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Schweizerisches Bundesblatt.

66. Jahrgang.

29. April 1914.

Band II.

Jahrespreis (postfrei in der ganzen Schweiz) : 10 Franken.

Einrückungsgebühr: 16 Rappen die Zeile oder deren Raum. -- Anzeigen franko an die Blichdruckerei Stämpfli & de. in Bern.

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Bundesratsbeschluss über

die Beschwerde des César Zamboni, Genf, betreffend Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechtes im Grundbuch.

(Vom 24. April 1914.)

Der schweizerische Bundesrat

hat über die Beschwerde von César Zamboni, in Genf, betreffend Verweigerung der Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechtes in das Grundbuch, auf den Bericht des Justiz- und Polizeidepartements, folgenden Beschluss gefasst: A.

In tatsächlicher Beziehung wird festgestellt:

I.

Am 6. Februar 1914 reichte César Zamboni, Glasermeister in Genf, beim Grundbuchamt Genf eine Anmeldung ein, worin für eine Forderung von Fr. 3634. 60 um Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechtes an dem Grundstück Nr. 3032 der Immobilien-Gesellschaft Plantamour-Léman ersucht wurde. Als Ausweis war der Anmeldung ein rechtskräftiges Urteil des genferischen Zivilgerichts, vom 19. Januar, zugestellt am 2. Februar 1914, beigegeben, das die Forderung des Klägers Zamboni gegenBundesblatt. 66. Jahrg. Bd. II.

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856 über der beklagten Gesellschaft auf Fr. 3634. 60 anerkannte, ferner die Fertigstellung der Glaserarbeit durch den Kläger auf Ende Oktober 1913 ansetzte und ihn daher ermächtigte, für diesen Betrag die Eintragung eines gesetzlichen Bauhandwerkerpfandrechtes im Grundbuch zu verlangen.

Der Grundbuchverwalter wies diese Anmeldung am 9. Febrnar 1914 mit der Begründung ab, dass die Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechtes nach Art. 839, Absatz 2, ZGB nur innerhalb 3 Monaten nach der Vollendung der Arbeit geschehen könne, diese Frist jedoch im vorliegenden Falle mit Ende Januar 1914 abgelaufen und die Anmeldung daher verspätet sei.

Gegen diese Abweisung führt César Zamboni bei der Aufsichtsbehörde des Kantons Genf Beschwerde, wurde aber durch Beschluss vom 7. März 1914 mit der gleichen Begründung »lige wiesen.

II.

Mit Eingabe vom 14. März 1914 beschwert sich César Zamboni über den Entscheid der genferischen Aufsichtsbehörde, vom 7. März 1914, beim Bundesrat und verlangt Aufhebung dieses Entscheides.

Der Beschwerdeführer beruft sich zur Begründung dieses Begehrens darauf, dass die strenge Auslegung der Fristbestimmung in Art. 839, Absatz 2, ZG-B den Bauhandwerker in seinem Rechte beeinträchtige. Die Unterhandlungen zwischen Bauherr und Bauhandwerker über die Frage der Eintragung des Pfandrechtes und insbesondere über die zu leistende Sicherheit nähmen häufig viel Zeit in Anspruch, und auch das Verfahren vor Gericht, die Ausfertigung und Zustellung des Urteils könnten, wie gerade der Beschwerdefall zeige, die Frist von drei Monaten völlig ausfüllen, so dass die Anmeldung beim Grundbuchamt nicht mehr in diese Frist falle. Unter diesen Verzögerungen dürfe jedoch nicht der Bauhandwerker leiden, weshalb sich die freiere Auslegung des Gesetzes in dem Sinne empfehle, dass es genüge, wenn innerhalb der drei Monate nach Vollendung der Arbeit entweder die Anmeldung beim Grundbuchamt vollzogen oder die Klage beim zuständigen Gericht anhängig gemacht werde. Diese Gesetzesauslegung entspreche übrigens allein den Vorschriften über die Unterbrechung der Verjährung.

Die Cour de Justice beantragt in ihrer Vernehmlassung vom 18. März Abweisung der Beschwerde.

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B.

In rechtlicher Beziehung fällt in Betracht: Das Zivilgesetzbuch hat die Eintragung der gesetzlichen Pfandrechte im Grundbuch an bestimmte Fristen gebunden.

Während bei den Pfandrechten für die Forderungen der Verkäufer, Miterben und Gemeinder diese Frist überhaupt nur drei Monate beträgt, erstreckt sich beim Bauhandwerkerpfandrecht die Anmeldefrist von dem Zeitpunkt der Verpflichtung des Handwerkers zur Arbeitsleistung bis drei Monate nach Vollendung der Arbeiten. Der Beschwerdeführer beklagt sich somit zu Unrecht über die kurze Frist zur Anmeldung des Bauhandwerkerpfandrechtes.

Bin Bedürfnis zur Verlängerung dieser Frist in der Weise, dass auf dem Wege der Gesetzesauslegung die Anhebung des Rechtsstreites beim Richter der Anmeldung beim Grundbuchamt gleichgestellt würde, kann aber auch aus einem anderen Grunde nicht anerkannt werden. Art. 22, Absatz 4, der bundesrätlichen Grundbuchverordnung gibt dem Bauhandwerker das Mittel in die Hand, sich durch eine vorläufige Eintragung seines Anspruches im Grundbuch gemäss ZGB Art. 961, Ziffer l, gegen die Rechtsnachteile, die mit dem unbenutzten Ablauf der Frist verbunden sind, zu schützen. Wenn der Beschwerdeführer unterlassen hat, diesen bequemen und in der Praxis viel begangenen Weg einzuschlagen und vom Richter die Vormerkung der vorläufigen Eintragung seines Anspruches zu verlangen, so hat er die daraus entstehenden Folgen sich selbst zuzuschreiben.

Aber auch abgesehen von diesen Erwägungen allgemeiner Art, spricht ein wesentliches Moment unbedingt gegen die vom Beschwerdeführer aufgestellte Auslegung des Gesetzes. Art. 839, Absatz 2, ZGB hat nämlich, wie aus dem deutschen Text hervorgeht, nicht bloss die Anmeldung des Bauhandwerkerpfandrechtes, sondern dessen Eintragung im Grundbuch an die Beobachtung dieser Frist von drei Monaten nach Vollendung der Arbeiten geknüpft. Die Gesetzesbestimmung richtet sich somit nicht allein an den Bauhandwerker, sondern auch an die Grundbuchführung und damit an den Verkehr. Jedermann, der sich tur ein Grundstück interessiert und Einsicht in das Grundbuch verlangt, soll die Gewissheit haben, dass nach Ablauf der drei Monate nach Vollendung der Bauarbeiten keine Bauhandwerkerpfandrechte mehr eingetragen werden. Wer nach Ablauf dieser Frist das Grundstück oder ein dingliches Recht daran erwirbt,

858 muss vor Überraschungen in dieser Richtung gesichert sein. ])ies kann aber nur eine Vormerkung im Grundbuch leisten. Aus diesem Grunde darf die Anhebung des Rechtsstreites vor Gerichtfür sich allein, und ohne dass damit eine Vormerkung des streitigen Rechtes im Grundbuch verbunden- wird, niemals als genügender Ersatz für die Anmeldung des Bauhandwerkerpfandrechtes beim Grundbuchamt angesehen werden. Deshalb kann auch von der Anwendung der obligationenrechtlichen Bestimmungen über die Verjährung, auf die sich der Beschwerdeführer beruft, auf die Verwirkungsfrist des Art. 839, Absatz 2, /GB nicht die Rede sein.

Der Grundbuchverwalter von Genf hat daher im Beschwerdefall mit Recht die Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechtes abgelehnt, da aus dem als Ausweis beigebrachten Urteil mit Sicherheit hervorgeht, dass im Zeitpunkt der Anmeldung die Frist von 3 Monaten verstrichen war. An der Ausübung seiner Pflicht durfte ihn auch die im gleichen Urteil enthaltene Anweisung des Richters, die Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechtes im Grundbuch vorzunehmen, nicht verhindern ; denn diese Anweisung des Richters setzte als selbstverständlich voraus, dass der Beschwerdeführer die Anmeldung beim Grundbuchamt rechtzeitig, d. h. zwischen dem 19. und 31. Januar, nicht erst am 6. Februar 1914, einreichen werde.

Auf Grund dieser Erwägungen wird e r kannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B e r n , den 24. April

1914.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Hoffmann.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Schatzmanu.

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Bundesratsbeschluss über die Beschwerde des César Zamboni, Genf, betreffend Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechtes im Grundbuch. (Vom 24. April 1914.)

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