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Schweizerisches Bundesblatt.

49. Jahrgang. II.

Nr. 12.

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24. März 1897.

Bericht des

schweizerischen Bundesgerichts an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1896.

(Vom 10. März 1897.)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren !

Wir haben die Ehre, Ihnen nach Vorschrift des Art. 47 des Sundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege über «unsere Geschäftsführung im Jahre 1896 Bericht zu erstatten.

A, Allgemeines.

Das Bundesgericht hatte im Jahre 1896 den Hinschied eines seiner Mitglieder, des Herrn Bundesrichter Auguste C o r n a z , gestorben am 13. Mai, zu. beklagen, welcher dem Gerichte seit 1. Oktober 1893 angehört hatte. Einige Wochen früher hatten wir schon den allzufrühen Tod eines unserer Ersatzmänner, des Herrn Nationalrat Ernest D e c o l l o g n y , zu bedauern. Einige Zeit .darauf sah sich unser Kollege, Herr Bundesrichter Andreas B e z z o l a , genötigt, wegen Krankheit um Urlaub einzukommen ; das Jahr ging zu Ende, ohne daß er seine Arbeit wieder hätte aufnehmen können, und das laufende Geschäftsjahr hatte kaum begonnen, als er uns am 10. Januar 1897 durch den Tod entrissen wurde.

Bundesblatt. 49. Jahrg. Bd. II.

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2 Am 11. Juni 1896 wählte die Bundesversammlung zum Bundesrichter an Stelle des Herrn Cornaz Herrn Auguste M o n n i e r , Staatsrat in Neuenburg, welcher sein Amt am 20. Juli antrat. Am selben Tage ernannte sie zum Ersatzmann Herrn Nationalrat Emile G a u d a r d in Vivis, der indessen einige Monate später seine Demission verlangte und am 17. Dezember durch Herrn Camille D e c o p p e t in Lausanne, Advokat und alt Generalprokurator des Kantons Waadt, ersetzt wurde.

Das Kanzleipersonal, welches zu Beginn des Jahres um einen dritten Gerichtsschreiber und einen vierten Sekretär, die beide der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer beigegeben wurden, vermehrt wurde, hat im Berichtsjahre keine Änderungen erfahren.

Am Schlüsse des letztern wurden die beiden neuen Beamten, die Herren Dr. M e r z und Dr. L a n s e l, welche anfänglich nur provisorisch hatten gewählt werden können, bis zum Ablaufe der gegenwärtigen Amtsperiode definitiv in ihren Funktionen bestätigt. Mit dem Geschäftsjahre nahmen auch die Funktionen des im Jahre 1893 ernannten Sekretärs Dr. G an z o ni ihr Ende; das Bundesgericht bewilligte ihm die gewünschte Entlassung, unter bester Verdankung der geleisteten gewissenhaften Dienste. An seine Stelle wurde gewählt Herr Dr. Theodor W e i s s , Obergerichtssekretär in Zürich, mit Amtsantritt auf den 15. Februar 1897.

Die Übertragung der Oberaufsicht über das Schuld betreibungsund Konkurswesen an das Bundesgericht hat zu verschiedenen, die innere Organisation betreffenden Maßnahmen Anlaß gegeben. Das diesbezügliche, vom Gericht am 13. Januar 1896 angenommene Reglement ist schon in unserm letztjährigen Geschäftsberichte erwähnt worden. Zufolge Korrespondenz mit dem Bundesrat übernahm das Bundesgericht vom 1. Mai an die Lieferung der Betreibungsformulare an die Betreibungsämter und andere Interessenten, die es verlangen ; diese Verwaltung, deren Rechnungsführung von derjenigen der Kasse des Bundesgerichts gänzlich getrennt und übrigens der Kontrolle des eidgenössischen Finanzdepartementes unterstellt ist, wird von einem eigenen Beamten geführt, der aus dem Betriebsergebnisse honoriert wird und der Aufsicht der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer untersteht.

Die Statistik der Betreibungen, Konkurse und Nachlaßverträge, welche in den Jahren 1894 und 1895 sehr unregelmäßig besorgt worden war,
wurde in Übereinstimmung mit der eidgenössischen Verwaltungsbehörde durch einen Beschluß des Bundesgerichts vom 12. Dezember 1896 neu geregelt. Die infolge dieses Beschlusses eingeführten vereinfachten Formulare werden vom Jahre 1897 an zur Anwendung kommen.

DieSchuldbetreibungs- und Konkurskamm er wurde vomBundesrate um ein Gutachten betreffend die von mehreren Kantonen gewünschte Abänderung des Gebührentarifs vom 1. Mai 1891 angegangen. Die Wichtigkeit dieser Arbeit hat der damit beschäftigten Abteilung noch nicht erlaubt, deren Studium abzuschließen.

Da verschiedene Bände der A m t l i c h e n S a m m l u n g der E n t s c h e i d u n g e n gegenwärtig vergriffen sind oder in Kürze vergriffen sein werden, hat das Bundesgericht die für den Neudruck notwendigen Kredite nachgesucht und erhalten und zu diesem Zwecke einen Vertrag mit dem Verleger der S a m m l u n g abgeschlossen. Die Arbeit, welche die Bände IX, X, XI und XIII (Jahrgänge 1883, 1884, 1885 und 1887) betrifft, ist gegenwärtig in Ausführung.

Die Gesamtziffer der vom Bundesgerichte im Jahre 1896 abgehaltenen Sitzungen beträgt 221, die sich folgendermaßen verteilen: Plenarsitzungen 18, erste Abteilung 79, zweite Abteilung 80, Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 42, Kassationshof in Strafsachen 2. Die Anklagekammer, die Kriminalkammer und das Bundesstrafgericht hatten im Berichtsjahre keine Geschäfte zu behandeln.

Die beiden Mitglieder der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer wurden in erster Linie als Ersatzmänner für abwesende oder verhinderte Mitglieder zu den Sitzungen der ersten, sowie der zweiten Abteilung berufen. In dieser Funktion nahm jeder von ihnen an 18 Sitzungen der ersten Abteilung teil; in der zweiten Abteilung saß der eine SOmal, der andere 51 mal als Ersatzmann.

Überdies wurden diese zwei Mitglieder gelegentlich auch als Instruktionsrichter in der ersten und zweiten Abteilung bezeichnet und hatten als solche Referate zu übernehmen.

B. Specieller Teü.

I. Civilrechtspflege.

Die folgende Tabelle giebt eine Übersicht über die Civilsaehen, welche beim Bundesgerichte im Jahre 1896 anhängig waren :

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Art der Streitigkeiten.

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1. Erst- und letztinstanzlich zu beurteilende Civilsachen . . . .

2. Rekurse in Expropriationssachen 3. Rekurse gegen Entscheide des Massaverwalters in Zwangsliquidationen von Eisenbahnen 4. Berufungen gegen Urteile kan-

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5. Revisions- und Erläuterungs- t $ gesuche · . . . ·.ï ïî 6 Kassationsbegehren

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Ad 1. E r s t - und letztinstanzlich zu beurteilende Civilsachen.

Diese 61 Prozesse zerfallen in: 17 Prozesse zwischen dem Bunde als Beklagten und Privaten oder Korporationen als Klägern ; l Prozeß zwischen Kantonen; 23 Prozesse zwischen Kantonen einerseits und Privaten oder Korporationen anderseits; 1 Bürgerrechtsstreitigkeit zwischen Gemeinden verschiedener Kantone; 2 Prozesse zwischen Eisenbahngesellschaften aus Art. 33, Abs. 4, des Bundesgesetzes über Bau und Betrieb der Eisenbahnen, vom 23. Christmonat 1872; l Prozeß zwischen Eisenbahngesellschaften aus Art. 30 des nämlichen Gesetzes; l Prozeß aus dem Bundesgesetz über die Rechtsverhältnisse der Verbindungsgeleise, vom 19. Christmonat 1874; 8 Prozesse aus Art. 23 des Bundesgesetzes betreffend die Verbindlichkeit zur Abtretung von Privatrechten, vom 1. Mai 1850; l Klage aus Art. 47 des nämlichen Gesetzes; 6 Prozesse, in denen das Bundesgericht als vereinbarter Gerichtshof angerufen wurde.

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1. Prozesse von Privaten gegen den Bund als Beklagten ä. Prozesse zwischen Kantonen :3.. Prozesse zwischen Kantonen einerseits und Privaten oder Korporationen anderseits 4, Bürgerrechts - Streitigkeiten zwischen Gemeinden verschiedener Kantone .

5. Prozesse z wischen Eisenbahngesellschaften aus Art. 33 B.-G. betreffend Bau und Betrieb 6. ProzessezwisehenEisenbahngesellschaften aus Art. 30 des nämlichen Gesetzes .

7. Prozesse betreffend Verbindungsgeleise 8. Klagen aus Art. 23 des eidgenössischen Expropriationsgesetzes 9. Klagen aus Art. 47 eod.

10. Prozesse, in denen das Bundesgericht als vereinbarter Gerichtshof angerufen wurde .

Total

Abgewiesen/ II

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Ganz oder teilweise gutgeheissen.

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Art .der Streitsachen.

Vergleich. 11

Über die Art der E r l e d i g u n g - dieser Civilsachen giebtc «folgendeTabellee Aufschluß :

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Von den 6 e r l e d i g t e n P r o z e s s e n g e g e n den B u n d betrafen zwei Haftpflichtklagen, die von Arbeitern der eidgenössischen Munitionsfabrik in Thun auf Grund von Unfällen beim Fabrikbetrieb angehoben wurden; in beiden Fällen wurde dem

6

Kläger eine Entschädigung zugesprochen. In einem dritten Prozesse handelte es sich um Anerkennung einer Servitut, die ein Privater an der Kaserne Herisau zu haben behauptete; die Klage wurde gutgeheißen ; der diesbezügliche Entscheid rindet sich übrigens im XXII. Bande der A m t l i c h e n S a m m l u n g abgedruckt. Gleicher Weise sind dort abgedruckt zwei andere Urteile, durch welche Ansprüche, die gegen den Bund erhoben wurden, abgewiesen wurden; das eine Urteil betrifft einen Prozeß von Kartographen, die sich durch den Bundesbeschluß vom 31. März 1894 betreffend Herstellung einer Schulwandkarte der Schweiz in ihren Rechten verletzt glaubten; das andere eine Klage, die von dem Inhaber eines Erfindungspatentes für rationelle Fußbekleidung angestrengt wurde. In einem sechsten Falle endlich hatte das Bundesgericht zum erstenmale die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 5. April 1894 betreffend die Haftpflicht der Postverwaltung bei Unfällen zur Anwendung zu bringen ; das hierauf bezügliche Urteil, welches die Klage eines verletzten Reisenden im Grundsatze guthieß und den Bund zu einer Entschädigung, die allerdings weit unter der geforderten Summe blieb, verpflichtete, wird ebenfalls publiziert werden.

Der in der Tabelle als durch Vergleich erledigt aufgeführte P r o z e ß z w i s c h e n K a n t o n e n betraf die Kosten des Unterhaltes einer an der Grenze stehenden Schule, die von Kindern aus beiden Kantonen besucht wurde.

Was die 10 S t r e i t i g k e i t e n z w i s c h e n K a n t o n e n einerseits und Privaten oder K o r p o r a t i o n e n anders e i t s betrifft, die im Jahre 1896 behandelt wurden, so betrafen 2 Subventionen an den Bau einer Eisenbahnlinie, 2 Schadenersatzklagen wegen ungerechtfertigter Verhaftung oder wegen unschuldig erlittener Strafe, l eine Schadenersatzklage wegen unerlaubter Handlungen eines öffentlichen Beamten, l eine Schadenersatzklage auf Grund eines Konzessionsentzuges, l die Haftbarkeit der Bürgen eines öffentlichen Beamten, l Eigentum, l die Wuhrlast und l die Steuerpflicht.

Die direkt vor das Bundesgericht gebrachten Prozesse verteilten sich folgendermaßen auf die beiden Abteilungen :

I.Abteilung. II. Abteilung.

Aus dem Jahre 1895 Prozesse Neu eingegangen

Total.

übertragene

Total Im Jahre 1896 erledigt . . . .

Pendent geblieben

11 11 22 7 15

24 15 39 15 24

35 26 61 22 39

Von diesen 39 nicht erledigten Geschäften ist eines anhängig seit 1888, eines seit 1889, eines seit 1893, zwei seit 1894 und zehn seit 1895. Alle andern (24) sind im Jahre 1896 neu eingegangen. Die drei ältesten Prozesse betreffen Streitigkeiten bezüglich Eisenbahngesellschaften, in weichet! sehr schwierige Thatund Rechtsfragen zu entscheiden sind und ein äußerst eingehendes juristisches Studium notwendig ist. Bei verschiedenen andern Geschäften wurde die Instruktion wegen Krankheit des betreffenden Instruktionsrichters verzögert.

Ad2. R e k u r s e g e g e n die E n t s c h e i d u n g e n der eidg e n ö s s i s c h e n S c h ä t z u n g s k o m m i s s i o n e.n.

Wir begreifen unter dieser Rubrik sowohl die gemäß Art. 35 des Bundesgesetzes vom 1. Mai 1850 über die Verbindlichkeit zur Abtretung von Privatrechten an das Bundesgericht gerichteten Rekurse, welche gegen die von den eidgenössischen Schätzungskommissionen getroffene Schätzung gerichtet sind, als auch diejenigen, welche" das von den Schätzungskommissionen befolgte Verfahren betreffen, gemäß Art. 28 desselben Gesetzes.

Die folgenden Tabellen geben Auskunft über die Gesamtziffer d e r d i e S c h ä t z u n g b e t r e f f e n d e n R e k u r s e , m i t denen sich das Bundesgericht im Geschäftsjahre zu befassen hatte, sowie über die Art ihrer Erledigung : Übertrag aus dem Jahre 1895 · 141 Neu eingegangen 360 501 Rückzug oder Gegenstandslosigkeit des Rekurses . . . . 44 Vergleich 3 Annahme des Antrages der Instruktionskommission . . . 212 Urteil des Gesamtbundesgerichts 17 Auf das Jahr 1897 übertragen 225 501

g Von den 225 unerledigt gebliebenen Geschäften datieren 5 aus dem Jahre 1894, 20 aus dem Jahre 1895 5 die andern (200) sind im Jahre 1896 neu eingegangen. Die Zahl der im Berichtsjahre vor das Bundesgericht gebrachten Expropriationsstreitigkeiten hat übrigens das Mittel der letzten Jahre ganz bedeutend überschritten.

Den 501 oben erwähnten Rekursen sind beizufügen 5 Rek u r s e g e g e n das V e r f a h r e n der eidgenössischen Schatzungskommissionen. Hiervon wurden 2 abgewiesen, auf 2 wurde nicht eingetreten und l wurde auf das Jahr 1897 übertragen. Alle diese Fälle gingen im Jahre 1896 ein.

Ad 3. R e k u r s e gegen E n t s c h e i d e des M a s s a v e r walters in Zwangsliquidationen von Eisenbahnen.

Die 10 im Jahre 1896 erledigten Rekurse datierten schon vom Jahre 1894; Sie hetrafen alle die Liquidation der BrienzRothhornbahn und wurden durch die Annahme der Vorschlage der Instruktionskommission seitens beider Parteien erledigt.

-> Diese Fälle waren der ersten Abteilung zur Behandlung zugewiesen.

Ad 4. B e r u f u n g e n gegen c i v i l r e c h t l i c h e U r t e i l e kantonaler Gerichte.

Die 247 hierher gehörenden Berufungen betrafen, soweit sie sich überhaupt auf eidgenössisch geregelte Privatrechtsmaterien be zogen : 17 Ehescheidungen, l Klage betreffend die persönliche Handlungsfähigkeit, 15 Forderungen aus Eisenbahnhaftpflicht, 23 Forderungen aus Fabrikhaftpflicht, l Transport auf Eisenbahnen, 30 Forderungen aus unerlaubten Handlungen (Art. 50 ff. O.-R.), 3 Forderungen aus ungerechtfertigter Bereicherung (Art. 70 ff.

O.-RO,

l Kompensation, 1 Cession, 3 Eigentumsstreitigkeiten, 2 Faustpfandrecht, l Retentionsrecht, 27 Kauf, 3 Mietvertrag, 128 Übertrag.

128 Übertrag.

2 Pachtvertrag, l Darleihen, 10 Dienst vertrag, 6 Werkvertrag, 4 Mandat, 3 Kommission, l Anweisung, l Geschäftsführung ohne Auftrag, l Hinterlegungs vertrag, 7 Bürgschaft, l Spiel (Differenzgeschäite), 1 Leibrente, 7 Einfache Gesellschaft, 2 Kollektivgesellschaft, 1 Commanditgesellschaft, 3 Genossenschaften, 5 unbenannte Verträge, 2 Lebensversicherung, 9 Unfallversicherung, 5 Feuerversicherung, 6 Markenschutz, 2 Schutz der Erfindungspatente, l Urheberrecht an Werken der Litteratur und Kunst, 9 Anfechtungsklagen.

.

218 l 29 weitere Rekurse, die mit den übrigen genommen

247 als Gesamtziffer für 1896 ausmachen, bezogen sich entweder auf Privatrechtsstreitigkeiten, welche nicht nach eidgenössischem Rechte zu entscheiden waren (19), oder waren gerichtet gegen Entscheide, die keine Haupturteile im Sinne des Art. 58, Abs. l, des Bundesgesetzes betreffend die Organisation der Bundesrechtspflege waren, oder Materien des Schuldbetreibungs- und Konkursverfahrens betrafen, gegen welche das Rechtsmittel der Berufung unzulässig ist (10).

Die Art der E r l e d i g u n g und die H e r k u n f t der im Jahre 1896 behandelten Berufungen ergiebt sich aus folgender Tabelle :

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Kantone.

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Bern (deutscher Teil) Bern (franz. Teil) . .

Freiburg Genf Glarus Graubiinden . . . .

Luzern Neuenburg . . . .

Nidwaiden . . . .

Obwalden . . . .

Schaffhausen . .

Schwyz . . . .

Solothurn . . . .

S t . Gallen . . . .

Tessin Thureau Uri . . . .

Waadt Wallis (deutscher Teil) Wallis (franz. Teil) .

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1t Die unerledigt gebliebenen Berufungen rühren mit Ausnahme von zweien, von denen die eine im November einging, die andere nicht erledigt werden konnte, weil vorher ein präjudizi eller Entscheid über einen staatsrechtlichen Rekurs abzuwarten war, alle aus dem Dezember 1896 her.

Die U n z u l ä s s i g k e i t der Berufung mußte in 6 Fällen aus formellen Gründen ausgesprochen werden, und zwar in i Fall wegen verspäteter Einlegung des Rechtsmittels, in 3 Fällen weil der Berufungskläger in seiner Berufungserklärung nicht angegeben hatte, inwieweit er das Urteil anfechte und welche Abänderungen er beantrage.

In 27 weiteren Fällen folgte die Unzulässigkeit entweder daraus, daß der S t r e i t w e r t das gesetzliche· Minimum nicht erreichte (12), oder daraus, daß die Berufung nicht gegen ein l e t z t instanzliches H a u p t u r t e i l gerichtet war (14), oder endlich daraus, daß mit ihr das Urteil eines Schiedsgerichtes a n g e f o c h t e n wurde (1).

Endlich konnte das Bundesgericht in 16 Fällen wegen Ink o m p e t e n z auf die Sache nicht eintreten, indem auf die Streitsache nicht eidgenössisches, sondern (in 13 Fällen) k a n t o n a l e s oder (in 3 Fällen) a u s l ä n d i s c h e s R e c h t anzuwenden war.

In 34 dieser 49 Fälle, auf welche das Bundesgericht nicht eintrat, erwies sich die Bestellung eines Referenten nicht als notwendig.

Die 36 Fälle, in welchen das kantonale Urteil abgeändert wurde, beschlagen folgende Materien : 3 Ehescheidungen, 2 Haftpflicht der Eisenbahnen, 5 Fabrikhaftpflicht, 7 Forderungen aus unerlaubten Handlungen, 1 Forderung aus ungerechtfertigter Bereicherung, 4 Kauf, 2 Dienstvertrag, l Werkvertrag, 1 Geschäftsführung ohne Auftrag, 3 Gesellschaftsvertrag, 2 unbenannte Verträge, 2 Lebensversicherung, l Urheberrecht an Werken der Litteratur und Kunst, l Markenschutz, l Anfechtungsklage.

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12

IQ 4 Fällen wurde das kantonsgerichtliche Urteil a u f g e h o b e n und die Sache zur Ausfällung eines neuen Urteils an die kantonale Instanz z u r ü c k g e w i e s e n . Diese Fälle betrafen: l Haftpflicht aus Fabrikbetrieb, 2 Forderungen aus unerlaubten Handlungen, l Anfechtungsklage.

Das s c h r i f t l i c h e V e r f a h r e n , das bei einem Streitwert unter Fr. 4000 Anwendung findet, hatte in 49 Fällen statt.

Die Berufungen waren folgendermaßen unter die b e i d e n A b t e i l u n g e n des Bundesgerichts v e r t e i l t : I. Abteilung. II. Abteilung. Total.

Aus dem Jahre 1895 übertragene Geschäfte 10 2 12 Neu eingegangen 179 56 235 Total Im Berichtsjahr erledigt

189 173

58 50

247 223

Auf das Jahr 1897 übertragen . 1 6

8

24

. . .

Was die R e c h t s p r e c h u n g in diesen Materien des eidgenössischen Privatrechtes, auf welche sich die Berufungen beziehen, betrifft, so verweisen wir auf die A m t l i c h e S a in m l u n g unserer Entscheidungen (Band XXII), in welcher die Urteile von allgemeinem Interesse aufgenommen wurden.

Auf eine Thatsache möchten wir indessen die Aufmerksamkeit der Bundesversammlung richten, nämlich auf die sehr fühlbare Vermehrung der Prozesse betreffend Versicherungsverträge.

Während sich das Bundesgericht im Jahre 1892 nur mit 4 Fällen dieser Art zu befassen hatte, stieg die Zahl im Jahre 1894 auf 11 und im Jahre 1896 auf 16. Obschon die Rechtsprechung in dieser Materie eine Reihe von Grundsätzen aufgestellt hat, die die Stabilität derselben mehren, ist doch zu wünschen, daß der Bund nicht allzulange mit dem Erlasse des im Art. 896 O.-R. vorgesehenen Bundesgesetzes zögere. So haben wir mit Befriedigunggesehen, daß der Bundesrat durch einen Fachmann einen Gesetzesvorentwurf über diese wichtige Materie hat ausarbeiten lassen.

Ad 5. Re v i s i o n s - und E r l ä u t e r u n g s g e s u c h e .

Von den 4 R e v i s i o n s g e s u c h e n gegenüber von ihm erlassenen Civilurteilen, mit denen sich das Bundesgericht im Jahre 1896 zu befassen hatte, wurde eines zurückgezogen, die 3 andern abgewiesen.

13 Die 4 E r l ä u t e r u n g s g e s u c h e wurden in der Weise erledigt, daß 3 abgewiesen wurden, auf l nicht eingetreten wurde.

Die 4 Revisionsgesuche bezogen sieh alle auf Urteile der e r s t e n A b t e i l u n g ; von den Erläuterungsgesuchen betrafen 2 die erste, 2 die zweite Abteilung.

Ad 6. K a s s a t i o n s b e g e h r e n .

Beim Bundesgerichte waren im Berichtsjahre k e i n e Bes c h w e r d e n i n A m o r t i s a t i o n s s a c h e n anhängig.

Dagegen hatte es sich mit 4 K a s s a t i o n s b e g e h r e n gegen Civilurteile kantonaler Gerichte zu befassen (Art. 89 des Bundesgeset'zes über, die Organisation der Bundesrechtspflege]!. Zwei wurden als unzulässig erklärt, eines deshalb, weil der Kassationskläger nicht nachwies, daß das kantonale Gericht kantonales oder ausländisches Recht anstatt des eidgenössischen angewendet hatte, das andere, weil es nicht gegen ein Haupturteil, sondern gegen einen Entscheid im Rechtsöffnungsverfahren gerichtet war. Ein drittes, welches vom Jahre 1895 übertragen worden war, wurde zurückgezogen. Das vierte endlich mußte in das Jahr 1897 hinübergenommen werden.

II. Strafrechtspflege.

Die A n k l a g e k a m m e r , die K r i m i n a l k a m m e r und das B u n d e s s t r a f g e r i c h t sind im Berichtsjahre nicht in Thätigkeit getreten.

Dagegen waren beim K a s s a t i o n s h o f sechs Geschäfte anhängig, von denen fünf im Berichtsjahre erledigt wurden, das sechste auf das laufende Jahr übertragen wurde. Zwei Kassationsbeschwerden betrafen Vergehen gegen das Bundesgesetz über das Urheberrecht an Werken der Litteratur und Kunst, beide gegen Urteile bernischer Gerichte; in einem Falle wurde das kantonale Urteil bestätigt, im andern die Beschwerde als unzulässig erklärt, weil der angegriffene Entscheid kein Haupturteil war. In zwei andern Fällen richteten sich die Beschwerden gegen Urteile der Genfer Gerichte, von denen sich das eine auf das eidgenössische Alkoholgesetz, das andere auf eine Zollübertretung bezog ; in beiden Fällen wurde die von der kantonalen Instanz ausgesprochene Verurteilung bestätigt. Die fünfte Beschwerde, die gegen ein bernisches Urteil betreffend Übertretung des Markenschutzgesetzes gerichtet war, wurde als unzulässig erklärt, weil der Beschwerde-

14

steller unterlassen hatte, seine Beschwerde innerhalb der gesetzlichen Frist zu begründen. Die sechste endlich, die die Anwendung desselben Gesetzes betrifft und sich auf ein Luzerner Urteil bezieht, ist pendent geblieben.

Die Entscheidungen des Kassationshofes sind in der A m t l i c h e n S a m m l u n g veröffentlicht, soweit sie grundsätzlicher Natur sind.

ITI. Staatsrechtspflege.

Die s t a a t s r e c h t l i c h e n S t r e i t i g k e i t e n , welche im Berichtsjahre beim Bundesgerichte anhängig waren,.bestanden in: » £

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Art der Streitsache.

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1. Kompetenzkonflikte zwischen Bundes- und kantonalen Behörden .

2. Staatsrechtliche Streitigkeiten zwischen Kantonen 3. Auslieferungen 4. Beschwerden von Privaten oder Korporationen : a. wegen Verletzung der Bundesverfassung, von Bundesgesetzen oder Kantonsverfassungen .

b. wegen Verletzung von Staatsverträgen Total

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A d 1. K o m p e t e n z k o n f l i k t e z w i s c h e n B u n d e s und kantonalen Behörden.

Von den zwei im Jahre 1896 erledigten Kompetenzkonflikten war der erste vom Bundesrat erhoben und gerichtet gegen die Anklagekammer des Kantons Bern ; er betraf eine Auslieferung.

Der zweite bezog sich auf eine Beschwerde des Staatsrates des Kantons Freiburg gegen einen Beschluß des Bundesrates, wodurch

15

die Wahl des Gemeinderates von Romont ungültig erklärt worden, war. Der erste Fall wurde zu gunsten der bernischen Behörde entschieden ; im zweiten unterlag die Regierung von Freiburg.

Betreffend die Erwägungen verweisen wir auf die A m t l i c h e S a m m l u n g , in der sich beide Fälle abgedruckt finden.

Ad 2 . S t a a t s r e c h t l i c h e S t r e i t i g k e i t e n z w i s c h e n Kantonen.

Die eine derselben betraf die Rückerstattung von Unterstützungsgeldern; sie wurde gütlich erledigt. Die zweite bezogsich auf einen Konflikt zwischen den Behörden der Kantone Zürich.

und Waadt betreffend Vormundschaft ; sie wurde zu ungunsten des letztern Kantons entschieden.

Der seit 1894 anhängige Prozeß zwischen den Kantonen Zürich und Schaffhausen betreffend die Hoheitsrechte über den Rhein konnte im Berichtsjahre noch nicht erledigt werden, mußte vielmehr auf das Jahr 1897 übertragen werden.

Ad 3. A u s l i e f e r u n g e n .

Die 6 Auslieferungen, mit denen das Bundesgericht sich zu beschäftigen hatte, wurden verlangt: i von Baden, l von Bayern, l von Frankreich, 3 von Italien. Die 3 erstem wurden verweigert; betreffend die Begründung verweisen wir auf die A m t l i c h e S a m m l u n g , wo> diese Fälle .veröffentlicht sind. Die 3 andern wurden bewilligt.

Ad 4. B e s c h w e r d e n von P r i v a t e n und K o r p o r a t i o n en.

Von den 247 hierher gehörenden, in der Tabelle unter a verzeichneten Beschwerden machten 69 die Verletzung von Bestimmungen der k a n t o n a l e n V e r f a s s u n g , 155 die Verletzung der B u n d e s v e r f a s s u n g geltend; \vas diese letztern, im speciellen betrifft; so stützten sich: 96 auf Art.

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" ,, ,, ,, ,,

152 Übertrag.

4 der Bundesverfassung (Gleichheit vor dem Gesetz,, Rechtsverweigerung), 45 (Niederlassung), 46 (Doppelbesteuerung etc.), 49 und 50 (konfessionelle Artikel), 55 (Preßfreiheit), 58 und 59 (Garantie des verfassungsmäßigen Richters,, Gerichtsstand des Wohnortes, Abschaffung des Schuldverhafts),

16

152 Übertrag.

2 auf Art. 61 (Vollziehung von Civilurteilen), l ,, ,, 5 der Übergangsbestimmungen zu der Bundesverfassung (Ausübung der wissenschaftlichen Berufe).

155

Auf Verletzung von B u n d e s g e s e t z e n bezogen sich 23 Beschwerden, und zwar : 3 des Bundesgesetzes über die Auslieferung von Verbrechern oder Angeschuldigten, 4 des Bundesgesetzes über den Verzicht auf das Schweizerbürgerrecht, 7 des Bundesgesetzes über die persönliche Handlungsfähigkeit, 9 des Bundesgesetzes über die civilrechtlichen Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter.

23

Von den 6 in der Tabelle sub b erwähnten Beschwerden .betrafen : 4 den Gerichtsstandsvertrag mit Frankreich vom 15. Juni 1869, l den Niederlassungsvertrag mit Großbritannien, l den Niederlassungsvertrag mit den Vereinigten Staaten.

6

Folgende Tabelle giebt Aufschluß über die H e r k u n f t und .die A r t der E r l e d i g u n g sämtlicher von Privaten oder Korporationen erhobenen staatsrechtlichen Rekurse, mit denen sich das ßundesgericht im Berichtsjahre zu befassen hatte:



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O

1 ·ä cc

Z

Pendent geblieben.

01

Kantone.

Begründet erklärt.

e

Abgewiesen.

1

17

1 o

&H

1

Aargau Appenzell A.-Rh Appenzell I.-Rh Baselland Baselstadt Bera . . . .

l Freiburg Genf Glavus Graubünden Luzern Neuenburg Nidwaiden . .

Ob walden Schaffhausen Schwyz . . .

Solothurn St. Gallen Tessin . . .

Thurgau Uri ...

Waadt Wallis Zug Zürich

3 2 .

.

.

.

3 2

2 3 1

2 2

1

3 l

1 1

.

2 1

23

2 1 1 5 1 1 2 1 5 1

1 1

1

2 ?,

1 2 2

--

Total

7 2 3 2

1

2

15

19 31 i 6 2 2 2 2 4 3 10 1 2 24 4 , 38 6 2 14 : 15 18 i 1 2 5 10 4 17 6 5 19 i 5 Ì 3 1 3 2 8 1 3 1 -- 1 2 2 4 6 3 6 !

5 4 i 14 !

,-f

3 1 14 1 2 4 6

32

1 i 4 1 4

137 46

4 ;

4 i 23 3 2 :

14 : 253

Von den 32 als b e g r ü n d e t e r k l ä r t e n Rekursen bezogen sich: auf Art. 4 der Bundesverfassung, auf Art. 45 der Bundesverfassung, auf Art. 46 der Bundesverfassung, auf Art. 50 der Bundesverfassung,

14 Übertrag.

Bundesblatt. 49. Jahrg. Bd. II.

2

18 14 7 l 3 1

Übertrag.

auf Art. 58 und 59 der Bundesverfassung, auf Art. 5 der Übergangsbestimmungen zur Bundesverfassung auf Verletzungen von Bestimmungen von Kantonsverfassungen, auf das Bundesgesetz über die Auslieferung von Verbrechern oder Angeschuldigten, 3 auf das Bundesgesetz über den Verzicht auf das Schweizerbürgerrecht, 2 auf das Bundesgesetz über die persönliche Handlungsfähigkeit, l auf das Bundesgesetz über die civilrechtlichen Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter.

32

Die Mehrzahl der als begründet erklärten Beschwerden haben in der A m t l i c h e n S a m m l u n g Platz gefunden, auf welche wir verweisen.

Immerhin glauben wir Ihre Aufmerksamkeit darauf lenken zu dürfen, daß das Bundesgericht in einem Falle entschieden hat, gemäß dem gegenwärtigen Texte des Bundesgesetzes über Organisation der Bundesrechtspflege sei der Bundesrat nicht mehr kompetent zur Beurteilung der Beschwerden, die sich auf eine Verletzung des Art. 5 der Übergangsbestimmungen zur Bundesverfassung (Ausübung wissenschaftlicher Berufsarten) beziehen. Der Bundesrat hat sich seinerseits mit dieser Interpretation einverstanden erklärt.

IV. Oberaufsicht über das Schuldbetreibungs- und Konkurswesen.

In Ausführung des Art. 16 des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1895 hat der Bundesrat mit dem Zeitpunkte des Inkrafttretens dieses Gesetzes dem Bundesgerichte alle bei ihm noch gemäß den frühern Bestimmungen des Bundesgesetzes ber Schuldbetreibung und Konkurs anhängigen Fälle übertragen.

Deren Zahl belief sich auf 51; die ältesten derselben rührten vom März 1895 her. Sie konnten alle von der Schuldbetreibungsund Konkurskammer des Bundesgerichts bis spätestens im Mai 1896 erledigt werden.

Überdies wurden beim Bundesgerichte 155 Beschwerden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen neu anhängig gemacht, so

19 daß im ganzen 206 Geschäfte dieser Art im Berichtsjahre zu behandeln waren. Hiervon wurden 200 erledigt und nur 6, die alle aus der zweiten Hälfte des Dezember 1896 datieren, mußten auf das Jahr 1897 übertragen werden.

Was die N a t u r dieser Geschäfte betrifft, so bezogen sich: 3 auf die Organisation der Betreibungs- und Konkursämter oder die Pflichten der betreffenden Beamten, 11 ,, Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung, 1 ,, die Art der Schuldbetreibung, 2 ,, den Ort der Betreibung, 1 ,, die Ferien und Rechtsstillstände, 3 ,, Zahlungsbefehle, 2 ,, Rechtsvorschlag, 5 ,, Rechtsöffnung, 45 ,, Pfändung, Vollziehung derselben und unpfändbare Gegenstände, 24 ,, Lohnpfändung, 5 ,, Anschlußpfändung, 12 ,, Eigentums- oder Pfandansprachen am Pfändungsgegenstand, 12- ,, Verwertungsbegehren, 5 ,, Verwertung beweglicher Sachen und von Forderungen, 19 ,, Verwertung von Liegenschaften, 3 ,, Kollokation, und Verteilung im Pfändungsverfahren, 2 ,, die gewöhnliche Konkursbetreibung, 1 v Wechselbetreibung, 2 T, Konkurserkenntnisse, l ,, Widerruf eines Konkurses, 10 ,, Konkurs ver waltung, 6 ,, Verwertung der Konkursmasse, 3 ,, Verteilung im Konkurse, 6 ,, Arrest und seine Vollziehung, 4 ^ die besondern Bestimmungen über Miete und Pacht, 5 ,, den Nachlaßvertrag, 'i v außergerichtliche Vermögensliquidation, 4 ,, Verlustscheine und neue Betreibung, 6 ,, Betreibungskosten, l ,, die Übergangsbestimmungen zum Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz, l ,, Revision eines Entscheides der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer.

206

20

Aargau Appenzell A.-Rh.

Appenzell I.-Rh.

. .'

Baselland Baselstadt Bern (deutscher Teil) .

Bern (französischer Teil) Freiburg Genf Glarus Graubünden Luzern Neuenburg . . . .

Nidwaiden Obwalden Schaffhausen Schwyz Solothurn St. Gallen Tessin Thurgau Uri Waadt . . . . . .

Wallis , Zug Zürich .

···:'·

3

6 1

.

.

6 2 1

1 1 1 1

1

4 4 5 4 1 1

4 .

Abgewiesen.

Rückzug oder Gegenstandslosigkeit.

Begründet erklärt.

Kantone.

Nichteintreten.

Die nachfolgende Tabelle giebt eine Übersicht über die bei der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer im Jahre 1896 anhängigen Besehwerden.

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1.2

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. 7 1 3 9 14 4 11 4 3 6 2

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4.

1 1 .

.

Total

'J 1

3 4 2 1 3

11 6 3 9

1

1 7 19 6 2 5 19 9 5 15

8

50

116

6

206

1 1

2 4 1 1

26

1 2 2 1

16 1 1 4 , 11 26 10 18 9 1 3 12 2 4

4 13 4 2

2

Die U n z u l ä s s i g k e i t der Besehwerde mußte in 5 Fällen wegen Verspätung, in 2 Fällen wegen andern formellen Gründen ausgesprochen werden. In 19 andern Fällen konnte die Schuld-

21

betreibungs- und Konkurskammer auf die Sache deshalb nicht eintreten , weil entweder der angegriffene Entscheid nicht von einer kantonalen Aufsichtsbehörde, sondern von einer richterlichen oder administrativen Behörde herrührte (Konkurserkenntnis, Entscheide in Rechtsöffnungsverfahren oder betreffend Nachlaß vertrage), oder weil der Rekurrent den Weg der gerichtlichen Klage anstatt den einer Beschwerde an die Aufsichtsbehörde hätte einschlagen sollen (Beschwerden gegen den Kollokationsplan etc.), oder endlich weil die Beschwerde nicht gegen einen eigentlichen Entscheid gerichtet war.

Die 50 für b e g r ü n d e t e r k l ä r t e n Beschwerden betrafen folgende Materien : l ein ungerechtfertigtes Nichteintreten der kantonalen Aufsichtsbehörde auf die Sache, 1 Rechtsvorschlag, 15 Pfändung, deren Vollzug, Unpfändbarkeit gewisser Sachen, 2 Lohnpfändungen, 2 Anschlußpfändung, 4 Eigentums- oder Pfandansprachen am Pfändungsgegenstand, 6 Verwertungsbegehren, 5 Verwertung von Liegenschaften, 2 Kollokation und Verteilung in der Pfändung, "i gewöhnliche Konkursbetreibimg, 5 Konkursverwaltung, 2 Arrest und dessen Vollzug, l besondere Bestimmungen über Miete und Pacht, 1 neue Betreibung, 2 Betreibungskosten.

50 In 4 dieser Fälle mußte die Sache an die kantonale Aufsichtsbehörde zur Ausfällung eines neuen Entscheides unter Zugrundelegung des Urteiles der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer z u r ü c k g e w i e s e n werden.

Die R e c h t s p r e c h u n g dieser neuen Abteilung des Bundesgerichts kann im allgemeinen als eine Weiterentwicklung der vom Bundesrate, welchem die Interpretation des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs während 4 Jahren, von 1892--1895, in letzter Instanz oblag, aufgestellten Grundsätze bezeichnet werden.

Übrigens können wir auch hier auf die A m t l i c h e S a m m l u n g unserer Entscheidungen verweisen, wo auch die Entscheidungen von allgemeinem Interesse auf diesem Gebiete enthalten sind.

22 Außer mit den angeführten Beschwerden hatte sich die Schuldbotreibungs- und Konkurskammer noch mit 61 Gesuchen um Wegleitung und sonstigen Anfragen zu befassen. In 6 Fällen rührten diese Anfragen von kantonalen Aufsichtsbehörden oder von eidgenössischen Verwaltungsbehörden her und betrafen Fragen grundsätzlicher Natur aus dem Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz.

Sie wurden beantwortet, soweit die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer dies thun konnte, ohne sich für die Entscheidung der Streitfälle, die ihr in Zukunft unterbreitet werden können, zu binden.

In den 55 andern Fällen dagegen, die von Privaten oder von Betreibungs- oder Konkursämtern herrührten und sich auf Fragen bezogen, die auf dem Wege der Beschwerde vor diese Kammer gebracht werden konnten, verweigerte diese überall die materielle Auskunft.

In 43 Fällen rekurrierten Private direkt an die Schuldbetreibungsund Konkurskammer, ohne vorher den kantonalen Instanzenzug erschöpft zu haben ; diese Rekurse wurden von Amtes wegen an die kantonale Behörde, die damit hätte befaßt werden sollen, gewiesen.

V. Freiwillige Gerichtsbarkeit.

Wie schon in unserm letztjährigen Geschäftsberichte erwähnt, hat die Mehrheit der Obligationäre des im Jahre 1892 von der Thunerseebahngesellschaft emittierten Anleihens, die gemäß Art. 15 des Bundesgesetzes vom 24. Juni 1874 einberufen worden, beschlossen, dem Begehren um Z w a n g s l i q u i d a t i o n , das im Jahre 1895 beim Bundesgericht gegen die genannte Gesellschaft eingereicht worden war, keine Folge zu geben. Dieses Geschäft konnte folglich im Jahre 1896 durch Beschluß als erledigt abgeschrieben werden.

Bin anderes Begehren um Zwangsliquidation wurde im Jahre 1896 von einem Gläubiger der Eisenbahngesellschaft HutUvyJWohlhusen gegen diese letztere gestellt. Da der Gläubiger späterhin befriedigt wurde, zog er sein Begehren zurück.

' Die im Jahre 1893 angeordnete Liquidation der Eisenbahngesellschaft Brienz-Rothorn konnte im Berichtsjahre nicht zu Ende geführt werden, weil der Liquidator gegen die Gründer der Gesellschaft Prozesse angehoben hat, die gegenwärtig vor den zuständigen kantonalen Gerichten anhängig sind. Der wichtigste dieser Prozesse hat übrigens anfangs dieses Jahres seine Erledigung durch Vergleich gefunden. Was die zwei andern betrifft, so kann deren

23

Portsetzung den privilegierten Gläubigern überlassen werden, denen ein günstiges Resultat ausschließlich zu gute käme. Der Schluß der Liquidation dürlte daher bevorstehend sein.

Die frühern Geschäftsberichte erwähnten unter der Aufschrift ,, F r e i w i l l i g e G e r i c h t s b a r k e i t u auch die gegen das Verfahren der eidgenössischen Schätzungskommissionen gemäß Art. 28 des Bundesgesetzes vom 1. Mai 1850 betreffend die Verbindlichkeit zur Abtretung von Privatrechten an das Bundesgericht gerichteten Beschwerden. Da Art. 55 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 22. März 1893 diese Beschwerden unter der ,,Civilrechtspflege11 auffuhrt, zusammen mit den Beschwerden gegen die von den eidgenössischen Schätzungskommissionen getroffenen Schätzungen, zogen wir vor, davon im Zusammenhange mit den andern die Expropriation betreffenden Geschäften zu sprechen (s. o. Seite 7).

Tl. Rekapitulation und mittlere Dauer der Streitsachen.

Die folgende Tabelle giebt die G-esamtziffer der beim Buudesgerichte im Jahre 1896 anhängigen, sowie diejenige der im Berichtsjahre erledigten Geschäfte, verglichen mit derjenigen des Jahres 1895, an:

24 Gesamtzahl der Geschäfte.

Erledigt

Natur der Streitsachen.

1896.

I. Givilsachen: 1. Erst- und letztinstanzliche Prozesse 2 . Expropriationen . . . .

3. Rekursegegen Entscheide des Massaverwalters in Zwangsliquidationen von Eisenbahnen 4. Berufungen 5. Re visions- und Erläuterungsgesuche * 6. Kassationsbeschwerden . .

II.

Strafsachen: 1. Kassationsbeschwerden .

2. Vor das Bundesstrafgericht gebrachte Straflalle .

III. Staatsrechtliche Streitigkeiten: L. Kompetenzkonflikte zwischen Bundes- und kantonalen Behörden 2. Staatsrechtliche Streitigkeiten zwischen Kantonen .

3 . Auslieferungen . . . .

4. Beschwerden von Privaten und Korporationen IV.

BesehwerdenbetreffenddasSchuldbetreibungs- und Korikwswesen .

V. Freiwillige Gerichtsbarkeit

.

Total

1895.

1896.

1895.

61 506

52 255

22 280

114

10 247

10 220

10 223

208

8 4

5 3

8 3

5 2

6

7

5

6

--

1

--

1

2

--.

2

--.

3 6

6 5

2 6

5 5

·253

214

207

193

200

206 3

1315

17

2

2

-- 1

780

970

557

* Diese Geschäfte sind in der Schlußtabelle de» Geschäftsberichts für das Jahr 1895 nicht enthalten.

25 Aus dieser Zusammenstellung geht hervor, daß die Gesamtzahl der beim Bundesgerichte im Berichtsjahre anhängigen Geschäfte die entsprechende Zahl des Vorjahres um 535 übersteigt.

Diese Vermehrung rührt größtenteils einerseits von der Übertragung der Oberaufsicht über das Schuldbetreibungs- und Konkurswesen an das ßundesgericht (206 im Jahre 1896 eingegangene Beschwerden), anderseits von der Thatsache her, daß im verflossenen Jahre beinahe doppelt so viele Expropriationsgeschäfte zu behandeln waren, wie im Vorjahre (506 gegenüber 255).

Die Zahl der im Jahre 1896 erledigten Geschäfte belief sich auf 970, d. h. 413 mehr als die entsprechende Zahl im Jahre 1895.

Die m i t t l e r e D a u e r der im Jahre 1896 erledigten Streitsachen zeigt folgende Tabelle: Mittlere Dauer.

m fc.

Natur der Streitsachen.

Vom Eingang der n3v NS 60.

Klage oder dem ä-1 § Datum der Be- rH, Sn. S "3Ï schwerde bis aö 'S i -+j 3 ^r^-> --<

zum Urteil.

A. Erst- und leMinstanzliche Civilsachen B. Expropriationen C. Rekurse gegen Entscheidungen des Massaverwalters bei Zwangsliquidation v o n Eisenbahnen . . . .

D. Berufungen, Revisions- und Erläuterungsgesuche in Civilsachen .

E. Strafsachen F. Staatsrechtliche Streitigkeiten .

G. Beschwerden betreffend Schuldbetreibungs- und Konkurswesen: a. aus dem Jahre 1895 . . . .

b. aus dem Jahre 1896 . . . .

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Monate.

Tage.

Tage.

19 8

4 29

39 77*

30

15

8 '/a

1 4 2

12 1 13

37 y, 29 36Y»

4

10 29

19 18

Was die mittlere Dauer der aus dem Jahre 1895 herrührenden, vom Bundesrat dem Bundesgericht übertragenen Schuldbetreibungs-

26 und Konkursgeschäfte betrifft, so setzt sich die in der Tabelle angeführte Zahl von 4 Monaten und 10 Tagen folgendermaßen zusammen: Dauer der Anhängigkeit beim Bundesrat, d. h. bis 31. Dezember 1895 2 Monate und 20 Tage, von da bis zum Entscheide der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer l Monat und 20 Tage.

Bei den andern Geschäften erklärt sich die längere mittlere Dauer bei einigen Rubriken, im Vergleich zu den im Geschäftsbericht pro 1895 aufgeführten Zahlen, zum Teil aus dem allgemeinen Anwachsen der Geschäftslast, zum Teil aus der Thatsache längerer Krankheit mehrerer Instruktionsrichter, zum Teil endlich aus dem Umstände, daß das als Referent bezeichnete Mitglied später ersetzt werden mußte, was anläßlich des Todes des Herrn Bundesrichter Cornaz der Fall war.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

L a u s a n n e , den 10. März 1897.

Im Namen des Schweiz. Bundesgerichts, Der Präsident: Charles Soldan.

Der Gerichtsschreiber : Honegger.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des schweizerischen Bundesgerichts an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1896. (Vom 10. März 1897.)

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Bundesblatt

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1897

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

12

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

24.03.1897

Date Data Seite

1-26

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