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Kreisschreiben des

Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen, betreffend Rückerstattung der Militärpflichtersatzsteuer bei Dienstnachholung.

(Vom 20. September 1897.

Getreue, liebe Eidgenossen !

Die bundesrätliche Verordnung vom 24. April 1885 bestimmt bezüglich der Berechtigung zur Rückforderung bezahlten Militärpflichtersatzes in Fällen von Dienstnachholung folgendes : ,,Art. 1. Wenn ein Dienstpflichtiger in Erfüllung der Bestimmungen von Art. 82 und 85 der Militärorganisation nachträglich einen Wiederholungskurs besteht, für dessen Versäumnis er die Ersatzsteuer bezahlt hat, so ist ihm diese Steuer zurückzuerstatten.

,,Art. 2. Militärs, welche zeitweise von der persönlichen Dienstpflicht befreit waren, haben in Fällen von Dienstnachholung gemäß Art. 82 und 85 der Militärorganisation nur Anspruch auf Rückerstattung der Ersatzsteuer für dasjenige Jahr, in welchem sie den betreffenden Dienst mit ihrer Altersklasse hätten bestehen sollen.a Nach der bisherigen Steuerpraxis der Kantone und nach der hiermit übereinstimmenden Rekurspraxis des schweizerischen Militärdepartements wurden diese Bestimmungen in der Weise ausgeführt, daß Ersatzsteuern nur an solche Dienstpflichtige zurückerstattet wurden, welche seit bestandener Rekrutenschule, bezw. seit ihrer Einteilung in die Armee einen Wiederholungskurs versäumt, denselben aber später nachgeholt hatten. Dagegen wurden solche Wehrpflichtige, welche aus irgend einem Grunde (wegen Zurück-

324 Stellung, verspäteter Rekrutierung infolge Landesabwesenlieit, Urlaub nach erfolgter Rekrutierung, aber vor bestandener Rekrutenschule etc.) ihren Rekrutenunterricht später als in dem gesetzlich vorgeschriebenen Alter bestanden hatten und infolgedessen gemäß Art. 82 und 85 der Militärorganisation zur Nachholung von Wiederholungskursen einberufen wurden, als nicht zur Rückerstattung der betreffenden Ersatzsteuern berechtigt erklärt.

Diese Praxis schloß ohne Zweifel eine gewisse Unbilligkeit gegenüber denjenigen Dienstpflichtigen in sich, welche ihre Rekrutenschule verspätet absolviert haben und die zur Nachholung von Wiederholungskursen einberufen worden sind. Es ist in der That nicht einzusehen, weshalb z. B. ein Dienstpflichtiger, welcher infolge Landesabwesenheit seine Rekrutenschule erst im 28. Altersjahr besteht und sodann noch außer den ordentlichen Wiederholungskursen seiner Altersklasse vier Wiederholungskurse nachträglich besteht, ungünstiger behandelt werden sollte als derjenige, welcher in seinem 20. Altersjahr die Rekrutenschule absolviert, nachher infolge Landesabwesenheit oder Dienstbefreiung gemäß Art. 2 der Militärorganisation während 8 Jahren keinen Dienst leistet, sodann die versäumten Wiederholungskurse nachholt und zur Rückerstattung der, dafür bezahlten Ersatzsteuern berechtigt wird. ^J ^;'j··;;;· Wir sind deshalb der Ansicht, es sei die Verordnung betreffend Rückerstattung bezahlten Militärpflichtersatzes vom 24. April 1885 nach ihrem AVortlaut sowohl als auch nach ihrem Sinn und Geist dahin zu interpretieren, daß Wehrpflichtige, welche gemäß Art. 82 und 85 der Militärorganisation zur Nachholung von solchen Wicdcrholungskursen angehalten worden sind, die vor ihrem Eintritt in die Armee, bezw. vor ihrer Rekruteninstruktion von der betreffenden Altersklasse bestanden wurden, Anspruch auf Rückerstattung derjenigen Jahrestaxen haben, die für die betreffenden Wiederholungskursjahre bezahlt worden sind. Dabei ist es selbstverständlich, daß nur sol che Wiederholungskurse als Dienstnachholung anzurechnen sind, zu welchen nicht die sämtlichen Angehörigen einer Altersklasse einer und derselben Truppeneinheit aufgeboten werden. Wenn z. B. jeweilen 10 Mannschaftsjahrgänge zu den ordentlichen Wiederholungskursen aufgeboten werden, wie dies in den letzten Jahren bei der Infanterie der
Fall war, so können nur Angehörige der beiden ältesten Altersklassen des Auszuges oder Landwehrpflichtige einen früher versäumten Wiederholungskurs m i t i h r e r T r u p p e n e i n h e i t nachholen. Hinwiederum hat ein Wiederholungskurs als Dienstnachholung zu gelten, wenn er außerhalb der durch die Militärschultablcaux festgesetzten Reihenfolge mit einer ändern als

325 der Einteilungseinheit und in einem Jahr bestanden wird, in welchem die betreffende Einteilungseinheit keinen Wiederholungskurs zu bestehen hat, oder wenn in einem Wiederholungskursjahr außer dem ordentlichen Wiederholungskurs noch ein weiterer Wiederholungskurs mit einer ändern Truppeneinheit oder in einem besondern Nachdienstkurs bestanden wird.

Gestützt auf obige Erwägungen haben wir, in authentischer Interpretation der Verordnung vom 24. April 1885 über Rückerstattung bezahlten Militärpflichtersatzes, auf Antrag unseres Militärdepartements beschlossen : Wenn ein Dienstpflichtiger, in Erfüllung der Bestimmungen von Art. 82 und 85 der Militärorganisation, nachträglich einen Wiederholungskurs besteht, für dessen Versäumnis er die Ersatzsteuer bezahlt hat, so ist ihm diese Steuer zurückzuerstatten, ohne Eücksicht darauf, ob der versäumte Wiederholungskurs vor oder nach der Rekruteninstruktion des betreffenden Dienstpflichtigen stattgefunden hat. Maßgebend für die Frage der Berechtigung zur Rückerstattung ist die Thatsache, daß die betreffende A l t e r s k l a s s e zu einem Wiederholungskurs verpflichtet war, der versäumt und nachträglich bestanden worden ist.

Indem wir Ihnen diese unsere Schlußnahme anmit zur Kenntnis bringen, benutzen wir den Anlaß, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, samt uns dem Machtschutze Gottes zu empfehlen.

B e r n , den 20. September 1897.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

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Kreisschreiben des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen, betreffend Rückerstattung der Militärpflichtersatzsteuer bei Dienstnachholung. (Vom 20. September 1897.

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30.09.1897

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