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Schweizerisches Bundesblatt.

34. Jahrgang. II.

Nr. 29.

3. Juni 1882.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

Einrükungsgebühr per Zeile 15 Rp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden Druk und Expedition der Stämpflischen Buchdrukerei in Bern.

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Ergänzender Bericht des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Fabrikation von Zündhölzchen.

(Vom 16. Mai 1882.)

Tit.

Unterm 6. Dezember verflossenen Jahres haben wir Ihnen eine Botschaft nebst dem Entwurf eines Bundesbeschlusses betreffend die Fabrikation und den Verkauf von Zündhölzchen vorgelegt, um einerseits Ihrem Postulat vom 28. Juni 1881 nachzukommen, und um andrerseits den Klagen, zu welchen die gegenwärtige Fabrikation Anlaß gibt, Rechnung zu tragen (Bundesblatt 1881, IV, 620).

Mit Rüksicht darauf, daß die in dieser Frage bisher gewonnenen Erfahrungen noch ungenügend sind, machten wir Ihnen den Vorschlag, uns zu bevollmächtigen, während der Dauer von 2 Jahren vermittelst Reglementen alle diejenigen Maßregeln zu treffen, welche wir für nothwendig erachten würden.

Der Nationalrath, welcher in dieser Angelegenheit die Priorität hatte, beschloß unterm 31. Januar, dieselbe an den Bundesrath zurükzuweisen, mit dem Auftrage: 1) die signalisirten neuen Erfindungen (Sehwarzenbach) durch Experten prüfen zu lassen; 2) die Frage zu beantworten, ob Zündhölzchen, die sich an jeder rauhen Fläche entzünden, zuzulassen seien, wenn sie keinen gelben Phosphor enthalten; 3) die Frage zu untersuchen, ob es nicht am Plaze wäre, das Gesez vom 23. Dezember 1879 über Fabrikation von ZündBundesblatt. 34. Jahrg. Bd. II.

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hölzchen aufzuheben oder doch als es Bestimmungen zum Schuze enthält; 4) auf die Junisession Bericht und bringen, und in der Zwischenzeit gegen den Schmuggel und die zugehen.

nur insoweit beizubehalten, der Gesundheit der Arbeiter Antrag darüber zu hinterdurch die gesezlichen Mittel verbotene Fabrikation vor-

In Bezug auf den lezten Passus erwähnen wir, daß wir alle uns zu Gebote stehenden Mittel angewendet haben, um den Schmuggel und die verbotene Fabrikation zu unterdrüken; allein wir müssen bemerken, daß wir hiebei wesentlich auf den guten Willen der kantonalen Behörden angewiesen sind, auch bezüglich des Schmuggels, indem die Organe der eidgenössischen Zollverwaltung durchaus nicht hinreichen können, um dem in so großem Umfang eingetretenen Uebel wirksam zu begegnen.

Zur Begutachtung der oben erwähnten Fragen wurde von unserm Handels- und Landwirthschaftsdepartement eine Expertenkommission bestellt, und zwar aus folgenden Mitgliedern : Herrn Fabrikinspektor Dr. Schuler, « ,, Nüsperli, ,, Dr. Lunge, Professor der Chemie am eidgen. Polytechnikum Dr. Schwarzenbach, Professor der Chemie an der Universität n Bern, ,, Dr. Rössel, Professor der Chemie am Technikum in Winterthur.

Diese Kommission, welche auch mehrere Zündholzfabrikanten einvernahm, unterbreitete dem Departemente einen Bericht (Beilage A), auf welchen wir hiemit verweisen. Die Konklusionen desselben sind folgende: 1) Ohne gänzliche Vernichtung der jezt bestehenden Privatindustrie ist ein Betrieb der Zündholzfabrikation mit gelbem Phosphor, welcher keine schweren Gefahren für Gesundheit und Leben der Arbeiter mit sich bringen würde, nicht denkbar.

Die Verwendung des gelben Phosphors hat im steigenden Maß Vergiftungen veranlaßt. Ebenso wird durch die Phosphorzündhölzchen die Entstehung von Feuersbrünsten begünstigt.

Die Kommission hält aus diesen Gründen einstimmig die Wiederzulassung des gelben Phosphors bei der Zündholzfabrikation für ganz verwerflich.

2) Die ,,überall entzündlichen" Zündhölzer sind entweder dieser Bezeichnung sehr mangelhaft entsprechend, oder aber -- wenn

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sie es wirklich sind -- sehr feuergefährlich, und geben unter günstigen Bedingungen zu Explosionen Anlaß. Zudem gefährden die Mehrzahl derselben Gesundheit und Leben der Arbeiter und des Publikums durch die bei der Fabrikation oder Entzündung sich bildenden Gase.

Mit vier Stimmen gegen eine (Herrn Prof. Dr. Schwarzenbach) erklärt sich die Kommission auch gegen die Zulassung aller überall entzündlichen Zündhölzer ohne gelben Phosphor, 3) Die Zündhölzchen, die eine besondere Reibfläche erfordern, die sogen, schwedischen Sicherheitszündhölzchen, empfehlen sich sowohl durch ihre Gesundheitsunschädlichkeit bei der Herstellung wie beim Gebrauch, als durch die weit größere Sicherheit vor unbeabsichtigter Entzündung. Ihre Fabrikation kann in der Schweiz ohne jede erhebliche, in der Beschaffung des Materials gelegene Schwierigkeit, und ohne Beeinträchtigung einer von ihr alimentirten Hausindustrie betrieben werden.

Aus diesen Gründen spricht sieh die Kommission für ausschließliche Zulassung der Fabrikation von Zündhölzchen aus, welche sich nur an einer besondern hiefür präparirten Reibfläche entzünden (4 Stimmen).

4) Sie stellt deßhalb folgende A n t r ä g e : a. Fabrikation, Einfuhr und Verkauf von Zündhölzchen und Streiohkerzchen, bei denen gelber Phosphor zur Verwendung kommt, bleibt verboten.

b. Das schweizerische Handelsdepartement wird nur noch der Fabrikation von solchen Zündhölzchen seine Genehmigung ertheilen, welche sich nur au einer besonders präparirten Reibfläche entzünden.

c. Es wird zugleich ermächtigt, seine Bewilligung an Vorbehalte behufs Ausschluß gefährdender Verpakungsweisen zu knüpfen.

d. Nur solche ausländische Zündhölzchen dürfen eingeführt und verkauft werden, welche in Bezug auf ihre Zusammensezung oder Verpakung den für die schweizerische Fabrikation aufgestellten Bedingungen entsprechen.

e. Jede Schachtel und jedes Paket von in der Schweiz fabrizirten oder zum Verkauf ausgebotenen Zündhölzchen soll die Firma oder Fabrikmarke des betreffenden Fabrikanten tragen.

f. Als Fabrik im Sinne des eidgenössischen Fabrikgesezes vom 23. März 1877 soll jede Arbeitsstätte gelten, wo Zündhölzchen angefertigt werden.

962 g. Die strengere und insbesondere dem Maß des durch die Uebertretung angestrebten Nuzens entsprechende Bestrafuog der Verlezung von Gesezen und Verordnungen betreffend Zündholzfabrikation ist durch eine Ergänzung des Gesezes zu ermöglichen.

Während das Handelsdepartement diese Untersuchung vornahm, hatte der preußische Volkswirthschaftsrath um die gleiche Zeit einen Gesezesentwurf über die Anfertigung von Phosphorzündhülzchen ausgearbeitet. Dieser Entwurf, welchen der Rath in seineu Sizungen vom 28. Februar bis 25. März 1882 berieth und genehmigte, enthält sehr interessantes und zur Beurtheilung der Zündhölzchenfrage werthvolles Material; wir legen einen Auszug aus dem Gesezesentwurf, dem Gutachten zu demselben und der bezüglichen Diskussion bei (Beilage B). Die preußische Behörde gelangte zu dem Resultate, daß das sicherste Mittel zur Verhütung der durch den gelben Phosphor verursachten Uebelstände allerdings das Verbot seiner Verwendung zur Fabrikation von Zündhölzchen wäre, daß aber eine solche Maßregel eine wichtige Industrie schwer schädigen würde, und deshalb nicht empfohlen werden könne. Es sei vorzuziehen, eine Reihe von Vorsichtsmaßregeln zu ergreifen, durch welche voraussichtlich die Chancen für Unfälle auf ein gewisses Minimum reduzirt, wenn nicht ganz beseitigt würden. Die vom Volkswirthschaftsrath empfohlenen bezüglichen Vorschriften sind sehr minutiös, und erfordern von Seite der Arbeiter selbst eine solche Sorgfalt in Beobachtung der Hygieine und Reinlichkeit, daß sich die Ueberwachung derselben leider als sehr schwierig herausstellen wird.

Nachdem wir Ihnen die verschiedenen Anschauungsweisen über die Materie dargelegt, haben wir noch unsere Ansicht über die Alternativen, wie sie aus den Fragen, welche Sie an uns gerichtet, sich ergeben, auszudrüken.

Es handelt sich hiebei um folgende Punkte: 1) ob die Bundesversammlung das Verbot der Fabrikation und des Verkaufs von Zündhölzchen mit gelbem Phosphor aufrecht erhalten solle; 2) welche Maßregeln im Falle der Bejahung zu treffen seien, um den vorgebrachten Klagen gerecht zu werden ; 3) welche Maßregeln im Falle der Verneinung zum Schuze der bei dieser Fabrikation betheiligten Arbeiter zu ergreifen seien.

Als die G-esezgebung die Verwendung des gelben Phosphors verbot, war die Absicht zunächst die, seineu unausweichlichen Nachtheilen, speziell aber der schreklicheu Nekrose, welche die Züiid-

963 hölzchenarbeiter befiel, ein Ende zu machen, zugleich aber wollte man hiemit auch die gewöhnliche Ursache von Brandunglük und Vergiftung beseitigen. Hat man n u n , nach einer nur kurzen Periode der Erfahrung, Grund, von diesem dreifachen humanitären Ziele zu abstrahiren? Wir sind der Ansicht, daß wir uns sehr vorsehen sollen, bevor wir uns ohnmächtig erklären und den Rükzug antreten, wie es von verschiedenen Seiten verlangt wird.

Die gegenwärtige Situation ist in der That ebenso schwierig, als mit Unannehmlichkeiten verknüpft. Das Publikum ist an die überall entzündbaren Hölzchen gewöhnt, und vermißt dieselben nur ungern; dieser Umstand hat verschiedene Fabrikanten veranlaßt, Zündhölzchen von sehr gefahrbringender Beschaffenheit, welche auch zu zahlreichen Unglüksfällen geführt haben, herzustellen. 'Die Folge war, daß die schweizerischen Fabrikate theilweise in Mißkredit geriethen, welcher die ganze Industrie in eine momentan mißliche Lage versezte. Den eidgenössischen und kantonalen Behörden fiel die undankbare Aufgabe zu, die Befolgung des Gesezes zu überwachen und den Schmuggel zu unterdrüken, entgegen den Wünschen des Publikums, dessen Vorliebe für die alten Hölzchen bekannt ist.

Alle diese Uebelstände hätten beseitigt werden können, wenn eine Zündmasse erfunden worden wäre, welche sich, ohne gelben Phosphor zu enthalten, auf jeder Fläche entzünden ließe, und -weder die Unannehmlichkeiten der Phosphorhölzchen, noch diejenigen der verderblichen, sogenannten überall entzündbaren Hölzchen, welche denselben nachfolgten, mit sich bringen würde. Leider ist dieses Problem noch nicht gelöst, und scheint es auch so bald noch nicht zu sein. Wenn man daher von den oben bezeichneten drei humanitären Zielen nicht abweichen will, so scheint kein anderer Ausweg offen zu sein, als derjenige, welchen die Expertenkommission angegeben hat. Wenn bis auf Weiteres einzig die Fabrikation und der Verkauf von Sicherheits- oder schwedischen Zündhölzchen gestattet wird, so ist anzunehmen, daß man auf diese Weise den meisten Schwierigkeiten , welche durch das Geséz vom 23. Dezember 1879 herbeigeführt worden sind, entgehen wird; dagegen ist hiedurch dem Begehren des Publikums nach überall entzündlichen Hölzchen allerdings nicht Genüge geleistet.

Wenn Sie aber der Ansicht sind, daß die durch das citirte Gesez
hervorgerufenen Uebelstände die frühern (Nekrose etc.} überwiegen, und daß man daher auf das darin ausgesprochene Verbot zurükkommen solle, so wäre es in diesem Falle angezeigt, daß man Vorschriften, ähnlich denjenigen, wie sie im Entwürfe des preußischen Volkswirthschaftsrathes, und übrigens schon in einem

964 Berichte unserer Fabrikinspektoren (Bundesblatt 1879, III, 797) angegeben sind, aufstellen würde; aber wir müssen jezt schon erklären, daß es im höchsten Grade schwierig, wenn nicht unmöglich sein würde, die Befolgung solcher Vorschriften zu überwachen, und daß mau namentlich die größte Mühe hätte, die Umgehung ider für die Fabriken zu erlassenden Bestimmungen durch die Hausndustrie zu verhindern.

Wir sind daher der Ansicht: 1) daß das Gesez vom 23. Dezember 1879 im Prinzip aufrecht erhalten werden solle; 2). daß es angezeigt erscheine, dasselbe im Sinne der im Expertenberichte (Beilage A) enthaltenen Konklusionen zu ergänzen ; 3) daß zu diesem Zweke die Sanktionirung des Beschlußentwurfes, welchen wir Ihnen am 6. Dezember 1881 vorgelegt haben*), von Neuem empfohlen werden müsse, weil dies das einzige Mittel ist, wodurch der Administrativbehörde diejenige Freiheit gewährt wird, welche nothwendig ist, um einerseits den Wünschen des Publikums und der Sorge für die Gesundheit der Arbeiter, andererseits den Interessen einer von den Folgen des Gesezes hart mitgenommenen Industrie möglichst Rechnung zu tragen.

*) Der erwähnte Beschlußentwurf lautet : ,, D i e B u nd esversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 6. Christmonat 1881, und mit Hinblik auf die Artikel 31, Litt, c, und 34 der Bundesverfassung, beschließt: Art. 1. In Ergänzung des Artikels 2 des Bundesgesezes vom 23. Dezember 1879 über die Phosphorzündhölzchen wird der Bundesrath ermächtigt, vermittelst Reglementen alle diejenigen Maßregeln zu treffen, welche er für die Fabrikation der Zündhölzchen, sowohl in l abriken, als in Privathäusern, für die Verpakung, den Transport und den Verkauf derselben für nöthig erachtet, und für Uebertretungen der Vorschriften dieser Réglemente Strafbestimmungen, welche bis zur Gefängnißstrafe gehen können, aufzustellen.

Art. 2. Die gegenwärtigen Vollmachten werden für die Dauer von zwei Jahren gewährt.

Art. 3. Gegenwärtiger Beschluß wird dringlich erklärt und tritt sofort in Kraft.

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Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 16. Mai 1882.

Im Namen des. Schweiz. Bundesrathes, Der Vizepräsident: L. Ruchonnet.

Der Stellvertreter des Kanzlers der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

966 Beilage .A..

M o l l i s , den 3. März 1882.

An das schweizerische Handelsdepartement in Bern.

Hochgeehrter Herr Bundesrath !

Sie haben am 4. Februar eine Kommission ernannt, bestehend aus den Herren Fabrikinspektor Nüsperli in Aarau, Professor Dr. Lunge in Zürich, ,, y, Schwarzenbach in Bern, ,, ,, Rössel in Winterthur, und dem Unterzeichneten, und dieselbe beauftragt: 1) die auf dem Gebiete der Zündholzindustrie gemachten neuen Erfindungen (namentlich diejenige von Prof. Dr. Schwarzenbach) zu prüfen; 2) zu untersuchen, ob die Fabrikation und der Verkauf von auf jeder rauhen Fläche entzündbaren Hölzchen, welche keinen gelben Phosphor enthalten, zuzulassen sei ; 3) zu untersuchen, ob das Gesez vom 23. Dezember 1879 über die Fabrikation von Zündhölzchen aufzuheben oder zu revidiren sei; 4) ihre Ansichten darüber zu äußern, welche Maßregeln event.

für den Schuz der Arbeiter und des Publikums gegen die Gefahren der Fabrikation und des Gebrauchs von Zündhölzchen zu ergreifen seien.

Sämmtliche Mitglieder versammelten sich am 25. Februar in Zürich. Zugleich waren, Ihrer Ermächtigung zufolge, einige bedeutendere Z ü n d h o l z f a b r i k a n t e n , namentlich auch des Berneroberlandes, eingeladen worden, der Kommission, sofern es in ihrem

967 Wunsche gelegen sei, mündlich ihre Erfahrungen und Ansichten darzulegen. Die Herren Aellig von Frutigen, Salathe von Rheinfelden, und Furrer (Firma Hardmeier und Cie.) von Bendlikon leisteten dieser Einladung Folge, und machten uns eine Reihe höchst verdankenswerther Mittheilungen.

Die Kommission beschäftigte sich zuerst mit der d r i t t e n ihr gestellten F r a g e , da von deren Entscheidung vor allem aus abhängt, o b d i e V e r w e n d u n g d e s g e l b e n P h o s p h o r s zur Zündholzfabrikation untersagt bleibensoll o d e r n i c h t . Sämmtliche Kommissionsmitglieder sowohl, wie.

die zugezogenen Herren Fabrikanten, waren darüber einig, daß die Wiederzulassung des gelben Phosphors ein Unglück für die Arbeiterschaft in den Zündholzfabriken wäre. Es wurde an den lezten Jahresbericht des bernischen Aufsichtsarztes für die Zündholzfabriken erinnert, der den Bundesbehörden vorgelegt wurde, und in. welchem Herr Dr. Schären von Frutigen aus seinem Bezirk 12 Fälle von P h o s p h o r e r k r a n k u n g e n aufweist. Aus einem hier beigelegten Brief des Herrn Professor Krönlein in Zürich ergab sich, daß noch vor wenigen Wochen dem Arbeiter einer kleinen zürcherischen Zündholzfabrik beide Oberkiefer resezirt werden mußten, der sich noch im Jahr 1881 mit der verbotenen Fabrikation mit gelbem Phosphor beschäftigt hatte. Endlich wurde auf die deutschen Inspektionsberichte über die Zündholzfabriken verwiesen, aus denen sich troz der Mangelhaftigkeit der dortigen Anzeigen ergibt, daß Erkrankungen an Phosphornekrose als sehr häufig vorkommend bezeichnet werden müssen. Wir vermögen nicht einzusehen, wie diese Gefahren bei unserer schweizerischen Zündholzindustrie, in diesen zahlreichen kleinen und ökonomisch schwach bestellten Etablissementen, ja selbst in den großen und wohleingerichteten, troz aller noch so strengen Geseze und noch so viel amtlicher Aufsicht sollten beseitigt werden können. Wir bestreiten nicht die M ö g l i c h k e i t , w e n n alle Einrichtungen so getroffen sind, wie in einem wohleingerichteten chemischen Laboratorium, w e n n in Bezug auf Ventilation, Reinlichkeit etc. allen Anforderungen genügt würde, aber wir wissen, daß unsere Zündholzindustrie ganz einfach in der Unmöglichkeit sich befindet, alle diese Ansprüche zu befriedigen, daß ihre Existenz in diesem Fall schon
aus finanziellen Gründen unmöglich gemacht würde.

Aber nicht nur die R ü k s i c h t auf die F a b r i k a r b e i t e r leitet uns, wenn wir uns gegen die Wiederzulasssung des gelben Phosphors aussprechen, sondern auch die Erwägung, wie sehr die früheren Zündhölzer mit gelbem Phosphor das Entstehen von B r a n d f ä l l e n gefördert, wie oft sie ferner das Mittel zu V e r -

968 g i f t u n g e n dargeboten. Gerade dasjenige Mitglied unserer Kommission, das als vieljähriger gerichtlicher Chemiker in dieser Richtung am meisten Erfahrungen sammeln konnte, Herr Professor Schwarzenbach, betont sehr die immer steigende Frequenz der Phosphorvergiftungen, die immer zunehmende Virtuosität bei deren Herbeiführung.

Es sind dies Gründe, die selbst dann nicht hinfällig würden, wenn der von den Frutiger Fabrikanten ausgesprochene Wunsch in Erfüllung ginge, es möchte die Z ü n d h o l z f a b r i k a t i o n monop o l i s i r t werden. Uebrigens wäre derselbe kaum geäußert worden, wenn die Potenten bedacht hätten, daß der Monopolisirung der Zündholzfabrikation auch die Konzentrirung in ein oder einzelne wenige Etablissemente auf dem Fuß folgen müßte, wenn der Monopolinhaber seiner Pflicht zum Schuz der Arbeiter gerecht werden wollte. Ob aber eine Aufhebung der zahllosen kleinen Etablissemente in ihrem Wunsch, oder auch in dem der Bundesbehörden gelegen sei, dürfte zu bezweifeln sein.

Ihre sub 3 gestellte Frage braucht sich übrigens nicht nur auf die Wiederzulassung des gelben Phosphors bei der Fabrikation zu beziehen, sondern es kann sich auch u m das V e r b o t der E i n fuhr und des Verkaufs von Zündhölzchen mit g e l b e m P h o s p h o r handeln. Würde dieses ohne weiteres aufgehoben, so wäre selbstverständlich bei der momentanen Vorliebe des Publikums für Hölzchen mit gelbem Phosphor die Fabrikation der Hölzchen ohne solchen sofort lahm gelegt. Man würde die schweizerischen Zündholzarbeiter sehr radikal vor den bösen Folgen des Phosphors schüzen, indem man sie verhungern ließe.

Allein es ist vorgeschlagen, durch einen hohen E i n f u h r z o l l a u f H o l z e h e n m i t g e l b e m P h o s p h o r d e n phosphorfreien den Vorzug größerer Billigkeit zu verleihen und dadurch beim Konsumenten beliebt zu machen. Unsere Kommission, wie auch die Zündholzfabrikanten, sind der Ansicht, daß dieser Zweck kaum erreicht, hingegen durch den hohen Zollsaz einem noch lebhaftem Zündholzschmuggel gerufen würde, als er jezt besteht.

Einmal über die Grenze gelangt, würde der Schmuggler ja kaum etwas Weiteres zu riskiren haben.

Das allerdings mußte sich die Kommission sagen, daß es große Mühe kosten werde, den jezt bestehenden S c h m u g g e l zu beseitigen. Sein Umfang wird zwar überschäzt,
weil ein großes Quantum der angeblich eingeschmuggelten Hölzchen in aller Stille in der Schweiz fabrizirt worden ist. Auch die Schwierigkeit der Unterdrükung wird übertrieben. In der Ostschweiz ist eine bedeutende Abnahme der Schmuggler zu konstatiren, wie z. B. aus

969 dem Bericht der Regierung von St. Gallen hervorgeht. Diese wurde in ihren Bemühungen durch Fabrikanten unterstüzt, welche sich die Ermittlung der Bezugsquellen und Verkäufer verbotener Hölzer angelegen sein ließen. Was hier erreicht worden, wird auch anderwärts geschehen bei gutem Willen der Behörden und namentlich dann, wenn s t r e n g e r e S t r a f b e s t i m m u n g e n aufgestellt werden. Denn heute noch werden die Bußen so bemessen, daß der Schmuggler oder Fabrikant verbotener Zündhölzchen auch im ungünstigsten Fall seines großen Gewinnes sicher ist. Wir werden uns erlauben, an anderer Stelle noch auf diesen Punkt zurükzukommen.

Ein zweites Bedenken gegen die definitive Verbannung des gelben Phosphors bildet bei Vielen die Befürchtung, bei der Fabrikation der sogenannten schwedischen Zündhölzchen, vielleicht auch bei derjenigen überall entzündlicher phosphorfreier, werde die F a b r i k a t i o n von S p a h n s c h a e h t e l n , die z. B. im Berneroberland so viele ernährt, zu Grande gehen. Die Erfahrung in andern Ländern mit sehr entwikelter Zündholzindustrie lehrt aber, daß dem nicht also ist. In Dänemark z. B. ist die Schachtelfabrikation Hausindustrie, welche auf je einen Arbeiter in der Fabrik drei zu Hause beschäftigt. Einer der konsultirten Fabrikanten hat mitgetheilt, wie gerade behufs Ermöglichung der Fabrikation im Hause des Arbeiters ein neuer zwekmäßiger Hobel erfunden sei. Das Material, aus dem diese Schachteln auch in den nordischen Staaten angefertigt werden, ist gewöhnliches Tannenholz, nicht Aspenholz, wie man bisher angenommen hat. Es bestehen also in keinem Fall weitere Schwierigkeiten für den Fortbestand der Schachtelfabrikation, als daß die Arbeiter sich anfälligen veränderten Ansprüchen an die Form und Konstruktion der Schachteln werden fügen müssen.

Die Kommission gelangt so, nach einläßlicher Würdigung aller für und wider angebrachten Gründe, e i n s t i m m i g zu dem Schluß, troz aller der wohlbekannten, gegen die gänzliche Verbannung des gelben Phosphors aus der Zündholzfabrikation sich aufthürmenden Schwierigkeiten, betrachte sie es als Gewissenssache und als ihre Pflicht, den hohen Bundesbehörden F e s t h a l t e n a m G e s e z e v o m 2 3 . D e z e m b e r 1879 a u f s d r i n g e n d s t e mit dem Beifügen zu e m p f e h l e n , daß nach ihrer
Ansicht die Strafbestimmung im Sinne der Verschärfung abgeändert, und ein Zusaz mit solchen Bestimmungen aufgenommen werden sollte, welche die Ermittlung von Uebertretungen eher als bisher ermöglichen.

970 Wir freuen uns, beifügen zu können, daß nicht nur sämmtliche bei unserer Sizung Anwesende in diesem Sinn sich ausgesprochen haben, sondern auch eine Reihe von Zündholzfabrikanten (theiiweise schriftlich), so z. B. die Herren Schätti in Fehraltorf, Kammerer in Ingenbohl, Karlen in Wimmis, Kambli in Frutigen, Aider in Arbon, Bohy in Nyon, also so ziemlich alle größern Fabrikanten.

Gleicher Ansicht sind nach unserer vielfachen Wahrnehmung die Arbeiter selbst. Es hat freilich auch an g e g e n t h e i l i g e n K u n d g e b u n g e n nicht gefehlt, die aber zu einer Zeit erfolgt sind, wo unsere ganze schweizerische Zündholzindustrie aus verschiedenen Gründen darnieder lag, wo die in fraudulöser Weise fabrizirten Gelbphosphorhölzchen mit Fr. 18--19 per Kiste, statt wie früher mit Fr. 6--9, ja nur 4. 80, bezahlt wurden, und Jeder diesem Geldregen seinen Schoß hätte öffnen mögen. Mancher, der damals für abermalige Zulassung des gelben Phosphors war, hat schon zugestanden, daß er zum alten Preise die frühern Hölzchen nicht mehr zu fabviziren wünsche, und seit Erlaß des Haftpflichtgesezes ist Mancher auch deßwegen andern Sinnes geworden, weil die Auferlegung der Haftbarkeit für Phosphorleiden, wie sie selbstverständlich aus dem Gesez folgen muß, eine erdrükende Last für manchen kleinen, schlecht eingerichteten Fabrikanten würde.

Um Ihre e r s t e F r a g e zu beantworten, theilte die Kommission alle ihr bekannt gewordenen, in der Schweiz verwendeten Zündmassen, die neu erfunden oder in die Praxis eingeführt worden sind, in drei Gruppen: a. solche mit unterschwefligsaurem Blei, b.

,, ,, Rhodankupfer oder -Blei, c.

,, ,, amorphem Phosphor in der Zündmasse.

Andere Kompositionen, z. B. von Professor Schwarz in Graz, waren angemeldet, aber es lagen weder Recept noch Proben zur Beurtheilung vor. Sie'fielen also außer Betracht.

Alle diese neuen Zündhölzchen sind ,, ü b e r a l l e n t z ü n d l i c h IX. Die Zahl der versuchten einzelnen Kompositionen ist Legion. Da die meisten Zündholzfabrikanten keine Chemiker sind, kauften sie da und dort neue Recepte. Sogenannte Chemiker durchreisten das Land, und trieben förmlichen Hausirhandel mit Vorschriften. Sehr oft machten die Fabrikanten selbst Versuche, die einen mit Rath und Hülfe tüchtiger chemischer Techniker, andere auf eigene Faust, sogar auf blinden
Zufall hin. Einmal in dieses Stadium des Probirens gelangt, wo die Zusammensezung der Masse immer wechselte, zeigten sie dieselbe troz bestimmter Vorschrift den Behörden nicht mehr an. Diese vermochten nicht mehr,

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durch Nichtgenehmigung gefährdender Massen oder Prozeduren wenigstens vor den unsinnigsten Fabrikationsweisen zu schüzen.

Durch Erhebung und Analysirung von Proben sich Kenntniß von allem Neuauftauchenden zu verschaffen, wäre bei dem steten Wechsel faktisch unmöglich gewesen. Es herrschte in Wirklichkeit volle Willkür der Fabrikanten, ein Chaos in der Fabrikation.

Als allgemeine Eigenschaft aller dieser Hölzchen wurde von Erfindern und Fabrikanten die E n t z ü n d b a r - k e i t an j e d e r r a u h e n F l ä c h e hervorgehoben. Diese ist aber sehr verschieden, und die Fabrikanten scheinen in steter Ungewißheit zu schweben, w e l c h e n G r a d von Entzündbarkeit sie ihren Produkten verleihen sollen. Sie sind um so mehr im Zweifel, als leztere fast alle sehr hygroskopisch sind und in feuchter Luft ihre leichte Entzündbarkeit verlieren. So kommt es, daß wir zu unserm Erstaunen zu ,,überall entzündbaren14 Hölzchen die Zugabe einer besondern Streichfläche, wie zu den schwedischen Sicherheitszündhölzchen, erhalten. Andere entzünden sich wirklich bei der geringsten Reibung an etwas Rauhem, leider auch bei der gegenseitigen Reibung unter sich. V e r b r e n n u n g e n der Arbeiter sind nach den von allen Seiten eingehenden Berichten sehr häufig, eigentliche Explosionen sind dagegen noch wenig vorgekommen. Daß aber große F e u e r s g e f a h r auch für die Umgegend bedingt wird, wenn jeden Augenblik Entzündungen in den Fabriken vorkommen, liegt auf der Hand. Nicht zum Mindesten leidet darunter der Konsument der Zündhölzchen. Wir erinnern an die Unzahl von Verbrennungen, welche die Regierung von Waadt konstatirte, und welche dieselbe zu einem Verbot der überall entzündlichen Zündhölzchen bewog.

Auch der T r a n s p o r t wird zur G e f a h r , wie die neulich nach sehr kurzer Eisenbahnfahrt erfolgte Entzündung einer Kiste von Zündhölzchen beweist, die mit großem Nachdruk als die besten der überall entzündlichen empfohlen waren.

Wenn die Entzündbarkeit zu groß wurde, so trug freilich das Publikum mit die Schuld. Durch die prahlerischen Annoncen der Fabrikanten veranlaßt, verlangte es immer ,,schärfere" Zündhölzchen, und zwang den Fabrikanten, die Mischung immer entzündlicher, immer explosiver zu machen, um Absaz zu finden. Es wurde hie und da wahres ,,Feuerwerk11 fabrizirt.

Aus ihrer Zusammensezung
und Entzüudungsweise folgt, daß diese überall entzündlichen Hölzchen eine große Sorgfalt in der V e r p a k u u g beanspruchen. Jedes Rütteln, jede Reibung der Hölzchen an einander oder an den Wandungen der Verpakung muß ausgeschlossen sein. Es muß dafür gesorgt sein, daß nicht der Behälter der Hölzchen beim Anstreichen auf seiner Reibfläche zerdrükt

972 werden kann etc. Wie wenig dieß berüksichtigt wurde, darüber gibt die Geschichte vieler Unfälle Aufschluß; daß troz guter Verpakung nicht gewollte Entzündungen leicht möglich sind, wie dieß übrigens auch bei den Phosphorhölzchen hie und da vorgekommen, liegt in der Natur der Sache. Aber daß troz hundertfältiger übler Erfahrungen, troz Verboten und Geboten, eine große Sorglosigkeit in diesen Dingen herrscht, beweist die reiche Blumenlese von Unfallsberichten aus neuester Zeit, die fast allen Kommissionsmitgliedern zu Gebote stand.

Die gemachten Bemerkungen gelten den ,,überall entzündlichen"· Zündhölzchen insgesammt. Wenn wir zur B e s p r e c h u n g d e r e i n z e l n e n K a t e g o r i e n derselben übergehen, so müssen wir zuerst betonen, daß eine auch nur halbwegs richtige Beurtheilung derselben ohne Mitwirkung der Chemiker vom Fach, des chemischen Experiments, nicht möglich ist. Die Besprechungen der Frage in öffentlichen Blättern, die zahlreich erschienenen Flugblätter mit ihrem Anschein von großer Objektivität, genauer Sachkenntniß, gründlicher Untersuchung, sind meist direkte oder indirekte Reklamen für ein gewisses Produkt, eine bestimmte Verpakungsweise, verdekte Verunglimpfungen von Konkurrenten, und ganz dazu geeignet, das Publikum irre au führen, nicht selten auch in unnöthige Angst und Aufregung zu versezeu, oder auch in gefährliche Sicherheit einzuwiegen.

Bezüglich der Hölzchen mit u n t e r s c h w e f l i g s a u r e in B l e i o x y d können wir auf das verweisen, was Herr Professor Dr. Rössel in seiner Ihnen wohlbekannten Brochure ,, über die neuen schweizerischen Zündhölzchen"1 (Seite 20 ff.) sagt. Die Hauptrepräsentanten dieser Gattung, die Karlen'schen Zündhölzchen, haben seiner Zeit genug von sich reden gemacht. Sie sind seither verbessert, und auch von vielen andern Zündholzfabrikanten hergestellt worden. Aber heute gilt noch, was damals : sind sie schwer entzündlich, sei es in Folge ihrer Zusammensezung, sei es in Folge der Feuchtigkeit, die sie aufgenommen, so entzünden sie sich schwerer, als die Zündhölzchen mit gelbem Phosphor: sie bedürfen der ihnen oft beigegebenen besondern Streichfläche, und entsprechen ihrer Bezeichnung als ,,überall entzündliche"' nicht ; -- sind sie leicht entzündlich, so bedingen sie große Feuersgefahr für Produzent und Konsument. Finden
sich die geeigneten Bedingungen dafür vor, so können auch Explosionen zu Stande kommen und schwere Unfälle bewirken. Der Dampf, der sich bei ihrer Verbrennung cntwikelt, ist b l e i h a l t i g , also giftig, was besonders für die Arbeiter in Betracht kommt, die alltäglich nicht nur Verbrennungen, sondern auch der Einathmung dieser schädlichen Dämpfe

973 ausgesezt sind -- Dämpfe, welche diejenigen der b r e n n e n d e n Gelbphosphorhölzchen (nicht etwa des verdunstenden Phosphors !)

an Gefährlichkeit weit übertreffen. Wir erwähnen noch, daß die neuesten Mittheilungen von Verbrennungen sich gutentheils auf diese Art von Zündhölzehen beziehen.

Neuesten Datums ist die vielbesprochene Einführung des R h o d a n k u p f e r s ( K u p f e r r h o d a n i d ) in die Zündholzfabrikation.

Dasselbe bildet in Verbindung mit chlorsaurem Kali eine leicht ent~ zUndliche Masse, die natürlich beim Verpaken, Transportiren etc^ dieselben Gefahren darbietet, wie jede andere gleich entzündliche Mischung. Aber nicht die mehr oder weniger große Gefahr, die aus der Entzündlichkeit der Masse resultirt, hat am meisten unsere, Bedenken ervvekt, sondern die g e s u n d h e i t l i c h e G e f ä h r d e , welche bei der Verwendung des Rhodankupfers in Berüksichtigung.

kommt. Schon bei der Darstellung dieses Präparates treten leicht Zersezungen ein, bei denen sich Schwefelcyanwasserstoffsäure bildet, die hinwieder in B l a u s ä u r e und andere Verbindungen zerfällt.

Ein Chemiker, Inhaber einer chemischen Fabrik, bemerkte deßhalb bei Ablieferung eines bestellten Kilogramms Rhodankupfer dem Besteller, daß er es selbst dargestellt habe, da er wegen Bildung von Blausäure die Arbeit Niemand anders übergeben dürfe, und er bitte, ihn künftig mit derartigen Bestellungen zu verschonen. Wie sollte man aber die Präparation den chemieunkundigen Zündholzfabrikanten überlassen? Es wird doch erforderlich sein, daß das Präparat in chemischen Fabriken dargestellt werde, wenn dieß wenigstens wegen des baldigen Uebergangs von Kupferrhodanid in Rhodanür, einer zur Zündholzfabrikation ungeeigneten Verbindung, möglich ist.

Aber auch bei der E n t z ü n d u n g der fertigen H ö l z c h e n kann dieselbe gefährliche Zersezung von Rhodankupfer vorkommen, und gerade dieser Punkt ist um so mehr zu beherzigen, als nach der Angabe von zwei größern schweizerischen Zündholzfabrikanten die Entzündbarkeit der in Bearbeitung befindlichen Masse eine sehr große, und nach ihrem Dafürhalten sowohl die Fabrikation als das fertige Produkt s o g e f ä h r l i c h i n B e z u g a u f E n t z ü n d u n g und E x p l o s i o n sind, daß beide auf alle weitern Versuche verzichteten. Sie berichten zudem,
daß durch die entstehenden Gase Lunge und Schleimhäute aufs nachtheiligste affizirt werden. Mag es daher auch der Gewandtheit des Erfinders dieser Masse, Herrn Prof. Dr. Schwarzenbach, in chemisch-technischen Fragen gelingen, sie in mancher Richtung bedeutend zu vervollkommnen, werden ihr doch jederzeit nicht zu unterschäzcnde Gefahren 'anhaften bleiben.

974 Es kommen endlich noch die Zündmassen in Betracht, die c h l o r s a u r e s K a l i m i t einem Z u s a z v o n r o t h e m P h o s p h o r enthalten, d. h. die Zündhölzchen, in deren Köpfchen die Hauptingredienzien der Zünd- und Anstrichmasse der schwedischen Zündhölzchen vereint enthalten sind. Es ist leider nur zu gut bekannt, wie groß die Entzündbarkeit und E x p l o s i o n s f ä h i g k e i t eines Gemenges ist, in welchem diese zwei Substanzen zusammengebracht werden. Die gräßlichen Unglüksfälle, die in schwedischen Fabriken vorkommen, verdanken aller Wahrscheinlichkeit nach lediglich dieser Eigenschaft ihren Ursprung. Die Erkenntniß dieser Gefahr ist auch der Grund der strengen Vorschriften, welche in andern Ländern und bei uns genauestes Getrennthalten der Zünd- und Anstrichmassen Verarbeitung, d. h. der Gemische, die chlorsaures Kali, und derjenigen, die rothen Phosphor enthalten, verlangen. Eine Uebertretung dieses Gebotes hat sich auch bei uns voriges Jahr an einem Fabrikanten schreklich gerächt. Nun haben allerdings diejenigen schweizerischen Fabrikanten, welche Zündmassen mit rothem Phosphor verwenden, einen ganz minimen Prozentsaz desselben in ihre Mischungen aufgenommen. Die fertigen Hölzchen sind kaum gefährlicher, als andere überall entzündbare, d. h. so lange die Mischung die gleiche, vorsichtige ist. Aber wenn man sich erinnert, wie früher unsere Fabrikanten, um dem Wunsche des Publikums nach ,,recht scharfen" Zündhölzchen zu genügen, ganz unsinnige Mengen gelben Phosphors in ihre Züudmassen brachten, so muß man sich sagen, daß Aehnliches, besonders durch unwissende Fabrikanten, auch hier geschehen, und ein Produkt erzeugt werden könnte, welches das Publikum den größten Gefahren aussezeu würde, noch mehr aber die Arbeiter, die auch jezt schon bei nicht recht sorgfältigem Betrieb sehr erheblicher Gefahr preisgegeben sind.

Wie sorglos aber unsere Zündholzfabrikanten oft zu Werk gehen, wie die Explosionsgefahr in ihren Augen unterschäzt wird, dafür mag ein Beispiel noch angeführt sein. Das Khodankupfer kann durch R h o d a u b l e i ersezt werden. Dasselbe ist billiger, aber so viel explosionsgefährlicher, daß Herr Prof. Schwurzeubach vor dessen Verwendung ausdrüklich warnte. Aber nichtsdestoweniger wurde auch mit diesem Präparat fabrizirt -- einer bloßen Ersparniß halber.
Es wird Sie daher nicht befremden, wenn Ihre Kommission nach genauer Würdigung der gemachten Versuche, überall, an jeder rauhen Fläche entzündbare Zündhölzchen herzustellen, und nach ernstlicher Ueberleguug, welche Wahrscheinlichkeit für das Gelingen der Lösung dieses Problems iu nächster Zeit und in der Weise bo-

975 stehe, daß Arbeiter und Publikum nicht ernstlich gefährdet werden, zu dem Schluß gekommen ist: es solle die F a b r i k a t i o n und der Verkauf aller dieser überall e n t z ü n d l i c h e n Hölzchen e b e n f a l l s untersagt werden.

W a s a n ihre Stelle treten sollte, kann nach allem Gesagten nicht zweifelhaft sein: es sind die sogenannten schwedischen Sicherheitszündhölzchen, d. h. Z ü n d h ö l z c h e n , die s i c h nur an e i n e r besonders präparirten Anstreichfläche entzünden.

Wir beabsichtigen nicht, Allbekanntes über dieselben zu wiederholen. Wir machen nur aufmerksam, wie sich dieselben überall mehr und mehr Eingang verschafft haben. Einige nordische Staaten lassen sie ausschließlich zu; in Deutschland wird die Fabrikation schwedischer Hölzchen auf ein Drittheil der ganzen Produktion geschäzt, und von denen mit gelbem Phosphor soll die Hälfte exportirt werden, so daß also in Deutschland selbst die schwedischen die Hälfte des Bedarfs deken; in England werden vorzugsweise Sicherheitshölzchen gebraucht. Die schwedischen Hölzchen sind es auch, welche in den ü b e r s e e i s c h e n E x p o r t gelangen; Schweden und Dänemark treiben damit einen lohnenden Handel, und auch unserer schweizerischen Fabrikation steht dort, nach gemachten gelungenen Versuchen zu schließen, ein lohnendes Absazgebiet offen, zu dessen Ausbeutung bereits die Errichtung einer großartigen Zündholzfabrik in Aussicht genommen ist. Die Einbuße, die unsere Industrie durch den Wegfall des Absazes in ein paar Nachbarstaaten erlitten, dürfte auf diese Weise vielfach eingebracht werden.

Man hegt freilich Bedenken bezüglich der Konkurrenzfähigkeit unserer Industrie, selbst darüber, ob unsere Fabrikanten eine gleich gute Waare wie das Ausland zu liefern verstehen. Erfahrungen, Thatsachen beweisen uns die Unrichtigkeit dieser Behauptung. Ein zweites B e d e n k e n , der S c h a c h t e l n h a l b e r , glauben wir bereits widerlegt zu haben. Was das H o l z f ü r die Z ü n d h ö l z c h e n selbst, den Holzdraht, anbetrifft, so machen wir darauf aufmerksam, daß die geschwefelten Hölzchen bloß Tannenholz erfordern. Von Aspenholz, wie es zu den paraffinirten verwendet werden muß, liefert die Mittel Schweiz nach der Schäzung eines hervorragenden Kenners des Forstwesens alljährlich so viel, daß eine Fabrik mit 100
Arbeitern, die nur paraffinirte Hölzchen fabrizirt, jährlich den fünften Theil des disponibeln Holzes verbrauchen würde. Daß die Schwierigkeiten, die aus der Beschaffung des richtigen Holzes entstehen, nicht so unüberwindliche sind, geht übrigens auch daraus hervor, daß zwei größere Fabrikanten erklärten, sie hätten ihre Etablissemente nur in der Zuversicht geBundesblatt. 34. Jahrg. Bd. II.

66

976 gründet, daß schwedische Zündhölzchen allein fabrizirt werden dürfen.

Was die F a b r i k a n t e n selbst anbetrifft, wohl die ängstlichsten Beurtheiler der Lebensfähigkeit der Fabrikation von Sieherheitszündhölzchen, so erklären sich auch noch eine Reihe anderer f ü r ausschließliche Zulassung derselben. Sie wissen, daß dieses Fabrikat auch den Vortheil besizt, am dauerhaftesten, den Witterungseinflüssen unzugänglichsten zu sein ; daß es beim Transport am wenigsten Gefahr darbietet, daß es auch die einfachste und wohlfeilste Verpakung, die in Papierdüten, gestattet, wie aus den vieljährigen Erfahrungen in Dänemark hervorgeht. Die P r e i s e der geschwefelten Sicherheitszündhölzchen sind nicht höher, als die der frühern mit gelbem Phosphor, und auch die paraffinirten stellen sich nicht gerade erheblich theurer. Aus allen diesen Gründen hat die Mehrzahl der Fabrikanten die Ueberzeugung erlangt, daß die ausschließliche Gestaltung der Sicherheitshölzchen für ihren Industriezweig, beziehungsweise für die Arbeiter ein Glük wäre, und daß auch das Publikum bei strengem Handhaben des Verbotes anderer Zündholzarten sich sehr rasch an die neuen Streichhölzchen gewohnen würde, wie dieß auch in andern Ländern geschehen. Abweichende Ansichten dürften theilweise auf die Verlokung zurükzuführen sein, die z. B. in der Aussicht auf einen sehr rentabeln Schmuggel gelegen ist, zum Theil aber auch in m i ß l u n g e n e n V e r s u c h e n einzelner Fabrikanten, im schlechten Ausfall einzelner spezieller Fabrikate. Wir erinnern namentlich an die so oft verwünschten vielgestaltigen Apparate zur Aufnahme der Streichflachen (Zündholzsteine etc.), au die schlechten, abbrökelnden Anstriche, die schließlich keine Entzündung des Hölzchens mehr bewirkten. Die Ursache liegt aber nicht in der Unkenntniß oder unrichtigen Mischung der die Entzündung bewirkenden Stoffe, sondern ausschließlich in der unrichtigen Wahl der Bindemittel (des Gummi, Dextrin, Leim etc.) und deren unzwekmäßiger Mischung.

Das Richtige herauszufinden, ist auch der Nichtchemiker nach einigen Versuchen befähigt.

Wenn Sie in Ihrer v i e r t e n F r a g e eine Ansichtsäußerung von uns verlangen, welche M a ß r e g e l n z u m S eh u z e d e r Arb e i t e r u n d des P u b l i k u m s getroffen werden sollten , können wir uns ziemlich kurz fassen,
da sich die Aufgabe sehr vereinfacht, wenn nur Sicherheitshölzchen fabrizirt werden dürfen. Das Regulativ vom 25. Mai 1880, betreffend Einrichtung und Betrieb von Fabriken, welche Zündhölzchen mit explosiven Bestandteilen herstellen , ist ja hauptsächlich den Erfahrungen angepaßt, die man bei der Fabrikation von Sicherheitszündhölzchen machte, und es g

977

wird auch fernerhin seine Anwendung finden müssen. Wünschbar wäre nur, daß die Ueberwachung auch der kleinsten Etablissemente für Zündholzindustrie (von eigentlicher Hausindustrie kann ja nach den Bestimmungen des Regulativs keine Rede mehr sein) den eidgenössischen Fabrikinspektoren, in Verbindung natürlich mit den kantonalen Behörden, übertragen würde -- ganz so, wie bei den ,,Fabriken" im Sinne des Fabrikgesezes. Um heimliche Fabrikation entdeken zu können, müßte Inspektoren und kantonalen überwachenden Amtsstellen der jederzeitige Zutritt zu jeder Fabrikationsstätte von Zündhölzchen gestattet werden, auch wenn dieselbe nicht auf der Liste der Fabriken eingetragen wäre. Es wäre dies eigentlich selbstverständlich, wenn jede kleinste Fabrikationsstätte als dem Fabrikgesez in seinem ganzen Umfang unterworfen erklärt würde; aber nach unsern Erfahrungen würde sich ausdrükliche Erwähnung dieses Rechtes empfehlen.

Zur Verhütung des allmäligen Einschmuggeins nicht erlaubter Zündholzwaaren halten wir für nothwendig, daß j e d e S c h a c h t e l o d e r j e d e s P a k e t der in der Schweiz fabrizirten oder dem Verkauf ausgesezten Zündhölzchen mit der F i r m a o d e r M a r k e des F a b r i k a n t e n v e r s e h e n sei, eine Maßregel, die auch die Fabrikanten zur Herstellung eines guten Fabrikats anspornen wird, und ohne welche die Ermittlung fehlbarer Fabrikanten oder Verkäufer sehr schwer halten dürfte.

Die Vorschriften von § l und 2 des Regulativs für die Fabrikation von Zündhölzchen möchten wir insoweit ausdehnen, als nicht nur die Herstellung der Hölzchen, sondern auch die Art der V e r p a k u n g in den Bereich derselben gezogen würde.

Endlich war die Kommission darüber einig, es sei höchst wünschbar, durch eine Zusazbestimmung zum Bundesgesez eine s c h ä r f e r e B e s t r a f u n g sämmtlicher Uebertretungen der Greseze und Verordnungen über Zündholzfabrikation zu ermöglichen. Sie wurde dazu vor Allem durch die vielfach gemachte Wahrnehmung geführt, daß Bußen ausgesprochen worden sind, die in so schreiendem Gegensaz zu den durch die Uebertretung erzielten Gewinnen stehen, daß eine solche Bestrafung nichts weniger als dazu geeignet ist, von Gesezesverlezungen abzuhalten.

Erlauben Sie uns, Tit., das Vorstehende nochmals in einigen kurzen Säzen zusammenzufassen, und diejenigen Anträge
anzureihen, die wir in Folge Ihrer Aufforderung bei Ihnen einzubringen haben : 1) Ohne gänzliche Vernichtung der jezt bestehenden Privatindustrie ist ein Betrieb der Zündholzfabrikation mit gelbem Phos-

978 phor welcher keine schwere Gefahren für Gesundheit und Loben der Arbeiter mit sich bringen würde, nicht denkbar.

Die Verwendung des gelben Phosphors hat in steigendem Maße Vergiftungen veranlaßt. Ebenso wird durch die Phosphorzündhölzchen die Entstehung von Feuersbrünsten begünstigt.

Die Kommission hält aus diesen Gründen einstimmig die Wiederzulassung des gelben Phosphors bei der Zündholzfabrikation für ganz verwerflich.

2) Die ,,überall entzündlichen" Zündhölzer sind entweder dieser Bezeichnung sehr mangelhaft entsprechend, oder aber -- wenn sie es wirklich sind -- sehr feuergefährlich und geben unter günstigen Bedingungen zu Explosionen Anlaß. Zudem gefährden die Mehrzahl derselben Gesundheit und Leben der Arbeiter und des Publikums durch die bei der Fabrikation oder Entzündung sich bildenden Gase.

Mit vier Stimmen gegen eine (Hrn. Prof. Dr. Schwarzenbach) erklärt sich die Kommission auch gegen die Zulassung aller überall entzündlichen Zündhölzer ohne gelben Phosphor.

3) Die Zündhölzchen, die eine besondere Reibfläche erfordern, die sogenannten schwedischen Sicherheitszündhölzchen, empfehlen sich sowohl durch ihre Gesundheitsunschädlichkeit bei der Herstellung wie beim Gebrauch, als durch die weit größere Sicherheit vor unbeabsichtigter Entzündung. Ihre Fabrikation kann in der Schweiz ohne jede erhebliche, in der Beschaffung des Materials gelegene Schwierigkeit, und ohne Beeinträchtigung einer von ihr alimentirten Hausindustrie betrieben werden.

Aus diesen Gründen spricht sich die Kommission für ausschließliche Zulassung der Fabrikation von Zündhölzchen aus, welche sich nur an einer besondern, hiefür präparirten Reibfläche entzünden (4 Stimmen).

4) Sie stellt deßhalb folgende A n t r ä g e : a. Fabrikation, Einfuhr und Verkauf von Zündhölzchen und Streichkerzchen, bei denen gelber Phosphor zur Verwendung kommt, bleiben verboten.

b. Das schweizerische Handelsdepartement wird nur noch der Fabrikation von solchen Zündhölzchen seine Genehmigung ertheilen, welche sich nur an einer besonders präparirten Reibfläche entzünden.

c. Es wird zugleich ermächtigt, seine Bewilligung an Vorbehalte behufs Ausschluß gefährdender Verpakungsweisen zu knüpfen.

979 d. Nur solche ausländische Zündhölzchen dürfen eingeführt und verkauft werden, welche in Bezug auf ihre Zusammensezung oder Verpakung den für die schweizerische Fabrikation aufgestellten Bedingungen entsprechen.

e. Jede Schachtel und jedes Paket von in der Schweiz fabrizirten oder' zum Verkauf ausgebotenen Zündhölzchen soll die Firma oder Fabrikmarke des betreffenden Fabrikanten tragen.

f. Als Fabrik im Sinne des eidgenössischen Fabrikgesezes vom 23. März 1877 soll jede Arbeitsstätte gelten, wo Zündhölzchen angefertigt werden.

g. Die strengere und insbesondere dem Maße des durch die Uebertretung angestrebten Nuzens entsprechende Bestrafung der Verlezung von Gesezen und Verordnungen betreffend Zündholzfabrikation ist durch eine Ergänzung des Gesezes zu ermöglichen.

Nachdem wir im Vorstehenden Ihnen unsere Anschauungen und Vorschläge zur Kenntniß gebracht, erübrigt uns nur noch, Sie, hochgeehrter Herr Bundesrath, unserer hochachtungsvollen Ergebenheit zu versichern.

Schuler, Fabrikinspektor, Berichterstatter.

Edili. Nüsperli, Fabrikinspektor.

Dr. Lunge, Professor.

Dr. Schwarzenbach, Professor.

(Nur für Antrag a.)

Dr. A. Rössel, Professor.

980

Beilage 13.

I.

Auszug aus

dem vom preußischen Volkswirthschaftsrath ausgearbeiteten Entwurf eines Gesezes betreifend die Anfertigung von Phosphorzündhölzchen.

Die Anfertigung von Zündhölzern unter Verwendung von weißem Phosphor (identisch mit gelbem) darf nur in Anlagen stattfinden, welche ausschließlich für diesen Zwek benuzt werden.

Für das Zubereiten der Zündmasse, das Betunken der Hölzer, das Troknen der betunkten Hölzer, das Abfüllen der Hölzer und ihre erste Verpakung müssen je besondere Räume vorhanden sein.

Die Räume, in denen Zündmasse bereitet wird, müssen so eingerichtet sein, daß ein beständiger Luftwechsel stattfindet, welcher ausreicht, um entstehende Phosphordämpfe sofort abzuführen. Die Bereitung der Zündmasse darf nur in luftdicht verschlosseneu Gefässen stattfinden.

Das Betunken der Hölzer muß mittelst solcher Vorrichtungen geschehen, welche das Eindringen der Phosphordämpfe in die Arbeitsräume ausschließen.

Der Arbeitgeber darf nicht gestatten, daß die Arbeiter Nahrungsmittel in die Arbeitsräume mitbringen oder in denselben verzehren.

Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, daß die Arbeiter vor dem Einnehmen der Mahlzeiten, sowie vor dem Verlassen der Fabrik sich die Hände gründlich reinigen, den Mund mit Wasser ausspülen, und die während der Arbeit benüzten Oberkleider oder Schürzen ablegen.

981 · Der Arbeitgeber hat die Ueberwachung des Gesundheitszustandes seiner Arbeiter einem approbirten Arzte zu übertragen, welcher vierteljährlich mindestens einmal eine Untersuchung der Arbeiter vorzunehmen hat.

II.

Auszug aus

der Begründung zum Gesezesentwurf des Volkswirthschaftsrathes.

Die Kommission des Volkswirthschaftsrathes überzeugte sich allerdings, daß die Phosphornekrose, troz der über Fabrikation der Zündhölzer schon seit dem Jahre 1857 bestehenden Vorschriften, keineswegs unterdrükt sei, daß dieselbe vielmehr in manchen Gegenden häufiger vorkomme, als man angenommen hatte. Andererseits vermochte die Kommission jedoch nicht der Auffassung beizutreten, daß das einzige Mittel zur Unterdrükung der Phosphornekrose in dem gänzlichen Verbote der Verwendung weißen Phosphors zu finden sei. Sie gelangte vielmehr zu der Auffassung, daß der ungenügende Erfolg der bisher erlassenen Vorschriften theilweise auf die Unzulänglichkeit, theilweise auf ihre mangelhafte Durchführung zurükgeführt werden müsse, und daß es nicht gerechtfertigt werden könnte, in einen Industriezweig von der Bedeutung der Zündholzfabrikation so tief einzugreifen, wie es durch ein gänzliches Verbot des weißen Phosphors geschehen würde.

Wenn aber die Kommission für Erlaß neuer Vorschriften sich ausspricht, so verkennt sie dabei nicht die Notwendigkeit, in diesen Vorschriften Anforderungen zu stellen, welche weder von der Hausindustrie, noch von der ganz kleinen, der Hausindustrie'sich nähernden Fabrikation erfüllt werden können, und auch für die größern Fabrikanten einen Antrieb enthalten, den Uebergang zur Fabrikation phosphorfreier Zündhölzer, welcher in den lezten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht hat, zu beschleunigen. Sie war aber der Meinung, daß die Beseitigung jener kleinen Anlagen, in welchen erfahrungsmäßig bisher die meisten Fälle der Nekrose vorgekommen sind, nur erwünscht erscheinen könne, und daß die indirekte

982 %

Nöthigung zur Beseitigung der Verwendung weißen Phosphors für die Entwiklung der Zündholzindustrie nicht so bedenklich sei, wie der in einem Verbote liegende plözliche Eingriff.

in.

Auszug aus der Diskussion des Volkswirthschaftsrathes.

a. In der Plenarsizung (2. März 1882).

Es wird geltend gemacht, daß die Nekrose in neuerer Zeit sehr nachgelassen, und gegenwärtig in den größern gut geleiteten Anlagen nur sehr selten vorkomme. Die Strenge der Vorschriften sei aber dennoch von Vortheil, weil sie voraussichtlich dazu beitragen werde, den weißen Phosphor mehr und mehr zu verdrängen.

Von anderer Seite wird hervorgehoben-, daß auch auf den Schuz des Publikums Bedacht zu nehmen sei, da durch die Phosphorhölzchen vielfach Unglüksfälle (Brände, Vergiftungen) herbeigeführt werden, und daß die Vorlage überdies die Industrie mehr schädige, als ein radikales Verbot des weißen Phosphors.

b. In der Ausschusssizung (18. März 1882).

Die einzelnen Artikel des Entwurfes werden berathen und festgestellt. Unter Anderm wird auch zur Erwägung gegeben, ob nicht zur Ermöglichung einer bessern Hautpflege für die Arbeiter den Fabrikanten die Herstellung von Badeanstalten aufzugeben sei.

Jedoch wird mit Rüksicht auf die ungünstige Vermögenslage der meisten Fabrikanten und die praktischen Schwierigkeiten von dieser Maßregel abgesehen. Schließlich wird die ganze Vorlage ohne Widerspruch angenommen.

Einnahmen der Zollverwaltung in den Jahren 1881 und 1882.

1882.

1881.

Monate.

1882.

Mehreinnahme.

Januar Februar März April Mai

.

Juli August September Oktober November Dezember . . . .

Fr.

KP.

Fr.

Rp.

1,178,470 1,297,567 1,547,336 1,494,440 1,488,386 1,359,876 1,252,892 1,237,740 1,451,217 1,592,771 1,669,772 1,866,023

74 56 78 80 06 79 16 50 48 06 84 01

1,489,448 1,333,520 1,547,415 1,528,266 1,615,322

66 44 69 18 39

310,977 35,952 78 33,825 126,936

92 88 91 38 33

7,513,973

36

507,771

42

Total 17,436,495 auf Ende Mai

7,006,201

Fr.

EP.

Mindereinnahme.

Fr.

ßp.

78 94

--

--

CO OD W

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Ergänzender Bericht des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Fabrikation von Zündhölzchen. (Vom 16. Mai 1882.)

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Bundesblatt

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Jahr

1882

Année Anno Band

2

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29

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

03.06.1882

Date Data Seite

959-983

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