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20.485 Parlamentarische Initiative Anpassung der Altersschwelle in der Bundesanwaltschaft Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates vom 13. April 2021

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zur Änderung einer Verordnung der Bundesversammlung.

Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

13. April 2021

Im Namen der Kommission Der Präsident: Beat Rieder

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Übersicht Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates beantragt, die Altersschwelle für die Ämter der Bundesanwältin bzw. des Bundesanwalts und der Stellvertretenden Bundesanwältinnen bzw. Bundesanwälte analog dem Amt einer eidgenössischen Richterin bzw. eines eidgenössischen Richters auf 68 Jahre anzuheben. Mit dieser Regelung soll eine Bestimmung aufgehoben werden, die als diskriminierend und ­ insbesondere im internationalen Vergleich ­ überholt erachtet wird.

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

1.1

Ausgangslage

Nach dem Rücktritt des Bundesanwalts am 31. August 2020 schrieb die Gerichtskommission gestützt auf Artikel 40a Absatz 2 des Parlamentsgesetzes1 die vakante Stelle aus.

Bei ihren Arbeiten stellte die Kommission fest, dass die Altersschwelle für das Amt der Bundesanwältin bzw. des Bundesanwalts auf 64 Jahre für Frauen und auf 65 Jahre für Männer festgelegt ist. Diese Regelung ist nicht nur restriktiver als diejenige für eidgenössische Richterinnen und Richter (68 Jahre) und für Mitarbeitende der Bundesverwaltung (Verlängerungsmöglichkeit bis 70 Jahre), sondern auch geschlechterdiskriminierend. Zudem schränkt sie den bereits sehr engen Kreis möglicher Bewerberinnen und Bewerber unnötig ein.

Insbesondere um über einen grösseren Handlungsspielraum im Rekrutierungsverfahren zu verfügen, ersuchte die Gerichtskommission mit Schreiben vom 26. November 2020 die zuständigen Sachbereichskommissionen, die aktuelle Bestimmung so bald wie möglich zu ändern und die Altersschwelle für das Amt der Bundesanwältin bzw. des Bundesanwalts auf 68 Jahre anzuheben.

1.2

Parlamentarische Initiative

Gemäss Artikel 22 Absatz 1 des Strafbehördenorganisationsgesetzes (StBOG) vom 19. März 20102 regelt die Bundesversammlung das Arbeitsverhältnis und die Besoldung des Bundesanwalts oder der Bundesanwältin sowie der Stellvertretenden Bundesanwälte oder Bundesanwältinnen in einer Verordnung. Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung der Bundesversammlung über das Arbeitsverhältnis und die Besoldung des Bundesanwalts oder der Bundesanwältin sowie der Stellvertretenden Bundesanwälte oder Bundesanwältinnen vom 1. Oktober 20103 sieht vor, dass der Bundesanwalt oder die Bundesanwältin sowie die Stellvertretenden Bundesanwälte oder Bundesanwältinnen am Ende des Jahres aus ihrem Amt scheiden, in dem sie das ordentliche Rücktrittsalter nach den Bestimmungen über das Arbeitsverhältnis des Bundespersonals erreichen.

Nachdem die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates (RK-S) Kenntnis genommen hatte vom Schreiben der Gerichtskommission, beschloss sie am 3. Dezember 2020 einstimmig, eine parlamentarische Initiative einzureichen, mit welcher Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung dahingehend geändert werden soll, dass der Bundesanwalt oder die Bundesanwältin und die Stellvertretenden Bundesanwälte oder 1 2 3

SR 171.10 SR 173.71 SR 173.712.23

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Bundesanwältinnen bis zum Alter von 68 Jahren im Amt bleiben dürfen, wie dies bei den eidgenössischen Richterinnen und Richtern und den meisten Ländern der Fall ist.

Am 14. Januar 2021 verweigerte die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (RK-N) mit 12 zu 11 Stimmen bei 2 Enthaltungen jedoch ihre Zustimmung zu diesem Beschluss, weil sie der Auffassung war, es handle sich um eine gesetzliche Anpassung ad personam, da ein Kandidat, der seine Bewerbung öffentlich gemacht hatte, über 65 Jahre alt war.

Am 28. Januar 2021 hielt die RK-S an ihrem Beschluss fest. Am 17. März 2021 beschloss der Ständerat ohne Gegenstimme, der Initiative Folge zu geben, betonte aber, es bestehe kein dringender gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Gleichzeitig brach die Gerichtskommission nach einem erfolglosen zweiten Rekrutierungsverfahren ihre Arbeiten ab, da keine Kandidatur die von der Kommission vorausgesetzte breite Unterstützung fand. Sie teilte mit, sie werde die Stelle erst dann wieder ausschreiben, wenn sie wisse, was aus der Initiative geworden ist und welche Empfehlungen die Geschäftsprüfungskommissionen zur Zukunft der Bundesanwaltschaft abgeben haben.

Der Hintergrund war also ein anderer, als sich die RK-N am 26. März 2021 erneut mit der Initiative befasste. Diesmal stimmte sie der Ausarbeitung eines Entwurfs mit 20 zu 5 Stimmen zu, allerdings unter der Voraussetzung, dass dieser erst in Kraft tritt, wenn die vakante Stelle besetzt ist.

Somit konnte die Kommission ­ gestützt auf Artikel 112 Absatz 1 des Parlamentsgesetzes mit Unterstützung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements ­ den Erlassentwurf ausarbeiten.

Die Kommission nahm den Entwurf am 13. April 2021 einstimmig an.

2

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

2.1

Verordnung der Bundesversammlung über das Arbeitsverhältnis und die Besoldung des Bundesanwalts oder der Bundesanwältin sowie der Stellvertretenden Bundesanwälte oder Bundesanwältinnen vom 1. Oktober 20104

Art. 4 Abs. 2 Die Bestimmung entspricht der Regelung, wie sie gemäss Artikel 48 Absatz 2 StBOG auch für Bundesstrafrichterinnen und -richter gilt.

Art. 8 Abs. 2 und 3 Diese Bestimmungen entsprechen materiell der Regelung von Artikel 9 Absatz 2 und 3 der Verordnung der Bundesversammlung vom 13. Dezember 20025 über das 4 5

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SR 173.712.23 SR 173.711.2

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Arbeitsverhältnis und die Besoldung der Richter und Richterinnen des Bundesverwaltungsgerichts, der ordentlichen Richter und Richterinnen des Bundesstrafgerichts und der hauptamtlichen Richter und Richterinnen des Bundespatentgerichts.

2.2

Inkrafttreten

Die Änderung tritt am 1. Januar 2022 in Kraft.

3

Auswirkungen

Da mit der Anpassung keine neue Stelle geschaffen wird, entstehen kaum zusätzliche Kosten. Es könnte höchstens die Differenz zwischen dem Lohnklassenmaximum, welches die Personen am Ende ihrer Karriere erreichen, und dem Anfangslohn von neu angestellten Personen in Betracht gezogen werden. Dies wären für die drei betroffenen Stellen zwischen 50 000 und 120 000 Franken pro Jahr.

4

Rechtliche Aspekte

4.1

Verfassungsmässigkeit

Gemäss Artikel 123 Absatz 1 der Bundesverfassung6 (BV) ist der Bund zur Gesetzgebung auf dem Gebiet des Strafrechts und des Strafprozessrechts zuständig.

4.2

Erlassform

Gemäss Artikel 22 Absatz 1 StBOG regelt die Bundesversammlung das Arbeitsverhältnis und die Besoldung des Bundesanwaltes oder der Bundesanwältin sowie der Stellvertretenden Bundesanwälte oder Bundesanwältinnen in einer Verordnung. Sowohl die Festlegung des Zeitpunkts des Ausscheidens aus dem Amt als auch die Regelung der beruflichen Vorsorge stellen Einzelheiten der Regelung des Arbeitsverhältnisses bzw. der Besoldung dar, die wie bisher in der Parlamentsverordnung geregelt werden.

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SR 101

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