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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Paul Scholer von Basel.

(Vom 11. Juni 1897.)

Tit.

Im Juli 1895 zeigte es sich, daß Paul Scholer von Basel, geboren 1857, verheiratet, Vater eines Kindes, sich der Unterschlagung von Legalisationsgebühren im Betrage von Fr. 3564. 99 und Schriftstücken zum Nachteile der Bundesverwaltung, begangen in seiner Eigenschaft als Unterregistrator der Bundeskanzlei, schuldig gemacht hat. Es wurde daher gegen ihn im Sinne von Art. 75 des Bundesstrafrechtes Strafanzeige bei den bernischen Behörden erhoben.

Außerdem wurde derselbe, da er zur teilweisen Verdeckung der erwähnten strafbaren Handlungen fälschlicherweise unter dem Namen ,,Bundesrat" und ,,Bundeskanzlei" mehrere Telegramme verfaßt und die so verfälschten Urkunden an den Regierungsrat und die Landeskanzlei in Liestal abgesandt hatte, nach Maßgabe von Art. 125 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 22. März 1893 wegen Fälschung von Bundesakten, sowie wegen Amtspflichtverletzung an die bernischen Gerichte zur Untersuchung und Beurteilung überwiesen. Scholer war der ihm zur Last gelegten Handlungen geständig. Die Kriminalkammer des Obergerichtes des Kantons Bern verurteilte ihn am 12. September 1895 in Anwendung der Art. 219 und 220 des bernischen Strafgesetzes, der Art. 61, 75, 33, 53, litt, f, 2, 3, 7, 8 des Bundesstrafrechtes peinlich zu 21/2 Jahren Zuchthaus und Fr. 50 Buße, eventuell 10 Tage Gefängnis, zu einem Jahr Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit, sowie zu den auf Fr. 149. 85 bestimmten Kosten des Staates. Scholer verbüßt seine Zuchthausstrafe in der Strafanstalt Witzwyl.

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Von dort aus richtete er im März laufenden Jahres ein Begnadigungsgesuch an den Bundesrat. Wir traten jedoch damals auf dasselbe nicht ein, indem wir in Betracht zogen, daß das schwerste der von Scholer begangenen Delikte, die Unterschlagung, nach kantonalem Rechte beurteilt worden und es daher zunächst Sache der zuständigen bernischen Behörde ist, ein Begnadigungsgesuch des Scholer zu behandeln. Demzufolge stellte dieser nun kürzlich beim Großen Rate des Kantons Bern das Gesuch, es möchte ihm unter Vorbehalt der Zustimmung seitens der Bundesversammlung, bei welcher er ein eben dahin zielendes Gesuch für die Junisession anhängig machen werde, der dann noch verbleibende Rest seiner Strafzeit oder doch das letzte Viertel derselben erlassen werden, damit er sobald wie möglich wieder für seine Familie,i besonders O für seine Frau, deren Gesundheit durch häufige Krankheiten untergraben sei, sorgen könne. Der bernische Große Rat hat dem Gesuche zum Teil entsprochen und in seiner Sitzung vom 19. Mai 1897 gemäß dem Antrage des bernischen Regierungsrates und in Anbetracht, daß der Gesuchsteller laut Bericht des Verwalters der Strafanstalt Witzwyl sich während seiner bisherigen Strafzeit gut aufgeführt hat, vorher auch gut beleumdet war, nicht vorbestraft ist und nach den Akten gleich anfangs ein umfassendes Zugeständnis seiner Schuld abgelegt und dadurch die Untersuchung wesentlich erleichtert hat, beschlossen, es sei dem Paul Scholer d e r S e c h s te l d e r 2 1 / 2 J ä h r i g e n Z u c h t h a u s s t r a f e , vorbehaltlich d e r Z u stimmung der Bundesversammlung, in Gnaden erlassen.

Mit Eingabe an den ßundesrat vom 24. Mai dies Jahres bittet nun Scholer, die Bundesversammlung wolle jenem Beschlüsse des bernischen Großen Rates ihre Zustimmung geben und damit demselben definitive Rechtskraft verleihen.

Wir beantragen, es sei diesem Gesuche zu entsprechen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 11. Juni 1897.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Kiiigier.

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Rekurse der Regierung von Luzern und von Zust und Konsorten in Sursee gegen den Bundesratsbeschluß vom 25. März 1897 betreffend die Bezirksrichterwahl von Sursee.

(Vom 11. Juni 1897.)

Tit.

Der Entscheid, welchen wir am 25. März abbin über den Rekurs des Franz Joseph Gut und Genossen, in Sursee, betreffend die Wahl eines Bezirksrichters in Sursee, vom 21. Juni 1896, getroffen haben, ist sowohl durch das konservative Komitee des Gerichtskreises Sursee (Zust und Konsorten) als durch die Regierung des Kantons Luzern angefochten und vor die Bundesversammlung weitergezogen worden.

Wir haben zunächst die Legitimation des konservativen Kreiskomitees zu diesem Vorgehen zu prüfen.

Die Wahl des Herrn Feuerwehrinspektor Bucher als Bezirksrichter wurde beim Regierungsrat des Kantons Luzern und auf dessen abschlägigen Bescheid hin beim Bundesrat angefochten ; das konservative Komitee des Bezirkskreises hat erst in letzter Instanz interveniert. Wir sind indessen nicht der Ansicht, daß ihm die Legitimation hierzu abgesprochen werden könne.

Der Bundesrat hat in seinem Entscheide vom 1. Juni 1883 betreifend die Kassation einer am 21. Januar 1883 stattgehabten Bezirksrichterwahl im Kreise Escholzmatt den Satz ausgesprochen,

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Paul Scholer von Basel. (Vom 11. Juni 1897.)

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1897

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16.06.1897

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