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21.004 Jahresbericht 2020 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 26. Januar 2021

Sehr geehrte Herren Präsidenten Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen gestützt auf Art. 55 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG; SR 171.10) den Bericht über die Tätigkeit der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation im Jahr 2020 und bitten Sie, davon Kenntnis zu nehmen.

Dieser Bericht gibt Auskunft über die wichtigsten während des Berichtsjahrs vorgenommenen Kontrollen sowie über ihre Ergebnisse und die daraus zu ziehenden Lehren.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

26. Januar 2021

Im Namen der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Die Präsidentin der GPK-S: Maya Graf Der Präsident der GPK-N: Erich von Siebenthal

2021-0619

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Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung

6

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Auftrag und Organisation 2.1 Auftrag und Kompetenzen der GPK 2.1.1 Aufgaben der GPK im Rahmen der Oberaufsicht 2.1.2 Informationsrechte und Vertraulichkeit der Arbeiten 2.1.3 Zusammenarbeit der GPK und der GPDel mit ihrem Sekretariat 2.1.4 Zusammenarbeit der GPK mit den Finanzkommissionen (FK), der Finanzdelegation (FinDel) und der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) 2.2 Organisation und Zusammensetzung der GPK

7 7 7 8

3

Arbeiten der GPK im Jahr 2020 3.1 Veröffentlichungen im Jahr 2020 3.2 Wirtschafts-, Bildungs- und Finanzpolitik 3.2.1 Hochseeschifffahrts-Bürgschaften 3.3 Soziale Sicherheit und Gesundheit 3.3.1 Elektronisches Patientendossier (EPD) 3.3.2 Impfstoffmangel in der Schweiz 3.3.3 Delegation von Rechtsetzungskompetenzen an Dritte: Beispiel der Transplantationsverordnung 3.3.4 Vergabepraxis des BAG 3.4 Internationale Beziehungen und Aussenhandel 3.4.1 Swiss Investment Fund for Emerging Markets (SIFEM) 3.5 Staat und Verwaltung 3.5.1 Schutz geistigen Eigentums bei Freihandelsabkommen 3.5.2 Integrierte Grenzverwaltung 3.5.3 Internationale Rechtshilfe 3.5.4 Gewalt gegen Frauen in Bundesasylzentren 3.5.5 Fehler in Abstimmungsbüchlein 3.5.6 Sponsoring im VBS 3.6 Justizwesen und Bundesanwaltschaft 3.6.1 Interne Probleme am Bundesstrafgericht 3.6.2 Planung und Aufbau der Berufungskammer 3.6.3 Weiterhin Handlungsbedarf nach dem Scheitern der Revision des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) 3.6.4 Die Rolle der BA im Fall Magnitsky 3.7 Sicherheit 3.7.1 Cybersicherheit 3.7.2 Neue Rüstungsstrategie 3.7.3 Gefahreneinschätzung der belasteten Standorte 3.8 Umwelt, Verkehr und Infrastruktur

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10 10 11 15 16 17 17 21 21 22 25 27 29 29 31 31 32 33 34 35 36 37 37 38 39 39 40 40 42 43 45

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3.8.1 Zustelltarife für abonnierte Zeitungen und Zeitschriften 3.8.2 Doppelstockzüge der SBB 3.8.3 Störungen der Netze der Swisscom AG 3.9 Laufende Inspektionen der GPK 3.9.1 Einleitung 3.9.2 Buchungsunregelmässigkeiten bei PostAuto Schweiz AG 3.9.3 Nachkontrolle zur Spezialitätenliste der OKP: Aufnahme und Überprüfung von Medikamenten 3.9.4 Geschäftsverteilung bei den eidgenössischen Gerichten 3.9.5 Aufsichtsverhältnis zwischen der AB-BA und der BA 3.9.6 Planung und Aufbau der Berufungskammer 3.9.7 Stand der laufenden Inspektionen der GPK und der GPDel 3.10 Dienststellenbesuche 3.11 Aufsichtseingaben 3.12 Weitere von den GPK behandelte Themen

45 47 49 50 50 50

Inspektion Covid-19-Pandemie 4.1 EDI 4.1.1 Organisation des EDI und des BAG bei der Krisenbewältigung 4.1.2 Zusammenarbeit mit den Kantonen bei der Krisenbewältigung 4.1.3 Internationale Zusammenarbeit von EDI und BAG 4.1.4 Wissenschaftliche Informationsgrundlagen von EDI und BAG 4.1.5 Management des medizinischen Materials 4.1.6 Angemessenheit des Schweizer Pandemieplans und des Epidemiengesetzes 4.1.7 Massnahmen im Bereich der Sozialversicherungen 4.2 UVEK 4.2.1 Öffentlicher Verkehr 4.2.2 Bundesnahe Unternehmen 4.3 EFD 4.3.1 Umsetzung der Covid-19-Massnahmen an der Grenze 4.3.2 Covid-19-Kredite 4.3.3 Bundespersonal 4.3.4 Sonstige Themen des EFD 4.4 WBF 4.4.1 Kurzarbeitsentschädigung 4.4.2 Zweckmässigkeit und Wirksamkeit der wirtschaftlichen Landesversorgung in der Covid-19-Krise 4.4.3 Sonstige Themen des WBF 4.5 EDA 4.5.1 Informationsbeschaffung durch das EDA-Aussennetz 4.5.2 Unterstützungsleistungen des EDA

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52 53 53 54 54 58 58 59

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4.6

4.7

4.8

5

VBS 4.6.1 Rolle der Armeeapotheke 4.6.2 Mobilmachung der Armee EJPD 4.7.1 Grenzschliessungen 4.7.2 Rolle des BJ 4.7.3 Rechtmässigkeit der Anwendung von Notrecht Bundeskanzlei 4.8.1 Krisenmanagement des Bundesrates 4.8.2 Krisenfrüherkennung 4.8.3 Datenschutzrechtliche Herausforderungen

90 90 93 96 96 97 98 100 100 101 102

Staatsschutz und Nachrichtendienste 5.1 Aufgaben, Rechte und Organisation der GPDel 5.2 Inspektion zum Fall Crypto AG 5.3 Steuerungsinstrumente des Bundesrats 5.4 Kontakte mit dem Ausland 5.5 Vereinbarungen mit dem Ausland 5.6 Genehmigungspflichtige Informationsbeschaffung 5.7 Funk- und Kabelaufklärung 5.8 Auskunfts- und Meldepflichten 5.9 Aufsichtseingabe von «grundrechte.ch»: Umsetzung der Massnahmen durch das VBS und das EJPD 5.10 Aufsichtstätigkeit der AB-ND 5.11 Aufsichtseingabe der Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates des Kantons Bern 5.11.1 Ausgangslage 5.11.2 Prüfbericht der AB-ND 5.11.3 Empfehlungskompetenzen der AB-ND 5.11.4 Beurteilung der Empfehlungen der AB-ND 5.11.5 Abschluss der Arbeiten 5.12 Tätigkeits- und Organisationsverbote 5.13 Strafverfolgung im Staatsschutzbereich 5.14 Nachkontrolle zur Inspektion zum Fall Daniel Moser 5.15 Akteneinsichtsgesuch in Protokolle der GPDel

103 103 104 105 105 106 107 109 109

6

Geschäftsberichte 2019 und wiederkehrende Berichte 6.1 Geschäftsbericht 2019 des Bundesrates 6.2 Geschäftsbericht 2019 des Bundesgerichts 6.3 Weitere von der GPK geprüfte Berichte

123 123 124 125

7

Legislative Tätigkeiten 7.1 Pa. Iv. 15.451

126 126

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110 113 114 114 115 115 116 118 118 119 121 122

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Abkürzungsverzeichnis

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Jahresbericht 2020 der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle.

Anhang zum Jahresbericht 2020 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte BBl 2021 571

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Bericht 1

Einleitung

Der vorliegende Jahresbericht bietet einen Überblick über die Tätigkeit der parlamentarischen Oberaufsicht der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) und der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) im Jahr 2020. Er enthält überdies Informationen zu den Arbeitsmethoden und -prozessen, zu den Problemen im Zusammenhang mit bestimmten Aufsichtsgeschäften und zu den erzielten Ergebnissen. Seit dem Jahresbericht 2016 liegt der inhaltliche Schwerpunkt dabei auf Geschäften, zu denen im Laufe des Jahres nicht bereits öffentlich kommuniziert wurde (vgl. Ziff. 3.2 ff.).

Bis 2016 wurde nur über die abgeschlossenen Geschäfte und die Veröffentlichungen der GPK berichtet. Um die Transparenz zu erhöhen, informieren die GPK im Jahresbericht seit 2017 auch über ihre laufenden Arbeiten (vgl. Ziff. 3.9 und 3.12).

Die GPK beschlossen an ihrer Sitzung vom 18. Mai 2020 eine Inspektion zur Aufarbeitung der Massnahmen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie einzuleiten. Aufgrund der Bedeutung dieses Themas widmet sich ein Teil des vorliegenden Berichts dieser Inspektion (Ziff. 4). Daneben leiteten die GPK im vergangenen Jahr drei weitere Inspektionen ein. Bei der ersten handelt es sich um das «Controlling von Offset-Geschäften», die zweite widmet sich dem «Grundwasserschutz in der Schweiz» und die dritte behandelt «sanierungsbedürftige oder nicht mehr benötigte Verwaltungsgebäude».1 Diese Inspektionen werden sich je auf eine Evaluation der PVK stützen (vgl. Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) im Anhang, Ziff. 2). Auf der Basis der Evaluationen der PVK wird die zuständige Kommission ihre Beurteilungen aus der Perspektive der parlamentarischen Oberaufsicht vornehmen. An der Sitzung vom 25. August 2020 bzw. vom 4. September 2020 beschlossen die GPK-S bzw. die GPK-N die Inspektion «Sanierungsbedürftige oder nicht mehr benötigte Verwaltungsgebäude» zu sistieren (vgl. Bericht der PVK im Anhang, Ziff. 2).

Neben der erwähnten Inspektion zur Aufarbeitung der Covid-19 Massnahmen und den damit im Zusammenhang stehenden Abklärungen beschäftigten sich die GPK im Jahr 2020 mit diversen weiteren Themen, zu denen bisher keine Informationen veröffentlicht wurden und die nun Gegenstand des vorliegenden Berichtes sind. Dazu gehören insbesondere das elektronische Patientendossier (EPD) (vgl. Ziff. 3.3), das
Sponsoring im VBS, Gewalt gegen Frauen in Bundesasylzentren (beide Ziff. 3.5), die Doppelstockzüge von Bombardier, die Pannen im Netz der Swisscom (beide Ziff. 3.8) oder die neue Rüstungsstrategie (Ziff. 3.7).

Die GPK publizierten im vergangenen Jahr zwei Untersuchungsberichte, eine Stellungnahme und eine oberaufsichtsrechtliche Feststellung (vgl. Ziff. 3.1).

Im Berichtsjahr traten die GPK zu 18 Plenarsitzungen, zwei Sitzungen der Koordinationsgruppe und 74 Subkommissions- bzw. Arbeitsgruppensitzungen zusammen. Da-

1

Medienmitteilung der GPK-N/S vom 30. Jan. 2020.

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von waren acht Termine Dienststellenbesuchen gewidmet. Insgesamt führten die Subkommissionen vier Sitzungen per Videokonferenz durch. Die GPDel führte 22 Sitzungen durch. Insgesamt fanden 116 Sitzungen statt.

Die GPK haben den vorliegenden Bericht an der Plenarsitzung vom 26. Januar 2021 einstimmig gutgeheissen und dessen Veröffentlichung beschlossen. Der Berichtsentwurf war den betroffenen Behörden gemäss Artikel 157 des Parlamentsgesetzes (ParlG)2 zur Stellungnahme unterbreitet worden. Die abgegebenen Stellungnahmen waren von den GPK und der GPDel geprüft und soweit wie möglich berücksichtigt worden.

2

Auftrag und Organisation

2.1

Auftrag und Kompetenzen der GPK

2.1.1

Aufgaben der GPK im Rahmen der Oberaufsicht

Die GPK nehmen als parlamentarische Kommissionen im Auftrag der eidgenössischen Räte die Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrates und der Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte sowie der anderen Träger von Aufgaben des Bundes wahr (Art. 169 BV3, Art. 52 ParlG). Die Aufgaben, Zuständigkeiten und Kompetenzen der GPK werden in den Artikeln 2627, 5255 und 153158 ParlG sowie in weiteren Gesetzes-4 und Verordnungstexten5 definiert.

Bei der Ausübung ihres Auftrags überprüfen die GPK hauptsächlich, ob die Bundesbehörden im Sinne der Verfassung und der Gesetze handeln und ob die vom Gesetzgeber übertragenen Aufgaben richtig erfüllt werden (Überprüfung der Rechtmässigkeit). Zudem achten sie darauf, dass die vom Staat getroffenen Massnahmen sinnvoll sind und dass die Bundesbehörden ihren Entscheidungsspielraum angemessen nutzen (Überprüfung der Zweckmässigkeit). Schliesslich kontrollieren sie auch die Wirksamkeit der getroffenen Massnahmen mit Blick auf die vom Gesetzgeber gesetzten Ziele (Überprüfung der Wirksamkeit).

Die GPK erfüllen ihre Aufgaben, indem sie:

2 3 4

5

­

Inspektionen durchführen;

­

die PVK mit Evaluationen beauftragen;

­

die jährlichen Geschäftsberichte des Bundesrates und des Bundesgerichtes sowie die Jahresberichte anderer Verwaltungseinheiten des Bundes prüfen;

Bundesgesetz vom 13. Dez. 2002 über die Bundesversammlung (ParlG; SR 171.10).

Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV; SR 101).

Art. 32 des Bundesgesetzes vom 13. Dez. 1996 über das Kriegsmaterial (KMG; SR 514.51), Art. 5 Abs. 1 des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 2000 (BPG; SR 172.220.1), Art. 20 des Bundesgesetzes vom 4. Okt. 1991 über den Bau der schweizerischen Eisenbahn-Alpentransversale (AtraG; SR 742.104) oder Art. 10 des Bundesgesetzes vom 18. März 2005 über den Anschluss der Ost- und der Westschweiz an das europäische Eisenbahn-Hochleistungsnetz (HGVAnG; SR 742.140.3).

Handlungsgrundsätze der GPK vom 29. Aug. 2003 und 4. Sept. 2003 (BBl 2015 4841).

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­

die Berichte behandeln, welche ihnen der Bundesrat, die Departemente und weitere Stellen vorlegen müssen;

­

Behörden und Dienststellen des Bundes besuchen;

­

von Dritten eingereichte Aufsichtseingaben behandeln;

­

Empfehlungen an den Bundesrat, an die Departemente, an die eidgenössischen Gerichte und an die Aufsichtsbehörde über die AB-BA oder an die BA richten;

­

die Umsetzung früherer Empfehlungen kontrollieren.

Die GPK erstatten dem Parlament über die Hauptergebnisse ihrer Arbeit einmal jährlich Bericht (Art. 55 ParlG). Dieser Jahresbericht wird in der Frühlingssession in beiden Räten behandelt.

Der Aufsichtsbereich der GPK umfasst sämtliche Tätigkeiten des Bundesrates und der Einheiten der Bundesverwaltung sowie der eidgenössischen Gerichte und der BA, wobei die Rechtsprechung der Gerichte und die Entscheide des Bundesanwalts von der Kontrolle ausgeschlossen sind (Art. 30 Abs. 1 BV, Art. 26 Abs. 4 ParlG).

Auch alle öffentlich-rechtlichen und privaten Körperschaften sowie die natürlichen und juristischen Personen, die Träger von Bundesaufgaben sind, unterliegen der parlamentarischen Oberaufsicht, auch wenn die GPK die Oberaufsicht in diesem Bereich ­ im Vergleich zu den Dienststellen der Zentralverwaltung ­ nur sehr zurückhaltend wahrnehmen. Die Kantone sind ebenfalls der Aufsicht der GPK unterstellt, soweit sie mit der Umsetzung von Bundesrecht beauftragt sind (Art. 46 Abs. 1 und Art. 49 Abs. 2 BV).

2.1.2

Informationsrechte und Vertraulichkeit der Arbeiten

Für die Wahrnehmung ihrer Oberaufsichtsaufgabe verfügen die GPK über weitreichende Auskunftsrechte (Art. 150 und 153 ParlG), die mit der Änderung des ParlG vom 17. Juni 2011 verstärkt und präzisiert wurden.6 Die Kommissionen haben insbesondere das Recht, alle amtierenden und ehemaligen Behördenvertreter, Mitarbeitenden von Dienststellen sowie Vertreterinnen und Vertreter von übrigen Trägern von Bundesaufgaben direkt zu befragen, und sie können von diesen alle zweckdienlichen Auskünfte verlangen. Sie haben zudem die Möglichkeit, auskunftspflichtige Personen vorzuladen und nötigenfalls vorführen zu lassen. Das Amtsgeheimnis findet bei Anhörungen von Bediensteten des Bundes durch die GPK keine Anwendung. Es kann deshalb durch die angehörten Personen nicht vorgebracht werden, um eine Aussage vor den GPK zu verweigern.

Bei den Informationsrechten der GPK gibt es nur zwei Einschränkungen: Erstens haben die GPK keinen Anspruch auf Einsichtnahme in Protokolle der Bundesratssitzun-

6

ParlG: Präzisierung der Informationsrechte der Aufsichtskommissionen, Änderung vom 17. Juni 2011 (AS 2011 4537); Jahresbericht 2011 der GPK und GPDel vom 27. Jan. 2012, Ziff. 2.1.4. (BBl 2012 6783, hier 6797).

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gen. Zweitens sind die GPK nicht berechtigt, Informationen zu verlangen, die im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrichtendienste oder aus anderen Gründen geheim zu halten sind (Art. 153 Abs. 6 ParlG).

Die Aufsichtskommissionen «entscheiden endgültig über die Ausübung ihrer Informationsrechte» (Art. 153 Abs. 6 erster Satz ParlG). Diese abschliessende Entscheidungskompetenz der Aufsichtskommissionen gewährleistet, dass nicht die Exekutive als kontrolliertes Organ, sondern die GPK als das kontrollierende Organ über die Tragweite und Ausübung der Informationsrechte im Einzelfall bestimmen. Wird vom Bundesrat geltend gemacht, das verlangte Dokument falle in die Kategorie des Staatsschutzes, ziehen die GPK die GPDel bei, um über diese Frage zu befinden.

Die beiden erwähnten Vorbehalte bei den Informationsrechten der GPK gelten nicht für die GPDel: Diese verfügt gemäss Artikel 169 Absatz 2 BV und Artikel 154 ParlG über uneingeschränkte Informationsrechte gegenüber den ihrer Aufsicht unterstellten Behörden und Organen. Sie kann nicht nur alle für die Ausübung ihrer Aufgaben notwendigen Informationen verlangen, sondern dazu auch formelle Zeugeneinvernahmen anordnen (Art. 155 ParlG). Weder das Amts- noch das Militärgeheimnis können ihr entgegengehalten werden.

Die weitgehenden Auskunftsrechte der GPK und der GPDel erfordern im Gegenzug die Pflicht zur Wahrung der Vertraulichkeit und einen verantwortungsvollen Umgang mit vertraulichen Informationen. Die GPK sind deshalb gehalten, geeignete Vorkehren für den Geheimnisschutz zu treffen (Art. 150 Abs. 3 ParlG). 7 Sie haben dazu entsprechende Weisungen erlassen, die u.a. den Zugang zu Mitberichten von Departementsvorstehenden zu Bundesratsgeschäften restriktiv regeln.8 Die Mitglieder der GPK sind zudem hinsichtlich aller Tatsachen, von denen sie im Rahmen ihres Mandats Kenntnis erhalten, an das Amtsgeheimnis gebunden (Art. 8 ParlG).

Untersuchungsberichte werden in aller Regel veröffentlicht, sofern der Publikation keine schutzwürdigen Interessen entgegenstehen (Art. 158 Abs. 3 ParlG). Die betroffenen Behörden erhalten vorgängig zur Publikation die Möglichkeit zur Stellungnahme (Art. 157 ParlG).

Die Mittel, über welche die GPK gegenüber den beaufsichtigten Stellen verfügen, sind v. a. politischer Natur. Die Kommissionen teilen ihre Schlussfolgerungen
den obersten verantwortlichen Behörden in der Regel in der Form von öffentlichen Berichten oder Briefen mit. Diese enthalten Empfehlungen, zu denen die verantwortlichen Behörden Stellung beziehen müssen. Mit ihrer Arbeit verpflichten die Kommissionen

7

8

Von der GPK-N in Auftrag gegebene Gutachten: Biaggini, Giovanni: Informationsrechte der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte im Bereich der Strafverfolgung aus verfassungsmässiger Sicht, 5. Juni 2008; Oberholzer, Niklaus: Informationsrechte der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte im Bereich der Strafverfolgung aus strafprozessualer Sicht: Gutachten im Auftrag der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates, 5. Juni 2008, www.parlament.ch > Organe > Kommissionen > Aufsichtskommissionen > GPK > Grundlagenpapiere / Informationsrechte (Stand: 5. Nov. 2020).

Weisungen der GPK der eidgenössischen Räte über ihre Massnahmen zum Geheimnisschutz vom 27. Jan. 2012, www.parlament.ch > Organe > Aufsichtskommissionen > GPK > Grundlagenpapiere / Informationsrechte (Stand: 5. Nov. 2020).

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demnach die Behörden, Rechenschaft über ihre Tätigkeiten (oder Unterlassungen) abzulegen. Daneben stehen ihnen die parlamentarischen Instrumente zur Verfügung (Einreichung einer Motion, eines Postulats oder einer parlamentarischen Initiative), um eine Gesetzesänderung in die Wege zu leiten.

2.1.3

Zusammenarbeit der GPK und der GPDel mit ihrem Sekretariat

Die Federführung und die Verantwortung bei allen Arbeiten der GPK/GPDel liegen bei den Kommissionen oder der Delegation selbst. Sie bestimmen die Themen, die durch die GPK oder die GPDel vertieft werden. Auch die Festlegung der Vorgehensweise bei den Abklärungen obliegt ausschliesslich den GPK oder der GPDel.

Das Sekretariat der GPK/GPDel als Teil der Parlamentsdienste unterstützt und berät die Kommissionen bzw. die GPDel bei ihren Aufgaben.9 Es verfügt gemäss Artikel 67 ParlG über dieselben Informationsrechte wie die GPK/GPDel, in deren Auftrag es tätig ist. Nach Artikel 153 Absatz 1 Satz 2 ParlG können die GPK/GPDel einzelne Sachverhaltsabklärungen ihrem Sekretariat übertragen. Die GPK sowie die GPDel erteilen ihrem Sekretariat Aufträge und begleiten und kontrollieren deren Umsetzung.

Aufgrund des Milizsystems und der gebotenen Unabhängigkeit der GPK gegenüber den beaufsichtigten Stellen kommt dem Sekretariat der GPK/GPDel bei der Umsetzung des gesetzlichen Auftrags der GPK/GPDel eine wichtige Rolle zu. Es unterstützt die Kommissionen und die GPDel bei der Auswahl, Konzeption und Durchführung von Untersuchungen und Evaluationen sowie bei allen weiteren Massnahmen der Oberaufsicht.10 Es nimmt die Eingaben gemäss Artikel 129 ParlG entgegen und bereitet die Beschlüsse vor.

2.1.4

Zusammenarbeit der GPK mit den Finanzkommissionen (FK), der Finanzdelegation (FinDel) und der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK)

Im Rahmen ihrer Tätigkeiten stehen die GPK regelmässig in Verbindung mit den anderen Organen, die für die Aufsicht und Oberaufsicht über die Bundesfinanzen verantwortlich sind. Dabei handelt es sich um die FK, die FinDel und die EFK.

Die beiden Bereiche der parlamentarischen Oberaufsicht ­ über den Finanzhaushalt und über die Geschäftsführung ­ lassen sich in der Praxis nicht immer klar trennen: Die Art und Weise der Geschäftsführung hat oft auch finanzielle Auswirkungen, während staatliches Handeln nahezu ausnahmslos einen Bezug zum Finanzhaushalt hat.

Probleme im Bereich der Finanzaufsicht haben ihre Ursache oft in der Geschäftsführung und umgekehrt.

9 10

Art. 64 Abs. 1 und Art. 64 Abs. 2 Bst. b und d ParlG.

Art. 7 Bst. a der Geschäftsordnung der Parlamentsdienste vom 16. Mai 2014 (GOPD), www.parlament.ch > Über das Parlament > Parlamentsdienste (Stand: 5. Nov. 2020).

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Aus diesem Grund bedarf es der Koordination und der Zusammenarbeit zwischen den FK, der FinDel und den GPK: Im Allgemeinen wird so verfahren, dass Angelegenheiten, bei denen finanzpolitische Fragen im Vordergrund stehen, prioritär von den FK und der FinDel, während Angelegenheiten, welche vorwiegend die Geschäftsführung betreffen, vorrangig von den GPK bearbeitet werden. Bestimmte Geschäfte ­ etwa die Geschäftsberichte der eidgenössischen Gerichte und ausgewählter öffentlicher Unternehmen sowie die Rechnung und der Voranschlag der eidgenössischen Gerichte, der BA und der AB-BA ­ beraten die FK und die GPK zusammen. Auch die Oberaufsicht über den Bau der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (Neat) wurde gemeinsam wahrgenommen. Darüber hinaus koordinieren die Sekretariate der beiden Kommissionen ihre Befassungen, indem sie viermal jährlich ­ und die Sekretärinnen und Sekretäre der Subkommissionen so oft wie dies ihre Geschäfte erfordern ­ zusammenkommen und sich austauschen.

Die GPK unterhalten auch Kontakte zur EFK, dem obersten Finanzaufsichtsorgan des Bundes, dessen Kompetenzen im Finanzkontrollgesetz (FKG) 11 geregelt sind. Gemäss Artikel 15 Absatz 1 FKG sind die FK und die FinDel die direkten Ansprechpartner der EFK im Parlament. Im Gesetz wird dazu präzisiert, dass die EFK mit ihren Prüfungsbefunden an die FinDel gelangt (Art. 14 Abs. 1 FKG). Dies galt bisher auch für Prüfungsbefunde, welche die Geschäftsführung betreffen. Mit der Revision des FKG, die am 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist, wurde der Informationsfluss zwischen der EFK, den Departementen, den mit Querschnittsaufgaben betrauten Bundesämtern, dem Bundesrat, der FinDel und den GPK in einer gesetzlichen Grundlage verankert. Die Gesetzesänderung sieht u. a. vor, dass die Information der EFK über festgestellte wesentliche Mängel in der Geschäftsführung an die GPK bzw. die GPDel gleichzeitig mit der Berichterstattung an die FinDel erfolgt.12 Zwischenzeitlich wurde die Informationskoordination zwischen den beiden Organen schon ab April 2015 verbessert, indem die GPK nunmehr das Prüfprogramm der EFK jeweils Ende Januar erhalten und diese Gelegenheit für einen Austausch mit der EFK über allfällige Grundsatzfragen nutzen. Auch nehmen die GPK jeweils im Frühling den Jahresbericht der EFK zur Kenntnis.13

2.2

Organisation und Zusammensetzung der GPK

Wie die übrigen parlamentarischen Kommissionen setzen sich die GPK aus 25 Mitgliedern des Nationalrates und 13 Mitgliedern des Ständerates zusammen. Die Mitglieder werden für eine Dauer von vier Jahren gewählt; das Mandat ist verlängerbar.

Die Zusammensetzung der Kommissionen und die Zuteilung der Präsidien und Vizepräsidien richten sich nach der Stärke der Fraktionen im jeweiligen Rat (Art. 43 Abs. 3

11 12 13

Bundesgesetz vom 28. Juni 1967 über die Eidgenössische Finanzkontrolle (FKG; SR 614.0).

Art. 14 Abs. 1 FKG Die GPK befassten sich im Jahr 2018 vertieft mit der Frage der Abgrenzung der parlamentarischen Oberaufsicht zur EFK, vgl. dazu Jahresbericht 2018 der GPK und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 29. Jan. 2019 (BBl 2019 2729, hier: 2746).

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ParlG). Soweit als möglich werden ausserdem die Amtssprachen und die Landesgegenden berücksichtigt.

Jede Kommission ist in mehrere ständige Subkommissionen unterteilt (Art. 45 Abs. 2 ParlG; Art. 14 Abs. 3 GRN14 und Art. 11 Abs. 1 GRS15), welche alle Departemente, die Bundeskanzlei, die eidgenössischen Gerichte, die BA und deren Aufsichtsbehörde abdecken.

Die Bereiche werden wie folgt zugewiesen: Subkommissionen EDA/VBS:

­ Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) ­ Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS)

Subkommissionen EJPD/BK:

­ Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement (EJPD)

Subkommissionen EFD/WBF:

­ Eidgenössisches Finanzdepartement (EFD)

Subkommissionen EDI/UVEK:

­ Eidgenössisches Departement des Innern (EDI)

Subkommissionen Gerichte/BA:

­ Bundesgericht (BGer)

­ Bundeskanzlei (BK)

­ Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF)

­ Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK)

­ Militärkassationsgericht (MKG) ­ Bundesstrafgericht (BStGer) ­ Bundesverwaltungsgericht (BVGer) ­ Bundespatentgericht (BPatGer) ­ Bundesanwaltschaft (BA) ­ Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

Die Subkommissionen verfolgen im Auftrag der Plenarkommissionen die Arbeit der ihnen zugeteilten Behörden. Sie leisten die eigentliche Untersuchungsarbeit (z. B.

Durchführung von Anhörungen, Aufträge für Expertisen, Anfordern von Unterlagen) und erstatten den Plenarkommissionen ­ den Entscheidungsgremien ­ Bericht. Es obliegt den Plenarkommissionen, Beschlüsse zu fassen, Berichte zu genehmigen und zu publizieren sowie den verantwortlichen politischen Behörden Empfehlungen zu unterbreiten (Art. 158 ParlG).

14 15

Geschäftsreglement des Nationalrates vom 3. Okt. 2003 (GRN; SR 171.13).

Geschäftsreglement des Ständerates vom 20. Juni 2003 (GRS; SR 171.14).

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Die GPK können auch Arbeitsgruppen oder Ad-hoc-Subkommissionen einsetzen, um Themen zu untersuchen, die beispielsweise besondere Fachkenntnisse erfordern.

Im Jahr 2020 tagten zwei Arbeitsgruppen, bestehend aus Mitgliedern der GPK-N wie auch der GPK-S. Die Arbeitsgruppe Risikomanagement Bund, der auch eine Vertretung der FinDel angehört, setzt sich mit dem Risikomanagement und dem Risikoreporting an den Bundesrat auseinander. Die Arbeitsgruppe Hochseeschifffahrts-Bürgschaften befasste sich mit den Folgearbeiten zur Inspektion HochseeschifffahrtsBürgschaften aus dem Jahre 201816.

Daneben bestimmt jede Kommission drei Mitglieder aus ihrer Mitte, welche die GPDel bilden. Diese befasst sich mit der Überwachung der Tätigkeiten im Bereich des Staatsschutzes und der zivilen und militärischen Nachrichtendienste. Die Delegation verfügt gemäss Verfassung und Gesetz über sehr weitgehende Auskunftsrechte. 17 Die Subkommissionen der GPK-N bestehen jeweils aus neun Mitgliedern, jene der GPK-S aus fünf Mitgliedern. Die Mitglieder der GPDel dürfen neben ihrem GPDelMandat höchstens noch in einer GPK-Subkommission Einsitz nehmen. Diese Massnahme dient der Entlastung der GPDel-Mitglieder, die seit dem neuen Nachrichtendienstgesetz (NDG)18 ihre Oberaufsicht über den Nachrichtendienst noch verstärkt ausüben.

Das Präsidium der GPK-N hatte 2020 Nationalrat Erich von Siebenthal inne; Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo übte das Vizepräsidium aus. Die GPK-S wurde von Ständerätin Maya Graf präsidiert; Ständerat Thierry Burkart amtete als Vizepräsident. Das Präsidium der Geschäftsprüfungsdelegation nahm im Jahr 2020 Nationalrat Alfred Heer wahr; das Vizepräsidium hatte Ständerätin Maya Graf inne.

Nach den eidgenössischen Wahlen 2019, gingen die beiden GPK im Dezember 2019 zur Konstituierung für die neue Legislatur 2019­2023 über. Eine namentliche Auflistung der Mitglieder der GPK, ihrer Subkommissionen und Arbeitsgruppen sowie der GPDel im Jahr 2020 findet sich in der folgenden Tabelle.

16 17 18

Hochseeschifffahrts-Bürgschaften, Bericht der GPK-N/S vom 26. Juni 2018, BBl 2018 6205 ff.

Vgl. Ziff. 5.

Bundesgesetz vom 25. Sept. 2015 über den Nachrichtendienst (NDG; SR 121).

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Zusammensetzung der GPK, ihrer Subkommissionen und Arbeitsgruppen sowie der GPDel im Berichtsjahr 2020 GPK-N (Plenarkommission)

GPK-S (Plenarkommission)

Erich von Siebenthal (Präsident), Angelo Barrile, Marianne Binder-Keller, Prisca Birrer-Heimo (Vizepräsidentin), Katja Christ, Thomas de Courten, Yvette Estermann, Yvonne Feri, Corina Gredig, Alfred Heer, Erich Hess, Alois Huber (seit 8. Mai 2020, ersetzt Manuel Strupler), Christian Imark, Matthias Samuel Jauslin, Fabian Molina, Stefan Müller-Altermatt, Philippe Nantermod, Nicolo Paganini, Isabelle PasquierEichenberger, Katharina Prelicz-Huber, Priska Seiler Graf, Andri Silberschmidt, Marianne Streiff-Feller, Michael Töngi, Manuela Weichelt-Picard

Maya Graf (Präsidentin), Bauer Philippe, Elisabeth Baume-Schneider, Thierry Burkart (Vizepräsident), Marco Chiesa, Daniel Fässler, Charles Juillard, Matthias Michel, Othmar Reichmuth, Werner Salzmann, Carlo Sommaruga, Hans Stöckli, Heidi Z'graggen

Subkommissionen EDA/VBS Nicolo Paganini (Präsident), Yvette Estermann, Corina Gredig, Alois Huber (seit 8. Mai 2020, ersetzt Manuel Strupler), Matthias Samuel Jauslin, Fabian Molina, Isabelle PasquierEichenberger, Priska Seiler Graf, Erich von Siebenthal

Charles Juillard (Präsident), Bauer Philippe, Elisabeth Baume-Schneider, Werner Salzmann, Hans Stöckli

Subkommissionen EJPD/BK Alfred Heer (Präsident), Angelo Barrile, Daniel Fässler (Präsident), Thierry BurCorina Gredig, Erich Hess, Fabian kart, Marco Chiesa, Carlo Sommaruga, Molina, Nicolo Paganini, Katharina Heidi Z'graggen Prelicz-Huber, Andri Silberschmidt, Marianne Streiff-Feller Subkommissionen EFD/WBF Yvonne Feri (Präsidentin), Marianne Binder-Keller, Prisca Birrer-Heimo, Thomas de Courten, Stefan MüllerAltermatt, Katharina Prelicz-Huber, Andri Silberschmidt, Erich von Siebenthal, Manuela Weichelt-Picard

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Matthias Michel (Präsident), Maya Graf, Charles Juillard, Othmar Reichmuth, Hans Stöckli

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Subkommissionen EDI/UVEK Thomas de Courten (Präsident) Angelo Barrile, Katja Christ, Alois Huber (seit 8. Mai 2020, ersetzt Manuel Strupler), Christian Imark, Matthias Samuel Jauslin, Priska Seiler Graf, Marianne Streiff-Feller, Michael Töngi

Marco Chiesa (Präsident), Elisabeth Baume-Schneider, Matthias Michel, Othmar Reichmuth, Heidi Z'graggen

Subkommissionen Gerichte/BA Manuela Weichelt-Picard (Präsidentin), Hans Stöckli (Präsident), Thierry Marianne Binder-Keller, Prisca Birrer- Burkart, Marco Chiesa, Daniel Fässler, Heimo, Katja Christ, Yvette Estermann, Carlo Sommaruga Erich Hess, Christian Imark, Philippe Nantermod, Isabelle Pasquier-Eichenberger GPDel Alfred Heer (Präsident), Bauer Philippe, Yvonne Feri, Maya Graf (Vizepräsidentin), Stefan Müller-Altermatt, Werner Salzmann Arbeitsgruppe Risikomanagement Bund (nur GPK-Mitglieder) Erich von Siebenthal (Präsident), Prisca Birrer-Heimo, Thierry Burkart, Yvonne Feri, Maya Graf, Matthias Michel Arbeitsgruppe Hochseeschifffahrts-Bürgschaften Yvonne Feri (Präsidentin), Thomas de Courten, Maya Graf, Charles Juillard, Matthias Michel, Othmar Reichmuth, Andri Silberschmidt, Hans Stöckli, Erich von Siebenthal, Manuela Weichelt-Picard

3

Arbeiten der GPK im Jahr 2020

In diesem Kapitel informieren die GPK über Themen und Geschäfte, mit denen sie sich im Berichtsjahr befasst haben, unter speziellen Berücksichtigung jener, welche nicht schon in irgendeiner Art veröffentlicht wurden. Für die Geschäfte, zu denen während des Jahres ein Bericht, eine Medienmitteilung oder andere Unterlagen publiziert wurden, verweisen die GPK auf die entsprechenden veröffentlichten Dokumente, die in folgender Tabelle aufgelistet werden.

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3.1

Veröffentlichungen im Jahr 2020

Veröffentlichte Berichte und Medienmitteilungen der GPK Thema

Veröffentlichte Unterlagen

Jahresbericht 2019 der GPK und der GPDel der eidgenössischen Räte

Bericht der GPK-N/S vom 28. Januar 2020

Jahresbericht 2019 der GPK und der GPDel sowie Jahresprogramm 2020

Medienmitteilung der GPK-N/S vom 30. Januar 2020

Corona-Krise: GPK-N führt erste Aus- Medienmitteilung der GPK-N sprachen mit der Bundespräsidentin und vom 23. April 2020 den Vorstehern des EDI und des WBF Corona-Krise: GPK-S führt erste AusMedienmitteilung der GPK-S sprachen mit der Bundespräsidentin und vom 1. Mai 2020 den Vorstehern des EDI und des WBF Die GPK leiten eine Inspektion zur Auf- Medienmitteilung der GPK-N/S arbeitung der Bewältigung der Covid-19 vom 26. Mai 2020 Pandemie durch die Bundesbehörden ein Aufsichtsrechtliches Verfahren betrefStellungnahme der GPK-N/S fend Vorkommnisse am Bundesstrafge- vom 24. Juni 2020 richt ­ Bericht der Verwaltungskommission des Bundesgerichts vom 5. April 2020 Informationsrechte der Geschäftsprüfungskommissionen des Nationalund Ständerates (GPK) mit Bezug auf den Aufsichtsbericht der Verwaltungskommission des Bundesgerichts vom 5. April 2020

Oberaufsichtsrechtliche Feststellung der GPK-N/S vom 24. Juni 2020

Aufsichtsverhältnis zwischen der Bundesanwaltschaft und ihrer Aufsichtsbehörde

Bericht der GPK-N/S vom 24. Juni 2020

GPK haben Untersuchung zum Aufsichtsverhältnis zwischen BA und ABBA abgeschlossen und zum Aufsichtsbericht des Bundesgerichts Stellung genommen

Medienmitteilung der GPK-N/S vom 25. Juni 2020

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Thema

Veröffentlichte Unterlagen

Die GPK-S lehnt die Vorlage aus dem Nationalrat zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative 15.451: «Stärkung der GPK» ab

Medienmitteilung der GPK-S vom 2. Juli 2020

Öffentlichkeitsarbeit des Bundes: GPKN insgesamt zufrieden mit Umsetzung ihrer Empfehlungen

Medienmitteilung der GPK-N vom 6. Oktober 2020

Einführung der neuen Radio- und Fernsehabgabe

Bericht der GPK-S vom 13. Oktober 2020

Einführung der neuen Radio- und Fern- Medienmitteilung der GPK-S vom sehabgabe: GPK-S zieht Bilanz über den 15. Oktober 2020 Umgang des BAKOM mit den Adressierungsproblemen Revision der Mittel- und Gegenstände- Bericht der GPK-S vom liste. Beurteilung der Stellungnahme des 17. November 2020 Bundesrates vom 16. Januar 2019 Mittel- und Gegenständeliste: GPK-S sieht Verbesserungen, aber auch weiteren Handlungsbedarf

Medienmitteilung der GPK-S vom 19. November 2020

3.2

Wirtschafts-, Bildungs- und Finanzpolitik

3.2.1

Hochseeschifffahrts-Bürgschaften

Angesichts der Krise der Schweizer Hochseeflotte und der hohen Verluste für den Bund in diesem Bereich beschlossen die GPK des National- und des Ständerates im September 2017 eine Inspektion einzuleiten, welche namentlich die Aufsicht des WBF über das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL), die Aufsichtstätigkeit und Information des Bundesrates sowie die Rolle der EFK in diesem Dossier zum Gegenstand hatte. Nach einer mehrmonatigen Untersuchung veröffentlichten die GPK im Juni 2018 einen Inspektionsbericht19 mit acht Empfehlungen zuhanden des Bundesrates. Im Juni 2019 verabschiedeten sie ­ nach zusätzlichen Abklärungen ­ einen Kurzbericht20, in dem vor allem die Organisationsstruktur des BWL eingehender analysiert wird. Die GPK koordinierten sich bei ihrer Inspektion sowohl bei der Abgrenzung ihres Untersuchungsgegenstandes als auch bei der Durchführung 19 20

Hochseeschifffahrts-Bürgschaften. Bericht der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte vom 26. Juni 2018 (BBl 2018 6205).

Hochseeschifffahrts-Bürgschaften: Bewertung der Stellungnahme des Bundesrates vom 28. Sept. 2018, Kurzbericht der GPK vom 25. Juni 2019 (BBl 2019 7001).

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ihrer Arbeiten eng mit der FinDel, die im Bereich der Hochseeschifffahrtsbürgschaften ebenfalls Oberaufsichtsaufgaben übernimmt und eine Untersuchung durchführte.

Die GPK verfolgten auch im Berichtsjahr die Entwicklungen in diesem Dossier, namentlich zu folgenden Aspekten:

21 22

23

24

­

Angesichts der Kritik der GPK und der hohen Verluste für den Bund beschloss das WBF im Januar 2020, einen externen Experten mit einer Administrativuntersuchung über die Organisation der wirtschaftlichen Landesversorgung (WL) zu beauftragen.21 Diese Administrativuntersuchung war vor allem auf die aktuelle Funktionsweise des BWL fokussiert und hatte zum Ziel, Empfehlungen für die Zukunft abzugeben. Die GPK nahmen im November 2020 Kenntnis von den Ergebnissen der Administrativuntersuchung22 und den nächsten Schritten des WBF23 und besprachen diese Aspekte mit dem Departementsvorsteher.

­

Ausgehend von einer Strafanzeige des WBF führte die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern ein Strafverfahren gegen einen Reeder, der Bundesbürgschaften erhalten hatte. Gegenstand des Verfahrens waren der Vorwurf betrügerischen Konkurses und wirtschaftsrechtliche Tatbestände auf kantonaler Ebene. Die Ermittlungen und das erstinstanzliche Gerichtsverfahren endeten im Juli 2020 mit der Verurteilung des Angeklagten.

­

Die BA führte ein Verfahren gegen den früheren Stabschef des BWL bezüglich seiner Amtsführung in den Jahren 1991 bis 2012. Anstoss zu diesem Verfahren gab ebenfalls eine Anzeige des WBF. Die BA beschloss Ende Mai 2020, dieses Verfahren einzustellen, da sie keine strafrechtlich relevante Pflichtverletzung feststellen konnte und sich die Vorwürfe gegen den ehemaligen Stabschef nicht erhärtet hatten.24 Die GPK hörten die BA im November 2020 an, um über allfällige geschäftsführungsrelevante Aspekte informiert zu werden.

­

Die EFK führte 2016/17 im Auftrag des WBF eine Administrativuntersuchung durch, um die Vorgänge rund um die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften im dafür zuständigen BWL zu klären. Die Arbeiten der EFK wurden von den GPK in deren Bericht von 2018 kritisiert. Der Untersuchungsbericht der

Bundesrat Parmelin eröffnet Administrativuntersuchung im Bereich der Wirtschaftlichen Landesversorgung. Medienmitteilung des WBF vom 17. Jan. 2020.

Administrativuntersuchung betreffend Organisation, Strukturen und Prozesse in der wirtschaftlichen Landesversorgung. Bericht des Untersuchungsbeauftragten Cornel Borbély, 18. September 2020, www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > Administrativuntersuchung Wirtschaftliche Landesversorgung: Führungs- und Organisationsstrukturen sowie Compliance und Governance sollen überprüft werden.

Administrativuntersuchung Wirtschaftliche Landesversorgung: Führungs- und Organisationsstrukturen sowie Compliance und Governance sollen überprüft werden, Medienmitteilung des Bundesrates vom 18. Nov. 2020.

Einstellungsbeschluss der BA vom 26. Mai 2020: SV.16.1075-RIN.

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EFK25 war Gegenstand eines Gesuchs um Veröffentlichung gemäss Öffentlichkeitsgesetz26. Gegen diese Veröffentlichung erhoben zwei vom Bericht betroffene Personen Beschwerde. Sie begründeten diese damit, dass sie mit einer Veröffentlichung des Schlussberichts der Administrativuntersuchung in schwerwiegender Weise in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt würden. Sie beanstandeten insbesondere die Sachverhaltsdarstellung im Bericht und den Umstand, dass ihnen durch die EFK kein rechtliches Gehör gewährt worden sei. Das BVGer stützte die Beschwerden in seinen Urteilen vom 27. August 2019.27 Es hielt fest, dass es für die EFK ohne weiteres möglich gewesen wäre, diese beiden Personen in die Untersuchung einzubeziehen und ihnen rechtliches Gehör zu gewähren. Indem die EFK dies unterlassen habe, habe sie den Anspruch auf rechtliches Gehör und somit die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen in schwerwiegender Weise verletzt. Das Gericht wies das WBF daher an, vor der Herausgabe des Schlussberichts der Administrativuntersuchung darin sämtliche Stellen zu löschen, welche sich auf die beiden Beschwerdeführenden beziehen. Die Urteile wurden ans Bundesgericht weitergezogen, welche sie am 14. April 2020 bestätigte.28

25 26 27 28 29 30 31 32

­

Anfang November 2019 verabschiedete der Bundesrat eine Botschaft für einen Nachtragskredit über 128,717 Millionen Franken.29 Dabei handelt es sich um Verbindlichkeiten des Bundes aus gezogenen Solidarbürgschaften für acht Schiffe der Massmariner SA. Der Bundesrat teilte mit, dass der Verkaufsprozess der acht Hochseeschiffe der Massmariner SA laufe, mit dem Ziel, die Hochseeschiffe zu einem bestmöglichen Preis zu verkaufen und schnellstmöglich an die Käufer zu übergeben. Der Bundesrat rechnete dabei mit einem gesamten Verlust für den Bund von ca. 100 Millionen Franken, und zwar unter Berücksichtigung des erwarteten Nettoverkaufserlöses und einer Bezahlung aller an das Schiff gebundenen Forderungen. Das Parlament stimmte diesem Nachtragskredit im Dezember 2019 zu.30

­

Nach der Ankündigung dieses Nachtragskredits wurde im Nationalrat eine parlamentarische Initiative (19.500) zur Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) im Bereich der Hochseeschifffahrtsbürgschaften eingereicht.31 Die GPK nahmen zu dieser Initiative in einem Mitbericht32 an die Büros von National- und Ständerat Stellung und riefen diese auf, Eidgenössische Finanzkontrolle: Gewährung und Begleitung von Bürgschaften für die Schweizer Hochseeflotte, Administrativuntersuchung, 4. April 2017 (unveröffentlicht) Bundesgesetz vom 17. Dez. 2004 über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (Öffentlichkeitsgesetz, BGÖ; SR 152.3).

Entscheid des BVGer A-7365/2006 vom 27. Aug. 2019.

Entscheid des Bundesgerichtes BGE 1C_527/2019 vom 14. April 2020.

Botschaft des Bundesrates vom 16. Okt. 2019 über den Nachtrag IIa zum Voranschlag 2019, www.efv.admin.ch > Finanzberichte > Finanzberichte > Nachtragskredite.

Bundesbeschluss vom 5. Dez. 2019 über den Nachtrag IIa zum Voranschlag 2019 (BBl 2020 3115).

Pa. Iv. Fraktion V «Parlamentarische Untersuchungskommission im Zusammenhang mit den Hochseeschifffahrt-Bürgschaften» vom 9. Dez. 2019 (19.500).

Pa. Iv. 19.500. Parlamentarische Untersuchungskommission im Zusammenhang mit den Hochseeschifffahrt-Bürgschaften. Mitbericht der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte vom 24. Juni 2020 (nicht veröffentlicht).

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die Initiative abzulehnen. Die detaillierten Argumente der GPK sind in diesem Mitbericht dargelegt. Die GPK sind der Auffassung, dass die Einsetzung einer PUK zur Untersuchung der Problematik rund um die Hochseeschifffahrtsbürgschaften nicht angezeigt ist, da sich das Parlament mittels der GPK und der FinDel bereits umfassend mit diesem Dossier befasst. Die in den Punkten 1 und 233 genannten Aspekte wurden von den GPK, der FinDel und anderen Organen untersucht oder sind derzeit Gegenstand einer Untersuchung. Die in Punkt 334 der Initiative genannten Aspekte fallen teilweise in den Kompetenzbereich der parlamentarischen Oberaufsicht und wurden bereits punktuell von der FinDel aufgegriffen. Die GPK erachten es als notwendig, dass die FinDel, als parlamentarisches Oberaufsichtsorgan im Finanzbereich, die Beziehungen der Bundesbehörden zu den Geldinstituten und den Revisionsgesellschaften in der Hochseeschifffahrtskrise weiter vertieft untersucht. Diesbezüglich gelangten die GPK im Juni 2020 mit einem Brief an die FinDel.

Zudem kamen die GPK zum Schluss, dass eine PUK keinerlei Mehrwert brächte, was insbesondere in Bezug auf den Zugang zu Informationen und zu den betroffenen Akteuren des Dossiers gilt, würde aber erhebliche Zusatzkosten und einen beträchtlichen administrativen Mehraufwand nach sich ziehen.

Der Empfehlung der GPK, nicht auf die Vorlage einzutreten, wurde von den beiden Büros gefolgt. Zum jetzigen Zeitpunkt wird sich noch der Nationalrat dazu äussern müssen.

­

Der Bundesrat beschloss am 11. September 2020 eine Änderung der Verordnung über die Verbürgung von Darlehen zur Finanzierung schweizerischer Hochseeschiffe35, um der hohen Gefahr einer Abwertung der Schweizer Flagge zur See im Paris MoU und den damit verbundenen Risiken zu begegnen. Die revidierte Verordnung trat am 1. November 2020 in Kraft.

Die GPK-N fuhr im Rahmen ihrer Inspektion über die Administrativuntersuchungen36 fort, gewisse Fragen in Sachen Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen zu vertiefen, die durch die Aktivitäten der EFK im Dossier Hochseeschifffahrts-Bürgschaften aufgeworfen worden waren (Empfehlungen 3 bis 6 aus dem Bericht von 2018).

Sie reichte in diesem Zusammenhang die Motion 19.439037 ein, die vom Nationalrat am 11. März 2020 und vom Ständerat am 17. September 2020 angenommen wurde.

Die GPK werden die Entwicklungen in diesem Dossier über ihre Arbeitsgruppe weiterverfolgen. Die Nachkontrolle, in der die GPK die Umsetzung ihrer Empfehlungen

33

34 35 36 37

Kontrolle und Führung der (Bürgschaftswesen-) Hochseeschifffahrt durch den Bundesrat seit Erneuerung des Bürgschafts-Rahmenkredits (Bundesbeschluss vom 5. Juni 2002) und Kontrolle und Führung durch die Verwaltung, insbesondere das BWL, seit Erneuerung des Bürgschafts-Rahmenkredits (Bundesbeschluss vom 5. Juni 2002).

Rolle der Geldinstitute, insbesondere jener mit gesicherten Forderungen, und der Revisionsgesellschaften.

AS 2020 3909; Hochseeschifffahrt: Bundesrat sagt Ja zur Änderung der Bürgschaftsverordnung, Medienmitteilung des Bundesrates vom 21. Sept. 2020.

Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen in der Bundesverwaltung. Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 19. Nov. 2019 (BBl 2020 1659).

Mo. Nationalrat (GPK-N) «Anlaufstelle(n) in Sachen Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen» vom 19. Nov. 2019 (19.4390).

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von 2018 durch den Bundesrat beurteilen, wird voraussichtlich 2021 eingeleitet werden.

3.3

Soziale Sicherheit und Gesundheit

3.3.1

Elektronisches Patientendossier (EPD)

Die GPK-N verfolgt die Einführung des EPD seit 2017. In diesem Zusammenhang hat sie in den letzten Jahren insbesondere die personellen Ressourcen des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragen (EDÖB) zur Erfüllung seiner Aufsichtsrolle bei der Einführung des EPD sowie die Rollenverteilung zwischen EDÖB und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) in diesem Bereich thematisiert 38.

Nachdem im Februar 2020 angekündigt39 wurde, dass sich die für den Frühjahr 2020 vorgesehene Einführung des EPD in Spitälern und Rehakliniken verzögert, führte die GPK-N am 28. September 2020 eine Anhörung des EDÖB und von Vertreterinnen und Vertretern des BAG durch, um sich über den Stand der Arbeiten sowie über die grössten diesbezüglichen Herausforderungen zu informieren. In diesem Zusammenhang hat sich die GPK-N auch mit den Resultaten des Auditberichts der EFK40 zur Einführung des EPD befasst.

Im Rahmen der Anhörung hat sich die GPK-N insbesondere über die Gründe der verspäteten Einführung des EPD informiert. Gemäss BAG sind die entstandenen Verzögerungen darauf zurückzuführen, dass die Komplexität beim Zertifizierungsprozess41 der sogenannten «(Stamm-)Gemeinschaften»42, sowie bei der Akkreditierung der Zertifizierungsstellen unterschätzt wurde. Das Amt informierte die Kommission, dass bis Ende 2020 mit der Zertifizierung erster Stammgemeinschaften begonnen werde und dieser Prozess bis Mitte 2021 grösstenteils abgeschlossen sein sollte.

Aus den Abklärungen der GPK-N geht hervor, dass das als Rahmengesetz konzipierte Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPDG)43 dem Bund und den Kantonen nur begrenzte Einflussmöglichkeiten innerhalb des dezentralen Systems des EPD einräumt. Weiter kann die weitreichende Organisationfreiheit der (Stamm-)Gemeinschaften eine Herausforderung darstellen, indem sie zu Unterschieden bezüglich der Transparenz und dem Informationsfluss zum Stand der Inbetriebnahme führt.

38 39 40 41

42 43

Jahresbericht 2018 der GPK und GPDel vom 28. Jan. 2019, Ziff. 3.3.1 (BBl 2019 2729, hier 2755).

Elektronisches Patientendossier: Zertifizierung erfordert mehr Zeit, Medienmitteilung des BAG vom 19. Feb. 2020.

Eidgenössischen Finanzkontrolle: Prüfung der Einführung des elektronischen Patientendossiers, Auditbericht vom 24. Feb. 2020.

Bevor (Stamm-)Gemeinschaften, welche die Dossiers verwalten, den Betrieb aufnehmen, müssen diese von einer Zertifizierungsstelle geprüft werden. Die Zertifizierungsstellen müssen ihrerseits zuvor durch die Schweizerischen Akkreditierungsstelle (SAS) akkreditiert werden. Die Verzögerung entstand laut BAG während diesem iterativer Verfahren mit mehreren, voneinander abhängigen Akteure und sei schwer vorhersehbar gewesen.

Gemeinschaften und Stammgemeinschaften, www.e-health-suisse.ch > Gemeinschaften & Umsetzung > EPD-Gemeinschaften (Stand: 5. Nov. 2020).

Bundesgesetz vom 19. Juni 2015 über das elektronische Patientendossier (EPDG; SR 816.1).

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Die Kommission hat sich auch mit datenschutzrechtlichen Aspekten beschäftigt, welche das EPD betreffen. Was die datenschutzrechtliche Aufsicht betrifft ­ ein Aspekt, welcher von der GPK-N in den vorherigen Jahren vertieft wurde44 ­ stellte die Kommission fest, dass die Rollenverteilung zwischen EDÖB und BAG nun geklärt und angemessen zu sein scheint. Der betriebliche Datenschutz, hingegen, werde von den (Stamm-)Gemeinschaften gemäss EDÖB nicht mit der nötigen Priorität behandelt.

Denn viele von ihnen hätten den dafür zentralen und vorgeschriebenen betrieblichen Datenschutzberater zum Zeitpunkt der Anhörung noch nicht benannt. Weiter stellt sich die Frage, inwiefern sich das im Jahr 2020 revidierte Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG)45 konkret auf die Einführung des EPD und dessen Betrieb auswirkt.

Bezüglich der Finanzierung stellte die GPK-N fest, dass beim dezentralen System des EPD der Bund nicht primär finanziell verantwortlich ist. Das BAG unterstützt die Einführung des EPD mit Subventionen in der Höhe von 30 Millionen Franken, während die Kantone sich finanziell unterschiedlich stark in den (Stamm-)Gemeinschaften engagieren. Laut BAG gebe es unter anderem wegen den Verzögerungen Bedenken bezüglich der betriebswirtschaftlichen Situation der systemrelevanten (Stamm-)Gemeinschaften.

Weiter nahm die Kommission zur Kenntnis, dass das BAG in Erfüllung der Empfehlungen des EFK-Berichts verschiedene Anpassungen in der Programmstruktur zur EPD-Einführung vorgenommen und diverse weitere Verbesserungsmassnahmen getroffen hat.

Die GPK-N wird die Entwicklung dieses Dossiers aus der Perspektive der parlamentarischen Oberaufsicht weiterverfolgen und insbesondere den bundesrätlichen Bericht in Erfüllung des Postulates Wehrli 18.432846 traktandieren. Darin sollen in der ersten Jahreshälfte 2021 kurz-, mittel- und langfristige Massnahmen zur Erweiterung des Handlungsfeldes des EPD festgelegt werden. Nach der Einführung des EPD im Sommer 2021 plant die Kommission weitere Anhörungen mit den involvierten Bundesbehörden durchzuführen.

3.3.2

Impfstoffmangel in der Schweiz

Die GPK-N beschäftigte sich 2019 und 2020 als Fortsetzung der Arbeit in den vorhergehenden Jahren erneut mit den Problemen, mit welchen die Schweiz im Bereich der Impfstoffversorgung konfrontiert ist. Konkret kommt es in der Schweiz immer öfters zu Lieferengpässen bei verschiedenen Impfstoffen 47, was besonders bei den Säuglingsimpfstoffen problematisch sein kann.

44 45

46 47

Jahresbericht 2018 der GPK und GPDel vom 28. Jan. 2019, Ziff. 3.3.1 (BBl 2019 2729, hier 2755).

Der Schlussabstimmungstext des revidierten Bundesgesetzes über den Datenschutz wurde im Bundesblatt publiziert (DSG; BBl 2020 7639). Die entsprechende Referendumsfrist ist am 14. Jan. 2021 ausgelaufen, womit das Referendum nicht ergriffen wurde.

Po. Wehrli «Elektronisches Patientendossier. Was gibt es noch zu tun bis zu seiner flächendeckenden Verwendung?» vom 14. Dez. 2018 (18.4328).

Dies betraf in den letzten Jahren die Meningitis-Impfung und Kombi-Impfungen (Diphtherie, Tetanus, Polio, Keuchhusten) und betrifft aktuell mehrere PneumokokkenImpfstoffen.

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Nachdem 2018 ein Austausch mit dem BAG zum Impfstoffmangel erfolgte 48, hörte die Kommission im Februar 2019 verschiedene Akteure 49 aus dem Gesundheitsbereich an. Anschliessend richtete sie weitere Fragen zum Impfstoffmarkt, zum Zulassungsverfahren und zur Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden an das EDI. Im November 2019 vertiefte sie diverse Aspekte mit dem Vorsteher des EDI, mit Delegationen des Schweizerischen Heilmittelinstituts (Swissmedic) und des BAG sowie mit dem Präsidenten der eidgenössischen Kommission für Impffragen (EKIF).

Im September 2020 führte die Kommission erneut eine Anhörung einer Vertretung des BAG und Swissmedic durch.

Generell stellte die GPK-N fest, dass die Versorgung mit Impfstoffen eine globale Herausforderung darstellt. Der Impfstoffmangel entsteht unter anderem aufgrund der weltweit erhöhten Nachfrage, der langen und aufwändigen Produktionsprozesse sowie dem Rückzug zahlreicher Produzenten aus diesem Geschäft wegen der mangelnden kommerziellen Attraktivität. Gleichzeitig gibt es auch auf nationaler Ebene Aspekte, welche einen Einfluss auf die Impfstoffversorgung haben. Hierbei sind insbesondere die Zulassung der Impfstoffe sowie die Attraktivität des Schweizer Marktes, die Pflichtlager, der zentrale Einkauf, die Überwachung des Impfstoffmangels und die Kostenübernahme durch die Obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) zu nennen.

Die GPK-N erkundigte sich über das internationale Engagement der Schweiz bezüglich der Impfstoffversorgung. Sie wurde informiert, dass sich das EDI im Rahmen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an der Erarbeitung der globalen Impfagenda 2030 beteiligt. Die Europäische Union (EU) diskutiert ihrerseits die gemeinsame Beschaffung und Verteilung von Impfstoffen, welche die Versorgungssicherheit verbessern würde. Laut EDI funktioniere die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU diesbezüglich momentan allerdings nicht, weil die EU das Gesundheitsdossier an die Verhandlungen über ein institutionelles Rahmenabkommen gekoppelt hat50.

Was die Zulassung angeht, befasste sich die Kommission mit der Problematik, dass Hersteller entweder gar kein Gesuch in der Schweiz stellen oder ihre Gesuche zurückziehen. Gemäss Swissmedic werden Zulassungsgesuche für Impfstoffe nur selten abgelehnt. Dennoch sind rund 30 in der EU zugelassene
Impfstoffe in der Schweiz nicht zugelassen. Seit 2019 ist eine erleichterte Zulassung von Arzneimitteln möglich, wenn diese seit mehr als zehn Jahren in einem EU- oder EFTA-Land zugelassen sind (Art. 14 HMG51). Wenn bereits Prüfergebnisse anderer Behörden bestehen, ist ebenfalls eine vereinfachte Zulassung möglich (Art. 13 HMG).

48 49

50 51

Vgl. dazu: Jahresbericht 2018 der GPK und der GPDel, Ziff. 3.3.4 (BBl 2019 2729, hier 2759).

Eidgenössische Kommission für Impffragen (EKIF), Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL), Swissmedic sowie Vertreterinnen und Vertreter der Pharmaindustrie.

Vgl. dazu: Jahresbericht 2019 der GPK und der GPDel, Ziff. 3.3.2 (BBl 2020 2971, hier 2989).

Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte vom 15. Dez. 2000 (Heilmittelgesetz, HMG; SR 812.21).

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Gemäss Swissmedic werden die vereinfachten Verfahren gemäss Art. 13 und 14 HMG zwar allgemein angewandt, jedoch gab es auf diesem Weg noch keine Gesuche für Impfstoffe. Dies deute darauf hin, dass es bei den von der Schweiz benötigten Impfstoffen einen globalen Mangel gebe und es für Unternehmen daher nicht attraktiv sei, eine zusätzliche Zulassung für die Schweiz zu beantragen. Zur Attraktivität des Schweizer Impfstoffmarktes hat das BAG eine Analyse in Auftrag gegeben, welche Anfang 2021 veröffentlicht werden soll.

Was die Beschaffung betrifft, informierte sich die Kommission über die Situation bei den gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtlagern für Impfstoffe. Diese sind im Aufbau begriffen, mit dem Ziel, einen Bestand von 4 Monaten des durchschnittlichen Bedarfs sicherzustellen52. Insbesondere bei jenen Impfstoffen, deren globale Versorgungssituation knapp ist, sei es jedoch schwierig, Pflichtlager aufzubauen. Daher seien diese zwar hilfreich, um kleine Mangelsituationen zu überbrücken, stellen aber keine nachhaltige Lösung bei den kritischen Impfstoffen dar. Gemäss BAG gebe es aufgrund der unterschiedlichen Verpackung und der dazugelegten Informationsmaterialien, aber auch aus Qualitäts- und Sicherheitsgründen, nur eine beschränkte Flexibilität für den Austausch von Impfstoffen zwischen den Ländern. Laut Swissmedic können alternative Wirkstoffe bei Engpässen zwar auch aus dem Ausland importiert werden, die Gesuche dafür seien aber rückläufig. Die Kommission wurde weiter informiert, dass die Option eines zentralen Einkaufs von Impfstoffen 53 durch die Bundesbehörden weiterhin abgeklärt werde. Diese Abklärungen wurden allerdings durch die Covid-19-Krise verzögert.

Zur Erfassung von Engpässen wurde eine Meldestelle beim Fachbereich Heilmittel der WL geschaffen. Darauf basierend werden gegebenenfalls absehbare Lieferungsprobleme publiziert, Pflichtlager freigegeben und Anträge für den Import ausländischer Ware beurteilt. Nötigenfalls werden die Anwendungsempfehlungen der EKIF in Absprache mit dem BAG angepasst, um den Schutz von Risikogruppen zu gewährleisten. Gemäss BWL und BAG habe sich dieses System in den letzten Jahren bewährt.

Die Kommission hat auch den Aspekt der Zusammenarbeit zwischen den im Bereich der Impfstoffe tätigen Bundesbehörden (EDI, BAG, EKIF, Swissmedic) vertieft. Sie stellte
fest, dass die beteiligten Akteure zwar ähnliche Ziele verfolgen, die primären Herausforderungen jedoch nicht zwingend im selben Bereich sehen. Für das EDI und das BAG scheinen die globalen Bedingungen zentral und solange die Kooperation insbesondere mit der EU ausgesetzt ist, wird davon ausgegangen, dass die Situation für die Schweiz schwierig bleibt. Für die EKIF steht der Zulassungsprozess sowie die fehlende Vergütung gewisser Impfstoffe durch die OKP im Vordergrund. Swissmedic sieht das kleine Marktvolumen der Schweiz als Problem, weil dadurch ein Zulassungsgesuch auch unter dem vereinfachten Verfahren für Unternehmen nicht attraktiv ist. In den letzten Jahren führten diese unterschiedlichen Wahrnehmungen teilweise 52 53

Im Jahr 2020 lag der Bestand der Pflichtlager bei rund 3 Monaten des durchschnittlichen Bedarfs.

Die Motion Heim (18.3058), welche einen solchen zentralen Einkauf verlangte, wurde am 19. Juni 2020 abgeschrieben. Dennoch hat der Bundesrat in der Antwort auf die Interpellation Müller (20.3212) erklärt, die Möglichkeit eines zentralen Einkaufs weiter abzuklären.

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zu Spannungen. Der Austausch der unterschiedlichen Perspektiven bleibt jedoch durch die regelmässigen, gemeinsamen Plattformsitzungen sichergestellt und die Zusammenarbeit konnte in den letzten Monaten verbessert werden.

Gemäss BAG habe sich die Covid-19-Krise nur geringfügig auf die allgemeine Lage der Impfstoffversorgung ausgewirkt. Bei der Impfung gegen Covid-19 ist keine grössere Produktion in der Schweiz geplant, höchstens Abfüll- oder Verteilanlagen. Es bestehe also, ebenso wie bei den anderen Impfstoffen, eine Abhängigkeit vom Ausland54. Weiter hat der Bund während der Covis-19-Krise Versorgungs- und Lagerungsstrukturen für die Sicherstellung der Landesversorgung im Bereich des medizinischen Materials und der Arzneimittel ausgebaut. Es werde abgeklärt, inwiefern diese Strukturen auch künftig für die allgemeine Impfstoffversorgung genutzt werden können.

Die GPK-N stellte angesichts der erhaltenen Informationen, der beschränkten Möglichkeiten der beteiligten Schweizer Behörden und der bereits ergriffenen Massnahmen keinen unmittelbaren Handlungsbedarf seitens der parlamentarischen Oberaufsicht fest. Sie erachtet die Impfstoffversorgung in der Schweiz aber weiterhin als besorgniserregend. Sie wird daher dieses Dossier weiterverfolgen und sich im Verlauf des Jahres 2021 über die Entwicklung der Verfügbarkeit der Impfstoffe in der Schweiz, den Stand der laufenden Abklärungen und der angekündigten Verbesserungsmassnahmen informieren lassen.

3.3.3

Delegation von Rechtsetzungskompetenzen an Dritte: Beispiel der Transplantationsverordnung

Die GPK-N befasste sich 2019 und 2020 mit dem Thema der Delegation von Rechtsetzungskompetenzen an Dritte (direkter oder indirekter Verweis auf private Normen) im Schweizer Recht.

Die Kommission setzte sich in diesem Zusammenhang insbesondere mit der im Oktober 2017 vom Bundesrat revidierten Transplantationsverordnung55 eingehend auseinander. Diese Verordnung verweist in Sachen Wartezeit bis zur Feststellung des Todes nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand auf die medizinisch-ethischen Richtlinien der Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften (SAMW).

Diese Richtlinien wurden von der SAMW 2017 parallel zur Transplantationsverordnung überarbeitet. Dabei verkürzte die SAMW die Wartezeit bis zur Feststellung des Todes von 10 auf 5 Minuten. Die Öffentlichkeit wurde darüber aber erst am 19. Oktober 2017 informiert, d. h. nach der Verabschiedung der revidierten Transplantati54

55

Um den Zugang zum Covid-19-Impfstoff sicherzustellen, hat der Bund drei Verträge mit den Impfstoffherstellern Moderna (Covid-19-Impfstoff: Bund unterzeichnet Vertrag mit Biotech-Unternehmen Moderna, Medienmitteilung des BAG vom 7. Aug. 2020), AstraZeneca (Covid-19-Impfstoff: Bund unterzeichnet Vertrag mit AstraZeneca, Medienmitteilung des BAG vom 16. Okt. 2020) und Pfizer/BioNTech (Covid-19-Impfstoff: Bund unterzeichnet Vertrag mit Pfizer, Medienmitteilung des BAG vom 7. Dez. 2020) unterzeichnet.

Verordnung vom 16. März 2007 über die Transplantation von menschlichen Organen, Geweben und Zellen (Transplantationsverordnung; SR 810.211).

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onsverordnung durch den Bundesrat. Vor diesem Hintergrund wurde in der Öffentlichkeit die mangelnde Transparenz dieser Revision kritisiert. Da es sich um ein politisch und ethisch sensibles Thema handelt, beschloss die GPK-N, dieses zu vertiefen.

Sie hörte im Juni 2019 Vertreterinnen und Vertreter des BAG zur Revision der Transplantationsverordnung an und tauschte sich mit Vertreterinnen und Vertretern des Bundesamtes für Justiz (BJ) über das Thema der Delegation von Rechtsetzungskompetenzen an Dritte im Allgemeinen aus. Ausserdem bat sie den Vorsteher des EDI um Stellungnahme.

Die Abklärungen der Kommission ergaben, dass das BAG bzw. das EDI ab August 2015 über die geplante Revision der SAMW-Richtlinien informiert waren. Im Oktober 2016 informierte das EDI die Teilnehmenden der Vernehmlassung zur Änderung der Transplantationsverordnung über die gleichzeitig stattfindende Anhörung der SAMW zum Entwurf der überarbeiteten Richtlinien. Die Verkürzung der Wartezeit bis zur Feststellung des Todes war allerdings nicht im Entwurf der überarbeiteten SAMW-Richtlinien enthalten, der in die Vernehmlassung geschickt worden war. Laut BAG wurde diese Änderung von der SAMW zu einem späteren Zeitpunkt auf der Grundlage von Expertenmeinungen hinzugefügt. Über die endgültige Fassung der SAMW-Richtlinien wurde das BAG im April 2017 informiert. Diese Fassung wurde in der Folge von der SAMW verabschiedet (Mai 2017), vorerst aber noch nicht veröffentlicht.

Das EDI informierte den Bundesrat im Oktober 2017 bei der Verabschiedung der Revision der Transplantationsverordnung, dass die endgültige Fassung der SAMWRichtlinien vorliegt. Das Departement teilte der GPK-N mit, dass die Verkürzung der Wartezeit bis zur Todesfeststellung als medizinisch-fachlich begründete Anpassung dem Bundesrat nicht ausdrücklich kommuniziert wurde. Der Bundesrat verabschiedete und veröffentlichte die revidierte Transplantationsverordnung am 18. Oktober 2017. In der entsprechenden Medienmitteilung56 vom selben Tag wurden die überarbeiteten SAMW-Richtlinien von Mai 2017 erwähnt, allerdings wurde nicht auf die Wartezeitverkürzung eingegangen. Die überarbeiteten SAMW-Richtlinien wurden am 19. Oktober 2017 unmittelbar im Anschluss an den Bundesratsentscheid zur Verordnungsänderung auf der Webseite der SAMW veröffentlicht.

Die GPK-N konzentrierte
sich bei ihren Arbeiten auf die Frage, welche allgemeinen Lehren aus diesem Fall in Bezug auf die Transparenz bei Revisionen von im Schweizer Recht erwähnten privaten Normen gezogen werden können. Sie nahm weder Stellung zur Frage, ob die Verkürzung der Wartezeit bis zur Todesfeststellung angemessen ist, noch zur Frage, wie dieser Aspekt geregelt werden soll (Delegation an Dritte, Definition auf Verordnungs- oder Gesetzesebene), da diese Fragen in erster Linie in den Zuständigkeitsbereich der entsprechenden Sachbereichskommissionen fallen.

Der Vorsteher des EDI erklärte gegenüber der GPK N, dass der Verweis auf private Normen im staatlichen Recht «ein bewährtes und anerkanntes Instrument» ist, «um wissenschaftlich-technische Aspekte einer zielführenden und fachlich korrekten Regulierung zuführen zu können». Laut EDI ist dies «auch bezüglich der Verweise im Transplantationsrecht gegeben». Der Vorsteher des EDI räumte allerdings ein, es habe 56

Transplantationsgesetz: Lebendspender werden finanziell besser abgesichert, Medienmitteilung des Bundesrates vom 18. Okt. 2017.

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sich als nachteilig erwiesen, dass «in der Überarbeitung der Richtlinien [...] die Anforderungen an die Transparenz staatlicher Rechtsetzungsprozesse nicht vollumfänglich erfüllt wurden». In den Augen des BAG lag das Problem in diesem Fall darin, dass die Verordnung des Bundesrates und die Richtlinien der SAMW parallel revidiert wurden. Das EDI kündigte an, aufgrund dieser Erfahrungen künftig darauf zu achten, dass «private Normen, auf die verwiesen werden soll, wenn immer möglich bereits in ihrer definitiven Fassung für Vernehmlassungen vorliegen».

Im Juni 2020 teilte die GPK-N dem Bundesrat ihre Einschätzung dieses Dossiers mit.

Sie erachtet es grundsätzlich als angemessen, dass im Schweizer Recht in bestimmten begründeten Fällen auf private Normen verwiesen wird, namentlich in Bereichen, in denen es um die Regelung technischer oder wissenschaftlicher Aspekte geht. Sie wies aber darauf hin, dass solche Verweise gewisse Fragen in Bezug auf Verantwortlichkeit, Legitimation und Transparenz aufwerfen. Für die Kommission ist es unerlässlich, dass solche Verweise vorab einer eingehenden Prüfung unterzogen und regelmässig von den zuständigen Bundesbehörden überprüft werden. Es muss auf jeden Fall darauf geachtet werden, dass Revisionen an privaten Normen, auf die im Bundesrecht verwiesen wird, mit grosser Sorgfalt und der erforderlichen Transparenz erfolgen. In solchen Fällen müssen die Öffentlichkeit und das Parlament transparent über die Ergebnisse der Revision informiert werden und die überarbeitete Norm ist so rasch wie möglich nach ihrer Verabschiedung zu veröffentlichen.

Die GPK-N bedauert, dass die SAMW-Richtlinien von Mai 2017 erst nach der Verabschiedung der revidierten Transplantationsverordnung im Oktober 2017 veröffentlicht wurden. Sie hat den Bundesrat ersucht, bei künftigen Revisionen sicherzustellen, dass die privaten Normen, auf die im zu revidierenden Rechtstext verwiesen wird, bereits zu Beginn des Revisionsprozesses in ihrer definitiven Fassung vorliegen. Die parallele Revision ist möglichst zu vermeiden.

Da es sich um ein politisch und ethisch sensibles Thema handelt, ist die Kommission allerdings der Ansicht, dass das EDI den Bundesrat bei der Revision der Transplantationsverordnung ausdrücklich auf die entsprechenden Änderungen an den SAMWRichtlinien hätte hinweisen müssen. Sie hat den Bundesrat ersucht, solchen Fällen bei künftigen Revisionen des Bundesrechts besondere Beachtung zu schenken.

3.3.4

Vergabepraxis des BAG

Die GPK-N erhielt 2019 eine Aufsichtseingabe, in welcher die Vergabepraxis des BAG verschiedentlich kritisiert wurde. Diese Eingabe nahm Bezug auf den vom BAG im Jahr 2019 ausgeschriebenen Auftrag «Schweizerische Koordinations- und Fachstelle Sucht 2020­2029».

Die GPK prüfen grundsätzlich keine konkreten Fälle und können aus Gründen der Gewaltenteilung Entscheide von Behörden, die ihrer Oberaufsicht unterstehen, nicht aufheben oder ändern. Bei allfälligen Verstössen der Behörden müssen die betroffenen Bürgerinnen und Bürger bzw. Organisationen die Beschwerdemöglichkeiten des geltenden Rechts nutzen. Die GPK als parlamentarisches Oberaufsichtsorgan interessieren sich nur dann für konkrete Fälle, wenn diese Hinweise liefern auf allfällige

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systembedingte Missstände oder Mängel bei der Umsetzung von Gesetzen oder bei der Geschäftsführung der Bundesbehörden.

Vor diesem Hintergrund nahm die Kommission nicht zum Ergebnis der erwähnten Auftragsvergabe Stellung, sondern prüfte anhand dieses Falls die Vergabepraxis des BAG im Allgemeinen. Nachdem sie verschiedene Abklärungen vorgenommen hatte, teilte sie dem Vorsteher des EDI im Oktober 2020 ihre Beurteilung mit.

Die GPK-N erkundigte sich insbesondere nach den Gründen, weshalb das BAG 2018 beschlossen hatte, den Auftrag «Schweizerische Koordinations- und Fachstelle Sucht 2014­2018» bis Februar 2020 zu verlängern. Das Bundesamt teilte ihr mit, dass es ursprünglich eine freihändige Vergabe für den neuen Auftrag ab 2019 vorgesehen hatte. Das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) habe im November 2016 im Rahmen einer Konsultation bestätigt, dass die freihändige Vergabe grundsätzlich möglich sei, wenn sie ausreichend begründet ist. In den nachfolgenden Monaten habe es jedoch Änderungen an den beschaffungsrechtlichen Weisungen gegeben und die Zuständigkeit für den entsprechenden Fall sei vom BBL auf das BAG übertragen worden. Der Fall sei dann dem internen Rechtsdienst des BAG unterbreitet worden, welcher Ende 2017 zum Schluss kam, dass eine freihändige Vergabe dieses Auftrags nicht zulässig ist. Deshalb habe sich die Direktion des BAG Anfang 2018 für eine öffentliche Ausschreibung entschieden. Im März 2018 habe die Direktion des BAG beschlossen, den Auftrag 2014­2018 bis Anfang 2020 zu verlängern, um genügend Zeit für die Vorbereitung der Ausschreibungsunterlagen und die Festlegung der Kriterien für die Erarbeitung des Pflichtenhefts sowie für die Klärung der IT-Modalitäten des Auftrags zu haben. Das BAG räumte gegenüber der Kommission ein, dass sich diese Verlängerung «auf keine spezifische Rechtsgrundlage» stützte. Sie sei jedoch notwendig gewesen, um beim Vollzug des Betäubungsmittelgesetzes Kontinuität sicherzustellen.

Die GPK-N bedauert, dass dieser Auftrag zu einem sehr späten Zeitpunkt und ohne entsprechende Rechtsgrundlage um mehr als ein Jahr verlängert werden musste. Sie ersuchte das EDI als Aufsichtsbehörde des BAG, dafür zu sorgen, dass eine solche Situation in Zukunft nicht mehr vorkommt. Ihrer Ansicht nach ist es unerlässlich, dass die Bundesämter im Hinblick auf die Erneuerung
von Aufträgen frühzeitig rechtlich abklären, auf welche Weise die Vergabe erfolgen kann. In den Planungen der Bundesämter muss unbedingt berücksichtigt werden, dass möglicherweise eine öffentliche Ausschreibung erforderlich ist.

Die Kommission hebt aber auch hervor, dass das BAG im Fall der Suchtstelle das BBL bereits 2016 konsultiert hatte und dieses keine Einwände gegen eine freihändige Vergabe hatte. Die späte Ablehnung der freihändigen Vergabe durch den internen Rechtsdienst des BAG ist dadurch zu erklären, dass die Evaluationszuständigkeit im Laufe der Bearbeitung des Dossiers wechselte.

In den Augen der GPK-N ist es entscheidend, dass die Vergaben der Bundesämter einer unabhängigen rechtlichen Prüfung unterzogen werden, sei es durch die internen Rechtsdienste der Ämter oder durch das BBL. Sie erachtet es für wichtig, dass das BBL von den Bundesämtern weiterhin in die Beurteilung der Fälle einbezogen oder von diesen zumindest über deren Beurteilung informiert wird, namentlich wenn es

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sich um bedeutsame Vergaben handelt. Die Kommission ersuchte das EDI, dafür zu sorgen, dass dies in Zukunft der Fall ist.

Mehrere Kritikpunkte der Aufsichtseingabe an die GPK-N betreffen die als unzureichend erachtete Kommunikation des BAG gegenüber den Anbietern im Rahmen des Vergabeverfahrens. Allgemein ist die Kommission der Auffassung, dass bei einer Ausschreibung eine transparente Kommunikation gegenüber allen Anbietern von grosser Bedeutung ist, insbesondere um Vorwürfen der Ungleichbehandlung vorzubeugen. Sie ersuchte das EDI, dafür zu sorgen, dass dies sichergestellt ist.

Im Rahmen ihrer Abklärungen erkundigte sich die Kommission auch, wie der Auftrag für die nationale Koordinations- und Fachstelle Sucht früher vergeben wurde, welche Modalitäten für die Ausschreibung des Auftrags 2020­2029 galten und weshalb die Vertragsdauer von vier auf zehn Jahre verlängert wurde. Die Kommission hat von den Erläuterungen des BAG zu diesen drei Punkten Kenntnis genommen und in diesem Zusammenhang keine Hinweise entdeckt, die einen weiteren Handlungsbedarf für die parlamentarische Oberaufsicht erkennen liessen.

Schliesslich informierte sich die GPK-N am Rande ihrer Abklärungen über die allgemeine Vergabepraxis des BAG. Sie stellte positiv fest, dass das Bundesamt über eine per 1. Oktober 2018 letztmals aktualisierte Beschaffungsweisung verfügt und dass die Beschaffungsfachleute des Bundesamtes Weiterbildungen und regelmässige Schulungen beim dem BBL angegliederten Kompetenzzentrum Beschaffungswesen Bund (KBB) besuchen. Beschaffungen ab 150 000 Franken, die per freihändigem Verfahren erfolgen, werden im BAG zudem auf ihre rechtliche Plausibilität hin überprüft und müssen von einem Mitglied der Geschäftsleitung einzeln bewilligt werden. Die Kommission unterstreicht, wie wichtig es ist, dass die Fachämter mit dem BBL weiterhin eng zusammenarbeiten, da Letzteres die Aufgabe hat, die einheitliche Anwendung des Beschaffungsrechts auf Bundesebene zu unterstützen. Die Kommission ist der Auffassung, dass dem Ausbildungsangebot des KBB in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zukommt.

Die Kommission entschied im Oktober 2020, dieses Dossier zu schliessen. Sie behält sich aber die Möglichkeit vor, sich erneut mit diesem Thema zu befassen, sollten ihr ähnliche Fälle zur Kenntnis gebracht werden. Sie ersuchte das EDI als Aufsichtsbehörde, dafür zu sorgen, dass ihre Erwägungen von den ihm angegliederten Bundesämtern bei künftigen Beschaffungen beachtet werden.

3.4

Internationale Beziehungen und Aussenhandel

3.4.1

Swiss Investment Fund for Emerging Markets (SIFEM)

Die GPK-S hörte im Juni 2020 den SIFEM an, um den Bericht des Bundesrates über die strategischen Ziele des SIFEM für den Zeitraum 2018­2020 zur Kenntnis zu nehmen. In diesem Zusammenhang behandelte die Kommission auch das Verhältnis des SIFEM zur geschäftsführenden Obviam AG und deren Investitionstätigkeit.

Der SIFEM ist die Entwicklungsfinanzierungsgesellschaft des Bundes. Er ist eine privatrechtliche Aktiengesellschaft, die sich vollständig im Besitz des Bundes befindet 29 / 134

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und bei der die Rechte der Aktionäre durch den Bundesrat ausgeübt werden. Daher kommt das Corporate-Governance-Modell des Bundes zur Anwendung57. Die Ziele des SIFEM sind in der Verordnung über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe beschrieben58.

Der SIFEM unterstützt kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) in Entwicklungsländern indirekt mit langfristigen Darlehen oder Beteiligungen und ergänzt so die sogenannt klassischen Instrumente der internationalen Zusammenarbeit (IZA). Er tritt meist als Co-Investor auf und investiert in ca. 50 Fonds, welche ihrerseits wiederum in diverse Unternehmen investieren. Ziel ist, die Schaffung von guten Arbeitsplätzen zu fördern. Ein modellhaftes Vorgehen steht dabei im Vordergrund. Durch die Beteiligung von öffentlichen Geldern an den Fonds wird versucht, die Unternehmen und die Fondsmanager zur Einhaltung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Standards zu verpflichten und ihnen mittels technischer Unterstützung zu helfen, die Standards zu erreichen. Die Renditeerwartungen sind daher nicht sehr hoch. Eine gewisse Rendite ist aber notwendig, um auch private Investoren mobilisieren zu können.

Aus Gründen betreffend Governance und Kompetenzen wurde die Privatsektorförderung vom damaligen Bundesamt für Aussenwirtschaft (BAWI) an den SIFEM ausgelagert. Es stellten sich insbesondere Fragen zum Haftungsrisiko, welches mit der Auslagerung vermindert werden sollte. Zudem sind die erforderlichen technischen Kenntnisse für diese spezialisierte Tätigkeit der Privatsektorförderung in der Bundesverwaltung nicht a priori zu erwarten. Der SIFEM wiederum betraute, nach einer öffentlichen Ausschreibung, die Obviam AG mit der operationellen Führung des Geschäfts. Konkret wurden die Geschäftsführung und bedingt auch das PortfolioManagement ausgelagert. Die Obviam AG bereitet die Investitionen vor und führt das Monitoring. Das Investitionskomitee behandelt die Vorschläge und trifft die Entscheide. Die Entscheidungsberechtigung liegt somit beim Verwaltungsrat des SIFEM.

Grundlage für Investitionen sind die strategischen Ziele des Bundesrates. Ob diese Ziele erreicht wurden, wird jährlich überprüft. Davon hängt auch 20 % der vertraglich vereinbarten Entschädigung der Obviam AG ab. Zudem legt der Verwaltungsrat des SIFEM jährlich kurzfristige operationelle
Ziele für die Obviam AG fest. Die ausgelagerte Geschäftsführung des SIFEM wird in den nächsten zwei bis fünf Jahre neu ausgeschrieben.

Mit einer Aktienquote von ca. zwei Dritteln ist der SIFEM im Vergleich zu anderen «Development Finance Institutions» in Europa relativ stark exponiert. Allerdings sieht der SIFEM die langfristige Investition über Fonds in Aktien trotz der damit verbundenen Risiken als richtiges Instrument an. Beim grössten Teil der Beteiligungen, bei denen wegen der Covid-19-Krise Buchverluste zu verzeichnen sind, wird eine Erholung in den nächsten zwei bis drei Jahren erwartet.

Zu den Investitionen in China haben die Vertreter des SIFEM festgehalten, dass diese aus der Zeit vor der Gründung des SIFEM stammen und lediglich übernommen wurden. Der SIFEM würde heute keine derartigen Investitionen mehr eingehen, da China 57 58

Bericht des Bundesrates zur Auslagerung und Steuerung von Bundesaufgaben (Corporate-Governance-Bericht) (BBl 2006 8233).

Verordnung vom 12. Dez. 1977 über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe (SR 974.01).

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nicht mehr als Entwicklungsland betrachtet wird und auch keine Investitionen in börsenkotierte Unternehmen und den Mienensektor getätigt werden. Aufgrund von langfristigen Verpflichtungen und Limitierungen bezüglich dem Verkauf von Beteiligungen wird der Ausstieg erst 2021 erfolgen. Weitere Investitionen, die durch das damalige BAWI in Privatgesellschaften in Indien getätigt wurden, laufen normal aus.

In Zukunft werden Gender-Fragen und ökologische Themen an Bedeutung gewinnen.

Beim SIFEM wird davon ausgegangen, dass man gut aufgestellt und diversifiziert ist, sodass man die momentane Covid-19-Krise überwinden kann. Die GPK-S sah nach der Anhörung keinen Handlungsbedarf aus der Perspektive der Oberaufsicht.

3.5

Staat und Verwaltung

3.5.1

Schutz geistigen Eigentums bei Freihandelsabkommen

Der Schutz des Geistigen Eigentums ist für die Schweiz als Innovationsstandort und ihre exportorientierte Wirtschaft von grosser Bedeutung. Die Subkommission EJPD/BK der GPK-N führte deshalb bereits 2019 einen Dienststellenbesuch beim Institut für Geistiges Eigentum (IGE) durch. Daraus ergab sich das Bedürfnis, sich spezifisch mit dem Schutz des Geistigen Eigentums bei der Ausarbeitung von Freihandelsabkommen (FHA) zu befassen. Die GPK-S vertiefte deshalb im Jahr 2020 diesen Themenkomplex, indem sie sich durch die Direktion des IGE informieren liess.

Das IGE ist an den Verhandlungen von Freihandelsabkommen jeweils beteiligt. Es ist federführend für den Bereich des Geistigen Eigentums verantwortlich. Die Abkommen basieren auf den im Rahmen der «World Intellectual Property Organization» (WIPO) und der «World Trade Organization» (WTO) ausgehandelten Standards. Darüber hinaus gibt es abhängig von den Vertragsparteien punktuell zusätzliche Bestimmungen, die zu beachten sind. Von grosser Bedeutung bei der Aushandlung von FHA ist die Möglichkeit der Durchsetzung der Rechte. Gemäss IGE würden bei den FHA auch Trade-offs über verschiedene Rechtsgebiete hinweg eingegangen. Trade-offs bedeuten, dass beispielsweise auf einen umfangreichen Schutz geografischer Herkunftsangaben bestanden wird, man dafür aber Konzessionen in einem ganz anderen Bereich des FHA eingeht, oder umgekehrt. Daraus resultiere je nach FHA ein unterschiedlich umfangreicher Schutz des Geistigen Eigentums. Zudem gebe es bei der vereinbarten Durchsetzung von Rechten teilweise Schwierigkeiten, worauf man meist lediglich im jährlich tagenden gemischten Ausschuss hinweisen könne.

Grundsätzlich liegt ein umfangreicher Schutz des Geistigen Eigentums im Interesse der Schweiz. Es gibt jedoch im Arzneimittelbereich und bezüglich der Entwicklung insbesondere von Schwellenländern sowie der kleinbäuerlichen Landwirtschaft auch Kritik daran. Konkret wird kritisiert, dass der Patentschutz von Medikamenten den preisgünstigen Zugang oder die Produktion von Generika erschwere. Seitens des IGE wurde betont, dass der kommerzielle Anreiz für die Neuentwicklung von Medikamenten wichtig sei. Zudem berechtige ein Patent Unternehmen nicht, den Preis frei festzulegen. Meist handle es sich dabei um regulierte Märkte, bei denen der Preis zwischen Gesundheitsbehörden und Herstellern verhandelt werde.

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Was den Einfluss auf die Entwicklung ärmerer Staaten betrifft, anerkennt das IGE, dass durch die Verhinderung von Kopien bestimmter Produkte gewisse Wirtschaftssektoren behindert werden. Allerdings sei der erhöhte Schutzstandard auch die Grundlage, um Investitionen und Innovationen zu fördern sowie Risikokapital und Technologietransfers zu ermöglichen.

Des Weiteren steht das Internationale Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV-Übereinkommen) von 1991 in der Kritik, weil es den Interessen von Kleinbauern nicht Rechnung trage. Gemäss IGE fordere die Schweiz zwar meist den Beitritt zur UPOV, sei allerdings auch offen für Alternativen. Bei den aktuellen Abkommen mit Indonesien und den Philippinen seien andere Vereinbarungen über den Pflanzensortenschutz getroffen worden, welche die individuelle Situation besser berücksichtigen würden.

Die GPK-S sah nach der Anhörung keinen Handlungsbedarf aus der Perspektive der Oberaufsicht.

3.5.2

Integrierte Grenzverwaltung

Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates befasste sich seit dem Jahr 2017 in regelmässigen Abständen mit der integrierten Grenzverwaltung (Integrated Border Management, IBM).

Beim IBM geht es um eine 2011 vom Bundesrat eingesetzte verwaltungsinterne, interdepartementale Arbeitsgruppe mit Beteiligung der Kantone. Mit ihr wird eine Zusammenarbeit und Koordination zwischen Bund und Kantonen angestrebt, um gegen illegale Migration, gewerbsmässigen Menschenschmuggel und grenzüberschreitende Kriminalität vorzugehen. Gleichzeitig soll sie aber auch dafür sorgen, dass die legale Einreise problemlos erfolgen kann.

2012 wurde die erste «IBM-Strategie» und 2014 der dazugehörige «IBM-Aktionsplan» geschaffen. Die Strategie bildet das Dach über den vorgesehenen Massnahmen.

Die Strategie wird jährlich überprüft. Die Federführung kommt innerhalb der Bundesverwaltung dem Staatssekretariat für Migration (SEM) zu. Aus diesem Grund führte die GPK-S im Jahr 2017 eine erste Aussprache mit Vertreterinnen und Vertretern des SEM durch.

Im Jahr 2018 erschien eine externe Evaluation zum IBM. Diese legte einige gravierende Schwächen des IBM offen, weshalb im Jahr 2018 die Autorinnen und Autoren der Evaluation und erneut Vertreter des SEM angehört wurden. Die Schwächen, welche die Evaluation aufzeigte, sind unter anderem darin zu sehen, dass in verschiedenen Bereichen (Biometrie, Bekämpfung des Menschenschmuggels, Analysekapazitäten) praktisch keine Fortschritte erzielt werden konnten. Weiter sind die Prioritäten zu wenig klar festgelegt und die Kohärenz zwischen Zielen, Zuständigkeiten, Massnahmen und Ressourcen zu wenig beachtet worden. Zudem sollten die Ressourcen und Strategien auf eine flexible und dynamische Umsetzung der IBM-Strategie ausgelegt werden. Die Erkenntnisse aus der Evaluation sollten gemäss den Angaben des SEM in die neue Strategie des IBM einfliessen.

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Die neue Strategie «Integrierte Grenzverwaltung 2027» wurde am 14. November 2019 vom Plenum der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) verabschiedet und am 27. November 2019 vom Bundesrat zur Kenntnis genommen. Die zuständige Subkommission der GPK-S liess sich diese im Februar 2020 durch Vertreterinnen und Vertreter des SEM vorstellen und kam zum Schluss, dass die wesentlichen Schwachstellen der ersten Strategie beseitigt worden sind und erkannte keinen weiteren Handlungsbedarf. Die GPK-S wird sich mit der Umsetzung der Strategie in absehbarer Zeit erneut befassen.

3.5.3

Internationale Rechtshilfe

Die GPK-S beschäftigte sich seit dem Jahr 2017 mehrmals mit dem Thema der internationalen Rechtshilfe (IRH), welche als eigener Direktionsbereich beim BJ geführt wird.

2017 hörte die GPK-S eine Vertreterin und einen Vertreter des Direktionsbereichs IRH des BJ an. Hierbei ging es in erster Linie darum, die Kommission über den allgemeinen Tätigkeitsbereich des Direktionsbereichs zu informieren. Die Direktionsverantwortliche präsentierte sowohl die verschiedenen Fachbereiche (Fachbereiche Rechtshilfe I und II, Fachbereich Auslieferung und Fachbereich internationale Verträge) als auch die unterschiedlichen Funktionen der Behörde: verfahrensleitende, verfügungsberechtigte Behörde, Weiterleitungs- und Delegationsfunktion, Aufsicht inklusive Beschwerdeführung gegen Schlussverfügung der Rechtshilfevollzugsbehörden. In diesem Rahmen wurde die Kommission auch über die anstehenden Herausforderungen im Bereich der internationalen Rechtshilfe orientiert. Die Frage der knappen Ressourcen für den Direktionsbereich IRH waren damals eine von drei genannten Herausforderungen in diesem Bereich. Die Entwicklung des internationalen Verbrechens und die Auflösung von Zielkonflikten stellten die zwei weiteren Herausforderungen dar.

Die Kommission erkannte damals keinen unmittelbaren Handlungsbedarf, forderte jedoch verschiedene Statistiken beim Direktionsbereich ein, bevor die Behandlung abgeschlossen werden sollte. Bei den Statistiken handelte es sich vor allem um Angaben zum Erfolg bzw. Misserfolg von Rechtshilfeersuchen der Schweiz an andere Staaten und umgekehrt im Bereich der internationalen Rechtshilfe. Das BJ informierte die Kommission darüber, dass solche Statistiken zum Zeitpunkt der Befassung der Kommission im Jahr 2017 nicht vorlagen und erst noch im Rahmen anderer Verpflichtungen erstellt werden mussten. Es dauerte schliesslich über zwei Jahre, bis die Kommission die besagten Statistiken im Jahr 2020 erhielt. Die Kommission erhoffte sich hierbei auch Rückschlüsse darauf, welche Staaten der Schweiz die Rechtshilfe systematisch verweigern.

Aus diesem Anlass und da inzwischen eine neue Legislatur begonnen hatte, entschied die Kommission erneut eine Anhörung zum Bereich der internationalen Rechtshilfe durchzuführen, auch um sich die angesprochenen Statistiken präsentieren zu lassen.

Ausser den Angaben aus der Präsentation zu den verschiedenen Statistiken ergaben sich für die Kommission keine neuen Erkenntnisse, weshalb diese beschloss, das

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Thema vorläufig abzuschliessen und in einem Zeitraum von zwei Jahren erneut aufzunehmen.

3.5.4

Gewalt gegen Frauen in Bundesasylzentren

Neben dem Thema der Gewalt gegen Asylbewerberinnen und -bewerber durch private Sicherheitsunternehmen behandelte die GPK-N auch die Gewalt gegen Frauen in Bundesasylzentren. Der Grund für die separate Behandlung ist zweischichtig: Einerseits kann die Gewalt gegen Frauen von verschiedener Seite ausgehen und andererseits ist die Bundesverwaltung und hier vor allem das SEM bereits weit fortgeschritten bei der Behandlung dieses spezifischen Problems. Hierzu hörte die GPK-N Vertreterinnen und Vertreter des SEM an.

Die verschiedenen Anstrengungen seitens des SEM sind insbesondere auf das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt, sowie das Postulat Feri zurückzuführen. 59 Die Berichte60 zum Postulat orteten in verschiedenen Bereichen Verbesserungspotential und formulierten entsprechende Massnahmen.

Die Massnahmen lassen sich, gemäss dem SEM, in drei Bereiche einteilen: 1. Unterbringung in den Bundesasylzentren (Unterbringung, Betreuung, Beschäftigung und Gesundheitsversorgung), 2. Gewaltprävention (Gewaltpräventionskonzept für jede Asylregion, spezifische Sensibilisierung der Betreuungspersonen) und 3. Information potentieller Opfer und Täter. Für den Bereich der Unterbringung wurde ein Betriebskonzept erarbeitet, welches verbindliche Vorgaben zur Unterbringung beinhalte und seit dem 1. März 2019 in Kraft sei. In Erfüllung des Postulates Feri werden Mitarbeitende des SEM und der Leistungserbringenden in den Bundesasylzentren zu genderspezifischer Gewalt sensibilisiert und im Jahr 2021 entsprechend geschult. Zudem sei derzeit ein Informationsfilm in Realisierung, welcher die Asylbewerber über die gesellschaftlichen Gepflogenheiten, sowie Rechte und Pflichten in der Schweiz aufklären soll. Dieser Film beinhalte bewusst auch frauenspezifische Themen und solle das Verbot jeglicher Form von Gewalt gegenüber Frauen verdeutlichen.

Die wichtige Frage nach der Kontrolle und Aufsicht über die Betriebskonzepte im Bereich der Unterbringung wurde dahingehend beantwortet, als dass sowohl eine interne als auch eine externe Überprüfung stattfinde. Bei der internen Überprüfung analysierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SEM, ob die Betriebskonzepte eingehalten werden. Die externe Überprüfung geschehe durch die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF), welche jederzeit und unangemeldet die Bundesas-

59

60

Postulat 16.3407: Analyse der Situation von Flüchtlingen; Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention; SR 0.311.35), in Kraft getreten für die Schweiz am 1. April 2018.

Bericht des Bundesrates vom 25. Sept. 2019, Analyse der Situation von Flüchtlingsfrauen, Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulates 16.3407, Feri, vom 9. Juni 2016; Bericht des SEM vom 18. Okt. 2019, Analyse der Situation von Flüchtlingsfrauen, Bericht des SEM zum Bundesratsbericht in Erfüllung des Postulats 16.3407, Feri, vom 9. Juni 2016.

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ylzentren besichtigen könne, um die menschen- und grundrechtskonforme Unterbringung und Betreuung von Asylsuchenden zu überprüfen. Die NKVF veröffentlicht alle zwei Jahre einen Bericht zu ihren Beobachtungen und Empfehlungen anlässlich der Kontrollbesuche in den BAZ.

Schliesslich ist festzuhalten, dass die Vertreterinnen und Vertreter des SEM wiederholt betonten, welchen hohen Stellenwert diese Thematik innerhalb des Staatssekretariates habe. Dementsprechend findet sich ein diesbezügliches Ziel in den Amtszielen des SEM für das Jahr 2021.

Die GPK-N sieht derzeit keinen unmittelbaren Handlungsbedarf. Die Umsetzung der verschiedenen Massnahmen wird zu gegebener Zeit erneut traktandiert und überprüft.

3.5.5

Fehler in Abstimmungsbüchlein

Im Jahr 2018 beschloss die GPK-N, das Problem der Fehler in Abstimmungsbüchlein anzugehen. Auslöser hierzu waren fehlerhafte Angaben in den Abstimmungserläuterungen des Bundesrates zur Volksabstimmung vom 25. November 2018.61 Dabei wurden einerseits falsche Zahlen angegeben und andererseits unrichtige Informationen in die Erläuterungen integriert.

In einem ersten Schritt wurde der Bundesrat auf die fehlerhaften Informationen durch die GPK-N aufmerksam gemacht. In einem zweiten Schritt führte die Kommission eine Anhörung mit einer Vertretung der BK durch, welche für die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates verantwortlich ist.

Die Bundeskanzlei hielt dabei fest, dass es nur sehr selten zu Fehlern im Abstimmungsbüchlein komme. Nichtsdestotrotz kam sie zum Schluss, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, welche den Prozess der Entstehung des Abstimmungsbüchleins überprüfen und verbessern soll, da das Abstimmungsbüchlein keine Fehler enthalten dürfe.

Das Mandat an die Arbeitsgruppe war jedoch breiter gefasst. Sie sollte auch Verbesserungen bei den Datengrundlagen allgemein im Gesetzgebungsprozess erarbeiten.

Die Vertretung der BK führte aus, dass das Abstimmungsbüchlein einer steten Weiterentwicklung und Verbesserung unterliege. So wurde etwa bereits vor der Befassung der GPK-N mit diesem Thema beschlossen, das Bundesamt für Statistik (BFS) stärker in den Prozess miteinzubeziehen oder die Quellen von verwendeten Zahlen klar auszuweisen. Auch in der Struktur und im Design des Abstimmungsbüchleins wurden Verbesserungen vorgenommen.

Die Arbeitsgruppe schloss ihre Arbeiten im Juni 2019 ab und legte dem Bundesrat verschiedene Empfehlungen vor. Dieser wurde überdies informiert, dass die Bundeskanzlei in folgenden Bereichen Massnahmen zur Optimierung der «Erläuterungen des Bundesrates» eingeführt hat: Erstens wurde eine Ämterkonsultation eingeführt, damit sich betroffene Ämter direkt zu den Erläuterungen äussern können. Zweitens werden Zahlen daraufhin überprüft, ob aktuellere Zahlen vorliegen und diese aufgenommen werden sollten. Drittens wurde eine neue Checkliste beschlossen, welche das 61

Änderung des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; Gesetzliche Grundlage für die Überwachung von Versicherten).

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zuständige Departement bei der Erarbeitung des Entwurfs beachten muss. Die vierte Massnahme betrifft in erster Linie redaktionelle Verbesserungen, in dem die Texte einfacher und verständlicher werden sollen. Als fünfte Massnahme wurde ein klar definierter Korrekturprozess festgelegt. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 21. Juni 2019 von diesem Korrekturprozess Kenntnis genommen und der Bundeskanzlei den Auftrag erteilt, in Zusammenarbeit mit dem EFD (EFV), dem EJPD (BJ) dem EDI (BFS) und dem WBF (Seco) sowie in Absprache mit den Parlamentsdiensten die Darstellung der Datengrundlagen zu systematisieren und damit sicherzustellen, dass objektive und aktuelle Entscheidungsgrundlagen zuhanden des Bundesrates, des Parlaments und der Stimmberechtigten vorliegen.

Die GPK-N liess sich im Berichtsjahr wiederum von einer Vertretung der Bundeskanzlei über die Umsetzung der verschiedenen Massnahmen informieren. Die GPKN begrüsste bei dieser Gelegenheit die getroffenen Massnahmen und erkannte keinen weitergehenden Handlungsbedarf aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht.

3.5.6

Sponsoring im VBS

Nachdem in den vergangenen Jahren Sponsoringaktivitäten in der Bundesverwaltung verschiedentlich für Schlagzeilen gesorgt haben, haben sich die GPK dem Thema angenommen. Die Chefin VBS hat im Juli 2019 die Interne Revision des VBS mit einer Gesamtschau zum Sponsoring im Departement beauftragt. Der Prüfbericht62 beurteilt die Chancen und Risiken aus Sponsoringaktivitäten durch die öffentliche Verwaltung und zeigt auf, welche Formen des Sponsorings im Departement aktuell genutzt werden. Der Bericht enthält zudem sechs Empfehlungen an das Generalsekretariat VBS und an die Gruppe Verteidigung. Gestützt darauf hat die Chefin VBS eine Arbeitsgruppe beauftragt, eine neue departementsweite Sponsoring-Leitlinie zu erarbeiten.

Die Subkommission EDA/VBS der GPK-N nahm vom Bericht der Internen Revision Kenntnis und liess sich die laufenden Arbeiten zur neuen Leitlinie vorstellen. Die Subkommission diskutierte dabei insbesondere die Unterscheidung zwischen aktivem und passivem Sponsoring. In Zusammenhang mit dem passiven Sponsoring ­ also den Fällen, in denen das VBS der Sponsoringnehmer ist ­ soll in der Leitlinie eine Offenlegungspflicht über den Betrag, Verwendungszweck und Sponsor für entsprechende Beiträge festgelegt werden. Für das aktive Sponsoring ­ also für Fälle, in denen das VBS als Sponsor auftritt ­ stellt die Arbeitsgruppe Überlegungen an, wie eine geeignete gesetzliche Grundlage geschaffen werden kann und in welchem Verhältnis diese zur bestehenden Verordnung über die Unterstützung ziviler oder ausserdienstlicher Tätigkeiten mit militärischen Mitteln (VUM)63 stehen soll. Letztere müssen zumindest einen Ausbildungszweck erfüllen. Je nach Einsatz stellen sie aber auch einen Gewinn für den Bezüger der Leistung dar, der sich diese ansonsten gar nicht leisten könnte; gleichzeitig kann daraus auch ein Image-Gewinn für das VBS entstehen.

Als Beispiel kann ein Flug der Patrouille Suisse an einem kommerziell organisierten Open-Air herangezogen werden.

62 63

Interne Revision VBS, Prüfbericht «Sponsoring im VBS» vom 31. Okt. 2019.

Verordnung über die Unterstützung ziviler oder ausserdienstlicher Tätigkeiten mit militärischen Mitteln vom 21. Aug. 2013 (VUM; SR 513.74).

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Eine weitere Herausforderung ergibt sich daraus, dass im Departement nicht alle Ämter in gleichem Umfang im Bereich des Sponsorings tätig sind. Während das Bundesamt für Rüstung (Armasuisse) als Beschaffungsorganisation mit rigorosen Vorgaben und Prozessen fast kein Sponsoring betreibt, ist das Bundesamt für Sport (BASPO) ein wichtiger Akteur auf diesem Gebiet. Im Hinblick auf die Erarbeitung einer allgemein gültigen Leitlinie ist es wichtig, den verschiedenen Interessen im Departement Rechnung zu tragen und wo dies sinnvoll ist, den einzelnen Ämtern gewisse Freiheiten zu belassen. Die GPK-N begrüsst die Bemühungen des VBS, klare Regeln zum Sponsoring zu schaffen. Die neue Leitlinie tritt voraussichtlich Anfangs 2021 in Kraft.

Die Kommission wird sie sich zu gegebener Zeit vorstellen lassen.

3.6

Justizwesen und Bundesanwaltschaft

3.6.1

Interne Probleme am Bundesstrafgericht

Die GPK-N und die GPK-S haben am 24. Juni 2020 zum Aufsichtsbericht der Verwaltungskommission des Bundesgerichts (VK BGer) vom 5. April 202064 Stellung genommen65 und in Bezug auf die Auslegung der VK BGer der Informationsrechte der Aufsichtskommissionen eine Oberaufsichtsrechtliche Feststellung erlassen66. Zu letzterer sahen sich die GPK veranlasst, da die im Aufsichtsbericht geäusserte Rechtsauffassung der VK des BGer teilweise der konstanten Auslegung und langjährigen Praxis der GPK widersprach.

Eine Vorversion der Stellungnahme der GPK wurde durch eine Indiskretion der Rundschau zugespielt. Die GPK erachteten dies als gravierende Verletzung des Amtsgeheimnisses und erstatteten Anzeige bei der BA gegen Unbekannt. Das Verfahren wurde allerdings von der BA sistiert, mit der Begründung, es seien zurzeit keine zielführenden Ermittlungsansätze ersichtlich, die es erlauben würden, die Täterschaft zu identifizieren. Die GPK ersuchten die VK BGer, ihnen über die Umsetzung der Empfehlungen der VK BGer durch das BStGer sowie über die noch offenen Punkte Bericht zu erstatten.

Die zuständigen Subkommissionen Gerichte/BA der GPK liessen sich am 1. September 2020 am Bundesstrafgericht von der Verwaltungskommission des Bundesstrafgerichts (VK BStGer) sowie von den Mitgliedern der Berufungskammer über die aktuelle Lage am BStGer informieren.

Die VK BGer unter der Leitung von Bundesgerichtsvizepräsidentin Martha Niquille (Bundesgerichtspräsident Ulrich Meyer trat am 25. Juni 2020 für dieses Geschäft in

64

65

66

Aufsichtsrechtliches Verfahren betreffend Vorkommnisse am BStGer ­ Bericht vom 5. April 2020 (www.bger.ch/files/live/sites/bger/files/pdf/de/Gesamtbericht_ Vorkommnisse_Bundesstrafgericht_d.pdf).

Aufsichtsrechtliches Verfahren betreffend Vorkommnisse am BStGer ­ Bericht der VK BGer vom 5. April 2020 (12_T2/2020): Stellungnahme der GPK-N und der GPK-S vom 24. Juni 2020 (BBl 2020 9439).

Informationsrechte der GPK-N und der GPK-S mit Bezug auf den Aufsichtsbericht der VK BGer vom 5. April 2020 (12T_2/2020) betreffend Vorkommnisse am BStGer: Oberaufsichtsrechtliche Feststellung der GPK (BBl 2020 9449).

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den Ausstand) liess den GPK einen ergänzenden Aufsichtsbericht vom 21. Oktober 2020 zukommen67. Die zuständigen Subkommissionen der GPK erörterten diesen Bericht am 2. November 2020 mit der Bundesgerichtsvizepräsidentin. Sie wurden darüber informiert, dass die meisten Empfehlungen umgesetzt wurden bzw. sich in Umsetzung befinden, andere jedoch noch offen sind. In Bezug auf Empfehlung 3 (Überprüfung der Arbeitsweise der französischsprachigen Mitglieder der Strafkammer) hat das BStGer eine externe Fachperson beigezogen, welche gewisse Arbeitsweisen der französischsprachigen Richterpersonen der Strafkammer überprüfen soll.

Zur Umsetzung von Empfehlung 6 (gegenseitiger respektvoller Umgang) hat das BStGer eine externe Fachperson für Mediation beauftragt, zur Verbesserung der Beziehungen innerhalb des BStGer eine Mediation durchzuführen. Die Empfehlung 7, wonach das BStGer die Generalsekretärin entlassen sollte, ist noch nicht umgesetzt.

Im Weiteren hatten die GPK in ihrer Stellungnahme vom 24. Juni 2020 dem BStGer empfohlen, eine Fachperson für Mobbing und Sexismus beizuziehen, welche die Situation in diesem Bereich analysiert und die Gerichtsleitung im weiteren Vorgehen berät. Das BStGer ist daran, diese Empfehlung umzusetzen, indem es eine Analyse zu den Bereichen Mobbing und Sexismus am BStGer durch eine Fachperson in Auftrag gab. Die Analyse wurde der GPK zur Kenntnis gegeben und war am 2. November 2020 ebenfalls Gegenstand der Aussprache der zuständigen Subkommissionen Gerichte/BA mit der Bundesgerichtsvizepräsidentin. Die Ergebnisse werden zurzeit gerichtsintern im BStGer aufgearbeitet.

Die GPK werden die Entwicklung in den noch offenen Bereichen laufend weiterverfolgen.

3.6.2

Planung und Aufbau der Berufungskammer

Die GPK befassen sich seit Herbst 2018 mit den Versäumnissen bei der Planung der Berufungskammer des BStGer sowie mit den Schwierigkeiten bei deren Aufbau.68 Die Berufungskammer nahm ihre Tätigkeit per Anfang 2019 auf.

Anlässlich einer Anhörung der Mitglieder der Berufungskammer am 1. September 2020 stellten die zuständigen Subkommissionen Gerichte/BA fest, dass die Berufungskammer eine weitere deutschsprachige Richterstelle bei der Gerichtskommission (GK) beantragt hat, nachdem im Jahr zuvor ­ im ersten Betriebsjahr ­ die Ressourcensituation bereits mit einer Zusatzstelle nachgebessert werden musste. Die Planung für die von den GPK verlangte räumlich getrennte Unterbringung der Berufungskammer mit Blick auf ihre Unabhängigkeit als Rechtsmittelinstanz der Strafkammer des BStGer sieht vor, dass die Berufungskammer auf Anfang 2022 für eine vorübergehende Belegung an der Via Federico Pedotti 14 (Ospedale Ravecchia), in der Nähe des aktuellen Standorts des BStGer, umziehen soll. Dieses Gebäude ist im Eigentum des Bundes. Im Laufe des Jahres 2025 soll die Beschwerdekammer dann

67 68

Der Bericht wird vom BGer nicht veröffentlicht.

Jahresbericht 2019 der GPK und der GPDel vom 28. Jan. 2020, Ziff. 3.6.2 (BBl 2020 2971, hier 3006).

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im Gebäude «Pretorio» neben dem Standort des BStGer, einziehen können. Die Subkommissionen Gerichte/BA wollen sich im Weiteren mit der Frage vertiefter befassen, ob allenfalls eine Auslagerung der Beschwerdekammer zusammen mit der Berufungskammer im Sinne der institutionellen Unabhängigkeit zielführender wäre (vgl.

auch Ziff. 3.9.6).

3.6.3

Weiterhin Handlungsbedarf nach dem Scheitern der Revision des Bundesgerichtsgesetzes (BGG)

Nach dem Scheitern der Vorlage 18.051 Bundesgerichtsgesetz (BGG) 69 in der Frühjahrssession 2020 haben die GPK im Rahmen ihrer Aussprache mit dem BGer zu dessen Geschäftsbericht den weiteren Handlungsbedarf in Bezug auf eine Änderung des BGG besprochen.

Die GPK stellten fest, dass die Geschäftslast des BGer seit Jahren hoch und eine Entlastung nach wie vor aktuell ist. Das BGer hat entsprechend an das Parlament appelliert, die unbestrittenen Punkte der Vorlage möglichst rasch wiederaufzunehmen und durch eine neue Revision des BGG eine Entlastung des BGer herbeizuführen.

In einem Schreiben an die Kommissionen für Rechtsfragen (RK) vom 4. September 2020 unterstützten die GPK das Anliegen des BGer. Sie wiesen die RK darauf hin, dass die Vorlage neben der subsidiären Verfassungsbeschwerde, an welcher die Vorlage scheiterte, Änderungen enthielt, die unbestritten waren. So könnte zum Beispiel mit der Reduktion der Legitimation des einfach Geschädigten auf die Legitimation des Opfers (Art. 81 Abs. 1 Bst. b Ziff. 5 BGG) und mit der Abschaffung der Sachverhaltsprüfung in der Militär- und Unfallversicherung (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG) eine gewisse Entlastung des BGer erreicht werden.

Ebenfalls unbestritten waren die von den GPK verlangten Erhöhungen der Obergrenzen der Gerichtsgebühren (Motion 17.3353 der GPK-N und Motion 17.3354 der GPK-S vom 8. Mai 2017), die nach Meinung der GPK den Räten in einer neuen Vorlage unterbreitet werden sollten.70 Die RK beider Räte setzten am 8. September 2020 die GPK in Kenntnis, dass sie das EJPD angefragt haben, ob dieses das Anliegen des BGer aufzunehmen gedenke, was das EJPD verneint habe.

3.6.4

Die Rolle der BA im Fall Magnitsky

Sowohl die GPK-N als auch die GPK-S befassten sich im Berichtsjahr mit der Rolle der BA im Fall Magnitsky. In der Öffentlichkeit wurde einerseits die Nähe zwischen BA und den russischen Behörden und andererseits der Umgang der Schweiz mit

69 70

Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110).

Vgl. Jahresbericht 2017 der GPK und der GPDel vom 30. Jan. 2018 (BBl 2018 1987, hier 2025).

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Rechtshilfeersuchen der russischen Behörden an die Schweiz im Fall Magnitsky thematisiert. Bezüglich dieser beiden Aspekte erhielten die GPK zudem einen Brief der Rechts- und Menschenrechtskommission des Europarates, welcher ihnen durch die Parlamentarierdelegation der eidg. Räte beim Europarat (ERD) weitergeleitet wurde.

Die GPK-N befasste sich schwerpunktmässig mit der angeblichen Nähe der russischen Behörden und der BA. Hierzu wurden verschiedene Anhörungen durchgeführt.

Die GPK-S setzte den Akzent in erster Linie auf die Rechtshilfeersuchen und hörte hierzu die zuständigen Vertreter des BJ an. Dabei wurde insbesondere der Frage nachgegangen, wie bei Gesuchen um Rechtshilfe in politisch heiklen Konstellationen vorgegangen wird. Da die Angelegenheit noch Gegenstand mehrerer laufender Verfahren ist, haben beide GPK gestützt auf eine langjährige Praxis beschlossen, diese Aspekte derzeit nicht weiter zu vertiefen. Die GPK-N wird in ihrem Bereich im Jahr 2021 punktuell weitere Abklärungen vornehmen.

3.7

Sicherheit

3.7.1

Cybersicherheit

In den vergangenen Jahren hat die GPK-N in umfassender Weise mit der Umsetzung der Cybersicherheit befasst. Dazu gehört die zivile und die militärische Cybersicherheit. Sie hat vor zwei Jahren im Rahmen des Jahresberichts über ihre Arbeiten in diesem Bereich informiert.71 Seit 2020 konzentriert sich die GPK-N auf die militärische Cybersicherheit, während sich die GPK-S mit der Cybersicherheit im zivilen Bereich und innerhalb der Bundesverwaltung befasst.

Seit Beginn des Jahres 2020 informiert sich die GPK-S regelmässig über den Aufund Ausbau des Nationalen Zentrums für Cybersicherheit (NCSC). Mit der Schaffung dieses nationalen Zentrums entsprach der Bundesrat dem Willen des Parlaments, welches mit der Annahme der Motion 17.350872 die Einrichtung eines solchen Bundeskompetenzzentrums verlangt hatte.

Der Startschuss für die Schaffung dieses Zentrums fiel Anfang 2019, als die Grundzüge der Organisation ­ die aus einer strategischen und einer operativen Einheit besteht ­ definiert wurden und die bereits bestehende Melde- und Analysestelle Informationssicherung (MELANI) eingebunden und ausgebaut wurde. Zudem beschloss der Bundesrat, die Ressourcen aufzustocken und ab 2020 in mehreren Departementen 24 neue Stellen im Zusammenhang mit Cybersicherheit zu schaffen. 73 Der Bundesrat schuf ausserdem den Cyberausschuss, der sich aus den Vorstehenden der Departemente zusammensetzt, die in der Bundesverwaltung für die drei Bereiche der Cybersicherheit ­ zivile Cybersicherheit (EFD), Cyberdefense (VBS) und Cyberstrafverfolgung (EJPD) ­ zuständig sind. Mit diesem Ausschuss will der Bundesrat 71 72 73

Jahresbericht 2018 der GPK und GPDel vom 28. Jan. 2019, Ziff. 3.7.2 (BBl 2019 2729, hier 2781).

Mo. Ständerat (Eder) «Schaffung eines Cybersecurity-Kompetenzzentrums auf Stufe Bund» vom 15. Juni 2017 (17.3508).

Aufbau Kompetenzzentrum Cyber-Sicherheit einen Schritt weiter. Medienmitteilung des Bundesrates vom 15. Mai 2019.

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sicherstellen, dass die Tätigkeiten der Bundesverwaltung in diesen drei Bereichen möglichst effizient koordiniert und die gesprochenen Ressourcen möglichst optimal eingesetzt werden.

Im Juni 2019 ernannte der Bundesrat den Delegierten des Bundes für Cybersicherheit.

Dieser ist für die strategische Leitung des NCSC zuständig und in dieser Funktion direkt dem Vorsteher des EFD unterstellt. Der Delegierte ist Ansprechperson für Politik, Medien und Bevölkerung, leitet die interdepartementalen Gremien im Bereich der Cyberrisiken und arbeitet eng mit den Kantonen und der Wirtschaft zusammen.

Die beiden GPK hatten auch einen Austausch mit dem Delegierten im Januar 2020 und die GPK-S wiederum im Juni.

Der Delegierte leitet mehrere Koordinationsgremien. Die «Kerngruppe Cyber» setzt sich zusammen aus jeweils einer Vertreterin bzw. einem Vertreter der drei genannten eidgenössischen Departemente und der Kantone und ist in erster Linie für die Ermittlung des Bedarfs, der Kapazitäten und allfälliger Schwachstellen in der Bundesverwaltung sowie für die permanente Beurteilung der Schutzdispositive zuständig. Der «Ausschuss für Informatiksicherheit» besteht aus Vertreterinnen und Vertretern aller Departemente und ist das beratende Gremium des NCSC bei Fragen der Informatiksicherheit in der Bundesverwaltung.

Zur Beaufsichtigung der gezielten Umsetzung der Massnahmen der Nationalen Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyber-Risiken (NCS) für die Jahre 2018­2022 wurde ein Steuerungsausschuss (StA NCS) eingesetzt. Die Strategie baut auf den Arbeiten der ersten NCS (für die Jahre 2012­2017) auf, weitet diese wo nötig aus und ergänzt sie mit neuen Massnahmen, sodass sie der heutigen Bedrohungslage entspricht. Gemäss dem Wunsch des Parlaments sollten die Kantone, die Wirtschaft und die Hochschulen in den Schutz vor Cyberrisiken eingebunden werden, damit sie regelmässig ihr Vorgehen abstimmen und ihre Kräfte bündeln. Diese Akteure und Behörden sind daher im Ausschuss vertreten. Die NCS umfasst 80 Projekte, die teilweise von Organisationen durchgeführt werden, die nicht in die Verantwortung des Bundes fallen. Die Koordinierung ist daher in diesem Bereich unerlässlich. Die GPK-S wird sich regelmässig über den Stand der Umsetzung der Strategie informieren.

Die GPK-S wurde darüber unterrichtet, dass derzeit Arbeiten zu
einer allfälligen Einführung einer Meldepflicht bei Cyberangriffen und -lücken für kritische Infrastrukturen laufen. Verschiedene Fragen sind noch offen, insbesondere welche Informationen zu melden sind, wann die Meldung zu erfolgen hat und in welchen Sektoren die Meldepflicht gelten soll. Verschiedene andere Projekte sind derzeit im Gange wie beispielsweise ein Cybersicherheitslabel für die Gemeinden oder spezifische Unterstützungsmassnahmen für die KMU, die in Zusammenarbeit mit dem Verein ICTswitzerland erarbeitet werden.

Die GPK-S informierte sich zudem über die neue, seit dem 1. Juli 2020 geltende Cyberrisikenverordnung (CyRV)74, welche die Organisation der Bundesverwaltung zum Schutz vor Cyberrisiken regelt. Die Kommission stellte mit Genugtuung fest, dass der Bundesrat dem NCSC die Kompetenz zum Erlass verbindlicher Richtlinien zur Informatiksicherheit in der Bundesverwaltung und Befugnisse bei der Bewältigung von 74

Verordnung vom 27. Mai 2020 über den Schutz vor Cyberrisiken in der Bundesverwaltung (Cyberrisikenverordnung, CyRV; SR 120.73).

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Cybervorfällen eingeräumt hat. Das NCSC kann somit nach Rücksprache mit den betroffenen Dienststellen die Federführung bei der Bewältigung schwerwiegender Cybervorfälle, welche das ordnungsgemässe Funktionieren der Bundesverwaltung gefährden, übernehmen und nötigenfalls dringliche Massnahmen anordnen.

Die GPK-S wird sich weiterhin über die in der Bundesverwaltung ergriffenen Massnahmen und über die zum Teil noch laufenden Arbeiten zum Aufbau des NCSC orientieren lassen. Sie wird zudem mit grossem Interesse verfolgen, wie das NCSC die Informatiksicherheit in der Bundesverwaltung evaluiert und welche allfälligen Massnahmen es auf der Grundlage der CyRV in diesem Bereich ergreift.

3.7.2

Neue Rüstungsstrategie

Die GPK-S befasste sich im Berichtsjahr mit der Rüstungsstrategie des VBS, welche Anfang 2020, basierend auf den Grundsätzen des Bundesrats für die Rüstungspolitik des VBS vom 24. Oktober 2018, aktualisiert wurde75. In den vergangenen Jahren kam es bei Beschaffungen im Rüstungsbereich wiederholt zu Problemen76. Die GPK-S liess sich im August 2020 durch eine Vertretung des VBS über die neue Strategie informieren.

Die neue Rüstungsstrategie legt in verschiedenen Handlungsfeldern dar, wie das VBS die Mittel bei der Beschaffung der Rüstungsgüter einsetzt und wie sie die maximale sicherheitspolitische Wirkung anstrebt. Mit der umfassenden Behandlung der relevanten Bereiche in einem Dokument, löst die neue Rüstungsstrategie mehrere Einzelstrategien ab. Gemäss VBS soll so die Kohärenz verbessert sowie die Übersicht und Kontrolle erleichtert werden. Damit wird einer Empfehlung77 der GPK-S aus dem Jahre 2015 Rechnung getragen. Sie forderte den Bundesrat auf, eine bessere Steuerung der Kooperation im Rüstungsbereich zu etablieren.

Bei der Beschaffung stehe gemäss VBS grundsätzlich das Wettbewerbs- und Wirtschaftlichkeitsprinzip im Vordergrund. Davon könne allerdings Zwecks Stärkung der sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis (STIB78) abgewichen werden, um ein optimales Verhältnis zwischen sicherheitspolitischen Aspekten und Wirtschaftlichkeit zu erzielen. Zudem wird die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor im Rahmen der Strategie auf eine neue Basis gestellt.

75

76

77 78

Damit zusammenhängend wird das revidierte Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen per 1. Jan. 2021 in Kraft gesetzt, was die Anwendung des in der Rüstungsstrategie vorgesehenen Einladungsverfahren in weiteren Bereichen ermöglichen wird.

Sistierung des Projekts «Bodengestützte Luft-Verteidigung (BODLUV) 2020», Bericht der GPK-S vom 26. Jan. 2017 (BBl 2017 3513); Eidgenössische Finanzkontrolle: Prüfung der Beschaffung 12-cm-Mörser 16, 4. März 2020, www.efk.admin.ch > Publikationen > Verteidigung und Armee (Stand: 13. Nov. 2020).

Internationale Kooperationen bei der militärischen Ausbildung und Rüstung, Bericht der GPK-S vom 6. Okt. 2015 (BBl 2016 1391, hier 1399).

Gemäss dem Armasuisse bilden Schweizer Forschungseinrichtungen und Unternehmen, die über Kompetenzen, Fähigkeiten und Kapazitäten im sicherheits- und wehrtechnischen Bereich verfügen, die sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis.

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Eine vollständige Autonomie von ausländischen Anbietern strebe das VBS nicht an.

Vielmehr soll mit gezielten Massnahmen das Leistungspotenzial der STIB gesteuert werden. Ziel sei, das minimal erforderliche Technologiewissen sowie die benötigten Industriefähigkeiten und vorhandenen Kapazitäten zu behalten. Dabei werde derzeit insbesondere den Informations-, Kommunikations- und Sensortechnologien eine hohe Bedeutung beigemessen. Allgemein sei vorgesehen mittels gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsprojekten, partnerschaftlichen Entwicklungen von Komponenten und dem gemeinsamen Aufbau von Fachkompetenzen strategische Partnerschaften mit der einheimischen Industrie aufzubauen.

Nebst der bevorzugten Beschaffung in der Schweiz und wettbewerbsfähigen Rahmenbedingungen spielten auch Offset-Geschäfte eine zentrale Rolle79. Dabei werde stets versucht, einer angemessenen regionalen Verteilung Rechnung zu tragen. Zum Controlling von Offset-Geschäften führt die PVK aktuell eine Evaluation80 durch, deren Ergebnisse voraussichtlich im zweiten Quartal 2021 von der GPK-S behandelt werden.

Die GPK-S sieht keinen unmittelbaren Handlungsbedarf, wird die Umsetzung der Rüstungsstrategie im Rahmen ihrer Oberaufsicht in den kommenden Jahren aber weiterverfolgen.

3.7.3

Gefahreneinschätzung der belasteten Standorte

Die GPK-N befasst sich seit 2018 mit dem Dossier Mitholz/Gefahrenkataster. 81 Im Sommer 2018 wurde bekannt, dass beim unterirdischen militärischen Munitions-lager in Mitholz in der Gemeinde Kandergrund im Berner Oberland ein viel höheres Risiko für eine Explosion von Munitionsrückständen besteht, als bisher angenommen. Diese neue Einschätzung kam zustande, weil das VBS in der Anlage ein neues Rechenzentrum plante und aus diesem Grund eine neue Risikobeurteilung vornahm. In der Folge leitete das VBS verschiedene Massnahmen und Prüfungen ein.

Die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK-N hat sich auch im Berichtsjahr von einer Vertretung des VBS über die aktuelle Lage informieren lassen. Das VBS, der Kanton Bern und die betroffenen Gemeinden Kandergrund und Kandersteg streben die Räumung des ehemaligen Munitionslagers an, um die Risiken langfristig zu beheben. Der Bundesrat informierte Anfangs 2020, dass nach heutigem Kenntnisstand damit gerechnet werden muss, dass die Bevölkerung während der Räumung, welche mehr als ein Jahrzehnt dauern könnte, wegziehen muss. 82 Die Kommission nahm zur Kenntnis, dass die Bevölkerung in Mitholz regelmässig informiert und in die Beschlüsse miteinbezogen wird. Das VBS informierte die Kommission zudem, dass in

79 80 81 82

Aktuell werde die Offset-Policy von Armasuisse auf die Rüstungsstrategie hin angepasst und voraussichtlich per 1. Juli 2021 in Kraft gesetzt.

Jahresbericht 2020 der PVK vom 26. Jan. 2021.

Vgl. Jahresbericht 2019 der GPK und der GPDel, Ziff. 3.12.2 (BBl 2020 2971, hier 3026).

Räumung des ehemaligen Munitionslagers Mitholz: Start der Mitwirkung für die Bevölkerung, Medienmitteilung des Bundesrates vom 25. Feb. 2020.

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der Zwischenzeit ein System zur Überwachung der Anlage und zur Alarmierung eingebaut wurde. Damit sei sichergestellt, dass ein Ereignis rechtzeitig erkannt und wenn nötig reagiert werden kann. Im Herbst 2020 wurde die Risikoanalyse aktualisiert und eine erweiterte Projektorganisation erstellt. Ende 2020 wird der Bundesrat voraussichtlich über das weitere Vorgehen betreffend die Räumung befinden.83 Als wichtige allgemeine Lehre aus der Erfahrung in Mitholz wurde ein Bedarf nach Anpassung der internen Weisungen im VBS aufgrund der Störfallverordnung erkannt. Die entsprechende Revision ist im VBS in Gang.

Im gleichen Rahmen befasste sich die Kommission mit weiteren belasteten Standorten. Bis in die Sechzigerjahre versenkte die Armee Munition in Schweizer Seen. Die Munition stammt dabei grösstenteils aus den Munitionsfabriken in Thun und Altdorf, aber auch aus Überbeständen zur Zeit des Zweiten Weltkriegs sowie aus dem Unglück in Mitholz. Eine Untersuchung im Jahr 2004 hat ergeben, dass im Thuner-, im Brienzer- und in Teilen des Vierwaldstättersees insgesamt rund 8000 Tonnen an Munition und Munitionsrückständen versenkt wurden. Diese Untersuchung hat ebenfalls gezeigt, in welchen Seen Munition abgelagert worden ist, die nicht von der Armee, sondern von privaten Rüstungsunternehmen stammt. Dies ist bspw. im Genfersee der Fall, wo Medienberichten zufolge im Herbst 2019 Taucher einer Umweltschutzorganisation teilweise offene Munitionskisten auf dem Seegrund entdeckten. 84 In seiner Antwort auf eine Interpellation85 führte der Bundesrat aus, dass zwar schon länger bekannt war, dass Munitionskisten im Genfersee versenkt wurden. Neu sei aber, dass die Kisten auf dem Seegrund teils geöffnet sind und ihr Inhalt offen liegt. Frühere Untersuchungen hätten keine klaren Aussagen zur örtlichen Verteilung und der Menge zugelassen. Bisherige punktuelle Analysen hätten aber auch keine Hinweise auf eine Gefährdung des Trinkwassers ergeben. Für eine umfassende Beurteilung wären vertiefte Untersuchungen nötig. Die Federführung liegt dabei beim Kanton Genf.

Aus anderen belasteten Seen wurden gemäss Informationen des VBS einzelne Geschosse geborgen, um sie zu untersuchen. Man sei dabei zum Schluss gekommen, dass die Munition mittlerweile in die Sedimente eingedrungen und immer mehr von diesen überdeckt worden ist. Weil
sie dort kaum Sauerstoff ausgesetzt ist, käme es kaum zu Korrosionen. Des Weiteren wurden die Sedimente auf Schadstoffe und Abbauprodukte untersucht, wobei keine Hinweise darauf gefunden worden seien, dass eine Freisetzung von Schadstoffen erfolgt sei. Das Gefährdungspotential wurde deshalb durch das VBS als gering eingeschätzt. In der Kommission wurde die Frage diskutiert, ob eine Bergung der versenkten Munition möglich wäre. Gemäss den Ausführungen des VBS sei es zurzeit technisch kaum möglich, diese Munition aus einer Tiefe von fast 200 Metern zu bergen, ausserdem erhöhe sich die Explosionsgefahr, wenn diese Munition bewegt würde. Des Weiteren existieren ökologische Bedenken, denn eine Bergung würde ein Aufheben der Sedimente bedingen. Im Einvernehmen mit den betroffenen Kantonen und dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) habe das VBS daher beschlossen, keine Bergung der versenkten Munition ins Auge zu fassen. Die

83 84 85

Räumung des ehemaligen Munitionslagers Mitholz: VBS ernennt Projektleitung, Medienmitteilung des Bundesrates vom 6. Okt. 2020.

Taucher entdecken offene Munitionskisten im Genfersee. In: NZZ vom 2. März 2020.

Ip. Minder «Gefährliche Munition im Genfersee. Was unternimmt der Bund?» vom 2. Dez. 2019 (19.4396).

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Kommission begrüsst, dass das Monitoring zu den belasteten Seen regelmässig weitergeführt wird. Insbesondere soll alle fünf Jahre das Wasser aus betroffenen Seen analysiert werden. Alle zehn Jahre sollen zudem Sedimentproben entnommen und auf Schadstoffe untersucht werden.

Die GPK-N wird dieses Dossier weiterhin aufmerksam verfolgen und sich insbesondere über die Entwicklungen in Mitholz regelmässig aufdatieren lassen. Sie hat ausserdem beschlossen, sich im Jahr 2021 nochmals eingehend mit den weiteren belasteten Standorten zu befassen, u. a. mit dem Luftwaffenschiessplatz beim Neuenburgersee.86

3.8

Umwelt, Verkehr und Infrastruktur

3.8.1

Zustelltarife für abonnierte Zeitungen und Zeitschriften

Die GPK-N befasst sich seit Anfang 2018 regelmässig mit den Arbeiten des BAKOM im Bereich der Zustelltarife für abonnierte Zeitungen und Zeitschriften.87 Die Schweizerische Post AG und mehrere Verlegerverbände stehen seit mehreren Jahren in einem Rechtsstreit über diese Tarife. Gegenstand dieses Streits ist die Auslegung von Artikel 16 Absatz 3 des Postgesetzes (PG)88, in dem es heisst, dass die Zustelltarife für abonnierte Zeitungen und Zeitschriften «den in den grösseren Agglomerationen üblichen Preisen» entsprechen. Das BGer erklärte im Oktober 2017 das BAKOM in dieser Sache für zuständig. Dieses eröffnete Ende 2017 ein Instruktionsverfahren zur Überprüfung der Rechtmässigkeit der Zustelltarife der Post.

Die GPK-N griff entsprechend der üblichen Praxis der parlamentarischen Oberaufsicht und im Sinne der Einhaltung der Gewaltentrennung nicht in dieses Verfahren ein, sondern informierte sich lediglich regelmässig beim BAKOM über die Entwicklungen und die grössten Herausforderungen in diesem Dossier.

Im Rahmen ihrer Abklärungen stellte die Kommission fest, dass sich die Durchführung dieses Verfahrens für das BAKOM als besonders schwierig herausstellte, und zwar nicht nur aufgrund der Komplexität der aufgeworfenen juristischen Fragen, sondern auch wegen der wiederholten verfahrensrechtlichen Interventionen der Verfahrensbeteiligten. Die GPK-N nahm Kenntnis von den Schritten, die das Bundesamt unternommen hatte, um die einschlägigen Unterlagen zu erhalten, das Verfahren voranzutreiben und in diesem Bereich für Rechtssicherheit zu sorgen. Sie kam zum Schluss, dass das BAKOM als zuständige Behörde einen seriösen Umgang mit diesem Dossier pflegte und offensichtlich über ausreichend Ressourcen zur ordnungsgemässen Durchführung des Verfahrens verfügte.

Im Oktober 2018 teilte das BAKOM der Kommission mit, dass sich die Post zunächst geweigert hatte, zur Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts bestimmte Unter86 87 88

Armee-Müll im Neuenburgersee. Beitrag SRF 10vor10 vom 8. Okt. 2020.

Anstoss für die Arbeiten der GPK-N in diesem Bereich war eine Aufsichtseingabe des Verlegerverbands «Schweizer Medien» von März 2018.

Postgesetz vom 17. Dez. 2010 (PG; SR 783.0).

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lagen einzureichen und stattdessen die Einstellung des Verfahrens beantragt hatte, bevor sie dann letztlich Unterlagen vorlegte, die «teilweise unvollständig, nicht tiefgehend genug oder nicht hinreichend klar» waren. Die GPK-N wandte sich Ende 2018 in dieser Sache an die damalige Vorsteherin des UVEK und äusserte dieser gegenüber ihr Bedauern darüber, dass die Post als bundesnahes Unternehmen offensichtlich nicht dazu beitragen will, die Frage der Zustelltarife rasch zu klären. Sie informierte sich beim UVEK darüber, inwieweit das Departement ­ als Vertreter des Bundes in dessen Funktion als Unternehmenseigner ­ dieses Dossier in den Gesprächen mit der Post thematisiert hat. Die Departementsvorsteherin erklärte, dass das Instruktionsverfahren im Rahmen der regelmässigen Gespräche kein Thema war, da es «nicht im Zusammenhang mit den strategischen Zielen des Bundesrates» stehe. Die GPK-N teilte dem UVEK im April 2019 mit, im Gegensatz zum Departement der Ansicht zu sein, dass die Zustelltarife für abonnierte Zeitungen und Zeitschriften sehr wohl einen Bezug zu den strategischen Zielen der Post aufweisen, da das Unternehmen gemäss Ziel 2.189 «die Grundversorgung mit Postdiensten [...] nach dem Postgesetz vom 17. Dezember 2010 landesweit in guter Qualität» zu gewährleisten hat. Die Kommission ersuchte das UVEK, in dieser Angelegenheit das Gespräch mit der Post zu suchen, um sicherzustellen, dass diese im Hinblick auf eine schnelle Präzisierung der einschlägigen Rechtsvorschriften das laufende Verfahren uneingeschränkt unterstützt. Die GPK-N wurde nicht informiert, ob in der Folge entsprechende Schritte unternommen wurden.

Im März 2020 teilte das BAKOM der GPK-N mit, dass die Verfahrensbeteiligten gewillt sind, ihre Differenzen über die Zustelltarife ausserhalb des Instruktionsverfahrens mittels eines Vergleichs beizulegen. Anfang August bestätigte das Bundesamt, dass ein solcher Vergleich abgeschlossen wurde und in diesem die geltenden Tarife anerkannt sowie die Modalitäten für die Anpassung der Tarife bis 2025 geregelt wurden. Vor diesem Hintergrund beschloss das BAKOM Ende August 2020, das Instruktionsverfahren einzustellen und die Verfahrenskosten den Parteien zu gleichen Teilen aufzuerlegen.

Die GPK-N nahm Kenntnis von der Verfügung des BAKOM in dieser Angelegenheit und den dazugehörigen Erwägungen
des Bundesamtes, in denen dieses die Frage aufwirft, ob die juristische Grundsatzfrage zur Auslegung von Artikel 16 Absatz 3 PG nicht dennoch geklärt werden sollte. Das BAKOM hat keine Hinweise darauf gefunden, dass die aktuellen Zustelltarife der Post nicht den rechtlichen Vorgaben entsprechen, weshalb es in seinen Augen kein öffentlich-rechtliches Interesse mehr an der Fortführung des Verfahrens gibt und dieses folglich ohne abschliessende Klärung auf materiellrechtlicher Ebene abgeschlossen werden kann. Das BAKOM weist in diesem Zusammenhang noch einmal auf die hohe Komplexität der durch dieses Verfahren aufgeworfenen juristischen und wirtschaftlichen Fragen sowie auf die durch die zahlreichen Interventionen der Verfahrensbeteiligten verursachte erhebliche Arbeitslast des Bundesamtes hin.

Im November 2020 übermittelte die Kommission ihre Erwägungen zu diesem Dossier der Vorsteherin des UVEK. Dabei begrüsste sie, dass das Instruktionsverfahren abgeschlossen werden konnte und sich die Verfahrensbeteiligten auf eine einvernehmliche 89

Strategische Ziele des Bundesrates für die Schweizerische Post AG 2017­2020 vom 7. Dez. 2016 (BBl 2017 125).

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Lösung geeinigt hatten, sowohl was die aktuellen Zustelltarife für abonnierte Zeitungen und Zeitschriften als auch die Modalitäten künftiger Tarifanpassungen angeht.

Sie hielt jedoch mit Bedauern fest, dass die Post während mehrerer Jahre nicht zur Zusammenarbeit in diesem Verfahren gewillt war und sich weigerte, dem BAKOM die zweckdienlichen Unterlagen weiterzugeben, was die Abklärungen verzögerte und die Arbeitslast des Bundesamtes erhöhte. Die Post als bundesnahes Unternehmen hat in den Augen der Kommission eine Vorbildfunktion und die Pflicht, umfassend mit den Bundesbehörden, die mit der Beaufsichtigung ihrer Tätigkeiten betraut sind, zusammenzuarbeiten. Die GPK-N forderte das UVEK ­ als das Departement, das den Bund als Eigner vertritt ­ auf, dies in Zukunft sicherzustellen.

Die Kommission nahm Kenntnis davon, dass das BAKOM vorläufig darauf verzichtet, die Frage der «Agglomerationstarife» gemäss Artikel 16 Absatz 3 PG im Grundsatz zu klären. Sie teilte dem UVEK mit, dessen Begründungen dafür nachvollziehen zu können und dessen Einschätzung zu teilen. Die Kommission schliesst jedoch nicht aus, dass sich diese Frage nach 2025, wenn der Vergleich zwischen den Parteien zu den Tarifen ausläuft, erneut stellt. Sie betonte, vom UVEK zu erwarten, dass es gegebenenfalls die notwendigen Abklärungen vornimmt, um die Rechtssicherheit in dieser Angelegenheit zu garantieren.

Die GPK-N beschloss vor diesem Hintergrund, ihre Arbeiten in diesem Dossier abzuschliessen. Sie ersuchte das UVEK, ihre Erwägungen zu berücksichtigen, und behält sich vor, sich im Falle neuer Entwicklungen erneut mit diesem Thema zu befassen.

3.8.2

Doppelstockzüge der SBB

Die SBB bestellte 2010 beim Unternehmen Bombardier für einen Gesamtbetrag von 1,9 Milliarden Franken 59 Doppelstockzüge für den Fernverkehr. Die ursprünglich für 2015 vorgesehene Lieferung dieser Züge wurde mehrfach verschoben. Nach Berichten über die Unzuverlässigkeit der ersten gelieferten Züge und über die negativen Auswirkungen der Lieferverzögerungen auf die Rollmaterialplanung der SBB und auf die Pünktlichkeit des Bahnbetriebs entschied die GPK-N im März 2019, sich eingehender mit diesem Dossier zu befassen.90 Die Kommission beschloss, ihre Arbeiten auf die strategische Geschäftsführung des Bundesrates, des UVEK und des zuständigen Bundesamtes für Verkehr (BAV) zu konzentrieren, d. h. zu untersuchen, wie diese die Interessen des Bundes ­ als Eigner und Aufsichtsbehörde ­ in dieser Angelegenheit wahrnehmen. Die Geschäftsbeziehungen zwischen der SBB und Bombardier prüfte sie hingegen nicht näher, da dies in ihren Augen einen unverhältnismässigen Eingriff in die Unternehmensautonomie dargestellt hätte.

Die Kommission informierte sich 2019 und 2020 regelmässig über die Entwicklungen in diesem Dossier und holte zahlreiche Informationen ein. Sie richtete eine Reihe von 90

«Dosto»-Züge der SBB: Fokussierung auf die Wahrnehmung der Interessen durch den Bundesrat als Eigner, Medienmitteilung der GPK-N vom 1. März 2019. Der Beschluss der GPK-N erfolgte namentlich auf Ersuchen der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (KVF-N).

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schriftlichen Fragen an die Vorsteherin des UVEK und nahm Kenntnis von den Protokollen der Quartalsgespräche zwischen Eigner (Bund) und SBB zu diesem Thema.

Zudem wurde das Dossier im April 2019 und im April 2020 mit der Vorsteherin des UVEK und der Geschäftsleitung der SBB thematisiert, als mit diesen über die Erreichung der strategischen Ziele der SBB gesprochen wurde.

Im Februar 2020 hörte die Kommission Vertreterinnen und Vertreter des UVEK und der SBB zu diesem Thema an. Vertieft wurden bei dieser Anhörung namentlich der Zeitplan für die Inbetriebnahme der Züge, die Auswirkungen der Lieferverzögerungen auf die Kapazitäten der SBB in Sachen Rollmaterial, Personal, Sicherheit und Pünktlichkeit, die Massnahmen zur Erhöhung der Zuverlässigkeit, die Regelung der finanziellen Fragen und der Entschädigungen zwischen der SBB und Bombardier, die Übernahme von Bombardier durch Alstom und die allgemeinen Lehren, die aus diesem Fall gezogen werden können.

Im November 2020 nahm die Kommission mit den Vertreterinnen und Vertretern des Bundes und der SBB eine erneute Standortbestimmung vor. Die Verantwortlichen der SBB teilten ihr mit, dass in der Zwischenzeit 40 Züge geliefert wurden ­ wodurch der Fahrplanwechsel im Dezember 2020 sichergestellt sei ­ und dass der letzte Zug Ende 2022 ausgeliefert werden soll. Sie erklärten ausserdem, dass die Zuverlässigkeit der Züge erheblich erhöht werden konnte und in den Folgemonaten namentlich dank mehreren Software-Updates zahlreiche weitere Verbesserungen vorgesehen sind. Die Vorsteherin des UVEK vertrat gegenüber der GPK-N die Ansicht, dass die SBB in diesem Dossier ihre Verantwortung wahrgenommen hat. Sie präzisierte ferner, dass ihr Departement dieses Thema weiterhin bei jedem Gespräch mit der SBB ansprechen wird.

Die GPK-N hat beschlossen, die Entwicklungen in diesem Dossier auch im Jahr 2021 eingehend zu verfolgen, da es in ihren Augen noch verschiedene offene Fragen gibt, insbesondere betreffend die Regelung der finanziellen Aspekte und der Entschädigungen zwischen der SBB und Bombardier, die Auswirkungen der Übernahme von Bombardier durch Alstom und die Beschwerde von «Inclusion Handicap», wonach die neuen Züge nicht der Gesetzgebung zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung entsprechen. Sobald die neuen Züge in Betrieb genommen sind, also voraussichtlich
2022, wird sich die GPK-N mit der Frage befassen, welche allgemeinen Lehren die SBB, das UVEK und das BAV aus dieser Angelegenheit ziehen können, namentlich in Bezug auf die Governance und das Beschaffungsmanagement. Ausserdem wird sie dann eine abschliessende Beurteilung des Sachverhalts vornehmen.

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3.8.3

Störungen der Netze der Swisscom AG

Im ersten Halbjahr 2020 traten mehrere Störungen in den Netzen der Swisscom AG auf. Diese Störungen hatten schweizweite Auswirkungen und betrafen den Mobilfunk, das Festnetz, das Internet und die TV-Dienste. Zudem waren in mehreren Kantonen die Notrufzentralen nicht erreichbar.91 Die GPK-N erkundigte sich als Organ der parlamentarischen Oberaufsicht danach, wie sich diese Störungen auf die Einhaltung der Grundversorgungskonzession92 und der strategischen Unternehmensziele durch die Swisscom AG auswirkten. Sie richtete eine Reihe von schriftlichen Fragen an das BAKOM als Aufsichtsbehörde des Bundes im Bereich Fernmeldewesen und an das UVEK als Vertreter des Bundes als Mehrheitsaktionär der Swisscom AG. Die Kommission informierte sich insbesondere über die Rechtsgrundlagen und die Qualitätskriterien für die Grundversorgung und die Notrufdienste sowie über die Abklärungen und Massnahmen nach den Störungen. Zudem war dieses Thema Gegenstand zweier Gespräche mit den Verantwortlichen der Swisscom AG im April und im November 2020. Im Juni 2020 nahm die GPK-N ausserdem Kenntnis von einem Bericht des BAKOM93, in dem dieses die Netzunterbrüche analysiert, die in der Folge ergriffenen Massnahmen darlegt und verschiedene mögliche Ansätze für die Weiterentwicklung der einschlägigen Rechtsbestimmungen aufzeigt.

Die Kommission hat zur Kenntnis genommen, dass sowohl das UVEK als auch das BAKOM die Arbeiten der Swisscom AG nach den Störungen eng verfolgten und im Laufe des Jahres 2020 mehrere Gespräche zu diesem Thema mit den Verantwortlichen des Unternehmens führten. Die Swisscom AG gab zwei externe Audits in Auftrag, deren Ergebnisse dem BAKOM vorgelegt wurden.94 Das Bundesamt erhielt vom Unternehmen detaillierte Informationen über die Ursachen der Störungen und die kurz- sowie mittel- bis langfristig ausgerichteten Massnahmen.95 Zu diesen zählen unter anderem die Erhöhung der Redundanz für die Notrufdienste, die Verbesserung der Netzwartungsprozesse und Massnahmen im Bereich der Unternehmenskultur. Die GPK-N hat ausserdem festgestellt, dass die Wartung der Netze angesichts deren Komplexität weiterhin eine grosse Herausforderung für die Swisscom AG darstellen wird.

Sie hält aber erfreut fest, dass es in der «ausserordentlichen Covid-19-Lage» trotz der sehr hohen Beanspruchung des Telefon- und Internetnetzes zu keiner grösseren Störung in den Swisscom-Netzen kam.

91

92 93 94

95

Im Zeitraum vom 17. Jan. 2020 bis zum 19. Feb. 2020 traten insgesamt sechs Störfälle in den Netzen der Swisscom auf. Die grössten Störungen ereigneten sich am 17. Jan. 2020 und in der Nacht vom 11. auf den 12. Feb. 2020. Zu einer weiteren Störung kam es am 26. Mai 2020.

Grundversorgungskonzession Nr. 25530 2018 für den Zeitraum vom 1. Jan. 2018 bis zum 21. Dez. 2022 (Stand vom 1. Jan. 2020).

Jüngste Netzunterbrüche bei Swisscom, Grundversorgung und Notrufdienste, Bericht des BAKOM an die KVF vom 18. Juni 2020.

Die erste Analyse bezieht sich insbesondere auf systemkritische Plattformen und Prozesse. Der zweite Audit befasst sich mit der Funktionsweise und der Widerstandsfähigkeit der Notrufsysteme. Das BAKOM kam in der Folge zum Schluss, dass die Störungen vertieft und umfassend aufgearbeitet wurden.

Das BAKOM kam insbesondere zum Schluss, dass die verschiedenen Störungen unterschiedliche Ursachen haben, die in keinem kausalen Zusammenhang zueinanderstehen.

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Das BAKOM teilte ausserdem mit, es für wichtig zu erachten, dass die gesetzlich vorgegebenen Regeln und Abläufe in den Bereichen Grundversorgung und Notrufdienste überprüft und hinterfragt werden. In seinem Bericht von Juni 2020 macht es hierzu verschiedene Vorschläge. Dieser Aspekt wird gegebenenfalls von den in dieser Sache zuständigen Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen vertieft.

Die GPK-N wird auch 2021 die Umsetzung der von der Swisscom angekündigten Verbesserungsmassnahmen verfolgen, sich über die Begleitung dieses Prozesses durch das UVEK und das BAKOM informieren.

3.9

Laufende Inspektionen der GPK

3.9.1

Einleitung

Inspektionen sind das Hauptinstrument der GPK. Sie dienen der Aufklärung allfälliger Missstände oder Mängel in den Zuständigkeitsbereichen des Bundesrates, der Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte oder weiterer Träger von Bundesaufgaben. Die Untersuchungen werden von den GPK, häufig auf der Grundlage einer Evaluation der PVK, durchgeführt. In der Regel wird über eine Inspektion ein Bericht mit Empfehlungen an die betreffende Behörde veröffentlicht. Grundsätzlich führt die zuständige GPK zwei bis drei Jahre nach der Veröffentlichung des Inspektionsberichts eine Nachkontrolle durch, um festzustellen, inwieweit ihre Empfehlungen umgesetzt wurden.

In der Übersicht in Ziffer 3.9.7 sind alle Ende 2020 laufenden Inspektionen der GPK sowie deren nächsten Schritte aufgeführt. Die folgenden Kapitel präsentieren laufende Inspektionen oder Nachkontrollen, zu welchen im Jahr 2020 kein Bericht veröffentlicht wurde.

3.9.2

Buchungsunregelmässigkeiten bei PostAuto Schweiz AG

Die GPK-S veröffentlichte im November 2019 nach einer 18-monatigen Inspektion ihren Bericht über die Buchungsunregelmässigkeiten bei der PostAuto Schweiz AG96.

Sie kommt darin unter anderem zum Schluss, dass der Bundesrat, das UVEK und die anderen zuständigen Einheiten und Organe über Jahre hinweg eine mangelhafte Aufsicht über PostAuto ausübten. Die Kommission richtete in dieser Angelegenheit

96

Buchungsunregelmässigkeiten bei der PostAuto Schweiz AG ­ Erwägungen aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht, Bericht der GPK-S vom 12. Nov. 2019 (BBl 2020 7193); vgl. auch: Postauto-Affäre: GPK-S fordert verstärkte Aufsicht des Bundesrates über die bundesnahen Unternehmen, Medienmitteilung der GPK-S vom 14. Nov. 2019.

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15 Empfehlungen an den Bundesrat und reichte eine Motion und sechs Postulate 97 ein.

Der Bundesrat übermittelte der GPK-S am 19. Februar 2020 seine Stellungnahme98 zu deren Bericht. Ende Juni richtete die GPK-S eine Reihe ergänzender Fragen an den Bundesrat, da sie noch zusätzliche Informationen benötigte, um die Umsetzung ihrer Empfehlungen beurteilen zu können.

Parallel dazu informierte sich die Kommission 2020 regelmässig über die Entwicklungen im PostAuto-Dossier. Sie nahm insbesondere Kenntnis vom Beschluss des UVEK, die Vorschriften zur Rechnungsprüfung der Unternehmen des subventionierten öffentlichen Verkehrs anzupassen (Ende Mai)99, und vom Abschluss des PostAuto-Verwaltungsstrafverfahrens des Fedpol (Ende August)100. Im November sprach sie zudem im Rahmen eines Dienststellenbesuchs beim BAV mit Vertreterinnen und Vertretern des Bundesamtes über die Einführung des neuen Systems zur Beaufsichtigung der Rechnungslegung der subventionierten Transportunternehmen.

Im Oktober legte das UVEK der GPK-S den Entwurf der strategischen Ziele der Post für den Zeitraum von 2021 bis 2024 zur Konsultation vor. Die Kommission nahm erfreut zur Kenntnis, dass bei den neuen Zielen verschiedene Empfehlungen aus dem PostAuto-Bericht berücksichtigt werden. So ist in den finanziellen Zielen nun festgehalten, dass im Bereich des abgeltungsberechtigten regionalen Personenverkehrs (RPV) ein ausgeglichenes Ergebnis erwartet wird. Zudem schränken die strategischen Ziele die Möglichkeit für PostAuto ein, im Ausland tätig zu sein. Die Kommission richtete einige punktuelle Anmerkungen zur Formulierung der Ziele an das UVEK.

Die GPK-S erlangte im Rahmen ihrer Arbeiten Kenntnis von weiteren Informationen, die für das PostAuto-Dossier von Interesse sein könnten. Zu nennen sind hier namentlich die Enthüllungen des BAV über unrechtmässige Subventionsbezüge im Busverkehr und bei den Anschlussgleisen101 sowie die laufenden Untersuchungen zum Bahnunternehmen BLS102.

Die GPK-S wird 2021 verschiedene zusätzliche Abklärungen in diesem Dossier vornehmen und anschliessend auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen in einem Kurzbericht die Umsetzung ihrer Empfehlungen beurteilen.

97

Mo. GPK-S 19.4383 vom 12. Nov. 2019; Po. GPK-S 19.4384, 19,4385, 19.4386, 19.4387, 19.4388 und 19.4389 vom 12. Nov. 2019. Der Ständerat gab im März 2020 vier Postulaten (19.4385, 19.4387, 19.4388 und 19.4389) Folge, die beiden anderen Postulate und die Motion lehnte er ab.

98 Buchungsunregelmässigkeiten bei der PostAuto Schweiz AG ­ Erwägungen aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht; Stellungnahme des Bundesrates vom 19. Febr. 2020 (BBl 2020 7355).

99 UVEK passt Vorschriften zur Rechnungsprüfung der ÖV-Unternehmen an, Medienmitteilung des UVEK vom 1. Mai 2020.

100 PostAuto: Verwaltungsstrafverfahren bei Fedpol abgeschlossen, Medienmitteilung des Fedpol vom 27. Aug. 2020.

101 Abklärungen zu Subventionsbezügen im Bahn- und Busverkehr, Medienmitteilung des BAV vom 28. Febr. 2020.

102 Vgl. z.B.: Prüfung Spartenrechnung ­ BLS AG, Busland AG, Bericht der EFK vom 3. Aug. 2020.

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3.9.3

Nachkontrolle zur Spezialitätenliste der OKP: Aufnahme und Überprüfung von Medikamenten

Die GPK-S veröffentlichte im März 2014 auf der Grundlage einer Evaluation der PVK103 einen Bericht über die Aufnahme kassenpflichtiger Medikamente in die Spezialitätenliste (SL) sowie über die Überprüfung der darin enthaltenen Arzneimittel 104, welcher acht Empfehlungen an den Bundesrat enthält. Im Zusammenhang mit diesem Bericht reichte die Kommission zudem drei Postulate105 ein, die vom Ständerat angenommen wurden. Nach dem Abschluss ihrer Inspektion im Februar 2015 befasste sich die GPK-S immer wieder mit diesem Thema106, insbesondere nach einem Entscheid des Bundesgerichtes107, der den Bundesrat veranlasste, die periodische Überprüfung der Medikamente in der SL umfassend zu revidieren.

Im Jahr 2019 leitete die Kommission die Nachkontrolle zu ihrer Inspektion von 2014 ein. Zur Evaluation der Umsetzung ihrer Empfehlungen fand zwischen Februar 2019 und November 2020 ein reger Briefwechsel mit dem Bundesrat und dem EDI statt.

Zudem vertiefte die GPK-S in zwei Anhörungen von Vertreterinnen und Vertretern des BAG einige Aspekte des Dossiers. Im Weiteren nahm sie Kenntnis von den in den beiden Kostendämpfungspaketen108 enthaltenen Vorschlägen des Bundesrates in Sachen Medikamente.

Im Rahmen dieser Nachkontrolle befasste sich die Kommission ferner eingehend mit verschiedenen weiteren Punkten, die im Zusammenhang mit dem Thema der Medikamente stehen. So nahm sie Kenntnis von einem Bericht der EFK zur Evaluation der Gesundheitstechnologien (Health Technology Assessments, HTA) durch das BAG. Im November 2020 diskutierte sie mit einer Delegation des EDI, des BAG und von Swissmedic über die Zulassung von innovativen Medikamenten in der Schweiz. Die Vertreterinnen und Vertreter der Verwaltung stellten der Kommission namentlich die Rechtsgrundlagen, die grössten aktuellen Herausforderungen und die zu erwartenden künftigen Entwicklungen in diesem Bereich vor.

Die Kommission plant, auf der Grundlage der gesammelten Informationen einen Kurzbericht zu verfassen, in dem sie den Umsetzungsstand ihrer Empfehlungen von 2014 beurteilt. Dieser Bericht dürfte 2021 veröffentlicht werden.

103 104 105 106

107 108

Evaluation der Zulassung und Überprüfung kassenpflichtiger Medikamente, Bericht der PVK vom 13. Juni 2013 (BBl 2014 7795).

Aufnahme und Überprüfung von Medikamenten in der Spezialitätenliste, Bericht der GPK-S vom 25. März 2014 (BBl 2014 7775).

Po. GPK-S «Aufnahme und Überprüfung von Medikamenten in der Spezialitätenliste» (1, 2 und 3) vom 25. März 2014 (14.3295, 14.3296, 14.3297).

Vgl. hierzu den Jahresbericht 2017 der GPK und der GPDel vom 30. Jan. 2018, Ziff. 3.3.1 (BBl 2018 1987, hier: 2012) sowie den Jahresbericht 2018 der GPK und der GPDel vom 29. Jan. 2019, Ziff. 3.3.6 (BBl 2019 2729, hier: 2762).

Bundesgerichtsentscheid 9C 417/2015 vom 14. Dez. 2015.

Bundesrat beschliesst neun Massnahmen gegen höhere Kosten im Gesundheitswesen, Medienmitteilung des Bundesrates vom 21. Aug. 2019; Bundesrat beschliesst weitere Massnahmen gegen steigende Gesundheitskosten, Medienmitteilung des Bundesrates vom 19. Aug. 2020.

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3.9.4

Geschäftsverteilung bei den eidgenössischen Gerichten

Die GPK beschlossen im Rahmen ihres Jahresprogramms 2020, die PVK mit einer Evaluation zur Geschäftsverteilung bei den eidgenössischen Gerichten zu beauftragen (vgl. Anhang, Ziff. 2.2). Die zuständigen Subkommissionen Gerichte/BA der beiden GPK befassten sich an ihrer Sitzung vom 19. November 2020 mit dem Evaluationsbericht der PVK vom 5. November 2020. Sie beschlossen, gestützt auf den Evaluationsbericht einen Bericht mit Schlussfolgerungen und Empfehlungen zu Händen der beiden GPK zu erarbeiten.

3.9.5

Aufsichtsverhältnis zwischen der AB-BA und der BA

Das von den GPK am 25. Juni 2019 verabschiedete Inspektionskonzept zur Untersuchung des Aufsichtsverhältnisses zwischen der AB-BA und der BA109 sieht drei Phasen vor: In einer ersten Phase sollten die Divergenzen im Aufsichtsverständnis zwischen ABBA und BA in Bezug auf die aktuell ausgeübte Aufsicht im Rahmen von Anhörungen und dem Beizug einschlägiger Unterlagen geklärt werden. Diese Untersuchung wurde durch die Subkommissionen Gerichte/BA der beiden GPK durchgeführt. Die erste Phase wurde mit der Veröffentlichung des Untersuchungsberichts der beiden GPK am 24. Juni 2020 abgeschlossen.110 In einer zweiten Phase werden im Rahmen eines Expertenauftrags ­ gestützt auf den Untersuchungsbericht der beiden GPK ­ die rechtlichen Grundlagen der AB-BA (Art. 23­31 StBOG111; Organisationsverordnung AB-BA112,) sowie die organisationsrechtlichen Grundlagen der BA (Art. 7­22 StBOG) überprüft und Änderungsvorschläge unterbreitet. Die Überprüfung und die Änderungsvorschläge erfolgen aus staats- und verwaltungsrechtlicher wie auch aus strafrechtlicher und strafprozessualer Sicht. Dabei sind mehrere Modelle zu prüfen und deren Vor- und Nachteile zu diskutieren. Nicht Gegenstand des Expertenauftrags ist die Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Kantonen zur Strafverfolgung gemäss Artikel 23 ff. der Strafprozessordnung (StPO)113. Der Expertenauftrag wurde an die Professoren Benjamin Schindler, Universität St. Gallen, und Christopher Geth, Universität Bern (seit Anfang 2021 Universität Basel), erteilt. Die Ergebnisse werden im Januar 2021 erwartet.

In einer dritten Phase werden die Ergebnisse des Expertenauftrags sowie die Schlussfolgerungen der GPK in einem Schlussbericht veröffentlicht. Die GPK werden sodann 109 110 111 112 113

Vgl. Jahresbericht 2019 der GPK und der GPDel vom 28. Jan. 2020 (BBl 2020 2971, hier 3022).

Aufsichtsverhältnis zwischen der Bundesanwaltschaft und ihrer Aufsichtsbehörde, Bericht der GPK des National- und des Ständerates vom 24. Juni 2020 (BBl 2020 9687).

Bundesgesetz vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG, SR 173.71).

Verordnung der Bundesversammlung vom 1. Okt. 2010 über die Organisation und die Aufgaben der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (SR 173.712.24).

Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Okt. 2007 (Strafprozessordnung, StPO, SR 312.0).

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den Bericht für die weiteren möglichen Gesetzgebungsarbeiten den RK zukommen lassen.

3.9.6

Planung und Aufbau der Berufungskammer

Die GPK befassen sich seit Herbst 2018 mit den Versäumnissen bei der Planung der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts sowie mit den Schwierigkeiten bei deren Aufbau (vgl. auch Ziff. 3.6.2). Die zuständigen Subkommissionen Gerichte/BA beantragten den GPK, im Rahmen einer Inspektion vertiefter abzuklären, wie die Planungsarbeiten durchgeführt wurden und wie es zu den heutigen Schwierigkeiten kam, um daraus Lehren für die Zukunft ziehen zu können. Dabei soll auch geprüft werden, welche Massnahmen zu ergreifen sind, um die institutionelle und sachliche Unabhängigkeit der Berufungskammer mittel- und längerfristig gewährleisten zu können. Die beiden GPK stimmten an ihren November-Sitzungen dem Antrag zu.

3.9.7

Stand der laufenden Inspektionen der GPK und der GPDel

Wie bereits weiter oben ausgeführt, sind Inspektionen das Hauptinstrument der GPK.

Bei einer Inspektion der GPK werden drei Hauptetappen unterschieden: erstens die eigentliche Inspektion, die auf Untersuchungen der Kommission und/oder einer Evaluation der PVK beruht. Diese Etappe wird mit der Verabschiedung eines ­ grundsätzlich öffentlichen ­ Berichts zuhanden der verantwortlichen Behörde, i.d.R. der Bundesrat, abgeschlossen. Zweitens die Stellungnahme der verantwortlichen Behörde: Gemäss Artikel 158 ParlG muss die verantwortliche Behörde die Aufsichtskommissionen über die Umsetzung der Empfehlungen informieren. Diese Stellungnahme wird veröffentlicht, sofern keine schützenswerten Interessen entgegenstehen.

Die GPK beurteilen diese und führen gegebenenfalls zusätzliche Untersuchungen durch oder veröffentlichen gar einen zweiten Bericht. Drittens die Nachkontrolle: In der Regel lässt die betreffende GPK zwei bis drei Jahre nach der Veröffentlichung des Inspektionsberichts eine Nachkontrolle durch die zuständige Subkommission durchführen. Dabei wird geprüft, inwieweit die betreffende Behörde sich der festgestellten Probleme angenommen und die Empfehlungen der GPK umgesetzt hat. Falls bestimmte Punkte offenbleiben, führt die GPK bisweilen zusätzliche Untersuchungen oder ­ nach Ablauf einer weiteren Frist ­ eine weitere Nachkontrolle durch.

Im Folgenden werden alle Ende 2020 laufenden Inspektionen der GPK aufgeführt, das heisst diejenigen, bei denen die drei Etappen noch nicht abgeschlossen sind. Die definitiv abgeschlossenen Inspektionen, bei denen die Nachkontrolle beendet wurde und/oder die nicht weiter behandelt werden, werden hier nicht genannt. Die Inspektionen werden mit dem ältesten Datum aufgelistet, das dem Inspektionsbericht der GPK entspricht, geordnet vom neuesten bis zum ältesten Bericht. Die weiteren Daten entsprechen den Kurzberichten, die im Rahmen der Inspektionen oder der Nachkontrollen veröffentlich wurden.

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Laufende Inspektionen ­ GPK-N/S Thema

Bericht(e) der GPK

Nächster Schritt

Covid-19-Pandemie: Aufarbeitung der Massnahmen der Bundesrates

­

Behandlung durch die Subkommissionen

Geschäftsverteilung bei den eidgenössischen Gerichten

­

Bericht der GPK (2021)

Aufsichtsverhältnis zwischen der AB-BA und der BA

­

Behandlung des Expertenberichts und Schlussbericht der GPK (2021)

Hochseeschifffahrts-Bürgschaften

2019 2018

Nachkontrolle (2021)

Risikoreporting zuhanden des Bundesrates ­ eine Bestandsaufnahme

2018

Behandlung der Stellungnahme des Bundesrates (2021)

Thema

Bericht(e) der GPK

Nächster Schritt

Grundwasserschutz in der Schweiz

­

Behandlung der Evaluation der PVK (2021)

Öffentlichkeitsarbeit des Bundes

2019

Nachkontrolle (2022)

Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen in der Bundesverwaltung

2019

Behandlung der Stellungnahme des Bundesrates (2021)

Standortbestimmung: Bewältigung des Cyber-Angriffs auf die RUAG

2019 2018

Abschluss der Inspektion (2021)

Administrativhaft im Asylbereich

2019 2018

Nachkontrolle (2021)

Ereignisse rund um den Oberfeldarzt der Armee

2018

Weiterführung der Inspektion (2021)

Evaluation zu den Auswirkungen von Freihandelsabkommen

2019 2017

Nachkontrolle (2021)

Elektronische Auszählung von Stimmen (e-counting)

2018 2017

Nachkontrolle (2021)

Laufende Inspektionen ­ GPK-N

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Thema

Bericht(e) der GPK

Nächster Schritt

Sicherung landwirtschaftlichen Kulturlandes

2015

Weiterführung der Nachkontrolle (2021)

Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern unter dem Personenfreizügigkeitsabkommen

2014 (2) Weiterführung der Nachkontrolle (2021)

Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat

2019 2013

Zweite Nachkontrolle (2021)

Vernehmlassungs- und Anhörungspraxis des Bundes

2012 2011

Weiterführung der Nachkontrolle (2021)

Inspektion über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee

2013 2008

Weiterführung der Nachkontrolle (2021)

Thema

Bericht(e) der GPK

Nächster Schritt

Controlling von Offset-Geschäften

­

Behandlung der Evaluation der PVK (2021)

Sanierungsbedürftige oder nicht mehr benötigte Verwaltungsgebäude

­

Evaluation sistiert

Einführung der neuen Radiound Fernsehabgabe

2020 2017

Behandlung der Stellungnahme des Bundesrates (2021)

DNA-Analysen in Strafverfahren

2019

Behandlung der Stellungnahme des Bundesrates (2021)

Erfüllung angenommener Motionen und Postulate

2019

Behandlung der Stellungnahme des Bundesrates (2021)

Buchungsunregelmässigkeiten bei der PostAuto Schweiz AG ­ Erwägungen aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht

2019

Behandlung der Stellungnahme des Bundesrates (2021)

Revision der Mittel- und Gegenständeliste

2018

Nachkontrolle (2022)

Laufende Inspektionen ­ GPK-S

56 / 134

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Thema

Bericht(e) der GPK

Nächster Schritt

Beteiligung des Bundes an Wirtschaftssanktionen

2019 2018

Nachkontrolle (2021)

Zweckmässigkeit der Bevölkerungssze- 2019 narien des Bundesamtes für Statistik 2018

Nachkontrolle (2022)

Überwachung der Interessenbindungen 2019 in den Verwaltungsräten der bundesna- 2018 hen Unternehmen am Beispiel des Falles der Verwaltungsratspräsidentin der SBB

Nachkontrolle (2021)

Sicherstellung der Unabhängigkeit 2017 von Aufsichts- und Regulierungsbehör- 2015 den der dezentralen Bundesverwaltung

Weiterführung der Nachkontrolle (2021)

Externe Mitarbeitende in der Bundesverwaltung

2019 2015 2014

Weiterführung der Nachkontrolle (2021)

Aufnahme und Überprüfung 2014 von Medikamenten in der Spezialitätenliste

Weiterführung der Nachkontrolle (2021)

Untersuchung des Projekts INSIEME der eidgenössischen Steuerverwaltung

Abschluss der Inspektion (2021)

2014

Erwerbsersatzordnung: Unregelmässig- 2013 keiten bei der Abrechnung von freiwilligen Militärdienstleistungen

Zweite Nachkontrolle (2022)

Expertenbeizug in der Bundesverwaltung

2016 2015 2006

Weiterführung der dritten Nachkontrolle (2021)114

Thema

Bericht(e) der GPK

Nächster Schritt

Fall Crypto AG

2020

Behandlung der Stellungnahme des Bundesrates (2021)

Laufende Inspektionen ­ GPDel

114

Hierzu hat die PVK eine Kurzevaluation durchgeführt (vgl. Bericht der PVK im Anhang, Ziff. 2).

57 / 134

BBl 2021 570

3.10

Dienststellenbesuche

Dienststellenbesuche sind ein weiteres wichtiges Instrument der GPK. Die Subkommissionen besuchen ein Amt, ein Gericht oder einen anderen Träger von Bundesaufgaben, um sich im Gespräch mit den Dienstverantwortlichen über die Aufträge, Aufgaben und Kompetenzen der betreffenden Verwaltungsstelle sowie über deren laufende oder besonders interessante Geschäfte orientieren zu lassen. Diese Besuche können unabhängig von einer aktuellen Untersuchung oder im Zusammenhang mit einer Inspektion oder Nachkontrolle stattfinden. Zu Dienstellenbesuchen einer Subkommission sind jeweils auch die Mitglieder der Schwestersubkommission der GPK des anderen Rates eingeladen. Seit August 2017 können zusätzlich alle Mitglieder der betreffenden Geschäftsprüfungskommission an den Dienststellenbesuchen der Subkommissionen teilnehmen.

Die GPK führten im Jahr 2020 aufgrund der Covid-19-Pandemie weniger Dienststellenbesuche als üblich durch. Im Berichtsjahr statteten die GPK folgenden Behörden und Dienststellen des Bundes einen Besuch ab: Dienststellenbesuche 2020 EDA/VBS

­ Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit ­ Generalsekretariat EDA ­ Labor Spiez

EDI/UVEK

­ Bundesamt für Sozialversicherungen ­ Bundesamt für Verkehr

EFD/WBF

­ Staatssekretariat für internationale Finanzfragen

EJPD/BK

­ Bundesasylzentrum Perreux in Boudry

Gerichte/BA

­ Bundesstrafgericht ­ Bundesanwaltschaft

3.11

Aufsichtseingaben

Eingaben gemäss Artikel 129 ParlG sind Hinweise von Privatpersonen oder Organisationen zur Geschäftsführung und zum Finanzgebaren des Bundesrates, der Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte und anderer Träger von Aufgaben des Bundes, die der Oberaufsicht der eidgenössischen Räte unterstellt sind. Sofern sich diese Hinweise auf allfällige Missstände oder Mängel im Rechtsvollzug oder in der Geschäftsführung einer Bundesbehörde beziehen, werden sie den GPK zugewiesen.

Die allgemeinen Einschränkungen der Oberaufsicht gelten auch bei Eingaben. So sind die GPK insbesondere nicht befugt, Einzelentscheide aufzuheben oder zu ändern; 58 / 134

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auch dürfen sie keine inhaltlichen Kontrollen richterlicher Entscheidungen vornehmen (Art. 26 Abs. 4 ParlG). Die GPK entscheiden nach freiem Ermessen, ob und wie sie die ihnen zugewiesenen Eingaben behandeln wollen. In der Regel befassen sich die GPK mit Einzelfällen, soweit diese eine allgemeine Problematik betreffen. Im Übrigen stehen den Eingeberinnen und Eingebern weder Parteirechte zu, noch können sie gegen die Entscheide der GPK Beschwerde einlegen.

Im Berichtsjahr haben die GPK 42 Eingaben erhalten. Davon konnten 20 abschliessend behandelt werden. Im selben Zeitraum haben sich die Kommissionen auch mit verschiedenen Eingaben aus dem Vorjahr befasst.

3.12

Weitere von den GPK behandelte Themen

Subkommissionen EDA/VBS Thema

Behandlung noch nicht abgeschlossen

Supportvertrag der Pilatus-Werke mit Saudi-Arabien

X

Vollzug der Störfallverordnung im VBS / Kataster der belasteten Standorte

X

Personensicherheitsprüfung (PSP)

X

Bevölkerungsschutz: Bericht «Auslegeordnung Telematikprojekte»

X

Militärische Cybersicherheit

X

Top-Projekte des VBS

X

Beschaffung des 12cm Mörser 16 durch Armasuisse

X

Sponsoring im VBS

X

Rüstungsstrategie VBS

X

Behandlung abgeschlossen

Neuunterstellung der Armeeapotheke unter die Logistikbasis der Armee (LBA)

X

Strukturen und Zuständigkeiten in der Europapolitik

X

59 / 134

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Subkommissionen EFD/WBF Thema

Behandlung noch nicht abgeschlossen

Förderung von Projekten durch Innosuisse

X

Aufsichtseingabe Greenpeace / Mangelhafte Berücksichtigung der Klimafinanzrisiken

X

Aufsichtseingabe Bruno Manser Fonds / Vollzug der Holzdeklarationspflicht durch das WBF

X

Anerkennung ausländischer Diplome

X

Swiss Investment Fund for Emerging Markets (SIFEM)

X

Prävention der sexuellen Belästigung beim Bund: Prozesse und Meldemöglichkeiten

X

Cyber-Sicherheit

X

Aufsichtstätigkeiten der Behörden im Ausland

X

Strategie zum Einsatz von Pestiziden

X

Interessenbindungen des obersten Kaders

X

IKT- Projekt SUPERB23

X

Fehler bei der Bezifferung der Anzahl Zweiverdienerehepaare

X

Übergabe von Daten Dritter im Rahmen der Amtshilfe durch die eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV)

X

Austausch länderbezogener Berichte von grossen multinationalen Unternehmen

X

Überprüfung der Verteilung der Bundesgelder an die medizinischen Fakultäten

X

Reorganisation des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF)

X

Direktzahlungen des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW)

X

60 / 134

Behandlung abgeschlossen

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Thema

Behandlung noch nicht abgeschlossen

Informatikprobleme bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV)

X

Probleme beim Transit von Flüchtlingen durch die Schweiz

X

Gutachten im Auftrag der Publica betreffend die Widersprüche zwischen BVG und BPG

X

Behandlung abgeschlossen

Subkommissionen EDI/UVEK Thema

Behandlung noch nicht abgeschlossen

Umsetzung des Expertenberichts zur Zukunft der Datenbearbeitung und Datensicherheit

X

Audit der EFK zur Transportpolizei

X

SBB: Bestellung von Doppelstockzügen bei Bombardier

X

SBB: Lokführermangel und Angebotseinschränkungen

X

Netzstörungen bei Swisscom

X

Umsetzung der Empfehlungen der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST)

X

«Just culture» in der Bundesverwaltung und in den bundesnahen Unternehmen

X

Projekt ARE+ des Bundesamtes für Raumentwicklung

X

Strategie und Aktionsplan Biodiversität Schweiz

X

Beteiligung der Schweiz an den europäischen Gesundheitsalarmsystemen

X

Impfstoffmangel in der Schweiz

X

Aufgaben des EDÖB im Gesundheitsbereich ­ Elektronisches Patientendossier

X

Behandlung abgeschlossen

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Thema

Behandlung von Zulassungsgesuchen betreffend innovative Arzneimittel

Behandlung noch nicht abgeschlossen

Behandlung abgeschlossen

X

Vergabepraxis des BAG

X

Posttarife für Pressezustellung

X

Delegation von Rechtsetzungskompetenzen an Dritte

X

Finanzielle Lage von PostFinance

X

Subkommissionen EJPD/BK Thema

Behandlung noch nicht abgeschlossen

GEVER ­ elektronische Geschäftsverwaltung Bund

X

Geldspielgesetz

X

Gewalt gegen Asylbewerber

X

Reorganisation der Bundeskriminalpolizei (BKP)

X

Internationale Rechtshilfe

X

Ärztliche Betreuung bei Ausschaffungen

X

Radikalisierung und gewalttätiger Extremismus

X

eRetour

X

Strategische Führungsübung 2017 (SFU 17)

X

Modernisierung des Kompetenzzentrums Amtliche Veröffentlichungen (KAV)

X

Behandlung abgeschlossen

Gewalt gegen Frauen in Bundesasylzentren

X

Beschleunigte Asylverfahren: Evaluation der neuen Asylverfahren

X

Polizeiaufgabengesetz

X

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Thema

Behandlung noch nicht abgeschlossen

Behandlung abgeschlossen

Integrierte Grenzverwaltung

X

Fehler im Abstimmungsbüchlein

X

Integrationszahlungen

X

Schutz des geistigen Eigentums bei FHA

X

Dienst ÜPF

X

E-Voting

X

Subkommissionen Gerichte/BA Thema

Behandlung noch nicht abgeschlossen

Kontakte der BA zur FIFA

X

Einführung des elektronischen Gerichtsdossiers (Justitia 4.0)

X

Umsetzung von Artikel 260ter StGB (Pa. Iv. GPK-S)

X

Gerichtsgebühren der eidgenössischen Gerichte

X

Kennzahlen zur Ressourcensteuerung der Strafverfolgungsbehörden

Behandlung abgeschlossen

sistiert

Plenarkommissionen Thema

Behandlung noch nicht abgeschlossen

IKT-Schlüsselprojekte des Bundes ­ Statusbericht

X

Parlamentarische Initiative 15.451: «Stärkung der Geschäftsprüfungskommissionen»

X

Behandlung abgeschlossen

Neues Kompetenzzentrum Cybersicherheit

X

Nationales sicheres Datenverbundsystem (SDVS) ­ IKT-Schlüsselprojekt

X

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Thema

Behandlung noch nicht abgeschlossen

Behandlung abgeschlossen

Werterhaltung Polycom 2030 ­ IKT-Schlüsselprojekt

X

IKT-Strategie des Bundes 2020­2023

X

Mitbericht zur parlamentarischen Initiative 19.500: «Parlamentarische Untersuchungskommission im Zusammenhang mit den Hochseeschifffahrts-Bürgschaften»

X

Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahr 2019 ­ Bericht des Bundesrates

X

Traktandierung der Bundesratsgeschäfte

X

Analyse zur Nutzung von Freihandelsabkommen ­ Studie des SECO

X

4

Inspektion Covid-19-Pandemie

Die GPK-N/S haben an ihrer gemeinsamen Sitzung vom 18. Mai 2020 beschlossen, eine Inspektion zur Aufarbeitung der Massnahmen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie einzuleiten. Die GPK-N/S beschlossen dabei, die Inspektion dezentral in den Subkommissionen durchzuführen. Aus diesem Grund legen auch die verschiedenen Subkommissionen die Schwerpunkte der Inspektion und damit die zu vertiefenden Bereiche fest. Mit diesem Ansatz wollen die GPK-N/S insbesondere der thematischen Breite und der anhaltenden Dynamik der Pandemie Rechnung tragen.115 Die bisherigen Arbeiten konzentrierten sich auf die Bewältigung der ersten Welle der Pandemie. Die GPK-N/S halten fest, dass mit der Inspektion die Verantwortlichkeit von Bundesrat und Bundesverwaltung gestärkt und Lehren für künftige Krisen gezogen werden sollen. Zudem stellten die GPK-N/S klar, dass die eingeleitete Inspektion, den Bundesrat und die Bundesverwaltung nicht von der Pflicht entbindet, die eigenen Massnahmen rückwirkend zu hinterfragen und zu evaluieren. Entsprechende Arbeiten wurden unterdessen durch den Bundesrat, die Departemente und die Ämter an die Hand genommen. Auch die EFK ist in diesem Bereich tätig geworden und hat bereits mehrere (Zwischen-) Berichte hierzu veröffentlicht. Die EFK untersucht dabei, ob die finanziellen Mittel einfach und schnell, sowie fehler- und missbrauchsfrei bei den Berechtigten ankommen.116 Die GPK-N/S informieren über die Erkenntnisse der Inspektion auf verschiedenen Wegen. Zum einen werden die verschiedenen Abklärungen, wie in den nachfolgenden Kapiteln, im Jahresbericht erwähnt, falls die Arbeiten noch nicht abgeschlossen sind 115 116

Medienmitteilung der GPK-N/S vom 26. Mai 2020.

Covid-19-Prüfungen, dritter Zwischenbericht der EFK vom 31. Juli 2020, S. 21.

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oder keine eigenständige Publikation zu erwarten ist. Zum anderen können spezifische Erkenntnisse in einem eigenen Bericht veröffentlicht werden.

In den folgenden Unterkapiteln finden sich die Ausführungen zu den Aktivitäten, welche die Subkommissionen im Berichtsjahr zur Aufarbeitung der Massnahmen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie durchgeführt haben. Damit soll ein Überblick über die laufenden wie auch im Berichtsjahr bereits abgeschlossenen Überprüfungen gegeben werden.

4.1

EDI

4.1.1

Organisation des EDI und des BAG bei der Krisenbewältigung

Das EDI und das BAG spielen als für die öffentliche Gesundheit zuständiges Departement bzw. Bundesamt eine zentrale Rolle beim Umgang des Bundes mit der Covid19-Krise. Sie sind ­ unter anderem ­ verantwortlich für die Epidemienprävention, die Beobachtung der Pandemieentwicklung, die Vorbereitung und Umsetzung der vom Bundesrat beschlossenen Gesundheitsmassnahmen die Koordination mit institutionellen Partnern und Akteuren des Gesundheitswesens sowie für die Information der Öffentlichkeit. Vor diesem Hintergrund hatten die beiden Verwaltungseinheiten im Jahr 2020 eine ausserordentlich hohe Arbeitslast zu bewältigen und stand ihre Arbeit im Brennpunkt des Interesses der Öffentlichkeit, des Parlaments und der Medien.

Als Organ der parlamentarischen Oberaufsicht beschloss die GPK-S, die Krisenorganisation des EDI und des BAG sowie deren Umsetzung und Weiterentwicklung während der Krise zu prüfen und daraus allfällige Lehren bezüglich der Angemessenheit dieser Organisation zu ziehen. Die Kommission hörte in dieser Sache zweimal Vertreterinnen und Vertreter des BAG an und tauschte sich mit dem Vorsteher des EDI sowie mit dem Generalsekretär und dem bis April 2020 amtenden Generalsekretär des Departements aus. Sie nahm zudem Kenntnis von verschiedenen Dokumenten zur Krisenorganisation des Departements und des Bundesamts ­ namentlich von den Sitzungsprotokollen117 der ab Ende Januar 2020 vom BAG eingesetzten Taskforce.

Die Kommission vertiefte insbesondere vier Aspekte dieser Thematik. Erstens informierte sie sich über die bereits bestehenden rechtlichen und reglementarischen Grundlagen, auf die sich die Krisenbewältigung des EDI und des BAG stützte. Sie stellte u. a. fest, dass das BAG als Grundlage für seine Krisenorganisation ein internes Krisenhandbuch118 herangezogen hatte, das letztmals 2018 aktualisiert worden war und namentlich die Einsetzung einer Taskforce vorsah, während verschiedene organisatorische Massnahmen im Pandemieplan Schweiz 119 zu finden sind. Das EDI seinerseits stützte sich weitgehend auf bereits vorhandene Strukturen des Departements,

117

Protokolle der Covid-19-Taskforce des BAG (nicht veröffentlicht); die GPK-S konzentrierte sich bei ihren Arbeiten im Jahr 2020 auf die Protokolle der Taskforce aus dem Zeitraum zwischen 24. Jan. und 6. Juli 2020.

118 Krisenhandbuch BAG vom 27. April 2018.

119 Influenza-Pandemieplan, 5. aktualisierte Ausgabe, Januar 2018.

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die im Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz und in der entsprechenden Verordnung120 sowie in der Organisationsverordnung für das EDI121 vorgesehen sind.

Zweitens befasste sich die GPK-S mit der Umsetzung und Weiterentwicklung der Strukturen zur Krisenbewältigung im EDI und im BAG im Laufe des Berichtsjahres.

Die Vertreterinnen und Vertreter des Departements und des Bundesamts präsentierten ihr u. a. detailliert die Rolle der Covid-19-Taskforce des BAG, die Teilung der Verantwortlichkeiten mit den beiden anderen für den Umgang mit den Gesundheitsaspekten der Krise zentralen Organe (Bundesstab Bevölkerungsschutz [BSTB] und Krisenstab des Bundesrates Corona [KSBC]) sowie die Koordination zwischen diesen Organen. Ausserdem diskutierte die Kommission mit dem BAG darüber, warum gewisse Organe, deren Aufgabe die Bewältigung von Pandemien ist ­ darunter die Eidgenössische Kommission für Pandemievorbereitung und -bewältigung (EKP) und das in Artikel 54 des Epidemiengesetzes (EpG)122 vorgesehene Organ für die Koordination zwischen Bund und Kantonen ­ in der Krise nicht oder nur wenig beigezogen worden waren. Die GPK werden 2021 zusätzliche Abklärungen vornehmen, namentlich was die Verteilung der Aufgaben und Entscheidkompetenzen sowie die Koordination der Arbeiten zwischen den verschiedenen Krisenmanagementorganen anbelangt.123 Überdies wird die GPK-S die Arbeit der BAG-Taskforce und deren Rolle genauer unter die Lupe nehmen.

Drittens befasste sich die Kommission mit dem Personalmanagement, das bei der Bewältigung der Krise eine der grossen Herausforderungen im EDI und im BAG darstellte. Sie hielt fest, dass sowohl das Departement als auch das Amt nach Ausbruch der Pandemie rasch reagiert hatten, indem sie das Personal umverteilt und zusätzliche Personen eingestellt hatten, um die am meisten beanspruchten Abteilungen zu unterstützen. Die Kommission begrüsste das grosse Engagement und die Flexibilität der betroffenen Mitarbeitenden. Sie betonte allerdings auch, dass in diesem Bereich weiterhin zahlreiche Herausforderungen zu bewältigen sind, namentlich was den Umgang mit den Überstunden und den Erhalt der Arbeitskapazitäten der Mitarbeitenden im Kontext einer länger andauernden Krise anbelangt. Ferner diskutierte sie mit dem EDI und dem BAG über die Wechsel, die während der Krise in verschiedenen
Schlüsselpositionen (Generalsekretär des EDI, Direktor/in des BAG, Leiter der Abteilung Übertragbare Krankheiten des BAG) erfolgt waren. Der Vorsteher des EDI betonte gegenüber der Kommission, dass die meisten dieser Wechsel schon seit Langem geplant waren und dank dem Engagement und der grossen Flexibilität der betreffenden Personen gut über die Bühne gebracht werden konnten.

Viertens befasste sich die GPK-S mit der Kommunikation des BAG während der Krise.

An dieser Kommunikation wurde im Berichtsjahr verschiedentlich Kritik geübt, z. B.

120

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21.März 1997 (RVOG; SR 172.010), Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. Nov. 1998 (RVOV; SR 172.010.1).

121 Organisationsverordnung vom 28. Juni 2000 für das Eidgenössische Departement des Innern (OV-EDI; SR 172.212.1).

122 Bundesgesetz vom 28. Sept. 2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG; SR 818.101).

123 Die Rolle des KSBC wird von der GPK-S auch im Rahmen ihrer Arbeiten zum Krisenmanagement des Bundesrates (vgl. Kap. 4.8.1) behandelt.

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bezüglich der fehlenden Kohärenz gewisser Aussagen der Amtsleitung (Maskentragen, Festlegung der Risikogruppen usw.) oder der Zuverlässigkeit der Daten zur gesundheitlichen Lage, die der Öffentlichkeit kommuniziert worden waren. Die Kommission diskutierte im August 2020 mit BAG-Vertretern über dieses Thema; diese nahmen zu den verschiedenen Kritikpunkten Stellung und präsentierten die Massnahmen, die zur Verbesserung der Kommunikation getroffen worden waren.

Die Kommission wird ihre Arbeiten in diesem Dossier im Jahr 2021 fortführen mit dem Ziel, eine Gesamtbeurteilung der Krisenorganisation des EDI und des BAG vorzunehmen. Zu diesem Zweck wird sie sich auch über den Stand und die Ergebnisse der verschiedenen Evaluationen, die in dieser Sache vom Departement und vom Amt in die Wege geleitet wurden, informieren.

4.1.2

Zusammenarbeit mit den Kantonen bei der Krisenbewältigung

Gemäss EpG kommt ­ neben dem Bund ­ den Kantonen eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten zu.124 Vor diesem Hintergrund ist die Koordination zwischen den nationalen und kantonalen Behörden ein zentraler Punkt bei der Bewältigung der Coronakrise. Dieser Aspekt stellte insbesondere in den Phasen, in denen die «besondere Lage»125 galt und in denen sowohl der Bund als auch die Kantone Massnahmen zur Bekämpfung von Epidemien ergreifen können, eine grosse Herausforderung dar.

Die GPK-S nahm in diesem Bereich erste Abklärungen vor, indem sie Vertreterinnen und Vertreter des BAG anhörte und sich mit dem Vorsteher des EDI sowie mit dem aktuellen Generalsekretär und dem bis April 2020 amtenden Generalsekretär des EDI austauschte.

Die Kommission erstellte eine erste Übersicht über die Organe, mit denen die Koordination zwischen Bund und Kantonen während der ersten Krisenphase (Januar bis Juli 2020) sichergestellt wurde. Die Vertreterinnen und Vertreter des BAG erklärten, dass die Koordination mit den Kantonen auf mehreren Ebenen erfolgte. Der Direktor des Bundesamtes habe in regelmässigem Austausch mit den Kantonsregierungen und der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) gestanden. Ausserdem habe das BAG die Kantone zu bestimmten Verordnungen und

124

Die Kantone vollziehen das EpG, soweit nicht der Bund zuständig ist (Art. 75 EpG).

In der normalen Lage sind die Kantone für die Massnahmen zur Bekämpfung von Epidemien zuständig (vgl. z. B. Art. 33­38 und Art. 40 EpG). Der Bund beaufsichtigt den Vollzug des Gesetzes durch die Kantone (Art. 77 EpG). Das EpG sieht zu grossen Teilen eine gemeinsame Umsetzung der Bestimmungen durch Bund und Kantone vor.

125 Vom 28. Feb. 2020 (als der Bundesrat die besondere Lage erklärte) bis zum 16. März 2020 (als der Bundesrat die ausserordentliche Lage erklärte) und ab dem 19. Juni 2020 (Rückkehr zur besonderen Lage). Gemäss Art. 6 EpG liegt eine besondere Lage vor, wenn «die ordentlichen Vollzugsorgane nicht in der Lage sind, den Ausbruch und die Verbreitung übertragbarer Krankheiten zu verhüten und zu bekämpfen». In dieser Situation kann der Bundesrat nach Anhörung der Kantone bestimmte Massnahmen zur Bekämpfung der Epidemie anordnen (Art. 6).

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Bundesratsbeschlüssen konsultiert. Ab Ende Januar hätten ferner wöchentlich Telefonkonferenzen zwischen dem BAG und den Kantonsärztinnen und -ärzten stattgefunden. Aber auch der Bundesstab Bevölkerungsschutz (BSTB) ­ in dem mehrere kantonalen Regierungskonferenzen vertreten sind126 ­ habe eine wichtige Rolle beim Informationsaustausch und bei der Koordination zwischen Bund und Kantonen gespielt. Zudem habe die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) auch Einsitz in den Krisenstab des Bundesrats Corona (KSBC) genommen. Darüber hinaus hätten sich der Vorsteher des EDI sowie andere Bundesratsmitglieder und die Vertreterinnen und Vertreter der Kantonsregierungen mehrfach direkt ausgetauscht.

Die Kommission wird ihre Abklärungen fortsetzen mit dem Ziel, zu überprüfen, ob die Koordinationsorgane zwischen Bund und Kantonen zweckmässig sind. In diesem Rahmen beabsichtigt sie, verschiedenen während der Krise geäusserten Kritikpunkten nachzugehen. Sie wird sich insbesondere mit Vertreterinnen und Vertretern der GDK sowie Kantonsärztinnen und -ärzten austauschen und deren Einschätzung zu diesem Thema einholen.127 Ein weiterer zentraler Aspekt der Koordination zwischen Bund und Kantonen ist die Erhebung und Bearbeitung von Daten zur Gesundheitslage in den Kantonen durch das BAG. Gemäss EpG128 betreibt das BAG ein Informationssystem, in das Daten über erkrankte oder infizierte Personen aufgenommen werden und das der einheitlichen Bearbeitung der Daten sowie der Erstellung von Statistiken dient. Das Bundesamt wurde mehrfach für seine Datenverwaltung während der verschiedenen Phasen der Coronakrise kritisiert. Die Kritik bezog sich auf die unzureichende Digitalisierung des Meldesystems für Coronafälle, auf diverse Inkonsistenzen in den vom Bundesamt veröffentlichten Daten sowie auf die mangelnde Transparenz des Bundesamtes hinsichtlich der erhobenen Daten. Die Vertreterinnen und Vertreter des BAG nahmen Stellung zu den Kritikpunkten und präsentierten der Kommission die verschiedenen Instrumente, die sie für das Monitoring der gesundheitlichen Lage in den Kantonen einsetzten, sowie die Massnahmen, die sie zur Verbesserung der Qualität dieses Monitorings ergriffen. Die Kommission stellte fest, dass ­ obschon im Frühjahr 2020 in diesem Bereich entscheidende Verbesserungen vorgenommen wurden ­ nach wie vor mehrere
Probleme bestehen. So erhielt das BAG im Sommer 2020 die Daten von zahlreichen Ärztinnen und Ärzten noch immer ausschliesslich in Papierform oder in ungenügender Qualität. Ausserdem wurde im August 2020 eine Reihe inkorrekter Informationen publiziert.

Die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen zur Bewältigung der zweiten Pandemiewelle warf ebenfalls zahlreiche Fragen auf. Diese betreffen insbesondere die Unterstützungsmassnahmen des Bundes zur Umsetzung des Contact-Tracings (CT), 126

Konferenz der Kantonsregierungen (KdK), Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK), Konferenz Kantonaler Energiedirektoren (EnDK), Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) und Regierungskonferenz Militär, Zivilschutz und Feuerwehr (RK MZF).

127 Die Kommission nahm ausserdem Kenntnis davon, dass die KdK beabsichtigt, in Zusammenarbeit mit den Direktorenkonferenzen der Kantone eine Evaluation zur Bewältigung der Covid-19-Krise durchzuführen, die sich mit der interkantonalen Zusammenarbeit, aber auch mit der Koordination zwischen Kantonen und Bund befasst. Der Zwischenbericht der KdK liegt seit dem 18. Dez. 2020 vor.

128 Vgl. u.a. Art. 60 EpG

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welches in den Zuständigkeitsbereich der Kantone fällt. Am 19. Juni 2020 erteilte der Bundesrat dem BAG den dringlichen Auftrag, eine bundesweite CT-Datenbank zu erstellen und zu betreiben, um einen zuverlässigen Überblick über die Situation in den Kantonen zu erhalten und eine bessere Koordination des CT sicherzustellen. Die Einführung dieser Datenbank wurde kritisiert, dies hauptsächlich wegen den Verzögerungen und der technischen Probleme. Die zweite Pandemiewelle brachte diverse Schwächen des CT ans Licht (begrenzte Ressourcen der Kantone für das CT, interkantonale und internationale Koordinationsprobleme usw.). Die GPK-S wird diese Punkte im Laufe des Jahres 2021 mit dem BAG und den Vertreterinnen und Vertreter der Kantone vertiefen.

Die GPK-S nahm ausserdem Kenntnis von zahlreichen Grundsatzfragen, welche die Covid-19-Krise in Bezug auf die Zusammenarbeit mit den Kantonen und die Organisation des schweizerischen Gesundheitswesens aufwarf. Diese betreffen insbesondere folgende Punkte: Massnahmen zur verstärkten Digitalisierung des Gesundheitsbereichs, Aufgabenverteilung zwischen Bund und Kantonen im Gesundheitsbereich, Management der Ausbildung des Spital- und Intensivpflegepersonals sowie Herausforderungen im Zusammenhang mit Pflegepersonal aus dem grenznahen Ausland. Die Kommission plant, diese Aspekte weiterhin zu vertiefen.

4.1.3

Internationale Zusammenarbeit von EDI und BAG

Im Rahmen ihrer Abklärungen zur Bewältigung der Covid-19-Krise durch die Bundesbehörden befasste sich die GPK-N mit der internationalen Zusammenarbeit von EDI und BAG in der Pandemie. Die Kommission möchte einerseits klären, auf welche Informationen sich das Departement und das Bundesamt stützten, um die internationale Entwicklung der Pandemie zu verfolgen und zu evaluieren, und andererseits untersuchen, welche Gespräche zur Bewältigung der Gesundheitskrise auf internationaler Ebene stattfanden. Sie führte diesbezüglich eine erste Anhörung der Vertreter des BAG durch und nahm Kenntnis von verschiedenen Informationen, welche die GPK-S zur Datenerhebung durch das Aussennetz des EDA gesammelt hatte129.

Das BAG präsentierte der GPK-N die verschiedenen internationalen Informationsquellen, auf welche sich das BAG bei der Beurteilung der Pandemieentwicklung stützte. Die Kommission stellte vier Hauptquellen fest: das Aussennetz des EDA sowie die Schweizer Missionen in Brüssel und Genf, die internationalen Organisationen (insbesondere die WHO), die Krisenmanagementbehörden und -instrumente der EU, bei denen die Schweiz mitwirken konnte (namentlich das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten [ECDC] und das Frühwarn- und

129

Siehe Kap. 4.5.1

69 / 134

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Reaktionssystem [EWRS])130, sowie den bilateralen Austausch der Schweiz mit verschiedenen Ländern, allen voran den Nachbarstaaten. Die Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse durch das BAG wird separat behandelt131.

Die Kommission wird sich weiterhin mit diesem Thema befassen. Deshalb liess sie dem BAG im Herbst 2020 eine Reihe schriftlicher Fragen zukommen. Sie möchte insbesondere Bilanz ziehen darüber, wie nützlich die genannten Informationsquellen für die Verfolgung der Pandemie auf internationaler Ebene waren und wie gut die Zusammenarbeit zwischen BAG und EDA in diesem Bereich funktionierte. Sie wird ihre Arbeiten zu diesem Thema mit der für das EDA zuständigen Subkommission der GPK-S koordinieren.

4.1.4

Wissenschaftliche Informationsgrundlagen von EDI und BAG

Da Covid-19 bei seinem Auftreten zu Beginn des Jahres 2020 eine neue und bis dahin weitgehend unbekannte Infektionskrankheit darstellte, war die Erhebung und Aufbereitung einschlägiger wissenschaftlicher Informationen von zentraler Bedeutung für die Bewältigung der Pandemie. Die wissenschaftlichen Grundlagen der bundesrätlichen Massnahmen und der Gesundheitsempfehlungen des BAG wurden kritisch hinterfragt und sorgten für intensive Debatten in der Bevölkerung, im Parlament und in den Medien. Vor diesem Hintergrund beschloss die GPK-N, zu untersuchen, wie das BAG mit den wissenschaftlichen Informationen zum Coronavirus umging und welcher Austausch zwischen den Bundesbehörden und der Wissenschaft zur Krisenbewältigung stattfand. Die Kommission hörte diesbezüglich die Vertreter des BAG an und tauschte sich im November 2020 mit zwei Mitgliedern der wissenschaftlichen Taskforce des Bundes (Swiss National COVID-19 Science Task Force) in dieser Sache aus.

Die Kommission erkundigte sich zuerst nach den wissenschaftlichen Informationsgrundlagen des BAG zu Beginn der Pandemie. In diesem Zusammenhang wurde verschiedentlich ­ namentlich von Epidemiologinnen und Epidemiologen ­ kritisiert, das Bundesamt habe den wissenschaftlichen Empfehlungen in den ersten Wochen der Krise nicht genügend Beachtung geschenkt und der Bund habe es versäumt, rechtzeitig ein wissenschaftliches Beratungsorgan einzusetzen. Sowohl die Vertreter des BAG als auch die Mitglieder der wissenschaftlichen Taskforce nahmen dazu gegenüber der GPK-N Stellung. Das BAG erläuterte insbesondere, auf welche Quellen und Kontakte es sich bei der Beurteilung der Situation Anfang 2020 gestützt hatte.

Die GPK-N informierte sich zudem über die Organisation und die Funktionsweise der wissenschaftlichen Taskforce sowie über die Beziehungen zwischen der wissenschaftlichen Taskforce und den Bundesbehörden. Diesbezüglich stellt sich insbeson-

130

Die Beteiligung der Schweiz an den europäischen Warnsystemen im Gesundheitsbereich wird bereits seit mehreren Jahren von der GPK-N verfolgt; siehe insbesondere den Jahresbericht 2019 der GPK und der GPDel der eidgenössischen Räte, Kap. 3.3.2 (BBl 2020 2971, hier 2989).

131 Siehe folgendes Kapitel

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dere die Frage, wie die Empfehlungen der wissenschaftlichen Taskforce in den Empfehlungen und politischen Beschlüssen des BAG und des EDI zur Bewältigung der Krise ­ u. a. im Hinblick auf die Vorbereitung auf die zweite Welle ­ berücksichtigt wurden. Einen weiteren Aspekt stellt die Koordination der öffentlichen Kommunikation zwischen den Mitgliedern der wissenschaftlichen Taskforce und den Bundesbehörden dar.

Zu guter Letzt thematisierte die GPK-N mit den Mitgliedern der wissenschaftlichen Taskforce, welche Lehren aus der Zusammenarbeit zwischen den Bundesbehörden und der Wissenschaft im Hinblick auf die Bewältigung künftiger Krisen gezogen werden können.

Die GPK beschlossen an ihrer gemeinsamen Sitzung von Januar 2021, die PVK mit der Durchführung einer vertieften Evaluation zur Nutzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse durch das BAG in der Krise zu betrauen. Die Grundzüge dieser Evaluation werden im ersten Halbjahr 2021 von der zuständigen Subkommission der GPK-N festgelegt.

Die Kommission behält sich ebenfalls vor, genauer zu untersuchen, auf welche Informationsbasis sich die Bundesbehörden bei bestimmten Gesundheitsmassnahmen stützten. In diesem Zusammenhang beschloss die Kommission im November 2020, sich mit der vom Bund verhängten Quarantänepflicht für Reisende aus sogenannten «Risikoländern» auseinanderzusetzen, nachdem die Wirksamkeit dieser Massnahme öffentlich angezweifelt worden war.132

4.1.5

Management des medizinischen Materials

Das Management wichtiger medizinischer Güter (im Folgenden «medizinisches Material») war einer der zentralen Tätigkeitsbereiche der Bundesbehörden in der Coronakrise, insbesondere in der ersten Welle. Die Schweiz war ­ wie zahlreiche andere Länder auch ­ mit Engpässen und Versorgungsproblemen bei Gütern oder Präparaten konfrontiert, welche für die Gesundheitssicherheit von entscheidender Bedeutung sind (Masken, Schutzausrüstungen, Tests, Medikamente, Impfstoffe usw.).

Die GPK-N nahm diesbezüglich verschiedene Abklärungen vor. Während sich ihre Subkommission EDA/VBS mit den Tätigkeiten der Armeeapotheke in diesem Bereich befasste133 und ihre Subkommission EFD/WBF die Rolle des BWL untersuchte134, setzte sich die Subkommission EDI/UVEK der GPK-N mit der Rolle des BAG beim Materialmanagement auseinander. Sie tauschte sich diesbezüglich ein erstes Mal mit den Vertretern des Bundesamtes aus und liess ihnen im Herbst 2020 eine Reihe zusätzlicher schriftlicher Fragen zukommen.

Die Vertreter des BAG teilten mit, dass sich der Bund gezwungen sah, innert weniger Wochen eine komplette landesweite Infrastruktur für die Versorgung mit Material (Bestellung, Import, Lagerung, Verteilung) zu schaffen. Diese Versorgung obliegt 132

Auslandreisen: Bund wusste, dass Quarantäne wenig bringt. In: NZZ am Sonntag, 1. Nov. 2020.

133 Siehe Kap. 4.6.1 134 Siehe Kap. 4.4.2

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normalerweise den Kantonen und dem Privatsektor, doch der Bund hatte zu Beginn der Krise feststellen müssen, dass die Kantone nur über geringen Lagerbestände an medizinischem Material verfügten. Das Bundesamt erläuterte der Subkommission die Massnahmen, welche der Bundesrat zwischen März und April 2020 ergriffen hatte, um die Versorgung der Schweiz mit medizinischem Material zu gewährleisten. Das BAG wurde insbesondere beauftragt, die Liste der wichtigen medizinischen Güter zu erstellen und zur Unterstützung der Versorgung der Kantone wichtige medizinische Güter zu beschaffen (für diese Beschaffungen sind das BAG und die Armeeapotheke zuständig).135 Der Bundesrat schränkte zudem die Abgabe und den Export bestimmter Medikamente ein und setzte die Importzölle auf medizinischen Gütern aus. Anfang April stellte er einen Antrag auf einen Nachtragskredit für den Kauf medizinischer Güter (130 Millionen Franken für Medikamente und 2,5 Milliarden Franken für sonstige Güter).

Die Vertreter des BAG erläuterten der Kommission, welche Strukturen zur Sicherstellung der Versorgung mit den verschiedenen Arten medizinischer Güter (Medikamente, Impfstoffe, Testmaterial, Schutzausrüstungen usw.) im Laufe des Jahres 2020 eingerichtet, und welche Instrumente zur Planung und zum Bestandsmanagement im Hinblick auf die zweite Welle entwickelt wurden.136 Die Kommission informierte sich zudem darüber, welche Schritte im Hinblick auf die Bestellung von Covid-19Impfstoffen unternommen wurden. Die GPK-N begrüsste die Anstrengungen der zuständigen Bundeseinheiten, die Versorgung der Schweiz mit wichtigen medizinischen Gütern so weit wie möglich zu verbessern.

Die GPK-N thematisierte die Kompetenzverteilung zwischen den am Materialmanagement beteiligten Bundeseinheiten. Das BAG präsentierte der Kommission die Liste der zahlreichen betroffenen Einheiten137 und hob die ausgezeichnete Zusammenarbeit und das grosse Engagement aller Akteure hervor. In den Augen der Kommission bleiben diesbezüglich verschiedene Fragen offen. Sie fragt sich insbesondere, ob die Aufgaben der einzelnen Einheiten klar genug geregelt waren und wie die Koordination zwischen diesen in den verschiedenen Phasen der Krise sichergestellt wurde.138 Ihres Erachtens muss insbesondere die Rolle des BWL bei der Versorgung in der Krise untersucht werden.139 Eine weitere Problematik stellt in den Augen der Kommission die unzureichende Vorbereitung im Bereich des Materialmanagements dar. Die GPK-N hält diesbezüglich

135

136

137

138 139

Coronavirus: Bundesrat regelt Versorgung mit wichtigen medizinischen Gütern; Medienmitteilung des Bundesrates vom 3.April 2020. Siehe auch Verordnung 2 vom 13.März 2020 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19), 4. Abschnitt (Covid-19-Verordnung 2; SR 818.101.24).

Die Kommission nahm insbesondere Kenntnis davon, dass der Bundesrat am 19. Juni 2020 eine interdepartementale Arbeitsgruppe (IDAG) für die Sicherstellung der Versorgung mit medizinischen Gütern und Arzneimitteln in der zweiten Welle eingesetzt hatte, der verschiedene Akteure der Bundesverwaltung angehören.

Gemäss dem Bundesamt gehören dem «inneren Kreis» der betroffenen Bundeseinheiten das BAG, die Armeeapotheke, die Logistikbasis der Armee, Swissmedic, der Koordinierte Sanitätsdienst (KSD), das Ressourcenmanagement des Bundes (ResMaB), das BWL sowie das Labor Spiez an.

Siehe auch Kap. 4.6.1 Siehe Kap. 4.4.2

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fest, dass die Empfehlungen im Schweizer Pandemieplan140 zur Bevorratung mit medizinischem Material nicht befolgt wurden und die Bestände in den Kantonen ganz klar nicht ausreichten, um die Pandemie zu bewältigen, weshalb sich der Bund gezwungen sah, einzugreifen und ein Versorgungssystem einzuführen. Die Kommission hält eine Grundsatzdiskussion zu diesem Thema zwischen Bund und Kantonen für unerlässlich, um sicherzustellen, dass sich eine solche Situation künftig nicht wiederholt, und um die Finanzierung der Bevorratung mit medizinischem Material zu regeln.

Sie wird sich über die Entwicklungen in dieser Angelegenheit auf dem Laufenden halten.

Die Kommission wird im Jahr 2021 weitere Abklärungen zu diesem Thema vornehmen. Auf dieser Grundlage wird sie dann insbesondere bestimmen, welche allgemeinen Lehren zum Management des medizinischen Materials für künftige Krisen gezogen werden können. Sie wird die Ergebnisse der Evaluationen, die in den betroffenen Ämtern zu diesem Thema durchgeführt werden, bei ihren Überlegungen berücksichtigen.

Die GPK-N behält sich allerdings vor, sich vertieft mit den Empfehlungen des BAG zum Maskentragen zu befassen. Die bisweilen widersprüchlichen Aussagen des BAG und des Bundesrates in dieser Angelegenheit wurden verschiedentlich kritisiert.141

4.1.6

Angemessenheit des Schweizer Pandemieplans und des Epidemiengesetzes

Neben den Arbeiten zur Bewältigung der Gesundheitskrise durch das EDI und das BAG (siehe vorhergehende Kapitel) befasste sich die GPK-N auch mit der Angemessenheit des Schweizer Pandemieplans142 und des EpG, die zwei wesentliche Instrumente für die Vorbereitung auf die Covid-19-Krise und für deren Bewältigung darstellen. Im September 2020 zog sie mit den Vertreterinnen und Vertretern des BAG zum ersten Mal Bilanz in dieser Angelegenheit. Dabei ging es um die Erfahrungen in den ersten Monaten der Krise.

Die BAG-Vertreterinnen und -Vertreter präsentierten die grössten Schwachstellen des Pandemieplans, die in der Krise zutage getreten waren, namentlich dessen Fokus auf eine Influenza-Pandemie, die fehlende Verbindlichkeit der Vorschriften zur Vorratshaltung von medizinischem Material143 sowie bestimmte Defizite bei den Krisenmanagementstrukturen. Zudem waren einige Gesundheitsmassnahmen des Bundes zur Bekämpfung von Covid-19 nicht im Pandemieplan vorgesehen. Das BAG informierte die Kommission, dass die ersten Arbeiten zur Revision des Plans in Angriff genom140

Influenza-Pandemieplan Schweiz, 5. aktualisierte Auflage, Januar 2018.

Siehe insbesondere Teil 2, Kap. 10, Schutzmasken und Untersuchungshandschuhe.

141 Zu Beginn der Krise bezweifelten gewisse Verantwortliche des BAG die Nützlichkeit einer allgemeinen Maskenpflicht. Am 22. April 2020 bestätigte der Bundesrat, dass er keine allgemeine Maskenpflicht einführen möchte. Dennoch wurde in der Folge die Maskenpflicht zuerst im öffentlichen Verkehr und anschliessend in verschiedenen öffentlichen Räumen eingeführt.

142 Influenza-Pandemieplan Schweiz, 5. aktualisierte Auflage, Januar 2018.

143 Vgl. Ziff. 4.1.5.

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men wurden und die Schwerpunkte dieser Revision ab 2021 festgelegt und veröffentlicht werden sollen, damit diese voraussichtlich bis Ende 2023 abgeschlossen werden kann.

Was das Epidemiengesetz anbelangt, kam das BAG zum Schluss, dass sich das im Gesetz vorgesehene dreistufige Modell bewährt hat. Der Bundesrat habe so schrittweise auf die Pandemie reagieren können. In den Augen des Bundesamtes wäre es sinnvoll, wenn bestimmte zusätzliche Massnahmen (insbesondere in Bezug auf die Meldepflichten, die Sicherstellung der Spitalkapazitäten, die Kostenregelungen für Tests oder das Materialmanagement) bereits im Rahmen der normalen oder besonderen Lage vorgesehen werden könnten. Zur Bewältigung der zweiten Pandemiewelle wurde ein Teil dieser Punkte provisorisch in das im September 2020 verabschiedete Covid-19-Gesetz aufgenommen. Parallel dazu begann der Bundesrat im Juni 2020 mit den Arbeiten zur Revision des EpG, die ebenfalls 2023 abgeschlossen sein dürften.

Ausserdem nahmen die GPK Kenntnis von einer ersten Evaluation der Umsetzung des EpG144, welche vom BAG in Auftrag gegeben worden war und sich auf den Zeitraum von Juli 2019 bis Juni 2020 bezieht. Die Autoren und die Autorin kommen zum Schluss, dass das EpG insgesamt zweckmässig umgesetzt wird, jedoch Verbesserungen vor allem bei der Digitalisierung des Meldewesens für Epidemien erforderlich sind. Sie formulieren 32 Empfehlungen zuhanden des Bundesamtes und fordern dieses auf, eine vertiefte Analyse zu diesem Thema durchzuführen, da ihre Evaluation den Pandemiezeitraum nur teilweise abdeckt. Das Bundesamt bestätigte Ende 2020, dass die Ergebnisse dieser Evaluation bei der angekündigten Revision des EpG berücksichtigt und vertieft werden.

Die GPK werden die Arbeiten des BAG im Hinblick auf eine Revision des Pandemieplans und des EpG weiterverfolgen. Sie werden sich bei ihren Arbeiten jedoch auf ganz bestimmte Aspekte wie das Management des medizinischen Materials 145, die Zusammenarbeit mit den Kantonen146 oder die Krisenmanagementstrukturen147 konzentrieren. Hierbei behalten sie sich vor, dem Bundesamt punktuelle Anmerkungen zum Pandemieplan und zum EpG zukommen zu lassen.

4.1.7

Massnahmen im Bereich der Sozialversicherungen

Die GPK-N tauschte sich im November 2020 mit Vertreterinnen und Vertretern der Direktion des BSV aus. Diese präsentierten der Kommission die Massnahmen, die angesichts der Coronakrise im Bereich der Sozialversicherungen ergriffen wurden.

Die GPK-N konzentrierte sich bei ihren Arbeiten auf die Umsetzung des Systems des Erwerbsersatzes für Selbstständigerwerbende. Diese Massnahme wurde vom Bundesrat im März 2020 zuerst für Selbstständigerwerbende, Personen in Quarantäne und

144

Situationsanalyse «Umsetzung des Epidemiengesetzes» (EpG), Bericht des Beratungsunternehmens bolz+partner vom 11. Aug. 2020.

145 Siehe Kap. 4.1.5 146 Siehe Kap. 4.1.2 147 Siehe Kap. 4.1.1 und 4.8.1

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Eltern mit Kindern bis zu zwölf Jahren eingeführt148 und schliesslich am 16. April insbesondere auf indirekt betroffene Selbstständigerwerbende (Härtefälle)149 ausgedehnt. Am 1. Juli wurde die Massnahme für verschiedene Kategorien von Selbstständigerwerbenden mit nach wie vor bestehendem Erwerbsausfall bis zum 16. September verlängert.150 Die Unterstützung für Selbstständigerwerbende ist seit September 2020 im Covid-19-Gesetz (Art. 15)151 verankert.

Die Umsetzung des Systems des Erwerbsersatzes für Selbstständige ­ vor allem die geringe Aufsicht des BSV über die Auszahlung der Entschädigung ­ wurde verschiedentlich kritisiert. Einige Medien berichteten darüber, dass gewisse Selbstständigerwerbende die Entschädigung nach der Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit im Sommer 2020 weiter bezogen, da die Unterstützung automatisch für alle Bezügerinnen und Bezüger verlängert wurde, sofern diese nicht ausdrücklich auf die Auszahlung verzichteten.152 Die Vertreterinnen und Vertreter des BSV schilderten der Kommission die Chronologie der Ausarbeitung des Systems des Erwerbsersatzes und dessen grösste Herausforderungen. Sie wiesen insbesondere darauf hin, dass dieses völlig neue System des Erwerbsersatzes innert kürzester Zeit und für einen sehr grossen Bezügerkreis eingeführt werden musste und daher Kompromisse nötig waren, um eine einfache und speditive Umsetzung zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang zeigte sich das Bundesamt über die gute Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Einheiten, die an der Ausarbeitung des Systems des Erwerbsersatzes beteiligt gewesen waren (insbesondere das BSV, das SECO und die EFK), sowie über deren grosses Engagement erfreut.

Das BSV präzisierte, dass es in erster Linie der EFK obliegt, zu kontrollieren, dass es bei den Entschädigungen zu keinen Missbräuchen oder Mitnahmeeffekten kommt, wies aber auch darauf hin, dass bisher relativ wenige Missbräuche festgestellt wurden.

Gemäss den Zahlen des BSV wurden per 1. November 2020 Covid-19-Erwerbsersatzentschädigungen in Höhe von insgesamt 1,96 Milliarden Franken an mehr als 222 000 Personen ­ davon ungefähr 74 000 Selbstständigerwerbende, für welche die Härtefallregelung gilt ­ ausbezahlt. Die Vertreterinnen und Vertreter des Bundesamtes führten jedoch aus, dass die künftige Entwicklung des Systems des Erwerbsersatzes und dessen
finanzielle Auswirkungen weiterhin nur schwer absehbar sind. Die GPK-N nahm zudem Kenntnis von den verschiedenen Evaluationen, welche das Bundesamt nachträglich plant. Diese werden insbesondere die Wirtschaftlichkeit der Entschädigungen und die finanzielle Lage der Selbstständigerwerbenden zum Gegenstand haben.

148 149 150 151

152

Coronavirus: Massnahmenpaket zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen; Medienmitteilung des Bundesrates vom 20.März 2020.

Coronavirus: Ausweitung des Erwerbsersatz-Anspruchs auf Härtefälle; Medienmitteilung des Bundesrates vom 16. April 2020.

Corona-Erwerbsersatz für Selbständigerwerbende wird bis 16. Sept. 2020 verlängert; Medienmitteilung des Bundesrates vom 1. Juli 2020.

Bundesgesetz vom 25. Sept. 2020 über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Gesetz; SR 818.102).

Die Behörden waren vor Missbrauch gewarnt ­ und taten nichts. In: Basler Zeitung, 2. Sept. 2020. Bund verschleudert Steuergelder. In: Blick, 21. Aug. 2020.

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Nach Meinung der GPK-N bleiben verschiedene Fragen in diesem Dossier offen, insbesondere im Zusammenhang mit den geplanten Massnahmen zur Verhinderung von Missbrauch beim Corona-Erwerbsersatz und mit der Beaufsichtigung der Umsetzung durch die zuständigen Bundesbehörden. Die Kommission wird dieses Thema 2021 weiter vertiefen.

Die Vertreterinnen und Vertreter des BSV präsentierten der Kommission zudem andere Massnahmen im Zuständigkeitsbereich des Bundesamtes, welche dieses zur Bewältigung der Krise ergriffen hatte. Sie erläuterten zudem die Prognosen, welche das Bundesamt zu den Auswirkungen der Krise auf die Finanzperspektiven für die Altersund Hinterbliebenenversicherung (AHV), die Invalidenversicherung (AI) und die Erwerbsersatzordnung (EO) erstellt hatte. Die Kommission kam zum Schluss, dass aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht diesbezüglich kein Handlungsbedarf besteht.

4.2

UVEK

4.2.1

Öffentlicher Verkehr

Die GPK-S befasste sich mit den Massnahmen zur Bewältigung der Coronakrise im öffentlichen Verkehr. Im November 2020 tauschte sie sich diesbezüglich mit Vertreterinnen und Vertretern des BAG aus. Diese schilderten ihre Zusammenarbeit mit den Transportunternehmen im öffentlichen Verkehr während der Krise, die sie als sehr positiv beurteilten. Die Vertreterinnen und Vertreter des BAV wiesen insbesondere darauf hin, dass die betroffenen Unternehmen die Massnahmen des Bundesrates rasch und einheitlich umsetzten.

Die Kommission thematisierte mit dem BAV die Massnahmen, die im Rahmen des dringlichen Gesetzes über die Unterstützung des öffentlichen Verkehrs in der Covid-19-Krise153 erarbeitet worden waren. Laut BAV war es eine Herausforderung, einen solchen Gesetzesentwurf innerhalb von weniger als drei Monaten vorzubereiten.

Die GPK-S informierte sich zudem darüber, wie das Bundesamt gedenkt, zu kontrollieren, dass die Unterstützungsgelder zweckkonform eingesetzt werden. Aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht besteht für die Kommission derzeit kein weiterer Handlungsbedarf.

Ferner erkundigte sich die Kommission über die Verhandlungen des BAV über die Finanzhilfe für SBB Cargo, die ebenfalls im Gesetz über die Unterstützung des öffentlichen Verkehrs vorgesehen ist. Im Dezember 2020 teilte das Bundesamt mit, dass eine Absichtserklärung unterzeichnet wurde, welche die Bedingungen für diese Finanzhilfe regelt. Diese Absichtserklärung sieht vor, dass SBB Cargo die Gelder in

153

Bundesgesetz vom 25. Sept. 2020 über die Unterstützung des öffentlichen Verkehrs in der Covid-19-Krise. Dieses dringliche Gesetz sieht eine Unterstützung in Höhe von rund 900 Millionen Franken für die Transportunternehmen im öffentlichen Verkehr vor (BBl 2020 7923, AS 2020 3825). Die entsprechende Referendumsfrist ist am 14. Jan. 2021 ausgelaufen, womit das Referendum nicht ergriffen wurde.

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Anspruch nehmen kann, wenn das Unternehmen auf generelle Preiserhöhungen verzichtet und die bestehenden Angebote 2021 weiterführt.154 Zu guter Letzt diskutierte die GPK-S mit der Vorsteherin des UVEK und mit dem BAV darüber, ob Transportunternehmen im öffentlichen Verkehr Anrecht auf Kurzarbeitsentschädigung haben. Im März 2020 hatte das Bundesamt die subventionierten Unternehmen aufgefordert, Kurzarbeit einzuführen und anzumelden. Diese Massnahme war vom SECO und verschiedenen Dachverbänden der Arbeitswelt stark kritisiert worden. In deren Augen haben die subventionierten Unternehmen keinen Anspruch auf eine solche Leistung. Das BAV erklärte gegenüber der Kommission, weshalb es zum Schluss gelangt sei, dass gewisse Unternehmen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung hätten. Die Vorsteherin des UVEK wiederum wies darauf hin, dass sich bei einer definitiven Verweigerung des Anspruchs auf Kurzarbeitsentschädigung die Frage stellen wird, ob die Transportunternehmen im öffentlichen Verkehr weiterhin in die Arbeitslosenversicherung einzahlen sollen.

Die Kurzarbeitsgesuche der Transportunternehmen im öffentlichen Verkehr ­ namentlich diejenigen von SBB und PostAuto ­ wurden von den zuständigen Kantonsbehörden zum grossen Teil abgelehnt. Die betroffenen Unternehmen legten Rekurs gegen diese Entscheide ein. Die GPK-S wird die Entwicklung in diesem Dossier weiterverfolgen. Sie behält sich vor, dieses Thema nach Abschluss der Rechtsverfahren erneut mit dem UVEK zu diskutieren

4.2.2

Bundesnahe Unternehmen

Die beiden GPK informierten sich im Jahr 2020 regelmässig darüber, wie sich die Coronakrise insbesondere auf die vier grossen bundesnahen Unternehmen auswirkt, die in den Zuständigkeitsbereich des UVEK fallen (Post, SBB, Swisscom, Skyguide).

Im April und November 2020 führten die Kommissionen Gespräche sowohl mit den Vertreterinnen und Vertretern der Bundeseinheiten, welche die Rolle als Eigner dieser Unternehmen wahrnehmen (UVEK, VBS und EFV), als auch mit den Verantwortlichen dieser Unternehmen. Die GPK erkundigten sich in diesem Zusammenhang vor allem nach den Auswirkungen der Krise auf die finanzielle und operative Lage der Unternehmen, nach der Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Unternehmen in der Krise sowie nach den Unterstützungsmassnahmen des Bundes.

154

Bundesamt für Verkehr und SBB Cargo regeln Bedingungen für Corona-Finanzhilfe; Medienmitteilung des BAV vom 3. Dez. 2020.

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Die GPK stellten grundsätzlich fest, dass sich die Coronakrise sowohl finanziell155 als auch operativ156 stark auf die betroffenen Unternehmen ausgewirkt hat. Die Kommissionen zeigten sich erfreut darüber, dass die Unternehmen insbesondere dank dem grossen Engagement ihrer Mitarbeitenden und verschiedenen organisatorischen Massnahmen in der Lage waren, in der Krise einen Geschäftsbetrieb von hoher Qualität aufrechtzuerhalten. Sie halten im Übrigen fest, dass kurz-, mittel- und langfristig zahlreiche Unsicherheiten bezüglich der Auswirkungen der Coronakrise auf diese Unternehmen bestehen.

Ausserdem befassten sich die Kommissionen eingehend mit den bundesrätlichen Unterstützungsmassnahmen zur Sicherstellung des ordnungsgemässen Funktionierens der Unternehmen. Diese Massnahmen sehen einerseits finanzielle Beiträge (z. B.

Hilfsgelder für SBB und PostAuto im Rahmen der Finanzhilfen für den öffentlichen Verkehr157 und finanzielle Unterstützung in Höhe von 400 Millionen Franken für zwei Jahre für Skyguide158) und andererseits einen punktuellen Verzicht auf bestimmte Dienstleistungen der Grundversorgung (z. B. Fahrplanreduktion bei den SBB, vorübergehende Anpassung der Weisungen der Post zur Brief- und Paktzustellung) vor. Die GPK stellten insgesamt fest, dass alle Akteure die Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Unternehmen bei der Bewältigung der Krise als positiv beurteilen.

Die GPK werden sich weiterhin über die Auswirkungen der Krise auf die Unternehmen und über die Umsetzung der Unterstützungsmassnahmen des Bundes informieren. Sie werden diesbezüglich im April 2021 eine neue Lagebeurteilung vornehmen.

4.3

EFD

4.3.1

Umsetzung der Covid-19-Massnahmen an der Grenze

Nachdem die GPK-S im April 2020 verschiedene Aufsichtseingaben erhalten hatte, beschloss sie, sich mit der Umsetzung der Covid-19-Massnahmen an der Grenze zu befassen. Sie beschränkte sich dabei darauf, zu analysieren, wie die EZV in die Entscheidvorbereitung einbezogen wurde und wie sie die Beschlüsse umgesetzt hatte. Sie liess sich mehrfach von Vertretern der EZV orientieren und nahm Kenntnis von internen Dokumenten der EZV. Sie informierte sich zudem über den Ablauf der Ereignisse 155

Die SBB verzeichneten im ersten Halbjahr 2020 einen Corona-bedingten Verlust von 479 Millionen Franken. Bei der Post beliefen sich die Corona-bedingten Einbussen per September 2020 auf schätzungsweise 116 Millionen Franken. Skyguide schätzte seine Verluste für 2020 im November auf rund 190 Millionen Franken. Für die Swisscom fielen die finanziellen Auswirkungen der Gesundheitskrise moderater aus.

156 Skyguide verzeichnete zwischen März und Mai einen Einbruch des Luftverkehrs von 90 % und im Herbst von 70 %. Die Auslastung der Züge der SBB fiel im März um 90 % und lag in der zweiten Welle bei rund 50 %. Bei der Post kam es in erster Linie zu einer deutlichen Zunahme der Paketpost, während sich die Swisscom mit einer starken Beanspruchung ihrer Netze konfrontiert sah.

157 Siehe vorhergehendes Kapitel.

158 Coronavirus: Bundesrat will Skyguide finanziell stabilisieren; Medienmitteilung des Bundesrates vom 12. Aug. 2020.

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und über die Beschlüsse, die auf den verschiedenen Ebenen der EZV und in Zusammenarbeit mit anderen Verwaltungseinheiten und Behörden getroffen worden waren.

Sie hörte ausserdem Vertreterinnen des BJ zur Frage der Recht- und Verhältnismässigkeit der Massnahmen an. Ende Jahr unterhielt sie sich ferner mit dem Vorsteher des EFD, d. h. jenem Departement, dem die EZV angegliedert ist.

Die GPK-S beschloss, sich insbesondere mit den von der EZV ausgesprochenen Bussen, der Kommunikation der EZV während der Krise und der Zusammenarbeit der verschiedenen Behörden sowohl bei der Vorbereitung der Umsetzung der Beschlüsse als auch bei deren praktischen Umsetzung vor Ort zu befassen.

Die Schlussfolgerungen der GPK-S zu diesem Thema dürften im ersten Halbjahr 2021 vorliegen.

4.3.2

Covid-19-Kredite

Die GPK-S wollte wissen, wie der Bundesrat die Covid-19-Überbrückungskredite konzipiert hat, und hörte zu diesem Zwecke Vertreterinnen und Vertreter der EFV, des SECO und des SIF an, d. h. jener Einheiten des Bundes, die für diese Kredite zuständig sind.

Der Bundesrat erteilte der EFV am 13. März 2020 den Auftrag, zu prüfen, wie die besonders betroffenen Unternehmen über die Einführung einer Härtefallklausel unterstützt werden könnten. Die Vorbereitungsarbeiten erfolgten in Zusammenarbeit von EFV, SECO und SIF sowie im Rahmen der Taskforce Wirtschaft 159 und des Ausschusses Finanzkrisen160. Dabei wurden verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten geprüft. Die Arbeitgeberverbände und die Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und -direktoren wurden konsultiert. Innert weniger Tage wurden die Banken einbezogen und dann wurde dem Vorsteher des EFD, der wollte, dass die Bürgschaften per 26. März 2020 starten, ein Vorschlag unterbreitet.

159

Ip. Binder «Einsetzung einer Taskforce «Corona und Wirtschaft» zwecks eines schnellen und nachhaltigen Wiederaufbaus der Wirtschaft während und nach der Corona-Krise» vom 6. Mai 2020 (20.3435); Die Taskforce Wirtschaft wird vom SECO geleitet und in ihr ist neben den Fachämtern auch die Nationalbank vertreten. Sie koordiniert bundesweit die Wirtschafts- und Finanzpolitik.

160 Memorandum of Understanding vom 2. Dez. 2019 zur tripartiten Zusammenarbeit im Bereich Finanzstabilität und Finanzmarktregulierung zwischen den für Finanzmarktfragen zuständigen Schweizer Behörden EFD, Finma und SNB. Der Ausschuss Finanzkrisen setzt sich zusammen aus dem Direktor oder der Direktorin der Finma, der bzw. die den Ausschuss leitet, der Staatsekretärin oder dem Staatssekretär des EFD, dem Vizepräsidenten oder der Vizepräsidentin des Direktoriums der SNB und dem Direktor oder der Direktorin der EFV. Bei Bedarf tagt das Lenkungsgremium des Ausschusses, welches sich zusammensetzt aus dem Vorsteher oder der Vorsteherin des EFD, der bzw. die das Gremium leitet, dem Präsidenten oder der Präsidentin des Direktoriums der SNB, dem Präsidenten bzw. der Präsidentin des Bankrates der SNB und dem Präsidenten oder der Präsidentin der Finma.

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Der Bundesrat fällte seinen Beschluss über die Einführung der vom Bund verbürgten Sonderkredite am 25. März 2020 und verankerte diesen in der Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung161. Ziel dieser Politik war es, den Unternehmen während rund drei Monaten über Liquiditätsprobleme hinwegzuhelfen, die durch Kosten verursacht werden, die nicht mit den Löhnen in Zusammenhang stehen, da die Löhne je nach Fall über die Kurzarbeitsentschädigungen gedeckt werden können.162 Der Bundesrat stützte sich bei der Einführung der neuen Kredite auf bereits existierende Verfahren und Strukturen im Bereich der Bürgschaften.163 Die Verfahren wurden allerdings stark vereinfacht durch das Prinzip einer Selbstdeklaration über die Plattform Easygov164, welche auf die strafrechtlichen Folgen von Verstössen gegen die Kreditbedingungen hinwies. Auch die direkte Vergabe der verbürgten Kredite durch die Banken führte zu einer Vereinfachung und Beschleunigung, da die Kreditnehmer normalerweise zunächst an die Bürgschaftsorganisation herantreten müssen, bevor sie sich an ihre Bank wenden können. Der Bundesrat liess ausserdem zu, dass im Zeitraum, in dem diese Kredite beantragt werden konnten, d. h. vom 26. März bis zum 31. Juli 2020, ausnahmsweise auch Postfinance solche Kredite vergeben durfte.165 Nach Ansicht des SECO und der EFV trug diese Bestimmung zum Erfolg dieser Massnahme bei, da auf diese Weise zahlreiche KMU, die Postfinance-Kunden sind, an die Kredite gelangten.

Das reguläre Bürgschaftssystem konnte laut SECO rasch und erfolgreich so angepasst werden, dass die Bearbeitung der erheblichen Zahl an Kreditgesuchen möglich war.

Üblicherweise gibt es für die Bürgschaftskredite zugunsten von KMU rund 1 800 Gesuche pro Jahr. Im Jahr 2020 wurden fast 136 000 Kreditgesuche in Höhe von insgesamt 16,9 Milliarden Franken gestellt.166 Die Gefahr des Missbrauchs wurde von der EFV und vom SECO gemeinsam mit dem BJ und den Banken eingehend diskutiert. In Zusammenarbeit mit der EFK und der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) führten die EFV und das SECO eine Reihe von Instrumenten zur Überprüfung und zum Vergleich der Daten ein, um so eine nachtägliche Kontrolle der Gesuche zu ermöglichen. So kann z. B. anhand der obligatorischen und für jedes Unternehmen spezifischen Unternehmensidentifikationsnummer (UID)167 über die gemeinsame
Datenbank der Bürgschaftsorganisationen (JANUS) überprüft werden, ob ein Unternehmen bereits ein Kreditgesuch gestellt hat.

Die EFV erachtet das System zur Kontrolle der Covid-19-Kredite für angemessen und z. B. nicht mit jenem für Hochseeschifffahrtsbürgschaften168 vergleichbar. Das Vergabeverfahren unterscheide sich deutlich und es würden deutlich mehr Kontrollen 161

162 163 164 165 166 167 168

Verordnung vom 25. März 2020 zur Gewährung von Krediten und Solidarbürgschaften infolge des Coronavirus (Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung, Covid-19-SBüV; SR 951.261).

Vgl. Ziff. 4.4.1.

Vgl. Bundesgesetz vom 6. Okt. 2006 über die Finanzhilfen an Bürgschaftsorganisationen für KMU (SR 951.25).

www.easygov.ch Art. 19 Abs. 1 der Covid-19-SBüV https://covid19.easygov.swiss/ (abgerufen am 1. Dez. 2020) www.bfs.admin.ch > Register > Unternehmensregister > Unternehmens-Identifikationsnummer (UID) (abgerufen am 1. Dez. 2020).

Hochseeschifffahrts-Bürgschaften. Bericht der GPK vom 26. Juni 2018 (BBl 2018 6205).

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zu den Covid-19-Krediten durchgeführt. Im Übrigen erstatte die EFK regelmässig Bericht über allfällige Probleme.169 Es wurde allerdings hervorgehoben, dass die nachträglichen Kontrollen beim im März 2020 eingeführten vereinfachten Verfahren schwieriger sind als beim üblichen Verfahren, da sie komplexer sind und mehr Ressourcen benötigen. Deshalb erachtet die EFV eine dauerhafte Vereinfachung der üblichen Bürgschaftsverfahren nach dem Vorbild der Covid-19-Kredite nicht für sinnvoll.

Die GPK-S wird dieses Thema 2021 weiter vertiefen und sich in den nächsten Monaten mit dem Konzept des SECO170 zur Missbrauchsbekämpfung befassen.

4.3.3

Bundespersonal

Die GPK organisieren jedes Jahr ein Gespräch mit den Sozialpartnern des Bundes, dem Eidgenössischen Personalamt (EPA) sowie den Personalabteilungen der verschiedenen Departemente und der Bundeskanzlei. Im Jahr 2020 fand dieser Austausch Anfang November statt, wodurch darauf zurückgeblickt werden konnte, welche Folgen die Covid-19-Krise bisher für das Bundespersonal hatte.

Die GPK sprachen die hohe Arbeitsbelastung an, der die Mitarbeitenden einiger Departemente und Bundesämter im Frühling ausgesetzt waren. In dieser Phase mussten viele Verwaltungseinheiten sehr schnell auf Homeoffice umstellen. Aus technischer Sicht gelang diese Umstellung zumeist ohne Probleme.

Abhängig von den jeweiligen Strukturen und Aufgaben waren die Herausforderungen in den Departementen sehr unterschiedlich. Einige Verwaltungseinheiten waren stark ausgelastet, andere konnten ihre Ressourcen auf prioritäre Bereiche (namentlich die Hotlines) konzentrieren und wiederum andere benötigten vermehrt die Unterstützung externer Mitarbeitender.

Die GPK-S erfuhr im Laufe des Sommers von den Plänen des Bundesrates, die Weiterentwicklung der flexiblen Arbeitsformen in der Bundesverwaltung eingehend zu analysieren. In diesem Zusammenhang erteilte der Vorsteher des EFD dem Bundesamt für Informatik (BIT), dem EPA, der ESTV und dem BBL mehrere Aufträge zur Abklärung der offenen Fragen in diesem Bereich. Daraufhin beauftragte der Bundesrat das EFD im September, die Möglichkeiten einer weiteren Ausgestaltung flexibler Arbeitsformen weiter zu vertiefen.171 Das EFD wird bis im ersten Quartal 2021 einen Vorschlag für die zukunftsweisende Ausgestaltung der flexiblen Arbeitsformen vorlegen, der so vollständig wie möglich ist.

169

Die EFK hat mehrere Zwischenberichte zu den Covid-19-Massnahmen des Bundes veröffentlicht. Vgl. www.efk.admin.ch > Publikationen > Öffentliche Finanzen und Steuern (Prüfaufträge 20529c, 20529b, 20529a und 20999 / 20529) (abgerufen am 1. Dez. 2020).

170 Missbrauchsbekämpfung: Prüfkonzept ­ Covid-19-Solidarbürgschaften, 23. Juni 2020, www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > COVID-19 Kredite: Konzept zur Missbrauchsbekämpfung verabschiedet.

171 Weiterentwicklung der flexiblen Arbeitsformen in der Bundesverwaltung; Medienmitteilung des Bundesrates vom 11. Sept. 2020.

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Nebst dem Schwerpunkt zu den Folgen zur Covid-19-Krise informierte sich die GPK auch über Prozesse, Meldemöglichkeiten und Daten zur sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz.

Die GPK werden sich beim nächsten Austausch dieser Art im April 2021 erneut über die Entwicklungen im Personalbereich informieren.

4.3.4

Sonstige Themen des EFD

Die GPK befassten sich mit den Auswirkungen der Covid-19-Krise auch im Rahmen von Anhörungen, die sie mit Vertreterinnen und Vertretern der verschiedenen Verwaltungseinheiten des EFD sowie mit Vertreterinnen und Vertretern des SIF, der FINMA und der SNB zu anderen Geschäften172 durchführten. Sie werden sich weiterhin mit den Folgen der Covid-19-Krise auseinandersetzen und diese mit den Vertreterinnen und Vertretern der verschiedenen Verwaltungseinheiten thematisieren.

4.4

WBF

4.4.1

Kurzarbeitsentschädigung

Die Kurzarbeitsentschädigung (KAE) ist ein Instrument der Arbeitslosenversicherung (ALV), das Arbeitsplätze schützen und Arbeitslosigkeit verhindern soll. Mit der KAE deckt die ALV für einen bestimmten Zeitraum einen Teil der Lohnkosten von Arbeitnehmenden, deren Arbeitszeit reduziert wird, um Entlassungen aufgrund eines kurzzeitigen aber unvermeidbaren Arbeitsausfalls zu verhindern. Die GPK befassten sich bereits mehrfach mit diesem Instrument.173 Der Bundesrat beschloss am 20. und am 25. März 2020 mehrere vom Arbeitslosenversicherungsgesetz174 abweichende Bestimmungen, um den Anwendungsbereich der Kurzarbeit zu erweitern und so die wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19Krise abzudämpfen. So wurde die Voranmeldefrist für die KAE gestrichen175 und ein ausserordentlicher Anspruch eingeführt für Lernende und Personen in arbeitgeberähn-

172 173

Vgl. Ziff. 3.10 und 3.12.

Jahresbericht 2018 der GPK und der GPDel vom 28. Jan. 2019, Ziff. 3.2.2 (BBl 2019 2729, hier 2754); Jahresbericht 2006 der GPK und der GPDel vom 19. Jan. 2007, Ziff. 3.1.5 (BBl 2007 2867, hier 3081); Jahresbericht 2002/03 der GPK und der GPDel vom 23. Jan. 2004, Ziff. 6.1 (BBl 2004 1673, hier 1698); Bericht der GPK vom 23. Mai 2000 über ihre Tätigkeit (Mai 1999/Mai 2000), Ziff. 9 (BBl 2000 4601, hier 4619); Wirksamkeit der Kurzarbeitsentschädigung, Bericht der GPK-N vom 23. Okt. 1998 (BBl 1999 II 1911).

174 Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung vom 25. Juni 1982 (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG; SR 837.0); AS 2020 1075.

175 Art. 8b Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung, eingeführt mit Ziff. I der Verordnung vom 25. März 2020 (AS 2020 1075). Abgeschafft mit Ziff. I der Verordnung vom 12. Aug. 2020 mit Wirkung auf 1. Sept. 2020 (AS 2020 3569).

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licher Stellung sowie deren mitarbeitenden Ehegatten bzw. Ehegattinnen oder eingetragenen Partner bzw. Partnerinnen176. Der Bundesrat ergriff zudem weitere Massnahmen, mit denen die Bearbeitung der Gesuche und die Ausbezahlung der KAE so rasch wie möglich vereinfacht werden sollte.

Die GPK-N hörte zu diesem Thema den Vorsteher des WBF und mehrmals Vertreterinnen und Vertreter des SECO an. Die Kommission informierte sich in diesem Rahmen darüber, wie die Kurzarbeitsbestimmungen vorbereitet und anschliessend vom Bundesrat und der Bundesverwaltung umgesetzt worden waren.

Der Bundesrat fällte diese Entscheide zur Verhinderung eines krisenbedingten Anstiegs der Arbeitslosigkeit und zur Sicherung der Arbeitsplätze auf der Grundlage verschiedener Prognosen und einer Evaluation der KAE von 2017177. Im März 2020 wurden Kurzarbeitsentschädigungen für 1,6 Millionen Beschäftigte bewilligt, im April 2020 stieg diese Zahl auf 1,9 Millionen. Trotz der nie dagewesenen Nutzung der Kurzarbeit stieg die Arbeitslosenquote gemäss den Erhebungen des SECO zwischen Ende Februar und Ende April 2020 von 2,3 auf 3,3 Prozent. Laut SECO ist es auf die ergriffenen Massnahmen zurückzuführen, dass es lediglich zu einem moderaten Anstieg der Arbeitslosigkeit kam. In den Augen der GPK-N ist es derzeit noch zu früh, um die Wirksamkeit dieser Massnahmen zu beurteilen. Sie wird zunächst die Ergebnisse der vom WBF vorgesehenen externen Evaluationen abwarten.

Für den Bundesrat war es laut WBF-Vorsteher wichtig, dass die Massnahmen für die Unternehmen schnell und leicht umzusetzen waren, da die meisten Unternehmen bis dato keinerlei Erfahrung mit dieser Art von Entschädigung hatten. Die GPK-N wollte wissen, ob die Gesuche trotz des vereinfachten Verfahrens, bei dem die Unternehmen weniger detaillierte Angaben machen müssen, ausreichend geprüft werden können.

Der Vorsteher des WBF erklärte, dass das ordentliche Verfahren sicherlich mehr Schutz vor Missbrauch bietet, der Bundesrat und auch die Anwender, d. h. die Kantone und das SECO, aber der Ansicht sind, dass beim vereinfachten Verfahren genügend Kontrollmöglichkeiten bestehen. Angesichts der Schwere und der Unvermitteltheit der Krise habe der Bundesrat eine Interessenabwägung vorgenommen und sich für eine rasche Auszahlung und ein vereinfachtes Verfahren entschieden. Das SECO geht
davon aus, dass rund 4 bis 5 Prozent der Unternehmen Fehler bei der Voranmeldung der Kurzarbeit gemacht haben. Allerdings müsse unterschieden werden zwischen unabsichtlichen Fehlern, die einfach korrigiert werden können, und bewusstem Missbrauch, der nur selten vorkomme und strafrechtlich verfolgt werde.

Die GPK-N erkundigte sich auch nach den vom Bundesrat festgelegten Grundsätzen für die Umsetzung und nach den Strukturen für nachträgliche Kontrollen. Letztere werden vom SECO ­ durch dessen interne Revision und die Revisionsstelle der ALV

176

Vgl. insbesondere die Artikel 1, 2 und 4 der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung (AS 2020 877), abgeschafft mit Ziff. I der Verordnung vom 12.Aug. 2020 mit Wirkung auf 1. Sept. 2020 (AS 2020 3569).

177 Kopp, Daniel/Siegenthaler, Michael: Does Short-Time Work Prevent Unemployment?

Study commissioned by the Supervisory Committee of the Equilibration Fund of the Swiss Unemployment Insurance, 22. Dez. 2017, www.seco.admin.ch > Publikationen und Dienstleistungen > Publikationen > Arbeit > Arbeitsmarktanalyse > Arbeitsmarkt (abgerufen am 26. Nov. 2020).

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­ und von der EFK durchgeführt. Die GPK-N befasst sich im Rahmen ihrer Untersuchung mit den Aufsichtsstrukturen im Allgemeinen. Die Oberaufsicht über die Verwendung der zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel fällt hingegen in die Zuständigkeit der Finanzdelegation.

Das WBF sieht derzeit insbesondere Verbesserungspotenzial im Bereich der Digitalisierung. So müssten die Instrumente verbessert und die Verfahren vereinfacht werden.

Es ist ausserdem der Ansicht, dass der Austausch mit den Sozialpartnern und den Kantonen früher hätte stattfinden müssen.

Die GPK-N wird dieses Thema 2021 weiter vertiefen.

4.4.2

Zweckmässigkeit und Wirksamkeit der wirtschaftlichen Landesversorgung in der Covid-19-Krise

Wenn die Unternehmen nicht mehr in der Lage sind, die Verfügbarkeit der gesellschaftlich und wirtschaftlich notwendigen Güter und Dienstleistungen zu gewährleisten, wird mit gezielten Massnahmen der wirtschaftlichen Landesversorgung (WL) subsidiär in den Markt eingegriffen, um z. B. einen Mangel an lebenswichtigen Gütern oder Dienstleistungen zu beheben.178 Im Frühjahr 2020 wurden mehrfach Massnahmen der WL ergriffen: So wurden z. B. Reserven von Antibiotika und von FFP2und FFP3-Masken auf den Markt gebracht und vorübergehend eine allgemeine Ausnahme vom Nacht- und Sonntagsfahrverbot gewährt, um eine ausreichend rasche Versorgung der Apotheken, der Detailhändler und der anderen für die Landesversorgung wichtigen Unternehmen sicherzustellen.

Die GPK-N hörte zu diesem Thema Vertreter des Bundesamtes für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) an. Sie informierte sich insbesondere über die genannten Massnahmen und über die Ethanolversorgung. In Bezug auf den letzten Punkt nahm sie Kenntnis von der aktuellen Übergangslösung und von der mittelfristig vorgesehenen Lösung zum Aufbau von Pflichtreserven. Die Kommission befasste sich zudem mit der Zusammenarbeit der verschiedenen Einheiten der Bundesverwaltung in der Krise und mit der Koordination zwischen diesen Einheiten. In die Versorgung mit wichtigen Gütern zur Bewältigung einer Pandemie ist eine Vielzahl von Akteuren involviert, darunter die Eidgenössische Kommission für Pandemievorbereitung und -bewältigung (EKP), das Bundesamt für Gesundheit (BAG) 179, die Armeeapotheke180, das BWL und die Kantone.

178

Art. 3 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2016 über die wirtschaftliche Landesversorgung (Landesversorgungsgesetz, LVG, SR 531).

179 Vgl. Ziff. 4.1.1.

180 Vgl. Ziff. 4.6.1.

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Die Kommission behandelte ferner die Angemessenheit der Organisation der WL, die durch eine Delegierte oder einen Delegierten im Nebenamt geleitet181 wird. Diese Organisation wird von den GPK im Rahmen ihrer Inspektion über die Hochseeschifffahrtsbürgschaften überprüft.182 Die Arbeiten der GPK-N werden 2021 fortgesetzt.

4.4.3

Sonstige Themen des WBF

Die GPK-N befasste sich im Rahmen ihrer Abklärungen auch mit den vom Bundesrat im Zusammenhang mit der Covid-19-Krise ergriffenen Massnahmen in den Bereichen berufliche Weiterbildung, Maturitätsprüfungen, Geschäftsmieten und Wohnungsmarkt. Ausserdem thematisierten die GPK die Auswirkungen der Krise auch im Rahmen von Anhörungen, die sie mit Vertreterinnen und Vertretern der verschiedenen Verwaltungseinheiten des WBF sowie mit Vertreterinnen und Vertretern des ETHBereichs, von Innosuisse, der SIFEM AG und des SBFI zu anderen Geschäften durchführte.183 Sie werden die Entwicklungen im Zusammenhang mit der Covid-19-Krise weiterhin verfolgen und dieses Thema mit den verschiedenen Verwaltungseinheiten diskutieren. Die GPK-N thematisierte im Rahmen des Austausches mit den Vertretungen des ETH-Bereiches auch Governance-Fragen im Zusammenhang mit der Beschwerdekommission sowie Fragen zur Diskriminierung von Frauen an den ETH.

4.5

EDA

4.5.1

Informationsbeschaffung durch das EDA-Aussennetz

Die GPK-S hat sich im Rahmen ihrer Untersuchung zum Umgang der Bundesbehörden mit der Covid-19-Krise mit der Rolle des EDA-Aussennetzes bei der Informationsbeschaffung befasst. Die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK-S hat sich mit dem Vorsteher EDA über den Informationsfluss zum Ausbruch und zum Verlauf der Pandemie ausgetauscht und schriftliche Informationen dazu einverlangt. Sie ging der Frage nach, wann und in welcher Form erstmals Informationen über das neue Covid-19-Virus an die EDA-Zentrale und den Bundesrat gelangten, wie diese Informationen verwendet wurden und ob sie in die weiteren Entscheide des Bundesrates einflossen. Sie befasst sich ebenfalls mit der Koordination des EDA mit anderen interessieren Bundesstellen bei der Zurverfügungstellung der Informationen.

Die Subkommission EDA/VBS der GPK-S nahm zur Kenntnis, dass die Schweizer Botschaft in Peking bereits am 8. Januar 2020 erstmals über Fälle einer neuartigen Infektionskrankheit an die Zentrale, namentlich das Krisenmanagementzentrum

181 182

Art. 58 Abs. 2 LVG Administrativuntersuchung WL: Führungs- und Organisationsstrukturen sowie Compliance und Governance sollen überprüft werden. Medienmitteilung des Bundesrates vom 18. Nov. 2020; vgl. auch Ziff. 3.2.1 dieses Berichts.

183 Vgl. Ziff. 3.10 und 3.12.

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(KMZ) EDA berichtete, nachdem Informationen über Kontrollmassnahmen in Taiwan von anreisenden Flugpassagieren aus Wuhan eingegangen waren und erste Staaten ihre Reisehinweise angepasst hatten. Diese Informationen wurden auch dem BAG weitergeleitet. In der Folge berichtete die Botschaft in Peking regelmässig über die Entwicklungen in China an die Zentrale und insbesondere auch an das BAG. Ab Ende Januar berichteten auch andere Aussenvertretungen an die geografischen Abteilungen der Politischen Direktion und der DEA sowie an das KMZ, zunächst punktuell mit Verschärfung der Krise, jedoch in Form von regelmässigen, systematischen Lageberichten. Darin wurde über definierte Themenbereiche (u. a. die generelle Lage im Gastland, Lage von Schweizer Staatsangehörigen im Land, getroffene und geplante Massnahmen vor Ort etc.) Bericht erstattet. Diese Lageberichte erfolgten ab April mittels eines eigens neu eingeführten digitalen Reportingsystems. Sie dienten namentlich der Krisenzelle des EDA dazu, Massnahmen und Instruktionen für das Aussennetz zu erarbeiten, die Eventualplanung für mögliche organisierte Ausreisen von Schweizer Reisenden184 vorzubereiten und für die Koordination mit den Partnerstaaten und deren Krisenmanagementorganisationen.185 Die Kommission nimmt die Einschätzung des EDA zur Kenntnis, wonach der Informationsfluss zwischen dem Aussennetz und der Zentrale als gut erachtet wird. Sie begrüsst die Flexibilität, mit der das EDA bei der Informationsbeschaffung vorgegangen ist. Wo nötig, wurden in sinnvoller Zeit neue Instrumente eingeführt, die sich bewährt haben und auch für künftige Berichterstattungen verwendet werden können.

Für die Kommission blieben dennoch ein paar Fragen unbeantwortet. Während die zuständige Subkommission aufgrund der bisher erhaltenen Informationen keine Hinweise auf Probleme beim Informationsfluss zwischen dem Aussennetz und der EDAZentrale erkannt hat, will sie der Frag nachgehen, wie andere betroffene Bundesstellen (z. B. BAG) mit den Informationen aus den Aussenvertretungen umgegangen sind, ob und wie diese generell bei den relevanten Fachämtern Verwendung finden, ob sie relevante Informationen enthalten und ob und wie sie in die Entscheidfindung miteinfliessen. Eine Antwort des BAG in diesem Zusammenhang ist in der Subkommission EDI/UVEK der GPK-N zum Zeitpunkt
des Verfassens des vorliegenden Berichts noch ausstehend und wird in die weitere Analyse miteinfliessen. Ebenfalls noch offen ist die Frage, inwieweit die Informationen des EDA-Aussennetzes dem BAG halfen, die sich entwickelnde Epidemie einzuschätzen und angemessene Massnahmen zu ergreifen.

4.5.2

Unterstützungsleistungen des EDA

Die GPK-S hat sich im Rahmen ihrer Untersuchung zum Umgang der Bundesbehörden mit der Covid-19 Krise mit den Unterstützungsleistungen des EDA für im Aus-

184

Im Folgenden wird der Ausdruck Schweizer Reisende verwendet. Gemeint sind damit stets Schweizer Staatsbürgerinnen und Bürger sowie Personen mit festem Wohnsitz in der Schweiz.

185 Brief des Vorstehers EDA an die Subkommission EDA/VBS der GPK-S vom 7. Okt. 2020.

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land gestrandete Reisende mit festem Wohnsitz in der Schweiz und Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer befasst. Die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK-S tauschte sich hierzu zunächst mit dem Vorsteher EDA aus und führte anschliessend eine Anhörung mit einer Vertretung der Konsularischen Direktion (KD) und dem KMZ durch.

Die KD ist die zentrale Anlaufstelle für sämtliche konsularische Dienstleistungen. Sie unterstützt das Netz der schweizerischen Vertretungen im Ausland (Botschaften und Konsulate) und betreibt die Helpline EDA. Während der Covid-19 Krise war das KMZ neben der Führung und Koordination der Krisenzelle EDA auch für die Durchführung der Rückholaktion des Bundes zuständig.

Das Auslandschweizergesetz (ASG)186 regelt die Pflichten des Bundes gegenüber Schweizerinnen und Schweizern im Ausland wie auch deren Rechte und Pflichten.

Art. 5 ASG erklärt die Eigenverantwortung zum Grundsatz. Das EDA kann Personen im Ausland unterstützen, wenn diesen nicht zugemutet werden kann oder sie nicht in der Lage sind (z. B. mittels vor Ort verfügbaren Anlaufstellen und Hilfsmöglichkeiten oder ihrer Reiseversicherung), sich selbständig zu helfen. «Der konsularische Schutz, also die Hilfeleistung durch das EDA, kommt erst zum Tragen, wenn die Betroffenen alles Zumutbare versucht haben, um die Notlage selber organisatorisch oder finanziell zu überwinden. Auf die Hilfeleistungen des Bundes besteht kein Rechtsanspruch.»187 Der Subkommission wurde dargelegt, dass sich mit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie die Schweizer Vertretungen im Ausland aber auch die Zentrale in Bern mit erhöhten Erwartungen von Seiten der gestrandeten Reisenden und ihren Angehörigen in der Schweiz konfrontiert sahen, welche die gesetzlich vorgesehenen Dienstleistungen überstiegen.

Mit Ausrufung der ausserordentlichen Lage in der Schweiz am 16. März 2020 forderte der Bundesrat Reisende auf, in die Schweiz zurückzukommen, einerseits, weil immer mehr Flugverbindungen gestrichen wurden und nicht klar war, wie lange eine selbständige Rückreise noch möglich sein werde. Andererseits sollten aber auch die Gesundheitssysteme der anderen Länder nicht zusätzlich durch erkrankte Reisende aus der Schweiz belastet werden.188 Entsprechend dem Grundsatz der Eigenverantwortung, wurden Reisende im Ausland in einer ersten Phase deshalb
aufgefordert, selbständig zurückzukehren. Die Vertretungen vor Ort boten Unterstützung bei der Suche nach freien Plätzen auf den noch vorhandenen Fluglinien an. Gleichzeitig wurde das Aussennetz darauf vorbereitet, Unterstützung für diejenigen anzubieten, die nicht mehr selbstständig heimkehren konnten. Die Aussenvertretungen nahmen wichtige Arbeiten bei Rückholaktionen wahr, stellten Informationen vor Ort zur Verfügung und führten Verhandlungen mit lokalen Behörden, um bspw. eine Landeerlaubnis für Rückholflüge zu erlangen. Ausserdem waren sie die Ansprechpartner für Reisende und bedienten diese, wo nötig, 186

Bundesgesetz über Schweizer Personen und Institutionen im Ausland vom 26. Sept. 2014 (Stand 1. Jan. 2018), (Auslandschweizergesetz, ASG, SR 195.1).

187 Eidgenössisches Departement für Auswärtige Angelegenheiten: Hilfe im Ausland www.eda.admin.ch > Reisehinweise und Vertretungen > Länderunabhängige Reiseinformationen > Hilfe im Ausland (Stand: 30. Okt. 2020).

188 Schweizer Reisende im Ausland sollen sich auf der «Travel Admin App» registrieren, Medienmitteilung des Bundesrates vom 19. März 2020.

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mit Notdarlehen. Eine zentrale Rolle kam auch den rund 210 Honorarvertretungen zu.

Sie unterstützen die offiziellen Vertretungen des EDA indem sie wichtige Beziehungen zu lokalen Behörden und Vertretern insbesondere aus Wirtschaft, Handel und Kultur herstellen und pflegen. Des Weiteren sind sie durch ihr Kontaktnetz auch ein wichtiges Bindeglied bei der Bewältigung von Krisen- und Konsularschutzfällen. Sie stellten die Information und Unterstützung insbesondere auch in abgelegenen Gebieten ohne offizielle Schweizer Vertretung sicher.189 Die Rückholaktion begann offiziell am 22. März und dauerte rund fünf Wochen. Insgesamt fanden 35 vom EDA organisierte Rückflüge statt. Überdies wurden vier EDASonderbusse nach Brüssel Wien und Paris entsandt, 21 Zubringerflüge und 47 Bustransporte organisiert, wo für Reisende keine Möglichkeit vorhanden war, zu einem internationalen Flughafen zu gelangen. Insgesamt wurden 7255 Reisende in die Schweiz zurückgeholt. Neben Schweizer Reisenden wurden u. a. auch Personen aus Nachbarstaaten transportiert. Bereits im Januar fanden erste Rückholaktionen aus China statt, welche durch Frankreich organisiert wurden.190 Insgesamt wurden rund 3000 Schweizer Reisende durch Drittstaaten nach Hause geflogen. Ein Grossteil der Rückführungen fand aus Asien statt. Die Rückführungsaktion kostete insgesamt rund 10 Millionen Franken. Der Bund hatte die Finanzierung der Flüge vorgezogen, um eine schnellstmögliche Rückführung sicherstellen zu können. Es wurde allerdings von Anfang an kommuniziert, dass die Passagiere sich an den Transportkosten beteiligen müssen. Die Passagiere mussten zudem eine Einverständniserklärung für die Kostenbeteiligung abgeben. Die Flüge wurden den zurückgeholten Personen zu Pauschalkosten, die sich nach der Länge der Flugstrecke richteten, in Rechnung gestellt.191 Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts wurde ein Grossteil der Rechnungen beglichen.192 Die Kommission hat zur Kenntnis genommen, dass das EDA künftig ein System prüft, das Passagiere verpflichtet, das eigene Flugticket selber zu reservieren und im Voraus zu bezahlen. Das nachträgliche in Rechnung stellen der Flugtickets und die damit zusammenhängende Bearbeitung hat einen äusserst ressourcenaufwändigen Prozess mit sich gebracht, der künftig vereinfacht werden soll.193 Ausserdem ist es bei der
Verrechnung der Transportkosten zu zahlreichen Rückfragen gekommen, u. a., weil gewisse EU- und insbesondere die Nachbarstaaten teilweise günstigere Tarife gewährt haben. Dies hat bei gewissen Reisenden zu Unverständnis geführt. 194 Die Kommission hat Verständnis dafür, dass gewisse Entscheide rasch gefällt werden mussten. Für künftige vergleichbare Fälle wäre eine engere Koordination mit den Nachbarstaaten anzustreben. Die Kommission begrüsst, dass das EDA vorsieht, aus 189 190 191

192

193 194

Protokoll der Sitzung der Subkommission EDA/VBS der GPK-S vom 19. Aug. 2020 Protokoll der a. o. Direktorenkonferenz Bundesstab für Bevölkerungsschutz vom 31. Jan. 2020.

EDA-Krisenmanagement Covid-19, Lessons Learned: Erkenntnisse Erste Phase der Krisenbewältigung (Januar bis Mai 2020), Bericht zuhanden des Departementsvorstehers vom 17. Aug. 2020 (im Folgenden: Bericht Lessons Learned).

Protokoll der Sitzung der Subkommission EDA/VBS der GPK-S vom 26. Okt. 2020; Von den im Sommer 2020 7183 ausgestellten Rechnungen wurden per 11. Jan. 2021 6268 Rechnungen bezahlt.

Bericht Lessons Learned.

Protokoll der Sitzung der Subkommission EDA/VBS der GPK-S vom 19. Aug. 2020.

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den gemachten Erfahrungen Lehren für künftige ähnliche Situationen zu ziehen. Sie unterstützt ebenfalls die Bemühungen des EDA, die betroffenen Fachämter (bspw.

BAG, SEM, Fedpol) und Schlüsselpartner (bspw. Fluggesellschaften, Reiseverbände, Flughafenpolizei) stärker zu integrieren, um eine gesamtheitliche Bearbeitung von Repatriierungsaktionen sicherstellen zu können.195 Die Kommission erachtet es dennoch als prüfenswert, ob aufgrund der gemachten Erfahrungen gemeinsame Prozesse und Rollenaufteilungen für einen erneuten Krisenfall zu definieren sind. Die zuständige Subkommission wird im Rahmen ihrer Untersuchung zum Krisenmanagement des EDA nochmals darauf zurückkommen.

Ein wichtiges Instrument, um die Übersicht über Personen, die sich im Ausland befinden, zu erhalten, stellt die Travel Admin App des EDA dar. Das EDA rief Reisende dazu auf, ihre Reise und ihren aktuellen Aufenthaltsort auf der App zu erfassen, um diese Informationen im Notfall mit dem EDA teilen zu können. Obwohl die App bereits seit längerem existiert196 und genutzt wird, war die Covid-19-Pandemie der Härtetest für das Instrument. Trotz kleineren Mängeln habe sich die App aus Sicht des EDA bewährt. Die erkannten Lücken wurden behoben und die App im Herbst 2020 neu lanciert.197 Ein weiteres wichtiges Instrument im Umgang mit der Pandemie war die Helpline EDA. Sie existiert seit 2011 und ist die zentrale Informationsauskunft bei Fragen zu konsularischen Dienstleistungen. Zu Beginn der Covid-19 Krise diente sie als allgemeine Anlaufstelle für Auskünfte im Zusammenhang mit der Pandemie. Bevor die Helplines des BAG (für gesundheitsbezogene Fragen) und des SEM (für Migrations- und Einreisefragen) operationell waren, übernahm die Helpline EDA alle eingehenden Anfragen zu Covid-19. Dies führte zu einer kurzzeitigen Überlastung der Helpline. Daraufhin wurde das Personal aufgestockt, von normalerweise 13 auf zwischenzeitlich 100 Personen im Rotationssystem. Die Personalaufstockung konnte EDA-intern erfolgen, indem Personen aus anderen, weniger ausgelasteten Direktionen für den Einsatz bei der Helpline eingesetzt wurden.198 In der Krise ist eine klare und zeitnahe Kommunikation zentral. Das EDA hat auf der Grundlage des Lessons-Learned-Berichts die Erkenntnisse aus der ersten Phase der Krisenbewältigung analysiert, darunter auch die
interne und externe Kommunikation.

Aufgrund der Erkenntnisse wurde u. a. beschlossen, die Praxis zu den Reisehinweisen zu überprüfen. Die Kommission begrüsst diese Prüfung und wird vom Resultat zum gegebenen Zeitpunkt Kenntnis nehmen.

Das EDA ist es gewohnt, auf Krisen im Ausland zu reagieren. Die Covid-19-Pandemie stellte aufgrund ihres gleichzeitigen und weltweiten Charakters aber eine nie dagewesene Herausforderung dar. Die Subkommission anerkennt die Leistung der EDA Zentrale wie auch der offiziellen Aussenvertretungen und Honorarkonsulate bei den Unterstützungsleistungen für Schweizer Reisende und Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer. Sie haben innert kurzer Zeit die bisher grösste Rückholaktion professionell auf die Beine gestellt, während die Mitarbeitenden in allen Ländern mit den 195 196 197 198

Bericht Lessons Learned.

Es handelt sich dabei um die Nachfolger-App von itineris.

Protokoll der Sitzung der Subkommission EDA/VBS der GPK-S vom 19. Aug. 2020.

Protokoll der Sitzung der Subkommission EDA/VBS der GPK-S vom 19. Aug. 2020.

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lokalen Einschränkungen umgehen mussten. Gleichzeitig erbrachten die EDAMitarbeitenden Dienstleistungen, die über dem gesetzlichen Auftrag hinausgingen.

Die Kommission erkennt derzeit keinen unmittelbaren Handlungsbedarf aus Sicht der Oberaufsicht. Sie behält sich vor, auf einzelne Punkte in Zusammenhang mit den Unterstützungsleistungen des EDA im Rahmen ihrer Untersuchung zur Handhabung der Covid-19-Pandemie durch die Bundesbehörden zurückzukommen.

4.6

VBS

4.6.1

Rolle der Armeeapotheke

Die GPK-N hat sich im Rahmen ihrer Untersuchung zum Umgang der Bundesbehörden mit der Covid-19 Krise mit der Rolle der Armeeapotheke befasst. Die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK-N hat dazu einerseits den Chef der Armee (CdA) und eine Vertretung des Generalsekretariats des VBS angehört. Andererseits hat sie auch eine Anhörung mit einer Vertretung der Taskforce Beschaffungskoordination des VBS sowie der Armeeapotheke durchgeführt und schriftliche Informationen eingeholt. Sie ging der Frage nach, wie die Armeeapotheke mit dem erweiterten Auftrag umgegangen ist, wie die Beschaffung von medizinischen Hygiene- und Schutzgütern (Masken, Desinfektionsmittel, Beatmungsgeräte etc.) vonstattenging und was unternommen wurde, um die Versorgung der Armee und des Gesundheitswesens sicherzustellen. Im Folgenden werden die ersten Erkenntnisse der bisherigen Arbeiten dargelegt.

Die Armeeapotheke ist verantwortlich für die Sicherstellung der materiellen Bereitschaft der Armee mit Sanitätsmaterial und ist zentrale Beschaffungsstelle für medizinische Güter für die Bundesverwaltung. Die Covid-19 Verordnung 2 sieht vor, dass der Bund die Kantone und ihre Gesundheitseinrichtungen, gemeinnützige Organisationen und Dritte bei der Versorgung mit wichtigen medizinischen Gütern, welche nicht auf dem normalen Beschaffungsweg eingekauft werden können, unterstützen kann. 199 Zu Beginn der Pandemie war die Versorgungslage in der Schweiz insbesondere bei Masken und Desinfektionsmitteln kritisch. Es fehlten aber auch andere medizinische Güter. Auf dem Markt waren Angebote für medizinische Güter zwar vorhanden, allerdings waren dieses teilweise innert Stunden vergriffen. Dadurch war eine schnelle Reaktion und Flexibilität bei geeigneten Angeboten nötig. Der Bundesrat beauftragte die Armeeapotheke am 20. März 2020, die Versorgung des Schweizer Gesundheitswesens mit medizinischen Gütern für eine Durchhaltefähigkeit von 60 Tagen sicherzustellen. Dafür wurde ein Kredit von über 350 Millionen Franken gesprochen. Dieser wurde mit Bundesratsbeschluss vom 8. April um 2,1 Milliarden Franken erhöht, um die Versorgung des Gesundheitswesens für eine Dauer von 120 Tagen bis zum 30. August sicherzustellen.200 Das BAG definierte eine Liste mit Mangelgütern und

199

Vgl. Art. 4f Abs. 1 Verordnung 2 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19) vom 13. März 2020 (SR 818.101.24).

200 Bundesratsbeschluss vom 8. April 2020, Nachmeldung zum Nachtragskredit I 2020 für dringliche Beschaffungen von Sanitätsmaterial zur Bekämpfung der Corona-Pandemie.

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der zu beschaffenden Menge.201 Die Liste umfasst u. a. persönliche Schutzausrüstungen, Hygienemasken, FFP2-Masken, Desinfektionsmittel, Beatmungsgeräte, Labormaterial und Arzneimittel. Der Auftrag an die Armeeapotheke lautete, die vom BAG vorgegebene Menge an Schutzmasken zu beschaffen, «so dass möglichst viele Menschen in der Schweiz mit solchen ausgerüstet werden können.»202 Ausserdem wurde der Beschaffungskoordinator VBS beauftragt, die inländische Maskenproduktion voranzutreiben.

Die Armeeapotheke verfügt über die geeignete Grundorganisation und Kenntnisse im Bereich der Beschaffungen von medizinischem Material. In einem Jahr ohne besondere Vorkommnisse kauft sie über Ausschreibungen und Rahmenverträge Güter für rund 8 Millionen Franken ein. Der Auftrag zur Beschaffung der Mangelgüter lag jedoch ein Vielfaches darüber.203 Für diese Zusatzaufgaben waren die Prozesse der Armeeapotheke weder ausgerichtet, dimensioniert, ressourciert noch vorbereitet. Die Leistungsfähigkeit wurde erheblich überdehnt und die vorhandenen Schwächen der Organisation offenbart.204 Die Armeeapotheke besteht aus den Kerngeschäften Pharmaproduktion, Entwicklung, Einkauf und Logistik medizinischer Güter. Während die übrigen Kerngeschäfte bisher ohne grössere Probleme verlief, zeigten sich bei der Bereitstellung und logistischen Versorgung der Armee im Rahmen der Mobilmachung Schwierigkeiten. Die Subkommission EDA/VBS der GPK-N thematisierte diese Herausforderungen im Rahmen ihrer Anhörung mit dem CdA und dem stellvertretenden Generalsekretär des VBS. Sie nahm dabei Kenntnis von den Massnahmen, die ergriffen wurden, um die erweiterten Aufgaben im Zuge der Pandemiebekämpfung abwickeln zu können. Zunächst wurde die Logistikabteilung der Armeeapotheke mit Personal aus der LBA, dem Armeestab, der Miliz sowie von Beschaffungsspezialisten der Armasuisse und des BBL unterstützt. Gemäss Aussage des CdA arbeitete ein Teil der Geschäftsleitung der Armeeapotheke aufgrund von gesundheitlichen Bedenken von zu Hause. Dadurch sei die Führungsfähigkeit eingeschränkt gewesen.205 Aus diesem Grund wurde ein Manager eingesetzt, der sich um das Tagesgeschäft der verschiedenen Einheiten der Armeeapotheke kümmerte. Ausserdem wurde die Krisenorganisation hochgefahren, ein Beschaffungskoordinator VBS und die Taskforce Beschaffungskoordination Corona
VBS eingesetzt. Im Hinblick auf eine allfällige zweite Pandemiewelle beschloss der CdA in Absprache mit der Departementsführung schliesslich, die Armeeapotheke erneut der LBA zu unterstellen, nachdem sie rund zwei Jahre organisatorisch im Armeestab angesiedelt war. Die Subkommission nahm zur Kenntnis, dass es sich dabei nicht um einen kurzfristigen Entscheid handelte, sondern dieser Schritt schon länger geprüft wurde. Aufgrund der Herausforderungen der Pandemie musste dieser Prozess allerdings beschleunigt werden. Mit der Eingliederung in die LBA gelang es, die Logistikprozesse zu stärken. Gemäss ersten Einschätzungen des VBS konnten dadurch auch viele der festgestellten Beschaffungsprobleme gelöst und die Armee201 202

Vgl. Anhang zur Covid-19-Verordnung 2.

Bundesratsbeschluss vom 8. April 2020, Nachmeldung zum Nachtragskredit I 2020 für dringliche Beschaffungen von Sanitätsmaterial zur Bekämpfung der Corona-Pandemie.

203 Protokoll der Sitzung der Subkommission EDA/VBS der GPK-N vom 17. Aug. 2020.

204 Brief CdA an Subkommission EDA/VBS der GPK-N vom 20. Okt. 2020.

205 ebenda

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apotheke für die weiteren Aufgaben in Zusammenhang mit der Bewältigung der Covid-19-Pandemie vorbereitet werden. Die Subkommission nahm ausserdem vom neu geschaffenen Posten des Chefapothekers der Armee Kenntnis. Dieser wurde als fachliche Vorgabestelle im Armeestab integriert (ähnlich wie der Posten des Oberfeldarztes) und wird vom ehemaligen Chef der Armeeapotheke bekleidet. 206 Hinsichtlich der Beschaffung von Schutzmasken nahm die Subkommission zur Kenntnis, dass Ende März 2020 Einkäufe auf dem ordentlichen Beschaffungsweg fast unmöglich waren. Gleichzeitig spitzte sich die Versorgungssituation im Schweizer Gesundheitswesen zu. Ab Ende März setzte die Armeeapotheke die Beschaffungsstrategie um,, nur zertifizierte Produkte in grossen Mengen und mit erfolgter Qualitätskontrolle sowie mit möglichst geringem Aufwand betreffend Logistik und Verpackung zu beschaffen.207 Entscheidend war zudem, wie schnell die Produkte geliefert werden konnten. Gemäss Ausführungen der Anhörungsteilnehmenden, erhielt die Armeeapotheke zwar zeitweise über 3000 Angebote für die Lieferung von Schutzmasken, allerdings habe sich bei einem Grossteil davon schnell herausgestellt, dass entweder das falsche Produkt angeboten wurde, keine Zertifizierung vorhanden war oder die Anbieter gar nicht in der Lage waren, innert nützlicher Frist entsprechende Mengen zu liefern. Die Armeeapotheke prüfte daher bereits früh den Direkteinkauf bei Produzenten in China. Dafür arbeitete sie eng mit der Handelsabteilung der Schweizer Botschaft in Peking zusammen. Ziel war es, neben dem sofortigen Einkauf der Schutzmasken, auch sichere Lieferwege bei künftigen Verknappungen auf dem Weltmarkt zu etablieren. Was die Versorgungslage angeht, verfügt die Schweiz gemäss den Angaben der Anhörungsteilnehmenden mittlerweile über genügend Material bzw. über gefestigte Lieferketten für den Fall einer erneuten weltweiten Verknappung.208 Die Subkommission EDA/VBS der GPK-N liess sich ebenfalls über die Beschaffung von Beatmungsgeräten informieren. Die Vorgabe des Bundesrates aufgrund der Rückmeldungen aus den Kantonen war, 1900 Beatmungsgeräte zu beschaffen. Die Armeeapotheke kaufte zunächst eine Militärversion des Herstellers Hamilton Medical AG. Sie wurde gemäss Auskunft der Anhörungsteilnehmenden gekauft, weil sie insbesondere bei improvisierten Notfallstationen,
welche keine Sauerstoffleitungen und weitere benötigte Infrastrukturen verfügen, die geeignetste Option darstellt und zudem in der Schweiz produziert wurden. Diese Geräteversion stiess bei gewissen Kantonen nach Ende der ersten Welle auf Kritik. Die Subkommission wurde ebenfalls informiert, dass der Hersteller mittlerweile auch sogenannte Konvertierungspakete für die Festinstallation der Geräte kostenlos zur Verfügung stellt. Die Armeeapotheke bereitete die Beatmungsgeräte innert kurzer Zeit nach der Lieferung für die Verteilung auf die Kantone auf. Die Geräte wurden dann i. d. R. durch Angehörige des Zivilschutzes oder, wo es die Dringlichkeit verlangte, auch per Helikopter an die Spitäler

206 207 208

Protokoll der Sitzung der Subkommission EDA/VBS der GPK-N vom 17. Aug. 2020.

Protokoll Krisenstab des Bundesrats Corona (KSBC) vom 25. März 2020.

Stand im August 2020. Protokoll der Sitzung der Subkommission EDA/VBS der GPK-N vom 17. Aug. 2020.

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verteilt. Die Geräte wurden den Spitälern zu einem reduzierten Abgabepreis überlassen.209 Für einen Teil der Geräte wurde eine Mietlösung vereinbart. Trotzt rückgängiger Fallzahlen Anfangs Juni wurden die Kantone angehalten, die bestellten Beatmungsgeräte im Hinblick auf eine zweite Welle zu behalten.210 Im weiteren Verlauf ihrer Untersuchungen zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie wird die Kommission ihr Augenmerk auf die Rechtmässigkeit und Wirtschaftlichkeit bei der Maskenbeschaffung legen.

Die Armeeapotheke ist im Bereich der Beschaffung von und Versorgung mit medizinischen Gütern zwar ein wichtiger, nicht aber der einzige Akteur. Der Bundesrat hat am 19. Juni 2020 eine interdepartementale Arbeitsgruppe (IDAG) für die Sicherstellung der Versorgung mit medizinischen Gütern und Arzneimitteln in der zweiten Welle eingesetzt.211 Sie setzt sich zusammen aus verschiedenen Akteuren des EDI (BAG), WBF (BWL) und des VBS (u. a. Armeeapotheke). Ihre Rolle war es insbesondere, ein Gesamtversorgungskonzept zu erstellen und die Koordination der Prozessschritte wie auch der Aktivitäten der am Prozess beteiligten Institutionen für Beschaffung und Verteilung von medizinischen Gütern und Arzneimitteln sicherzustellen.212 Die Kommission wird sich im Rahmen ihrer Untersuchungen zur Covid-19 Pandemie näher mit der Rolle der IDAG im weiteren Verlauf der Pandemie befassen.

Sie wird sich ausserdem der Koordination zwischen dem BAG, dem BWL, der Armeeapotheke und weiterer Akteure beim Materialmanagement annehmen.

4.6.2

Mobilmachung der Armee

Die GPK-S hat sich im Rahmen ihrer Untersuchung zum Umgang der Bundesbehörden mit der Covid-19 Krise mit der Mobilmachung der Armee befasst. Die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK-N hat sich dazu mit der Vorsteherin des VBS ausgetauscht und eine Anhörung mit einer Vertretung des Kommandos Operationen der Armee durchgeführt. Sie hat sich bei den bisherigen Abklärungen mit der Frage beschäftigt, wie der Prozess der Mobilmachung und der Demobilisierung vonstattenging. Im Berichtsjahr hat sich die Subkommission noch nicht eingehend mit den Einsätzen der Armee zugunsten der zivilen Behörden befasst. Die folgenden Ausführungen beziehen sich deshalb auf die Erkenntnisse betreffend die Mobilmachung und Demobilisierung bei der ersten Welle der Covid-19-Pandemie.

Am 6. März 2020 ermächtigte der Bundesrat das VBS, die Kantone im Rahmen der Gesundheitsversorgung mit maximal 800 Angehörigen des Assistenzdienstes der Armee bis zum 27. März zu unterstützen. Die Armee arbeitet nach dem System der abgestuften Bereitschaft. Damit kann sie den spezifischen Anforderungen eines Einsatzes entsprechend reagieren, ohne ständig ressourcenintensive Reserven bereithalten zu müssen. «In erster Linie werden dazu Berufs- und Bereitschaftsformationen wie auch Truppen, die sich bereits im Dienst befinden, eingesetzt. Diese Truppen können 209 210 211

Protokoll der Sitzung der Subkommission EDA/VBS der GPK-N vom 17. Aug. 2020.

Protokoll BAG Taskforce Corona-Virus vom 5. Juni 2020.

Verordnung 3 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19) vom 19. Juni 2020 (SR 818.101.24).

212 Protokoll der Sitzung der Subkommission EDA/VBS der GPK-N vom 17. Aug. 2020.

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mit Milizformationen, in erster Linie Milizformationen mit hoher Bereitschaft (MmhB), letztlich auch mit allen übrigen Milizformationen, ergänzt werden.»213 Dieser Logik folgend, wurden umgehend bereits im Dienst stehende Truppen für den Transport von infektiösen Patienten im Kanton Tessin eingesetzt.214 Am 12. März 2020 erliess die Armee den Operationsbefehl «CORONA 20», welcher die Grundlage für die daraufhin erfolgte Unterstützung der zivilen Behörden im Gesundheitswesen bildete. Der Operationsbefehl wurde möglichst flexibel ausgestaltet, um eine Ausweitung des Einsatzes zu ermöglichen. Am 16. März 2020 beschloss der Bundesrat, den Assistenzeinsatz bis zum 30. Juni 2020 zu verlängern und auf maximal 8000 Angehörige der Armee (AdA) zur subsidiären Unterstützung des Gesundheitswesens, zur Entlastung der kantonalen Polizeikorps oder zum Schutz und der Kontrolle der Landesgrenze zu erhöhen. Der Assistenzeinsatz wurde von der Bundesversammlung nachträglich bewilligt.215 Ebenfalls am 16. März 2020 wurde die Mobilmachung für einen Grossteil der Verbände der Sanitätstruppen ausgelöst. Innerhalb von 48 Stunden waren die ersten Verbände einsatzbereit, am 22. März 2020 standen die ersten aufgebotenen Truppen zugunsten des Gesundheitswesens im Kanton Waadt im Einsatz. Die verbliebenen Verbände der Sanitätstruppen erhielten gestaffelt bis zum 6. April 2020 ebenfalls ein Aufgebot.216 Die Mobilmachung umfasst das Aufgebot, das Einrücken, die Übernahme der Ausrüstung, das Erstellen der Führungs- und Funktionsfähigkeit und die Organisation der Formation und Grundversorgung im Sanitätsdienst.217 Für die Mobilmachung wurde erstmals der sogenannte eAlarm ausgelöst. Dieses Instrument wurde im Zuge der Weiterentwicklung der Armee eingeführt.218 Zur Übermittlung der Aufgebotsinformationen werden verschiedene Kommunikationskanäle (SMS, Sprachanruf auf Mobile bzw. Festnetz oder E-Mail) nacheinander genutzt.219 Seit Anfang 2019 werden zusätzlich jährliche Testalarme ausgelöst, um die Erreichbarkeit der Armeeangehörigen zu überprüfen.220 Mit diesem Instrument wurden rund 3000 AdA elektronisch mobilisiert. Von diesen quittierten 79 Prozent den Alarm sofort. Innerhalb von 48 Stunden waren 73 Prozent der mit eAlarm aufgebotenen Soldaten eingerückt. Zur Sicherheit erhielten die aufgebotenen AdA auch noch einen Marschbefehl
zugestellt. Insgesamt folgten 91 Prozent der Armeeangehörigen dem Aufgebot.221 Um Abstands- und Hygienevorschriften leichter umsetzen zu können, rückten die aufgebotenen Formationen dezentral und zeitlich gestaffelt ein. Es wurde darauf geachtet, dass die Einrückenden von übrigen Reisenden getrennt wurden und teilweise mit Extrafahrten einrückten.

213 214 215

216 217 218 219 220 221

Reglement Bereitschaft der Armee vom 1. Jan. 2018, S. 9.

Protokoll der Sitzung der Subkommission EDA/VBS der GPK-N vom 8. Okt. 2020.

Bundesbeschluss über den Assistenzdienst der Armee zur Unterstützung der zivilen Behörden im Rahmen der Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie vom 5. Mai 2020 (BBl 2020 4669).

Protokoll der Sitzung der Subkommission EDA/VBS der GPK-N vom 8. Okt. 2020.

Reglement Bereitschaft der Armee vom 1. Jan. 2018, S. 8.

Umsetzung der Weiterentwicklung der Armee. Bericht des Bundesrates gemäss Artikel 149b Absatz 1 des Militärgesetzes vom 7. Juni 2019 (BBl 2019 4961).

Protokoll der Sitzung der Subkommission EDA/VBS der GPK-N vom 8. Okt. 2020.

Umsetzung der Weiterentwicklung der Armee. Bericht des Bundesrates gemäss Artikel 149b Absatz 1 des Militärgesetzes vom 7. Juni 2019 (BBl 2019 4961, hier: 4967).

Protokoll der Sitzung der Subkommission EDA/VBS der GPK-N vom 8. Okt. 2020.

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Als ab Mitte April deutlich weniger Gesuche auf Unterstützung aus den Kantonen eingingen, wurde ein Teil der nicht mehr benötigten Angehörigen der Sanitätstruppen mit einer Bereitschaftsauflage entlassen.222 Die Auflage lautete, dass sie innerhalb von 24 Stunden wieder einrücken können. Am 29. Mai 2020 wurden die Unterstützungsleistungen zugunsten des zivilen Gesundheitswesens abgeschlossen. Für die Entlastung der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) und der kantonalen Polizeikorps verblieben ab diesem Zeitpunkt noch rund 1000 AdA im Assistenzdienst. Bis am 17. Juni wurden auch diese Unterstützungseinsätze beendet und die Truppen entlassen.

Die Subkommission vertiefte die Frage der Systemrelevanz von AdA, welche durch den Assistenzeinsatz in ihren angestammten Berufen fehlten. Sie tauschte sich dazu mit der Vertretung des Kommandos Operationen aus. Die Subkommission nahm zur Kenntnis, dass bei der eigentlichen Mobilmachung die angestammten Berufe oder sonstige Verpflichtungen der AdA nicht berücksichtigt werden können. Dazu erfolgten allerdings vorgelagerte Abklärungen. So konnten sich Personen in spezifischen Berufen (bspw. Polizeibeamte) vom Dienst befreien lassen. Angestellte aus Gesundheitsberufen rückten zahlreich ein. Sie wurden für drei Tage eingesetzt, um AdA mit anderen beruflichen Hintergründen auszubilden. Dadurch konnten konkrete Erfahrungen aus dem zivilen Bereich vermittelt werden. Nach Abschluss dieser Ausbildungen wurden AdA aus dem Gesundheitsbereich wieder in ihre angestammten Berufe entlassen. Bei der Demobilisierung wurde gemäss Aussage der Anhörungsteilnehmenden ebenfalls auf die beruflichen Hintergründe der AdA geachtet.

Über die ganze Einsatzdauer leisteten neun Prozent der Aufgebotenen dem Marschbefehl keine Folge. Aus den Abklärungen der Armee hat sich ergeben, dass die meisten der nicht eingerückten AdA berechtigte Gründe hatten (bspw. medizinische Gründe oder Aufenthalt im Ausland). Die Subkommission wurde informiert, dass schliesslich noch 56 Fälle der Militärjustiz übergeben wurden.223 Die Kommission stellt fest, dass die Mobilmachung mittels eAlarm und nach dem System der höheren Bereitschaft gut funktioniert hat. Sie begrüsst die Flexibilität, mit der die Armee bei der grössten Mobilmachung seit dem zweiten Weltkrieg und unter den Umständen einer Pandemie vorgegangen
ist, namentlich das dezentrale und zeitlich gestaffelte Einrücken der Truppen. Es stellt sich ihr die Frage, ob gerade unter diesen Umständen noch mehr auf die Systemrelevanz sowie auf familiäre Pflegeverpflichtungen der AdA hätte geachtet werden müssen. Die Kommission hat betreffend die Mobilmachung und Demobilisierung der Armee allerdings keinen unmittelbaren Handlungsbedarf aus Sicht der Oberaufsicht erkannt. Sie wird sich im Rahmen ihrer weiteren Untersuchungen zum Umgang der Bundesbehörden mit der Covid-19-Pandemie allenfalls vertiefter mit dem Einsatz der Armee und insbesondere des Sanitätsdienstes befassen. Die EFK führt aktuell eine Evaluation zum Kriseneinsatz der Armee, des Zivilschutzes und des Zivildienstes durch. Die Subkommission wird sich zu gegebener Zeit über die Resultate dieser Untersuchung informieren lassen.

222

Armee entlässt Teile der Sanitätstruppen mit Bereitschaftsauflage. Medienmitteilung des Bundesrats vom 16. April 2020.

223 Protokoll der Sitzung der Subkommission EDA/VBS der GPK-N vom 8. Okt. 2020.

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4.7

EJPD

4.7.1

Grenzschliessungen

Im Rahmen der Covid-19-Inspektion beschloss die GPK-N, das Thema der Grenzschliessungen durch den Bundesrat vertieft zu analysieren. Die Kommission führte hierzu im Oktober 2020 eine erste Aussprache mit der Departementsvorsteherin des EJPD durch.

Am 13. März 2020 wurde die ausserordentliche Lage durch den Bundesrat ausgerufen und die Covid-19-Verordnung II erlassen. Gestützt darauf wurden am 15. März 2020 erste Einschränkungen für Einreisen aus Italien beschlossen. Der Grenzübertritt wurde jedoch nicht gänzlich verboten, so dass Schweizerinnen und Schweizer, Personen mit einer Aufenthaltsberechtigung in der Schweiz und Personen mit dringlichen beruflichen Gründen (bspw. Grenzgängerinnen und Grenzgänger) weiterhin in die Schweiz einreisen durften. Diese Einschränkungen wurden in der Folge auf die weiteren Nachbarstaaten der Schweiz, Spanien und nicht Schengen-Staaten ausgeweitet. Zur Durchsetzung seien die Grenzkontrollen gemäss den Ausführungen der Departementsvorsteherin systematisch durchgeführt und kleinere Grenzübergänge geschlossen worden. Zudem wurden die Kantone angewiesen, die Ausstellung neuer Aufenthalts- oder Grenzgängerbewilligungen nur noch restriktiv zu vergeben. Ein besonderes Augenmerk sollten die Kantone auf Berufe im Landwirtschaftssektor und im Gesundheitsbereich legen.

Gemäss den Aussagen der Departementsvorsteherin war das Ziel der Einschränkungen des Grenzverkehrs, die Verbreitung des Covid-19-Virus in der Schweiz zu verhindern und Übertragungsketten zu unterbrechen, ohne allerdings die Kapazitäten im Gesundheitssystem zu gefährden. Zudem wurde auch festgehalten, dass man unverhältnismässige Einschränkungen verhindern wollte, weshalb in Härtefällen der Grenzübertritt jederzeit möglich gewesen sei.

Am 11. Mai 2020 beschloss der Bundesrat, die Massnahmen bezüglich der Einreisebeschränkungen zu lockern, wobei etwa der Familiennachzug wieder gestattet wurde.

Von da an fand eine schrittweise weitere Lockerung statt. Per 15. Juni 2020 schliesslich wurde die vollständige Personenfreizügigkeit wiedereingeführt und die Grenzkontrollen wieder aufgehoben. Am 6. Juli 2020 wurden zudem die Beschränkungen bei der Zulassung von Arbeitskräften aus Drittstaaten vollständig beseitigt. Das Verbot der Einreise zu touristischen Zwecken und nicht zwingenden Besuchen aus Drittstaaten blieb den
Empfehlungen der EU folgend bestehen.

Die Departementsvorsteherin machte zudem geltend, dass insbesondere in Bezug auf die Lockerungsschritte ein koordiniertes Vorgehen mit den Nachbarstaaten und den weiteren Staaten des Schengen-Raums angestrebt wurde. Diesem Aspekt kam vor allem bei der Öffnung der Schengen-Aussengrenzen eine wichtige Bedeutung zu. Die Vorsteherin zeigte der GPK-N auch auf, gestützt auf welche Überlegungen und welche Informationen die jeweiligen Massnahmen getroffen wurden, so dass etwa die Lockerungen an den Grenzen auf die schrittweise Wiederaufnahme des Wirtschaftslebens abgestimmt worden seien. Dabei stand auch die Reziprozität von Massnahmen im Vordergrund. Sie zeigte sich rückblickend überzeugt, dass die teilweisen Grenzschliessungen notwendig und richtig gewesen seien. Gleichzeitig sei man jedoch auch 96 / 134

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froh darüber gewesen, die Einschränkungen an den Grenzen relativ rasch wieder lockern zu können und zeigte sich auch kritisch gegenüber künftigen Grenzschliessungen. Deshalb setzte der Bundesrat im Nachgang zu den Lockerungen eher auf das Instrument der grenzsanitarischen Massnahmen. 224 Dieser Aspekt solle in erster Linie der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verflechtung in den Grenzregionen Rechnung tragen.

Die GPK-N kam zum Schluss, dass man seitens des EJPD umfassend über die Grenzschliessungen informiert worden ist. Die Frage der Grenzschliessungen ist jedoch expliziter Bestandteil der Auswertung des Krisenmanagements des Bundes, welche durch die BK durchgeführt wurde (vgl. Ziff. 4.8.1). Die GPK-N beschloss deshalb, vorerst auf eine Bewertung der erwähnten Massnahmen zu verzichten und sich im Jahr 2021 nach Vorliegen der Ergebnisse aus dieser Auswertung erneut mit dem Thema zu befassen.

4.7.2

Rolle des BJ

Die GPK-N hat beschlossen, im Rahmen der Aufarbeitung der Massnahmen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie die Rolle des BJ zu untersuchen.

Dabei ging die GPK-N insbesondere zwei Aspekten nach: einerseits dem Einbezug des BJ beim Erlass von Massnahmen im Allgemeinen und andererseits den Grundrechtseingriffen des Bundesrates im Speziellen.

Die GPK-N hörte hierzu den Direktor BJ und zwei Vertreterinnen des BJ an. Der Direktor führte aus, dass bezüglich des Einbezugs des BJ beim Erlass von Massnahmen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie durch den Bundesrat grundsätzlich dieselben Prozesse und Mechanismen zur Anwendung gekommen seien wie im Normalfall. Das heisst, das BJ wurde in seiner Funktion der Rechtsetzungsbegleitung oder der präventiven Rechtskontrolle im Rahmen der Ämterkonsultation beigezogen.

Der Direktor machte jedoch geltend, dass aufgrund der zeitlichen Dringlichkeit die Prozesse etwas angepasst wurden. So etwa hätten die entsprechenden Fachämter oft den Kontakt mit dem BJ bereits vor der formellen Ämterkonsultation gesucht. Aufgrund der kurzen Zeit, welche dem BJ zur Verfügung gestanden habe, habe man oft innerhalb weniger Stunden eine Entscheidung treffen müssen, weshalb unter anderem Verhältnismässigkeitsprüfungen teilweise nur grob hätten durchgeführt werden können.

Das BJ habe auf die neue Situation mit der Einführung eines Krisenstabs reagiert, welcher von der stellvertretenden Direktorin geleitet wurde. Die Erreichbarkeit rund um die Uhr sei so sichergestellt worden. Inhaltlich sei vor allem der Schutz der Grundrechte im Zentrum gestanden, Auf der einen Seite komme dem Staat insbesondere die Pflicht zu, die physische Unversehrtheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Die Erfüllung dieser Pflicht gehe aber mit der Einschränkung anderer Grundrechte einher (die persönliche Bewegungsfreiheit, die Versammlungsfreiheit, die Wirtschaftsfreiheit, die Glaubens- und Gewissensfreiheit, der Anspruch auf Grundschulunterricht 224

Beispielsweise Temperaturmessungen, Gesundheitsfragebögen oder Quarantänemassnahmen.

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und die politischen Rechte). Dieses Spannungsverhältnis galt es jeweils adäquat zu beurteilen.

Der Direktor BJ hielt fest, dass das Epidemiengesetz den Bundesrat zwar dazu ermächtige, wenn es eine ausserordentliche Lage erfordere, für das ganze Land oder für einzelne Landesteile die notwendigen Massnahmen zu treffen. Diese Bestimmung sei aber zu wenig klar bestimmt,225 weshalb sich der Bundesrat auf die polizeiliche Generalklausel berufen musste, bei welcher der Prüfung der Verhältnismässigkeit ein grosses Gewicht zukomme. Vor dem Hintergrund der Epidemie sei diese Prüfung jedoch sehr schwierig gewesen, da man sich ständig auf Annahmen habe stützen müssen, weshalb man einen regen Austausch auch mit Vertretern der Wissenschaft führte.

Als weiteres Problemfeld wurde das Verhältnis zwischen Bund und Kantonen angesprochen. Aufgrund der ausserordentlichen Lage, konnte der Bundesrat Massnahmen in jedem beliebigen Bereich ergreifen. Die konkurrierende Zuständigkeit von Bund und Kantonen meint, dass die Kantone zuständig bleiben, falls der Bund in einem bestimmten Bereich nicht tätig wird ­ ausser es handelt sich um ein qualifiziertes Schweigen seitens des Bundesrates. In diesem Fall dürften die Kantone nicht tätig werden und somit keine eigenen Regelungen erlassen. Die zeitliche Dringlichkeit und die kurzen Fristen in denen die Massnahmen in Kraft gesetzt wurden, verschärften dieses Problem. Der Direktor des BJ verwies dabei jedoch auf die Erläuterungen zu den Verordnungsbestimmungen im Internet und die Medienkonferenzen des Bundesrates und jener auf Fachebene. Diese beiden Instrumente hätten geholfen, das Problem zu entschärfen. In Zukunft müsse man aber eine klarere Kommunikation ins Auge fassen.

Obwohl in der Öffentlichkeit verschiedene Meinungen über die Rechtmässigkeit des Vorgehens des Bundesrates bestehen, fand die GPK-N im Rahmen der Anhörung, auch in Bezug auf die Grundrechtseingriffe, keine Indizien für ein unrechtmässiges Vorgehen seitens des Bundesrates. Die Grundrechtseingriffe erfolgten teilweise unter Abstützung auf Notrecht. Das Thema der Rechtmässigkeit der Anwendung von Notrecht durch den Bundesrat war jedoch Gegenstand einer weiteren Anhörung mit dem Direktor des BJ (vgl. dazu Ziff. 4.7.3). Zudem soll an dieser Stelle weder eine abschliessende noch eine umfassende Bewertung vorgenommen
werden, auch weil Schnittstellen zu weiteren Themen bestehen, die derzeit in den GPK behandelt werden. So wird etwa die GPK-N das Thema der Zusammenarbeit zwischen der Bundesverwaltung und den Kantonen im Bereich der Rechtsetzung und -anwendung ­ insbesondere auch bei den Grundrechtseingriffen ­ im Jahr 2021 vertieft untersuchen.

4.7.3

Rechtmässigkeit der Anwendung von Notrecht

Die GPK-N hat beschlossen, im Rahmen der Inspektion zur Aufarbeitung der Massnahmen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie die Rechtmässig-

225

Die genügende Bestimmtheit der gesetzlichen Grundlage ist bei Grundrechtseingriffen eine wichtige Voraussetzung.

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keit der Anwendung von Notrecht zu thematisieren. Hierzu hörte die GPK-N im November 2020 den Direktor BJ an. Sie interessierte sich im Speziellen auch für die Rechtmässigkeit der Einführung von Vergehenstatbeständen durch den Bundesrat.

Der Direktor BJ führte in das Thema ein, in dem er die verschiedenen Rechtsgrundlagen präsentierte. Er betonte hierbei, dass das Epidemiengesetz (EpG) 226 die Verhütung des Ausbruchs und der Verbreitung übertragbarer Krankheiten bezwecke und nicht etwa, allfällige Folgen davon zu bekämpfen. Der Direktor stellte dabei das dreistufige Modell des EpG und die damit direkt verknüpften Kompetenzen des Bundes vor: die normale Lage, die besondere Lage und die ausserordentliche Lage. Gemäss den Ausführungen konnte der Bundesrat bereits in der besonderen Lage die allermeisten Massnahmen ergreifen, die er tatsächlich ergriffen hatte (Veranstaltungsverbot, Schliessung der Schulen, Verbot bestimmter Aktivitäten an definierten Orten, inklusive lokale oder nationale Lockdowns). Der Vollzug bleibt in der ausserordentlichen Lage in der Kompetenz der Kantone. In der ausserordentlichen Lage kann der Bundesrat über diese Massnahmen hinaus noch zusätzliche Massnahmen erlassen, welche nicht explizit im Gesetz festgeschrieben sind.

Der Direktor BJ hielt fest, dass in ausserordentlichen Situationen der Notrechtskompetenz des Bundesrates (Art. 185 Abs. 3 BV) eine grosse Bedeutung zukomme. Dies bedeutet, dass der Bundesrat direkt gestützt auf diese Bestimmung in der Verfassung Verordnungen und Verfügungen erlassen dürfe, ohne dass ihn dazu eine gesetzliche Bestimmung ermächtige. Zum Verhältnis zwischen Artikel 7 EpG und Artikel 185 Absatz 3 BV hielt der Direktor fest, dass Artikel 7 EpG rein deklaratorischer Natur sei. Bereits die Botschaft zum EpG halte dies fest und verweise unmittelbar auf die Notrechtskompetenz der Verfassung. Aus diesem Grund müsse differenziert werden zwischen jenen Massnahmen, die direkt zur Verhütung des Ausbruchs oder der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erlassen werden und sich direkt auf Artikel 7 EpG stützen lassen und den Sekundärmassnahmen, wie etwa jene zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen. Letztere müssen direkt durch die Notrechtskompetenz gedeckt sein.

Der Bundesrat hat in die Covid-19-Verordnung 2 verschiedene Straftatbestände eingeführt,
um Widerhandlungen gegen verschiedene Massnahmen zu bestrafen. Der Strafrahmen umfasste dabei Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren. Die GPK-N stellte sich die Frage nach der Rechtmässigkeit dieser Einführung, insbesondere vor dem Hintergrund, dass im EpG lediglich Übertretungen vorgesehen sind. Der Direktor BJ führte dazu aus, dass sich dieses Vorgehen direkt auf die Notrechtskompetenz der BV stützte und damit auch legitimiert werden könne. Eine Freiheitsstrafe gelte als schwerer Eingriff in die persönliche Freiheit (Art. 10 BV) und müsse deshalb in einem formellen Gesetz vorgesehen sein. Die Notrechtskompetenz des Bundesrates stelle hierzu jedoch gerade die Ausnahme dar. Dies stelle eine Konkretisierung der polizeilichen Generalklausel dar, welche in Artikel 36 Absatz 1 Satz 3 BV enthalten ist. Diese Praxis wurde in einem früheren Fall auch durch das Bundesgericht geschützt.227 Da Artikel 7 EpG nur deklaratorischen Charakter hat, und in diesem Sinne eine Konkretisierung bzw. einen Anwendungsfall der Notrechtskompetenz darstelle, 226

Bundesgesetz vom 28. Sept. 2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (EpG; SR 818.101).

227 BGE 123 IV 29, hier: 38

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kann der Bundesrat auch gestützt auf Artikel 7 EpG Freiheitsstrafen einführen, wenn es um die Bekämpfung einer Epidemie geht.

Die Tatsache, dass der Ingress der Covid-19-Verordnung II nicht auf die Notrechtskompetenz der Bundesverfassung hinweise, spielt keine Rolle, da dem Ingress keine materielle Rechtskraft zukomme, was ebenfalls der höchstrichterlichen Rechtsprechung entspreche.228 Sowohl der Strafrahmen als auch die Strafe im Einzelfall müssen einer Überprüfung der Verhältnismässigkeit standhalten. Die Berechnung der genauen Strafe im Einzelfall werde jedoch von den Gerichten festgelegt und sie ist dem Notrecht entzogen, da dieses die Gewaltenteilung nur zwischen Exekutive und Legislative durchbreche, nicht aber zur Judikative.

Die GPK-N beschloss im Nachgang zur Anhörung, der SPK-N in einem Brief verschiedene Fragestellungen vorzulegen, mit der Bitte, diese in die weiteren Arbeiten der SPK im Zusammenhang mit der Abklärung eines gesetzgeberischen Handlungsbedarfs aufgrund der Covid-19-Pandemie aufzunehmen. Wie an anderer Stelle bereits vermerkt, wird vorliegend auch in Bezug auf die Rechtmässigkeit der Anwendung von Notrecht durch den Bundesrat keine abschliessende bzw. umfassende Bewertung vorgenommen, da verschiedene Arbeiten der GPK derzeit noch nicht abgeschlossen sind. Die GPK-N kann jedoch zum jetzigen Zeitpunkt festhalten, dass sie derzeit keine Hinweise auf eine unrechtmässige Anwendung von Notrecht durch den Bundesrat gefunden hat.

4.8

Bundeskanzlei

4.8.1

Krisenmanagement des Bundesrates

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 20. Mai 2020 beschlossen, das eigene Krisenmanagement auszuwerten und der Bundeskanzlei den Auftrag zu erteilen, bis am 26. August 2020 ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten. Die Ergebnisse der Auswertung liegen seit dem 11. Dezember 2020 vor.

Die GPK-S befasste sich im Oktober 2020 mit dem Konzept der Bundeskanzlei und hörte hierzu den Bundeskanzler an. Dieser präsentierte der Kommission das Konzept.

Einleitend machte der Bundeskanzler geltend, dass derzeit viele Evaluationen in den Departementen und Bundesämtern durchgeführt werden und der Bundesrat noch mit weiteren Evaluationen durch das Parlament beauftragt worden sei. Vor diesem Hintergrund wurde beschlossen, die Auswertung des Bundesrates auf folgende vier Themenbereich zu beschränken: erstens die Grenzschliessungen und Grenzlockerungen, zweitens die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung, drittens die nachobligatorische Bildung und viertens die Restaurationsbetriebe als Spezialfall der wirtschaftlichen Betroffenheit. In diesen vier Bereichen erhofft sich der Bundesrat auch rasch Erkenntnisse, welche zur Bewältigung der vorliegenden Krise dienen sollen. Gleichzeitig betonte der Bundeskanzler auch, dass es sich dabei nicht um eine abschliessende Aufzählung handle. Eine abschliessende Auswertung ­ inklusive einem Vergleich mit anderen Staaten ­ sei erst langfristig möglich und sinnvoll.

228

BGE 144 II 454, hier: 464

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Bei der Auswertung wurden betroffene Akteure stark eingebunden. Die Schlussfolgerungen wurden dabei jedoch nicht extern ausgearbeitet. Diese sind in Form von Empfehlungen an den Bundesrat ergangen. Der entsprechende Bundesratsantrag wurde von der Bundeskanzlei verfasst. Ein weiterer, wichtiger Aspekt der Auswertung sei, dass die Erkenntnisse daraus auch auf weitere Krisen angewandt werden können sollen.

Die GPK-S beschloss, im Bereich der Aufarbeitung des Krisenmanagements durch den Bundesrat nicht weiter tätig zu werden, bis die Resultate der Auswertung durch den Bundesrat vorliegen. Gemäss den Angaben der Bundeskanzlei sollte die Auswertung seit Ende 2020 abgeschlossen sein und die Ergebnisse vorliegen. In diesem Sinne wird sich die GPK-S im Jahr 2021 mit der Auswertung durch den Bundesrat und der eigenen Aufarbeitung des Krisenmanagements auf Stufe Bundesrat befassen.

4.8.2

Krisenfrüherkennung

Die GPK-S befasste sich im Oktober 2020 mit der Krisenfrüherkennung. Die Krisenfrüherkennung auf Stufe Bundesrat ist bei der Bundeskanzlei angesiedelt (Art. 32 Bst. g Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz (RVOG) 229). Wichtiger Bestandteil der Krisenfrüherkennung sind auch die periodisch durchgeführten Strategischen Führungsübungen (SFU) bzw. die Sicherheitsverbundsübungen (SVU). In diesem Zusammenhang stellt sich etwa die Frage nach der Rolle der Krisenfrüherkennung vor dem Hintergrund der derzeitigen Pandemie, ob, inwiefern und wann die Pandemie erstmals als Krise wahrgenommen worden ist und welche Schlüsse und Vorkehrungen hierzu seitens der Bundesbehörden getroffen wurden. Zudem wollte die Kommission auch der Frage nachgehen, ob die durchgeführten SFU und SVU der letzten Jahre einen Mehrwert für die Bewältigung der Covid-19-Krise aufweisen und ob daraus die richtigen Instrumente hervorgingen, um die Covid-19-Pandemie angemessen bewältigen zu können.

Zur Beantwortung dieser Fragen führte die GPK-S im Oktober 2020 eine Anhörung mit dem Bundeskanzler und dem zuständigen Vizekanzler, in deren Aufgabenbereich die Krisenfrüherkennung fällt, durch.

Der Bundeskanzler führte aus, dass eine Krise ­ zumindest in der Bundesverwaltung ­ meist in vier Phasen ablaufe: Erstens werde das Problem verdrängt; zweitens sperre man sich gegen Forderungen; drittens werde fast vollständig nachgegeben und viertens finde eine Aufarbeitung der Krise statt. Mit dieser Erkenntnis und in Bezug auf die Früherkennung seien drei Instrumente eingeführt worden: Die Bundeskanzlei meldet der bzw. leitet entsprechende Meldungen von anderen Quellen (bspw. Thinktanks) an die Koordinationsstelle der Bundesverwaltung, welche mit dem Risikomanagement betraut und bei der EFV angesiedelt ist, weiter. Das zweite Instrument bestehe in einer längerfristigen Analyse, welche alle vier Jahre von der Bundeskanzlei zuhanden des Bundesrates erstellt werde. Zu diesem Zweck wurde unter der Federführung der BK das Buch «Die Schweiz 2030» erstellt. Dabei habe die BK etwa explizit darauf 229

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (RVOG; SR 172.010).

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hingewiesen, dass die Schweiz nicht genügend auf eine Pandemie vorbereitet sei. Das dritte Instrument stellt der Präsidialdienst der Bundeskanzlei dar, dessen Aufgabe in der Unterstützung der jeweiligen Bundespräsidentin bzw. des jeweiligen Bundespräsidenten bestehe.

Ausserhalb des Risikomanagements sei die BK freier und könne auch auf längerfristige und auf gesellschaftspolitische Risiken aufmerksam machen. Dadurch werde in diesem Bereich auch ein Mehrwert geschaffen, da die Bundeskanzlei gegenüber den Departementen unbequeme Fragen stellen könne.

Des Weiteren nannte der Bundeskanzler auch die SFU und die SVU, welche es der Bundesverwaltung erlauben, sich mit verschiedenen Szenarien auseinanderzusetzen.

Das Konzept der SFU und der SVU sei derzeit in Überarbeitung, so sollen die beiden Übungsanlagen in Zukunft zusammengelegt werden. Wichtiger Grundsatz dabei solle sein, dass der Bund in der Lage sei, eine Krise mit allen Beteiligten zu bewältigen.

Die in den letzten Jahren durchgeführten Übungen hätten verschiedene Empfehlungen hervorgebracht, die teilweise realisiert worden seien. Übungen seien sinnvoll, blieben jedoch zwangsweise künstlicher Natur.

Insgesamt hielt der Bundeskanzler fest, dass die Früherkennung in der Auswertung der Covid-19-Pandemie evaluiert werde. Es könne jedoch schon heute festgestellt werden, dass die Früherkennung nicht ermöglicht habe, die Pandemie in diesem Ausmass vorherzusehen. Verschiedene Aspekte, seien jedoch schon lange bekannt (bspw.

Abhängigkeit von anderen Staaten in Bezug auf Medikamente etc.).

Die GPK-S kam zum Schluss, die Auswertung des Bundesrates abzuwarten und zu gegebener Zeit mit der Bundeskanzlei erneut zu thematisieren. Zudem wird sich die GPK-S auch mit den Neuerungen in Bezug auf die SFU und die SVU auseinandersetzen.

4.8.3

Datenschutzrechtliche Herausforderungen

Die GPK-N beschloss, im Rahmen der Inspektion zur Aufarbeitung der Massnahmen des Bundesrates der Covid-19-Pandemie auch die Frage der datenschutzrechtlichen Herausforderungen zu thematisieren. Hierfür hörte sie im November 2020 den EDÖB an.

Die datenschutzrechtlichen Aspekte während der ersten Welle bezogen sich vor allem auf die folgenden drei Bereiche: ­

Die Zusammenarbeit der Bundesverwaltung mit der Swisscom zur Ortung und Visualisierung von Menschenansammlungen,

­

die Swiss-Covid-App und

­

die Schutzkonzepte der Gastrobetriebe, mit der Erfassung von Personendaten

Der EDÖB machte an der Anhörung geltend, dass der Einbezug seiner Stelle zu Beginn der Pandemie insbesondere bzgl. der Auswertung der Daten der Swisscom vergessen ging. Als man sich jedoch bewusst wurde, dass die Fragen des Datenschutzes in der Öffentlichkeit ein breites Interesse zu wecken schienen, wurde der EDÖB frühzeitig und zu seiner Zufriedenheit in die verschiedenen Projekte miteinbezogen. Er 102 / 134

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hielt zudem fest, dass es gerade auch in Krisenzeiten wichtig sei, dass man aufgrund der Digitalisierung nicht bestimmte Gruppen von Personen ausgrenze.

Die GPK-N hielt fest, dass der Unabhängigkeit des EDÖB gerade auch in Krisenzeiten eine wichtige Rolle zukommt. Sie erkannte zu jenem Zeitpunkt keinen weiteren Handlungsbedarf seitens der parlamentarischen Oberaufsicht. Die GPK werden sich spätestens 2022 wiederum mit dem EDÖB austauschen.

5

Staatsschutz und Nachrichtendienste

5.1

Aufgaben, Rechte und Organisation der GPDel

Die GPDel überwacht im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht die Aktivitäten des Bundes im Bereich des zivilen und militärischen Nachrichtendienstes. Konkret beaufsichtigt die GPDel den zivilen Nachrichtendienst des Bundes (NDB), welcher für den Inlandnachrichtendienst (Staatsschutz) und den Auslandnachrichten-dienst zuständig ist. Die GPDel kontrolliert auch die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten der Armee, insbesondere diejenigen des Militärischen Nachrichtendienstes (MND), sowie des Zentrums für Elektronische Operationen (ZEO), welches im Auftrag von NDB und MND Funkaufklärung betreibt und Aufträge des NDB zur Kabelaufklärung ausführt. Die gerichtspolizeilichen Verfahren der BA im Bereich des Staatsschutzes sind ebenfalls Gegenstand der Oberaufsicht durch die GPDel.

Die parlamentarische Oberaufsicht der GPDel erstreckt sich ferner auf die kantonalen Vollzugsorgane, wenn sie im Auftrag des NDB Informationen beschaffen oder Daten bearbeiten. Da diese Aufgabe gleichzeitig in die Zuständigkeit der kantonalen parlamentarischen Aufsichtsorgane fällt, wird die GPDel nur nach Rücksprache mit dem zuständigen kantonalen Organ in einem Kanton tätig.

Der Oberaufsicht der GPDel unterstehen ausserdem die durch das Nachrichtendienstgesetz (NDG)230 geschaffene Unabhängige Aufsichtsbehörde über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten (AB-ND) und das BVGer, wenn es über genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen des NDB befindet. Während eine inhaltliche Kontrolle richterlicher Entscheide durch die Oberaufsicht ausgeschlossen ist (Art. 26 Abs. 4 ParlG)231, kann die GPDel die Zusammenarbeit der beteiligten Stellen und generell die Funktionsfähigkeit des Genehmigungsverfahrens überprüfen.

Die GPDel ist ein ständiger Ausschuss aus beiden GPK, der aus drei National- und drei Ständeräten besteht, wobei stets auch eine Nichtregierungspartei vertreten ist. Sie setzt sich aus je drei Mitgliedern der GPK-N und der GPK-S zusammen. Die GPDel konstituiert sich selbst (Art. 53 Abs. 1 ParlG) und wählt ihr Präsidium in der Regel für zwei Jahre.

Die GPDel verfügt zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben über besonders weitreichende Informationsrechte (Art. 169 Abs. 2 BV; Art. 154 ParlG): Sie hat das Recht auf Her-

230 231

Bundesgesetz vom 25. Sept. 2015 über den Nachrichtendienst (NDG; SR 121) Bundesgesetz vom 13. Dez. 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG; SR 171.10).

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ausgabe von Unterlagen, die im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrichtendienste als geheim klassifiziert werden. Weiter erhält die GPDel laufend die Beschlüsse des Bundesrates einschliesslich der Anträge und der Mitberichte. Sie kann ausserdem die Protokolle der Bundesratssitzungen herausverlangen.

Ebenso wie die GPK legt auch die GPDel den Schwerpunkt ihrer Kontrolltätigkeit auf die Kriterien der Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit. Ihre Oberaufsicht versteht die GPDel in erster Linie als Kontrolle darüber, wie die Exekutive ihre Aufsicht wahrnimmt. Der Bundesrat ­ und nicht das Parlament ­ trägt letztlich die Verantwortung für die Tätigkeit der Nachrichtendienste. So prüft die Delegation insbesondere, ob der Bundesrat und das zuständige Departement ihre gesetzlich vorgeschriebene Führungs- und Aufsichtsfunktion korrekt wahrnehmen.

5.2

Inspektion zum Fall Crypto AG

In den Fällen, in denen die GPDel auf Sachverhalte stösst, die grundlegende Probleme oder Fragen in ihrem Kompetenzbereich betreffen, greift sie zum Mittel der formellen Untersuchung. Eine solche Inspektion beschloss die GPDel am 13. Februar 2020 zum Fall Crypto AG.232 Anlass für die Untersuchung waren die Hinweise, dass diese Firma im Auftrag ausländischer Nachrichtendienste Verschlüsselungsgeräte exportiert hatte, die so konstruiert waren, dass die involvierten Dienste aufgrund ihres Vorwissens die Verschlüsselung der Geräte mit einem realistischen Aufwand brechen konnten.

Die Inspektionsarbeiten ­ die Analyse umfangreicher Akten, die Befragung von über 30 aktuellen und ehemaligen Angehörigen des Bundes sowie das Verfassen des Berichtes ­ beschäftigten die GPDel während insgesamt 17 Sitzungen. Anfang März 2020 setzte die Delegation alt Bundesrichter Niklaus Oberholzer als Untersuchungsbeauftragten (Art. 166 Abs. 2 i.V.m. Art. 155 Abs. 6 ParlG) ein, um ihre Arbeiten zu unterstützen.

Nachdem die GPDel den Bundesrat zu ihrem Berichtsentwurf gemäss Artikel 157 ParlG konsultiert und den direkt vom Bericht betroffenen ehemaligen Angehörigen des Bundes das rechtliche Gehör gewährt hatte, verabschiedete die Delegation ihren Inspektionsbericht am 2. November 2020. Nachdem die GPK beider Räte den Inspektionsbericht233 zum Fall Crypto AG am 10. November 2020 zur Publikation freigaben, wurde er am selben Tag durch die Mitglieder der GPDel an einer live übertragenen Medienkonferenz234 der Öffentlichkeit vorgestellt.

232

Inspektion der Geschäftsprüfungsdelegation zum Fall Crypto AG, Medienmitteilung der GPDel vom 13. Febr. 2020.

233 Fall Crypto AG, Bericht der GPDel vom 2. Nov. 2020 (Der Bericht wird im Jahr 2021 in das BBl aufgenommen. Einsehbar ist er seit dem 10. Nov. 2020 auf der Webseite der GPDel).

234 Politische Mitverantwortung der Schweizer Behörden für die Aktivitäten der Crypto AG: Die Geschäftsprüfungsdelegation schliesst ihre Inspektion ab, Medienmitteilung der GPDel vom 10. Nov. 2020.

104 / 134

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5.3

Steuerungsinstrumente des Bundesrats

Das Nachrichtendienstgesetz schreibt dem Bundesrat in Artikel 70 NDG verschiedene Instrumente für die politische Steuerung des NDB vor. Ein solches Steuerungsinstrument ist die Beobachtungsliste, die der Bundesrat jährlich zu genehmigen und der GPDel zur Kenntnisnahme vorzulegen hat (Art. 70 Abs. 1 Bst. b NDG). Die Beobachtungsliste enthält nationale und internationale Organisationen und Gruppierungen, bei denen die begründete Annahme besteht, dass sie die innere oder äussere Sicherheit bedrohen (Art. 72 NDG).

Ein zusätzliches Instrument zur Steuerung des NDB ist die sogenannte GEX-Liste, in welcher der Bundesrat jedes Jahr bestimmt, welche Gruppierungen als gewalttätigextremistisch einzustufen sind (Art. 70 Abs. 1 Bst. c NDG). Die GEX-Liste dient der Bestimmung von Gruppierungen, welche der NDB ausschliesslich im Informationssystem IASA-GEX NDB bearbeiten muss (Art. 50 NDG). Gegen Exponenten gewalttätig-extremistische Gruppierungen dürfen keine genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen angeordnet werden (Art. 27 Abs. 1 Bst. a NDG e contrario). Auf der aktuellen GEX-Liste vom 3. Juli 2020 befinden sich 83 gewalttätige linksextreme und 94 gewalttätige rechtsextreme Gruppierungen. Die GPDel nahm anlässlich ihrer Sitzung vom 28. September 2020 Kenntnis vom Inhalt der als vertraulich klassifizierten Beobachtungs- und GEX-Listen.

Laut Gesetz steuert der Bundesrat den NDB ebenfalls mittels seiner Beurteilung der Bedrohungslage (Art. 70 Abs. 1 Bst. d NDG), welche zuhanden von Parlament und Öffentlichkeit publiziert wird.235 Nachdem die GPDel den Bericht des Bundesrats letztes Jahr einer kritischen Würdigung236 unterzogen hatte, nahm sie am 1. Mai 2020 mit der neuen Lagebeurteilung lediglich Kenntnis von den vorgenommenen Anpassungen.

5.4

Kontakte mit dem Ausland

Dem Bundesrat obliegt die Aufgabe, die jährliche Zusammenarbeit des NDB und des MND mit ausländischen Behörden festzulegen (Art. 70 Abs. 1 Bst. f NDG; Art. 99 Abs. 6 MG237). Bevor der Bundesrat die Liste mit allen Partnerdiensten, mit denen der NDB und der MND regelmässige Kontakte unterhalten, genehmigt, wird sie vom Sicherheitsausschuss des Bundesrates (SiA) besprochen (Art. 7 NDV238). Die GPDel hat die Liste der Auslandkontakte zur Kenntnis genommen und liess sich an ihrer Sitzung vom 26. August 2020 sowohl durch den Direktor des NDB als auch durch den neuen Chef des MND, welcher von der GPDel erstmals angehört wurde, über die Kontaktpflege informieren.

235

Bericht des Bundesrates vom 29. April 2020 an die eidgenössischen Räte und die Öffentlichkeit über die jährliche Beurteilung der Bedrohungslage (BBl 2020 4295).

236 Jahresbericht 2019 der GPK und GPDel vom 28. Jan. 2020, Ziff. 4.8 (BBl 2020 2971, hier 3043).

237 Bundesgesetz vom 3. Febr. 1995 über die Armee und die Militärverwaltung (MG; SR 510.10).

238 Verordnung vom 16. Aug. 2017 über den Nachrichtendienst (NDV; SR 121.1).

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5.5

Vereinbarungen mit dem Ausland

Der Bundesrat kann völkerrechtliche Verträge selbstständig abschliessen, soweit er durch ein Bundesgesetz oder einen von der Bundesversammlung genehmigten völkerrechtlichen Vertrag dazu ermächtigt ist. Selbstständig abschliessen kann der Bundesrat überdies völkerrechtliche Verträge von beschränkter Tragweite (Art. 7a RVOG239).

Seit dem Jahr 2000 besteht die Pflicht, dass die Bundesversammlung jährlich über die völkerrechtlichen Verträge informiert wird, welche der Bundesrat und die ihm unterstellte Verwaltung abgeschlossen haben (Art. 47bisb Abs. 5 GVG240). Aufgrund dieser Berichterstattung, die im Jahr 2003 in Artikel 48a Abs. 2 RVOG241 überführt worden ist, kann die Bundesversammlung jeden völkerrechtlichen Vertrag überprüfen, ob er in die Zuständigkeit des Bundesrates fällt oder nicht.

Falls die Bundesversammlung die Ansicht vertritt, der Abschluss eines Vertrages liege ausserhalb der Zuständigkeit des Bundesrates, kann sie den Bundesrat mit einer Motion beauftragen, ihr diesen Vertrag zur Genehmigung zu unterbreiten. Dieses Vorgehen wählte beispielsweise die APK-N im Jahr 2003 im Zusammenhang mit dem Operative Working Arrangement (OWA) mit den USA, wobei die Motion letztlich vom Ständerat abgelehnt wurde.242 Im Jahr 2005 bestimmte das neuen Publikationsgesetz (PublG)243 in Artikel 6, dass völkerrechtliche Verträge, die im Interesse der Landesverteidigung geheim gehalten werden müssen, in der Amtlichen Sammlung (AS) nicht veröffentlicht werden. In der Ausführungsverordnung bestimmte der Bundesrat in der Folge, dass die GPDel von der BK über solche Abkommen orientiert wird, was seit 2006 jährlich erfolgte.

Mit einer Ergänzung von Artikel 48a Absatz 2 RVOG im Jahr 2016 sollte diese Meldepflicht auf Gesetzesstufe verankert werden.244 Gemäss dem Wortlaut der damals revidierten Bestimmung waren der GPDel allerdings nur jene Abkommen zu melden, die aus Gründen der Geheimhaltung von der Publikationspflicht in der AS ausgenommen waren (vgl. Art. 6 PublG). Für geheime Abkommen, die gar nicht publiziert werden mussten, war somit keine Meldeplicht vorgesehen. Darunter fielen grundsätzlich alle Verträge von begrenzter Tragweite nach Artikel 7a Absatz 3 RVOG, die nach Artikel 3 Absatz 3 PublG nicht in der AS publiziert werden mussten.

Angesichts dieser Fehlentwicklung wandte sich die GPDel per Schreiben
vom 25. Mai 2016 an den Bundesrat und empfahl ihm, Artikel 48a Absatz 2 RVOG bei der nächsten Revision so zu korrigieren, dass der GPDel alle Abkommen gemeldet 239 240 241 242

243 244

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (RVOG; SR 170.010).

AS 2000 273 Eingefügt durch Anhang Ziff. II 3 des ParlG vom 13. Dez. 2002 (AS 2003 3543, hier 3596).

Mo. APK-N «Parlamentarische Genehmigung des zwischen den Strafverfolgungsbehörden des Bundes und der Vereinigten Staaten von Amerika» vom 11. Nov. 2003 (03.3577).

Bundesgesetz vom 18. Juni 2004 über die Sammlungen des Bundesrechts und das Bundesblatt (PublG; SR 170.512).

AS 2015 3977; BBl 2013 7057

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werden müssen, die geheim oder vertraulich sind, unabhängig davon, ob sie überhaupt publikationspflichtig waren oder nicht. Gleichzeitig regte die GPDel an, die jährliche Berichterstattung an sie über Erlasse und völkerrechtliche Verträge in separaten Bestimmungen zu regeln.245 Nach dieser Intervention der GPDel passte der Bundesrat das Meldeverfahren im Jahr 2016 auf Verordnungsstufe an.246 Auf Gesetzesstufe konnte erst mit dem Inkrafttreten des revidierten Artikels 48a Absatz 2 RVOG im Dezember 2019 sichergestellt werden, dass der GPDel sämtliche klassifizierten Verträge zur Kenntnisnahme vorgelegt werden. Als parlamentarische Oberaufsicht prüft die GPDel unter dem Kriterium der Rechtmässigkeit auch die Frage, ob die geltenden Zuständigkeiten auch beim Abschluss vertraulicher oder geheimer Verträge respektiert wurden.

Im Jahr 2019 wurde die GPDel über zwei völkerrechtliche Vereinbarungen mit ausländischen Partnerdiensten informiert, welche der Bundesrat im Frühling 2019 genehmigt hatte.247 Dies veranlasste die GPDel, mit der Vorsteherin des VBS am 25. November 2019 die Kompetenzen von Bundesrat und Parlament beim Abschluss nachrichtendienstlicher Verträge zu thematisieren. In der Folge richtete die Delegation eine Reihe von schriftliche Fragen an das VBS, welche am 15. April 2020 beantwortet und am 25. Mai 2020 erneut mit der Vorsteherin des VBS besprochen wurden.

Bei dieser Gelegenheit kam auch ein Gutachten des BJ aus dem Jahr 2018 zur Sprache, gemäss welchem der Bundesrat die Kompetenz hat, geheime Verträge auch dann abzuschliessen, wenn sie nicht von beschränkter Tragweite sind und deshalb eigentlich der Bundesversammlung vorgelegt werden müssten. Das BJ begründete dies mit einer Gesetzeslücke. Diese liegt gemäss dem BJ vor, weil die Regelung des ParlG für geheime Beratungen der Eidgenössischen Räte (Art. 4 Abs. 2­3 ParlG) nicht praxistauglich sei.

Angesichts der Tatsache, dass das Parlamentsgesetz in Artikel 4 eine explizite gesetzliche Grundlage für die Durchführung geheimer Beratungen enthält, wurde seitens der GPDel die Existenz der vom BJ postulierten Gesetzeslücke in Zweifel gezogen. Zur Stichhaltigkeit der Argumentation des BJ wollte sich das VBS selber nicht äussern.

Der Direktor des NDB schlug aber vor, bei der nächsten Revision des NDG dem Bundesrat die Kompetenz zu verleihen, alle geheimen völkerrechtlichen Verträge selbständig abzuschliessen.

5.6

Genehmigungspflichtige Informationsbeschaffung

Seit dem Inkrafttreten des NDG am 1. September 2017 kann der NDB genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen nach Artikel 26 NDG durchführen. Dazu gehören insbesondere das Eindringen in fremde Computersysteme, der Einsatz von IMSICatchern248 und GPS-Ortungsgeräten sowie der Einsatz von Überwachungsgeräten 245

Jahresbericht 2016 der GPK und GPDel vom 26. Jan. 2017, Ziff. 4.2.6 (BBl 2017 3741, hier 3785).

246 Jahresbericht 2017 der GPK und GPDel vom 30. Jan. 2018 (BBl 2018 1987, hier 2041) 247 Jahresbericht 2019 der GPK und GPDel vom 28. Jan. 2020, Ziff. 4.3 (BBl 2020 2971, hier 3037).

248 Gerät zur Identifikation und Lokalisation von Personen via ihre Mobilfunkgeräte.

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zwecks Ton- und Bildaufnahmen an nicht öffentlichen Orten. Weiter stehen dem NDB auch Massnahmen gemäss dem Bundesgesetz zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF)249 offen.

Das Präsidium der zuständigen Abteilung I des BVGer erstellt jedes Jahr einen Tätigkeitsbericht zuhanden der GPDel (Art. 29 Abs. 8 NDG). Aufgrund dieses Berichts kann sich die GPDel ein Bild machen, wie das BVGer die Anträge des NDB für Informationsbeschaffungsmassnahmen bearbeitet und welche Probleme sich dabei allenfalls stellen. In der Regel besteht kein Bedarf, operative Details zu den genehmigten Massnahmen im Bericht zu erläutern. Hingegen hat die GPDel ein Interesse an Hinweisen auf wenig zweckmässige Verfahrensbestimmungen, zu denen allenfalls ein legislativer Handlungsbedarf besteht. Die GPDel bespricht in der Regel den Tätigkeitsbericht mit einer Vertretung des BVGer. Aufgrund der Inspektion zum Fall Crypto AG musste die GPDel im Berichtsjahr auf das vorgesehene Treffen verzichten.

Im Jahresbericht 2019 informierte die GPDel die Öffentlichkeit erstmals darüber, wie viele Genehmigungsanträge des NDB das BVGer abgelehnt oder nur teilweise bewilligt hatte.250 Laut dem Tätigkeitsbericht des BVGer wurden im Verlauf des Jahres 2019 zwei Anträge des NDB nur teilweise genehmigt. Im Jahr 2018 gab es drei solche Fälle. Eine vollständige Ablehnung (Nichtgenehmigung) einer beantragten Massnahme hat das BVGer bislang noch nie verfügt. In diversen Fällen verknüpfte das BVGer eine Genehmigung jedoch mit Auflagen. In einem Verfahren erfolgte die Rückweisung der Sache an den NDB zur Ergänzung der Akten.

Seit 2019 verlangt die GPDel vom NDB jedes Jahr einen Leistungsausweis zu den genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen nach Artikel 26 NDG und den Massnahmen gegen ausländische Computersysteme gemäss Artikel 37 NDG. Im Bericht beurteilt der NDB den Nutzen der Massnahmen und erörtert auch technische Aspekte und Ressourcenfragen. Diesen Leistungsausweis besprach die GPDel am 28. September 2020 mit dem Direktor NDB.

Genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen sind auch ein Thema der jährlichen Berichterstattung des NDB über die Quellen und Operationen (Art. 19 NDV), da sie nur im Rahmen einer formell eröffneten Operation des NDB eingesetzt werden dürfen. Diese Berichterstattung erfolgte anlässlich der Anhörung des
Direktors NDB am 1. Mai 2020.

Bevor die Vorsteherin des VBS eine vom BVGer genehmigte Beschaffungsmassnahme des NDB zur Durchführung freigibt, muss sie die Vorsteherin des EJPD und den Vorsteher des EDA konsultieren (Art. 30 NDG). Das VBS und diese beiden Departemente sind im Sicherheitsausschuss des Bundesrats (SiA) vertreten. Für jede Sitzung des SiA erhalten sie vom NDB eine Übersicht über die laufenden Massnahmen und ihre Ergebnisse. Das VBS lässt diese Übersicht nach der Sitzung ebenfalls der GPDel zukommen.

249

Bundesgesetz vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Postund Fernmeldeverkehrs (BÜPF; SR 780.1).

250 Jahresbericht 2019 der GPK und GPDel vom 28. Jan. 2020, Ziff. 4.4 (BBl 2020 2971, hier 3038).

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5.7

Funk- und Kabelaufklärung

Im Berichtsjahr informierte sich die GPDel mehrmals über die jüngsten Entwicklungen im Bereich Funk- und Kabelaufklärung. Am 25. Mai 2020 nahm die GPDel den jährlichen Leistungsausweis COMINT (Communications Intelligence) zur Kenntnis.

Der Bericht gibt einen detaillierten Überblick über die Möglichkeiten und Grenzen der bestehenden Funk- und Kabelaufklärungsmittel. Die Kabelaufklärung befindet sich zwar nach wie vor in der technischen Aufbauphase. Im Vergleich zum Vorjahr konnten nun aber Verfahren entwickelt werden, welche zu Produkten führten, die von nachrichtendienstlicher Relevanz sind.

Mit dem Jahresbericht der Unabhängigen Kontrollinstanz für die Funk- und Kabelaufklärung (UKI) befasste sich die GPDel am 2. Juli 2020. Die UKI ist ein Kontrollorgan, das als Milizgremium im Jahr 2003 geschaffen wurde und deren Mitglieder zurzeit aus dem BJ, dem BAKOM und dem GS-VBS stammen. In einer Erneuerungswahl vom 16. Oktober 2019 bestätigte der Bundesrat die drei Mitglieder für die Amtsperiode vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2023.

Die UKI überprüft die Rechtmässigkeit der Funkaufklärungsaufträge, welche der NDB und der MND dem ZEO erteilen. Auch der Vollzug der genehmigten und freigegebenen Aufträge zur Kabelaufklärung fällt unter die Aufsicht der UKI (Art. 79 Abs. 1 NDG). Über das VBS erstattet die UKI dem Bundesrat jährlich Bericht (Art. 10 Abs. 3 VAND251). Dieser Jahresbericht wird als Standardtraktandum auch von der GPDel behandelt.

Im Berichtsjahr edierte die GPDel überdies die Anträge des NDB sowie die Verfügungen des BVGer im Zusammenhang mit einem Kabelaufklärungsauftrag. Dabei stellte die Oberaufsicht fest, dass das BVGer einen Verlängerungsantrag an den NDB zur Ergänzung und erneuten Einreichung zurückgewiesen hatte. Das BVGer hielt u.a.

fest, dass sich die Kabelaufklärung auf «sicherheitspolitisch bedeutsame Vorgänge im Ausland» beschränken muss, was im Rahmen dieses Kabelaufklärungsauftrages offenbar nicht immer der Fall war. Das BVGer forderte deshalb auch die UKI zur Prüfung auf, ob der NDB im Rahmen der genehmigten Kategorien zulässige Suchbegriffe benutzt.

5.8

Auskunfts- und Meldepflichten

Der Bundesrat legt in einer nicht öffentlichen Liste fest, welche Vorgänge und Feststellungen dem NDB unaufgefordert zu melden sind (Art. 20 Abs. 4 NDG). In dieser Liste muss der Bundesrat überdies den Umfang der Meldepflicht sowie das Verfahren der Auskunftserteilung regeln. Am 28. September 2020 nahm die GPDel Kenntnis von dieser Liste.

251

Verordnung vom 16. Aug. 2017 über die Aufsicht über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten (VAND; SR 121.3).

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Am 26. August 2020 befasste sich die GPDel überdies mit der Erhebung von Reisedaten, welche dem NDB erlauben, Informationen über Reisen, Aufenthalte und Kontakte von Zielpersonen zu bearbeiten. In diesem Zusammenhang hörte die GPDel erstmals den Chef Travel Intelligence (TRAVINT) des NDB an. Wie er der GPDel darlegte, etablierte sich der Sensor TRAVINT als tägliches nachrichtendienstliches Arbeitsinstrument beim NDB. Aufgrund der Reisebeschränkungen in Folge der Covid-19-Pandemie sind die erhobenen Reisedaten jedoch in quantitativer Hinsicht massiv tiefer als im Vorjahr.

Im Informationssystem «Quattro P» bearbeitet der NDB die Ausweisdaten und Fotos von ausländischen Personen, die von den Grenzkontrollbehörden erfasst werden. Betroffen sind Personen aus 42 Staaten ausserhalb der EU. Rund 3000 der im letzten Berichtsjahr erfassten Personen wiesen einen Bezug zum Aufgabenbereich des NDB auf. Die GPDel nahm zur Kenntnis, dass der NDB die neue Software zur biometrischen Gesichtserkennung (BIOM) anstatt Ende 2019 erst im Sommer 2020 in Betrieb nahm. Das Programm ermöglicht den Abgleich zwischen den Personenfotos in den Systemen «Quattro P» und IASA NDB. Wie der GPDel versichert wurde, arbeitet das Programm ausschliesslich mit den bereits beim NDB vorhandenen Daten. Somit greift das Programm nicht direkt auf öffentliche Bilder (z.B. Fotos aus dem Internet) zurück.

Von den Fluggesellschaften erhält der NDB Vorab-Passagierinformationen, auch API-Daten (Advanced Passenger Information) genannt. Im Berichtsjahr wurden rund 1.7 Mio. Passagierdaten erfasst und bei rund 5000 Personen ein Bezug zum Aufgabenbereich des NDB erkannt. Das Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG)252 erlaubt es dem NDB seit dem 1. Juni 2019, API-Daten von zusätzlichen Flugstrecken zu beantragen (Art. 104 Abs. 1bis Bst. b AIG). Von diesem Recht machte der NDB im Berichtsjahr erneut Gebrauch. Heute werden die API-Daten sämtlicher Passagiere von 23 Flughäfen mit Ziel Schweiz vor Abflug dem SEM resp. dem NDB übermittelt.

5.9

Aufsichtseingabe von «grundrechte.ch»: Umsetzung der Massnahmen durch das VBS und das EJPD

Aufgrund einer Aufsichtseingabe des Vereins «grundrechte.ch» untersuchte die GPDel im Jahr 2019 die Datenerfassung und -bearbeitung des NDB bezüglich Artikel 5 und 6 NDG sowie die Auskunftserteilung durch den NDB. Dabei zeigte sich, dass der NDB Informationen über die politische Betätigung und über die Ausübung der Meinungs-, Versammlungs- oder Vereinigungsfreiheit teilweise im Widerspruch zu den rechtlichen Vorgaben beschafft und bearbeitet hat und die Behandlung von Auskunftsgesuchen nur ungenügend funktionierte.

Für die Behebung dieser Mängel schlug die GPDel der Vorsteherin des VBS am 8. November 2019 insgesamt 20 Massnahmen vor, um rechtlichen Problemen mit spezifischen Daten entgegenzuwirken, das Erfassen von nicht gesetzeskonformen Daten

252

Bundesgesetz vom 16. Dez. 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG; SR 142.20).

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zukünftig zu verhindern, den bestehenden Datenbestand zu bereinigen und die Beantwortung von Auskunftsgesuchen zu verbessern. Sechs dieser Massnahmen sollte das VBS im Sinne von «Sofortmassnahmen» rasch umsetzen. 253 Anlässlich der Aussprache vom 25. November 2019 hatte sich die Vorsteherin des VBS bereit gezeigt, die grosse Mehrheit der von der GPDel vorgeschlagenen Massnahmen umzusetzen. Allerdings stellte sie bezüglich der Beurteilung der Rechtmässigkeit der Datenbearbeitung im NDB divergierende Interpretationen der einschlägigen gesetzlichen Grundlagen fest. Ein Gutachten des BJ sollte deshalb dem VBS Auskunft über die korrekte Rechtsauslegung geben.

Am 31. Januar 2020 informierte der Direktor des NDB die GPDel von seiner Absicht, die Informationssysteme des NDB durch einen externen Experten überprüfen zu lassen. Dies sollte dem NDB ein «neutrales Urteil» über die Vereinbarkeit der gesamten Datenbearbeitung im NDB mit den geltenden Rechtsgrundlagen verschaffen. Erst gegen Jahresende erhielt die GPDel Kenntnis vom Inhalt des Dienstleistungsvertrags vom April 2020 mit einem Datenschutzexperten, dessen Schlussergebnisse im 1. Quartal 2021 vorliegen sollen.

Bereits am 4. Februar 2020 stellte das BJ sein Gutachten zuhanden des VBS fertig.

Das BJ legte die rechtlichen Bestimmungen in gleicher Wiese aus wie die GPDel.

Insbesondere bestätigte das BJ, dass das NDG keine Bestimmung enthalte, welche es dem NDB erlauben würde, die Schranken zu missachten, welche das Gesetz für die Bearbeitung von Informationen über die Ausübung der politischen Rechte setzt.

Rechtlich betrachtet stellt Artikel 45 Absatz 1 NDG demnach keine Sonderbestimmung zu den in Artikel 5 Absatz 5 NDG stipulierten Grenzen der Informationsbeschaffung dar.

Mit Schreiben vom 3. März 2020 liess die Vorsteherin des VBS das Gutachten der GPDel zukommen und orientierte die Delegation darüber, dass der Direktor des NDB die Anweisung erhalten habe, möglichst alle von der GPDel vorgeschlagenen Massnahmen umzusetzen. Laut Rückmeldung des NDB seien die Massnahmen weitgehend umsetzbar. Als problematisch hinsichtlich der vorhandenen Ressourcen wurden jedoch die Revision der Weisungen vom 31. August 2017 erachtet, welche die Erfassung und Anonymisierung von Informationen regeln, die den Schranken von Artikel 5 NDG unterliegen. Diese Weisungen
hat die GPDel als nicht gesetzeskonform beurteilt.

Im Rahmen der Berichterstattung zum Jahresbericht 2019 der GPK und der GPDel informierten die Vertreter der GPDel den Ständerat am 5. März 2020 und den Nationalrat am 11. Juni 2020 über das Gutachten des BJ und den Stand der Arbeiten im VBS.254 Bei ihren Abklärungen zur Aufsichtseingabe von «grundrechte.ch» war die GPDel wiederholt auf Ereignisübersichten des Bundessicherheitsdienstes (BSD) gestossen, die der NDB bei sich abgelegt hatte und welche Meldungen enthielten, die nicht den Vorgaben von Artikel 5 NDG entsprachen. Aus diesem Grund formulierte die GPDel 253

Jahresbericht 2019 der GPK und GPDel vom 28. Jan. 2020, Ziff. 4.3 (BBl 2020 2971, hier 3044).

254 AB 2020 S 61 und AB 2020 N 914.

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Massnahme Nummer vier255, wonach der NDB im Grundsatz prüfen sollte, welche Produkte des BSD er überhaupt benötigt. Überdies sollte der NDB zusammen mit fedpol definieren, welche Voraussetzungen die Produkte des BSD nach Artikel 5 und 6 NDG erfüllen müssen, damit sie dem NDB zugestellt und von ihm erfasst werden dürfen.

Per Schreiben vom 30. April 2020 orientierte der NDB die GPDel dahingehend, dass der NDB ab sofort auf den Erhalt der Ereignisübersichten des BSD verzichtet und diese Produkte aus all seinen Informationssystemen löschen werde. Vom BSD werde der NDB aber weiterhin die Lageübersicht zur Luftsicherheit erhalten, welche hinsichtlich der Datenbearbeitungsschranke von Artikel 5 NDG unproblematisch sei.

Ebenfalls benötige der NDB das Produkt «Laufende Geschäfte» des BSD, welches zukünftig nicht länger als ein Jahr gespeichert werden soll. Per Aktennotiz vom 25. Juni 2020 bestätigte der NDB, dass alle Ereignisübersichten des BSD aus sämtlichen Informationssystemen des NDB gelöscht worden sind. Damit hat der NDB auch die dritte256 von der GPDel geforderte Sofortmassnahme weitgehend umgesetzt.

Im Rahmen ihrer Aussprache mit der Vorsteherin EJPD erkundigte sich die GPDel am 25. Mai 2020, wie sichergestellt werden könne, dass der BSD in seinen Ereignisübersichten nur noch Informationen aufnimmt, welche den Vorgaben von Artikel 23b Absatz 3 des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS)257 entsprechen. Diese Bestimmung sind inhaltlich identisch mit den Schranken von Artikel 5 NDG.

Obwohl die GPDel keine expliziten Massnahmen für die Datenbearbeitung im BSD formuliert hatte, zeigte sich die Delegation darüber beunruhigt, dass der BSD beispielsweise ein Treffen zwischen eidgenössischen Parlamentarierinnen und Parlamentariern und Vertreterinnen und Vertretern kolumbianischer Umweltschutzorganisationen in eine Ereignisübersicht aufgenommen und an den NDB weitergeleitet hatte.

Auf Nachfrage bestätigte fedpol der GPDel am 29. Mai 2020 schriftlich, dass in diesem Fall nichtöffentliche Informationen über die ausländischen Umweltschutzvertreter irrtümlicherweise in die Übersicht Eingang gefunden hätten. Wie fedpol der GPDel versicherte, wurde der Fehleintrag im Informationssystem gelöscht und alle im betroffenen System gespeicherten Informationen einer eingehenden
Prüfung unterzogen, wobei keine weiteren Fehleinträge gefunden werden konnten.

Ein Jahr nachdem die GPDel ihrer Erkenntnisse aus der Aufsichtseingabe der Vorsteherin des VBS dargelegt hatte, besprach sie am 24. November 2020 die Umsetzung der 20 Massnahmen, welche sie im November 2019 vorgeschlagen hatte. Vorgängig hatte der NDB der GPDel einen Kurzbericht mit umfangreichen Beilagen zum Stand der Arbeiten zugestellt.

255

Vgl. hierzu Jahresbericht 2019 der GPK und GPDel vom 28. Jan. 2020, Ziff. 4.9.7 (BBl 2020 2971, hier 3053).

256 Vgl. hierzu Jahresbericht 2019 der GPK und GPDel vom 28. Jan. 2020, Ziff. 4.9.7 (BBl 2020 2971, hier 3053).

257 Bundesgesetz vom 21. März 1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS; SR 120).

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Ausserdem hatte die GPDel einen Zusatzbericht über die Beantwortung von Auskunftsgesuchen durch den NDB verlangt. Anlass dafür waren Hinweise von Privatpersonen, die innerhalb der vorgegebenen Frist von 30 Tagen keine Antwort erhalten hatten. Laut dem Zusatzbericht des NDB vom 13. November 2020 waren zwischen November 2019 und Oktober 2020 insgesamt 929 Gesuche eingegangen. Davon waren 38 Gesuche noch nicht beantwortet worden. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer eines Gesuchs betrug 70 Tage.

Von den Gesuchstellern, die mit der Antwort des NDB auch Auskunft über ihre Daten erhalten hatten, verlangte niemand vom NDB, dass dieser einzelne der bekanntgegebenen Daten löscht oder berichtigt. Artikel 25 des Datenschutzgesetzes (DSG)258 gibt den Gesuchstellern diese Möglichkeit. Im Falle einer Ablehnung ihres Begehrens, steht den Gesuchstellern die Beschwerde ans BVGer offen.

Der NDB hat seine internen Weisungen über die Bearbeitung der Auskunftsgesuche vollständig revidiert und sie auf den 30. Oktober 2020 in Kraft gesetzt. Zusätzlich hat der NDB Minimalanforderungen für die Suchabfragen definiert, welche bei einem Auskunftsbegehren in seinen Informationssystemen durchgeführt werden. Diese beiden Massnahmen hatte die GPDel im November 2019 dem VBS vorgeschlagen. Weiter hat der NDB für den Bereich Datenschutz und Bearbeitung der Auskunftsgesuche zusätzliche Personalressourcen genehmigt. Wie anlässlich der Aussprache mit der Vorsteherin ausgeführt wurde, ist es der GPDel ein Anliegen, dass die Unabhängigkeit der Datenschutzberatung innerhalb der Organisation des NDB gewahrt bleibt.

5.10

Aufsichtstätigkeit der AB-ND

Bereits am 25. November 2019 nahm die GPDel die Prüfungsplanung der AB-ND für das Jahr 2020, welche der Delegation gestützt auf Artikel 78 Absatz 2 NDG zugestellt wird, zur Kenntnis. Die GPDel erkannte keine Notwendigkeit, einen Koordinationsbedarf gegenüber der AB-ND geltend zu machen, stellte aber fest, dass sich die AB-ND zu wenig auf die grundlegenden Herausforderungen, die sich aus der nachrichtendienstlichen Arbeit in einem demokratischen Rechtsstaat ergeben, konzentriert. Nach Auffassung der GPDel beschränken sich die Fragestellungen auf die Prüfung nach generischen Kriterien wie Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit oder Wirksamkeit, ohne einen konkreten Problembezug aufzuzeigen. Diese Auffassung teilte die GPDel der AB-ND in einem Schreiben vom 27. November 2019 mit. Den definitiven Prüfungsplan, der mit dem Entwurf weitgehend identisch war, nahm die GPDel am 20. Januar 2020 zur Kenntnis.

Mit Schreiben vom 28. Mai 2019 hatte die GPDel die AB-ND gebeten, ihren jährlichen Tätigkeitsbericht der Delegation vor der Publikation zur Konsultation vorzulegen.259 Diesem Wunsch kam die AB-ND bei ihrem Tätigkeitsbericht 2019 erstmals nach. Nachdem die GPDel den Entwurf analysierte, teilte sie der AB-ND am 21. Januar 2020 mit, dass sie die Aussage, wonach Empfehlungen der AB-ND Stellen 258 259

Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (DSG; SR 235.1).

Jahresbericht 2019 der GPK und GPDel vom 28. Jan. 2020, Ziff. 4.11 (BBl 2020 2971, hier 3058).

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betreffen können, deren Aufsicht nicht im Zuständigkeitsbereich der AB-ND liegt, als problematisch erachtet. Der Zuständigkeitsbereich der AB-ND beschränkt sich auf die nachrichtendienstliche Tätigkeit der Nachrichtendienste des VBS, der kantonalen Vollzugsbehörden sowie der vom NDB beauftragten Dritten und anderen Stellen (Art. 78 Abs. 1 NDG). Es ist indes nicht Aufgabe der AB-ND, sich zur Tätigkeit anderer Stellen der Bundesverwaltung oder der Kantone zu äussern.

Die GPDel störte sich ferner daran, dass die AB-ND erneut einen Gastkommentar in ihrem Tätigkeitsbericht publizierte. Der betreffende Text war weder der GPDel noch dem VBS zur Konsultation vorgelegt worden. Gemäss Artikel 78 Absatz 3 NDG erstellt die AB-ND ihren Tätigkeitsbericht primär für die Chefin VBS und macht ihn anschliessend der Öffentlichkeit zugänglich. Aus Sicht der GPDel gehören Gastkommentare deshalb nicht in den Tätigkeitsbericht der AB-ND. Diese Meinung vertrat auch das GS-VBS, welches den Gastbeitrag im Tätigkeitsbericht als «Fremdkörper» bezeichnete und vergeblich empfahl, auf diesen externen Beitrag zu verzichten. Die GPDel war der gleichen Auffassung und brachte dies dem Leiter der AB-ND anlässlich der Anhörung vom 1. Mai 2020 auch zur Kenntnis.

Wenn die AB-ND der Vorsteherin des VBS ihre Berichte zustellt, erhält die GPDel ebenfalls eine Kopie. Zu den Ergebnissen der Prüfungen 19-7 (Kantonaler Nachrichtendienst Bern, vgl. Ziff. 5.11) und 20-19 (Archive des NDB)260 führte die GPDel eine Aussprache mit dem Leiter der AB-ND. Am 24. November 2020 sprach die GPDel überdies mit der Vorsteherin des VBS über die Qualität der Berichte und der Empfehlungen der AB-ND. Nach dem Verständnis der GPDel hängt die Zweckmässigkeit und Wirksamkeit des Aufsichtssystems hauptsächlich davon ab, ob die Berichte und Empfehlungen der AB-ND einen konkreten Nutzen für die Aufsicht und Führung der Nachrichtendienste durch die Vorsteherin des VBS generieren.

5.11

Aufsichtseingabe der Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates des Kantons Bern

5.11.1

Ausgangslage

Am 24. Oktober 2019 gelangte die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates des Kantons Bern (GPK BE) im Zusammenhang mit dem Prüfbericht 19-7 der AB-ND zum kantonalen Nachrichtendienst Bern (KND BE) an die GPDel. Die GPK BE zeigte sich darüber besorgt, dass die AB-ND die nachrichtendienstliche Arbeit des KND BE materiell nicht überprüft, sondern sich lediglich mit der Beschreibung von betrieblichen Prozessen und Abläufen begnügt hatte. Aus Sicht der GPK BE kam die AB-ND damit ihrem gesetzlichen Auftrag nicht ausreichend nach.

Am 25. November 2019 besprach die GPDel die Anfrage der GPK BE und beschloss, sie als Aufsichtseingabe zu behandeln. In der Folge liess sich die GPDel vom NDB über technische Fragen zur Datenbearbeitung in den Kantonen auf datieren. Am

260

Vgl. den Inspektionsbericht der GPDel zum Fall Crypto AG (FN 233), Ziff. 7.5.

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1. Mai 2020 besprach die GPDel mit dem Leiter der AB-ND verschiedene Kritikpunkte der GPK BE und bot ihm danach Gelegenheit, dazu schriftlich Stellung zu nehmen. Dies erfolgte mit Brief vom 9. Juni 2020.

5.11.2

Prüfbericht der AB-ND

In ihrem Prüfbericht vom 22. Juli 2019 behandelt die AB-ND die Erfüllung der Aufträge des NDB, das Personalmanagement, den Informationsschutz und die Datenhaltung im KND BE. Neben einzelnen Stichproben stützt sich der Bericht primär auf Selbstdeklarationen des KND BE und des NDB ab. Aufgrund eines internen Berichts des NDB hält die AB-ND beispielsweise fest, dass der KND BE seine Daten im Zusammenhang mit der Inkraftsetzung des NDG «ordentlich migriert» habe. Die Abklärungen, welche die GPDel im Jahr 2018 auf Wunsch der GPK BE durchführte, ergaben hingegen, dass nach der Migration von unstrukturierten Daten das ursprüngliche Ablagedatum nicht in allen Fällen rekonstruiert werden konnte.261 Der Prüfbericht äusserte sich auch zur Funktionsweise der kantonalen Dienstaufsicht und insbesondere zur Wahrnehmung ihrer Einsichtsrechte in die Daten, die der KND BE bearbeitet. Mit dem Einverständnis der Vorsteherin des VBS kann der NDB der Dienstaufsicht Einsicht in die Daten, welche ein KND von ihm erhalten oder in seinem Auftrag beschafft hat, verweigern oder aufschieben.

Die AB-ND schloss ihre Überprüfung mit einer formellen Empfehlung an den KND BE ab. Demnach sind in der kantonalen Arbeitsumgebung alle Kopien von nachrichtendienstlichen Daten, welche von dort in das System KND-INDEX übertragen wurden, spätestens nach 60 Tagen zu löschen. Dieses Informationssystem stellt der NDB den Kantonen zur Verfügung, weil letztere keine eigenen Datensammlungen zum Vollzug des NDB betreiben dürfen (vgl. Art. 46 Abs. 1 NDG).

Als Hinweise bezeichnet die AB-ND nicht formelle Empfehlungen, die in Gesetz und Verordnung allerdings nicht vorgesehen sind. Zwei Hinweise an den KND BE betrafen das Mitführen von Mobiltelefonen an Sitzungen und die Aufbewahrung von Tresorkombinationen in Notfallcouverts. Im dritten Hinweis wurde dem NDB vorgeschlagen, mittels eines Kreisschreibens von allen KND zu verlangen, dass diese dem NDB jeweils die Inspektionen der kantonalen Dienstaufsicht vorgängig melden. Nach Ansicht der AB-ND war dies notwendig, um das Verfahren für die Einsichtnahme durch die kantonale Dienstaufsicht in die Daten ihres KND gemäss Art. 11 Abs. 2 und 3 VAND durchführen zu können.

5.11.3

Empfehlungskompetenzen der AB-ND

Formelle Empfehlungen der AB-ND stützen sich auf Artikel 78 Absatz 6 NDG. Nach Ansicht der GPDel steht diese Bestimmung in einem direkten Zusammenhang mit der Orientierung der Vorsteherin des VBS über die Resultate der Überprüfungen der 261

Jahresbericht 2018 der GPK und GPDel vom 28. Jan. 2019, Ziff. 4.6 (BBl 2019 2729, hier 2804).

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AB-ND und ist nicht für deren Empfehlungen an kantonale Stellen anwendbar. Dies ergibt sich auch aus der Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung: Ursprünglich wurde die Umsetzung der Empfehlungen durch das VBS im selben Absatz erwähnt und erst später aus redaktionellen Gründen in den nachfolgenden Absatz überführt.

Materiell ist zu berücksichtigen, dass der Bundesrat die Kompetenz hat, solche Empfehlungen der AB-ND abzulehnen (vgl. Art. 78 Abs. 7 NDG). Eine Kantonsregierung hingegen wäre bei der von der AB-ND gewählten Auslegung des Gesetzes jedoch gezwungen, jede Empfehlung zu befolgen. Dies würde der Kompetenzordnung zwischen der Aufsicht des Bundes und derjenigen der Kantone im Allgemeinen und konkret auch den Garantien für die kantonale Dienstaufsicht widersprechen (vgl. Art. 82 Abs. 1 NDG). Aus Sicht der GPDel ist es deshalb nicht zulässig, dass die AB-ND bindende Empfehlungen an die Kantone abgibt.

Aufgrund der Tatsache, dass im NDG eine Regelung zu den Empfehlungen der ABND an die Kantone fehlt, erkennt die GPDel einen Handlungsbedarf in Bezug auf die nächste Revision des NDG. Aus Sicht der GPDel sollte bei dieser Gelegenheit der Zweck der Aufsichtstätigkeit der AB-ND im Zusammenhang mit dem Vollzug des NDG durch die Kantone nochmals gründlich überdacht und die notwendigen Präzisierungen auf Gesetzesstufe vorgenommen werden.

5.11.4

Beurteilung der Empfehlungen der AB-ND

Im Juni 2018 hatte der NDB alle Kantone schriftlich angewiesen, die Daten in den kantonalen Arbeitsumgebungen nicht länger als 60 Tage aufzubewahren. Im Februar 2019 wiederholte die kantonale Dienstaufsicht diese Empfehlung in ihrem jährlichen Aufsichtsbericht an den Sicherheitsdirektor des Kantons Bern. Dass die gleiche Empfehlung im Juli 2019 ein drittes Mal, in diesem Fall durch die AB-ND, ausgesprochen wurde, erachtet die GPDel als wenig zweckmässig. Es war auch nicht angebracht, dass die AB-ND für die Umsetzung der Empfehlung eine Frist bis Ende November 2019 setzte, da sie keine verbindlichen Empfehlungen an eine Kantonsregierung richten kann.

In ihrer Stellungnahme gegenüber der GPDel machte die AB-ND geltend, sie habe zum Zeitpunkt ihrer Prüfung keine konkrete Umsetzung der früheren Empfehlung der kantonalen Dienstaufsicht feststellen können und deshalb einen Handlungsbedarf erkannt. Anstatt in die noch laufende Umsetzung einer Empfehlung der kantonalen Dienstaufsicht einzugreifen, wäre es zielführender gewesen, wenn die AB-ND in ihrem Bericht das Problem bloss erwähnt hätte, zumal die kantonale Dienstaufsicht ja ebenfalls Adressatin des Berichts war.

Für den Vorschlag der AB-ND, dass die Inspektionen der kantonalen Dienstaufsicht vorgängig dem NDB zu melden sind, kann die GPDel keine ausreichende Rechtsgrundlage erkennen. Insbesondere trifft die von der AB-ND genannte Begründung, wonach der Genehmigungsvorbehalt des VBS gegenüber den Informationsrechten der kantonalen Dienstaufsicht für alle von den KND unter dem NDG verarbeiteten Daten gilt, nicht zu. Artikel 82 Absatz 4 NDG spricht nämlich von Daten, die der Kanton im Auftrag des Bundes bearbeitet und nicht von Daten, die beim Vollzug des Gesetzes

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anfallen. Nach Ansicht der GPDel kann das VBS deshalb einer kantonalen Dienstaufsicht nur die Auskunft über diejenigen Daten verweigern oder aufschieben, welche die Kantone im Auftrag des Bundes (d.h. des NDB) beschafft oder von ihm erhalten haben. Auf diesen Unterschied hatte die GPDel bereits anlässlich ihrer Konferenz mit den kantonalen parlamentarischen Aufsichtsorganen Ende Februar 2019 hingewiesen.262 Somit kann die kantonale Dienstaufsicht selbständig Einsicht in Daten nehmen, welche der KND in eigener Kompetenz gestützt auf Artikel 85 Absatz 1 NDG beschafft hat. Für die Einsicht in Daten, die im Auftrag des NDB bearbeitet werden, kann es hingegen zweckmässig sein, wenn ein Vertreter des NDB vor Ort ist, um die Einsicht zu genehmigen. Gemäss Artikel 11 Absatz 2 VAND kann das Einsichtsgesuch auch schriftlich an den NDB gerichtet werden. Aus diesem Grund ist es jeweils auch nicht notwendig, dass der NDB über bevorstehende Kontrollen seitens der kantonalen Dienstaufsicht informiert wird. Damit bestand auch keine Veranlassung, vom NDB zu verlangen, dass er mittels Kreisschreiben sicherstellt, dass die KND die Inspektionen ihrer Dienstaufsicht vorgängig dem NDB melden.

Ungeachtet dieser Problematik erteilte die Vorsteherin des VBS am 9. September 2019 dem NDB den Auftrag zur Umsetzung aller Empfehlungen und Hinweise aus dem Bericht der AB-ND. Das Kreisschreiben des NDB war allerdings bereits am 26. August 2019 an allen Kantone ergangen. Diese wurden gebeten, die Aufsichtsbesuche der kantonalen Aufsichtsorgane (d.h. auch der parlamentarischen Oberaufsicht) jeweils frühzeitig dem NDB zu melden, damit ein Vertreter des NDB den jeweiligen KND bei Fragen zur Dateneinsicht unterstützen könne. Laut dem Kreisschreiben, sei dieses Vorgehen für eine effiziente und möglichst unbürokratische Durchführung des Einsichtsverfahrens notwendig.

In seiner Stellungnahme an die GPDel machte das VBS geltend, es sei selbstverständlich, dass dieses Verfahren auch schriftlich erfolgen könne. Weiter könne eine kantonale Dienstaufsicht auch Prüfungen ohne Teilnahme von Vertretern des NDB vornehmen, wenn sie dies als nötig erachte. Es trifft zu, dass der NDB in seinem Kreisschreiben nebenbei erwähnte, dass die Verordnung auch schriftliche Einsichtsgesuche erlaube. Das Schreiben des NDB stützte sich jedoch auf die Beurteilung
der AB-ND, welche es als notwendig erachtete, dass dem NDB vorgängig Prüfungen der kantonalen Dienstaufsicht zu melden sind.

Die Anregung der AB-ND hat letztlich die Kompetenz der kantonalen Dienstaufsicht, selbständig darüber zu entscheiden, ob sie den NDB über einen Dienststellenbesuch informieren will oder nicht, missachtet. Der GPDel erscheint es wichtig, dass die Dienstaufsicht die Möglichkeit behält, ihren KND unangekündigt oder bei Bedarf auch unter Ausschluss des NDB zu kontrollieren, beispielsweise, wenn Probleme zwischen ihrem KND und dem NDB geklärt werden sollen. Eine Meldepflicht an den NDB für Dienststellenbesuche der kantonalen Oberaufsicht, deren Informationsrechte übrigens ebenfalls einem Genehmigungsvorbehalt des VBS unterliegen, wäre aus Sicht der GPDel ebenso wenig zulässig.

262

Jahresbericht 2019 der GPK und GPDel vom 28. Jan. 2020, Ziff. 4.10 (BBl 2020 2971, hier 3056).

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Aus Sicht der GPDel ist es wichtig, dass Empfehlungen der AB-ND nicht dazu führen, dass die von ihr beaufsichtigten Stellen rechtliche Vorgaben missachten oder verletzen. Zu beachten ist dabei insbesondere der Respekt vor der föderalen Kompetenzordnung.

5.11.5

Abschluss der Arbeiten

Die GPDel hat am 2. Juli 2020 der GPK BE die Resultate ihrer Abklärungen übermittelt. Sie teilte im Grundsatz die Kritik der GPK BE bezüglich des Nutzens des Berichts der AB-ND. Ausserdem stellte die GPDel fest, dass die Arbeit der AB-ND den Grenzen ihrer Zuständigkeiten und den Rechtsgrundlagen für den Vollzug des NDG in den Kantonen nicht genügend Rechnung trägt. Eine Kopie ihres Schreibens ging an die AB-ND.

Die GPDel informierte ebenfalls die Vorsteherin des VBS über ihre Erkenntnisse. Ihre Stellungnahme erging am 20. Oktober 2020. Am 22. Oktober 2020 bedankte sich die GPK BE für die Abklärungen der GPDel, welche sie an die kantonale Sicherheitsdirektion weitergeleitet hatte. Nach einer Aussprache mit der Vorsteherin des VBS am 24. November 2020 schloss die GPDel ihre Arbeiten bezüglich der Aufsichtseingabe der GPK BE ab.

5.12

Tätigkeits- und Organisationsverbote

Artikel 73 NDG erlaubt es dem Bundesrat, einer natürlichen Person, einer Organisation oder einer Gruppierung eine Tätigkeit zu verbieten, wenn diese die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz konkret bedroht oder dazu dient, terroristische oder gewalttätig-extremistische Aktivitäten zu propagieren, zu unterstützen oder in anderer Weise zu fördern. Das aktuell einzig bestehende Tätigkeitsverbot, das im Jahre 2015 unter dem damals noch geltenden BWIS in Kraft trat,263 wurde vom Bundesrat im Berichtsjahr um weitere fünf Jahre verlängert.

Neben Tätigkeitsverboten kann der Bundesrat seit Inkrafttreten des NDG auch erstmals gestützt auf eine generell-abstrakte Gesetzesnorm Organisationsverbote verfügen (Art. 74 NDG). Bislang hat der Bundesrat von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Weil der Artikel aber sowohl in Bezug auf die Bundeszuständigkeit als auch in Bezug auf die Strafandrohung Differenzen zum Bundesgesetz über das Verbot der Gruppierungen «Al-Qaïda» und «Islamischer Staat» sowie verwandter Organisationen264 resp. zu Artikel 260ter StGB aufweist, soll das Organisationsverbot im

263

Jahresbericht 2015 der GPK und GPDel vom 29. Jan. 2016, Ziff. 4.2.2 (BBl 2016 6241, hier 6310).

264 Bundesgesetz vom 12. Dez. 2014 über das Verbot der Gruppierungen «Al-Qaïda» und «Islamischer Staat» sowie verwandter Organisationen (SR 122).

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NDG in mehreren Punkten revidiert werden.265 In diesem Zusammenhang wurde die Vorlage 19.032 (Polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus) am 25. September 2020 sowohl vom Ständerat als auch vom Nationalrat angenommen.

5.13

Strafverfolgung im Staatsschutzbereich

Die BA präsentiert der GPDel mindestens einmal pro Jahr einen Überblick über ihre wichtigsten Verfahren im Staatsschutzbereich. Am 2. Juli 2020 orientierte die BA die GPDel über sechs laufende Verfahren gegen Dschihad-Reisende. In diesem Zusammenhang wurde die GPDel auch über die Herausforderung der Strafverfolgungsbehörde, an Beweise aus dem Krisengebiet zu kommen, sowie die neuen polizeilichen Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT) unterrichtet. Einen Bezug zum Aufgabengebiet der GPDel hatten überdies drei Verfahren im Zusammenhang mit dem Fall Daniel Moser sowie ein Verfahren, das im Nachgang zu einer Cyber-Attacke eröffnet wurde.

Laut Artikel 66 Strafbehördenorganisationsgesetz (StBOG) 266 bedarf die BA für die Verfolgung politischer Delikte der vorgängigen Ermächtigung durch den Bundesrat.

In Artikel 3 der Organisationsverordnung für das EJPD (OV-EJPD)267 hat der Bundesrat die Kompetenz zur Erteilung oder Verweigerung der Ermächtigung an das EJPD delegiert. In Fällen, welche die Beziehungen zum Ausland betreffen, entscheidet das EJPD nach Rücksprache mit dem EDA. Fälle von besonderer Bedeutung ­ wie beispielsweise im Zusammenhang mit dem Fall Crypto AG268 ­ können dem Bundesrat vorgelegt werden.

Wie bereits in früheren Jahren liess sich die GPDel von der Vorsteherin des EJPD über die genehmigten und abgelehnten Ermächtigungsgesuche informieren. Für die Aussprache vom 25. Mai 2020 hatte der Rechtsdienst des EJPD der Delegation eine Kurzbeschreibung der behandelten Gesuche der BA zukommen lassen. Wie daraus hervorging, hatte das EJPD im Jahr 2019 sechs Ermächtigungsersuche der BA behandelt, wovon lediglich eines abgelehnt wurde. Diese Ablehnung, welcher ein relativ geringfügiges Delikt ausländischer Diplomaten betraf, erfolgte nach Rücksprache mit dem EDA, das beim betreffenden Staat mit einer Demarche reagierte.

265

Botschaft vom 14. Sept. 2018 zur Genehmigung und zur Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung des Terrorismus mit dem dazugehörigen Zusatzprotokoll sowie zur Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität, Ziff. 4.3 (BBl 2018 6427, hier 6486); sowie Bundesbeschluss, undatiert, über die Genehmigung und die Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung des Terrorismus mit dem dazugehörigen Zusatzprotokoll sowie über die Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität (Entwurf), (BBl 2018 6525, hier 6527). Die Vorlage wurde am 25. September 2020 sowohl vom Ständerat als auch vom Nationalrat angenommen.

266 Bundesgesetz über die Organisation der Strafbehörden des Bundes vom 19. März 2010 (Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG; SR 173.71).

267 Organisationsverordnung für das EJPD vom 17. Nov. 1999 (OV-EJPD; SR 172.213.1).

268 Vgl. FN 233.

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Im Rahmen einer Aufsichtseingabe untersucht die GPDel im Berichtsjahr überdies die Praxis des NDB im Zusammenhang mit der sogenannten «Mitteilungsverordnung»269. Gemäss Artikel 1 Ziffer 9 dieser Verordnung müssen kantonale Behörden dem NDB und fedpol sämtliche Urteile, Strafbescheide der Verwaltungsbehörden und Einstellungsbeschlüsse mitteilen, die gestützt auf Artikel 259, 260, 261, 261bis und 285 StGB ergangen sind.

In einem Kurzbericht vom März 2020 zuhanden der GPDel legte der NDB dar, dass diese kantonalen Entscheide in den Informationssystemen IASA NDB oder IASAGEX NDB abgelegt werden, sofern die verurteilte oder freigesprochene Person in diesen Systemen bereits als Objekt erfasst ist und das Urteil geeignet ist, die von der Person ausgehende Bedrohung besser beurteilen zu können. Nach Ansicht der GPDel ist diese Praxis jedoch nicht kompatibel mit den Vorgaben von Artikel 45 NDG, wonach eine Information nur dann in einem Informationssystem erfasst werden darf, wenn ihre Erheblichkeit konkret auch erwiesen ist. Auch der Konnex zum Aufgabenkatalog von Artikel 6 NDG ist in der Praxis nicht immer ersichtlich. Beispielsweise entdeckte die GPDel in den Datenbanken des NDB die Einstellungsverfügungen in einem Verfahren wegen Landfriedensbruchs, welches gegen zwei Minderjährige geführt worden war. Die illegalen Graffiti, die während einer Demonstration an einem Gebäude angebracht wurden, konnten ihnen mangels konkreter Beweisen nicht zur Last gelegt werden.

Historischer Hintergrund der Mitteilungsverordnung ist die sogenannte «Amtsklage», die früher in Artikel 258 des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1934 über die Bundesstrafrechtspflege (aBStP)270 geregelt war. Dadurch sollte ursprünglich eine einheitliche Handhabung der Bundesstrafpolizeigesetze sichergestellt werden. Heute kann die BA zwar immer noch Rechtsmittel gegen einen mitteilungspflichtigen kantonalen Strafentscheid einreichen (Art. 381 Abs. 4 Bst. a StPO271). Wie die BA der GPDel in einem Bericht vom 19. Juni 2020 jedoch mitteilte, sieht sie keinen Anlass, in Strafverfahren einzugreifen und so kantonale Staatsanwaltschaften zu «übersteuern».

Weil die BA seit Inkrafttreten der StPO keine einzige Mitteilung des NDB oder von fedpol erhalten hat, um gegen einen entsprechenden kantonalen Strafentscheid ein Rechtsmittel einzulegen, hat Artikel 1
Ziffer 9 Mitteilungsverordnung seine Praxisrelevanz verloren. Vor diesem Hintergrund kam die GPDel zum Schluss, dass die Meldepflicht weder zeitgemäss noch zweckmässig ist. Sie hat deshalb dem VBS am 2. Juli 2020 empfohlen, den «NDB» aus Artikel 1 Ziffer 9 der Mitteilungsverordnung zu streichen und die entsprechenden dienstinternen Weisungen nur bis zu dieser Anpassung zu verlängern.

Die Vorsteherin des VBS teilte der GPDel am 5. November 2020 mit, dass der nachrichtendienstliche Nutzen solcher Mitteilungen bescheiden sei, zumal der NDB nicht beurteilen könne, wie vollständig die Kantone ihrer Mitteilungspflicht nachkommen.

Das Departement zeigt sich deshalb grundsätzlich bereit, die Empfehlungen der 269

Verordnung vom 10. Nov. 2004 über die Mitteilung kantonaler Strafentschiede (Mitteilungsverordnung; SR 312.3).

270 Bundesgesetz vom 15. Juni 1934 über die Bundesstrafrechtspflege, aufgehoben per 1. Jan. 2011 (AS 50 685).

271 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Okt. 2007 (StPO; SR 312.0).

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GPDel anzunehmen. Mögliche Wege zur Umsetzung wurden anlässlich der Anhörung mit der Vorsteherin des VBS am 24. November 2020 diskutiert.

5.14

Nachkontrolle zur Inspektion zum Fall Daniel Moser

Im April 2017 wurde der Schweizer Bürger Daniel Moser, der früher als Quelle für den NDB tätig war, in Deutschland verhaftet. Die GPDel eröffnete daraufhin eine Inspektion, die mit einem am 13. März 2018 veröffentlichten Bericht abgeschlossen wurde.272 Der Bundesrat akzeptierte in seiner Stellungnahme vom 28. September 2018 grundsätzlich alle Empfehlungen der GPDel273 und beauftragte das VBS und das EJPD, dem Bundesrat einen Bericht über den Stand der Umsetzungen der 13 Empfehlungen vorzulegen. Am 20. Dezember 2019 verabschiedete der Bundesrat einen weiteren Bericht, in welchem er die GPDel über den Umsetzungsstand der einzelnen Empfehlungen informierte.

Die GPDel nahm diesen Bericht am 20. Januar 2020 zur Kenntnis und nutzte das Berichtsjahr, um sich bei den zuständigen Stellen über die Umsetzung ihrer Empfehlungen zu vergewissern. Positiv würdigte die GPDel insbesondere das vom NDB ausgearbeitete Konzept zur laufenden Beurteilung von Operationen und Quellenführungen.

Darin wurden verschiedene Veränderungen der Risikolage definiert, bei welchen der Direktor des NDB die Vorsteherin des VBS bzw. die GPDel informieren muss. Aus Sicht der GPDel leisten diese «Schwellenwerte» einen praktikablen Beitrag zur Umsetzung der Empfehlungen 5, 8 und 12.

Mit seiner Umsetzung weiterer Empfehlungen vermochte das VBS hingegen die GPDel nur bedingt zu überzeugen. So ging beispielsweise der Bericht des NDB zur Umsetzung von Empfehlung 4 nicht konkret auf die Risiken der Informationsbeschaffung durch Privatdetektive im Ausland ein. Aus Sicht der GPDel bleibt offen, ob das Risikomanagement HUMINT künftig verhindern kann, dass sich Konstellationen wie der Fall Daniel Moser oder die Affäre Dominique Giroud274 wiederholen.

Anlässlich der Aussprache vom 25. Mai 2020 bestätigte die Vorsteherin des EJPD, dass die in Empfehlung 10 geforderte Information über die Zusammenarbeit zwischen der BKP und dem NDB erfolgt ist. Vom entsprechenden fedpol-Bericht nahm die GPDel mit Zufriedenheit Kenntnis und stellte fest, dass die ursprünglichen Vorbehalte des Bundesrates in der Praxis offenbar kein Problem darstellen.

Bei der Umsetzung von Empfehlung 9 stellte die GPDel fest, dass die BKP dafür sensibilisiert ist, die zuständige Verfahrensleitung der BA zu orientieren, falls sie im Rahmen von Strafverfahren den NDB zur Informationsbeschaffung oder Unterstützung kontaktieren sollte.

272

Inspektion als Folge der Verhaftung einer ehemaligen Quelle des NDB in Deutschland, Bericht der GPDel vom 13. März 2018 (BBl 2018 5045).

273 Inspektion als Folge der Verhaftung einer ehemaligen Quelle des NDB in Deutschland, Bericht der GPDel vom 13. März 2018, Stellungnahme des Bundesrates vom 28. Sept. 2018 (BBl 2018 6603).

274 Jahresbericht 2014 der GPK und GPDel vom 30. Jan. 2015, Ziff. 4.4 (BBl 2015 5217, hier 5283).

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Am 2. Juli 2020 erfolgte schliesslich eine Anhörung des Bundesanwaltes zu den Empfehlungen 9, 11 und 13. Die ersten beiden Empfehlungen betrafen den Informationsfluss zwischen den Strafverfolgungsbehörden und dem NDB sowie die Erarbeitung von Szenarien für den Umgang mit Informationen über menschliche Quellen des NDB in einem Strafverfahren. Die GPDel musste einerseits feststellen, dass auf die Erarbeitung der geforderten Szenarien verzichtet wurde, nahm andererseits aber mit Befriedigung zur Kenntnis, dass in der Praxis konkrete Fälle proaktiv und transparent zwischen dem NDB und der BA diskutiert werden. Die gegenseitige Informationspflicht zwischen dem NDB und der BA wird überdies im überarbeiteten Memorandum of Understanding (MoU) vom 27. März 2019 konkretisiert.

Vor diesem Hintergrund erachtet die GPDel die Nachkontrolle zu ihrer Inspektion zum Fall Daniel Moser als abgeschlossen.

5.15

Akteneinsichtsgesuch in Protokolle der GPDel

Im Zusammenhang mit der Inspektion zum Fall Crypto AG leitete das Bundesarchiv (BAR) der GPDel am 20. Dezember 2019 ein Gesuch von Medienschaffenden weiter, welche u.a. Einsicht in GPDel-Protokolle der 1990er-Jahre wünschten. Anlässlich ihrer Sitzung vom 20. Januar 2020 befand die Delegation, dass während der noch laufenden Schutzfrist von 50 Jahren keine Einsicht in die Protokolle der GPDel gewährt wird.

Am 25. Mai 2020 haben die betroffenen Journalistinnen unter Verweis auf Artikel 22 VBGA275 zu diesem Negativentscheid eine beschwerdefähige Verfügung verlangt.

Das BAR leitete diesen Wunsch am 26. Mai 2020 an die Parlamentsdienste weiter und bat, die Verfügung den Journalistinnen direkt zuzustellen. Nach einer Stellungnahme des Rechtsdienstes der Parlamentsdienste beschloss die GPDel am 2. Juli 2020, dass sie zum Erlass einer entsprechenden Verfügung nicht zuständig sei, sondern dass ihr Beschluss und dessen Mitteilung an das BAR den rechtlichen Vorgaben entsprechen.

Die GPDel vertritt diesbezüglich die Rechtsauffassung, dass die Bundesversammlung und ihre Organe grundsätzlich keine beschwerdefähigen Verfügungen erlassen. Artikel 70 Absatz 2 ParlG hält fest, dass rechtsetzende Ausführungsbestimmungen des Bundesrates, die für die Bundesverwaltung gelten, im Bereich der Parlamentsverwaltung angewendet werden, sofern nicht eine Verordnung der Bundesversammlung etwas anderes bestimmt. Artikel 7 Absatz 4 ParlVV276 enthält eine solche, von der VBGA abweichende Regelung, wonach das Präsidium einer Kommission (oder Delegation) über die Einsichtsgewährung in Kommissionprotokolle abschliessend entscheidet. Ein solcher Entscheid kann nach Auffassung der GPDel nicht angefochten werden.

275

Verordnung vom 8. Sept. 1999 zum Bundesgesetz über die Archivierung (Archivierungs-verordnung, VBGA; SR 152.11).

276 Verordnung vom 3. Okt. 2003 der Bundesversammlung zum Parlamentsgesetz und über die Parlamentsverwaltung (Parlamentsverwaltungsverordnung, ParlVV; SR 171.115).

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6

Geschäftsberichte 2019 und wiederkehrende Berichte

6.1

Geschäftsbericht 2019 des Bundesrates

Die Überprüfung der Umsetzung der vom Bundesrat festgelegten Jahresziele sowie seiner Geschäftsführung ist eine der Aufgaben der parlamentarischen Oberaufsicht.

Sie wird u.a. anhand des vom Bundesrat gemäss Artikel 144 ParlG jährlich der Bundesversammlung unterbreiteten Berichts über seine Geschäftsführung vorgenommen.

Die GPK berichten in den Räten jeweils über die Geschäftsführung und stellen anschliessend Antrag zur Genehmigung des Geschäftsberichts.

An ihren gemeinsamen Sitzungen im Mai führen die GPK jeweils Aussprachen mit den Mitgliedern des Bundesrates und dem Bundeskanzler. Neben der generellen Berichterstattung über die im Berichtsjahr realisierten Ziele und Massnahmen informieren die Bundesratsmitglieder die GPK dabei jeweils auch über bestimmte, selber gewählte Schwerpunktthemen. Die GPK ihrerseits legen für alle Departemente sowie die BK Querschnittsthemen fest. Für die Aussprache im Jahr 2020 wurde das folgende Querschnittsthema gewählt: Auswirkungen des Covid-19-Virus im Verantwortungsbereich des jeweiligen Departements, der Bundeskanzlei bzw. der eidgenössischen Gerichte auf die Aufgabenfelder und die Massnahmenpriorisierung. Im Rahmen der Aussprachen mit den Mitgliedern des Bundesrates und dem Bundeskanzler haben die Kommissionsmitglieder auch die Möglichkeit, selber weitere Themen einzubringen und zu vertiefen.

Die Departementsvorsteherinnen und -vorsteher informierten im Mai 2020 die Kommissionen über die folgenden, selbst gewählten Schwerpunktthemen: EDA

­ Wissenschaftsdiplomatie und neue Technologien ­ Schutzmachtmandate

EDI

­ Kulturbotschaft 2021­2024 ­ Altersvorsorge (AHV21/Reform berufliche Vorsorge)

EFD

­ Digitalisierung und E-Government ­ Cyber-Risiken

EJPD

­ Umsetzung Asylgesetzrevision ­ erste Erkenntnisse und aktuelle Herausforderungen im Asylbereich ­ Strategie Kriminalitätsbekämpfung EJPD 2020­23 mit Schwerpunkt COC (Countering organised crime)

UVEK

­ Biodiversität ­ Multimodale Mobilitätsdrehscheiben

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VBS

­ Air 2030 / Erneuerung der Mittel zum Schutz des Luftraumes ­ Umsetzung Cyber Defence im VBS ­ Nationales sicheres Datenverbundsystem (SDVS) ­ Sanierung Altlasten Ehemaliges Munitionslager Mitholz

WBF

­ Das Schweizer Bildungssystem vor dem Hintergrund der Digitalisierung und des technologischen Wandels ­ Wettbewerbsfähigkeit und Regulierungskosten: Herausforderungen und Massnahmen

BK

­ Digitale Gouvernanz ­ Civic Tech

Im April 2020 fanden zudem einige vorbereitende Sitzungen zur Behandlung des Geschäftsberichtes des Bundesrates der Subkommissionen der GPK mit den verschiedenen Behörden, Departementsvorsteherinnen und Departmentsvorstehern, Gerichten und den Vertreterinnen und Vertretern der verselbständigten Einheiten des Bundes statt. Bei Letzteren wird unter anderem der Bericht des Bundesrates über die Erreichung der strategischen Ziele der jeweiligen Einheit thematisiert. Aufgrund der Covid-19 Pandemie mussten einige Sitzungen abgesagt bzw. in den Herbst verschoben werden.

Beide GPK waren der Meinung, der Bundesrat und die Bundesverwaltung hätten ihre Aufgaben insgesamt angemessen wahrgenommen. Sie beantragten ihren Räten deshalb einstimmig, den Geschäftsbericht des Bundesrates für das Jahr 2019 zu genehmigen.277 Das Parlament folgte diesen Anträgen in der Herbstsession 2020.

6.2

Geschäftsbericht 2019 des Bundesgerichts

Zu den Aufgaben der parlamentarischen Oberaufsicht gehört gemäss Artikel 3 BGG278 auch die Prüfung der Geschäftstätigkeit des Bundesgerichts und damit verbunden die Genehmigung von dessen Geschäftsbericht. Die GPK behandeln dazu jährlich den Geschäftsbericht des Bundesgerichts und hören Vertreterinnen und Vertreter des Bundesgerichts und der erstinstanzlichen Gerichte an.279 Auf dieser Basis berichten sie in den Räten und stellen Antrag zur Genehmigung des Geschäftsberichts.

Im Rahmen der Behandlung des Geschäftsberichts 2019 im Frühling 2020 wurden dabei unter anderem die internen Probleme am Bundesstrafgericht und die gescheiterte Revision des Bundesgerichtsgesetzes thematisiert. Die zuständigen Subkommissionen Gerichte/BA liessen sich zudem vom Bundesgericht über den Stand des Projekts elektronisches Gerichtsdossier Justitia 4.0 informieren und besprachen mit dem 277 278 279

Amtliches Bulletin der Bundesversammlung (AB) 2020 S 836 ff. und AB 2020 N 1436 ff.

Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110).

Die erstinstanzlichen Gerichte des Bundes sind das BVGer, das BStGer und das BPatGer.

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Bundesstrafgericht die aktuelle Situation unter der Richterschaft am Bundesstrafgericht sowie die Probleme im Zusammenhang mit dem Aufbau der Berufungskammer.

Mit dem Bundesverwaltungsgericht erörterten sie die Auswirkungen der am 1. März 2019 in Kraft getretenen Asylgesetzrevision auf die Tätigkeit des Bundesverwaltungsgerichts. Hier waren insbesondere die beschleunigten Verfahren und die damit verbundenen kürzeren Fristen von Interesse.

Die GPK beantragten ihren jeweiligen Räten, den Geschäftsbericht des Bundesgerichtes für das Jahr 2019 zu genehmigen. Diese Anträge wurden vom Parlament in der Herbstsession 2020 gutgeheissen280.

6.3

Weitere von der GPK geprüfte Berichte

Der Bundesrat erstattet der Bundesversammlung periodisch Bericht über die Erreichung der für die verselbständigten Einheiten des Bundes festgelegten strategischen Ziele (Art. 148 Abs. 3bis ParlG). Für die Einheiten mit besonderer wirtschafts- und finanzpolitischer Bedeutung (Swisscom, Post, SBB, Skyguide, RUAG, FINMA und ETH-Bereich) stellt der Bundesrat den GPK jährlich ausführliche Berichte über die Erreichung der strategischen Ziele zu. Über die kleineren verselbständigten Einheiten (u. a. Swissmedic, ENSI, IGE, Innosuisse, Pro Helvetia und SERV) erstattet er den GPK alle vier Jahre ausführlich Bericht.

Verschiedene gesetzliche Bestimmungen sehen vor, dass zu gewissen Bereichen der Bundesversammlung Bericht erstattet werden muss. Aus diesem Grund sind die GPK beauftragt, den Bericht über die Einzelheiten der Kriegsmaterialausfuhr,281 das Reporting im Personalmanagement,282 den Tätigkeitsbericht der Bundesanwaltschaft,283 den Tätigkeitsbericht der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft 284 und den Rechenschaftsbericht der Schweizerischen Nationalbank (SNB)285 über die Erfüllung ihrer Aufgaben zu prüfen.

Die GPK haben weiter festgelegt, welche Berichte des Bundesrates über die verselbständigten Einheiten sie jährlich286 oder zu einem bestimmten Zeitpunkt während der strategischen Periode287 behandeln. Zudem kann ein Mitglied der GPK jederzeit beantragen, dass ein nicht traktandierter Bericht beraten wird.

Ferner beraten die GPK verschiedene Berichte des Bundesrates und der Bundesverwaltung zu spezifischen Themen (z.B. die Beratung des Jahresberichts von Fedpol

280 281 282 283 284 285 286 287

Vgl. AB 2020 S 984 ff. und AB 2020 N 1649 f.

Gemäss Art. 32 des Bundesgesetzes vom 13. Dez. 1996 über das Kriegsmaterial (Kriegsmaterialgesetz, KMG; SR 514.51).

Gemäss Art. 5 BPG und Vereinbarung vom 27. Jan. 2010 über das Reporting im Personalmanagement zwischen den GPK und FK und dem Bundesrat.

Gemäss Art. 17 des Bundesgesetzes vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG; SR 173.71).

Gemäss Art. 29 Abs. 1 StBOG.

Gemäss Art. 7 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 3. Okt. 2003 über die Schweizerische Nationalbank (Nationalbankgesetz, NBG; SR 951.11).

Stand 2020: Swisscom, Post, SBB, Skyguide, RUAG, FINMA und ETH-Bereich Stand 2020: Swissmedic, ENSI, Innosuisse und SERV.

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oder die Beratung alle zwei Jahre des Jahresberichts des BSV über die Sozialversicherungen). Auch hier kann ein Mitglied der GPK jederzeit die Beratung eines nicht traktandierten Berichts beantragen.

Insgesamt befassen sich die GPK jedes Jahr mit 20 bis 40 solchen wiederkehrenden Berichten.

7

Legislative Tätigkeiten

7.1

Pa. Iv. 15.451

Die parlamentarische Initiative (Pa. Iv.) 15.451288 fordert, dass die Rechtsgrundlagen so anzupassen sind, dass die GPK die Oberaufsicht über die Geschäftsführung wirkungsvoller, schneller, effizienter und in bestmöglicher Koordination mit den übrigen Aufsichtsorganen des Bundes wahrnehmen können.

Die GPK-N verabschiedete an der Sitzung vom 2. Juli 2019 den erläuternden Bericht289 und den Erlassentwurf290 zu einer entsprechenden Änderung des Parlamentsgesetzes und unterbreitete diese dem Bundesrat zur Stellungnahme. Die Umsetzung der parlamentarischen Initiative sieht die Schaffung einer ausserordentlichen Aufsichtsdelegation (AoDel) vor, welche durch die Aufsichtskommissionen eingesetzt wird und über dieselben Informationsrechte verfügt wie eine parlamentarische Untersuchungskommission (PUK). Zudem werden punktuelle Änderungen in folgenden Bereichen angestrebt, welche teilweise auch die PUK betreffen: Pflicht zur Herausgabe von Aufzeichnungen, Schutz der angehörten Personen im Dienst des Bundes, Pflicht zur Amts- und Rechtshilfe durch Behörden des Bundes und der Kantone, Zugang zu Informationsnotizen des Bundesrates für die GPDel, Einschränkung der Beteiligungsrechte des Bundesrates und betroffener Personen. Die GPK-N lehnte die Anträge des Bundesrates auf die Beibehaltung seiner Beteiligungsrechte und jener der betroffenen Personen an der Sitzung vom 19. November 2019 ab.291 Die parlamentarische Initiative 15.451 wurde am 20. Dezember 2019 im Nationalrat beraten und mit 170 zu 25 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. 292 Das Geschäft ging sodann an den Ständerat als Zweitrat. Die vorprüfende Kommission, die GPK-S, beschloss an der Sitzung vom 21. Februar 2020 auf die Vorlage einzutreten und nahm an der Sitzung vom 30. Juni 2020 die Detailberatung vor. Die GPK-S lehnte die Umsetzung der parlamentarischen Initiative in der Gesamtabstimmung ab, was einen Nichteintretensantrag an den Ständerat zur Folge hatte. Der Stän-

288 289

Pa. Iv. 15.451: Stärkung der Geschäftsprüfungskommissionen vom 18. Juni 2015.

Pa. Iv. 15.451: Stärkung der Geschäftsprüfungskommissionen, Bericht der GPK-N vom 2. Juli 2019 (BBl 2019 6227).

290 Entwurf vom 2. Juli 2019 einer Änderung des Parlamentsgesetzes (BBl 2019 6255).

291 Parlamentarische Initiative 15.451: Stärkung der GPK ­ die GPK-N hält an ihrem Entwurf fest, Medienmitteilung der GPK-N vom 21. Nov. 2019.

292 AB 2019 N 2418 ff.

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derat folgte seiner Kommission und beschloss mit 25 zu 12 Stimmen bei einer Enthaltung nicht auf die Vorlage einzutreten293, weshalb die Frage des Eintretens zurück an den Nationalrat ging.

An der Sitzung vom 13. November 2020 beschloss die GPK-N dem Nationalrat zu beantragen, am Eintreten festzuhalten. Der Nationalrat folgte am 17. Dezember 2020 seiner Kommission. Das Eintreten wurde nicht bestritten.294 Die Vorlage geht damit erneut zurück in den Ständerat.

293 294

AB 2020 S 986 ff.

AB 2020 N 2655 f.

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Abkürzungsverzeichnis AB AB-BA AB-ND AdA AG AHV AIG ALV AoDel API APK ARE Armasuisse AS ASG AVIG BA BAFU BAG BAKOM BAR BASPO BAV BAWI BBl BBL BFS BGE BGer BGG

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Amtliches Bulletin Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft Unabhängige Aufsichtsbehörde über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten Angehöriger der Armee Aktiengesellschaft Alters- und Hinterlassenenversicherung Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG; SR 142.20) Arbeitslosenversicherung Ausserordentliche Aufsichtsdelegation Advanced Passenger Information Aussenpolitische Kommission Bundesamt für Raumentwicklung Bundesamt für Rüstung Amtliche Sammlung des Bundesrechts Bundesgesetz vom 26. September 2014 über Schweizer Personen und Institutionen im Ausland (Auslandschweizergesetz, ASG, SR 195.1) Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG; SR 837.0) Bundesanwaltschaft Bundesamt für Umwelt Bundesamt für Gesundheit Bundesamt für Kommunikation Schweizerisches Bundesarchiv Bundesamt für Sport Bundesamt für Verkehr Bundesamt für Aussenwirtschaft Bundesblatt Bundesamt für Bauten und Logistik Bundesamt für Statistik Amtliche Sammlung der publizierten Leitentscheide des Bundesgerichts Bundesgericht Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110)

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BIOM BIT BJ BK BKP BLW BPatGer BPG BSD BSTB BStGer BSV BÜPF BV BVG BVGer BWIS BWL CdA COC COMINT Covid-19 COVID-19SBüV CT CyRV Dienst ÜPF DNA DSG ECDC EDA EDI

Software zur biometrischen Gesichtserkennung Bundesamt für Informatik und Telekommunikation Bundesamt für Justiz Bundeskanzlei Bundeskriminalpolizei Bundesamt für Landwirtschaft Bundespatentgericht Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (BPG; SR 172.220.1) Bundessicherheitsdienst Bundesstab Bevölkerungsschutz Bundesstrafgericht Bundesamt für Sozialversicherungen Bundesgesetz vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF; SR 780.1) Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (SR 101) Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; SR 831.40) Bundesverwaltungsgericht Bundesgesetz vom 21. März 1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS; SR 120) Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung Chef der Armee Countering organised crime Communications Intelligence Coronavirus disease 2019 Verordnung vom 25. März 2020 zur Gewährung von Krediten und Solidarbürgschaften infolge des Coronavirus (Covid-19Solidarbürgschaftsverordnung, COVID-19-SBüV; SR 951.261) Contact tracing Verordnung vom 27. Mai 2020 über den Schutz vor Cyberrisiken in der Bundesverwaltung (Cyberrisikenverordnung, CyRV; SR 120.73) Dienst Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr Desoxyribonucleic acid (Desoxyribonukleinsäure) Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (Datenschutzgesetz, DSG; SR 235.1) European Centre for Disease Prevention and Control (Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten) Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Eidgenössisches Departement des Innern 129 / 134

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EDÖB EFD EFK EFTA EFV EJPD EKIF EKP ENSI EO EPA EPD EPDG EpG ESTV ETH EU EWRS EZV Fedpol FFP2/FFP3 FHA FIFA FinDel FINMA FK FKG GDK GEVER GK GPDel GPK GPK-N GPK-S

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Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter Eidgenössisches Finanzdepartement Eidgenössische Finanzkontrolle Europäische Freihandelsassoziation Eidgenössische Finanzverwaltung Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Eidgenössische Kommission für Impffragen Eidgenössische Kommission für Pandemievorbereitung und ­bewältigung Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat Erwerbsersatzordnung Eidgenössisches Personalamt Elektronisches Patientendossier Bundesgesetz vom 19. Juni 2015 über das elektronische Patientendossier (EPDG; SR 816.1) Bundesgesetz vom 28. September 2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (EpG; SR 818.101) Eidgenössischen Steuerverwaltung Eidgenössische Technische Hochschulen Europäische Union Early Warning Response System (Frühwarn- und Reaktionssystem) Eidgenössische Zollverwaltung Bundesamt für Polizei Filtering Face Piece (die Nummer bezeichnet die Schutzklasse) Freihandelsabkommen Fédération internationale de Football Association; Internationaler Fussballverband Finanzdelegation der eidgenössischen Räte Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finanzkommissionen der eidgenössischen Räte Bundesgesetz vom 28. Juni 1967 über die Eidgenössische Finanzkontrolle (Finanzkontrollgesetz, FKG; SR 614.0) Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren Elektronische Geschäftsverwaltung der Bundesverwaltung Gerichtskommission Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Geschäftsprüfungskommission des Ständerates

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GPS GRN GRS GVG

HMG HTA HUMIT IASA NDB IASA-GEX NDB IBM IDAG IGE IKT IMSI Innosuisse INSIEME IRH IV IZA KAE KAV KBB KD KdK KMZ KKJPD KMG KMU KND KSBC KSD KVF

Global Positioning System Geschäftsreglement des Nationalrates vom 3. Oktober 2003 (GRN; SR 171.13) Geschäftsreglement des Ständerates vom 20. Juni 2003 (GRS; SR 171.14) Bundesgesetz über den Geschäftsverkehr der Bundesversammlung sowie über die Form, die Bekanntmachung und das Inkrafttreten ihrer Erlasse (Geschäftsverkehrsgesetz; aufgehoben per 3. Dezember 2007) Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG; SR 812.21) Health Technology Assessments Human Intelligence Integrales Analysesystem des NDB Integrales Analysesystem Gewaltextremismus des NDB Integrated Border Management (Integrierte Grenzverwaltung) Interdepartementale Arbeitsgruppe Institut für Geistiges Eigentum Informations- und Kommunikationstechnologie International Mobile Subscriber Identity Schweizerische Agentur für Innovationsförderung Projektbezeichnung für «Gemeinsame IT-Systeme ESTV» Internationale Rechtshilfe Invalidenversicherung Internationale Zusammenarbeit Kurzarbeitsentschädigung Kompetenzzentrum Amtliche Veröffentlichungen Kompetenzzentrum Beschaffungswesen Bund Konsularischen Direktion Konferenz der Kantonsregierungen Krisenmanagementzentrum Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren Bundesgesetz vom 13. Dezember 1996 über das Kriegsmaterial (KMG; SR 514.51) Kleinere und mittlere Unternehmen Kantonaler Nachrichtendienst Krisenstab des Bundesrates Corona Koordinierter Sanitätsdienst Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen 131 / 134

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KVF-N LBA LVG MELANI MG MKG MmhB MND Mo.

MoU NCS NCSC NDB NDG NDV Neat NKVF OKP OV-EDI OV-EJPD OWA Pa.Iv.

ParlG ParlVV PG PMT Po.

PSP PublG PUK PVK 132 / 134

Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates Logistikbasis der Armee Bundesgesetz vom 17. Juni 2016 über die wirtschaftliche Landesversorgung (Landesversorgungsgesetz, LVG; SR 531) Melde- und Analysestelle Informationssicherung Bundesgesetz vom 3. Februar 1995 über die Armee und die Militärverwaltung (Militärgesetz, MG; SR 510.10) Militärkassationsgericht Milizformationen mit hoher Bereitschaft Militärischer Nachrichtendienst Motion Memorandum of Understanding Nationalen Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyber-Risiken Nationalen Zentrums für Cybersicherheit Nachrichtendienst des Bundes Bundesgesetz vom 25. September 2015 über den Nachrichtendienst (Nachrichtendienstgesetz, NDG; SR 121) Verordnung vom 16. August 2017 über den Nachrichtendienst (NDV; SR 121.1) Neue Eisenbahn-Alpentransversale Nationale Kommission zur Verhütung von Folter Obligatorische Krankenpflegeversicherung Organisationsverordnung vom 28. Juni 2000 für das Eidgenössische Departement des Innern (OV-EDI; SR 172.212.1) Organisationsverordnung vom 17. November 1999 für das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (OV-EJPD; SR 172.213.1) Operative Working Arrangement Parlamentarische Initiative Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG; SR 171.10) Verordnung vom 3. Oktober 2003 zum Parlamentsgesetz und über die Parlamentsverwaltung (ParlVV; SR 171.115) Postgesetz vom 17. Dezember 2010 (PG; SR 783.0) Polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus Postulat Personensicherheitsprüfung Bundesgesetz vom 18. Juni 2004 über die Sammlungen des Bundesrechts und das Bundesblatt (Publikationsgesetz, PublG; SR 170.512) Parlamentarische Untersuchungskommission Parlamentarische Verwaltungskontrolle

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RAV ResMaB RK RPV RUAG RVOG RVOV SAMW SBB SBFI SDVS SECO SEM SERV SFU SiA SIF SIFEM SL SNB SPK SR StA NCS StBOG StGB STIB StPO SUPERB23 SUST SVU Swissmedic TRAVINT UKI UPOV UVEK

Regionale Arbeitsvermittlungszentren Ressourcenmanagement Bund Kommissionen für Rechtsfragen der eidgenössischen Räte Regionaler Personenverkehr Rüstungsunternehmen Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (RVOG; SR 172.010) Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998 (RVOV; SR 172.010.1) Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften Schweizerische Bundesbahnen Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation Nationales sicheres Datenverbundsystem Staatssekretariat für Wirtschaft Staatssekretariat für Migration Schweizerische Exportrisikoversicherung Strategische Führungsübung Sicherheitsausschuss des Bundesrates Staatssekretariats für internationale Finanzfragen Swiss Investment Fund for Emerging Markets Spezialitätenliste Schweizerische Nationalbank Staatspolitische Kommission Systematische Rechtssammlung Steuerungsausschuss NCS Bundesgesetz vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (StBOG; SR 173.71) Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 (SR 311) Sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (StPO; SR 312.0) IKT-Schlüsselprojekt: Wechsel zu neuem SAP-System Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle Sicherheitsverbundsübung Schweizerisches Heilmittelinstitut Travel Intelligence Unabhängige Kontrollinstanz für die Funk- und Kabelaufklärung Union internationale pour la protection des obtentions végétales Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation 133 / 134

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VAND VBGA VBS VK BGer VK BStGer VUM WBF WHO WIPO WL WTO ZEO Ziff.

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Verordnung vom 16. August 2017 über die Aufsicht über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten (VAND; SR 121.3) Verordnung vom 8. September 1999 zum Bundesgesetz über die Archivierung (VBGA; SR 152.11) Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Verwaltungskommission des Bundesgerichts Verwaltungskommission des Bundesstrafgerichts Verordnung vom 21. August 2013 über die Unterstützung ziviler oder ausserdienstlicher Tätigkeiten mit militärischen Mitteln (VUM; SR 513.74) Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung World Health Organization World Intellectual Property Organization Wirtschaftliche Landesversorgung World Trade Organization Zentrum für Elektronische Operationen Ziffer