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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Fristverlängerung für eine Eisenbahn von Wattenwil nach Wimmis, eventuell nach Spiez (Stockentalbahn), und für eine Schmalspurbahn von Grindelwald über die Grosse Scheidegg nach Meiringen, mit eventueller Abzweigung von Gadenstatt nach Ofni.

(Vom 11. Dezember 1914.)

Wir haben Ihnen schon bei früheren Anlässen (Bundesbl.

1911, II, 664, und 1912, I, 447) mitgeteilt, dass es sich als erforderlich erwies, um die Abschreibung einer Anzahl Konzeszionen für aussichtslos gewordene Eisenbahnprojekte zu ermöglichen, eine letzte Frist zur Einreichung der vorschriftsmässigen Vorlagen anzusetzen. Diese strengere Praxis hat sich bestens bewährt. In den letzten Jahren sind verschiedene Eisenbahnprojekte finanziert und zum Teil auch ausgeführt worden, während eine ganze Anzahl Projekte, die wenig oder keine Aussicht auf Verwirklichung hatten, und für welche seit einer Reihe von Jahren Fristverlängerungen gewährt worden waren, endgültig fallen gelassen wurden. Von dieser Praxis wird man, nachdem das Bundesgesetz vom 18. Juni 1914 betreffend die Gebühren für Konzessionen von Transportanstalten und unsere Vollziehungsverordnung vom 20. Oktober 1914 auf 1. November abbin in Kraft getreten sind, abgehen können ; denn die nun aufgestellten Bestimmungen werden unseres Erachtens einen genügenden Schutz gegen aussichtslose oder nur Spekulationszwecken dienende Bahnprojekte bieten. Es sind aber noch einzelne Projekte hängig, für die, sei es von Ihnen, sei es von uns, eine letzte Frist geBundesblatt. 66. Jahrg. Bd. IV.

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772 währt worden ist, und für welche trotzdem neuerdings noch Fristverlängerungsgesuche eingereicht worden sind. Wir beehren uns, Ihnen heute zwei solche Gesuche vorzulegen, die wir nachstehend behandeln.

a. Bisenbahn von W a t t e n w i l nach W i m m i s , e v e n t u e l l n a c h S p i e z ( S t o c k e n t a l b a h n ) . Für dieses Projekt haben Sie mit Bundesbeschluss vom 12. März 1912 (E.

A. S. XXVIII, 64) eine letzte Frist gewährt, die bereits am 1. Juli 1913 abgelaufen ist. Der Inhaber dieser Bahnkonzession, Herr Notar Winzenried in Bern, reichte uns unterm 21. Juni 1913, also rechtzeitig, eine motivierte Eingabe ein, in welcher das Gesuch um Gewährung einer Fristerstreckung von drei Jahren gestellt wird. Zur Begründung seines Begehrens führt Herr Winzenried im wesentlichen aus, es seien zunächst Faktoren finanzieller Natur, die eine Verwirklichung seines Projektes innerhalb der letzten zweijährigen Frist verunmöglicht hätten. Das bernische Eisenbahnsubventionsgesetz vom 7. Juli 1912 habe die Finanzierung des Unternehmens wesentlich erschwert, da in demselben eine Staatsbeteiligung von nur 30 % (statt früher 40 %) für den Kilometer der Baulänge vorgesehen sei. Diese Reduktion bedinge einen Ausfall von rund Fr. 15,500 auf den Bahnkilometer oder von Fr. 280,000 für die ganze Anlage. Dieser Ausfall müsse nun von den interessierten Gemeinden und Transportanstalten übernommen werden.

Im ferneren habe der Kostenvoranschlag, der ursprünglich eine Bausumme von Fr. 2,300,000 vorsah, auf Fr. 2,710,000 ei'höht werden müssen, um der inzwischen eingetretenen Erhöhung der Land- und Materialpreise, sowie der Arbeitslöhne Rechnung zu tragen. Zudem habe auch die Spannung des Geldmarktes, die bereits Ende 1911 einsetzte und sich seither fortwährend verschärfte, die Beschaffung des Obligationenkapitals verunmöglicht und die beteiligten Gemeinden ausser Stand gesetzt, die zur Entrichtung ihrer Subventionen erforderlichen Darlehensgelder aufzunehmen.

Trotz dieser finanziellen Schwierigkeiten sei das bestellte Initiativkomitee nicht untätig geblieben. Im Laufe des Jahres 1912 habe es sich mit einer Unternehmerfirma in Zürich in Verbindung gesetzt und die Verwirklichung des Projektes auf dem Wege einer Vereinfachung, z. B. durch Annahme der Schmalspur, gesucht. Die Verhandlungen seien aber hauptsächlich aus finanziellen Gründen ins Stocken geraten.

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Neben diesen Momenten finanzieller Natur sei für das künftige Schicksal der Stockentalbahn auch die Gestaltung der Verkehrsverhältnisse infolge der Eröffnung der Lötschbergbahn von wesentlicher Bedeutung. Die Berner Alpenbahn werde die Richtlinien geben für den Ausbau der neuen Linie, deren Spürweite, die Betriebsart. Auch die Frage des Anschlusses in Wimmis oder Spiez werde, je nach der Gestaltung und Entwicklung des Verkehrs, ihre Abklärung finden. Unter Umständen werde sich das Initiativkomitee insbesondere auch mit der Frage zu beschäftigen haben, ob als erster Ausbau vorläufig nur das Teilstück Pfandersrnatt-Reutigen anzustreben und der Bau der Verhältnismassig kostspieligen Strecke Reutigen-Spiez oder Wimmis auf später zu verschieben sei. Es seien dies alles Fragen, deren richtige und zweckmässige Lösung erst möglich sei, wenn auf Grund von Erfahrungen bestimmte Anhaltspunkte über das Mass vorliegen werden, in welchem die Lötschbergbahn auf den Verkehr der in Betracht kommenden Nebenbahnen (Gürbetalbahn, Spiez-Erlenbach-Bahn, Erlenbach-Zweisimmen-Bahn) befruchtend einwirkt. Dass alsdann die beteiligten Gemeinden die finanziellen Opfer zur Verwirklichung des Projektes bringen werden, sei nicht zu bezweifeln, handle es sich doch für die meisten derselben darum, aus der bisherigen Abgeschiedenheit herauszukommen und Anschluss an einen modernen Verkehrsweg zu erhalten.

Die Regierung des Kantons Bern, die vom Eisenbahndepartement zur Vernehmlassung eingeladen wurde, empfiehlt in ihrer Zuschrift vom 10. November 1914 die gewünschte Fristerstreckung bis 1. Juli 1915, statt bis 1. Juli 1916, wie in der Eingabe verlangt, zu gewähren.

Wir können uns diesem Antrage anschliessen. Wollte man dem Gesuche in seinem ganzen Umfange entsprechen und die Frist bis 1. Juli 1916 erstrecken, so würde sich eine Unbilligkeit gegenüber denjenigen Konzessionen ergeben, die von nun an verlängert werden müssen und für welche die gesetzliche Gebühr zu entrichten ist. Aus diesem Grunde haben wir die von uns seit der Annahme des Bundesgesetzes betreffend die Gebühren für Konzessionen von Transportanstalten gewährten Fristverlängerungen durchwegs auf ein Jahr beschränkt.

b. E l e k t r i s c h e S c h m a l s p u r b a h n von Grindelwald über die Grosse Scheidegg nach Meiringen, mit e v e n t u e l l e r A b z w e i g u n g v o n G a d e n s t a t t nach Ofni.

Durch Bundesratsbeschluss vom 5. Januar 1912 (E. A. S. XXVIII,

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34) haben wir für dieses Bahnprojekt eine Fristerstreckung bis Ende 1914 gewährt in der Meinung, dass wir von uns aus keine weitere Fristerstreckung mehr bewilligen würden. Mittelst Eingabe vom 15. Oktober 1914, also noch vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 18. Juni 1914, betreffend die Gebühren für Konzessionen von Transportanstalten, reichte die Studiengesellschaft für die Grosse Scheidegg-Bahn dem Eisenbahndepartement ein Gesuch ein, in welchem die Erstreckung der Frist zur Einreichung der konzessionsmässigen Vorlagen um vier Jahre, d. h. bis Ende 1918 nachgesucht wird. In ihrer Eingabe macht die Studieugesellschaft u. a. geltend, sie habe durch ein Ingenieurbureau der Stadt Zürich ein .vollständiges Projekt für den Bau der Bahn und die Errichtung einer eigenen Wasserkraftanlage am Bachsee des Faulhorns zur Erzeugung der erforderlichen elektrischen Energie erstellen lassen. Dieses Projekt sei von der Unternehmerfirma Müller, Zeerleder und Gobat überprüft worden. Letzterer Firma sei es gelungen, durch Kürzung des Tracés den Voranschlag für die gesamten Bauarbeiten von 8,s auf 6,2 Millionen Franken zu ermässigen. Dabei habe sie eine verbindliche Bauofferte mit Aktienbeteiligung eingereicht. Die technischen Vorlagen hätten somit rechtzeitig eingereicht werden können.

Auch die Finanzierung sei anhandgenommen und gefördert worden. Die Bau- und Finanziernngskosten seien auf Fr. 7,000,000 bestimmt worden. Von dem auf drei Millionen festgesetzten Aktienkapital habe die Studiengesellschaft bis im Juni bei Gemeinden, Privaten und bei der Bauunternehmung Fr. 711,500 absetzen können. Seit dem Ausbruch des europäischen Krieges sei aber an die weitere Förderung der Finanzierung nicht zu denken. Bei dieser Sachlage müsse die Gewährung einer Fristverlängerung von vier Jahren nachgesucht werden.

In seiner Vernehmlassung vom 10. November abhin erklärte der Regierungsrat des Kantons Bern, dass das Fristverlängerungsgesuch ihm zu keinen Einwendungen Anlass gebe.

In Anbetracht der von der Studiengesellschaft vorgebrachten Gründe und des Umstandes, dass dem Bahnprojekt eine gewisse volkswirtschaftliche Bedeutung nicht abgesprochen werden kann, können wir der Fristerstreckung ebenfalls zustimmen. Aus den oben angeführten Gründen ist sie aber auf ein Jahr (bis Ende 1915) zu beschränken.

775 Indem wir Ihnen die nachstehenden Beschlussesentwürfe zur Annahme empfehlen, benützen wir auch diesen Anlass, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 11. Dezember 1914.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Hoffmann.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

(Entwurf.)

ßundesbeschluss betreffend

Fristverlängerung für eine Eisenbahn von Wattenwil nach Wimmis, eventuell nach Spiez (Stockentalbahn).

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe des Herrn Notar F. Winzenried in Bern, vom 21. Juni 1913; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 11. Dezember 1914, beschliesst: 1. Die in Ziffer l, lit. a, der Konzession einer Eisenbahn von Wattenwil nach Wimmis, eventuell nach Spiez (Stockentalbahn), vom 1. Juli 1898 (E. A. S. XV, 168) angesetzte und seither wiederholt, letztmals durch Bundesbeschluss vom 12. März 1912 (E. A. S. XXVIII, 64), erstreckte .Frist zur Einreichung der technischen und finanziellen Vorlagen, sowie der Gesellschaftsstatuten, wird neuerdings um zwei Jahre, d. h. bis zum 1. Juli 1915, verlängert.

2. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses, der am 1. Januar 1915 in Kraft tritt, beauftragt.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreuend

Fristverlängerung für eine elektrische Schmalspurbahn von Grindelwald über die Grosse Scheidegg nach Meiringen, mit eventueller Abzweigung von Gadenstatt nach Ofni.

Die Bundesversammlung der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht 1. einer Eingabe der .Studiengesellschaft für den Bau der Grossen Scheidegg-Bahn, vom 15. Oktober 1914; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 11. Dezember 1914, beschliesst: 1. Die im Art. 5 der Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Grindelwald über die Grosse Scheidegg nach Meiringen, mit eventueller Abzweigung von Gadenstatt nach Ofni, vom 20. Dezember 1907 (E. A. S. XXIII, 342), angesetzte und durch Bundesratsbeschlüsse vom 29. April 1910 (E. A. 8. XXVI, 115) und vom 5. Januar 1912 (E. A. S. XXVIII, 34) erstreckte Frist zur Einreichung der technischen und finanziellen Vorlagen, sowie der Gesellschaftsstatuten, wird um ein Jahr, d. h bis zum 1. Jannar 1916, verlängert.

2. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses, der am 1. Januar 1915 in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Fristverlängerung für eine Eisenbahn von Wattenwil nach Wimmis, eventuell nach Spiez (Stockentalbahn), und für eine Schmalspurbahn von Grindelwald über die Grosse Scheidegg nach Meiringen,...

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1914

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584

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16.12.1914

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771-776

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