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IV. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Wintersession 1914).

(Vom 11. Dezember 1914.)

Wir beehren uns, unter Vorlage der Akten Ihnen weiterhin über nachfolgende Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über dessen Erledigung Antrag zu stellen : 20. David Liechti, geb. 1871, Handelsreisender in Delsberg, route des Rondez.

(Bundesgesetz über Jagd und Vogelschutz.)

Zwei Jagdhunde des David Liechti jagten während der geschlossenen Jagdzeit am 16. Oktober 1914 in der Gegend ,,En Colliard" bei Courroux, Kanton Bern. Der Eigentümer wurde verzeigt und am 28. Oktober 1914 durch das Polizeigericht von Delsberg eventualiter in Anwendung des Art. 21, Ziffer 7, Alinea a, des Jagdgesetzes zu Fr. 12 Geldbusse und Fr. 3. 80 Staatskosten verurteilt. Der Fehlbare nahm das Urteil an.

Liechti ersucht um Erlass der Geldbusse, da er die Tiere nicht rechtzeitig zu annehmbarem Preise habe verkaufen können und sie aus Futtermangel von Zeit zu Zeit habe jagen lassen.

Er selber lebe infolge ungünstigen Geschäftsganges in misslichen ökonomischen Verhältnissen.

Die angeführten Gründe rechtfertigen aber keineswegs den Erlass der in Anbetracht der erschwerenden Umstände sehr gering bemessenen Geldbusse.

A n t r a g : David Liechti sei mit seinem Begnadigungsgesuch abzuweisen.

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21. Johann Fuchs, geb. 1881, und Fritz Schlunegger, geb. 1872, beide wohnhaft an der Ledi in Wengen, Kanton Bern.

(Bundesgesetz über Jagd und Vogelschutz.)

Am Mittag des 28. Oktober 1914 lagen Fuchs und Schlunegger gemeinsam mit einem Christian Bischoff zu Wengen im Bannbezirk des Männlichen der Schleichjagd ob. Sie erlegten dabei eine Gemse, teilten das Fleisch unter sich und verwerteten es. Der Wildhüter hatte die Jagd beobachtet und erstatteteAnzeige. Vor dem Polizeirichter von Interlaken legten die Angeschuldigten volles Geständnis ab, und es wurden am 9. November 1914 wegen Jagdfrevels, in Anwendung der Art. 6, lit. d, Art. 21, Ziffer 3, lit. ft, und Ziffer 4, lit. 6, Art. 24 des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz Fuchs und Schlunegger zu je Fr. 100 Geldbusse, im Falle der Nichterhältlichkeit umzuwandeln in 20 Tage Gefängnis, Christen Bischoff zu Fr. 300' eventuell zu 60 Tagen Gefängnis, sowie jeder zu den Staatskosten verurteilt.

Nunmehr bitten die Verurteilten Fuchs und Schlunegger, ihnen die Geldbussen ganz oder teilweise zu erlassen, da, sie zurzeit in ihrer Gegend keinen Verdienst fänden, in diesem Jahre durch vielen Militärdienst finanziell in Rückstand gekommen seien und sie die Gesetzesverletzung nur in der Sorge um das tägliche Brot begangen hätten. Die Strafe durch Gefängnis abzubüssen, würde ihre Familien ökonomisch äusserst schwer treffen.

Aus den Akten ergibt sich aber, dass die Gegend von Wengen schon während längerer Zeit schwer unter zahlreichen Wilddiebereien litt, ohne dass die Täter eruiert werden konnten; ebenso dass die beiden Fehlbaren gegenwärtig genügend redlichen Verdienst in der Gemeinde Lauterbrunnen finden können.

Sie erhalten vom Gemeiriderat Lauterbrunnen ein schlechtes Leumundszeugnis; dieser und der Regierungsstatthalter von Interlaken beantragen, das Gesuch sei abzuweisen.

A n t r a g : Das Begnadigungsgesuch des Johann Fuchs und Fritz Schlunegger sei abzuweisen.

22. Josef Chappuis, geb. 1879, Fischer in Courroux.

(Bundesgesetz betreffend die Fischerei.)

Der Polizeirichter von Delsberg verurteilte Josef Chappuis,

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der Samstag den 18. April 1914 mit einem Netze in der Birs fischte, das bloss eine Maschenweite von 18--20 mm, statt einer solchen von 30 mm, besass, zu Fr. 10 Busse und Fr. 14 Kosten.

Die gebrauchten Gerätschaften wurden beschlagnahmt.

Die I. Strafkammer des bernischen Obergerichts erhöhte am 26. September 1914 im Appellationsverfahren die Strafe auf Fr. 160 Busse und legte dem Angeschuldigten die Bezahlung sämtlicher Gerichtskosten auf. Chappuis war bereits im August 1914 wegen Fischfrevels mit Fr. 80 Busse bestraft worden, weshalb die Strafkammer in Anwendung der Vorschrift von Art. 32, Ziffer l, des Fischereigesetzes diesen Betrag verdoppelte.

Chappuis ersucht jetzt, ihm die Busse gänzlich oder zum Teil in Gnaden zu erlassen, da die' Busse in keinem richtigen Verhältnis zu der Tat stehe. Er sei Pächter der Birs, und der Gemeinderat von Courroux erteile ihm ein gutes Leumundszeugnis.

Er habe schon bei seiner ersten Bestrafung sich nicht als schuldig anerkennen können.

Übertretungen der vorliegenden ' Art werden in Art. 31, Ziffer l, des Bundesgesetzes betreffend die Fischerei mit Fr. 5 bis 400 Geldbusse bedroht, und das urteilende Gericht blieb bei Ausmessung der Strafe innerhalb der gesetzlichen Schranken. Immerhin erscheint es gerechtfertigt, die Busse im Wege der Begnadigung einigermassen herabzusetzen, da es sich nur um eine geringfügige Gesetzesverletzung handelt.

A n t r a g : Es sei die dem Josef Chappuis auferlegte Busse auf Fr. 100 zu ermässigen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 11. Dezember 1914.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Hoffmann.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

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IV. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Wintersession 1914). (Vom 11. Dezember 1914.)

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