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Schweizerisches Bundesblatt 66. Jahrgang.

7. Januar 1914.

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Jahrespreis (postfrei in der ganzen Schweiz): 10 Franken Einrückungsgebühr 15 Rappen die Zeile oder deren Kaum. -- Anzeigen franko an die Buchdrucker ei Stämpfli & Cie. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Genehmigung der zwischen der Schweiz und Frankreich getroffenen Übereinkunft für die Gewinnung der Wasserkräfte der Rhone zwischen dem projektierten Kraftwerk von la Plaine und einem noch zu bestimmenden Punkt oberhalb der Brücke von Pougny-Chancy.

(Vom 30. Dezember 1913.)

Die Frage der Ausnützung der Wasserkräfte der Rhone unterhalb des Kraftwerkes von la Plaine, die uns seit einer Reihe von Jahren beschäftigte, hat zu einer Übereinkunft mit Frankreich geführt.

Wir beehren uns, Ihnen diese Übereinkunft mit nachfolgenden Erklärungen zu unterbreiten.

I. Geschichtliches.

Die ersten Unterhandlungen zwischen der Schweiz und Frankreich begannen im Jahre 1906, und zwar mit einer Mitteilung der französischen Botschaft vom 24. Januar gleichen Jahres, aus welcher hervorgeht, dass Herr Janin, Industrieller in Paris, sich an die französische Verwaltung der öffentlichen Arbeiten mit dem Gesuche gewendet habe, an der Rhone, oberhalb der Brücke von Chanoy, auf einer Strecke des Flusses, welche die Grenze zwischen beiden Ländern bildet, ein Wehr und eine Wasserwerksanlage errichten zu dürfen.

Der Gesuchsteller bemerkt in seiner Eingabe, dass er im Namen eines Syndikates von zwei Gruppen handle, wovon eine, Bundesblatt. 66. Jahrg. Bd. 1.

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die französische, eine Konzession von der französischen Regierung zu erhalten wünsche, und die andere, die schweizerische, gleichzeitig ein ähnliches Gesuch an die Regierung des Kantons Genf richten werde.

Der Note de* französischen Botschaft war zu entnehmen, dass man in Paris erfahren habe, dass die Unterhandlungen in der Schweiz bereits dem Abschlüsse nahe wären, und dass ein Abkommen zwischen dem Syndikate und dem Kanton Genf, vorbehaltlich der Genehmigung durch den dortigen Grossen Rat, auch schon bestehe.

In der Note wurde darauf hingewiesen, dass ein solches Verfahren in ähnlichen Fällen den üblichen Gepflogenheiten nicht entspreche, dass es weder dem einen noch dem ändern der Uferstaaten zustehe von sich aus über die Wasserkräfte eines Gewässers, dessen Mittellinie die Grenze bildet, zu verfügen, und es nicht angehe, dass eine solche Konzession von einem dieser Staaten allein erteilt werde.

Die Bewilligung einer sich auf die Rhone beziehenden Konzession in diesem Grenzgebiete könnte nur aus einer Verständigung zwischen beiden Regierungen hervorgehen, um gleichlautende Bedingungen, sowie die Ausnützung und die Verteilung der gewonnenen Kraft festzusetzen.

Der Vertragsentwurf zwischen dem Kanton Genf und Herr Janin enthielt im Gegenteil Bedingungen, die die französische Regierung nicht annehmen konnte.

Die französische Regierung legte deshalb dem schweizerischen Bundesrat den Gedanken einer Verständigung zwischen beiden Staaten nahe, behufs Ausnützung des Gefälles bei Chancy-Pougny, überliess aber dem Bundesrate, die Verhandlungen hierüber einzuleiten.

Die daraufhin bei der Regierung des Kantons Genf eingeholten Aufschlüsse lauteten dahin, dass sie durchaus der Ansicht sei, dass eine Konzession für die Verwertung dieser Wasserkraft nicht ohne vorheriges Einverständnis zwischen den beiden Regierungen erteilt werden könne. Wenn die genferischen Behörden in der Tat schon eine solche Konzession ausgearbeitet haben, so sei dies nur geschehen, um genauer festzustellen, was für Bedingungen der Kanton Genf an die Bewilligung der für sein Territorium gültigen Konzession verlangen müsse.

Bei den Unterhandlungen mit der schweizerischen Gruppe sei stets betont worden, dass die Regierung von Genf zuerst das Ergebnis der von der ändern Gruppe bei den französischen Behörden getanen Schritte abwarten werde, bevor sie auf das ihr

vorgelegte Gesuch eintrete, um dann in einer in Aussicht genommenen Besprechung diejenigen Fragen zu regeln, welche beide Staaten betreffen.

Die Regierung des Kantons Genf erklärte sich bereit eine internationale Konferenz zu beschicken, die den Zweck hätte die nähern Bedingungen zu einer Übereinkunft zwische'n der Schweiz und Frankreich in dieser Angelegenheit festzusetzen.

Der französischen Regierung wurden die Mitteilungen des Regierungsrates des Kantons Genf zur Kenntnis gebracht und zugleich vorgeschlagen die zu einer einheitlichen Regelung dieser Konzessionsangelegenheit erforderlichen Massnahmen in einer internationalen Konferenz, an welche Vertreter beider Regierungen und des Kantons Genf abgeordnet würden, festzusetzen.

In einer Note vom 13. Juli 1906 teilte nun die französische Botschaft dem Bundesrate mit, dass sich ihre Regierung mit diesem Vorschlage einverstanden erkläre, wobei sie gleichzeitig einige Bemerkungen bezüglich der Begrenzung der in der Konferenz zu behandelnden Fragen machte.

Aus verschiedenen Gründen konnte die in Aussicht geommene Konferenz nicht mehr im Jahre 1906 stattfinden und wurde auf das folgende Jahr verschoben.

Sie fand erst am 25. April 1907 und die folgenden Tage in Genf statt. In derselben wurde der erste Entwurf einer Übereinkunft betreffend diese Konzession aufgestellt, welcher unterm 13. August 1907 vom Bundesrate genehmigt worden ist. Hiervon wurde am gleichen Tage der französischen Botschaft in Bern Kenntnis gegeben.

Inzwischen hatte das kantonale Baudepartement in Genf den Entwurf einer Vereinbarung zwischen dem Staate Genf und den Konzessionsbewerbern Terrisse und de Loriol für den schweizerischen Teil der Anlage ausgearbeitet und vorgelegt, an welchem einige Ergänzungen angebracht wurden.

Im Laufe des Jahres 1908 wünschte die französische Regierung noch weitere Aufschlüsse über die konferenzielle Übereinkunft, bevor sie derselben ihre Genehmigung erteilen könne.

Eine bestimmte Antwort seitens Frankreich auf den Entwurf der internationalen Konferenz vom Monat April 1907 traf erst im September 1909 ein. Die darin enthaltenen Gegenvorschläge wurden der Regierung des Kantons Genf zur Vernehmlassung mitgeteilt. Gleichzeitig wurde ihr bemerkt, dass gestützt auf Art. 24Ws der Bundesverfassung nunmehr der Bund, wenn es sich um einen Grenzfluss handle, die zu erteilende Konzession im Benehmen mit der beteiligten Kantonsregierung festzusetzen haben wird.

Die Regierung des Kantons Genf hat hierauf am 15. März 1910 geantwortet sie mache den Vorschlag die Stadt Genf, welche bereits sämtliche Wasserkraftkonzessionen an der Rhone auf Gebiet des Kantons Genf besitze, oder noch auszubeuten haben werde, an der neuen Wasserwerksanlage zu beteiligen.

Die Stadt Genf dagegen könne sich aber erst hierüber aussprechen, wenn sie im Besitze von Projektergänzungen sei, die ihr ermöglichen würden die begonnenen Studien zu vervollständigen und sich über das Projekt ein richtiges Urteil zu bilden. Sie wünsche, dass ihr Zeit hierzu gelassen werde.

Der Bundesrat gab der französischen Regierung von vorstehendem Kenntnis und ersuchte sie dem von der Stadt Genf ausgesprochenen 'Wunsche zu entsprechen.

Im Monat September wurde dann ein formelles Konzessionsgesuch mit bezüglichen Planvorlagen seitens der Stadt Genf eingereicht.

Auf Wunsch ihrer Botschaft in Bern wurde der französischen Regierung unterm 25. Juli 1911 ein Bericht der Regierung des Kantons Genf über den Stand dieser Angelegenheit zugestellt. Nach Kenntnisnahme dieses Berichtes betonte genannte Botschaft die Dringlichkeit einer grundsätzlichen Lösung der Frage und der Festsetzung regelmässiger Verhandlungen hierüber.

Es wurde ihr erwidert, dass die von den Konzessionsbewerbern vorgelegten Pläne ganz unzureichend seien und gegenwärtig von ihnen ergänzt werden. Sobald das vervollständigte Planmaterial eingereicht und geprüft sein werde, stehe der Fortsetzung der Verhandlungen nichts mehr im Wege.

In ihrer darauf erfolgten Antwort vom 9. Januar 1912 teilte die französische Botschaft dem Bundesrate mit, dass hierdurch die Lösung der Konzessionsfrage sehr in die Länge gezogen würde und es von Vorteil wäre wenn man sich gegenseitig jetzt schon über die grundsätzlichen Fragen, wie sie in einer frühern Note vom September 1909 erwähnt worden seien, verständigen würde.

Diese Fragen betreffen das zwischen den beiden Staaten herbeizuführende Einverständnis bezüglich der Schaffung und der Verteilung der gegenwärtig auszunutzenden Wasserkraft an der Rhone auf der zwischen beiden Ländern liegenden Grenzstrecke.

Erst nachdem die internationalen Verhältnisse der zu erzeugenden Wasserkraft festgesetzt sein werden, würde es sich darum handeln die Mittel und Wege zu deren Ausführung festzulegen, auf Grund von Vereinbarungen, die in einer internationalen Konferenz beraten und von beiden Staatsregierungen zu genehmigen wären.

Der Bundesrat und die Regierung des Kantons Genf haben sich mit dem oben vorgeschlagenen Vorgehen einverstanden erklärt, worauf dann zwischen schweizerischen und französischen Delegierten am 16. Februar in Genf eine Besprechung über diese Angelegenheit stattfand, der sich am 28. Juni gleichen Jahres eine zweite Konferenz anreihte, in welcher die grundsätzlichen Bedingungen für ein Konzessionsgesuch festgesetzt worden sind.

Das Protokoll dieser letzten Konferenz wurde vom Bundesrate am 23. August 1912 genehmigt und der französischen Regierung mit dem bezüglichen Entwurf einer Übereinkunft zwischen beiden Staaten, welcher Gegenstand vorliegender Botschaft bildet, durch Vermittlung ihrer Botschaft in Bern zur Vernehmlassung übermittelt.

Mit wenigen leichten redaktionellen Abänderungen, zu welchen nachträglich die Regierung des Kantons Genf und der Bundesrat ihre Zustimmung gegeben haben, genehmigte schliesslich die französische Regierung im Monat Juli 1913 den ihr unterbreiteten Entwurf einer Übereinkunft und wünschte nun anschliessend sehr, dass die so festgesetzte definitive Übereinkunft möglichst bald von den beiden hierzu ermächtigten Regierungsvertretern unterschrieben werde, damit sie binnen kurzer Zeit dem französischen Parlament zur Ratifikation vorgelegt werden könne.

Die Übereinkunft wurde am 4. Oktober 19Ì3 in Bern unterzeichnet.

II. Inhalt der Übereinkunft.

In der Einleitung wird anerkannt, dass auf derjenigen Strecke der Rhone, auf welcher der Strom die Grenze zwischen Frankreich und dem Kanton Genf bildet, beide Staaten gleiches Recht auf die Wassermenge und das Nutzgefälle haben ; auf der oberhalb befindlichen Strecke aber, welche ganz auf Gebiet des Kantons Genf liegt, diesem Kanton das alleinige Recht hierüber zukomme; dass aber die Gewinnung der Wasserkraft und deren Ausnützung in einer einzigen Anlage eine internationale Übereinkunft erheische, welche den Verschiedenheiten der Gesetze beider Staaten Rechnung trage.

Demgemäss wurde erkannt, dass beide Regierungen gemeinsam die zur Ausnützung des Nutzgefälles erforderlichen Werke ausführen oder ausführen lassen müssen, und dass sie nachher die gewonnene Kraft unter sich zu teilen haben, es jedem Staate überlassend, nach Gutfinden und gemäss seiner gesetzlichen Bestimmungen die ihm zugeteilte Kraft zu verwerten.

In dieser Übereinkunft sind somit folgende Bestimmungen getroffen worden :

6 In Artikel l wird bestimmt, dass die Konzessionäre der beiden Regierungen an einer später zu bestimmenden Stelle der Rhone, oberhalb der Brücke von Pougny-Chancy, ein bewegliches Wehr erstellen müssen, welches einen Stau zu bewirken habe, der aber nicht weiter flussaufwärts, als das Ende des Unterwasserkanals der projektierten Wasserwerksanlage von La Plaine reichen dürfe.

In Artikel 2 wird bestimmt, dass dieses Wehr soweit flussabwärts erstellt werden solle, als die geologischen Verhältnisse es gestatten, indem unmittelbar oberhalb der Brücke von PougnyChancy auf dem rechten Ufer gefährliche Rutschungen vorhanden sind, welche unbedingt vermieden werden müssen.

Im fernem werden schützende Bestimmungen vorgeschrieben, damit einesteils die Anlage so wirtschaftlich als möglich gestaltet werde, andernteils aber der ungehinderte Wasserabfluss bei Hochwasser stattfinden könne ohne Benachteiligung des obern Werkes.

Endlich wird vorgeschrieben, dass an einem Ende des Wehres das Oberhaupt einer Grossschiflahrtsschleuse erstellt werde, so dass später ohne Schwierigkeit der übrige Teil der Schleuse ausgeführt werden könne.

In Artikel 3 werden die Konzessionäre verpflichtet das Ausführungsprojekt aufzustellen ; dasselbe soll unter Beifügung sämtlicher nützlichen Belege der Prüfung beider Regierungen unterbreitet werden, welche sich ausdrücklich die Kontrolle der Arbeiten, sowie das Recht vorbehalten, wenn erforderlich, im gegenseitigen Benehmen alle Abänderungen an dem vorher genehmigten Projekte anzubringen.

Gemäss Artikel 4 unterhalten und bedienen die Konzessionäre das bewegliche Wehr. Die Handhabung desselben soll nach einem Reglement, welches zwischen den beiden Regierungen vereinbart worden ist, geschehen ; durch dasselbe soll jede Gefahr der Überschwemmung und jede Schädigung des oberhalb befindlichen Kraftwerks vermieden werden ; flussabwärts sind die Unzukömmlichkeiten, welche aus allzugrossen Schwankungen in den Wasserständen entstehen könnten, tunlichst zu vermindern.

Jn Artikel 5 wird die eingangs erwähnte Verteilung der Kraft des näheren bestimmt und angegeben, dass dem Kanton Genf die ganze Kraft auf der auf alleinigem Gebiet der Schweiz befindlichen Strecke der Rhone zukomme, auf der Grenzstrecke aber die halbe Kraft, welche dem Nutzgefälle entspricht, Frankreich und dem Kanton Genf zugeteilt werde.

Im fernem wird angegeben, dass jeder Staat die ihm zugewiesene Kraft selbst ausnützen oder einem Dritten zu beliebigen Bedingungen ausleihen könne.

Endlich wurde vereinbart, dass, wenn ein Staat auf seinem Gebiet nicht alle seine ihm zukommende Kraft ausnützen könne, es ihm gestattet sei, dieselbe auf dem Gebiet des ändern Staates zu verwenden; diese Kraft kann zurückverlangt werden unter vorgängiger Anzeige von fünf Jahren.

Um eine Kontrolle ausüben zu können, verpflichten sich beide Regierungen, sich gegenseitig alle statistischen Angaben über Schaffung und Benützung der elektrischen Energie mitzuteilen.

In Artikel 6 wird festgesetzt, dass sich die beiden Regierungen alle ihre Beschlüsse betreffend Konzessionsakten mitteilen werden; dieselben sollen nur in Kraft treten, wenn beide Staaten betreffs der auferlegten Bedingungen sich einverstanden erklärt haben.

Eine allfällige Verlängerung oder das Aufheben der Konzession können nur nach gemeinsamer Verständigung stattfinden.

In Artikel 7 wird bestimmt, dass bei Erlöschen der Konzession neue Unterhandlungen seitens beider Regierungen gepflogen werden müssen, in welchen die neuen Bedingungen für den Betrieb des "Werkes festgesetzt werden.

Artikel 8. Im Falle das Kraftwerk nicht fertig erstellt würde, oder eine Unterbrechung im Betrieb, oder irgend eine andere Ursache das vorgesehene Erlöschen der Konzession bewirken würde, so werden beide Staaten gemeinsam diejenigen Massregeln treffen, welche sie als am besten geeignet erachten und gegebenenfalls zu einer neuen Konzessionierung schreiten.

In Artikel 9 wird vereinbart, dass sich die beiden Regierungen bezüglich derjenigen Massnahmen verständigen werden, welche zum Schütze der Fischerei, der Schiffahrt und Flösserei angewendet werden müssen, wobei beiden Staaten noch ausdrücklich die Freiheit gewahrt wird, die im Interesse der Landesverteidigung und des Zolldienstes erforderlichen Vorkehren zu treffen.

In Artikel 10 wird bestimmt, dass die vorliegende Übereinkunft nur in Kraft tritt, wenn sie von beiden Regierungen genehmigt worden ist.

III. Genehmigung durch die Bundesversammlung.

Wir glauben Ihnen diese Übereinkunft zur Genehmigung vorlegen zu sollen. Der Bundesrat hat zwar in einigen Fällen am

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Rhein, mit dem Grossherzogtum Baden, Verständigungen über die Anlage eines Wasserwerkes und zur Benützung getroffen, ohne die Genehmigung der Bundesversammlung einzuholen. Allein die Rechtslage in jenen Fällen war eine andere. Über die Errichtung von Triebwerken am Rhein, von Neuhausen bis unterhalb Basel, bestehen bereits gewisse vertragliche Abmachungen ; die Übereinkunft zwischen der Schweiz und dem Grossherzogtum Baden vom 10. Mai 1879 (A. S. IV, 394) sieht in Artikel 5 vor, dass wenn künstliche Anlagen, u. a. Triebwerke, errichtet oder wesentlich geändert werden sollen, welche auf den Wasserabfluss eine erhebliche Einwirkung ausüben könnten, die Pläne der Anlage zuvor der zuständigen Behörde des ändern Staates mitgeteilt werden ,,zur Geltendmachung der in Betracht kommenden Interessen und zur tunlichsten Herbeiführung eines Einverständnisses".

In Anwendung dieser Bestimmung wurde jeweilen in konferenziellen Verhandlungen, an denen schweizerischerseits, sowohl der Bund, wie der beteiligte Kanton teilnahm, der Inhalt der von beiden Staaten zu erteilenden Konzessionen vereinbart, und die Konzessionen demgemäss abgefasst und erteilt; so wurde zuerst in den Jahren 1889--1894 bei der Konzessionierung des Kraftwerkes Rheinfelden, dann bei den Kraftwerken Laufenburg (1906), Äugst-Wyhlen (1907) und schliesslich bei Eglisau (1913) verfahren.

In den ersten Fällen wurde die Konzession vom Kanton, im letztern gemäss Art. 24bis der Bundesverfassung vom Bundesrate erteilt. Ein förmlicher Vertrag wurde aber nicht geschlossen.

Der Bundesrat hätte wohl im vorliegenden Falle in gleicher Weise vorgehen können ; allein einerseits besteht im Verhältnis zu Frankreich kein allgemeiner Vertrag, welcher dieses Vorgehen vorgesehen hatte, und namentlich wünschte Frankreich vorerst einen Vertrag über die Grundlinien des projektierten Werkes abzuschliessen ; es liegt demgemäss ein eigentlicher Staatsvertrag vor, der für die Zukunft gewissermassen die rechtliche Grundlage des völkerrechtlichen Verhältnisses der beiden Uferstaaten in bezug auf das internationale Wasserwerk bildet. Und da nun einmal die Form des Staatsvertrages gewählt wurde, hielten wir es für korrekter die Genehmigung der Bundesversammlung einzuholen, wie auch die französische Regierung sich der Zustimmung des Parlamentes versichert.

Wir behalten uns vor,
Sie, Tit., bei späterer Gelegenheit um die Ermächtigung zu ersuchen, derartige Verträge, sofern sie nicht grundsätzliche Bedeutung haben, ohne besondere Genehmigung eingehen und abändern zu dürfen.

Wir erlauben uns, Ihnen den nachfolgenden Beschlussesentwurf' zu unterbreiten und zur Genehmigung zu empfehlen.

Im übrigen benutzen wir den Anlass, Sie, Tit., unserer ausgezeichnetsten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 30. Dezember 1§13.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schutzmann.

Beilage: Übereinkunft.

(Entwurf.)

Bundesfoeschluss betreffend

die Übereinkunft mit Frankreich für die Gewinnung der Wasserkräfte der Rhone zwischen dem projektierten Kraftwerk von la Plaine und einem noch zu bestimmenden Punkt oberhalb der BrUcke von Pougny-Chancy.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht der Botschaft des Bundesrates vom 30. Dezember 1913; in Vollziehung des Artikels 85, Absatz 5 der Bundesverfassung, b es eh li e ss t: Art. 1. Der Übereinkunft vom 4. Oktober 1913 zwischen der schweizerischen Eidgenossenschaft und der französischen Republik für die Gewinnung der Wasserkräfte der Rhone z'wischen dem projektierten Kraftwerk von la Plaine und einem . noch zu bestimmenden Punkt oberhalb der Brücke von Chancy-Pougny wird die Genehmigung erteilt.

Art. 2. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung des gegenwärtigen Beschlusses beauftragt.

10 Übersetzung.

Übereinkunft betreffend

die Gewinnung der Wasserkräfte der Rhone zwischen dem projektierten Kraftwerk von la Plaine und einem noch zu bestimmenden Punkt oberhalb der Brücke von Pougny-Chancy.

Der schweizerische Bundesrat und die Regierung der französischen Republik haben infolge eines von der Stadt Genf in der Schweiz und den Herren Janin und Emile Crepel in Frankreich gleichzeitig eingereichten Konzessionsgesuches für die Benutzung der verfügbaren Wasserkraft in der Strecke, wo der Fluss die Grenze zwischen beiden Ländern bildet, sowie in der oberhalb befindlichen Strecke bis zur Einmündung des Unterwasserkanal es des projektierten Kraftwerkes von la Plaine anerkannt, dass der französische Staat und der Kanton Genf gleiche Rechte über das Wasser und das Gefalle des Flusses auf der ersten Strecke besitzen und dass der Kanton Genf über diese Rechte auf der zweiten Strecke ausschliesslich verfüge, dass aber die Gewinnung dieser Wasserkraft und ihre Benutzung in einer einzigen Kraftanlage den Gegenstand einer den Unterschieden in der Gesetzgebung der beiden Staaten Rücksicht tragenden internationalen Übereinkunft bilden solle.

Infolgedessen ist vereinbart worden, dass beide Regierungen dafür besorgt sein sollen, gemeinsam die zur Schaffung des Staues nötigen Bauten auszuführen oder ausführen zu lassen und die verfügbare Wasserkraft unter sich zu verteilen und es nachher jedem Teil zu überlassen die ihm zufallende Kraft nach seinem Ermessen und gestützt auf die Grundsätze seiner eigenen Gesetzgebung zu verwenden.

Zu diesem Zwecke sind folgende Anordnungen getroffen worden : Art. 1. Die Konzessionsbewerber beider Staaten werden in der Rhone an einer noch zu bestimmenden Stelle, oberhalb der Brücke von Pougny-Chancy, ein bewegliches Stauwehr errichten, mit dem ein Stau erzeugt werden kann, der sich nicht weiter als bis zur Einmündung des Unterwasserkanales des projektierten Kraftwerkes de la Plaine erstreckt.

11 Art. 2. Das Wehr ist so weit flussabwärts zu erstellen, als es die geologische Beschaffenheit des Bodens gestatten wird; es soll so gebaut werden, dass es den für die hydro-elektrische Kraftanlage vorteilhaftesten Bedingungen entspricht.

Die Durchflussöffnung soll genügend gross sein, um den ungehinderten Abfluss der grössten Hoehwasser zu ermöglichen, ohne irgendeine Erhebung des Wasserspiegels oberhalb des im vorgehenden Artikel bestimmten Punktes zu veranlassen.

Die Wehrsohle ist ungefähr auf der Höhe der mittleren Flusssohle in der Art anzubringen, dass der Abtrieb der Geschiebe gesichert und allfällige Ablagerungen vermieden werden.

Das Wehr soll auf einer seiner Seiten so eingerichtet sein, dass später, wenn nötig, ohne Schwierigkeiten eine den Anforderungen der Schiffahrt entsprechende Schleuse eingebaut werden kann.

Art. 3. Das Ausführungsprojekt der Kraftwerke ist von den Konzessionsbewerbern aufzustellen ; dasselbe ist mit der erforderlichen Begründung der Genehmigung der beiden Regierungen zu unterbreiten, die sich ausdrücklich die Aufsicht über die Bauten, sowie das Recht vorbehalten, wenn es sich als nötig erweisen sollte, jegliche Abänderung an dem schon genehmigten Projekte gemeinschaftlich anzuordnen.

Art. 4. Das Wehr ist von den Konzessionären zu unterhalten und zu bedienen.

Die Bedienung der Schleusen hat nach den von beiden Regierungen vereinbarten Vorschriften in der Weise zu erfolgen, dass oberhalb des Wehres alle Überschwemmungsgefahren und allfällige Schädigungen des oberen Kraftwerkes vermieden und unterhalb die aus den Schwankungen des Wasserstandes entstehenden Nachteile soviel als möglich abgeschwächt werden.

Art. 5. Jeder der Uferstaaten erhält seinen Anteil der so geschaffenen Wasserkraft im Verhältnis des Nutzgefälles auf den ihnen gehörenden Strecken ; d. h. der Kanton Genf wird berechtigt sein über das ganze Nutzgefälle auf der Strecke, wo beide Ufer ihm gehören, zu verfügen und jeder der beiden Uferstaaten hat das Recht auf die Hälfte der Kraft, die auf der Streckn gewonnen wird, wo das linke Ufer schweizerisch und das rechte Ufer französisch ist.

Jeder der beiden Staaten kann über die ihm zufallende Kraft verfügen, sei es indem er sie selbst verwendet, sei es indem er sie einem Dritten in irgend einer Weise und unter den ihm zusagenden Bedingungen überträgt oder verpachtet.

12 In dem Falle, wo ein Teil der einem der beiden Staaten zufallenden, Energie während einer gewissen Zeit auf seinem Gebiete keine Verwendung finden könnte, so kann die derart verfügbar gewordene Kraft auf dem Gebiete des ändern Staates verwendet werden, unter dem Vorbehalt, dass die bezüglichen Verträge nach in einer Frist von wenigstens fünf Jahren gekündet werden können.

Zur Überwachung der Kraftverteilung werden die beiden Regierungen sich gegenseitig alle statistischen Angaben über die Erzeugung und die Ausnützung der Kraft zustellen.

Art. 6. Beide Regierungen werden einander von ihren Massnahmep betreffend die Konzessionserteilung Kenntnis geben, welche nur in Kraft tritt, wenn beide Staaten über die aufzustellenden Bedingungen einig sind.

Die spätere Beschränkung, oder die Aufhebung der Konzession, kann nur infolge eines beiderseitigen Übereinkommens erfolgen.

Art. 7. Nach dem Erlöschen der Konzession werden zwischen beiden Regierungen neue Unterhandlungen stattfinden, um die neuen Betriebsbedingungen festzusetzen.

Art. 8. Im Falle der Nichtbeendigung der Bauten, der Unterbrechung des Betriebes oder anderer zur Aufhebung der Konzession führender und in derselben vorgesehener Vorgänge, werden beide Regierungen gemeinschaftlich die Massnahmen treffen, die sie im gegebenen Falle für die richtigsten erachten und die allfällig für die Erteilung einer neuen Konzession erforderlich sind.

Art. 9. Beide Regierungen werden sich über die Vorkehren einigen, die für den Schutz der Fischerei, sowie für die Ausübung der Schiffahrt und der Flösserei auf der Rhone zu ergreifen sind.

Die freie Entschliessung für die im Interesse der Landesverteidigung und des Zolldienstes zu treffenden Massnahmen wird ausdrücklich vorbehalten.

o Art. 10. Vorliegende Übereinkunft tritt nur nach erfolgter Genehmigung beider Regierungen in Kraft.

B e r n , den 4. Oktober

1913.

L. S. (sig.) Müller.

A. Gilbert.

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07.01.1914

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