus sich ergeben : I. Am 6. März 1881 fand in Avry für die Pfarrei Avrydevant-Pont, bestehend aus den vier Gemeinden Avry, Gumefens, Villars d'Avry und Pont, die Wahl des Kirchenraths (Conseil paroissial) statt. Nach dem Verbalprozesse stimmten 260 Wähler, und es wurden gewählt: Léon Bertschy für Villars mit 244, Alphons Liard für Avry mit 173, Paul Fragniere für Gumefens mit 175, Jules Gaillard für Avry mit 167 und Jacques Bourguet für Pont mit 154 Stimmen.

II. Mit Eingabe (ohne Datum) machten verschiedene Bürger den Staatsrath des Kantons Freiburg darauf aufmerksam, daß die Gemeinde Pont keinen Repräsentanten in den Pfarreirath erhalten habe, was im Widerspruche stehe mit Art. 272 des Gesezes über Bundesblatt. 34. Jahrg. Bd. I.

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die Gemeinden und Pfarreien und mit Art. 18 eines Beschlusses vom 24. Januar 1881. Da Bourguet am wenigsten Stimmen von den drei in Avry wohnenden Mitgliedern erhalten habe, so müsse er gestrichen werden. Die Wähler haben zwar allerdings die Absicht gehabt, ihn als Repräsentant der Gemeinde Pont zu.portiren. Allein da er als Repräsentant der Gemeinde Avry Mitglied des alten Pfarreirathes gewesen, so könne er nicht die Gemeinde Pont repräsentiren,, ohne in dieser Gemeinde zu wohnen, obschon er ihr als B.ürger angehöre. Es scheine, daß Mißbräuche entstehen könnten, wenn man es zuließe, daß ein Bürger als Mitglied des Pfarreirathes für eine Gemeinde gewählt werden dürfte, in welcher er nicht wohne.

III. Am 14. März 1881 erklärte nun der Staatsrath des Kantons Freiburg die Wahl des Hro. Bourguet als nichtig und verfügte,, daß die Wahlversammlung der Pfarrei Avry-devant-Pont Sonntagsden 27. März die Wahl eines Repräsentanten der Gemeinde Ponten-Ogoz in den Pfarreirath von Avry-devant-Pont vorzunehmen, habe. Dieser Beschluß stüzt sich auf folgende Erwägungen : ,,L'art. 272 de la loi sur les communes et paroisses du 26 mai 1879 ordonne que, si une paroisse est formée de plusieurs communes, les membres du conseil paroissial doivent être répartis de telle sorte que chacune d'elles ait un représentant.

,,La commune de Pont-en-Ogoz, faisant partie de la paroisse d'Avry-devant-Pont, n'a aucun représentant au sein du conseil de dite paroissse nommé le 6 mars dernier, tandis que la commune d'Avry-devant-Pont en a trois.

,,Le cas dont il s'agit est spécialement prévu à l'art. 18 de l'arrêté du 24 janvier 1881 pour la nomination des Conseils paroissiaux, lequel statue : ,,Si le résultat du scrutin n'est pas conforme à l'art. 272 de ^la loi sur les communes et paroisses, et si l'une ou l'autre des ,,communes dont se compose la paroisse n'a pas au moins son ,,représentant élu par l'assemblée, il sera fait élimination des ,,membres d'une même commune qui auraient réuni le moins de ,,suffrages, ou par tirage au sort en cas d'égalité de suffrages. Il ,,sera ensuite procédé à des scrutins successifs pour chaque com,,mune non représentée, jusqu'à ce que la composition du Conseil ,,paroissial soit conforme au dit art. 272."

,,Il y a lieu conséquemment d'annuler partiellement les opérations électorales du 6 mars dernier,
relatives à la nomination du Conseil paroissial d'Avry-devant-Pont, soit d'éliminer celui des trois membres de la commune d'Avry-devant-Pont qui a obtenu le moins

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de suffrages, et de faire procéder à une nouvelle votation partielle, opération qui aurait dû être faite par le bureau."

IV. Herr Bourguet rekurrirte an den Großen Rath und stellte an den Staatsrath das Gesuch um Suspension der Ersazwahl bis nach dem Entscheide des Großen Rathes, sowie eventuell bis nach dem Entscheide der Bundesbehörden. Diesem Gesuche wurde am 18. März entsprochen. Gleichzeitig richteten 33 von 49 stimmfähigen Bürgern der Gemeinde Pont-en-Ogoz eine Eingabe an den Staatsrath, worin sie erklärten, sie betrachten Hrn. Bourguet als den würdigen Repräsentanten der Gemeinde Pont in dem Pfarreirath.

Herr Bourguet sei Bürger der Gemeinde Pont, besize ziemlich bedeutendes Grundeigentum in dieser Gemeinde und wohne in der Pfarrei Avry. Es habe somit Niemand Grund zu einer Reklamation, zumal sie, die Betheiligten, ihn als ihren Repräsentanten anerkennen.

In der Sizung vom 16. Mai 1881 erklärte jedoch der Große Rath den Rekurs des Hrn. Bourguet als unbegründet.

V. Gegen diesen Entscheid rekurrirte Herr Advokat Bielmann in Freiburg, Namens des Hrn. Bourguet, an den Bundesrath. In seiner sehr weitläufigen Eingabe vom 30. Mai 1881 machte er zunächst darauf aufmerksam, daß Herr Bourguet nicht persönliche Interessen, sondern die gleiche Anwendung der Geseze auch in dem Falle betreibe, wo Jemand eine oppositionelle politische Meinung bekenne.

Die Wahlen in Avry seien in der regelmäßigsten Weise vollzogen, und es sei keinerlei Reklamation gegen die Gültigkeit derselben zu Protokoll gegeben worden, wie es nach Art. 10, Alinea 2 des Dekretes vom 24. Januar 1881, welches der Staafcsrath in Vollziehung von Art. 272 des Gesezes über die Gemeinden und Pfarreien vom 26. Mai 1879 bezüglich der Ausführung der Erneuerungswahlen der Pfarreiräthe erlassen habe, hätte geschehen sollen. Erst nachher sei durch Anstiftung des Pfarrers von Avry, Hrn. Pythoud, eine Reklamation nicht wegen der Ungültigkeit der Wahlen an sich, sondern bloß gegen die nicht genehme Person des Hrn. Bourguet erhoben worden, und die Kassation dieser Wahl sei dann erfolgt, ohne daß er angehört worden, wäre. Man habe ihm nicht einmal eine Kopie der Beschwerde und ebenso nicht die Gründe mitgetheilt, welche zu der Kassation geführt haben. Die Vermuthung sei daher begründet, daß viele Unterschriften in der Beschwerde ungültig seien und von Frauen und Kindern herrühren.

Nach den von der Justizdirektion erhaltenen mündlichen Mittheilungen und nach den Verhandlungen im Großen Rathe sei die

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Wahl des Hrn. Bourguet einzig aus dem Grunde knssirt worden, weil er in der Gemeinde, welche er im Pfarreirathe repräsentire, kein Domizil habe. Der hier anwendbare Artikel 27-2 des Gesezes über die Gemeinden und Pfarreien laute im ersten Alinea wie folgt: ,,II y a dans chaque paroisse un Conseil paroissial, composé de cinq membres élus par l'assemblée paroissiale pour le terme de quatre ans. Ils sont répartis, si la paroisse est formée de plusieurs communes, entre celles-ci, autant que possible, proportionnellement à la'population respective, mais de telle sorte que chacune d'elles ait au moins un représentant. Il est fait exception à cette règle dans les cas prévus à l'art. 291, 2a alinéa de la présente loi.tt Der Wortlaut dieses Gesezes und namentlich die Worte ,,autant que possible" beweisen, daß die absolute Forderung des Domizils unbegründet sei. Die Pfarrei Avry-devant-Pont bestehe aus vier Gemeinden; jede dieser Gemeinden sei im Pfarreirath repräsentirt ; das Gesez sei somit genau beobachtet.

Die Einrede, daß Herr Bourguet nicht in der Gemeinde Pont wohne, sei durchaus unbegründet. Das Gesez enthalte in den Bestimmungen über die Organisation der Pfarreirathe (Kapitel III, Sektion I) kein Wort davon, daß die Pfarreirathe in der Gemeinde wohnhaft sein müssen, welche sie repräsentiren. Es sei daher den Wählern die Freiheit gesezlieh gewährt, einen Repräsentanten in einer andern Gemeinde der Pfarrei'zu wählen. Diese Interpretation entspreche allein den Artikeln 4 und 5 der Bundesverfassung und der bundesrechtlichen Praxis, welche immer die weiteste Ausdehnung des Stimmrechts anerkannt habe. Das staatsrechtliche Dekret vom 24. Januar anerkenne das gleiche Prinzip auch in Art. 15, dahin lautend : ,,Sont éligibles au Conseil paroissial tous les électeurs paroissiaux. -- II n'y a aucune incompatibilité entre les fonctions communales et paroissiales."'

Herr Bourguet, welcher übrigens Bürger, Grundeigentümer und Steuerpflichtiger der Gemeinde Pont sei, habe auch (das Wahlrecht für den Pfarreirath in der Pfarrei Avry und sei somit selbst auch wählbar.

Uebrigens haben 33 von 49 Wählern, d. h. zwei Drittel der Stimmberechtigten der Gemeinde Pont, mit der Erklärung vom 14. März 1881 unterschriftlich Hrn. Bourguet ausdrüklich als ihren Repräsentanten im Pfarreirath von Avry erklärt, und der Gemeinderath von Pont habe sich am 18. März jener Erklärung angeschlossen.

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Die Kassation der Wahl des Hm. Bourguet beruhe nur auf persönlichen Gründen; sie gelte den liberalen Ideen des Gewählten und seinem Kampfe gegen den Pfarrer, gegen welchen er eine Strafklage bezüglich der Verwaltung gewisser der Pfarrei angehörigen Werthtitel angehoben habe.

Was die Frage der Kompetenz des Bundesrathes betreffe, die vielleicht angefochten werde, so sei sie durch Art. 45, 43 und 102, Ziffer 5 der Bundesverfassung und durch Art. 59, Ziffer 9 des Bundesgesezes über die Organisation der Bundesrechlspflege vollkommen begründet. Die Berufung auf die Thatsache, daß der Bundesrath das Gesez über die Gemeinden und Pfarreien genehmigt habe, und daß somit dessen Anwendung lediglich den kantonalen Behörden zustehe, wäre unstatthaft. Auch der Einwand, daß die Pfarreiwahlen den kantonalen Wahlen nicht gleichgestellt werden können, sei nicht zuläßig, indem das kantonale Gesez die Wahlen der Pfarreiräthe den gleichen Regeln unterstelle, welche für die Wahlen der Gemeinderäthe gelten. Beide Arten von Wahlen seien durch das gleiche Gesez geordnet. Da der Bundesrath 1875 und 1878 in Sachen von Gemeindewahlen in Romont und Freiburg sich bereits als kompetent erklärt habe, so sei er es auch für bestrittene Pfarrei w ah l en.

Herr Bielmann schließt mit dem Antrage, daß der Kassationsbesehluß des Staatsrathes von Freiburg aufgehoben und die Wahl des Hrn. Jacques Bourguet vom 6. März 1881 als Pfarreirath der Gemeinde Avry-devant-Pont bestätigt werden möchte.

VI. Der Staatsrath des Kantons Freiburg stellte den Antrag, daß der Bundesrath in dieser Angelegenheit sich als inkompetent, eventuell den Rekurs als materiell unbegründet erkläre.

Was zunächst die Kompetenzfrage betreffe, so seien die Art. 4 und 5 der Bundesverfassung der vorliegenden Frage fremd. Der Art. 43 sei ebenfalls nicht anwendbar, da er sich nur auf das Stimmrecht der Niedergelassenen beziehe. Ebenso seien die Entscheide des Bundesrathes aus den Jahren 1875 und 1878 hier ohne Bedeutung. Dagegen müsse Art. 3 der Bundesverfassung in Betracht kommen, wonach die Kantone in Allem souverän seien, soweit ihre Souveränität nicht durch die Bundesverfassung ausdrtiklich beschränkt worden. Es könne nicht bestritten werden, daß die Gesezgebung über die Gemeinden und Pfarreien den Kantonen zustehe. Der Große Rath von Freiburg wäre daher prinzipiell
befugt gewesen, die Vorschrift aufzustellen, daß der Repräsentant einer Gemeinde im Pfarreirath in dieser Gemeinde domizilirt sein müsse. Da diese Vorschrift nicht ganz ausdrüklich ausgesprochen sei, so frage es

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sich gerade, ob jenes die Absicht des Gesezgebers gewesen. Es verstehe sich aber von selbst, daß dieselbe Behörde, welche eine · solche Vorschrift ausdrüklich hätte aufstellen können, auch allein kompetent sei, auf dem Wege der Interpretation ihre Absicht auszusprechen. Da auch ein Widerspruch mit den Vorschriften der Bundesverfassung nicht bestehe, so seien die kantonalen Behörden allein kompetent, über die Interpretation des Gesezes sich auszusprechen. Die in Art. 59, Ziffer 9 des Bundesgesezes über die Organisation der Bundesrechtspflege dem Bundesrathe eingeräumten Kompetenzen beziehen sich auf Verlezungen der in den Art. 4 und 5 oder in Art. 43 enthaltenen Vorschriften. Aus dem soeben Gesagten ergebe es sich, daß eine Frage dieser Art nicht vorliege. Es müsse daher auch von diesem Gesichtspunkte aus der Rekurs wegen Inkompetenz des Bundesrathes verworfen werden.

Was die Sache selbst betreffe, so könne das Wort ,,représentanta in Art. 272 des Gesezes über die Gemeinden und Pfarreien nicht anders interpretirt werden, als es in dem Beschlüsse des Staatsrathes geschehen sei. Der Repräsentant der Gemeinde müsse, um ihre Interessen gehörig wahren zu können, alle Bedürfnisse und Verhandlungen der Gemeinde kennen, und dieses könne er nur, wenn er in der Gemeinde wohnhaft und daselbst auch Wähler sei.

Diese Forderung stimme genau überein mit Art. 140 des Gesezes vom 5. Juli 1848, und sie sei auch in Art. 18 des Beschlusses vom 24. Januar 188l vorgesehen. Diese Bestimmung könne keinen andern Sinn haben, als daß der in einer Gemeinde domizilirte Bürger eine andere Gemeinde nicht repräsentiren könne. In der Praxis sei auch im Kanton Freiburg immer nach dieser Regel verfahren worden. Die Worte ,,autant que possible11 in Art. 272 beziehen sich auf das Verhältniß der Bevölkerung der Gemeinden unter sich, nicht auf ihre Repräsentation. -- Die Erklärung der 33 Bürger der Gemeinde Pont habe keine Bedeutung; sie verlezte das Geheimniß der Abstimmung und bilde ein gesezlich unstatthaftes Verfahren, da nur die Versammlung aller Bürger der Pfarrei zu einer Wahl befugt sei. Die Vorwürfe und Verdächtigungen, mit denen der Rekurs ausgestattet sei, berühren den Staatsrath nicht. Er habe keine Personen, sondern nur die Sache im Auge gehabt und mit Bezug auf die Wahl des Hrn. Bourguet ganz gleich verfugt, wie einige
Tage früher gegenüber der Gemeinde Greng, Pfarrei Meyriez, welche in der gleichen Lage gewesen, wie die Gemeinde Pont.

In E r w ä g u n g : 1) Die Befugniß des Bundesrathes, den vorliegenden Fall zu entscheiden, muß aus der Bundesverfassung nachgewiesen werden,

39 ·da die Gesezgebung weder Kompetenzen schaffen, noch mehren oder migdern, sondern lediglich bestimmen kann, wie und durch wen dieselben ausgeübt werden sollen, insofern dieses nicht schon durch die Bundesverfassung geschehen ist.

2) In dieser Beziehung kommen nun zunächst die Artikel 102, Ziffer 2, und Art. 113, Ziffer 3 der Bundesverfassung in Betracht; der erstere bestimmt, daß die Handhabung der Verfassung, Geseze und Beschlüsse des Bundes dem Bundesrath zustehe, soweit die Beurfcheilung solcher Rekurse nicht dem Bundesgericht nach Art. 113 übertragen sei; dieser Art. 113 überträgt sodann dem Bundesgericht ·die Entscheidung aller Beschwerden betreffend Verlezung verfassungsmäßiger Rechte der Bürger, behält aber ,,die durch die Bundesgesezgebung näher festzustellenden Administrât! vstreitigkeitentt vor.

3) Das Bundesgesez vom 27. Juni 1874 hat nun diese in der Verfassung vorbehaltene Feststellung vorgenommen und in Art. 59, Ziffer 9 als Administrativstreitigkeit erklärt und dem Bundesrath zum Entscheid zugewiesen : ,,Beschwerden gegen die Giltigkeit kantonaler Wahlen und Abstimmungen" 1 .

4) Hieraus folgt, daß nicht alle in den Kantonen vor sich gehenden Wahlen und Abstimmungen an den Bundesrath gezogen werden können, sondern daß diesem eine Entscheidungsbefugniß nur zusteht, wenn behauptet und nachgewiesen wird, daß bei eiuer solchen Wahl oder Abstimmung die Verfassung, Geseze und Beschlüsse des Bundes, oder die Verfassung des Kantons (Art. 102, Ziffer 2 und 3 der Bundesverfassung) verlezt worden seien.

Diesem Grundsaze gemäß ist denn auch der Bundesrath auf die von dem Rekurrenten angeführten Beschwerden betreffend die Gemeinderathswahlen in Romont und Freiburg eingetreten und hat dieselben durch Beschlüsse vom 30. September 1875 und vom 21. und 22. März 1878 erledigt, weil in diesen Fällen zu entscheiden war, ob bei den fraglichen Wahlen die Art. 43 und 47 der Bundesverfassung, betreffend das Stimmrecht der Niedergelassenen und der Aufenthalter, beachtet worden seien. (Bundesblatt 1876, II, 269, Ziffer 16 -- 1879, II, 607, Ziffer 22.)

5) Zwischen dem heute vorliegenden Falle und der Bundesverfassung besteht aber kein Zusammenhang. Sollte auch der Große Rath des Kantons Freiburg das Gesez in unrichtiger Weise dahin ausgelegt haben, daß ein Mitglied des Conseil de paroisse in der Gemeinde
wohnen müsse, die er vertritt, so hat er damit weder die Verfassung, noch ein Gesez, noch einen Beschluß des Bundes verlezt, und es besteht daher auch für den Bundesrath kein Recht, auf Grund des Art. 102, Ziffer 2 der Bundesverfassung und Art. 59

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des Bundesgesezes vom 27. Juni 1874 auf die Beschwerde einzutreten, t 6) Da aber auch eine Verlezung der- Verfassung des Kantons Freiburg weder behauptet wird, noch vorliegt, so steht es dem Bundesrathe auch nicht zu, gestüzt auf Ziffer 3 des Artikels 102 der Bundesverfassung einzuschreiten, wonach der Bundesrath für die Garantie der Kantonalverfassungen zu wachen hat, beschlossen: 1. Es wird auf die Beschwerde wegen mangelnder Kompetenz; nicht eingetreten.

2. Dieser Beschluß ist dem Staatsrath des Kantons Freiburg, sowie dem Hrn. Advokaten Éd. Bielmann in Freiburg, zuhanden seines Klienten, Hrn. Jacques Bourguet, Wirth und Negotiant in Avry-devant-Pont, mitzutheilen, beiden Theilen unter Rüksendung der von ihnen beigebrachten Belegeakten.

B e r n , den 4. November 1881.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Droz.

Der Kanzler der Eidgenoßenschaft:

Schieß.

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Instruktionen betreffend

Stempelung von Uhrenschalen.

(Vom 31. Dezember 1881.)

In Abänderung des Artikels 3 der Vollziehungsverordnung betreffend Kontrolirung und Garantie des Feingehalts der Goldund Silberwaaren können die fertigen Uhrenschalen derjenigen Vorräthe, welche den Gegenstand des Bundesrathsbeschlusses vom 29. November 1881 bilden und deren Verzeichnisse dem schweizerischen Handels- und Landwirthschaftsdeparternent übermittelt worden sind, unter folgenden Bedingungen gestempelt werden : 1) die mit Email, Edelsteinen und anderai verzierten Schalen, welche durch die Stempelung leicht beschädigt werden könnten, erhalten einen doppelten Stempelabdruk auf dem Rand; der eine der zwei Abdrüke ist dazu bestimmt, den Feingehaltsgrad der geschonten Schale nachzuweisen; 2) die Schalen dieser Kategorie, welche solche Bezeichnungen tragen, wie sie im Bundesrathsbeschluß vom 30. Dezember 1881 angegeben sind, erhalten die ihrem Feingehaltsgrad entsprechenden eidgenössischen Stempel, wenn derselbe in Bezug auf die Fehlergrenzen den Vorschriften des Bundesgesezes entspricht; 3) wenn diese Schalen andere Stempelzeichen tragen, als diejenigen , welche im Bundesrathsbeschluß vom 30. Dezember 1881 vorgesehen sind, oder wenn ihr Feingehaltsgrad den kantonalen Gesezen, nicht aber den Vorschriften des Buudesgesezes entspricht, so wird auf denselben der Stempel ,,Biene"1 angebracht.

42 Bemerkung. In Bezug auf den Gebrauch der beiden in der Größe verschiedenen eidgenössischen Stempel wird keine besondere Instruktion ertheilt; die Wahl des einen oder andern Stempels richtet sich bei der Stempelung von Waaren in fertigem Zustand nach den in jedem Spezialfalle obwaltenden Umständen und hängt von der Einsicht des Probirers ab.

Die Stempel werden auf dem Dekel, dem Staubdekel, auf dem Rand und dem Bügel angebracht. Ausnahmsweise, wenn nämlich die Verzierung des Dekels der Anbringung des Stempels auf demselben Schwierigkeiten entgegensezt, wird lezterer dem Staubdekel, dem Bügel und zweimal dem Rand eingeprägt; einer der beiden leztern Abdrüke ist (s. Ziffer l oben) dazu bestimmt, den Feingehaltsgrad des Dekels nachzuweisen.

B e r n , den 31. Dezember 1881.

Schweizerisches Handels- und Landwirthschaftsdepartement : L. Ruchonnet.

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Instruktion betreffend

Behandlung der mit Kontroistempeln fremder Staaten versehenen Gold- und Silberwaaren.

(Vom 31. Dezember 1881,)

Da bis jezt die mit fremden Staaten gepflogenen Unterhandlungen betreffend den Schuz der eidg. Kontrolstempel resultatlos geblieben sind, so kann auch die Schweiz keine fremde Kontroistempel als den ihrigen gleichwerthig anerkennen, und sie muß dieselben als nicht existirend betrachten.

Es sind daher diejenigen Gegenstände, welche eine der Bezeichnungen tragen, für welche die eidg. Stempelung obligatorisch ist, von lezterer nicht durch den Umstand befreit, daß sie den offiziellen Stempel eines andern Staates tragen. Wenn den Kontrolbüreaux ein Gegenstand, welcher den Stempel eines fremden Staates trägt, übergeben wird, so können die Bureaux gleichwohl den eidg.

Stempel auf solchen Gegenständen anbringen; sie werden verfahren, wie wenn der betreffende Gegenstand keinen fremden Stempel trüge.

B e r n , den 31. Dezember 1881.

Schweizerisches Handels- und Landwirthschaftsdeuartement : L. Kuchoimet.

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Fristverlängerung für

die Anmeldung von Gold- und Silberwaaren zur Stempelung ad hoc.

(Vom 9. Januar 1882.)

Das schweizerische Handels- und Landw i r t h s c h a f t s d e p a r t e ment, nach Einsicht eines Berichtes des Präsidenten des eidg. Kontrolamtes für Gold- und Silberwaaren, betreffend die Interpretation des Bundesrathsbeschlusses vom 29. November 1881, gemäß welchem die Frist für die Plombirung ad hoc der Gold- und Silberwaaren verlängert wurde, beschließt: 1. Die mit dem 25. Dezember 1881 abgelaufene Frist für die Eingabe eines Verzeichnisses derjenigen Gold- und Silberwaaren, für welche die durch den Bundesrathsbeschluß vom 29. November 1881 gewährten Vortheile in Anspruch genommen werden, wird bis zum 31. Januar nächsthin verlängert.

2. Die Verzeichnisse der Uhrenschalen, welche gemäß dem erwähnten Beschlüsse zur Plombirung ad hoc bestimmt sind, müssen die Nummern dieser Schalen enthalten.

B e r n , den 9. Januar 1882.

Schweizerisches Handels- und Laudwirthschaftsdepartement, Der Stellvertreter: Schenk.

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Bundesrathsbeschluß betreffend den Rekurs des Hrn. Jacques Bourguet in Avry-devantPont, Kts. Freiburg, wegen Gültigkeit seiner Wahl in den Kirchenrath der Pfarrei Avrydevant-Pont. (Vom 4. November 1881.)

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1882

Année Anno Band

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Volume Volume Heft

02

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

14.01.1882

Date Data Seite

33-44

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10 011 344

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