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Bundesratsbeschluss betreffend

die Regelung der Nutzung der längs der Strecke FrutigenBrig der Eisenbahn Bern-Lötschberg-Simplon gelegenen Waldungen.

(Vom 14. August 1914.)

Der schweizerische Bundesrat, in der Absicht, den Betrieb der Berner Alpenbahn BernLötschberg-Simplon gegen die durch die Waldnutzung längs der Strecke Frutigen-Brig drohenden Gefahren sicherzustellen; nach Anhörung der Regierungen der Kantone Bern und Wallis, beschliesst: Für die Durchführung von Holzschlägen, für den Holztransport, für das Stockroden, den Weidgang, die Gras- und Streuenutzung in einem durchschnittlich 200 Meter wagrechter.

Breite*) messenden Waldstreifen oberhalb der Bahnlinie FrutigenLötschberg-Brig gelten folgende Bestimmungen: Art. 1. Für die Gemeinde- und Korporationswaldungen werden die kantonalen Forstbeamten rechtzeitig über die Menge und den Standort des zum Schlage angezeichneten Holzes, sowie von anderweitigen, ihnen zur Kenntnis kommenden Holzschlägen dem Bahningenieur der B. L. S. schriftlich Mitteilung machen.

Vor dem Beginn des Holzschlages und Transportes haben die betreffenden Gemeinden und Korporationen die Anzeigepflicht gemäss Art. 5 dieses Réglementes.

Für sämtliche Holzschläge aus Privatwaldungen haben die betreffenden Berechtigten gemäss Art. 5 die Anzeigepflicht.

*) Ausnahmen sind im Verzeichnis enthalten.

Die obere Grenze des in Betracht fallenden Waldstreifens soll durch rote Farbe sichtbar gekennzeichnet werden.

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Art. 2. Das Fällen, Aufrüsten und Lagern des Holzes, wie auch der Holztransport muss unter ständiger Aufsicht des Bahnpersonals stattfinden. Das gefällte oder gerüstete Holz muss derart gelagert werden, dass es nicht von selbst in Bewegung kommen und die Bahn gefährden kann. Der Holztransport unterliegt bei den nachstehend aufgeführten Unter- und Überführungen den Vorschriften des Reistreglementes samt den allfällig später zu erlassenden Ausführungsvorschriften. Bei den nicht aufgeführten Durchlässen findet keine Einschränkung statt.

Auf dem erwähnten Waldstreifen von ungefähr 200 Meter Breite oberhalb der Bahnlinie ist das Roden von Stöcken, sowie die Vornahme von Erdbewegungen (Ausheben von Gräben etc.)

verboten.

Holztransporte über die offene Linie, gleichviel welcher Art, sind strengstens verboten. In Ausnahmefällen, wo ein anderer Transport nicht möglich ist, kann der Bahningenieur auf gestelltes schriftliches Gesuch hin die Bewilligung dazu erteilen, wobei er die zu beobachtenden Vorsichtsmassregeln unter eigener Verantwortlichkeit anzuordnen hat.

Besondere Vorschriften über das Fällen und Riesen (Reisten, Schleifen, Holzlassrechte) des Holzes sind im Anhang enthalten.

Art. 3. Im Sommer jeden Jahres, jeweilen bis spätestens Ende September, sind die dem Transporte des Holzes dienenden Riesen durch das betreffende Kreisforstamt und den Bahoingenieur zu untersuchen, um festzustellen, ob die Benutzung derselben ohne Gefahr für die Bahn und deren Betrieb stattfinden dürfe.

Ergibt es sich, dass eine oder mehrere Riesen infolge von Brdschlipfen oder wegen loser, in den Riesen liegender Steine oder aus ändern Gründen nicht ohne Gefahr für die Bahn und deren Betrieb gebraucht werden können, so ist deren Benutzung zu verbieten.

Art. 4. Nach erfolgter Untersuchung wird durch die Kreisforstämter öffentlich bekanntgemacht, welche Riesen für den Holztransport nach den Vorschriften des Reistreglementes benutzt werden dürfen.

Art. 5. Wenn ein Berechtigter nach erlassener Publikation Holz fällen, ziehen, schleifen oder riesen will, ist er gehalten, mindestens 48 Stunden vor dem beabsichtigten Beginn obiger Arbeiten die Anfangszeit, die zu benutzenden Holzriesen, das Holzsortiment (Langholz, Brennholz usw.) und die annähernde

6l Menge desselben dem betreffenden Bahnmeister oder dem Stationsvorstand zuhanden des Bahnmeisters mitzuteilen. Erst nach Verständigung mit dem letztern, auf Grund der Bestimmungen dieses Réglementes, darf das Fällen, Ziehen oder Reisten beginnen. Diese Arbeiten sollen ohne unnötige Unterbrechungen und in möglichst kurzer Zeit ausgeführt werden.

Art. 6. 15 Minuten vor Ankunft eines Bahnzuges -- Güterzüge dürfen 5 Minuten früher, als im DienstCahrplan angegeben, verkehren (Art. 45 A. R. F.) -- ist das Holzfällen, -ziehen oder -riesen einzustellen ; dasselbe wird durch von der Bahnverwaltung auf die Dauer dieser Arbeiten an der Bahnlinie aufgestellte, dem Bahnmeister untergeordnete, beeidigte und gehörig instruierte Spezialwachen überwacht. Die mit den genannten Arbeiten beschäftigten Personen haben sich den Anordnungen der Aufsichtsbeamten des Bahndienstes unbedingt zu fügen. Diese Spezialwachen haben sich durch akustische oder optische Signale mit den Holzbauern zu verständigen und das Zeichen zum Einstellen und Wiederbeginn des Holzfällens, -ziehens oder -riesens zu geben.

Die Spezialwache ist verpflichtet, in Fällen, wo z. B. wegen starken Föhns, Gewittersturmes usw. die gegenseitige Signalisierung nicht mehr möglich ist, das Fällen, Ziehen oder Riesen des Holzes ganz oder nur zeitweise einstellen zu lassen.

Wenn Extrazüge oder Materialtransporte signalisiert werden, deren Ankunft nicht genau vorher angezeigt werden kann, soll das Riesen, sowie das Holzfällen und -ziehen eingestellt bleiben, bis die betreffenden Extrazüge vorbeigefahren sind..

Art. 7. Bei gefrorenem Boden oder bei Eisbildung in der Riese darf das Holzfällen oder -ziehen, sowie das Riesen in den einzelnen Zügen nur nach vorherigem, gehörigem Anseilen des Holzes und unter Beobachtung besonderer Vorsicht stattfinden.

Art. 8. In den Holzriesen, sowie auf den Lagerplätzen oberhalb der Bahnlinie darf nicht mehr Holz angehäuft werden, als der ordentliche Betrieb es notwendig macht und die Sicherheit der Bahn es zulässt. Das in der Reistzone gefällte Holz darf daselbst nicht länger als absolut notwendig gelagert werden.

Art. 9. In unmittelbarer Nähe über den Bahnanlagen soll das Fällen, Ziehen und Riesen von Holz mit besonderer Vorsicht geschehen. Dieses gilt besonders für diejenigen Holzriesen, welche mit keinem Durchgang unter der Bahnlinie in direkter Verbindung stehen.

Art. 10. In den dem Reistreglement unterstellten Schutzwaldstreifen oberhalb der Bahnlinie sind der Weidgang jeglicher Viehgattung, sowie die Gras- und Streuenutzung gänzlich untersagt.

Art. 11. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften dieses Réglementes werden, nebst Verpflichtung zu vollem Schadenersatz, gemäss den Bestimmungen des Bahnpolizeigesetzes vom 18. Februar 1878 bestraft.

Art. 12. Soweit vorstehende Vorschriften über die Bestimmungen des Gesetzes vom 18. Februar 1878 betreffend die Handhabung der Bahnpolizei hinausgehen und soweit durch dieselben eine Einschränkung von Privatrechten stattfindet, bleiben den Berechtigten die ihnen gesetzlich zustehenden Ansprüche vorbehalten.

Art. 13. Die Verwaltung der Berner Alpenbahn Bern-Lötschberg-Simplon erhält den Auftrag, gemäss Art. 32 des Eisenbahngesetzes vom 23. Dezember 1872, die zur Vollziehung des vorliegenden Beschlusses nötigen Réglemente zu erlassen und die sonst erforderlichen Massregeln zu treffen, namentlich auch die mit der Ausführung betrauten Beamten nach Art. 12 des Gesetzes über die Bahnpolizei zu bezeichnen.

Die Verwaltung der Berner Alpenbahn Bern-LötschbergSimplon ist verpflichtet, den Eigentümern der Grundstücke, auf welchen die in Betracht lallenden Holzriesen gelegen sind, für sich und zuhanden aller ändern Berechtigten, welche durch den vorliegenden Beschluss berührt werden, diesen letztern schriftlich auf amtlichem Wege mitzuteilen.

Art. 14. Dieser Beschluss wird den Regierungen der Kantone Bern und Wallis mit dem Ersuchen mitgeteilt, denselben zur öffentlichen Kenntnis und, soweit dies Sache der kantonalen Behörden ist, zur Vollziehung zu bringen.

Art. 15. Das Eisenbahndepartement wird mit den weitern Vollziehungsanordnungen beauftragt.

B e r n , den 14. August

1914.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Hoffmann.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

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Bundesratsbeschluss betreffend die Regelung der Nutzung der längs der Strecke FrutigenBrig der Eisenbahn Bern-Lötschberg-Simplon gelegenen Waldungen. (Vom 14. August 1914.)

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